Until Us: Hollywood - Layla Frost - E-Book
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Until Us: Hollywood E-Book

Layla Frost

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Beschreibung

Ein unwiderstehlicher Sonnyboy. Eine verschlossene Mom-to-be. Zwei Welten, die mit einem Boom kollidieren. Mac ist nicht auf der Suche nach einem Liebhaber. Sie ist nicht mal auf der Suche nach einem Freund. Nachdem ihr Leben buchstäblich auseinandergebrochen ist, will sie nur eins: Einen Neuanfang für sich und ihr ungeborenes Baby. Als sie auf Hollywood trifft, ihren Nachbarn, der eigentlich Ward Garrison heißt, ändert sich jedoch alles. Er kocht für sie, schenkt ihr sein Grübchengrisen und bringt sie nach langer Zeit wieder zum Lächeln. Ward ist charmant und ein absoluter Held, als Mitglied des Court of Mayhem Motorradclubs hat er jedoch auch Blut an den Händen. Und einige Geheimnisse, allerdings hat Mac die auch. Aus Angst, wieder etwas zu verlieren, wollte sie sich anfangs von ihm fernhalten. Aber vielleicht ist nun der Moment gekommen, alles auf eine Karte zu setzen, um endlich ihr Glück zu finden. In Mayhem. Until Us: Hollywood ist ein Crossover der Until-Welt von Aurora Rose Reynolds und der Hyde & Seek-Reihe von Layla Frost. Wenn du Until Us: Judge geliebt hast, dann wirst du auch Until Us: Hollywood lesen wollen.

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Seitenzahl: 435

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USA TODAY BESTSELLER AUTORINLAYLA FROST

UNTIL USHOLLYWOOD

UNTIL US: HOLLYWOOD

LAYLA FROST

© Die Originalausgabe wurde 2022 unter demTitel FINDING MAYHEM von Layla Frost veröffentlicht.

© 2023 Romance Edition Verlagsgesellschaft mbH 8700 Leoben, Austria

Aus dem Amerikanischen von Jennifer Kager und Mirjam Neuber

Covergestaltung: © Sturmmöwen

Titelabbildung: © fxquadro (depositphotos)

Redaktion & Korrektorat: Romance Edition

ISBN-Taschenbuch: 978-3-903413-77-1

ISBN-EPUB: 978-3-903413-78-8

www.romance-edition.com

Anmerkung der Autorin

Der Court of Mayhem hat es sich zur Aufgabe gemacht, Opfern von Missbrauch aus ihren Notlagen zu helfen. Dieses Buch beinhaltet Szenen, in denen diese Missbrauchsfälle geschehen oder nacherzählt werden. Sei achtsam beim Lesen und beachte deine persönlichen Grenzen und Trigger.

Aus dem perversen Herzen der Autorin

Danke an Layla Frost’s Cupcakes: Ich bin so glücklich, dass es euch gibt, und dass ihr euch dafür entschieden habt, einen Teil eures Tages mit mir zu verbringen. Danke, dass ihr mir helft, meinen Traum zu leben, indem ihr meine Geschichten lest.

Danke an Layla’s Naughty Review Team, dass ihr so flexibel seid und euch immer meinem Flow anpasst. Eines Tages werde ich mich anständig und erwachsen benehmen. Vielleicht …

Vielen Dank an Beth, Kari March und Jenny Sims für eure harte Arbeit, damit aus meiner Geschichte ein Buch werden konnte!

Wie immer möchte ich mich bei Brynne Asher und Sarah Curtis für ihre großartige Unterstützung bedanken.

Danke an M – du inspirierst und ermutigst mich, versorgst mich mit Kaffee und verwöhnst mich mit deinem Schwanz … nicht unbedingt in dieser Reihenfolge.

Dieses Buch ist all jenen gewidmet, die sich wie angeschlagenes Porzellan fühlen:Du bist stärker, als du denkst.

Inhalt

Prolog

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

31. Kapitel

32. Kapitel

33. Kapitel

34. Kapitel

35. Kapitel

Epilog

Über die Autorin

Prolog

Mac

Neunzehn Wochen zuvor …

Ich fasse es nicht.

Wie kann das …?

Es ist doch sicher nur …

Im Ernst?

Ich fühlte mich schon eine Weile schlecht.

Müde.

Nein. Erschöpft.

Es kam mir vor wie eine Grippe, nur viel schlimmer.

Die Übelkeit hätte eigentlich Hinweis genug sein müssen, um zu begreifen, was mit mir los war. Allerdings trat sie nicht nur am Morgen auf.

Da Arztbesuche gemeinhin viel Zeit beanspruchen, ich mich nicht umsonst hinschleppen wollte und solche Orte generell wie die Pest mied, entschloss ich mich, erstmal Dr Google zu Rate zu ziehen. Fast jeder Treffer ergab die gleiche Diagnose.

Allerdings darf man nicht alles glauben, was im Internet steht. Daher betete und hoffte ich, dass ich mir nur einen hartnäckigen, jedoch harmlosen Magenvirus eingefangen hatte. Dass all meine Recherchen falsche Ergebnisse erbracht hatten. Es durfte einfach nicht sein, egal wie offensichtlich es schien.

Doch als ich auf den weißen Stab in meinen zitternden Händen hinunterblickte, sah ich den unbestreitbaren Beweis für meine schlimmsten Vermutungen.

Ich kann nicht einmal …

Heißt das …

Wie soll ich es ihm sagen?

Als hätte ich ihn gedanklich heraufbeschworen, platzte mein Verlobter ins Badezimmer. Ich musste vergessen haben, die Tür abzuschließen, weil Eddie um diese Zeit normalerweise schon auf dem Weg zur Arbeit ist.

Wie dumm von mir.

Ich machte mir nicht die Mühe, zu verstecken, was ich in der Hand hielt, denn sein Blick war bereits auf den Test gerichtet.

»Und?«, fragte er mit ausdrucksloser Miene.

Ich drehte ihn so, dass er das Ergebnis sehen konnte.

Zwei rosa Linien.

Zwei sehr dunkle rosa Linien.

»Schatz«, murmelte er, ohne eine Gefühlsregung zu zeigen.

Mein Herz zog sich zusammen. Ich fühlte mich innerlich leer, obwohl der Schwangerschaftstest bestätigte, dass in mir gerade ein neues Leben heranwuchs.

Eddie schien es nicht eilig zu haben und kam einen Schritt auf mich zu. Ich zuckte zusammen, als er plötzlich vor mir auf die Knie sank, ohne sich darum zu kümmern, ob seine Kleidung zerknittern könnte. Er legte seine Hände an meine Seiten und streichelte mit seinen Daumen über meinen immer noch flachen Bauch.

»Ich liebe dich«, flüsterte er. Meine Brust fühlte sich an, als würde sie bersten. Das Gefühl wurde nur noch stärker, als er mich mit seinen haselnussbraunen Augen ansah. »Bist du glücklich?«

Die Schwangerschaft war definitiv ungeplant. Ein totaler Schock. So viele Gedanken schossen mir durch den Kopf und meine Gefühle spielten verrückt. Aber da war auch Glück. Sehr viel davon.

Ich werde ein Baby bekommen.

Ich fuhr mit der Hand durch sein leicht ergrauendes Haar. Es machte ihn noch attraktiver. Ich lächelte ihn an und nickte, zu überwältigt, um etwas sagen zu können.

»Gut, Schatz«, flüsterte er und grinste zu mir hoch. »Ich meine, gut, Mama.«

Mama.

Eddie drückte mir einen Kuss auf den Bauch, stand auf und richtete seine Kleidung. Dann zog er mich an sich und küsste mich härter und fordernder, als er es sonst tat. »Ich wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war. Das ist die beste Nachricht. Das«, er trat einen Schritt zurück und legte seine Hände auf meinen Bauch, »bedeutet mir alles.«

Nach einem letzten Kuss ließ er mich los und wandte sich zum Gehen. In der Tür hielt er inne und schaute mich erwartungsvoll an.

Und ich sagte dieselben Worte wie immer, wenn er ging. »Pass auf dich auf.«

»Das werde ich …« Er grinste. »… Mama.«

Mama.

Ich werde eine Mama sein.

1

Cocktails für den Rasen

Hollywood

Verdammt, war ich fertig.

Nicht nur körperlich, was durchaus verständlich war.

Innerhalb von zwei Tagen die Küste hinauf nach Maine, dann hinunter nach North Carolina und zurück nach Massachusetts zu fahren, würde jeden ermüden.

Nach all den Stunden auf dem Motorrad tat mir der Hintern weh. Meine Oberschenkel schmerzten, als hätte ich tausend Kniebeugen gemacht, und die Muskeln in meinen Armen krampften. Energydrinks, die nur aus synthetischen Stoffen bestanden, und mieser Tankstellenkaffee waren alles, was meinen Körper auf der Strecke mit Energie versorgt hatte.

Aber es war nicht die körperliche Erschöpfung, die mir zu schaffen machte, es war die geistige.

Ich war ein Weichei. Ich wusste es und würde es auch jederzeit zugeben. Die Tour mag für mich und meine Brüder hart gewesen sein, aber für die Menschen, denen wir halfen, ihren Albträumen zu entkommen, war es viel schlimmer. Sie konnten ihren Monstern nicht davonfahren.

Sie waren immer da und verfolgten sie überall hin.

Tag und Nacht.

Immer diese Scheißmonster.

Und es hörte nie auf, egal, wie sehr man dagegen ankämpfte.

Diese Erkenntnis machte mir mehr zu schaffen, als die körperliche Erschöpfung. Ich war entmutigt und fühlte mich machtlos. Als hätte mich jemand verprügelt und gedemütigt.

Ich fuhr meine Harley die Einfahrt zu meinem Haus hinauf. Aus den Augenwinkeln bemerkte ich etwas Ungewöhnliches vor dem Nachbargrundstück. Ein Umzugswagen parkte am Bordstein. Normalerweise hätte er meine Neugier geweckt, doch ich war zu müde, mich darum zu scheren. Eigentlich war es mir auch egal, wer in das Haus der alten Mrs Anderson einzog.

In Gedanken versunken, stieg ich die Stufen zu meinem Haus hinauf. Als ich nebenan eine Bewegung wahrnahm, blieb ich stehen.

Ich sah eine Frau, die einen großen Karton in der Hand hielt.

Verdammt noch mal.

Ich war vielleicht erledigt, aber nicht tot. Selbst aus der Ferne konnte ich erkennen, dass sie verdammt heiß war. Und ein zartes Wesen, nicht viel größer als einen Meter sechzig, wenn ich ihren unordentlichen Dutt rausrechnete.

Mrs Anderson war eine bösartige Alte, die mich vom ersten Moment an hasste und keine Scheu hatte, mir das bei jeder Gelegenheit zu zeigen. Sie hatte mich wegen jeder vermeintlichen Straftat angezeigt. Weil meine Harley zu laut oder mein Rasen zu grün war. Sie ging sogar so weit, zu behaupten, mein unnatürlich grüner Rasen sei der Beweis dafür, dass ich ihn mit chemischen Cocktails düngen würde.

Ihre Anschuldigungen wurden schlimmer, wenn ich meine Brüder zu Besuch hatte, insbesondere wenn Schwede zu Gast war. Er war Biker, wie ich, und schwarz. Für die alte Anderson war das Grund genug, ihn für einen Kriminellen zu halten. Auch weil wir alle stets schwarze Lederkombis trugen. Wenn ich mit Schwede in meinem Garten saß und etwas trank, bedeutete das für Mrs Anderson automatisch, dass wir etwas Böses planten. Mit Drogen handeln, Frauen schlagen, Häuser ausrauben und was sie sonst noch für einen Blödsinn von sich gegeben hatte.

Weil ein hoher Holzzaun zwischen unseren Grundstücken stand und eine freie Sicht in die Gärten für sie unmöglich machte, stieg sie mit ihren gebrechlichen Knochen sogar auf eine Leiter, um mir nachzuspionieren.

Die Alte hatte wirklich nicht alle Tassen im Schrank. Daher hielt sich meine Trauer in Grenzen, als sie das Zeitliche segnete. Allerdings erhob ich mein Glas, jedoch nicht auf sie, und wünschte dem armen Teufel, bei dem sie in der Hölle schmorte, Glück, denn das brauchte er definitiv.

Außerdem ließ ich es mir nicht nehmen, in ihren wertvollen Rosenstrauch zu pinkeln.

Nach ihrem Tod hatte ich gehört, dass sie das Haus ihrer Nichte vererbt hatte, und der Anwalt war sich nicht sicher, was sie damit machen würde. Lange gab es keine Anzeichen für einen Verkauf des Hauses. Daher war es gut möglich, dass die attraktive Brünette ihre Nichte war und nun dort einziehen wollte.

Heiß oder nicht. Wenn sie von ihrer Tante nicht nur die Immobilie geerbt hatte, würde ich einen großen Bogen um sie machen.

Ein Entschluss, der sich verfestigte, als sie sich zur Seite drehte.

Entweder, in ihrem Ernährungsplan gibt es einen gewaltigen Kalorienüberschuss, der sich hauptsächlich an ihrem Bauch ansetzt, oder sie bekommt ein Baby.

Ich hatte keine Ahnung, in der wievielten Woche sie schon war. Ihr sonst so zarter Körperbau machte eine Schätzung schwer. Sie könnte im vierten Monat sein oder kurz vor der Entbindung stehen. Zumindest war es offensichtlich, dass es ihr schwerfiel, die Kisten ins Haus zu tragen.

Es ist auch egal, ob sie Kartons mit Watte und Federn schleppt. Ihr Mann ist ein Dummkopf, wenn er zulässt, dass sie auch nur einen Finger rührt.

Aber das geht mich nichts an.

Ich öffnete meine Haustür, ging hinein und ließ meine Tasche auf die Couch fallen.

Im nächsten Moment ertönte ein markerschütternder Schrei.

»Scheiße, tut mir leid.« Ich nahm die Tasche hoch. Ein pelziges Gesicht kam zum Vorschein und starrte mich aus großen grünen Augen an.

Dumpster hatte mich gelehrt, dass Katzen genauso mörderische Blicke wie Menschen draufhatten. Sie war eine wahre Meisterin darin.

Weil ich gerade meine Reisetasche auf sie geworfen hatte, war ihr Zorn natürlich gerechtfertigt.

»Wie war die Zeit ohne mich?«, fragte ich sie und fixierte sie meinerseits, ohne mit einer Antwort zu rechnen.

Sie blinzelte und begann zufrieden zu schnurren, bevor sie sich streckte, zusammenrollte und die Augen schloss.

»Ich nehme an, du bist gut allein zurechtgekommen.«

Ich hatte vor Dumpster noch nie ein Haustier, nicht einmal einen Goldfisch, und war mir nicht sicher, was passieren würde, wenn ich eine Katze ein oder zwei Tage allein lassen würde. Aber Ophelia, die Ehefrau unseres Club-Präsidenten, erklärte mir, dass Katzen nicht wie Hunde sind. Sie sind pflegeleicht und haben ihren eigenen Kopf. Solange ich nicht länger als drei Tage weg war, gab es keinen Grund, einen Katzensitter zu bemühen. Sie riet mir nur, eine große Schale Wasser und eine extra Portion Futter dazulassen.

Wie mir O versichert hatte, ging es Dumpster gut. Vielmehr noch schien die Katze mein Fehlen gar nicht bemerkt zu haben.

Meine Gedanken schweiften zwischen der Reise, der bevorstehenden Woche und Dumpster hin und her, während ich in die Küche ging und mir ein Bier aus dem Kühlschrank holte. Doch ich streckte mich nicht mit der Flasche in der Hand neben meiner Katze auf der Couch aus, sondern zog es vor, meine Nachbarin zu beobachten, die mich eigentlich nicht zu interessieren hatte.

Sie trug eine kleine Kiste ins Haus, während ich einen langen Zug von meinem Bier nahm. Ich genoss den Anblick, den Geschmack nach Hopfen auf meiner Zunge und die Vorstellung, in dieser Nacht in meinem eigenen Bett zu schlafen. Das alles führte dazu, dass sich meine Muskeln lockerten und ich mich entspannte.

Ich war zu Hause und nicht mehr im Dienst – zumindest dachte ich das, bis mein verdammtes Telefon zu klingeln begann.

Missmutig zog ich es aus der Tasche und schaute auf das Display. Es war Judge, mein Bruder – wenn auch nicht blutsverwandt – und Präsident des Motorradclubs.

Er wusste, dass ich hier war, um mich auszuschlafen, denn er hatte mich nach Hause geschickt.

Wenn er anrief, war es wichtig.

Ich nahm das Gespräch entgegen.

»Verdammtes Arschloch«, grummelte Judge, bevor ich etwas sagen konnte.

»Das kann ich nur zurückgeben«, entgegnete ich ihm. »Ich lege jetzt auf und gehe mit meiner Pussy ins Bett.«

»Nenn Dumpster nicht dauernd Pussy«, ermahnte er mich, doch in seiner Stimme klang ein Lächeln mit.

Darin war ich gut. Menschen zum Lächeln zu bringen. Sie aufzumuntern. Ihnen zu helfen.

»Vielleicht meinte ich eine Frau«, erwiderte ich.

»Vor einer Stunde sahst du noch aus wie der Tod auf Latschen. Ich weiß, dass dein Charme keine Grenzen kennt, aber nicht, wenn du schon im Stehen einschläfst.«

Dass ich vor Müdigkeit kaum noch stehen konnte, stimmte. Aber nicht, dass ich nicht trotzdem in der Lage war, eine Frau aufzureißen. Es war egal, ob ich zu betrunken, bekifft oder müde war, sie abzuschleppen. Es war genau umgekehrt. Meist wurde ich angesprochen, war aber durchaus wählerisch. Außerdem hatte ich einen Ruf zu verlieren. Wenn ich einer Frau nicht das absolut beste sexuelle Abenteuer ihres Lebens bieten konnte, dann ließ ich es ganz bleiben. Für eine schnelle Nummer auf der Toilette, im Clubhaus, in ihrem Wagen oder wohin sie mich sonst noch einladen wollte, war ich mir zu schade.

Ich hatte auch meine Standards.

»Was ist los?«, fragte ich Judge.

»Du musst Danes einen Besuch abstatten.«

Verdammt noch mal.

Menschen zu helfen, ihren Peinigern zu entkommen, war das, was der Court of Mayhem MC am liebsten tat. Doch damit konnte der Club seine Rechnungen nicht bezahlen. Dafür gab es MayCo Security. Von Alarmsystemen bis hin zum muskelbepackten Türsteher boten wir alles an. Wir spürten sogar Stalker, Erpresser oder gestohlene Gegenstände auf. Gut bezahlte Detektivarbeit.

Auftraggeber waren hohe Tiere, die einen Haufen Geld aus ihrem Privatvermögen für diskret ausgeführte Qualitätsarbeit ausgeben wollten. Unsere Aufträge erhielten wir allein durch Mundpropaganda, weil wir verdammt gut in unserem Job waren.

Und dabei standen wir immer auf der richtigen Seite unseres persönlichen moralischen Kompasses, manchmal aber auf der falschen Seite des Gesetzes.

Deshalb kamen die Leute zu uns.

Normalerweise genoss ich die Arbeit, weil wir uns unsere Kunden aussuchen konnten. Manchmal kam es vor, dass wir einen Auftrag annahmen, weil er interessant zu werden versprach und der Preis stimmte, obwohl uns der Auftraggeber nicht passte. So wie bei diesem Job.

Elliot Danes war ein egoistisches Arschloch, paranoid, machthungrig und eine riesige Nervensäge. Und das war noch nett ausgedrückt.

Seit einer Woche arbeiteten wir für ihn, so korrekt und diskret wie immer. Trotzdem warf er uns vor, Glitch und ich hätten seine Frau angemacht. Dann beschuldigte er seine Frau, sich uns an den Hals geworfen zu haben, als sie uns Kaffee anbot.

Mrs Danes war eine reizende Frau, aber eine typische Vorstadt-Mom. Sie war hübsch anzusehen und strahlte eine gesunde Fröhlichkeit aus. Sie fuhr ihre Kinder in einem Minivan zur Schule und holte sie wieder ab, um sie zu Freizeitaktivitäten zu kutschieren. Sie kaufte nur Bio-Gemüse, kochte jeden Tag für ihre Familie und kümmerte sich um den Garten und den Hund. An beiden Tagen, an denen ich ihr begegnet war, trug sie T-Shirts mit Bibelsprüchen. An all dem war nichts auszusetzen. Trotzdem war sie keine Frau, der ich nachschauen würde.

Und wir waren auch nicht ihr Typ. Sie war kein Motorradclub-Häschen, das sich von kräftigen Kerlen in Lederkluft angezogen fühlte und ihr Leben auf dem Sozius einer Harley verbringen wollte.

Allerdings konnte ich nicht verstehen, warum sie sich ausgerechnet Elliot Danes ausgesucht und zum Vater ihrer Kinder gemacht hatte.

Manche Leute behaupteten, dass Geld korrumpierte und die Menschen paranoid machte. Ich sah das anders und hätte eher behauptet, dass es ihnen den Mut gab, so zu sein, wie sie wirklich waren.

Und die meisten Reichen waren wirklich Schwachköpfe.

»Er steht erst nächste Woche auf dem Programm.«

»Planänderung. Er hat heute angerufen. Zum wiederholten Mal.«

Es fiel mir immer schwerer, Mr Danes höflich zu begegnen. »Schick Glitch«, schlug ich deshalb vor.

»Das geht nicht«, schoss Judge zurück. »Er will Glitch nicht mehr dabei haben. Danes sagt, dass er versucht habe, seine Frau zu ficken.«

»Blödsinn.«

»Du meinst, Glitch hat kein Interesse daran, Mrs Danes die ergonomisch geformten Sandalen auszuziehen?«

»Hey, gegen vernünftige Schuhe ist doch nichts einzuwenden«, hörte ich O im Hintergrund einwerfen. »Ich trage sie bei der Arbeit, und im Gegensatz zu diesen Scheißschuhen bekomme ich davon keine Blasen.«

Ophelia hatte als Krankenschwester in einer noblen Senioreneinrichtung gearbeitet, bevor Judge sie vorübergehend für sich beanspruchte.

Man könnte auch sagen: gekidnappt hatte.

Sobald sie erstmal auf den Geschmack von Mayhem gekommen war, hatte sie aufgehört, sich um fremde Ärsche zu kümmern. Und nicht nur ich war froh, eine Krankenschwester in der Nähe zu haben. Sie hatte uns zusammengeflickt, als Haze und ich auf mysteriöse Weise vor einer Bar überfallen worden waren. Sie hatte die besten Mittel gegen Kater. Und sie konnte besser mit Schürfwunden und gebrochenen Fingern umgehen als die anderen Brüder.

Und sie stellte weniger Fragen als jeder Krankenhausmitarbeiter.

»Sei still, Frau«, sagte Judge. »Du hast in diesen Stöckelschuhen und deinem Outfit, das du letzte Woche für mich getragen hast, so verdammt sexy ausgesehen. Mach jetzt nicht meine Fantasie kaputt.«

Ophelia stieß ein leises Lachen aus. »In deiner Fantasie trage ich das in der Öffentlichkeit …«

»Toll. Jetzt hast du sie verdammt noch mal ruiniert, Prinzessin«, grummelte Judge.

»Das liegt an dir, Psycho.«

Ich war ihr Geplänkel gewöhnt. Wir alle. Bis Ophelia auftauchte, hatte Judge nur für den Club gelebt. Seit er sie im Supermarkt aufgelesen und ins Clubhaus verschleppt hatte, blühte er regelrecht auf. Nun hatte er noch etwas anderes, worüber er sich Gedanken machen konnte. Und dass er ständig und hauptsächlich an seine Frau dachte, war uns allen klar. Doch das bedeutete nicht, dass ich hören wollte, wohin ihr Gespräch unweigerlich führen würde.

»Okay, ich fahre hin«, unterbrach ich ihr liebevolles Hin und Her.

»Hm?« Judge schien mich für einen Moment vergessen zu haben, bevor er wieder zur Sache kam. »Genau. Das ist gut. Versucht doch mal, euch ein paar neue Herangehensweisen zu überlegen.« Er räusperte sich. »Falls es Probleme gibt, ruf mich an.«

Ich schaute rechtzeitig aus dem Fenster, um zu sehen, wie sich meine neue Nachbarin abmühte, eine Kiste aus dem Wagen zu ziehen. Die ganze Zeit, in der ich wie ein Stalker am Fenster stand, war niemand anderes zu sehen gewesen. Kein Ehemann oder Freund, der ihr half, nur sie allein.

»Ich kann frühestens in einer Stunde dort sein.«

»Ich werde ihm Bescheid sagen«, stimmte Judge zu und legte auf.

Und ich gab dem Drang nach, zum Haus nebenan zu stürmen, um meiner attraktiven neuen Nachbarin zu helfen.

2

Willkommen zu Hause, unförmige Nudel

Mac

Mir tun sämtliche Fasern meines Körpers weh.

Meine Arme fühlen sich wie Spaghetti an. Meine Beine auch. Zerkochte Spaghetti, zehn Minuten nach al dente.

Toll, jetzt habe ich auch noch Appetit auf Nudeln. Am besten einen ganzen Berg davon.

Mich mit der Tasche abmühend, die sich einfach nicht aus meinem Wagen heben ließ, ignorierte ich sowohl den Schmerz als auch mein plötzliches Verlangen nach Nudeln. Oder versuchte es zumindest. Erst, als ich mich frustriert umdrehte und gegen eine Wand stieß, wurde mir klar, dass ich von meiner Umgebung in den letzten Minuten nichts mitbekommen hatte.

Ich stand also am Straßenrand hinter dem Transporter und konnte mich nicht an ein Hindernis erinnern. Warum sollte jemand ausgerechnet hier und hinter meinem Rücken eine Mauer errichtet haben? Und in so kurzer Zeit. Es sei denn, ich war irgendwie in meinem Lieblingscartoon gelandet, und der Kojote wollte mit dieser Mauer den Roadrunner austricksen.

Allerdings war mir neu, dass die Wände im Trickfilm Arme mit kräftigen Muskeln hatten. Doch ich spürte ganz deutlich, dass ich festgehalten wurde.

»Geht es dir gut?«, fragte die Wand mit einer unglaublich tiefen und rauen Stimme.

»Ich bin diejenige, die dich beinahe umgerannt hat. Geht es dirgut? Es tut mir so leid, ich war in Gedanken«, plapperte ich drauflos, statt einfach zu antworten, bevor ich den Kopf hob und in ein freundliches Gesicht blickte.

Vor mir stand ein attraktiver Mann und keine spontan errichtete Mauer.

Sein Mund verzog sich leicht, und ein tiefes Grübchen kam zum Vorschein. »Mir geht’s gut.«

»Bist du sicher?«

Aus dem Grinsen wurde ein Lächeln, und ein zweites Grübchen erschien. »Ja, ich bin mir sicher.«

Ich konnte gut verstehen, warum ihn meine Sorge amüsierte. Bei seiner Größe hätte ich mich mit voller Wucht auf ihn stürzen können, ohne dass er auch nur kurz ins Schwanken geriet.

Was rein hypothetisch gemeint war.

Ich wollte mich nicht wirklich auf ihn stürzen.

Auch wenn es allen Grund dazu gab, gleich hier und jetzt über ihn herzufallen.

Diesen unanständigen Gedankenstrudel verdankte ich meinen Hormonen, dessen war ich mir sicher. Wäre ich nicht schwanger gewesen, hätte ich den attraktiven Unbekannten nicht sofort als Sexobjekt betrachtet.

Und die Tatsache, dass er wie ein Model aussah, das einem Magazin für Luxusartikel entstiegen ist, trug ihr Übriges zu meiner Fantasie bei. Wahnsinnig groß, noch wahnsinniger muskulös, mit zerzausten blonden Haaren und hypnotisierenden blauen Augen.

Vielleicht nicht unbedingt aus einer Zeitschrift, sondern direkt vom Set eines düsteren Biker-Dramas mit Happy End. Immerhin trug er eine Kutte und Motorradstiefel.

Sein Blick wanderte zu meinem Haus, bevor er sich wieder auf mich richtete. »Wo ist er?«

Läuft hier noch ein Model herum? Das wären doch mal nette Aussichten, viel besser als all die Rosenhecken.

Von einem überhaupt nicht sexuellen Standpunkt aus betrachtet.

»Wer?«, fragte ich.

»Dein Mann.«

Von seiner unverblümten und anmaßenden Frage überrumpelt, durchzuckte mich ein Schmerz. Er raubte mir die Luft aus den Lungen und den Verstand aus meinem Kopf. »Es ist … Ich … Er ist … weg«, stammelte ich, ohne zu überlegen. Sobald die Worte wasserfallartig meinen Mund verlassen hatten, bedauerte ich jedes einzelne.

Es war dumm.

Ich war dumm.

Nicht nur wegen des ungewollten Gefühlsausbruchs, der mir plötzlich die Kehle zuschnürte.

Sondern wegen meiner Offenheit, die dumm und unvorsichtig war. Immerhin bestand die Wand vor mir nicht nur aus Muskeln. Es waren auch nicht die vielen Tattoos, die unter seinem T-Shirt hervorschauten. Vielmehr die Tatsache, dass ich ihn nicht kannte und ihm trotzdem verraten hatte, dass ich allein lebte.

Dass niemand mein Fehlen bemerken würde.

Mein Selbsterhaltungstrieb scheint von meinen Hormonen erlegt worden zu sein.

Wenn ich so weitermache, wird mein Name bald in einem True-Crime-Podcast zu hören sein.

Ich öffnete meinen Mund, um zu behaupten, dass mein ausgedachter Mitbewohner, Mann oder was auch immer nur schnell eine Pizza für uns holt. Doch statt eines Redeschwalls bekam ich nur Luftblasen zustande. Ich war nicht in der Lage, auch nur ein Wort herauszupressen.

Es spielte sowieso keine Rolle, denn der Gesichtsausdruck des Unbekannten war nicht bösartig, sondern wurde vor lauter Mitleid sanfter. Das war beinahe noch schlimmer, als wäre er aggressiv geworden.

Nicht wirklich, aber es fühlte sich so an.

»Du solltest dich ausruhen, Babe«, sagte er mit einer Stimme, die noch sanfter als seine Miene war.

»Warum?«, fragte ich irritiert, nicht zuletzt wegen dem Babe.

Statt mir zu antworten, bot er mir verschiedene Optionen an. »Wenn du dich in dem Haus nicht wohlfühlst, kannst du dich bei mir ausruhen, während du wartest. Ich habe einen schönen Garten. Oder du setzt dich solange in deinen Van. Ich beeile mich, versprochen.«

Ich war verloren. Völlig. Ich blinzelte zu ihm auf und versuchte zu verstehen, wovon er sprach. »Schnell womit?«

»Den Transporter zu entladen.«

Ich zuckte überrascht zurück, obwohl mir bei seinem freundlichen Angebot ganz warm ums Herz wurde. Trotzdem konnte ich es nicht annehmen. »Ich bin schon fast fertig.«

»Du solltest das nicht alles allein schleppen.«

Die freundliche Wärme, die ich gerade noch für ihn empfunden hatte, verwandelte sich in Eiseskälte. »Ich bin schwanger, nicht unfähig. Ich kann meine Kisten selbst tragen«, entgegnete ich ihm und strafte ihn mit einem unterkühlten Blick.

Zumindest sollte es sich für ihn so anfühlen.

Der Transporter war nicht sehr voll. Aber schon die Fahrt hierher war anstrengender, als ich erwartet hatte. Meine Arme und Beine waren müde, und Muskeln, von denen ich nicht einmal wusste, dass es sie gibt, schmerzten nur vom langen Sitzen.

Zumindest hatte ich daran gedacht, den Mietwagen bis zum nächsten Tag zu buchen. Also konnte ich mir Zeit lassen.

»Ich habe nicht behauptet, dass du das nicht kannst«, erwiderte der Unbekannte mit einem gewissen Nachdruck. »Das hat auch nichts mit deiner Schwangerschaft zu tun.«

»Womit denn dann?«

»Nur, weil du etwas tun kannst, heißt das nicht, dass du es auch tun musst.« Er deutete zum Haus nebenan. »Geh und ruh dich aus, Babe.«

Es war das zweite Mal, dass er mich so nannte, und das zweite Mal, dass ein kleines Wort einen Ansturm von viel zu vielen Gefühlen in mir auslöste. Mit den Hormonen hatte ich schon zu kämpfen. Ich konnte nicht zulassen, dass irgendein fremder Kerl das Chaos noch vergrößerte.

»Mac«, platzte ich heraus, bevor mir klar wurde, dass er damit nichts anfangen konnte. »Mein Name ist Mac.«

»Hollywood«, sagte er seltsamerweise.

»Ähm, Vegas?«, entgegnete ich unschlüssig. Er grinste mich an, und ich spürte, wie sich ein kleines Lächeln auf meine Lippen stahl. Ich konnte mich nicht erinnern, wann das zuletzt passiert war, ohne dass ich mich dazu zwingen musste.

»Was wird das? Stadt, Land, Fluss?«, erklärte ich meine Verwirrung.

Er schüttelte den Kopf. »So nennen mich die Leute.«

»Dein Name ist Hollywood?«

»Mein Name ist Ward, aber die einzigen, die mich so nennen, sind Telefonverkäufer und Polizisten.«

Meine Augen wurden so groß, dass ich dachte, sie würden mir aus dem Kopf fallen.

Und dann verschluckte ich mich.

An meiner eigenen Spucke.

Eine fantastische Art zu sterben. Und ausgerechnet vor einem heißen Typen namens Ward, der sich Hollywood nennt.

Perfekt.

Während ich glücklich war, möglicherweise nicht allein zu sterben, sondern in Gesellschaft eines so ansehnlichen Typen, war Ward, alias Hollywood, wenig entspannt. Sein entsetzter Blick fiel auf meinen Bauch, als würde ich durch mein Husten das Baby torpedomäßig aus mir herausschießen lassen.

»Wasser«, sagte er knapp und packte mich am Arm. Seine Berührung jagte mir einen wohligen Schauer über den Rücken, den ich mir nicht erklären konnte. Trotzdem wehrte ich mich dagegen, von ihm in das nach Mottenkugeln und toten Blumen stinkende Haus zerren zu lassen.

Ohne sich von mir aufhalten zu lassen, führte er mich direkt in die Küche. Das Haus war nicht groß. Trotzdem war ich überrascht, dass er sich zurechtfand.

Allerdings benötigte er mehrere Anläufe, um in den alten Schränken ein sauberes Glas zu finden. Er ließ etwas Wasser in die Spüle laufen, füllte das Glas und reichte es mir.

Ich nahm es und trank.

Ohne mich zu schütteln.

Ich war noch nie ein Fan von klarem Wasser. Da haben Fische reingepinkelt, pflegte Dad zu sagen, wenn ihm jemand ein Glas anbot. Lauwarmes Wasser war das Schlimmste. Ich würde lieber scharfe Soße schlucken.

Hollywood zog einen hölzernen Küchenstuhl unter dem Tisch hervor, der mit dem gleichen Spitzendeckchen bedeckt war wie achtzig Prozent der Oberflächen im Haus. »Setz dich.«

»Ich habe den ganzen Tag gesessen. Stehen tut mir gut.«

Er warf mir einen Blick zu und betrachtete dann die Alarmanlage neben der Tür. »Überrascht mich nicht, dass sie sicherheitstechnisch besser ausgestattet war als ein verdammter Banktresor. Hätte sie keine Türklingel mit Kamerafunktion gehabt, hätte sie wahrscheinlich vor dem Türspion kampiert«, murmelte er.

»Kann das Sicherheitssystem was?«

»Es ist eins der besten auf dem Markt. Schnellste Reaktionszeit.« Er zuckte mit den Schultern. »Wahnsinnig teuer, aber sehr gut.«

Sicherheit für mich und Squish.

Genau das, was ich brauche.

»Du kennst den Code«, stellte er fest.

Ich nickte, obwohl ich keine Ahnung hatte, was ich damit anfangen sollte. Eine Bedienungsanleitung hatte ich zwischen den Spitzendecken noch nicht gefunden.

Hollywood wandte sich ab, um nach draußen zu gehen. Ich wollte ihm folgen, wurde aber mit nur einem Blick daran gehindert. Er bat mich, nein, er forderte mich auf, in der Küche zu bleiben, mich auszuruhen und seine Hilfe anzunehmen. Und ich solle aufhören, mich wie eine Nervensäge zu benehmen. Bei diesen Worten zeigte er sein Grübchenlächeln. Demnach schien er nicht wirklich verärgert zu sein.

Ich gab mich geschlagen und blieb in der Küche, während er die erste Kiste ins Haus schleppte.

»Wo soll ich die hinbringen?«, fragte er, und ich deutete vage in Richtung Wohnzimmer.

Immer, wenn er mir den Rücken zukehrte, betrachtete ich ihn, insbesondere seine Kutte erregte meine Aufmerksamkeit. Darauf prangten ein Totenkopf und gekreuzte Fäuste unter dem Namen Court of Mayhem.

Ich wusste nichts über Bikerclubs. Aber der Name klang cool, und das Design des Emblems war schön. Doch das sagte ich ihm nicht, als er mit der Tasche zurückkam, die mir so viel Ärger bereitet hatte, und mich fragend ansah.

»Stell einfach alles irgendwo ab.«

»Wohin genau?«

»Ich habe keine Ahnung, was wo drin ist. Lass sie einfach hier.«

Ausnahmsweise widersprach er nicht und setzte die Ladung ab. Aber nur, um sie für mich zu öffnen. Ich warf einen Blick hinein und sah eine Vielzahl von Mustern und Farben.

»Schlafzimmer«, sagte ich knapp und versuchte, möglichst neutral zu klingen, obwohl meine Gefühle verrücktspielten.

Die nächste Ladung umfasste einen zusammenklappbaren Stubenwagen und eine kleine Tasche mit winziger Babykleidung. Und wieder wies ich ihm den Weg in mein zukünftiges Schlafzimmer.

Hollywood brachte eine Ladung nach der anderen ins Haus. Ich deutete nur noch in die entsprechende Richtung und war unendlich dankbar für seine Hilfe.

Als ich schon annahm, er wäre fertig, kam Hollywood mit ein paar rosa Einkaufstüten herein. Er fragte diesmal nicht nach, trug sie nur mit einem seltsamen Gesichtsausdruck direkt ins Schlafzimmer und legte sie auf das Bett.

Ich spähte um seinen breiten Körper herum und entdeckte, dass er den Inhalt, einen ganzen Stapel Spitze und Satin, auf der Patchwork-Decke ausgebreitet hatte. Mein Gesicht wurde sofort heiß.

Zum Glück ließ er keine Bemerkung darüber fallen. Und ich hatte auch nicht das Bedürfnis, ihn zu fragen, warum er meine Wäsche auf diese Art drapiert hatte.

»Das war die letzte Tasche, die auf der Ladefläche stand«, sagte er und räusperte sich. »Ich hole noch die Sachen vom Beifahrersitz. Dann bist du mich los.«

»Nein!«, rief ich viel zu schnell und laut, weil es mir unangenehm war, dass er meine Klamotten auspackte. Immerhin waren alle Teile, die auf dem Bett lagen, noch ungetragen. Und die kleine Reisetasche, die noch im Transporter stand, war leicht genug, dass ich sie selbst tragen konnte.

Hollywood schenkte mir nur einen prüfenden Blick. »Und wann kommt der Transporter mit den Möbeln?«, wollte er wissen.

»Was meinst du?« Ich deutete auf all die mit Spitzendeckchen geschmückten Möbel, die älter als ich waren und eigentlich auf den Sperrmüll gehörten. Gemeinsam mit den kitschigen Vasen, den geblümten Kissen, sämtlichen Vorhängen und dem gruseligen Bären-Kitsch. »Das ist alles, was ich besitze. Mein Erbe.«

Hollywood lachte nicht über meinen Versuch, witzig zu sein. Mir kam es eher so vor, als könnte er in mir wie in einem offenen Buch lesen. Vielleicht sagte er deshalb nichts, um mich nicht noch mehr in Verlegenheit zu bringen und mir womöglich eine neue Welle Übelkeit zu bescheren. Er bedachte mich nur mit diesem sanften Blick, den er einstudiert haben musste, und über den ich mich schon zum zweiten Mal ärgerte.

»Sobald ich mir neue Möbel ausgesucht habe, fliegt alles hier raus«, behauptete ich, um nicht länger sein Mitleid zu erregen.

»Wenigstens hat deine Tante ihre Möbel für die Nachwelt konserviert«, scherzte er und strich mit einer Hand über die durchsichtigen Plastikbezüge der Couch. Doch als er mich ansah, war da noch etwas anderes in seinen blauen Augen. Eine Schärfe. »Standet ihr euch nahe?«

Ich hätte weiß Gott alles behaupten können, entschied mich aber für die Wahrheit, zumindest für eine Antwort, die der Wahrheit sehr nahe kam. »Ich habe sie nicht gekannt.«

Obwohl Hollywood für mich ein Fremder war, wusste ich seine Reaktionen zu deuten. Ich war gut darin, Menschen zu lesen. Das war mein Job und oft genug mein Rettungsanker.

Seine Schultern lockerten sich, und ein zartes Lächeln umspielte seine Lippen. Offenbar war er erleichtert über meine Antwort, obwohl ich mir nicht vorstellen konnte, warum.

Eigentlich war es mir auch ziemlich egal.

Ich bewegte mich auf die offene Tür zu und schenkte ihm ein Lächeln. »Danke für deine Hilfe.«

Als sein Blick auf meinen Bauch fiel, wollte ich ihm dafür den Kopf abreißen, bevor ich merkte, dass ich unbewusst darüberstrich.

Jetzt sah Hollywood besorgt aus, was ich noch mehr hasste als Mitleid. »Geht es dir gut?«, fragte er leise, womit er meinen Eindruck bestätigte.

Jep.

Ich hasse es auf jeden Fall mehr.

»Nur verspannte Muskeln nach einem langen Tag«, gab ich zu und zwang mich zu einem breiten Lächeln.

Darin war ich gut.

Zumindest dachte ich das.

Doch plötzlich war ich mir in diesem Punkt nicht mehr so sicher, denn sein Blick richtete sich auf meinen Mund und sein eigener verzog sich zu einem kleinen Grinsen.

Geh.

Raus!

Er trat einen Schritt auf mich zu, und im Handumdrehen war sein seltsamer Blick verschwunden.

Ich wich zurück und ging hinüber in die Küche, um so viel Abstand wie möglich zu dieser knallharten Wand zu bekommen, die mich durchschaute.

»Wenn du etwas brauchst, ich wohne gleich nebenan. Egal wann, Tag oder Nacht. Und die Frau unseres Präsidenten ist Krankenschwester. Kapiert?«

Nicht wirklich.

Nachdem ich eins und eins zusammengezählt hatte, schloss ich aus seinen Worten, dass er den Präsidenten des Motorradclubs meinen musste und nicht den Präsidenten der Vereinigten Staaten. Vielleicht kam mir das alles so seltsam vor, weil ich noch nie freundliche und hilfsbereite Nachbarn hatte. Ich war es gewohnt, dass man sich knapp grüßte, wenn überhaupt, und dann seines Weges ging.

»Noch einmal: Ich bin schwanger, nicht todkrank.« Ich setzte ein entschuldigendes Lächeln auf. »Und nicht mehr ganz so in Form wie sonst.«

Ein Motor heulte auf, und ich zuckte zusammen. Ich schaute auf die Straße und sah ein aufgemotztes kleines rotes Auto vorbeirasen, dessen Heck mit Spoilern und Flossen dekoriert waren. Ich hatte nie verstanden, warum manche Leute ihre Autos dermaßen verunstalteten und sogar noch klingen ließen, als hätten sie den Auspuff abgeschraubt.

Einige Schüler der Schule, an der ich arbeitete, hatten ähnliche Protzbüchsen und drehten damit gerne ihre Runden auf dem Parkplatz. Meist zu einer Zeit, in der sie maximale Aufmerksamkeit erregen konnten.

»Arschloch«, murmelte Hollywood und schüttelte den Kopf.

»Woher sollen die Frauen sonst wissen, was für ein toller Hengst er ist?«

Ich ging zur offenen Haustür und lehnte mich gegen den Rahmen. Eine kleine Aufforderung, die er ignorierte. »Nochmals vielen Dank für deine Hilfe, Ward«, sagte ich und signalisierte ihm damit unmissverständlich, dass es für ihn Zeit war, zu gehen.

»Willkommen zu Hause, Nachbarin«, entgegnete er mir, drehte sich um und ging den kleinen Gartenweg hinunter bis zur Straße.

Mein Herzschlag, der sich gerade wieder auf ein normales Tempo eingepegelt hatte, beschleunigte sich wieder. Wegen seiner Worte und seines Anblicks. Denn er blieb noch einen Moment stehen, um auf sein Handy zu schauen, bevor er hinüber zu seinem Haus joggte.

Ich schob meine Gedanken an meinen attraktiven Nachbarn beiseite und konzentrierte mich auf die Dinge, die zu tun waren. Meine restlichen Sachen, die mehr emotionalen als finanziellen Wert hatten, musste ich aus dem Transporter holen und herausfinden, wie und wo ich den Van zurückgeben konnte. Außerdem sollte ich zumindest einige Dinge auspacken, die ich in den nächsten Tagen benötigte.

Außerdem brauchte ich dringend eine große Portion Nudeln.

Doch nichts von alledem setzte ich in die Tat um.

Stattdessen ließ ich mich auf die Couch fallen. Die Federn quietschten, und ein Schwall mit dem Geruch von toten Pflanzen und Staub erfüllte Luft.

Das war passend. Sogar irgendwie poetisch.

Denn ich fühlte mich wie das Haus, nicht wie eine Frau, die sechsundzwanzig Jahre alt ist und gerade ein neues Heim bezog.

Verstaubt und veraltet.

Antik.

Das leise Dröhnen eines Motors erklang von draußen. Es hörte sich anders als das Auto vorhin an, eher dezent und rumpelnd.

Ein Motorrad.

Vermutlich gehörte es Hollywood, der eigentlich Ward hieß. Warum ich ständig über seinen Tauf- und Straßennamen sinnierte, war auch mir ein Rätsel.

Ich hatte keine Lust, aufzustehen, lauschte nur dem sich entfernenden Geräusch und dachte an seine Worte zum Abschied.

Willkommen zu Hause, Nachbarin.

Ja.

Richtig.

Ich rieb mir über den Bauch, aber nicht, um die verspannten Muskeln zu lockern. »Du hast den Mann gehört, Squish. Willkommen zu Hause.«

Mein Baby antwortete mit einem kräftigen Tritt.

Vielleicht spürte ich auch nur meinen Magen, der seit Stunden auf eine Portion Nudeln wartete.

Ich war mir nicht sicher.

3

Spiel mit deinem Jagdgewehr, du Trottel

Hollywood

Nach einem großen Energydrink und der Fahrt hierher war ich nicht mehr müde, eher angespannt, was mich erwarten würde.

Ich stieg von meinem Motorrad, schnappte mir meine Ausrüstungstasche und ging zu der protzigen Villa. Eine nervöse Haushälterin öffnete die Tür, bevor ich klingeln konnte.

Sie schien noch nicht lange hier zu arbeiten, und so, wie sie sich benahm, würde ich sie nie wiedersehen.

Als ich in den Eingangsbereich trat, knirschte etwas unter meinen Stiefeln. Ich blickte nach unten und sah einige kleine Glasscherben. Der Tisch, der zuletzt mit einer Vase dekoriert war, stand nicht mehr mittig im Eingangsbereich und war leer.

»Endlich«, sagte Danes, als hätte er mein Auftauchen kaum erwarten können. Er stürmte die Treppe hinunter und starrte mich die ganze Zeit an. »Du wurdest mir von den Freunden meiner Frau wärmstens empfohlen. Allerdings hatte ich bisher nichts als Ärger mit dir und deinen Kollegen. Sag deinem Chef, dass ich diesen Monat einen Rabatt erwarte. Einen beträchtlichen.«

Judge war zwar Präsident des Motorradclubs Court of Mayhem, aber er war nicht mein Chef. Nicht im herkömmlichen Sinne. Wir alle hatten unsere Aufgaben bei MayCo, im Club und bei allen sonstigen Unternehmungen.

Ich machte mir nicht die Mühe, ihm das zu erklären. Vermutlich hätte er es ohnehin nicht kapiert. Und ich hatte weder die Zeit und die Geduld, noch genug Buntstifte, um ihm die Zusammenhänge zu verdeutlich. Ich wollte einfach nur meinen Job erledigen und dann wieder verschwinden.

Nach Hause fahren und nachsehen, wie es meiner schönen Nachbarin ging. Ob sie wirklich nur erschöpft war.

Ich wusste nichts über schwangere Frauen, den Verlauf von Schwangerschaften und was zu beachten war. Ich war ein Einzelkind, hatte also auch keine Geschwister, die Nichten oder Neffen zur Welt brachten. Eigentlich kannte ich nur zwei Leute, die Kinder hatten: Schwede und Lash, die ältesten meiner Mayhem-Brüder. Allerdings waren deren Kinder schon Teenager.

Wenn ich raten dürfte, würde ich darauf tippen, dass Judge der Nächste wäre, der für Nachwuchs sorgt. Vielleicht war es längst passiert, und er und Ophelia überlegten schon, wie sie uns die frohe Botschaft überbringen wollen. Die beiden waren immer für eine Überraschung gut.

Wie auch immer, ich hatte keine Ahnung, ob die Schmerzen, die Mac hatte, normal waren. Ich hatte auch kein Recht, mir Sorgen zu machen. Und sie würde garantiert nicht zu mir laufen, wenn etwas nicht in Ordnung wäre. Das hatte sie mir klargemacht, indem sie mich beinahe vor die Tür gesetzt hatte.

Ich kenne sie nicht.

Und ich verstehe nicht, warum ich schon wieder an sie denken muss, obwohl ich mich auf meine Arbeit konzentrieren sollte.

Falsch. Ich wusste genau, warum sie mir den Kopf verdrehte.

Es war die Traurigkeit in ihren großen braunen Augen, als sie mir gestand, dass sie auf sich allein gestellt war, weil ihr Mann weg war. Ich wusste genau, was sie nicht hatte aussprechen können.

Sie ist schwanger mit dem Baby eines toten Mannes und zieht in das Haus ihrer toten Tante.

Das würde niemand so einfach verkraften.

»Was ist …«, begann ich und brach ab, als Danes, dieses Arschloch, wegging und erwartete, dass ich ihm wie ein gehorsames Hündchen folgte.

Es nervte mich, doch ich lief ihm hinterher. Doch erst sah ich mich weiter in der Vorhalle um, denn eine verschmierte Stelle an der Wand hatte meine Aufmerksamkeit erregt.

Es hätte Dreck sein können.

Ein Fleck. Ein Spritzer Rotwein.

Aber ich erkannte Blut, wenn ich es sah.

Die Gefahr – oder der Vorteil – meines Jobs.

In mir schrillten die Alarmglocken noch lauter als zuvor, während ich Danes folgte. Ich hielt meine Augen offen und sah nichts Ungewöhnliches. Dann hörte ich einen Piepton.

Danes erwartete mich vor dem Sicherungskasten, in dem auch sein Alarmsystem untergebracht war. Er wippte ungeduldig mit dem Fuß und starrte mich an, als hätte ich im Vorbeigehen irgendetwas von seinem kitschigen Krempel mitgehen lassen.

Normalerweise hätte mich der stumme Vorwurf wütend gemacht, aber ich hatte Wichtigeres zu tun. Ich hielt meine Emotionen unter Kontrolle, während ich die Anzeigen des Kontrollzentrums überprüfte, bevor ich mein Handy herausholte und die Einstellungen mit denen der App verglich, die Glitch erstellt hatte. Es funktionierte alles einwandfrei.

Was soll der Scheiß?

Glitch wird nicht glücklich sein.

Dann ertönte ein weiterer Piepton und eine der Leuchten blitzte auf.

»Mach, dass es aufhört«, befahl Danes, wobei sein linkes Auge zuckte.

»Gib mir eine Sekunde.«

»Gib einen Code ein oder sonst was. Aber tu endlich irgendwas.«

»Wenn Sie eine schnelle Lösung des Problems wollen, müssen Sie Glitch anrufen. Er ist der Nerd. Aber Sie wollten ja unbedingt, dass ich mir die Anlage ansehe.«

Das ganze Ding verhielt sich merkwürdig. Die Einstellungen wechselten. Lichter blinkten auf, obwohl kein Alarm ausgelöst wurde. Und der Bildschirm änderte sich, obwohl ich nichts unternahm.

Ein weiterer Piepton und ein weiteres frustriertes Stöhnen von dem Mann, der über meine Schulter hinweg jede meiner Reaktionen verfolgte. Genau genommen linste er an meinem Oberarm vorbei, weil er deutlich kleiner war als ich.

Vermutlich nicht nur in Bezug auf seine Körpergröße, was er mit einem aufgeblasenen Ego zu kompensieren versuchte.

»Das wird einige Zeit dauern«, sagte ich zu ihm. »Wenn Sie mich jetzt bitte in Ruhe meine Arbeit erledigen lassen könnten«, brachte ich mühsam hervor, obwohl er die Ironie, die in meinen Worten lag, sicher nicht verstand.

Mach einen langen Spaziergang an einer Klippe.

Spiel mit deinem Jagdgewehr.

Prüf mal, wie scharf deine Küchenmesser sind.

»In vier Stunden kommen meine Partygäste. Wenn du bis dahin nicht fertig bist, muss ich alle wieder nach Hause schicken«, bemerkte er mit weinerlicher Stimme, die mir gehörig auf die Nerven ging.

»Bis dahin bin ich weg.«

Auch wenn es mich umbringt.

Oder ich dich …

Ich begann zu befürchten – oder zu hoffen –, dass ich gezwungen sein würde, das lästige Arschloch auszuknocken, um den Job zu beenden.

Nachdem er mich noch eine geschlagene Viertelstunde mit seiner Anwesenheit genervt hatte, schien er sich an etwas anderes zu erinnern, mit dem er seine Zeit vergeuden konnte.

»Verdammt, Kathy«, sagte er und fuhr sich mit der Hand durch sein schütteres Haar.

Ich blickte zur Tür, in der Erwartung, Mrs Danes zu sehen, aber es war niemand da.

»Typisch Frau. Statt sich um die Partyvorbereitungen zu kümmern, verbringt sie den ganzen verdammten Tag im Spa. Jetzt muss ich die Caterer beaufsichtigen und den Partyplanern Anweisungen geben.«

Ich nahm mir vor, ihn zu bemitleiden, falls mir mal so langweilig sein sollte, dass mir gar nichts anderes mehr einfiel, und setzte meine Arbeit fort. Zum Glück ging Danes wenig später seiner Wege.

Endlich allein, holte ich mein Spezialwerkzeug heraus und begann Teil zwei meines Auftrags, bevor ich mich wieder dem Paneel widmete. Ich deaktivierte und entfernte es und sammelte dann meine Sachen zusammen.

Glitch konnte es wahrscheinlich kaum erwarten, das Paneel in die Finger zu bekommen. Irgendwann heute Nacht würden einige meiner Brüder zurückkommen und diesen Auftrag zu Ende bringen – vorzugsweise platzten sie in Danes verdammt wichtige Party.

Ich machte mich auf den Weg zur Eingangstür, als hinter mir das Geräusch von knirschendem Glas ertönte. Intuitiv griff ich nach meinem Messer und drehte mich um.

Eine völlig verängstigte Haushälterin stand mit erhobenen Händen vor mir. Mit Anfang zwanzig war sie zu jung, um so müde, misstrauisch und verängstigt auszusehen. Sofort war mir klar, was das zu bedeuten hatte.

Sie öffnete den Mund, brachte aber kein Wort heraus.

»Lass uns gehen«, sagte ich nur und steckte mein Messer ein.

Ihre Augenbrauen schossen nach oben. »Ich kann nicht gehen. Ich bin illegal hier«, gab sie nach einigem Zögern zu. Ihrem schweren Akzent nach war sie aus der Ukraine. Vielleicht auch Polen.

»Du solltest schnellstmöglich von hier verschwinden. Wir kriegen das schon hin. Musst du noch irgendetwas aus deinem Zimmer holen?«, fragte ich, obwohl wir keine Zeit dafür hatten.

Doch ich war nicht herzlos und würde sie nicht zwingen, irgendwelche Erinnerungsstücke zurückzulassen.

Sie schüttelte nur den Kopf und machte sich auf den Weg zur Tür.

Entscheidung getroffen.

Ich gab ihr meinen Helm und half ihr beim Aufsteigen, bevor ich den Motor startete und die Einfahrt hinunter zu dem großen schmiedeeisernen Tor fuhr, das wie immer verschlossen war.

»Oh nein«, rief sie laut und klang verzweifelt.

Statt sie zu trösten, zog ich mein Handy aus der Tasche und öffnete eine App. Wie bei meiner Ankunft genügte ein Knopfdruck, damit sich die beiden riesigen Flügel öffneten.

Sobald wir das Grundstück verlassen hatten, gab ich Gas. Ich hatte erwartet, dass sie sich an mich klammern würde. Gott sei Dank hielt sie sich am Sitz fest und berührte mich kaum.

Ich musste mir auch keine Sorgen machen, dass sie Angst hatte, denn in regelmäßigen Abständen hörte ich sie lachen und jauchzen.

Fröhlich und sorgenfrei.

Diese Frau hatte offenbar die Gabe, im Hier und Jetzt zu leben.

Wann hatte ich das letzte Mal eine Frau auf meinem Sozius?

Ich kann mich nicht mal mehr daran erinnern, so lange ist es her.

Während der Fahrt dachte ich über Mac, den Club und die Frau hinter mir nach.

Judge war immer entspannt und umsichtig gewesen. Nichts brachte ihn aus der Ruhe. Bis er Ophelia traf. Seitdem reagierte er wesentlich emotionaler. Judges leiblicher Bruder Jury war nicht nur cool, sondern die Potenz dessen. Und Schwede war ein begnadeter Koch und leidenschaftlicher Genießer. Er wurde nur verdammt ungehalten, wenn sich jemand in seiner Küche zu schaffen machte oder ihm das Essen vom Teller klaute. Dann setzte es eine Tracht Prügel.

Ich hielt mich für den entspanntesten Typen in unserer illustren Runde. Ich war immer guter Dinge und brachte alle zum Lachen. Statt Streit zu suchen, schwamm ich mit dem Strom, kiffte mit den anderen, obwohl ich das Zeug nicht ausstehen konnte, und verhielt mich ruhig und besonnen. Es brauchte viel, um mich zu ärgern. Aber wenn es passierte, wurde ich impulsiv.

Bestes Beispiel dafür war die Frau auf meinem Sozius. Oder die Tatsache, dass ich einer Wildfremden die Umzugskisten schleppte.

Und allein der Gedanke an meine wunderschöne Nachbarin löste etwas in mir aus, was ich bisher nicht kannte: einen enormen Beschützerinstinkt gepaart mit unbändigem Verlangen, ihr Leben schöner zu machen. In jeder Hinsicht.

4

Selbstloser Waffelkonsum

Hollywood

»Wie war es bei …«, begann Judge, sobald ich das Clubhaus betrat. Er verstummte und starrte auf meine Begleitung.

Die gerade noch so ausgelassene Frau war in sich zusammengeschrumpft, während sie sich eilig bekreuzigte.

Wir hatten das gesamte Gebäude entkernt, gestrichen und mit dem ganzen Smart-Home-Zeug von Glitch modernisiert. Aber dank der riesigen Buntglasfenster und der Bänke, die die Bar säumten, war nicht zu übersehen, wofür das Clubhaus des Court of Mayhem einmal gebaut worden war.

»Es ist keine Kirche mehr«, sagte ich ihr, woraufhin sie zusammenzuckte.

»Was zum Teufel ist passiert?«, fragte Judge und sah sich hektisch um. Weil seine Frau nicht an ihm hing, war ich mir sicher, dass sie ihn nicht gehört haben konnte und vermutlich längst zu Bett gegangen war.

»Ist Glitch hier?«, fragte ich.

»Er müsste gleich zurück sein.«

»Hol Ria her.« Gott sei Dank konnte ich wieder klar denken, sonst hätte ich womöglich vor der verschüchterten Haushälterin mit Judge über den Fleck an Danes Wand diskutiert.

Die Kleine sollte nicht noch mehr Angst bekommen und vielleicht weglaufen. In der Nähe des Clubhauses gab es meilenweit nichts als Wald, und ich würde so lange nach ihr suchen müssen, bis ich sie fand. Bevor sie ein anderer Mistkerl erwischte.

Ich platzierte sie auf der großen Couch, bedeutete ihr, auf mich zu warten, und machte mich auf den Weg in Schwedes makellose Küche. Es duftete nach Sirup, Vanille und anderen Köstlichkeiten. Das konnte nur bedeuten, dass er das morgige Frühstück vorbereitet hatte. Ihr Frühstück.

Wir sind seine Brüder, aber er verwöhnt natürlich nur Ophelia. Dieser Bastard.

Schwede – der, anders als sein Name vermuten lässt, nicht nach seinem Heimatland, sondern nach dem Koch in der Muppet Show benannt wurde – arbeitete früher in den Küchen der besten Restaurants. Dieses Leben hatte er irgendwann hinter sich gelassen und kochte seitdem nur noch für seine Familie und für uns arme Schlucker. Ich konnte nicht behaupten, dass mich das störte. Das monatliche Abendessen vor unserem Vereinstreffen war immer ein verdammtes Festmahl. Und er achtete stets darauf, dass der Kühlschrank und die Gefriertruhe gut gefüllt waren.

Doch seit O bei Judge eingezogen war, änderte sich unser Speiseplan erheblich. Es gab nur noch Ophelias Lieblingsspeisen.

Ich mochte Ophelia. Verdammt, ich liebte sie wie eine Schwester. Durch sie hatte Judge ein Leben außerhalb des Clubs und ließ uns mehr Freiheiten als je zuvor.

Zugegeben: Sie machte ihn glücklich. In jeder Hinsicht.

Dennoch war ich verärgert, dass Schwede sie so verwöhnte. Sie brauchte ihm nur ein Kompliment für seine Kochkünste zu machen, und schon wickelte er sich um ihren Finger.

Immerhin wohnten Judge und O weiterhin im Clubhaus, bis die Bauarbeiten an ihrem eigenen Haus abgeschlossen waren. Nicht auszudenken, wie die Versorgungslage eskalieren würde, sobald Schwede einen anderen Kühlschrank für Ophelia zu füllen hätte. Sollte er dann unseren im Clubhaus vergessen, würde ich ihm die Hölle heißmachen.

Sobald wir das Kirchenschiff zu einem Clubhaus umgebaut hatten, renovierten wir auch die restlichen Gebäudeteile und richteten Zimmer für die Brüder ein. Judge bezog eines davon. Damit wurde das Clubhaus zu seinem Zuhause.

Dann trat Ophelia in sein Leben, die er über alles stellte. Nichts war wichtiger als seine O.

Und, entgegen aller Erwartungen, war sie es, die sich schwer damit tat, bald in ihr gemeinsames Haus umziehen zu müssen. Sie blühte im Chaos auf und liebte das Leben im Clubhaus. Sie mochte die chilligen Nächte und die Partys. All die Brüder, die auf ein Bier vorbeikamen.

Und Schwedes Küche, die mit ihren Lieblingsspeisen gefüllt war, führte auch nicht gerade dazu, dass sie sich ein normales Leben ersehnte.

Selbstlos, wie ich war, holte ich eine Packung frisch gebackener Waffeln aus dem Tiefkühlschrank und schob vier davon in den Toaster. Immerhin opferte ich mich, die Kalorien zu mir zu nehmen, die sich sonst an ihren Hüften festgesetzt hätten. Und ich erleichterte ihr die Entscheidung, bald mit Judge in ihr neues Haus zu ziehen.

Hinter mir hörte ich ein Geräusch. Reflexartig drehte ich mich mir erhobenen Fäusten um und schaffte es in letzter Sekunde, nicht zuzuschlagen.

Mit Judge über meine Gefühlsduselei wegen Mac zu reden, wäre schlimm gewesen, aber die kleine Haushälterin zu schlagen, hätte meinen Ruf gänzlich vernichtet.

»Tut mir leid«, flüsterte sie und sprang zur Seite. »Dein Chef ist irgendwie … unheimlich.«

»Er ist nicht mein Chef«, korrigierte ich sie. »Er ist unser Präsident.«

Sie senkte den Blick und verriet mir so, dass meine Erklärung nicht sehr hilfreich war. Doch ich war zu müde, mit ihr über unsere Hierarchie zu diskutieren.

»Das erklärt, warum du ihn herumkommandiert hast. Und wenn ich das versuchen würde?« Sie schüttelte sich theatralisch und drückte damit ein Unbehagen aus, das ich Judge gegenüber noch nie empfunden hatte.

Während meine Waffeln getoastet wurden, bereitete ich eine Tasse Kaffee zu und leerte nebenbei eine von Os Cola-Dosen. Cola Light natürlich.

Eine weitere selbstlose Tat. Bis mir einfiel, dass ich der kleinen Haushälterin nicht mal ein Glas Wasser angeboten hatte.

Ich stellte ihr einen großen Becher Kaffee auf den Tisch und bat sie, sich zu setzen.

Ihr wachsamer Blick ließ mich nicht aus den Augen. Sie hatte eine Art, die mich an jemand anderes erinnerte.

An dunkle Locken, braune Augen und einen Babybauch.