Uranus – Sapphos Abgrund - Lukas Wolfgang Börner - E-Book

Uranus – Sapphos Abgrund E-Book

Lukas Wolfgang Börner

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Beschreibung

Nach einem heftigen Streit mit ihrem Onkel ist die zehnjährige Sappho noch auf ihrer Heimatinsel Lesbos ins Bett gegangen. Am nächsten Morgen erwacht sie in Syrakus – als Ehefrau und Mutter eines kleinen Mädchens. Wie konnte das passieren? Was ist in der Zwischenzeit geschehen? Was wissen die Menschen in ihrem Umfeld, was sie nicht weiß? Und wie ist die blinde Wut der fremden Braut zu erklären, an deren Hochzeit sie zufällig teilnimmt? Dritter Teil der ALTERA-ALA-ANIMAE-Ennealogie.

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© 2023 Lukas Wolfgang Börner

Coverdesign von: Sabrina Börner (https://www.boerner-kunst.de/)

ISBN Hardcover: 978-3-347-90500-9 ISBN E-Book: 978-3-347-90502-3

Druck und Distribution im Auftrag des Autors: tredition GmbH, An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung „Impressumservice“, An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Deutschland.

Lukas Wolfgang Börner

Uranus

Gesang

Hörst du nicht dein Kind in der Tiefe schreien?

Sieh dich vor – die Lustnacht, in welcher du mit

drallen Mädchenleibern der Liebe fröntest,

neigt sich dem Tage.

Küss ein letztes Mal deine Gattin Gaia,

reiß ihr das Gewand von den weißen Schultern

und ertrinke, Uranos, nochmals in der

wogenden Salzflut.

Sichelschwingend wird sich dein Kind erheben.

Schreien, um dich schlagen, um Gnade flehen

wirst du – ach! wie mitleidlos wird es lachen,

ebenso Gaia!

Eine Wunde, eine entblößte Wunde

klafft für alle Zeit zwischen deinen Beinen,

schamhaft, machtlos, immerfort nässend, niemals

gänzlich verheilend.

Greul und Ekel keimt, wo das Blut aufs Land fällt.

Aus dem Samentropfen des Bösen aber,

in der Brandung unweit von Kypros’ Küste,

steigt Aphrodite.

*

Inhalt

Cover

Urheberrechte

Titelblatt

Erster Teil

Zweiter Teil

Dritter Teil

Vierter Teil

Fünfter Teil

Sechster Teil

Siebter Teil

Achter Teil

Neunter Teil

Uranus

Cover

Urheberrechte

Titelblatt

Erster Teil

Neunter Teil

Uranus

Cover

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Erster Teil

Totstille Finsternis, heilender Umschlag! Bedecke mir den von

Sonnenschein, Scherz und Gedanken, vom Leben geschundenen Körper!

Schlaf und Gedächtnisverlust – je mehr ich dem Tod mich ergebe,

desto ruhiger wölbt sich mein Brustkorb. Schwärze ist Freiheit.

Morgen ist’s. Ich sehe das Licht in goldenen Streifen

durch die Pforte dringen – wo das Kuhfell es zulässt.

Wer hat meinen Schlafraum verdunkelt? Weshalb umgeben

Schüsseln mit Wasser, zerstoßene Kräuter und talgige Tücher

meine Bettstatt? Weshalb klebt auf dem Stab des Asklepios

Opferblut? Was ist das überhaupt für ein Raum hier?

Kypris, bewahr! und was ist mit meinen Brüsten geschehen?

Gestern noch waren sie flach – und blutig zerkratzt von den Nägeln

meiner zornverkrampften Finger. Hatte nicht mein Onkel

mir verboten, weiterhin mit den Brüdern zu spielen?

Raufen und rennen, Vögel mit Pech zu fangen – das alles

ist der Adligen nun verwehrt. Für immer und ewig.

Groß und prächtig sind meine Brüste, auch meine Beine,

und auch hinten. Doch, ach! mein Bauch – so massig und schlaff!

Schaumgeborene Aphrodite! was ist hier geschehen?

Ein Gesicht, ein Frauengesicht mit düsteren Augen

blickt mir, nicht wenig verwirrt, aus der Wasserschüssel entgegen.

Bin das ich? Ist’s meine Nase, die groß und geschwungen

zwischen zwei Kanten thront, die gestern noch Pausbäckchen waren?

Welche Strenge! In was für einem Haus bin ich aber?

Sonnengetrockneter Lehm sind die Wände, der Putz fällt herunter,

fensterlos ist mein Schlafraum. Ich reiße das Kuhfell zur Seite,

stolpere in den Portikus, sehe weinrote Säulen,

einen mit eigenem Brunnen und zwei Pistazienbäumen

hübsch gestalteten Hof sowie eine Treppe nach oben.

Ich bemerke, dass ich zu schwanken beginne und setze

mich auf den Stufen nieder. Nur Häuser kann ich erspähen –

keine waldigen Hügel wie in Eresos, wo wir

bis zum Tod meines Vaters lebten, aber auch keinen

freien Äther, mit dem uns Mytilene beschenkte.

Jemand ruft aus dem Andron: „Sappho? Geht es dir besser?“

Sappho? Wer nennt mich Sappho? Eine männliche Stimme

war es, doch weder die meines Onkels noch meiner Brüder.

Nun betritt ein Mann den Portikus. Groß und beleibt ist

er, ein Vollbart verdeckt sein Gesicht. Seine Augen betrachten

mich mit Sorge. „Du solltest nicht aufstehen.“ Himmel! er tritt an

mich heran, hebt die Hand, versucht mir die Wange zu streicheln!

„Lass mich!“, dringt es aus meiner Kehle – der Laut einer Toten.

Stirnrunzelnd sieht er mich an, die Hand noch immer erhoben.

„Wo ist Charaxos? Und meine Mutter, wo ist sie?“ Ich trete

einige Schritte zurück Richtung Krankenkammer – er folgt mir.

„Deine Mutter kenne ich nicht“, erwidert er ruhig.

„Auch von deinen Brüdern hast du niemals gesprochen.“

Schrill und brüchig ist meine Stimme: „Bei Kypris! wer bist du?

Wie bin ich hierhergekommen? Entführt und geschunden

hast du mich! Mit Gift hast du meine Sinne vernebelt!“

„Ruhig, mein Liebling“, fährt er fort – und weicht dennoch von meinen

Schreien verschreckt zurück. „Ja, hast du denn alles vergessen?“

„Gestern noch war ich in Mytilene, im Haus meiner Eltern!“

„Trink einen Schluck“, erwidert der Fremde, ergreift einen Mischkrug

und versucht, ihn mir an die Lippen zu setzen. Behutsam,

als versuche er, ein scheues Wildtier zu zähmen.

Ich aber weigere mich. „Wo bin ich? In Eresos? Pyrrha?“

„In Syrákusai auf Ortygia“, sagt jener.

„Lesbos befindet sich auf der anderen Seite des Meeres.“

Tapsige Schritte dringen aus dem Wohnraum. Ein Kleinkind

kommt heraus, gefolgt von seiner schon ältlichen Mutter.

Ein entzückendes kleines Mädchen von höchstens zwei Jahren

ist es, mit breitem Lachgesicht, hellbraunen Augen und Haaren.

Es besteht kein Zweifel, dass jener vor mir sein Vater

ist – die schlichtgekleidete Frau im Hintergrund aber

senkt die Lider bei meinem Anblick wie eine Sklavin.

„Mama!“, jauchzt das Mädchen. Wie niedlich breitbeinig tapst es

mir entgegen – als wäre in Wahrheit ich seine Mutter!

„Kleïs, gib gut auf die Mama acht“, ermahnt es sein Vater,

als es versucht, auf mir wie auf einer Leiter zu klettern.

Kleïs, sagt er. So heißt meine Mutter – ebenso wollte

ich, sofern ich selbst einmal Mutter würde, mein Mädchen

nennen. Mama, rief es. Ich fasse es unter den Achseln,

hebe es hoch und drücke es an mich. Oh! Rätsel der Liebe!

Tränen springen mir in die Augen – das Kind ist ja mein Kind!

Alles an ihm und in ihm bin ich – nur jünger und schöner.

„Kleïs, ach! Kleïs!“ – Der Mann vor mir lächelt, er glaubt, ich erinnre

mich. Schon wieder tritt er an mich heran und versucht, mich

zu umarmen, versucht, mich zu küssen. Ich lass es geschehen.

Bei der Mahlzeit weiche ich wortlos den Fladen in Wein auf.

Meine Gedanken kreisen wie Sommerfliegen. Ein Nachbar

ist gekommen und hat sich nach meinem Zustand erkundigt.

Kleïs sitzt auf meinem Schoß und lässt sich mit süßem

Honigkäse füttern. Fleisch scheint es hier nicht zu geben.

Wenn es stimmt, was jene Fremden um mich her sprechen,

ist mein Mann ein Lehrer und heißt Kerkylas von Andros.