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Du kannst nicht vor mir davonlaufen – ich habe dich längst gefunden! Drei Jahre ist es her, seit Lachlan, Eishockeystar am Fairview College, in einer Nacht alles verloren hat – seine Karriere, seine Zukunft und das Einzige, was er jemals geliebt hat: Lyla. Jetzt hat er sie endlich wiedergefunden. Aus der einst verschlossenen Studentin ist eine atemberaubende Frau geworden. Neben dem Wunsch, sich an ihr für den Schmerz der letzten Jahre zu rächen, plagen Lachlan alte Gefühle, die neu in ihm zu erwachen scheinen. Was er jedoch nicht weiß: Noch immer wird Lyla von einem düsteren Schatten aus ihrer Vergangenheit verfolgt, der sich holen will, was ihm zusteht: Lylas Körper und ihre Seele. Willkommen am Fairview College! Wo die Spieler kalt wie Eis sind und die Nächte das Feuer der Leidenschaft auflodern lassen. Eine dunkle Eishockey-New-Adult-Romance-Dilogie mit College-Setting, besitzergreifenden Charakteren, einem im Schatten lauernden Stalker und einer Geschichte, die die Grenzen von richtig und falsch auslotet. Zwischen Leidenschaft, Verrat, und Rache fangen Leser*innen an, ihre eigenen Grenzen zu hinterfragen. - Fesselnde Sports-Romance: Eine mitreißende Eishockey-Geschichte voller intensiver Leidenschaft und einer gehörigen Portion Würze. - Second Chance trifft auf Fake Marriage: In dieser leidenschaftlichen Liebesgeschichte vermischen sich alte mit neuen Gefühlen und die Grenzen zwischen Rache und Leidenschaft verschwimmen. - Ideal für Dark-Romance-Neulinge: Ein morally-grey, besitzergreifender Antiheld, der bereit ist, für seine Liebe alles zu riskieren.
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Seitenzahl: 687
Veröffentlichungsjahr: 2025
Liebe Leser*innen,
Fairview Hockey – Until I Get You ist für Personen ab 16 Jahren und enthält Inhalte, die triggern können. Diese Geschichte dient der Fantasieanregung und stellt keine realen Beziehungsmuster dar. Sie ist für Personen, die fiktive Inhalte von der Realität unterscheiden können. Bitte achtet auf eure mentale Gesundheit und lest das Buch nur, wenn ihr emotional mit diesen Themen umgehen könnt.
Wir möchten vor folgenden potenziellen Triggern warnen:
Explizite Darstellungen von roher und sexualisierter Gewalt – Stalking – Darstellung einer versuchten Vergewaltigung – PTBS – Suizidgedanken – Erwähnung von Kindesmissbrauch und Suizid
Falls es euch mit den genannten oder anderen Themen nicht gut geht und ihr euch jemandem anvertrauen wollt, findet ihr unter der Nummer der Telefonseelsorge rund um die Uhr kostenlose und anonyme Hilfe. Eure mentale Gesundheit ist wichtig.
0800-1110111/0800-1110222
www.telefonseelsorge.de
Wir wünschen euch das bestmögliche Leseerlebnis!
Euer dark Intense-Team
Sie wollten dich fertigmachen,
aber du stehst wieder – stärker denn je.
Sie wollten dir die Flügel stutzen, aber dir sind stärkere nachgewachsen.
Sie dachten, ihre Drohungen würden dich zum Schweigen bringen,
aber dein Mut ist ohrenbetäubend laut.
Ich sehe dich.
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INHALT
Teil 1
Vergangenheit
Prolog
Kapitel 1
Lachlan – Wir begegneten einander, …
Kapitel 2
Lachlan – Ich will ehrlich …
Kapitel 3
Lachlan – Als Prescott erwähnte, …
Kapitel 4
Lyla – Das Einzige, was …
Kapitel 5
Lachlan – Ich begleitete Lyla …
Kapitel 6
Lachlan – »Ich glaube, so …
Kapitel 7
Lyla – Irgendwie hatte mein …
Kapitel 8
Lyla – »Nur fürs Protokoll«, …
Kapitel 9
Lyla – Als wir die …
Kapitel 10
Lyla – Als wir die …
Kapitel 11
Lyla – Obwohl ich es …
Kapitel 12
Lachlan – Das Hanteltraining vom …
Kapitel 13
Lyla – Ich war erledigt. …
Kapitel 14
Lyla – Ich ging gerade …
Kapitel 15
Lyla – »Alles wird gut«, …
Kapitel 16
Lyla – Die Tage vergingen …
Kapitel 17
Lyla – »Bier?«, fragte Banks. …
Kapitel 18
Lyla – Heimlich zu sein, …
Kapitel 19
Lachlan – Der Tag konnte …
Kapitel 20
Lyla – Ich war allein …
Kapitel 21
Lachlan – Ich erwachte in …
Teil 2
3 Jahre später
Kapitel 22
Lachlan – Es gibt schlechtere …
Kapitel 23
Lyla – »Na komm, gib …
Kapitel 24
Lyla – Ich schalte den …
Kapitel 25
Lyla – Dass Clubs nicht …
Kapitel 26
Lachlan – »Delilah D. Guzman«, …
Kapitel 27
Lyla – Den ganzen Tag …
Kapitel 28
Lyla – Abermals fühle ich …
Kapitel 29
Lyla – »Scheiße, wer bist …
Kapitel 30
Lachlan – Habe ich wirklich …
Kapitel 31
Lyla – Wenigstens lässt er …
Kapitel 32
Lachlan – Ich bin noch …
Kapitel 33
Lachlan – Kurz vor dem …
Kapitel 34
Lyla – Ich habe eine …
Kapitel 35
Lyla – »Das ist echt …
Kapitel 36
Lachlan – Habe ich also …
Kapitel 37
Lachlan – Auf dem Rückweg …
Kapitel 38
Lyla – Gegen zehn landen …
Kapitel 39
Lyla – »Brauche ich ein …
Kapitel 40
Lyla – Eine Gruppe von …
Kapitel 41
Lachlan – Wir duschen nicht …
Kapitel 42
Lyla – Seit dem Moment …
Kapitel 43
Lyla – Wie sich herausstellt, …
Kapitel 44
Lyla – Wir betreten sein …
Kapitel 45
Lyla – Dr. Rileys Stimme …
Kapitel 46
Lyla – Lachlan lässt mein …
Kapitel 47
Lyla – Als ich aufwache, …
Kapitel 48
Lyla – Er trägt mich …
Kapitel 49
Lyla – Wir beschließen, uns …
Kapitel 50
Lyla – Irgendwann verlassen wir …
Kapitel 51
Lyla – Lachlan hat uns …
Kapitel 52
Lachlan – Es ist seltsam, …
Kapitel 53
Lachlan – »Es überrascht mich, …
Kapitel 54
Lyla – »Du bist so …
Kapitel 55
Lachlan – In der Lobby …
Kapitel 56
Lyla – Ich weiß nicht, …
Kapitel 57
Lyla – Ich wasche meine …
Kapitel 58
Lachlan – »Ihr habt eben …
Kapitel 59
Lyla – Eben noch atmet …
Kapitel 60
Lachlan – Ich hätte ihn …
Kapitel 61
Lyla – Dad hält einen …
Kapitel 62
Lachlan – Ich schreibe gerade …
Kapitel 63
Lachlan – Henry Duke ist …
Epilog
TEIL 1
Vergangenheit
PROLOG
LYLA
Manche Flügel wachsen aus Verzweiflung. Das ging mir durch den Kopf, als ich mein Auto anstarrte und versuchte, gegen den kalten Schauer anzukämpfen, der mir den Rücken hinunterlief. Auf den ersten Blick sah alles nach Vandalismus aus, wahllos und chaotisch. Doch ich kannte die Wahrheit.
Ich atmete tief ein und trat an mein Auto. Glas knirschte unter meinen Schuhen, als ich zur Fahrerseite ging. Ich öffnete die Tür und wischte meinen Sitz mit einem T-Shirt ab, bevor ich Platz nahm. Kaum hatte ich sie wieder geschlossen, stieg mir Zigarettengestank in die Nase. Ich musste würgen – eine instinktive Reaktion, gegen die ich machtlos war. Also schloss ich die Augen und umklammerte die Stofftasche in meinem Schoß fester.
Als ich mich zur Seite drehte, um sie abzulegen, bemerkte ich eine Glasscherbe, die eindeutig auf dem Beifahrersitz platziert worden war. Mir stockte der Atem. Mit zitternden Händen startete ich den Motor. Auf dem Armaturenbrett ruhte ein Zigarettenstummel. Ich ließ ihn, wo er war, und fuhr einfach los, darauf bedacht, keine Reaktion zu zeigen.
Ich wusste, dass er mich beobachtete. Ich wusste nicht, von wo, aber er hatte mich im Blick. Er stand auf so eine Scheiße. Seine Botschaft war eindeutig. Doch er verdiente es nicht, sich an meiner Reaktion zu erfreuen.
Ich fuhr nach Hause. Innerlich war ich krank vor Anspannung, aber ich verhielt mich ruhig. Nachdem ich den Wagen geparkt hatte, lief ich in mein Apartment und verriegelte die Tür hinter mir. Dasselbe tat ich mit meiner Schlafzimmertür. Mein Herz wurde schwer, als mir meine Fotos ins Auge fielen – eine stumme Erinnerung daran, dass ich nicht vorsichtig genug gewesen war. Marissa hatte mir bereits ein Outfit rausgelegt. Ob ich das Event schwänzen sollte? Es wäre nur vernünftig. Aber ich hatte schon die letzten zwei Collegejahre als Einsiedlerin verbracht, und ich war es leid.
Ihn war ich leid. Ihn, der alles zerstören wollte, was mir Freude brachte. Einmal wollte ich wie eine ganz normale Studentin auf eine Party gehen und nicht über die Konsequenzen nachdenken.
Es gab strenge Regeln für diese Art von Partys – die Anzahl der Gäste war klein und sorgsam ausgewählt, keine Handys, keine Fotos. Ich brauchte mir keine Sorgen zu machen. Dort würde er mir nicht nachsetzen. Er konnte es gar nicht. Aber spielte es überhaupt noch eine Rolle? Er wusste doch längst von uns.
Nur noch ein paar Tage, dann würden wir von hier verschwinden. Ein paar Tage. Ich stand auf und betrachtete das Kleid einmal mehr. Seine Botschaft erinnerte mich daran, wozu er in der Lage war. Er hatte schon früher versucht, mir die Flügel zu stutzen. Dieses Mal plante er wohl, sie zu zerreißen, sie zu verbrennen. Aber das würde ich nicht zulassen. Also stand ich auf und machte mich für die Party fertig.
1
LACHLAN
Wir begegneten einander, obwohl alles dagegensprach. Denn eigentlich stand mir an diesem Abend nicht der Sinn nach Feiern. Zu Beginn der Woche hatte ich einen Autounfall gehabt. Mein jüngerer Bruder Liam war einem Reh ausgewichen und von der Straße geschlittert. Dem Reh war nichts passiert, stattdessen hatte er zwei Kojoten erwischt und sie fest zwischen seiner Stoßstange und dem Stamm einer Eiche eingeklemmt. Danach war der gutmütige Mr. PETA am Boden zerstört gewesen. Er hatte sich den linken Arm gebrochen. Bei meiner Wunde am Kinn genügten ein paar Stiche. Unsere Mutter tat, als ginge die Welt unter. Die Lokalzeitungen und Magazine klebten mein Bild auf ihre Titelblätter: Eishockey-Star aus Fairview in Autounfall verwickelt. Je dramatischer, desto besser.
Dennoch war ich zwei Tage später schon wieder auf dem Eis und schloss das Tor, das uns ins Halbfinale brachte. Normalerweise feierte ich solche Momente, doch ich hatte immer noch höllische Kopfschmerzen und musste früh raus, um meinem Bruder zu helfen, seinen Kram in die Wohnung seiner Freundin zu schleppen. Außerdem hatte ich diese Art von Feier schon zwei Mal hinter mir. Es würde unser dritter Finalsieg in Folge werden, wenn wir unsere Siegessträhne fortsetzen konnten. Und aus meiner Sicht sprach nichts dagegen – solange ich spielen durfte. Das sollte jetzt nicht eingebildet klingen, aber das Fairview-Eishockeyteam war der letzte Dreck, bis ich dazugestoßen bin. Vier Jahre waren inzwischen vergangen, seit ich den Vertrag bei Fairview unterzeichnet und ein paar andere Spieler ebenfalls dazu überredet hatte. Seitdem gaben wir den Ton an.
Mein Leben lang war ich ein Außenseiter gewesen, bis ich mit Eishockey anfing. Meine leicht reizbare Art hatte ich abgelegt, seit meine Leistungen gewürdigt wurden. Ich galt aktuell als einer der besten Spieler im ganzen Land! Im vergangenen Jahr hatte mir ein Profiteam schon einen vielversprechenden Vertrag angeboten – Beweis genug für mich.
Meine Freunde hielten mich für verrückt, als ich den ausschlug. Monatelang schimpfte mein Betreuer mit mir. Aber ich hatte einen Plan. Ich wollte meine vier Jahre in Fairview beenden, mich dann als ungebundener Spieler bei meinem Wunschteam melden, um dort noch mehr Geld und noch mehr Chancen zu bekommen. Die Kohle war nicht alles für mich, aber es war ein schöner Nebeneffekt. Vor allem, weil ich dann nicht mehr an meinen Vater gebunden war, diesen Versager. Um fair zu sein: Für jeden anderen Menschen war mein Vater kein Versager. Nein, Henry Duke war ein verdammter Goldjunge – und natürlich Thronerbe bei Duke Tech Enterprises, einem Milliardenunternehmen, das Informations- und Sicherheitstechnologie an die Regierung und die Elite lieferte. Ich hatte mein All-Inclusive-Eishockeystipendium, aber Liam hätte sich mit Krediten und Fördermitteln herumgeschlagen, wäre da nicht Henry Duke gewesen, der seine Gebühren zahlte. So gut, wie Dads Firma dastand, war es das Mindeste, was er tun konnte. Was mich selbst anging, hatten Henry und ich nur unser Blut und unseren Nachnamen gemeinsam – Letzteres wollte ich schon bald ändern lassen. Denn für mich war Henry Duke ein Niemand, und so selten, wie ich ihn zu sehen bekam, beruhte das bestimmt auf Gegenseitigkeit.
Ich ging durchs Haus und atmete tief durch. Vor dreißig Minuten war ich hier angekommen und hatte es noch immer nicht zum Hinterausgang geschafft. Wann immer ich mich umdrehte, wollte jemand Neues mit mir sprechen. So lief das ständig. Meistens genoss ich diese Aufmerksamkeit, aber in letzter Zeit wurde sie mir lästig. Vor allem an diesem Abend.
Ich hätte daheimbleiben sollen. Freitags stand für mich immer die Wäsche und andere Hausarbeit an, sofern kein Spiel angesehen war. Jeder wusste, dass ich freitags nicht feiern ging. Heute machte ich eine Ausnahme, denn Aaron hatte Geburtstag, und seine Freundin schmiss ihm eine Party. Also wiegelte ich die letzte Person ab, die ich im Inneren des Hauses begrüßt hatte, schnappte mir an der Tür ein Bier und floh ins Freie. Ich hatte nur versprochen zu kommen, von Small Talk war nie die Rede gewesen. Gerade drehte ich den Deckel von meiner Flasche und setzte sie an, als ich an Nash und Drew vorbei kam. Sie halfen einigen Verbindungsmädchen dabei, einen Handstand auf dem Bierfass zu machen und dabei weiterzutrinken. Diese Hilfe, so schien mir, würde sich für sie an diesem Abend noch auszahlen.
»Bist du auch hier, um zu helfen?«, fragte eine Blondine. Sie trat auf mich zu und drückte ihre Brüste an meinen Arm. Ich kannte ihr Gesicht, den Namen aber hatte ich vergessen. Namen lagen mir nicht.
Ich prostete ihr zu. »Nee, das haben Nash und Drew schon im Griff.« Dann zog ich weiter.
Geh zur Mauer. Geh zur Mauer. Geh zur Mauer. Trotz der betrunkenen Meute behielt ich mein Ziel fest im Auge: die weiße Gartenmauer, die ich schon bei meiner ersten Party hier als sicheren Hafen deklariert hatte. Dort konnte mir nichts passieren. Dort war ich kein Teil der Menge – nah genug, um die Party zu genießen, aber weit genug weg, um nicht in ihre albernen Spiele verwickelt zu werden. Beim Gedanken an mein letztes Partyspiel wurde mir noch immer übel. Ich hatte die Mauer fast erreicht, als mir ein Mädchen auffiel, das sich an sie lehnte. Das allein war nichts Neues. Manchmal lauerten mir dort welche auf. Es war – ohne jede Übertreibung – der reinste Wettbewerb: Wer sprach mich als Erste an. Wer nahm mich am Ende mit zu sich nach Hause? Fairview lebte für sein Eishockeyteam und hatte eine zehnjährige Durststrecke hinter sich gehabt, bis ich hier aufschlug und alles änderte. Deshalb standen sie auf mich, besonders die Frauen.
Doch diese eine passte nicht zu den anderen. Sie war komplett falsch angezogen. Ein weites T-Shirt, das ihr fast bis zu den Knien ging, und schwarze Chucks passten nicht auf eine Party wie diese. Am meisten stach aber ihr Gesichtsausdruck heraus – diese Leere in ihrem Blick und die emotionslose Art, mit der sie die sich amüsierende Menge beobachtete. War sie eine neue Anwärterin der Verbindung? Unmöglich, denn das Semester war fast vorbei. Neu musste sie allerdings sein. Sie war hübsch, auf diese ganz unauffällige, unvergessliche Art: karamellfarbene Haut, perfekte Gesichtszüge und Beine, die so makellos geformt waren, wie ich es nur bei Sportlerinnen kannte. Ihr dunkelbraunes Haar reichte ihr bis zur Hüfte, und ihre Lippen waren ebenso voll wie ihr Mund missbilligend verzogen war – der einzige Beweis dafür, dass sie die Partymeute gerade beobachtete. Erst als jemand gegen mich prallte, wurde mir klar, dass ich perplex stehengeblieben war und sie anstarrte.
»Oh, Mist, tut mir leid.« Der Jemand war eine junge Frau. Sie kicherte und griff nach meinem Arm. Als sie mich erkannte, keuchte sie auf. »Oh. Na, vielleicht tut es mir nur ein bisschen leid.«
Ich beachtete sie kaum und riss mich los. Ich konnte gar nicht anders, als das Mädchen in den weiten Klamotten anzusehen. Warum? Keine Ahnung, ehrlich. Als ich auf die Außenseiterin zutrat, bemerkte ich, dass sie ihre Muskeln anspannte. Also nahm sie meine Anwesenheit wahr. Doch sie sah erst zu mir, als ich mich direkt vor sie stellte und ihr die Sicht raubte. Höher und höher wanderte ihr Blick, bis er den meinen fand. Heilige Scheiße!
Ihre Augen waren braun. Ich hatte schon unzählig viele braune Augen gesehen, aber ihre wirkten anders auf mich, auch wenn ich es nicht erklären konnte. Es war, als umfassten sie einen Strudel, ein schwarzes Loch, das einen packen und ins Nichts zerren konnte. Erst ihr bissiger Tonfall riss mich aus der Starre, mit der sie mich belegt hatte.
»Was machst du da?«
»Du stehst auf meinem Platz.«
»Dein Platz?« Sie runzelte die Stirn. »Ist das so ein Ritual der Studentenverbindung oder wie?«
Sie musste wissen, dass die Verbindung nur Frauen aufnahm. Doch ich wollte ihr nicht den Gefallen tun, über ihren witzigen Kommentar zu lachen. Sie betrachtete mich weiter, und ihr Blick wanderte über jeden Winkel meines Gesichts. Würde sie lügen? So tun, als wüsste sie nicht, wer ich war? Manche Mädchen spielten dieses Spiel: Sie taten ganz unschuldig und schüchtern und »Oh mein Gott, auf gar keinen Fall bist du Sportler«, als wäre mein Körperbau nicht Beweis genug. Doch so, wie sie mich ansah, war sie entweder eine großartige Schauspielerin oder sie kannte mich tatsächlich nicht.
»Die Gartenmauer ist mein Platz«, wiederholte ich.
»Ach, die gehört dir?« Ihre Lippen zuckten, als kämpfe sie gegen ein Grinsen an. »Okay, John Smith.«
»Wer zum Geier ist John Smith?«
»Ein schrecklicher Mensch, aber ich meinte die Disney-Version. Aus Pocahontas.« Sie studierte mich so genau, dass ich den Drang verspürte, mir übers Gesicht zu fahren. Nur zur Sicherheit. »Du weißt schon, der Siedler.«
Das hatte ich nicht erwartet. »Den habe ich nie gesehen, glaube ich. Und nein, die Mauer gehört mir nicht. Aber das Team steht hier immer.«
Abermals betrachtete sie mich, vom Kopf bis zu den Füßen. »Was für ein Team?«
»The Blaze«, antwortete ich. Noch immer war ich unsicher, ob sie mit mir spielte, um sich interessant zu machen.
»Oh. Ich bin hier schon eine ganze Weile, und bislang hat sonst niemand hier gestanden.« Sie lehnte sich gegen die Mauer, verschränkte die Arme vor der Brust und wandte sich ab.
Wenn das keine Abfuhr war, dann wusste ich auch nicht. Was erlaubte sie sich? Sie ignorierte mich und tat, als wäre ich ein Niemand! Ich lehnte mich ebenfalls an, ließ aber etwas Platz zwischen uns. Wohin schaute sie denn jetzt? Zu den Handstand-Mädchen beim Bierfass? Zu denen, die zwischen den Rasensprengern tanzten, die irgendwer eingeschaltet hatte? Überall »verschwanden« erste Kleidungsstücke. Zwei Mädchen knutschten gleichzeitig mit Nash, was gleichermaßen heiß und unterhaltsam war. Vielleicht sah sie ja zu denen. Ich suchte den Rest des Gartens ab. Es war echt viel los heute Abend. Mein Blick fand die Frau, die vorhin gegen mich geprallt war, und sie warf mir den Blick zu. Schnell sah ich woanders hin und hoffte, dass sie nicht zu mir herüberkam. Meistens kamen nur die, die ich lange anschaute, zu mir. Das war normalerweise meine Art, um an ein bisschen Spaß zu kommen. Oder besser gesagt, deren Versuch, um bei mir zu landen. Doch im Moment wollte ich allein sein. Ich wollte ja nicht einmal die Kleine bei mir haben, neben der ich stand, aber die war wenigstens ruhig, und mir stand der Sinn heute definitiv nach Ruhe. Stille war besser als Small Talk – auch deshalb verstand ich nicht, warum ausgerechnet ich wieder den Mund öffnete. Na ja, es gab für alles ein erstes Mal.
»Bist du neu hier?«, fragte ich.
»Nein.«
»Ernsthaft? Und du kennst mich nicht?« Mir war klar, wie überheblich das klang, aber mein Gesicht war quasi überall.
»Du kommst mir schon ein bisschen bekannt vor.« Ein Seitenblick. »Gestehst du mir jetzt, dass du Pornos drehst?«
»Was?« Gelächter stieg in mir auf und verließ meinen Mund, bevor ich dagegen angehen konnte. »Guckst du etwa viele Pornos?«
»Kann ich nicht behaupten, aber das sagt man halt so. Wenn jemand meint, du kämst ihm bekannt vor, dann erwidert man, dass du Pornos drehst. Ist ein dummer Scherz, aber die Welt ist voller Idioten, von daher …« Sie zuckte mit den Achseln.
Ich schien sie absolut nicht zu beeindrucken. Das verwunderte mich. Vielleicht stand ich deswegen noch immer neben dieser Frau mit dem Gesicht einer Göttin und dem Charakter einer Wednesday Addams. War sie die Sorte, die wollte, dass man ihr hinterherjagt? Falls ja, dann viel Glück. Frauen hinterherzujagen, war mir komplett fremd. Es kostete viel mehr Zeit und Energie, als ich zu investieren bereit war. Abermals beobachtete ich sie. Sie verfolgte das Partygeschehen mit derart großem Desinteresse, dass ich mich fragte, weshalb sie gekommen war.
»Du wirkst nicht gerade beeindruckt.«
Ihr Blick wanderte zu mir. »Von dir?«
»Von allem.«
Sie dachte einen Moment nach, und eine kleine Falte bildete sich mitten auf ihrer Stirn. »Ich bin nicht nicht beeindruckt. Mir ist nur langweilig.«
»Was langweilt dich denn?«
»Alles.« Sie schnaubte und lachte dann müde und humorlos.
»Da kann ich helfen, wenn du magst.« Ich gab ihr mein charmantestes Lächeln. Das, durch das sonst das ein oder andere Höschen verschwand.
Einen Moment lang starrte sie mich an. »Nein, danke.«
Nein, danke. Ich hob die Bierflasche zum Mund, um mein Grinsen zu verbergen, und trank, damit ich nicht lachen konnte. Seit ich zur Haustür hereingekommen war, hatten sich zahllose Frauen an meinen Hals werfen wollen. Und jetzt gab die eine, die ich tatsächlich gefragt hatte – was ich verflucht noch mal nie tat, weil ich es nie nötig hatte – mir ein Nein, danke. Als stünden wir in der Parfumabteilung, und ich hätte ihr Pröbchen angeboten.
»Bist du Mitglied in der Verbindung?«
»Großer Gott, nein«, sagte sie und fuhr schnell fort. »Nichts gegen Verbindungen, aber daran habe ich kein Interesse.«
»Richtig. Weil du dich langweilst.« Ich drehte mich zur Seite, lehnte einen Arm an die Mauer und sah sie, mit vor der Brust verschränkten Armen, an. Doch zu meiner Überraschung tat sie es mir nicht gleich. »Dann sind Freundinnen von dir hier Mitglied.«
»Meine Mitbewohnerin.«
»Und deine Mitbewohnerin ist keine Freundin?« Ich nippte wieder am Bier.
»Sie ist meine beste Freundin.« Sie zog die Brauen zusammen und sah sich um, als suche sie diese Mitbewohnerin/beste Freundin. Erneut widerstand ich dem Drang, ihr die Falte aus der Stirn zu streicheln. Ich hatte das Gefühl, dass sie mir als Dank das Knie in den Schritt gerammt hätte.
»Willst du was trinken?«, fragte ich. Keine Ahnung, was in mich gefahren war. Vielleicht langweilte ich mich auch.
»Ich trinke nie auf Partys.«
Ich öffnete den Mund für eine weitere Frage. Doch ein Ruf erklang, der sie ablenkte.
»Lyles!
Als ich den Kopf hob, sah ich Prescott direkt auf uns zukommen.
Mir wurde flau im Magen. Falls »Lyles« die Freundin von Prescott war, wusste ich nicht mehr weiter. Er und ich hingen oft zusammen ab, und ich wusste, dass er eigentlich single war. Aber vielleicht war sie ja jemand, bei der er landen wollte. Ob er es ernst mit ihr meinte? Oder war sie nur eine potenzielle Bettgeschichte für ihn? Wir ließen immer die Finger von denen, bei der der andere es ernst meinte. Wann immer einer der Jungs ehrliches Interesse an einem Mädchen anmeldete, mussten wir anderen Abstand halten. Diese dumme Tradition hatte schon lange vor meiner Zeit existiert, und sie würde mich auch überdauern. Zusätzlich dachte sich der Kapitän der Eishockeymannschaft jedes Jahr eine Zahl aus, und das war dann die Anzahl an Frauen, mit denen jeder Spieler in diesem Jahr schlafen musste. Wer sich weigerte, zahlte 100 Dollar in den Topf. Wer die Vorgabe nicht erfüllen konnte, gab ebenfalls 100 Dollar. In diesem Jahr war Aaron unser Kapitän, und seine Zahl war die Zehn. Ich hatte bislang noch jede Vorgabe erfüllt und keinen Cent zahlen müssen.
Pres begrüßte mich aus der Ferne mit einem Peace-Zeichen, während er die letzten Schritte auf uns zu joggte. Ich sah zu, wie er die kleine Wednesday umarmte und einmal herumwirbelte. Sie lachte nicht, aber sie lächelte. Ein echt schönes Lächeln.
»Ich fass es ja nicht. Hat Marissa dich tatsächlich überredet, ja?« Er wich zurück und betrachtete sie von Kopf bis Fuß. »Du siehst gut aus, aber das ist ja immer so.«
Ich schnaubte. Beide schauten zu mir. Ich nahm einen Schluck Bier und schaute weg. Natürlich sah sie gut aus, sie war sogar bildhübsch, verdammt. Aber sie trug ein Harry-Styles-Shirt, das vermutlich mir noch zu groß gewesen wäre. Ihr ganzer Kleidungsstil schrie förmlich »Komm mir bloß nicht zu nahe«. Wäre es ein anderer Abend und sie nicht an meinem Platz an der Mauer gewesen, hätte ich sie dann überhaupt registriert? Aus den Augenwinkeln sah ich, wie ein betrunkener Aaron zu einem Bierfass-Handstand ansetzte. Ich behielt ihn im Blick – genau wie Prescott, dessen Hand nun auf der Schulter des Mädchens ruhte – und hörte weiter zu.
»Wie geht’s dir?«, fragte Pres gerade.
»Ich komme klar.« Sie hob die Schultern. »Banks, du weißt schon.«
»Das Semester ist bald vorbei. Vielleicht kannst du ja noch einen Monat lang rüberkommen und mitfeiern, bevor wir aufbrechen.«
»Vielleicht.«
Lügnerin. Ihr Interesse am Feiern war in etwa so groß wie meine Schachkenntnisse – gleich null.
»Du weißt, dass ich für dich da bin, ja?« Er senkte seine Stimme und umarmte sie erneut.
»Danke.« Sie löste sich von ihm und legte beide Hände an seine Brust, um Abstand zu schaffen. »Ich war quasi schon auf dem Sprung. Aber es war schön, dich zu sehen, Pres.«
»Was? Komm schon, Lyles. Na komm. Du warst bei keinem meiner Spiele, bist nie vorbeigeschneit, und wann immer ich bei dir aufgeschlagen bin, warst du unterwegs. Du darfst nicht einfach so gehen.« Wieder berührte er ihre Schulter. Jesus, was war Pres anhänglich! »Wieso stehst du überhaupt hier am Rand?« Er sah zu mir. »Warte mal, kennt ihr euch etwa?«
»Nee«, sagte sie. »Sind uns nie begegnet.«
Ich hob die Brauen. Unterm Strich hatte sie nicht Unrecht. Wir hatten uns einander nie vorgestellt, aber bei ihr klang es so, als hätten wir kein einziges Wort gewechselt. Dabei wusste ich schon vier Sachen über sie: Sie mochte Harry Styles und Pocahontas, trank nie auf Partys und war vom Leben gelangweilt. Das waren vier Sachen mehr, als ich über jede andere Frau auf dieser Party sagen konnte, und das hieß einiges, immerhin hatte ich mit einigen von ihnen geschlafen.
»Oh.« Sein Blick wanderte zwischen uns hin und her. »Lachlan, das ist Lyla. Lyla, das ist Lachlan.«
»Nett, dich kennenzulernen, Lachlan.« Sie drehte sich zu mir und hielt mir die Hand hin.
Die Geste amüsierte mich, aber ich ließ es mir nicht anmerken. Ihre Hand war klein und zerbrechlich, und die Berührung jagte eine Art elektrischen Schlag durch meinen Körper, der mich ihre Hand länger halten ließ als nötig. Ich zog Lyla sogar etwas näher an mich heran, um sie zu ärgern und zu sehen, wie sie darauf reagierte. Ihr Gesichtsausdruck blieb unverändert, doch für eine winzige Millisekunde lag da etwas in ihrem Blick. Sie zog die Hand zurück. Immer noch schaute sie mich an, und diese neugierigen Augen lösten mehr in mir aus, als ich zugeben wollte. Dann wandte sie sich wieder Pres zu.
»Komm doch am Sonntag in den Country Club«, sagte er gerade. »Ein paar von uns treffen sich am Pool zum Brunch. Deidre fragt ständig nach dir. Sie würde sich riesig freuen, dich zu sehen.«
»Ich habe Deidre ewig nicht mehr gesehen«, erwiderte Lyla. Ihr Blick ging kurz zu Boden.
Pres tippte lächelnd gegen ihre Nasenspitze. »Dann komm.«
»Ja, vielleicht.« Sie lächelte ihn an.
Sie lächelte. Es sah sogar ehrlich aus. Wie es sich wohl anfühlte, von jemandem so zauberhaft angelächelt zu werden, der es sonst nie tat? Ich wollte das auch erleben, wenigstens ein einziges Mal.
Sie tätschelte Pres’ Brust. »Na dann, ihr Spinner. Ich bin weg.«
Das kam so unerwartet, dass ich lachen musste. Sie ging, zum Abschied eine Hand zum Peace-Zeichen erhoben, und schenkte mir nicht einmal einen letzten Blick. Dabei beobachtete ich sie ganz genau, während sie sich den Weg durch die Menge bahnte. Sah sie wirklich nicht noch mal her? Die anderen taten das immer. Irgendein Loser prallte gegen sie, wodurch sie ihren Schritt kurz verlangsamte. Ich hielt den Atem an. Das war der perfekte Moment für einen letzten Schulterblick, doch keiner kam. Was zur Hölle …?
»Sie ist …« Pres schüttelte den Kopf. »Besonders.«
»Sie ist das Gegenteil von gesellig.«
»Sagt der Mann, der an der Mauer lehnt und den Rest der Party beäugt, als wären alle seine Bauern.« Pres hob eine Braue.
Ich grunzte leise. »Wer ist sie überhaupt?«
»Lyla James Marichal«. Er steckte die Hände in die Hosentaschen, wippte auf den Fersen. »Auf der Olympia Highschool war sie der feuchte Traum von uns allen.«
Echt? Das war schwer vorstellbar. Antisozial, in Sackklamotten, kurz angebunden? Sie war mir aufgefallen, das schon, aber nicht auf die Art, bei der Highschool-Kids anfingen zu sabbern. Ich warf meine leere Flasche in den Mülleimer, der ein paar Schritte entfernt stand, rülpste und lehnte mich wieder an die Mauer. Lyla James Marichal. Witzig. Wir hatten denselben zweiten Vornamen. Ich stellte mir vor, wie ich ihr das erzählte … und wie sie mich dabei ausdruckslos anschauen würde.
»Marichal. Der Ex-Baseballspieler, der heute Bürgermeister ist?«
»Ja, das ist ihr Dad. Eine Legende in dieser Gegend.« Preston presste seinen Rücken an die Mauer. »Profisportler aus der Dominikanischen Republik, Selfmade-Unternehmer und heute Bürgermeister.«
Ich nickte. Ich war ihm mal begegnet, der Typ war in Ordnung. Er spendete viel und engagierte sich auch sonst bei allem, was auf dem Fairview College mit Sport zu tun hatte. Da ich unsere Studentenblase nur verließ, wenn ich nach Hause fuhr, hatte ich kaum Berührungspunkte mit Fairviews Elite. Das ging den meisten von uns so, aber wir hatten die wahnsinnigsten Geschichten über die Partys gehört, die man dort feierte. Auch ich war schon ein paarmal zu der alljährlicher Sportgala des Bürgermeisters eingeladen worden, hatte aber stets abgesagt. Unter einem schönen Abend stellte ich mir etwas anderes vor als teure Klamotten und einen Tisch voller stocksteifer Idioten.
»Weshalb war Lyla euer feuchter Traum?«, kehrte ich zum Thema zurück. »Das sehe ich echt nicht.«
Pres hob eine Braue. »Sie ist heiß wie Feuer, Mann! Also, unter den weiten Sachen.«
»Und das weißt du, weil?« Ich straffte die Schultern und sah ihn an.
»Weil sie sich nicht immer so angezogen hat.«
»Lief da mal was zwischen euch?«, fragte ich und tadelte mich sofort für mein Nachfragen.
»Nein.« Er gluckste leise.
»Was ist daran witzig?«, fragte ich. »Meintest du nicht, sie sei euer feuchter Traum gewesen?«
»Das war sie.«
»Aber nicht deiner?«
»Doch, meiner auch. Eine Weile lang.« Er hob die Schultern. »Selbst wenn ich es versucht hätte, wäre ich nicht weit bei ihr gekommen.«
Das ließ mich stutzen. Prestons Erfolgsquote war nicht wie meine, aber auch sie konnte sich sehen lassen. Irgendetwas entging mir hier. Noch nie hatte ich derart viel über jemanden wissen wollen. Erst recht nicht über ein Mädchen, das sich, wie ich genau wusste, nichts aus meinem Stil an Beziehungen machte. Ich sollte besser den Mund halten, aber mir war langweilig. Und außerdem: Wir standen doch nur hier herum, oder?
»Ich glaube, ich kapiere da was nicht«, sagte ich. »Warst du nicht der beliebteste Kerl auf deiner Highschool? Das behaupten zumindest die Frauen, die mit dir dort waren.«
»Mhm, schätze schon.«
»Aber …?«
»Lyles ist anders. So eine lässt man nie wieder los, wenn man sie mal hat – was nahezu unmöglich ist.« Abermals sah er zu mir, die Miene ganz ernst. »Echt unmöglich.«
»Ah.« Ich nickte. »Dann will sie also immer nur was Festes.«
»Lyles?« Er lachte. »Im Leben nicht.«
Ich starrte ihn an. Mir entging hier tatsächlich so einiges.
Er lächelte und schüttelte den Kopf, als wäre die Vorstellung, dass Lyla James Marichal auf feste Bindungen aus wäre, der beste Witz aller Zeiten. In dem Fall …
»Sie ist die Sorte, die man nicht gehen lassen kann«, wiederholte er.
Ich wollte nachhaken, bremste mich aber. Mir stand nicht der Sinn nach Beziehungen für die Ewigkeit. Ich war schon einmal von der wichtigsten Person in meinem Leben verlassen worden, und einmal reichte mir voll und ganz. Wenn man nichts und niemanden an sich heranließ, wurde man nicht verletzt – so einfach war das.
Er seufzte. »Schau, ich kenne Lyles seit dem Kindergarten. Ich habe in ihr immer nur eine Freundin gesehen, eine Schwester. Aber, ja: Sie war die heißeste, beliebteste, begehrteste Frau auf meiner Schule. Wahrscheinlich, weil sie kaum jemandem eine Chance gab. Und das war alles noch vorher.«
»Verstehe ich nicht«, sagte ich, anstatt noch mehr zu fragen. »Die Heißeste, die Beliebteste? Nee, das seh ich echt nicht.«
»Kein Wunder, heute ist sie anders drauf.« Er lachte leise, doch es klang trauriger als zuvor. »Damals … Damals war sie gesellig. Lebendiger.«
Lebendiger. »Was ist denn passiert?«
Er zog hörbar Luft ein. »Sagen wir mal so: Sie steht hochoffiziell auf der ›Kein Vorrecht‹-Liste.«
»Weil?«
Pres hatte sich nicht an meinen verflucht vielen Fragen gestört, nun aber brachte ihn mein Tonfall zum Blinzeln. »Sie ist nicht dein Typ, das weiß ich. Von daher brauche ich dir das nicht zu sagen, aber ich sage es trotzdem: Lyles wird dir niemals zu Füßen liegen, wird sich niemals nur zum Spaß auf dich einlassen und auch nie eine weitere Kerbe in deinem Bettgestell werden.«
Nun war ich es, der eine Braue hob. »Also ist sie lesbisch?«
»Nee.« Pres rollte mit den Augen und warf mir einen ernsten Blick zu. »Ich meine es ernst, Lach. Sie hat genug durchgemacht. Lass sie einfach in Ruhe.« Er winkte jemandem zu. »Da kommt ihre Mitbewohnerin. Die ist eher deine Kragenweite.«
Ich sah auf und fand eine hübsche Brünette mit großer Oberweite, die zurückwinkte. Ihr Blick machte klar, dass sie schon bald bei uns stehen würde. Dennoch musste ich an Pres’ Worte denken. Mir gefiel nicht, dass er Lyla nicht für meinen Typ hielt. Oder meinte er, dass sie nicht die Sorte war, mit der man nur ein, zwei Mal ins Bett stieg? Denn dann hatte er recht. Aber noch nie hatte man mir gesagt, ich solle mich von jemandem fernhalten. Das gefiel mir ganz und gar nicht.
Sie wirkte so … unzerstörbar. Was irgendwo Sinn ergab, denn man konnte einen Menschen nur ein einziges Mal wirklich zerstören. Danach schlug man nur noch auf Trümmer ein. Ich wollte von Pres erfahren, was Lyla James passiert war, doch ihre Mitbewohnerin kam gerade zu uns rüber. Sie drückte Prescott kurz an sich und wandte sich dann mir zu.
»Ich bin Marissa.«
»Lachlan.«
»Oh, ich weiß, wer du bist.« Sie lächelte, und der Blick ihrer dunkelbraunen Augen wanderte über meinen Körper. Anders als ihre Mitbewohnerin wirkte Marissa, als wolle sie mir jetzt und hier an die Wäsche, doch danach stand mir heute nicht der Sinn.
»Ach, Mist. Da muss ich kurz dazwischengehen.« Prescott stieß sich von der Mauer ab und eilte zu seiner Ex und einer weiteren Frau, zwischen denen sich ein Streit anbahnte.
»Das wird hässlich«, sagte Marissa.
»Ein Albtraum.« Ich bekam Mitleid mit Pres.
»Also …«, setzte Marissa an. Ich sah, wie sie sich über die Lippen leckte. »Ich wollte gerade los, und da außer mir niemand hier steht, sollte ich dich jetzt wohl fragen, ob du mitkommen möchtest.«
»Wohin?«
»Zu mir.« Ihr Lächeln war verführerisch und dunkel.
»Wo wohnst du?«
»Zwei Blocks weiter.«
»Hm.«
Ich dachte gründlich darüber nach. Alles an diesem Abend war anders. Nicht, dass ich sonst mit jeder Frau schlief, die des Weges kam. Aber an jedem anderen Abend wäre Marissa definitiv auf meiner Liste gewesen.
»Meine Mitbewohnerin ist zu Hause, aber sie stört sich nicht an Besuch, von daher ist das kein Problem.«
Ich legte ihr die Hand auf den Rücken. »Nach dir.«
Als sie ihre Mitbewohnerin erwähnte, hatte ich mich schon von der Mauer gelöst. Ich war startklar. Marissas Blick sagte mir, was ich längst wusste: Dies war nicht ihr erstes Rodeo. Aber das kümmerte mich nicht. Ich hielt Abstand, während wir die Party verließen, denn ich war unsicher, wie weit ich überhaupt gehen wollte. Doch ich musste herausfinden, wo sie wohnte. Vielleicht war es fies von mir, sie zu benutzen, um an Lyla heranzukommen. Aber es war die einzige Option, die sich mir gerade bot.
2
LACHLAN
Ich will ehrlich sein: Marissa war so ziemlich die letzte Person, die ich an diesem Abend sehen wollte. Gestern erst hatte ich eine Party mit ihr zusammen verlassen, und normalerweise wäre ich nie zu ihr gekommen, um sie abzuholen. Aber da Prescott ohnehin nur zwei Häuser weiter wohnte, lag es auf dem Weg. Das war jedenfalls die Ausrede, die ich ihr genannt hatte und versuchte, mir auch selbst einzureden, als ich in ihrem Wohnzimmer saß und auf sie wartete. Am Vorabend war sie ganz schön beharrlich gewesen, doch ich hatte nicht mit ihr geschlafen. Ein Novum für mich, das musste ich zugeben. Ich hätte nachgegeben, hätte ich geglaubt, dass es Lyla egal war. In meiner Vorstellung legte sie aber wenig Wert darauf, sich die Eroberungen ihrer Mitbewohnerin »aufzuwärmen«.
Echt absurd, wie wichtig mir das war. Warum kümmerte mich das überhaupt? Seit ich Marissa nach Hause gebracht hatte, ging mir diese Frage nicht mehr aus dem Kopf. Selbst vor dem Einschlafen hatte ich darüber noch nachgedacht. Und die einzige Antwort darauf, warum ich sie nicht aus meinem Kopf bekam, war, dass Lyla James mich faszinierte – was mir für sie leidtat. Denn sonst beschäftigte mich eine Frau nicht so lange und das bedeutete, dass nun all mein Fokus auf ihr lag. Sonst faszinierte mich nur, wie Frauen unter ihren Kleidern aussahen und wie feucht sie waren, wenn ich meinen Schwanz in sie steckte – das interessierte mich, und nur das. Nach ein, zwei Nummern hatte sich das Mysterium für mich wieder erledigt.
Zwei Mal war meine Obergrenze. Ab dem dritten Sex hingen die Frauen förmlich an mir. Sollte da mal jemand Forschungen betreiben wollen, warum das nach dem dritten Mal stattfand, hätte ich genügend Erfahrungswerte für eine genauere Analyse zu bieten. Sex Nummer eins folgte in aller Regel nach einem Spiel oder einer Party – da war alles noch neu und aufregend. Sex Nummer zwei war da schon mehr ein »War es wirklich so gut oder bilde ich mir das ein?« Und Sex Nummer drei? Nun ja. Ich hatte es nur selten so weit kommen lassen und bedauerte es jedes einzelne Mal. Sie wurden anhänglich. Aus einer amüsanten Bettgeschichte wurde dann ein »Treffen wir uns mal auf ein paar Drinks oder Kaffee oder so?«. Klar, auch da schwang stets die Aussicht auf anschließenden Sex mit, aber ich hatte null Interesse an Gesprächen und auf Kaffee oder Drinks konnte ich mich auch mit meiner Mutter treffen.
Das Lyla-Phänomen war etwas ganz anderes. So nannte ich es inzwischen (in meinem Kopf, versteht sich). Meine Teamkollegen wussten bislang nichts von ihr, denn ich hatte sie weder flachgelegt noch Anrecht auf sie angemeldet. Wozu sie also erwähnen? Ohnehin hätte ich nie im Leben zugegeben, was ich da trieb. Ich saß schon so lange in Lylas und Marissas Wohnzimmer, dass das Taylor-Swift-Album, das Lyla gerade hörte, zu einem Song über irgendjemandes ricochet tears kam – sehr tragisch. Es schien eines ihrer Lieblingslieder zu sein, denn Lyla bewegte die Lippen zu dem Song, während sie Teller spülte. Als ich ankam, hatte sie auf dem Sofa gelegen und ein Buch gelesen. Ich hatte ein paar Fragen zu ihrer Lektüre gestellt und es ihr, als sie mich ignorierte, aus der Hand genommen, um ihre Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Darauf, dass ich ihre Aufmerksamkeit bekam, wartete ich noch immer, und es machte mich langsam wahnsinnig.
»Es ist Samstagabend«, sagte ich. »Hast du niemanden, mit dem du dich da treffen kannst?«
»Ich könnte dich das Gleiche frage.« Sie sah von der Spüle auf.
»Marissa und ich gehen auf dieselbe Party. Ich hole sie einfach ab, weiter nichts.« Außerdem wollte ich dich wiedersehen.
Sie ignorierte mich weiter und widmete sich der nächsten Tasse – und den Lyrics des nächsten Songs.
Scheiße, wie viele Tracks waren auf diesem Album? Die Musik machte mich fertig und ich wusste nicht, wie lange ich das noch aushalten konnte.
»Willst du dich uns anschließen?«, fragte ich.
Lyla verzog das Gesicht. »Du hast gerade gesagt, ihr geht auf eine Party.«
»Ja, und? Was stört dich daran?«
»Nichts.«
Ich unterdrückte ein Stöhnen. Dieses verdammte Mädchen! Warum konnte sie sich nicht ganz normal mit mir unterhalten? Ich musste wohl laut mitsingen, bevor ich ihre Aufmerksamkeit erhielt, verzweifelt genug dafür war ich längst. Nur leider kannte ich die Texte nicht. Ihre lässige Art und die Geschichten, die Prescott mir von früher erzählt hatte, hatten mich gefangen genommen. Jeder andere wäre vielleicht bloß neugierig gewesen und nach ein, zwei weiteren Informationen weitergezogen. Ich aber war regelrecht besessen – von Eishockey, Autos, Noten und, so schien es aktuell, von Lyla James Marichal. Die einzige andere Person, die mich derart kirre machte, war mein Vater. Der ließ sich jedoch nur blicken, wenn es ihm in den Kram passte. Kaum war er nicht anwesend, stellte ich mir Fragen über ihn: Wo lag sein Büro? Wer war seine Sekretärin? Warum schlief er mit Nancy aus der Buchhaltung, anstatt bei meiner Mutter zu bleiben, die er angeblich mehr liebte als alles andere (inklusive seiner Kinder)?
Das plötzliche Ende der Musik rettete mich aus meiner Gedankenspirale. »Warum willst du nicht mitkommen?«
»Weil ich keine Menschen mag«, sagte sie derart gelassen, dass ich trotz aller Verärgerung lachen musste. Dann fuhr sie fort. »Aber wenn du Sex haben willst und ich störe, kann ich gerne gehen und in …« Sie betrachtete mich von oben nach unten. »… fünf Minuten zurückkommen.«
Ich drehte den Kopf zur Seite, damit sie mein Grinsen nicht sah. Wie konnte es sein, dass mich ihre Beleidigungen so amüsierten – mich anmachten?
»Du kannst ruhig bleiben«, parierte ich. »Oder hast du Angst, es könnte dich erregen?«
Nun war sie es, die aus voller Kehle lachte. Auch wenn ich es nicht zugeben wollte, genoss ich ihr ehrliches Lachen. Ihre Augen funkelten dabei und sie warf den Kopf leicht nach hinten – es war absolut ansteckend. Ich fragte mich, ob dieses Funkeln immer in ihren Augen gewesen war – noch bevor sie gebrochen wurde.
Lyla drehte den Wasserhahn zu, trocknete sich die Hände ab und griff nach ihrer Tasche. Sie wollte irgendwohin. Wohin? Mit wem? Ich umklammerte ihr Buch fester, und wünschte mir, es wäre ihre Hand. Ihre Hüfte. Ihre Kehle.
»Was ist daran witzig?«, fragte ich. »Das Szenario kennst du doch sicher – aus den ganzen Pornos, die du schaust.«
Sie rollte mit den Augen, doch ich entdeckte den Ansatz eines Lächelns. Sie trug eine weite Jeans und ein zu großes Shirt. Biggie Smalls, dieses Mal. Trotzdem konnte ich ihren Hüftschwung erkennen, als sie näherkam. Ihr Blick haftete dabei an meinem und mein Herz schlug schneller. Normalerweise ahnte ich im Voraus, was andere Leute tun würden. Das gehörte zu meinen Talenten auf dem Eis. Wenn man wusste, worauf zu achten war, konnte man die Aktionen des Gegners gut voraussehen. Bei Lyla James war das anders. Ihrem Gang nach zu urteilen, wollte sie entweder auf meinem Schoß Platz nehmen oder mir eine kleben. Vielleicht auch beides. Das waren die Optionen. Sie stand nun direkt vor mir – so nah, dass ich sie auf meinen Schoß hätte ziehen können. Verdammt, wie sehr mich das reizte! Wenn sie genau hinsah, hätte sie die Umrisse meines Schwanzes erkennen können. Dieser war, dank unseres kleinen Schlagabtausches, deutlich angeschwollen. Obwohl sie weite Kleidung trug, das Haar ganz struppig und verknotet war und einen elenden Musikgeschmack hatte … war mir noch keine heißere Frau begegnet.
Sie beugte sich vor, bis wir einander in die Augen sahen. In ihren Augen lag diesen Mal keine Leere, sondern es spiegelten sich Feuer und Belustigung darin. Die Mischung raubte mir den Atem.
»Erstens«, sagte sie. »Ich brauche keinen Inhalt in meinen Pornos.«
Sie nahm das Buch aus meiner Hand und kam mit dem Gesicht noch etwas näher. Ich roch ihren Minzatem und den Duft von Gardenien, der sie überallhin begleitete. Unsere Nasenspitzen berührten sich fast. War das ein Test? Einen Sekundenbruchteil sah sie zu meinen Lippen, dann wieder in meine Augen. Ich war davon überzeugt, sie würde mich küssen, und ich wusste nicht, wie ich das fand – vermied ich es doch, andere auf den Mund zu küssen.
»Und zweitens«, fuhr sie fort, »mag ich Sex genauso gern wie Menschen.«
Ich blinzelte und mein Herz pochte wild.
Sie drehte sich um und ging, mit einem letzten Blick über die Schulter, davon. Ihr Lächeln war die pure Sünde. »Viel Spaß auf der Party.«
Es war nicht leicht, mich zu verblüffen, aber sie schaffte es. Sie mochte absolut gar nichts? Na, von mir aus. Aber wer zur Hölle mochte keinen Sex? Verflucht! Ich hasste, dass sie mich anmachen und so mit mir spielen konnte. Und ich hasste noch mehr, dass sie mir eine solche Information um die Ohren schlug und dann fortging. Das hatte sich nun in mein Gehirn gebrannt, und ich würde davon nicht loskommen, bis sie mir das genauer erklären würde.
3
LACHLAN
Als Prescott erwähnte, dass Marissa und Lyla mit zum Country Club kamen, bot ich mich sofort als Fahrer an. Obwohl ich sonst nie jemanden mitnahm, hakte Pres zum Glück nicht weiter nach. Er dachte vermutlich, dass ich mich wegen Marissa so engagierte. Aber am liebsten hätte ich sie daheim gelassen und nur Lyla eingeladen. Bei einer zwanzigminütigen Fahrt musste sie einfach mit mir sprechen. Doch als ich an ihrem Apartment ankam, offenbarte mir Marissa, dass Lyla längst gegangen war. Also saß ich nun im Wohnzimmer und wartete darauf, dass Marissa fertig wurde. In der Zwischenzeit googelte ich Lyla ein zweites Mal. Ihre Social-Media-Konten waren privat, und ich hatte ihr längst Freundschaftsanfragen geschickt – sogar auf Apps, die ich bis dahin gar nicht hatte. Akzeptiert hatte sie keine einzige. Dank der Bekanntheit ihres Vaters stieß ich auf ihren Geburtstag: 28. Januar. Sie hatte früher Fußball gespielt und war angeblich echt gut. Zum Abschlussball hatte irgendein Idiot namens Skylar Wyatt Parker sie eingeladen. Parkers Social-Media-Konten waren öffentlich, und dort konnte ich Lyla nach Herzenslust stalken. Ich scrollte zurück zu seinem allerersten Beitrag, was echt dauerte, denn der Kerl hatte über viertausend gemacht. In der Highschool war er Lacrosse-Spieler gewesen und spielte aktuell an der Yale Universität, wo er Medizin studierte.
Es gab Fotos von ihm und Lyla. Auf einem vom Abschlussball lag seine Hand auf ihrer Schulter. Auf einem anderen trug sie einen Yale-Hoodie, der so weit war, dass er ihm gehören musste. Ein weinendes Emoji begleitete den Beitrag, und ich verzog angewidert das Gesicht. Auf Seite fünf meiner Suche stieß ich auf ein Forum, in dem von einem Autounfall gesprochen wurde, in dem Lyla involviert gewesen war. Details fehlten, und der Großteil der Kommentare war gelöscht worden – vermutlich hatte ihr Vater dabei die Finger im Spiel gehabt. Hatte sie am Steuer gesessen? Vielleicht sogar betrunken? Auf Seite drei der Kommentare stand: Hört bitte auf, darüber zu reden. Hier wurden Leben zerstört! Der Beitrag war gut ein Jahr alt und von einem gewissen PiKaChOo9 hinterlassen worden. Ich klickte den Namen an, um weitere Kommentare zu sehen, doch die drehten sich hauptsächlich um Pokémon.
»Fertig.« Als Marissa aus ihrem Zimmer kam, schaltete ich mein Handy aus und stand auf.
Sie trug ein Sommerkleid, unter dem später garantiert ihre Pobacken herausgucken würden. Da wir auf eine Poolparty gingen, sollte das nicht weiter stören. Um ehrlich zu sein, war meine Geduld mit Marissa fast aufgebraucht. Auf der letzten Party hatte sie endlich begriffen, dass ich kein Interesse an ihr hatte, und versuchte seitdem nicht mehr, mich rumzukriegen. Ich hatte harte Bandagen aufgezogen und es einem Mädchen aus meinem ECON-Kurs erlaubt, auf meinem Schoß zu sitzen – direkt vor ihr. Ein feiger Zug, das war mir klar, aber ich kannte Frauen wie Marissa schon mein ganzes Leben und wusste, dass sie erst aufhörten, an mir zu kleben, wenn ich deutlich machte, dass mein Interesse nicht bei ihnen lag.
»Ich fasse es nicht, dass Prescott uns alle in den Country Club einlädt. Da war ich seit Jahren nicht«, plapperte sie im Auto los und nutzte ihre Atempausen, um sich Mascara aufzutragen – transparentes Mascara, wegen des Poolwassers, wie sie erklärte. »Er hat den ganzen Poolbereich reserviert, das ist eine große Sache. Und dass Lyla kommt, erst recht.«
Schlug mein Herz schneller, wenn sie Lyla erwähnte? Ich ließ mir nichts anmerken. »Was ist daran eine große Sache?«
»Lyla hat viel durchgemacht.« Marissa klappte ihre Sonnenblende zurück. »Die ersten anderthalb College-Jahre wohnte sie mit einer Gruppe von Mädchen zusammen. Wir sind zwar beste Freundinnen, aber wir gingen damals nie auf dieselben Partys. Und dann …« Sie verstummte und schüttelte den Kopf. »Dann zog sie ins Gästehaus ihres Vaters, bis sie voriges Semester endlich kapitulierte und zu mir zog. So war es eigentlich schon vor vier Jahren der Plan gewesen.«
»Ich bin ihr nie begegnet«, sagte ich.
»Weil sie nie auf dem Campus ist, höchstens mal für ein Laborexperiment oder so. Sie belegt nur Online-Kurse. Nichts interessiert sie großartig, von daher ist es eine große Sache, wenn sie zwei Mal am selben Wochenende ausgeht. Es wird ihr guttun.«
»Jeder ist anders. Vielleicht sollten die Leute sie einfach in Ruhe trauern lassen.«
»Trauern?« Ich spürte ihren Blick auf meinem Gesicht. »Weißt du etwa, was bei ihr los war?«, fragt sie nach einer Weile.
»Ich habe Internet.« Verflucht, also war tatsächlich jemand bei dem Autounfall gestorben!
»DU HAST LYLA GEGOOGELT?«, schrie sie auf. »Warum?«
Weil sie bildhübsch ist und witzig, wenn sie es will. Aber hauptsächlich, weil sie mich fasziniert und Gefühle in mir weckt, die vollkommen neu sind. »Sie ist eigenartig. Also hab ich sie gegoogelt.«
»Eigenartig?« Falten erschienen zwischen Marissas Augen. »Hör mal, wenn du auf Lyla scharf bist, dann sag es einfach.«
Ruckartig drehte ich den Kopf zu ihr. »Was?«
»Ich meine nur: Wenn du sie willst, kann ich ein gutes Wort für dich einlegen.« Marissa hob die Schultern. »Aus dir und mir ist nie etwas geworden. Sie hätte sowieso kein Problem damit; selbst wenn sie glaubt, da wäre mal etwas gelaufen, wäre es ihr wahrscheinlich egal, da es nichts Ernstes war. Nicht, dass ich dich mit ihr teilen würde. Auf so etwas stehe ich nicht.«
Ich wusste gar nicht, wo ich anfangen sollte – bei ihrem Teilen-Kommentar oder dem ganzen Rest? Ich beschloss, noch mehr zu recherchieren. Stand Lyla etwa auf Dreier? Und falls ja, wie genau? Zwei Frauen, ein Mann? Sie kam mir nicht so vor, aber wenn ihre beste Freundin sagte, sie teile gern, dann durfte ich das ja wohl glauben. Oder stand Lyla auf offene Beziehungen? Auf reine Bettgeschichten? Für mich wäre das die beste Option. Zwei One-Night-Stands in Folge. Doch ich verscheuchte all diese Gedanken. Ich musste es langsamer angehen. Die Fragen kamen einfach auf die Liste der Dinge, die ich über Lyla beantwortet wissen wollte. Warum hatte ich eigentlich nie eine Freundschaftsanfrage an Marissa geschickt? Sie hatte doch bestimmt Fotos, auf denen man sie beide sehen konnte.
»Was stört dich daran, dass ich sie google?« Ich bog auf den Parkplatz und stellte den Motor ab.
»Na ja.« Sie lachte, als sie ausstieg. »Du hattest jetzt … was? Zwei Unterhaltungen mit ihr? Und du googelst sie?«
»Na und? Das machen die Leute doch ständig.«
»Hast du mich gegoogelt?« An der Eingangstür blieb sie stehen und stemmte ihre Hände in die Hüfte.
»Nein.«
»Du stehst auf Lyla.« Sie zeigte mit dem Finger auf mich. Es wirkte nicht wütend oder verwirrt, nicht einmal eifersüchtig. Wenn überhaupt, amüsierte es sie.
»Quatsch.« Ich verzog das Gesicht und hielt ihr die Tür auf.
»Pass auf. Ich sage dir jetzt zwei Dinge, und dann entscheidest du, ob du sie immer noch willst.«
Ich hielt inne. »Ich höre.«
»Erstens: Wenn du ihr wehtust, wird sie dir nie – und ich meine nie – eine zweite Chance geben.« Das klang logisch. »Und zweitens: Kennst du die Frauen, die gern so tun, als wären sie kompliziert?« Sie wartete, bis ich nickte. »Lyla ist kompliziert, aber … Mann, wenn sie sich dir öffnet, wird sie zu einem deiner liebsten Menschen auf dem Planeten. Für mich ist sie das nämlich.«
»Warum macht sie auf Eigenbrötlerin?«
Marissa hob eine Braue. »Und ich dachte, du interessierst dich nicht für sie.«
»Spar dir den Quatsch, Marissa. Warum? Liegt es an dem Unfall?«
»Sie hat nie viele in ihren inneren Freundeskreis gelassen, aber laut dem Highschool-Jahrbuch war sie die Beliebteste ihres Jahrgangs. Kannst du das glauben?«
»Nee, irgendwie nicht.« Ich ging weiter. »Und der Unfall?«
»Darüber rede ich nicht gern, erst recht nicht hinter ihrem Rücken. Nur Prescott weiß noch davon.«
Kacke! Noch ein Posten für meine verfluchte Liste. Eine Hostess begrüßte uns und ich überließ Marissa den Small Talk. Mein Kopf drehte sich ohnehin nur um Lyla. War sie noch Jungfrau? Vielleicht sparte sie sich auf. Andererseits hatte sie gesagt, Sex sei nicht ihr Fall, von daher musste sie wohl schon welchen gehabt haben. Wahrscheinlich mit irgendeinem Versager ohne Ausdauer, der sie nicht befriedigte. Arschloch! Jetzt musste ich wegen dieses Typen leiden.
Die Hostess reichte uns zwei Handtücher und zeigte uns den Weg.
»Warst du hier schon mal?«, wandte Marissa sich an mich.
»Zum Brunch, aber nicht am Pool.«
Sie lächelte breit. »Oh mein Gott, dann mach dich auf etwas gefasst. Der Pool liegt zwar im Gebäude, aber trotzdem denkst du, du wärst am Strand.«
Als wir am Poolbereich ankamen, blieb ich stehen. Der Anblick war umwerfend und erinnerte tatsächlich an einen Strand. Die Jungs winkten uns zu sich, als sie uns von ihren Plätzen aus bemerkten. Prescott hatte zehn von uns hierher eingeladen, aber bislang zählte ich nur acht. Prescott und Lyla fehlten. Der Gedanke, sie könnten gerade irgendwo allein miteinander sein, störte mich mehr, als er sollte. Ich hatte keinerlei Anspruch auf Lyla – selbst wenn, blieben ihre Freundschaften ihre Sache – und trotzdem wurde mir unangenehm warm. Schnell lenkte ich mich ab. Dies war eine Poolparty, richtig? Ob Lyla ihre weiten Sachen auszog? Oder behielt sie sie an und schmollte auf einer Liege? Diese Überlegungen endeten, als wir uns hinsetzten und mit anderen ins Gespräch kamen.
»Der Coach will uns heute Abend sehen«, berichtete Drew, der mir gegenübersaß. »Er will uns dafür bluten lassen, wie die letzte Woche gelaufen ist.«
»Heißt das, du darfst nichts trinken?«
»Na ja, ideal wäre es jedenfalls nicht«, sagte er.
Ich blendete die übrigen Gespräche aus und wandte mich Nash zu. Wir redeten über den Teamnachwuchs. Nash erzählte mir von einem Trainingscamp in Kanada, an dem er im Vorjahr teilgenommen hatte. Ein paar Coaches aus der CHL, der Canadian Hockey League, waren ebenfalls dort gewesen. Auf diese Art hatte Nash, als er gerade mal achtzehn war, einen Vertrag bei Montreal bekommen. Auch mir war ein ähnlicher Deal in diesem Alter angeboten worden, doch mein Agent hatte mich damals aus der Sache rausgeboxt und seitdem war ich freier Spieler.
»Mann«, brummte Nash. »Ich würde töten, um unabhängig zu sein. Ich sagte letztens erst zu …« Er hielt mitten im Satz inne und schnappte nach Luft. Dann schlug er Drew auf den Arm. »Heilige. Scheiße. Vorrecht! Ich melde Vorrecht an!«
Während der vergangenen vier Jahre hatte ich Nash öfter Vorrecht anmelden hören, als ich zählen konnte. Ich bekam eine Gänsehaut, als ich begriff, dass auch Drew jemanden mit Blicken auszuziehen schien – und sein Geschmack variierte sonst sehr stark von dem von Nash.
»Mhm, klar.« Drew gaffte noch immer. »Dann bringt Pres dich aber um!«
»Das wäre es wert«, hauchte Nash.
Mit einem Mal war mein Nacken ganz warm. Sie sprachen über Lyla, oder? Falls ja, musste ich mich zusammenreißen. Wir hatten alle schon verdammt viele Frauen gehabt, aber Nash war noch schlimmer als ich. Es rumorte in meinen Magen, als ich ihnen zuhörte.
Marissa schnaubte belustigt. »Ich schätze, Lyla ist hier.«
Niemand reagierte auf sie. Die beiden Jungs waren viel zu sehr mit Glotzen beschäftigt. Ich wusste nicht, ob es wirklich wegen Lyla war, doch ich hatte nicht übel Lust, ihnen die Augen auszukratzen. Auch das war sonst nicht meine Art. Marissa schob ihren Sitz zurück. Dann stand sie auf, drehte sich um … und keuchte. »Oh mein Gott«, quiekte sie begeistert auf und lief los. »That’s my girl!«
Bevor ich mich umdrehte, atmete ich noch einmal tief ein. Prescott unterhielt sich mit einer älteren Dame. Neben ihm stand Lyla James und trug ein beigefarbenes Kleid, das sich an ihren Körper schiegte. Es bestand aus mehr Löchern als Stoff und reichte bis zu ihren Knöcheln. Darunter zeigte sich ein weißer Bikini. Ich war mir sicher, dass ich nicht länger atmete. Mit den weiten Sachen hatte ich meinen Frieden gemacht und mir sogar eingeredet, es sei mir egal, wie sie darunter aussah – obwohl sie meine Aufmerksamkeit natürlich trotzdem fesselte. Aber das hier? Du meine Güte, das kam unerwartet. Prescott unterhielt sich noch immer, aber Lyla sprach jetzt mit Marissa, die ihr Haar berührte. Es war offen und fiel ihr in Wellen auf die Schultern.
»Sie steht nicht zur Debatte«, sagte ich und zwang mich, meine Jungs anzusehen.
»Ach, komm schon, Lach«, beschwerte Nash sich. »Reichen dir die tausende Frauen nicht, die was von dir wollen? Lass mir jemanden übrig.«
»Warum steht die nicht zur Debatte?«, wollte auch Mason wissen. Er saß auf der anderen Seite des Tisches und hatte meiner Meinung nach absolut keinen Grund, hier mitzureden.
Ich schenkte ihm einen strengen Blick. »Weil ich das sage.«
»Das ist doch kompletter Schwachsinn«, meinte Drew.
»Marissa ist eher dein Typ, Drew. Glaub mir.« Ich wandte mich an Nash. »Lyla steht nicht zur Debatte, oder willst du deine Finger verlieren? Ich scherze nicht.«
»Verdammt.« Seine Augenbrauen schossen nach oben. Ich wusste nicht, was er damit andeuten wollte, und es war mir keine Nachfrage wert.
»Gentlemen«, sagte Prescott. Er stand nun am Kopfende des Tisches, Marissa und Lyla standen neben ihm. »Und Ladys. Danke, dass ihr gekommen seid. Wir essen jetzt etwas, und dann amüsieren wir uns.«
Lyla lächelte leicht und winkte zur Begrüßung. Als unsere Blicke sich begegneten, weiteten sich ihre Augen ein wenig, was den andern wahrscheinlich nicht auffiel, mir aber Genugtuung verschaffte. Obwohl links von mir ein Platz frei war, setzte sie sich zwischen Marissa und Prescott. Verflucht! Ich wollte die beiden zur Seite schubsen und Lyla packen. Ich wollte sie auf den Tisch drücken und zu meinem persönlichen Brunch machen. Doch dieser Tagtraum endete abrupt, als mich Marissa in den Arm zwickte. Wütend funkelte ich sie an.
»Verkupple mich mit Drew«, flüsterte sie. »Dann helfe ich dir bei Lyla.«
»Ich habe Drew schon auf dich angesetzt«, sagte ich, woraufhin sie strahlte. »Und ich weiß, dass du lügst, denn Lyla mag keine anderen Leute. Das hat sie mir selbst gesagt.«
Marissa kicherten. »Hat sie auch behauptet, dass sie keinen Sex mag?«, fragte sie leise.
Ich stutzte. »Stimmt das etwa nicht?«
»Na ja. Sie hängt viel mit diesem einen Typen ab. Er ist nicht ihr Freund, aber gemessen an der Menge an Nachrichten, die er ihr schreibt, will er es garantiert werden.«
Das störte mich gewaltig. »Wer ist das?«
»Irgendjemand aus dem Footballteam.«
Football? Im Ernst? Das Footballteam war beliebt, aber Fairview lebte für Eishockey.
»Geht sie zu den Spielen?«, hakte ich leise nach, immerhin saß sie ganz in der Nähe. Lylas Kleid lag so eng an, dass ihre Brüste bestimmt aus dem kleinen Bikini rutschten, wenn sie mal nieste. Insgeheim hoffte ich, dass es dazu kam. Gleichzeitig hoffte ich es nicht.
»Zu den meisten.« Marisa hatte so ein Funkeln in den Augen, als würde sie einen Witz erzählen.
Warum ging Lyla nicht zu unseren Spielen? Prescott zufolge war sie nicht bei den letzten gewesen, aber das musste nichts heißen. Prescott war ein enger Freund von ihr, und wenn ich ehrlich zu mir war, schaute ich ohnehin kaum zu den Zuschauerrängen hoch. Von daher … Bevor ich nachhaken konnte, verwickelte Drew Marissa in ein Gespräch.
»Ich glaube, wir sind uns noch nicht begegnet«, wandte sich Nash an Lyla. Er lächelte, sie nicht. »Ich bin Nash.«
»Lyla.«
Prescott beugte sich herüber, flüsterte ihr etwas ins Ohr und legte dabei seine Hand auf ihre. Ich beschloss, ihn beim nächsten Training härter ranzunehmen. Vielleicht brach er sich dabei sogar einen oder zwei Finger. Schnurzegal, ob sie einander ewig kannten – seine Hand auf ihrer bedeutete Krieg. Scheiße, was war nur heute mit mir los?! Lyla trieb mich in den Wahnsinn. Sie zog ihre Hand zurück, griff nach der Speisekarte und studierte sie ungewöhnlich lange. Dabei gab es nur sechs Gerichte zur Auswahl, da überlegte man maximal eine Minute.
Marissas Handy klingelte in ihrer Handtasche. Sie schaute auf das Display und entschuldigte sich prompt. Sie beugte sich zu Lyla vor und bat sie, für sie mitzubestellen.
Ohne Marissa als Puffer hatte ich eine viel bessere Sicht auf Lyla, aber ich konnte sie nicht anstarren, ohne wie ein Stalker zu wirken. Also beschloss ich, sie anzustarren und mit ihr zu sprechen.
»Ist das kein Albtraum für dich?«, fragte ich. »All diese Leute?«
»Schon, irgendwie.« Sie wandte mir ihr Gesicht zu. Himmel, dieses Gesicht, diese Lippen, diese Augen. »Aber die Chicken Waffles sind hier echt toll, von daher nehme ich euch notgedrungen in Kauf.«
Ich unterdrückte ein Lachen. »Den Look kenne ich gar nicht an dir. Lässt du die weiten Klamotten an Sonntagen weg?«
Sie legte die Hand auf Marissas leeren Platz und beugte sich vor, als wolle sie mir ein Geheimnis verraten. Ich tat dasselbe, und meine Fingerspitzen ruhten nur Zentimeter von ihren entfernt. Sie leckte sich über die Lippen. Ich unterdrückte ein Stöhnen. Das machte sie doch absichtlich! Aus irgendeinem Grund – vermutlich, weil sie keinerlei Interesse an mir zeigte – wollte ich, dass sie mich wollte. Es war absolut unerklärlich, denn mir mangelte es nicht an Frauen, die Interesse an mir zeigten – ganz wie Nash gesagt hatte. Aber keine von ihnen fesselte mich so wie Lyla. Als sie mir endlich antwortete, sprach sie so leise, dass es nur ein Flüstern war.
»Haben du und deine Vollidiotenfreunde eine Wette laufen, wer von euch mich als Erster flachlegt?« Ihre Augen funkelten. Mist, wie viel wusste sie über »Vorrecht«?
»Willst du, dass ich mit wette?« Ich ließ meine Hand so weit wandern, dass sich unsere Finger berührten.
»Nur wenn du verlieren möchtest.« Sie zog ihre Hand zurück und setzte sich wieder auf.
Auch wenn ich noch nie etwas im Leben verloren hatte (mal abgesehen von der Liebe meines Vaters), fiel mir dazu kein Konter ein. Den Rest des Essens unterhielt ich mich hauptsächlich mit den Jungs und ignorierte Lyla, jedenfalls nach außen hin. Insgeheim horchte ich jedoch auf, wann immer sie sprach – auch wenn das selten vorkam. Ich hasste, dass Mason, der ihr gegenübersaß, die beste Sicht im ganzen Haus hatte, und es ärgerte mich, wie Prescott immer näher an sie heranrutschte, wann immer er mit ihr sprach. Ich nahm mein Handy heraus und fragte Google, wie viel Knast mir blühen würde, wenn ich Lyla entführen würde. Nach dem Brunch gingen wir alle ins Freie, um die Aussicht auf den Jachthafen und den Golfplatz zu genießen. Während sich alle auf der Terrasse verteilten und Selfies machten, beobachtete ich Lyla. Das Frühlingswetter war perfekt, und doch rieb sie sich ständig die Arme, als sei ihr kalt. Also streifte ich mir mein Hemd ab und legte es ihr über die Schultern.
Sie zuckte zusammen und sah zu mir hoch. Im ersten Moment dachte ich, sie würde sich wehren. Doch stattdessen kam ihr ein leises »Danke« über die Lippen.