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Dr. med. Sheila de Liz

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Beschreibung

Deutschlands charmanteste Gynäkologin, Sheila de Liz, klärt auf: alles, was Frauen über ihren Körper wissen sollten. Etwa: Wie oft sollte ich meine Brust untersuchen? Woher können Schmerzen beim Sex rühren? Was bedeutet ein Myom in der Gebärmutter? Welches Verhütungsmittel ist wann zu empfehlen? Was hat es mit dem G-Punkt auf sich? Oder: Was, wenn die Lust nachlässt? Die meisten Frauen kennen ihren eigenen Körper leider viel zu wenig, dabei sind die Basics der Gynäkologie auch nicht ­komplizierter als eine Netflix-Serie. Erfrischend locker und leicht verständlich fasst Sheila de Liz zusammen, was man wissen sollte. So erfahren wir, dass unsere Hormone wie ­Hollywoodstars sind, die Brust ein Multitalent ist sowie alles über das It-Girl der Erotik: die Klitoris.

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Seitenzahl: 405

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Sheila de Liz

Unverschämt

Alles über den fabelhaften weiblichen Körper

Mit Illustrationen von Luisa Stömer

Über dieses Buch

Was wäre, wenn Ihre Gynäkologin Ihre beste Freundin wäre und Sie ihr jede Frage stellen könnten? Etwa: Wie beugt man Blasenentzündungen vor? Ist ein Kaiserschnitt besser für den Beckenboden? Und was hat es mit der weiblichen Ejakulation auf sich? Dr. Sheila de Liz weiß aus Erfahrung: Die meisten Frauen kennen ihren Körper viel zu wenig. Dabei sind die Basics gar nicht so kompliziert. Erfrischend locker und unverkrampft nimmt sie uns mit auf eine Reise durch den weiblichen Körper: von den Brüsten und worauf man beim Abtasten achten sollte über die Eigenheiten der Periode und Geschenke vom Ex (Stichwort Chlamydien) bis hin zu unserer versteckten Heldin, der Klitoris.

Vita

Dr. med. Sheila de Liz, geboren 1969 in New Jersey, ist im Alter von 15 Jahren nach Deutschland gekommen und hat in Mainz Medizin studiert. Seit 2006 arbeitet sie in ihrer eigenen Praxis für Gynäkologie und Geburtshilfe in Wiesbaden. Sie ist eine gefragte Expertin zu den Themen Liebe & Sex etwa auf freundin.de oder bunte.de.

Inhaltsübersicht

WidmungEine Gebrauchsanweisung für dich, liebe Leserin!Einleitung1. Deine fabelhafte Bewohnerin im Bikini BottomAnatomie der Vulva – oder: #jadasistnormalFinding Clitory – Geschichte einer versteckten HeldinSchamlippen – von Barbie bis BatgirlTag der offenen Tür – alles über den EingangHaare, Frisuren und Styling – New York, Rio, Tokio2. Sex und der große OWas passiert mit unserem Körper beim Sex?Vaginal oder klitoral? Oder ist es eigentlich egal?Do-it-yourselfLove hurts: Wenn Sex weh tutLieber netflixen als ansexen: Wenn die Lust nachlässtKein Land in Sicht: Wenn man nicht kommen kann – und wie man bald wieder Ahoi ruft3. Die Periode – ein Red Carpet Event und seine TückenNormale PeriodenRot, rot, rot sind alle meine Sachen: Wenn man zu stark blutetDu schon wieder? Wenn die Periode zu oft kommtPeriodenschmerzen: Erschieß mich bitteWenn die Periode eine No-Show abzieht: Gründe für unentschuldigte FehltageAccessoires: Gadgets for a Bloody Good PeriodLust während der Blutung: Lieber die Vorstellung abblasen?4. Ist die Vagina gesund, freut sich der Mensch! Wenn nicht …Der normale AusflussJuckpulver im SchrittNordsee im Schritt: unangenehme GerücheWüstenblume: Wenn die Vagina zu trocken istFlurschaden: Nach einer Geburt ist manches anders5. Geschenke vom Ex – alles über GeschlechtskrankheitenHPV: Earth, Wind und FeigwarzenHerpes: das unkündbare Dauer-AboChlamydien: auf leisen Sohlen in den KörperTripper: Nimm zwei, nimm zwei – mein bester Freund und ichDie Trittbrettfahrer: Trichomonaden und microsofte MykoplasmenDie gefährlichsten Erreger: der Decepticon, der Alien und der Terminator6. Your Body Is A Wonderland – eine Reise ins LandesinnereDie VaginaDer Gebärmutterhals und der KrebsabstrichDie GebärmutterDie EileiterDie EierstöckeAn, in und um den Uterus herum: Befunde im BeckenBe My Little Baby – die FrühschwangerschaftAll I Want for Christmas Is You: Wenn es mit dem Schwangerwerden nicht klappt7. Hollywood der weiblichen HormoneDer normale Zyklus – mit Cameron, Drew und Lucy LiuPMS … und monatlich motzt die WerwölfinPerimenopause und Wechseljahre: This Girl is on FireHormonersatz und Healthy Aging statt Helpless AgingRock me like a hurricane: Grundzutaten, um deine Postmenopause zu rocken8. Verhütung – No Baby on BoardHormonelle Verhütungsmittel: Pille und Co.Barrieremethoden: Kondome, Spirale und andere Date CrasherHerrin der Gezeiten: natürliche Familienplanung9. Brüste – alles über die BeletageDie Selbstuntersuchung der Brust: Bist du Wackelpudding oder Milchreis?Gutartige Dinge in der BrustGood Girl Gone Bad – Feind in meiner BrustAlle Brüste, groß und klein10. Andere Bewohner im Bikini Bottom – die Harnblase und der AfterDie HarnblaseDer AfterIs a Backdoor Guest Always Best? Das kleine Einmaleins des Analverkehrs11. Hacks für einen gelungenen Besuch beim FrauenarztWas machen wir da eigentlich? Die VorsorgeTime, Love and TendernessEin paar Worte zum SchlussDank

For all the women of the world

Eine Gebrauchsanweisung für dich, liebe Leserin!

Dieses Buch ist so konzipiert, dass man es entweder von vorne bis hinten durchlesen oder aber sich einzelne Bereiche, die einen besonders interessieren, herauspicken kann. Da es in der Natur meines Faches liegt, dass alles miteinander zusammenhängt und verwoben ist, gibt es einige Wiederholungen oder Verweise auf Seiten, wo Basics erklärt werden, zum Beispiel die Anatomie, das Hormonsystem etc.

Ich habe bei meinen Ausführungen die für uns Gynäkologen alltäglichen Erkrankungen und «üblichen Verdächtigen» näher beleuchtet und auch manches, was selten ist, aber natürlich kann ein Buch nicht alles abdecken. Auf einige abgefahrene Krankheitsbilder oder Zustände konnte ich daher nicht eingehen.

Das Buch richtet sich generell an alle Frauen, im Bereich der Sexualität habe ich mich allerdings auf die Probleme und Missverständnisse in der heterosexuellen Welt beschränkt; das liegt daran, dass der Großteil meiner Patientinnen heterosexuell ist und viele ihrer Probleme so in der lesbischen Welt nicht vorhanden sind. Die Bedürfnisse von Transfrauen kann das Buch ebenfalls nicht ansprechen, obwohl auch sie – wie alle Frauen – fabelhaft sind.

Ich duze dich, liebe Leserin, erstens weil ich als Amerikanerin diesen entspannteren Umgang bevorzuge und zweitens weil ich in meiner Praxis auch viele Freundinnen habe, die ich zunächst als Patientinnen kennengelernt habe. Meine Stimme richtet sich zwar jeden Tag an sie, aber hier und heute besonders an dich, liebe Leserin. Und weil wir hier wirklich intime, wichtige Dinge besprechen, hat in diesem Raum eine steife Distanz keinen Platz.

Mein Team und ich nennen uns in unserer WhatsApp-Gruppe «Dr. Shayla und die Vaginistas» – in diesem Sinne, liebe Leserin, viel Spaß und lustige Lernmomente mit diesem Buch wünschen dir von Herzen

 

Dr. Shayla und die Vaginistas

Einleitung

Was wäre, wenn deine Gynäkologin deine beste Freundin wäre und du ihr jede Frage stellen könntest?

Nur Mut – ich kenne alle Fragen. Ich bekomme sie zu jeder Gelegenheit gestellt. Wie zum Beispiel letzten Sommer auf einer Grillparty. Ich setzte mich zu späterer Stunde mit einer Weinflasche und zwei Gläsern zu meiner Freundin Sandy auf die Terrasse des Gastgebers. Sandy ist wie ich Amerikanerin, wir kennen uns schon lange, und hin und wieder kommt sie zu mir als Patientin. Kurze Zeit später gesellten sich andere Frauen dazu, während unsere Männer in typischer Steinzeit-Manier sich zuerst um das Fleisch kümmerten und sich anschließend in der Küche über Whisky und Rennräder unterhielten. Es war ein lauwarmer Abend, und der Wein floss im angenehmen Tempo.

«Echt, du bist Frauenärztin?», fragte eine der Frauen. «Wie ist das so …?» Sie ließ die Frage in der Luft hängen, und ich wusste sofort, um was es geht.

«Du meinst, den ganzen Tag nackte Frauen anzuschauen? Schön!», antwortete ich. Frauen jeden Alters als Patientinnen zu haben, ist oft lustig, manchmal rührend, stets aber abwechslungsreich. Ich erzählte, dass mein Schwerpunkt vaginale und sexuelle Gesundheit sei und von ein paar typischen Dingen, die ich behandele.

Durch meine Offenheit ermutigt, schlossen sich die anderen, wenn auch erst noch zögerlich, mit ihren Fragen an: Was denn besser für den Beckenboden sei, ein Kaiserschnitt oder eine normale Geburt? Überhaupt, wann sei man «zu alt», um ein Baby zu bekommen? Wie wichtig sei es, Baumwollunterwäsche zu tragen? Warum sollte man nach jedem Sex pinkeln? Dann wurden sie mutiger: Sieht ein Gynäkologe, ob man viel Sex hatte? Gibt es den G-Punkt wirklich? Wie ist das so mit Schamlippen-OPs? Sind viele Frauen unten noch unrasiert?

Tatsächlich haben wir Frauen oft viele Fragen, Fragen, die wir unserem Arzt oder unserer Ärztin in der Regel nicht stellen. Vielleicht reicht die Zeit beim Frauenarztbesuch nicht aus, oder das Verhältnis zum Gynäkologen gibt es einfach nicht her, gewisse Themen umfangreich zu behandeln. Ich kann mich noch sehr gut an meinen ersten Frauenarzttermin erinnern: Ich war 17, konnte weder richtig Deutsch, noch hatte ich von Sexualität eine Ahnung. Meine Ärztin war sehr ruppig, redete nicht viel, und die zwei Fragen, die ich mich getraut hatte zu stellen, beantwortete sie knapp und leicht genervt. Sie fragte mich weder, ob ich schon mal Sex gehabt hatte (ich war noch Jungfrau), noch erklärte sie mir richtig die Pille, die sie mir dann verschrieb – das tat im Anschluss die Arzthelferin. Das waren die Achtziger, damals wurde das Klischee der unsensiblen, wenig freundlichen Frauenärztin noch richtig gelebt. Als ich beschloss, Gynäkologin zu werden, wusste ich schon, dass man das anders machen muss. Ich sehe es seitdem als meine Aufgabe an, mein Wissen an Frauen weiterzugeben, und zwar in einer lebendigen Sprache, die sich gut und vertraut anfühlt. Wenn ich Unwissenheit oder Unbehagen über den eigenen Körper in einer humorvollen Atmosphäre beseitigen kann, umso besser. So wie Jamie Oliver die Kochkunst für jedermann zugänglich gemacht hat, sehe ich es als meine Berufung, neben der eigentlichen Gynäkologie Frauen ihren Körper und deren Besonderheiten locker und easy zu erklären. Denn wenn es eine Frauenärztin nicht macht, wer dann? Missverständnisse und Unsicherheiten gibt es reichlich, und sie werden oft schon in der Kindheit gesät.

Idealerweise hätten wir uns schon als kleine Mädchen mit unserem Körper angefreundet – unaufgeregt und entspannt. Die in der Pubertät auftretenden körperlichen Veränderungen würden wir neugierig und gelassen zur Kenntnis nehmen, auch dann, wenn wir merken, dass unser Genital eine Art Eigenleben entwickelt. Man würde die Vagina kennen als ein Organ, in das manche Dinge reingehen und aus dem manches auch rauskommen kann, im Großen und Ganzen aber als etwas Freundliches, das es gut mit uns meint. Wir würden die zyklischen Schwankungen und Launen unseres Körpers kennen und gut vorbereitet sein auf die Veränderungen, die kommen.

Viel häufiger ist es jedoch der Fall, dass Frauen eine unsichere, zwiespältige oder sogar ablehnende Haltung gegenüber ihrem Körper im Allgemeinen und ihrem Genital im Besonderen haben, die oft mit Schamgefühl und Peinlichkeit besetzt ist. Frauen und Mädchen wähnen sich mit vielen Problemen alleine und trauen sich nicht, ihre Freundinnen oder ihren Frauenarzt zu fragen. Der Unterleib und das Genital behalten immer etwas Mysteriöses oder Unberechenbares. Diese Haltung geben sie unbewusst an ihre Töchter weiter.

Später kommen dann andere Verunsicherungen dazu: PMS, Zwischenblutungen, Verhütung – nirgendwo bekommt man eine klare Antwort, woher denn auch? Das Internet quillt über, die Werbung sagt: Lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker. Man hörte gestern noch, Hormone bringen einen um – und heute schon sollen sie neues Leben schenken. Wem soll man da glauben? Meine Mission ist es, Klarheit in die Sache zu bringen, die Fakten von den Meinungen zu trennen, neue Software in die weibliche Festplatte Deutschlands einzuspielen, damit die Frauen von heute wichtige Dinge lernen, die sie wirklich angehen – alltägliches und fundiertes Wissen über ihren Körper. Tatsächlich ist mein Fachbereich zwar mehrschichtig und facettenreich, und die Erfahrung eines Arztes ist wirklich durch nichts zu ersetzen, aber die Theorie ist für jeden erlernbar. Das entmystifiziert und nimmt die Angst, schließlich fürchten wir uns immer nur vor den Sachen, die wir nicht verstehen. Nur mit dieser Art des Wissens-Upgrades kann man die Sorgen über den eigenen Körper beiseitelassen und sich um die anderen wichtigen Dinge im Leben kümmern. Daher darf die weibliche Biologie kein Insiderwissen mehr bleiben, mit dem nur der Frauenarzt sich auskennt. Ich behaupte, wer in der Lage ist, einer Netflix-Serie mit mehreren Staffeln zu folgen, der schafft es locker, sich die Basics der gynäkologischen Medizin anzueignen.

Ich bin hier, um den Anfang zu machen. Ich gehe voran und führe euch durch die wunderbare Welt der weiblichen Biologie. Mädchen und Frauen sollten sich heute nicht nur in ihrem Körper gut auskennen, sondern auch Spaß an ihm haben. Wir haben ein schlaues Körpersystem, das weise ist und seiner Besitzerin oft Hinweise gibt, was wirklich fehlt. Und nur wir Frauen haben schließlich Zubehör, das nicht nur der Fortpflanzung dient, sondern auch unserem Vergnügen. Ich persönlich finde es herrlich, eine Frau zu sein – wir können Frauenfreundschaften genießen, Glitzer-Sandaletten tragen, Babys gebären und auch Business-Deals abschließen. Dieses Buch ist allen Frauen gewidmet.

1. Deine fabelhafte Bewohnerin im Bikini Bottom

Anatomie der Vulva – oder: #jadasistnormal

Willkommen im Basiskurs für weibliche Anatomie! In diesem Kapitel lernen wir das kleine Einmaleins der Bauweise unseres fabelhaften Genitals. Zuerst möchte ich drei der größten Irrtümer über das weibliche Geschlecht aus dem Weg räumen:

Erstens, wir unterscheiden zwischen Vagina und Vulva. Alles, was außen ist – der Schamhügel, die großen Schamlippen, darunterliegend die kleinen Schamlippen und die Klitoris – nennt man zusammengefasst Vulva. Am Eingang, hinter dem Kranz des Jungfernhäutchens (den wir später genauer inspizieren), fängt offiziell die Vagina an, die am Ende mit dem Gebärmutterhals abschließt. Man sieht also die Vagina oder Scheide normalerweise nicht von außen. Während ein Mann alle seine Genitalien nach außen sichtbar trägt, haben wir sowohl welche, die außen liegen, als auch solche, die Innendienst leisten. Vulva und Vagina befinden sich an zwei unterschiedlichen Locations, sind aber zusammen ein dynamisches Duo, wie Rizzoli und Isles oder Beyoncé und Solange.

Zweitens, wir haben unten drei Löcher – nicht zwei! Wenn du das bisher nicht wusstest, keine Scham bitte – du bist nicht allein. Mir sind schon Akademikerinnen begegnet, zum Teil auch Ärztinnen, denen nicht klar war, dass man aus der Harnröhre pinkelt und nicht aus der Vagina.

Drittens – und dies ist eine der wichtigsten Lektionen überhaupt in diesem Buch –, fast alle Varianten der äußerlichen Genitalien sind normal, von Muschel bis Schmetterling. Laut Studien aus den USA haben lediglich 26 Prozent aller Frauen sich jemals richtig ihre Genitalien angeschaut. Nun, wir sind vielleicht nicht die oft als prüde geltenden Amerikanerinnen, aber ich glaube, dass hier in Europa die weibliche Intimzone einen ähnlich schweren Stand hat. Dabei ist es so wichtig, die eigene Anatomie zu kennen und sie auch gut zu finden. Man hat festgestellt, dass eine größere Akzeptanz der eigenen Genitalien sich sehr positiv auf die Sexualität auswirkt. Man hat mehr Sex und kommt häufiger zum Orgasmus, wenn man seine Vulva und Vagina wirklich kennt und noch dazu mag.

In der deutschen Sprache sind zudem die Namen des Genitalbereichs etwas unglücklich gewählt: Schambereich, Schamhügel, Schamlippen – fast so, als müssten wir uns alle dafür schämen. In vielen feministisch ausgerichteten Büchern wird bewusst dagegen vorgegangen und nach Ersatzbegriffen gesucht, die augenzwinkernd die Norm in Frage stellen, wie zum Beispiel Charme-Hügel, Liebes-Lippen etc. Ich dagegen bevorzuge einen lässigeren Umgang mit der Norm und messe der Wortwahl keine so schwerwiegende Bedeutung bei; ja, sie ist etwas old school, aber ich rege mich nicht mehr über sie auf, sie hat bei mir einen ähnlichen Stand wie eine in die Jahre gekommene Schwiegermutter. Daher werde ich die Begriffe – dein freundliches Einverständnis vorausgesetzt, werte Leserin – so lassen, wie sie sind. Ich werde uns bzw. mir aber durchaus den Spaß gönnen, unsere Bewohnerin im Bikini Bottom zwischendurch liebevoll mit netten Namen zu bezeichnen wie Mumu, Freundin oder Muschel.

Und nun befassen wir uns erst einmal näher mit dem Außenbezirk, der Vulva: Vulven gibt es in verschiedenen Größen, Farben und Styles – die Natur liebt die wunderbare Vielfalt. Wer möchte, kann sich an dieser Stelle einen Spiegel holen, sich breitbeinig hinsetzen und mit schauen, während ich eine kleine Vorstellungsrunde der Haupt- und Nebendarsteller des weiblichen Genitals mache. Gerne darfst du dir mit dem Handy Licht oder auch Fotos machen und diese dann studieren, wenn du nicht sehr gelenkig bist. Es ist übrigens völlig normal, beim ersten Anblick seiner Genitalien diese nicht sofort wunderschön zu finden, sondern eher komisch und wabbelig. Wenn man den Anblick nicht gewohnt ist, hat man es erst mal mit vielen weichen anatomischen Teilen zu tun; eine Vulva kann mehrfarbig und runzelig und vielleicht auch lustig aussehen. Sie kann glatt und einfarbig sein, klar definiert oder unübersichtlich. Es ist also okay, peinlich berührt zu sein, wenn man sein Geschlecht das erste Mal genauer inspiziert – wann macht man das denn auch sonst? Die Vulva mit Schamlippen und allem Zubehör befindet sich nun mal meistens nicht in unserem Sichtfeld, und wer nicht in einem Hippie-Haushalt groß geworden ist oder als Kind auf dem FKK-Campingplatz den anderen beim Bocciaspielen zugeschaut hat, hat nicht unbedingt viele nackte Menschen von unten betrachten können, geschweige denn sich selbst regelmäßig unten mit einem Spiegel inspiziert.

Insidertipp

Wer mit dem Aussehen seiner Vulva hadert oder sich einfach nur fragt, ob sie normal aussieht, dem empfehle ich unbedingt die Werke des britischen Bildhauers Jamie McCartney, die man sich auf seiner Great-Wall-of-Vaginas-Website anschauen kann. McCartney hat von Hunderten von Frauen zwischen 18 und 76 Jahren Gipsabdrucke der Vulva gemacht, um die bunte Vielfalt zu demonstrieren.

Beginnen wir also die Führung von oben: Man sieht zunächst den Schamhügel (auch Venushügel genannt). Der Schamhügel ist ein Fettpolster, um das darunterliegende Schambein zu schützen. Hiervon ausgehend teilen sich zwei Lappen links und rechts. Das sind die großen Schamlippen. Diese sind bei manchen Frauen fest, bei anderen hängen sie eher. Bei einigen sind sie platt, wiederum andere sind fülliger. Sie sind wie der Schamhügel mit Fett gefüllt und beschützen die Vagina.

Wo die großen Schamlippen oben zusammentreffen, befindet sich der Kopf der Klitoris. Der Klitoriskopf thront als Königin der Erregungsorgane über allem und ist unter einer Kapuze mehr oder weniger verdeckt. Hier gibt es oft Variationen. Bei manchen ist die Haut wabblig und weit, bei anderen schaut im Normalzustand der Kopf der Klitoris heraus, weil die Kapuze recht knapp angelegt wurde. Die Kapuze der Klitoris geht manchmal nahtlos, manchmal etwas versetzt nach unten in die kleinen Schamlippen über, die in Größe und Form ebenfalls sehr variieren können. Diese Schätzchen haben viele Nerven und sind daher sehr wichtig beim Sex. Auf sie gehen wir später ausführlicher ein.

Wenn man von der Klitoris ca. ein bis zwei Zentimeter aus nach unten schaut (auch hier können die Abstände variieren), findet man eine sehr kleine Öffnung, die empfindlich ist: Das ist die Harnröhre, aus der man Wasser lässt. Neben der Harnröhre befinden sich die Skene-Drüsen, die in die Harnröhre münden (aber die sieht man schlecht). Diese sind unser Pendant zur männlichen Prostata und verantwortlich für die sagenumwobene weibliche Ejakulation (dazu mehr im Kapitel 2).

Wenn wir weiter nach unten scrollen, finden wir den Eingang zur Scheide, umringt von einer dünnen Hautfalte. Dies ist der sogenannte Hymenalsaum, der Reste des Jungfernhäutchens darstellt. Wer noch keinen Sex hatte, sieht eventuell – aber bestimmt nicht immer! – sein Jungfernhäutchen hier als dünne Membran, die wie ein Haargummi das Eingangsloch umsäumt. Hier bzw. hinter der Hymenalgrenze beginnt die eigentliche Vagina. Links und rechts am Hymenalsaum befinden sich die Ausgänge der Bartholinischen Drüsen, die man im Normalfall ebenfalls nicht sieht. Sie spielen eine Nebenrolle bei der Befeuchtung der Vagina, wie wir in Kapitel 2 lernen werden.

Die Vagina ist das Reich des Tampons, die Wirkstätte von vaginalen Zäpfchen, Babys letzter dunkler Abschnitt, bevor es das Licht der Welt erblickt, sowie der viel besungene Vereinigungsort der Geschlechter. Im entspannten Zustand ist sie flach zusammengefallen. Als Wundertüte, die die Vagina ja ist, hat sie ein Paar Zentimeter im Inneren ein sexuelles Ass im Ärmel versteckt: den G-Punkt, über dessen Existenz mehr gestritten wird als über die von Ufos und Yetis. Die Vagina wird am Ende abgeschlossen durch den Gebärmutterhals, der wie ein Korken in die Vagina hineinragt und sich sehr fest anfühlt.

Wenn wir nun weiter Richtung Süden gehen, sehen wir ein Paar Zentimeter Haut zwischen Scheidenausgang und After. Diesen Bereich nennt man Damm, hier werden bei Bedarf die Dammschnitte bei Entbindungen durchgeführt, und hier befindet sich ein sehr häufiger Landeplatz für genitale Infektionen wie Herpes oder Genitalwarzen.

Der After sieht aus wie ein Kussmund oder ein Seestern. In der Schwangerschaft oder bei großen Hämorrhoiden kann das Poloch vergrößert oder geschwollen sein.

Nachdem ich die Haupt- und Nebendarsteller des weiblichen Genitals kurz vorgestellt habe, wollen wir uns nun eingehender mit ein paar von ihnen befassen und ihre Launen, Variationen sowie Special Effects kennenlernen.

Finding Clitory – Geschichte einer versteckten Heldin

Viele Mädchen entdecken schon als Kind, dass ihre Klitoris empfindlich ist und ein wenig «kitzelt», wenn man sie anfasst. Spätestens bis zur Pubertät haben dann die meisten die Klitoris entdeckt als das, was sie ist: ein nervenreiches Organ, dessen Spitze als «Perle» zu fühlen ist, ungefähr dort, wo die beiden großen Schamlippen zusammentreffen.

Dass die Klitoris für manche ein Buch mit sieben Siegeln ist, wird häufig bei den ersten Petting-Erfahrungen klar: Die Jungs finden sie nicht, oder sie fassen sie falsch an, oder sie rutschen mit den Fingern auf ihr herum auf der Suche nach der optimalen Position. Dass die Jungs anfangs keinen Plan haben, ist vielleicht bedauerlich, aber nicht verwunderlich – sie befinden sich nämlich in guter Gesellschaft, und das seit Jahrhunderten.

Zwar haben die Araber und Perser schon immer gewusst, wozu die Klitoris da ist, auch die Griechen waren der Sache auf der Spur, aber in Nordeuropa herrschte lange große Unwissenheit über die Klitoris. Das lag zum Teil daran, dass das Sezieren von Leichen kirchlich verboten war. Außerdem waren sich die Gelehrten stets uneins; manche glaubten, die Klitoris sei nutzlos, wie das Zäpfchen hinten am Gaumen, wiederum andere glaubten, die Klitoris würde zur Befruchtung beisteuern. Manche meinten, sie sei ein verkümmerter Penis. Das ging so bis in die Renaissance hinein. Erst im Jahr 1559 haben Anatomen aus Padua die Klitoris als ein Organ beschrieben, das einen sexuellen Zweck hat und weder nutzlos noch schädlich ist. Sie nannten sie amor veneris, ein Organ der weiblichen Freude.

1844 war ein weiteres Erfolgsjahr für die Klitoris. In diesem stellte nämlich erstmals ein deutscher Anatom namens Georg Ludwig Kobelt fest, dass die Klitoris ein Gefäßgeflecht besitzt, das mit zwei großen Schwellkörpern verwoben ist, die hinter den großen Schamlippen sitzen. In seinem Werk mit dem, wie ich finde, grandiosen Titel Die männlichen und weiblichen Wollustorgane des Menschen und einiger Säugetiere beschrieb er das recht ausführlich; und er stellte eine Verbindung zur weiblichen sexuellen Erregung her, die bis dahin nicht ausführlich erforscht war.

In einer perfekten Welt hätte spätestens zu diesem Zeitpunkt die Wissenschaft die Klitoris weiter untersucht, und sie hätte eine steile Karriere hingelegt als neuentdecktes Zubehör des weiblichen Genitals. Stattdessen begann erneut ein dunkles Kapitel in ihrer Geschichte. In den folgenden Jahrzehnten gewann nämlich eine prüdere Einstellung in der Wissenschaft die Oberhand; man fand die Klitoris nutzlos bis schädlich, ja, man entfernte sie sogar zum Teil, um weibliche «Hysterie» zu kurieren. Anfang des 20. Jahrhunderts deklarierte Sigmund Freud, der Begründer der Psychotherapie und ein großer Mansplainer und Frauenversteher seiner Zeit, die Klitoris als Instrument des «infantilen» Orgasmus, das nur für kleine Mädchen zum Spielen da sei, und zwar ohne jeglichen Beweis. «Richtige» Frauen wiederum müssten vaginal kommen, denn wer nur klitoral zum Orgasmus käme, der könne ja nur eine unreifes Ding sein, unterentwickelt, da nicht fähig, ohne zusätzliche Stimulation von außen zu kommen, wie es ein Mann tut. Obwohl das Dogma eines isoliert vaginalen und damit einzig wahren Orgasmus in den fünfziger Jahren durch Alfred Kinsey revidiert wurde, existiert diese Vorstellung leider bis heute. (Wie man kommt, warum und wenn, dann wie oft, werden wir in Kapitel 2 vertiefen.)

Endlich: die Wiederentdeckung

Noch 1999 im Medizinstudium in Mainz habe ich gelernt, dass die Klitoris eine Art «Mini-Penis» sei, nur ein bis zwei Zentimeter lang und immer ihrem großen Vorbild, dem Penis des Mannes, nacheifernd. Eigentlich wurde das gesamte Thema «weibliches Geschlecht» nur am Rande behandelt – über die Vulva oder die Klitoris steht bis heute leider sehr wenig in den klassischen Anatomiebüchern. Wir würden vermutlich immer noch im Dunkeln tappen, wenn nicht eine australische Urologin Ende der Neunziger ständig durch eine Prüfung gerasselt wäre und damals beschloss, ihre Wissensdefizite in der Anatomie endgültig zu beseitigen. Beim Sezieren einer weiblichen Leiche machte Helen O’Connell 1998 zu unserem Glück eine erstaunliche Entdeckung: Sie fand heraus, dass die Klitoris nicht eine kleine Perle ist, sondern weitaus mehr zu bieten hat, als das Auge sieht. Das, was wir als Klitoris bezeichnen, ist nur die Spitze des Eisberges! Unter der Oberfläche fand O’Connell ein verzweigtes Organ mit konkreten Verbindungen zur Harnröhre und zur Vaginalwand.[1] Und das hat vielleicht Nerven! Die Gefäß-Nervenbündel der Klitoris sind richtig dicke, kräftige Leitungen, die mit dem bloßen Auge zu erkennen sind. Die Klitoris hat über 8000 Nervenfasern – und hängt dabei locker den Penis ab, der einige hundert Nervenenden an der Eichel hat.

Size matters: Warum die Klitoris größenmäßig dem Penis Konkurrenz macht

Der Klitoriskopf schaut unten aus der Vorhaut raus, steigt nach oben und wird zum Klitoriskörper. Dieser thront auf der Spitze einer Pyramide, bestehend aus zwei Schenkeln, die acht bis neun Zentimeter lang sind, und zwei Schwellkörpern. Diese wiederum umklammern links und rechts fest die Harnröhre und die Vagina. Die komplette Pyramide, inklusive Schenkel, Körper und Schwellkörper, nennt man das klitorale Organ. Es besteht aus gefäßreichen, schwammähnlichen Strukturen, die sich mit Blut bei Erregung tuffig aufplustern, zum Beispiel wenn man zu oft Magic Mike geschaut hat.

Das klitorale Organ

Das geheime Leben der Vagina

Helen O’Connell hat des Weiteren beschrieben, dass die seitlichen Vaginalwände eigentlich bereits in die Schwellkörper übergehen – die Vagina ist also teilweise die Klitoris, im erweiterten Sinne. Wenn man penetriert wird beim Sex, drückt der Penis noch mehr Blut in die Schwellkörper; folglich wird die Vagina enger, was wiederum die Schwellkörper des Penis freut. Ein nettes Geben und Nehmen.

Hast du dich jemals vorher gefragt, warum, wenn man die Perle oben stimuliert – die Maus quasi «doppelklickt» –, die Scheide innerlich anschwillt? Spätestens jetzt wissen wir, dass wir bis vor kurzem gar nichts wussten und dass offenbar jeder diese Unwissenheit hingenommen hat. Warum das so ist, darüber kann man eigentlich nur spekulieren. Hat der vielbeschäftigte, dauergestresste, vom Burn-out bedrohte Anatom der Neuzeit die Klitoris aus Zeitgründen ignoriert? Oder war es schlicht leichter anzunehmen, sie sei ein Mini-Penis, so nach dem Motto: Erst bekam die Frau die Rippe vom Mann, dann auch den Penis, aber bitte in der praktischen Miniatur-Reisegröße fürs Handgepäck?

Es ist eigentlich nicht zu erklären, wie es die Medizin bis 1998 geschafft hat, die Klitoris anatomisch in ihrem Umfang komplett zu übersehen. Man bedenke: In der Zwischenzeit hat man die DNA entschlüsselt, Herzen transplantiert, Schafe geklont und ist mit Robotern auf dem Mars herumgefahren.

Aber, sei’s drum! Mit unserem jetzigen Wissen können wir die Klitoris würdigen und nutzen als das, was sie ist, nämlich das einzige Organ, das einzig und alleine zu unserem sexuellen Vergnügen da ist. Da hat Mutter Natur schön mitgedacht – nehmen wir das Geschenk doch dankend an.

Schamlippen – von Barbie bis Batgirl

Wenn man dabei ist, seine eigenen Schamlippen (medizinisch: Labien) anzuschauen, muss man eine Sache verinnerlichen, und das ist mir wirklich wichtig: Das eine «normal für alle» gibt es nicht. Genauso wie es keine Einheitsfrisur für alle Köpfe oder Einheitsfüße für alle Menschen gibt. In einer berühmten Studie, die 2004 von der Gynäkologin Jillian Lloyd in England durchgeführt wurde, hat man die enormen Unterschiede der weiblichen Genitalien erstmals wissenschaftlich gemessen und dokumentiert. Es wurden 50 Frauen unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Ethnien untersucht, und siehe da: Alle waren anders.

Die Länge der kleinen Schamlippen (von unten nach oben gemessen) reichte von 2 bis 10 Zentimetern Größe. Die Breite der Flügel variierte ebenfalls zwischen 0,5 Zentimetern bei der einen Frau und 5 Zentimetern bei einer anderen. Und auch Asymmetrien sind ganz normal – sehr oft ist eine Schamlippe größer als die andere. Bei über der Hälfte aller Frauen überragen die kleinen Schamlippen die großen Schamlippen und schließen nicht bündig mit ihnen ab. Die Farbe der Schamlippen ist so variabel wie die Farbe unserer Lippen im Gesicht – alles ist vertreten, von zartrosa über dunkelbraun bis lila. Manche sind innen rosa und am Rand dunkel. Oft, aber nicht immer, sind die Schamlippen dunkler als der Rest der Haut am Körper. Häufig findet man hier auch kleine Erhabenheiten, die wie Pickel aussehen, das ist ganz normal. Auch können die kleinen Schamlippen glatt, schrumpelig, gekräuselt oder faltig sein. Die Form der kleinen Schamlippen variiert ebenfalls sehr. Jede Schamlippe hat, wenn man sie zur Seite zieht, mehr oder minder die Form eines Flügels. Die Flügelspitze kann oben angeordnet sein, mittig oder aber auch unten liegen.

Die kleinen Schamlippen müssen auch nicht die gleiche Länge wie die großen Schamlippen haben, manche enden und verschmelzen mit den großen Schamlippen auf halber Strecke. Man spricht hier im Fachjargon vom «Take-off»-Punkt der Schamlippen.

Aufgabenverteilung

Die Schamlippen haben verschiedene Funktionen, die sich in ihrer Konstruktion widerspiegeln. Die großen Schamlippen sind die Beschützer, die kleinen Schamlippen dagegen sind mehr für das eigene Entertainment zuständig.

Die großen Schwestern haben auf der Vorderseite Haare, Talg- und Schweißdrüsen, außerdem eine höhere Pigmentierung als die restliche Haut. Sie sind das weibliche Pendant zum Hodensack beim Mann. Die großen Schamlippen haben einen Fettkörper, der die kleinen Schamlippen und die Vagina vor Reibung und Trauma beschützt, und Schwellkörper, die die Vagina und Harnröhre beim Sex beschützen. Außerdem haben die Haare an den Schamlippen eine Schutzfunktion, damit in der Steinzeit keine Käfer in die Vagina reinkrabbeln konnten, um einem damit den Tag zu vermiesen. Die Schamhaare sind zudem als Duftträger bestens geeignet, um das Männchen anzulocken. Sozusagen die Steinzeit-Variante von Chanel Nr. 5.

Die kleinen Schamlippen bestehen aus einer anderen Haut als die großen Schamlippen, die eher der Haut des Penis entspricht. Sie haben viele Gefäße und sehr, sehr viele Nerven. Die kleinen Schamlippen leisten dadurch Wichtiges für das sexuelle Erleben; sie sind kleine empfindliche Schätzchen, die uns viele gute Gefühle bescheren, wenn sie in einem sexuellen Kontext gestreichelt oder geleckt werden oder an ihnen liebevoll gesaugt wird. Das darf man nicht vergessen, wenn man eine rein kosmetische Verkleinerung seiner Schamlippen in Erwägung zieht.

Witterungseinflüsse an der Vulva

20-jährige Labien, 30-jährige Labien, 50-jährige Labien, Oma-Labien

Die Vulva verändert ihr Aussehen im Laufe des Lebens. Bei einer jungen Frau sind die äußeren Schamlippen noch prall und verdecken vieles, wenn nicht alles von den kleinen Schamlippen. Aber der Zahn der Zeit nagt auch an der Vulva. So können die großen Schamlippen nach einem Gewichtsverlust oder einer Schwangerschaft, bei Hormonmangel in den Wechseljahren oder durch tagtäglichen Verschleiß (Radfahren, Waxing etc.) an Fülle verlieren und faltig und schrumpelig werden. Wie ein Federkopfkissen, das zu viele Federn im Laufe der Zeit verloren hat, können sie durchaus etwas schlaff hängen, dafür kommen die kleinen Schamlippen mehr zur Geltung. Hinzu kommt, dass die kleinen Schamlippen durch hormonelle Umstellungen langsam wachsen können und mit der Zeit dunkler werden. Die Schambehaarung wird dünner, und die ersten grauen Haare können auch hier erscheinen.

Weil ich es mir wert bin? Ein Wort zu kosmetischen Eingriffen

Machen wir uns nichts vor, Schamlippen führen insgesamt oft ein trauriges Dasein. Wenig wertgeschätzt und nicht selten ungeliebt, müssen sie viel aushalten: Sie werden rasiert, gewaxt, gelasert, man sitzt auf ihnen den ganzen Tag in Bürostühlen und schwitzt. Wir muten ihnen unbequeme Sattel im Spinning-Kurs zu, zwingen sie in zu enge Tangas und konfrontieren sie mit Slipeinlagen und Cremes aller Art. Manche Frauen finden sich wirklich unschön und hadern mit ihrem Aussehen so intensiv, dass sie eine operative Anpassung wünschen. Die Zahl der kosmetischen Eingriffe an den Genitalien hat in den letzten zehn Jahren massiv zugenommen. Woher kommt das?

Erotikstars haben als Erste damit begonnen, sich unten komplett zu rasieren. Wenn man sich Pornos der Siebziger anschaut, sieht man noch lauter Naturbüsche. Das änderte sich dann erst in der Pornowelt und schwappte später in die reale über. Das wiederum führte dazu, dass man erstmals anfing zu schauen, wie andere Frauen aussehen.

Problematisch wurde das Ganze, als Pornodarstellerinnen anfingen sich operieren zu lassen, um eine Vulva ohne sichtbare kleine Schamlippen zu haben. Das nennt man in kosmetisch-gynäkologischen Kreisen den «Barbie»-Look, weil man die kleinen Schamlippen nicht mehr sieht, nur eine geschlossene Muschel.

Hinzu kommt, dass in Zeitschriften wie dem Playboy die Schamhaare seit 2005 komplett fehlen, da die Bilder retuschiert werden. Dank Photoshop haben dort alle Models eine vermeintlich makellose Einheits-Mumu ohne große Variationen. Tatsache ist aber, dass diese Art der mädchenhaften Vulva eine echte Rarität darstellt bei erwachsenen Frauen, sodass – wie sonst auch in der Werbung – Photoshop uns ein Image der Vulva präsentiert, das es so in der realen Welt kaum gibt. Das kann ich als professionelle Vulva-Begutachterin mit mehr als zwanzig Jahren Erfahrung wirklich mit Bestimmtheit sagen.

Meine Erfahrung haben aber die meisten Frauen nicht, und woher denn auch? Woher soll überhaupt jemand wissen, was normal ist? In den Medien ist es zwar völlig normal, nackte Frauen zu sehen, aber der Anblick von Schamlippen irritiert und destabilisiert Menschen immer noch, weshalb Schamlippen, besonders die kleinen, bis heute im Mainstream Funk und Fernsehen nicht existent sind. Allein wegen der Altersfreigabe für Filme und Serien gäbe es hier sicherlich Probleme. Außerdem ist es, bei aller sexuellen Freizügigkeit, die uns Sex and the City und Fifty Shades of Grey beschert haben, unüblich, dass Frauen sich untereinander über ihre Schamlippen austauschen oder sich gegenseitig unten ansehen. Über Sex reden ja, über Fesseln und Oralverkehr vielleicht, aber über die Variationen der Genitalien nicht, vermutlich weil wir entweder mit unserer Ausstattung zufrieden sind oder eben nicht und uns dafür genieren. Manchmal hat man auch nur eine vage Vorstellung davon, was richtig und normal ist, und man will diese nicht in Frage stellen – wir haben ja schließlich schon genug selbstauferlegte Problemzonen. Es liegt in unserer Natur, uns angleichen, attraktiver machen zu wollen. Das machen alle aus dem Tierreich, und die Spezies Mensch ist keine Ausnahme. Wir streben nach dem perfekten Körper, den perfekten Haaren, der perfekten Schminktechnik, wir legen operativ Ohren an, lasern Haare weg, investieren in Nagelstudios für schöne Hände, entfernen Besenreißer und noch vieles mehr. Es ist also durchaus denkbar, dass so ein intimer Bereich, auch wenn ihn nur wenige Menschen zu Gesicht bekommen, ebenfalls der strengen weiblichen Zensur unterzogen wird und sich herausstellt, dass da Verbesserungspotenzial herrscht.

Aber auch die einfachen Alterungsprozesse an der Vulva bewegen viele dazu, sich operieren zu lassen. Tatsächlich, auch wenn einem erst einmal das Image des schönheitswahnsinnigen, labilen Menschen vom Planeten Hollywood in den Sinn kommt, sind es im Schnitt eher ältere Frauen, die sich eine Verkleinerung der Schamlippen wünschen. Es kann einen finanziellen Aspekt haben, aber auch mit der abgeschlossenen Kinderplanung zu tun haben, dass die Patientinnen nicht alle in ihren Zwanzigern sind. Wenn jüngere Patientinnen sich für eine operative Veränderung interessieren, dann häufig wegen angeborener längerer Schamlippen. Die meisten wünschen sich, ob älter oder jünger, aber keine Barbie-Variante, sondern nur eine Verkürzung ihrer Schamlippen, damit sie nicht raushängen und bündig mit den großen Schamlippen abschließen. Viele stört auch die dunkle Pigmentierung des Randes der kleinen Schamlippen. Einige lassen sich außerdem die Kapuze der Klitoris stutzen, um ein harmonisches Aussehen zu erzielen. Viele Frauen stören auch eine oder beide Schamlippen, wenn sie zu lang sind: Sie scheuern sich auf, werden in der Unterwäsche eingeklemmt oder rutschen beim Sex auf schmerzhafte Weise mit in die Scheide.

Mythbuster

Die wenigsten Schamlippen müssen aus medizinischen Gründen operiert werden, denn auch die langen Flügel im Batgirl-Style sind alltäglich und normal – man hat sie nur vorher unter den Haaren des Naturbusches nicht gesehen. Eine extreme anatomische Variante, die eine operative Korrektur medizinisch wirklich erforderlich macht, ist eine Seltenheit, wahrscheinlich gibt es sie bei weit unter einem Prozent aller Frauen.

Eine solche Operation ist auch mit Risiken behaftet: Nachblutungen und Wundheilungsstörungen sind nicht selten, ebenso das Risiko, zu viel Gewebe zu entfernen oder dass die Patientin für immer Schmerzen beim Sex hat. Die Wahl des richtigen Chirurgen ist sehr, sehr wichtig; nicht jeder Chirurg oder Gynäkologe ist darauf spezialisiert, da die Methode relativ neu ist und eine Nischen-Spezialität. Auch wenn man kein Verständnis für Frauen hat, die sich operieren lassen wollen, darf man nicht vergessen, dass diese häufig wirklich leiden, oft so sehr, dass sie aus Scham nicht zum Frauenarzt gehen, nicht einmal zur Krebsvorsorge. Statistiken zeigen zudem, dass nach solchen Eingriffen eine hohe Patientinnenzufriedenheit herrscht. Auch wenn ich als Gynäkologin am Anfang meiner Karriere diese Frauen packen und schütteln wollte, weiß ich inzwischen: Man darf Frauen, die sich operieren lassen wollen, nicht verurteilen oder belächeln – die meisten entscheiden sich nicht leichtfertig für eine Operation und machen das nur für sich. Der Männerwelt ist es nämlich, am Rande bemerkt, ziemlich schnurzegal, wie die Genitalien aussehen. Die meisten Männer verstehen die Diskussion einer Schönheitsoperation der Schamlippen gar nicht, schließlich sind sie meistens heilfroh und freudig entzückt, die Vulva hautnah sehen zu dürfen, und kämen gar nicht auf die Idee, wegen Äußerlichkeiten zu meckern – die Männer, die es wert sind, versteht sich.

Also bitte, Mädels und Frauen, Mütter und Töchter, erzählt es euch gegenseitig und ruft es von den Dächern der Stadt: Wir sehen alle unten individuell und einzigartig aus! Out of the dark, and into the light. Wenn ihr es noch nicht tut, es ist höchste Zeit zu chillen, was das Aussehen eurer Genitalien anbelangt. Und wen es trotz aller Aufklärung immer noch zu einer operativen Anpassung drängt, der wünschen wir einen glücklichen OP-Verlauf und freuen uns, wenn sie dann auch mit dem Ergebnis happy ist. Denn die Hauptsache ist doch, dass wir am Ende des Tages glücklich mit uns selbst sind, ob Barbie oder Batgirl.

Tag der offenen Tür – alles über den Eingang

Der Eingang der Vagina ist der Teil, den wir am ehesten kennen und zu dem wir auch am meisten Bezug haben. Beim Abwischen auf der Toilette, beim Tamponeinführen oder auch weil wir Liebesfreuden, aber auch Schmerzen beim Sex hier am intensivsten spüren.

Lasst uns also an den Eingang heranzoomen, denn hier sind einige Stellen, die den meisten Frauen eher unbekannt sind, aber unterschiedliche Aufgaben haben, und das auch noch auf kleinstem Raum. Auf den ersten Blick ist es verwirrend wie der Blick in das Cockpit eines Flugzeugs, aber nur am Anfang: Wir gehen das Schritt für Schritt durch. Bei deinem nächsten Frauenarztbesuch kannst du dann mit Insiderwissen beeindrucken und eventuell vorhandene Beschwerden genau lokalisieren. Auf geht’s!

Die kleinen Schamlippen umringen den Eingang, der in der Fachsprache Vestibulum genannt wird, das bedeutet so viel wie Vorhof oder Vorgarten. Im Vorgarten sieht man den Übergang von der trockenen zur feuchten Vulvahaut, sichtbar sind alle Öffnungen, die im weiblichen Geschlecht vorhanden sind: Ganz oben, unter der Klitoris, befindet sich die Harnröhre (Urethra). Links und rechts von ihr liegen die winzigkleinen Öffnungen der Skene-Drüsen, die aus einem ähnlichen Gewebe bestehen wie die Prostata beim Mann. Die Skene-Drüsen produzieren kleine Mengen einer Flüssigkeit, die bei manchen Frauen beim Höhepunkt ausgeschieden wird, in Form der geheimnisumwitterten weiblichen Ejakulation (dieses vermeintliche «Einhorn» der weiblichen Mythologie werden wir später studieren). Und dann ist da natürlich der eigentliche Scheidenkanaleingang, in der Fachsprache Introitus genannt. Unsichtbar sind hier zu beiden Seiten des Introitus die Ausgänge der Bartholinischen Drüsen. Diese Drüsen sitzen im Foyer des Introitus und haben die Aufgabe, den Eingang beim Sex angenehm feucht zu machen, sozusagen als Begrüßungsempfang für den Penis. Diese Drüsen merkt man normalerweise nicht, nur wenn sie entzündet sind: Dann können sie beim Sitzen und beim Sex sehr weh tun und sich sogar mit Eiter füllen. Warum das passieren kann und was man dann unternimmt, erfährst du im Kapitel 5.

Der südlichste Pol des Vestibulums (ich nenne es auch gerne die «6-Uhr-Stelle») ist die hintere Kommissur, ein Ort, in den sich das Rückholbändchen vom Tampon gerne hineinschleicht. Die hintere Kommissur ist ein neuralgischer Punkt der Vulva, da sie die empfindlichste Stelle ist und als Erstes Alarm schlägt bei Störungen aller Art: Wenn es beim Sex weh tut, dann oft dort am schlimmsten; vaginale Pilzinfektionen jucken am intensivsten an der hinteren Kommissur, und bei heftigem Sex, großer Trockenheit oder sehr groß gebautem Partner kann die Haut dort oberflächlich einreißen. Sie ist die erste Stelle, die betroffen ist von Schleimhautschwund und Hormonmangel, und ein äußerst beliebter Ort für Feigwarzen. Überhaupt sind das äußere Drittel der Vagina und die Vulva insgesamt empfindlicher als die inneren zwei Drittel; hier liegen mehr Nerven und auch viel mehr Hormonrezeptoren als am inneren Ende der Vagina. Warum ist das so? Vermutlich weil das Innere der Vagina bei einer Geburt in der Lage sein muss, sich sehr zu dehnen, und das geht am besten, wenn der Bereich eher sparsam mit Nerven besiedelt ist. Der äußere Teil der Vagina ist wiederum empfindlicher, weil wir ja sonst überhaupt keinen Spaß am Sex hätten und natürlich auch als Schutzfunktion, um unsere Murmel vor Gefahren zu schützen. Die vielen Andockstellen für Sexualhormone (auch Hormonrezeptoren genannt) im Gewebe sind ein Hinweis, wie sehr unser geschätzter Eingang von den Sexualhormonen gesteuert und genährt wird. Das wird besonders deutlich bei Hormonmangel, wenn es sehr brennen und jucken kann und Linderung oft erst durch das langfristige Anwenden einer hormonhaltigen Salbe gelingt.

Unterhalb der Harnröhre finden wir als Übergang vom Introitus in die Vagina den Hymen, auch bekannt als Jungfernhäutchen. Das Jungfernhäutchen ist eine sehr dünne Membran, die randständig als schmale Krone vorhanden oder auch bis ein Zentimeter hoch sein kann. Das hat vermutlich den Zweck, die Mädchen-Scheide vor kleinen Fremdkörpern wie Legosteinen oder Barbie-Schuhen zu schützen. Das Hymen ist also kein kompletter Verschluss wie der Frischesiegel beim Nutella-Glas. Die Vagina ist trotz Jungfernhäutchen immer etwas durchlässig, sodass beispielsweise bei der Periode ein Mini-Tampon problemlos eingeführt werden kann, ohne das Hymen zu verletzen.

Wenn man noch nie Sex hatte, kann das Jungfernhäutchen wie gesagt als Krone oder Kränzchen sichtbar sein – es kann aber auch trotz Jungfräulichkeit eingerissen sein, Zacken haben oder kaum zu finden sein. Es kann auch dehnbar oder straff sein, dünn oder dicker. Deshalb hat es wirklich überhaupt nichts zu bedeuten, wenn man beim ersten Sex nicht blutet – bestimmt die Hälfte aller Mädchen blutet überhaupt nicht beim ersten Mal! Das liegt schlicht und ergreifend an der Form und Konsistenz der Krone, die Mutter Natur uns geschenkt hat.

Bei sexuell erfahrenen Frauen ist das Hymen meist in kleineren Zacken noch sichtbar am Introitus, man nennt ihn dann den Hymenalsaum. Später, nach den Wechseljahren, bildet sich der Saum noch weiter zurück, und unsere Krone ist (dort zumindest) verschwunden.

Mythbuster

Das Hymen ist kein Frischesiegel, das beim Sex durchbrochen wird und danach verkümmert. Es reißt und blutet auch nur bei 50 Prozent der Frauen nach dem ersten Sex – das heißt, jede zweite blutet nicht. Das Hymen kann sehr elastisch sein, man kann sich diesen Hautring am Eingang wie ein Haargummi vorstellen. Das kann gedehnt werden und, zack, zur Originalgröße zurückkehren, ohne zu reißen oder zu bluten. Deshalb ist das erste Mal Sex für viele Mädchen auf dieser Welt ein Test, den sie niemals bestehen können: Wenn eine Frau in ihrer Hochzeitsnacht nicht blutet, ist damit in vielen Kulturen der Beweis nicht erbracht, dass sie Jungfrau war. Das beruht auf einem jahrtausendealten Brauch, der den Sinn hatte, den Preis einer jungen Braut zu rechtfertigen. Aber nicht nur in fernen Kulturen ist das ein Problem: Auch in unserem Kulturkreis werden viele junge Frauen nach ihrem ersten Mal aus Unwissenheit als Lügnerin hingestellt, wenn sie nicht bluten; ihr Partner glaubte, ihr Erster zu sein, und bezweifelt dies nun. Wenn die Blutung nicht reicht als Beweis für ihre Jungfräulichkeit, was dann?, fragt sich manch junger Mann von heute. Meine Antwort lautet: Chill, Junge, sei froh, dass du für die Jungfernfahrt auserwählt wurdest, mach keinen Stress und glaub es ihr einfach.

Der Eingang der Vagina kann beim Betrachten eng ausschauen oder auch aufklaffen. Ob und wie sehr die Haustür offen steht, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab: vom eigenen Körpergewicht, ob man viele Babys, große Babys oder schwere Geburten hatte oder ob man von Natur aus ein schwaches Bindegewebe im Beckenboden hat. Wenn die Vagina sehr gedehnt wurde, zum Beispiel bei schwierigen oder langen Geburten, kann es sein, dass die Harnblase auch nach der Rückbildung der Gebärmutter durch die schwache Decke der Vagina durchhängt. Das wird in der Laiensprache «Blasenvorfall» genannt und ist eigentlich nicht akkurat, denn die Harnblase ist nicht gefallen, sondern sie sackt in die Vagina hinein, wie ein großer Hintern auf einer durchgesessenen Hängematte. In der Fachwelt heißt sie Zystozele und kann für Probleme mit der Kontinenz sorgen oder in sehr ausgeprägten Fällen ein Fremdkörpergefühl in der Vagina (mehr dazu im Kapitel 10). Wenn man eine klaffende Öffnung hat, liegt es nah, dass auch die Vagina während der Geburt überdehnt wurde und dass damit die sexuelle Empfindung nachlässt – konkret heißt das, das beste Stück des Partners fühlt sich dünner an, und das ist meistens nicht sexy. Ich kann hier wärmstens Kegel-Übungen empfehlen, die man jeden Tag macht, um den Beckenboden, der die Vagina umschließt, wieder zu stärken. Ein Trainingsprogramm, um unser Fräulein Untergeschoss wieder fit zu machen, besprechen wir ausführlicher in Kapitel 4.

Vulva vor Baby / Vulva nach Baby

Der Damm beschreibt die Stelle zwischen Vagina und After und ist im Durchschnitt zwischen zwei und sechs Zentimeter hoch. Auf dem Damm können Schamhaare wachsen, die sich bis zum Poloch ausdehnen. Der Damm ist dazu da, sich zu dehnen und Platz zu machen für den Kopf des Babys, und wird während der Schwangerschaft sehr weich und dehnbar. Während einer Geburt kann er reißen, meistens in einer geraden Linie nach unten. Die meisten Dammrisse heilen erstaunlich gut und stören hinterher nicht sehr. In Einzelfällen reißt der Damm bis zum After, aber das ist sehr selten, da die Hebammen gut dafür sorgen, dass es gar nicht so weit kommt (ein gezielter Dammschnitt kann das beispielsweise verhindern). Man sollte versuchen, sich als Schwangere nicht den Kopf darüber zu zerbrechen, ob man einen Dammschnitt haben möchte oder ihn bei der Geburt natürlich reißen lassen will; das ist Aufgabe der Hebamme und des Arztes, im richtigen Moment die richtige Entscheidung zu treffen.

Außerhalb der Schwangerschaft bemerkt man den Damm bei Problemen: Hier zeigen sich gerne Irritationen bei zu engen Tangas, Unverträglichkeiten von Slipeinlagen, Pilzinfektionen aufgrund von Wärme und Feuchtigkeit oder auch Mitbewohner wie Genitalwarzen oder Herpes-Bläschen. Hygiene ist in diesem Zusammenhang nicht so sehr das Problem – eigentlich ist weniger mehr, etwas Wasser und ein wenig milde Seife einmal am Tag reichen völlig aus. Wichtiger ist es, den Damm trocken zu halten, um Pilzen und anderen Infektionen das Leben schwerzumachen. Wer häufiger Pilzinfektionen am Damm, am Poloch oder in den Leisten bekommt, sollte lieber darauf achten, sich immer gut abzutrocknen – auch gerne mit dem Föhn. Hierzu einfach das Bein auf die Toilette oder den Badewannenrand stellen und von unten anföhnen – wie in der letzten Phase der Autowaschanlage nach der Unterbodenwäsche. Nur nicht zu lang und zu heiß!

Haare, Frisuren und Styling – New York, Rio, Tokio

Schamhaare

Manche Frauen tragen blank wie ein Pfirsich, andere rocken ihren Vollbusch, und dazwischen gibt es viele Varianten. Wie die Kopfhaare kommen die Schamhaare in den unterschiedlichsten Ausführungen daher: von weiß bis schwarz, von gekräuselt bis ganz glatt, von dicht bis sparsam. Sie sitzen generell auf dem Venushügel und bedecken die Vorderseite der großen Schamlippen, aber sie ufern auch gerne in alle Richtungen aus: In die Leisten und über den Damm und weit bis zum Poloch können sie sprießen, oder sie kriechen wie eine Kletterpflanze hoch zum Bauchnabel und links und rechts weit über den Bikinirand hinaus.

Die Farbe der Schamhaare ist oft dieselbe wie am Kopf, aber nicht immer müssen die Vorhänge sozusagen zum Teppich passen: Oft sind die Schamhaare dunkler, weil sie einen höheren Gehalt an Melanin, unserem Haut- und Haarfarbstoff, haben. Die Form der Haare wird auch durch unsere Hautfarbe bestimmt: Asiaten und amerikanische Ureinwohner haben eher einen runden Haarschaft, der sich kaum kräuselt, daher haben sie meist glattes Schamhaar. Kaukasier haben einen eierförmigen Haarschaft, der die Haare zum Kräuseln bringt, und Menschen afrikanischen Ursprungs haben einen elliptischen Haarschaft, der bekanntermaßen bewirkt, dass ihnen super Afro wachsen.

Aber warum hat man überhaupt Haare im Schambereich? Zum einen beschützen sie die Vulva und Schamlippen beim Geschlechtsverkehr – jeder, der schon mal frisch rasiert Marathon-Sex hatte, wird bestätigen, dass es hinterher echt brennen kann. Zum anderen hatten die Schamhaare in der Steinzeit nicht nur die Funktion, Käfer und Ungeziefer davon abzuhalten, in die Vagina zu krabbeln, sondern man vermutet noch eine andere Komponente: Damals signalisierte eine Frau mit Schamhaaren Geschlechtsreife. Die Theorie lautet, dass man als Kind oder aber auch als älterer Mensch mit sparsamer Behaarung als potenzieller Geschlechtspartner nicht in Frage kam. Außerdem sind Schamhaare ein wichtiger Duftträger, um Pheromone zu verteilen; der Duft im Schritt signalisierte männlichen Interessenten, ob eine Frau paarungsbereit war oder bereits durch jemand bestiegen wurde oder ob sie gerade schwanger oder am Stillen war.