Usability von Produkten und Anleitungen im digitalen Zeitalter - Gertrud Grünwied - E-Book

Usability von Produkten und Anleitungen im digitalen Zeitalter E-Book

Gertrud Grünwied

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Beschreibung

Technische Produkte können nur erfolgreich sein, wenn die Gebrauchstauglichkeit, die Usability, frühzeitig im Entwicklungsprozess geplant und in allen Produktphasen verankert wird. Dies betrifft smarte Geräte, Softwareprodukte, Webanwendungen und Apps genauso wie komplexe und umfangreich dokumentierte Maschinen, Fahrzeuge und Systeme. In ihrem Buch vermittelt Gertrud Grünwied eine ganzheitliche Sicht auf intuitiv bedienbare Produkte und deren Anleitungen. Sie bietet das relevante Know-how zu User-Centered Design und eine Übersicht zur Auswahl von Usability-Methoden. Usability-Maßnahmen beschreibt sie schrittweise von der Planung, der Durchführung und Auswertung bis zur Optimierung von Produkt und Anleitung. Der Praxisteil präsentiert Fallstudien für Anleitungen mit und ohne Produkt sowie für eine Dienste-App im Internet, außerdem eine Betrachtung zu Kosten, Nutzen und Implementierungszeitpunkt von Usability-Methoden. Die dargestellten Usability-Maßnahmen erstrecken sich nicht nur auf das technische Produkt selbst, sondern auch auf die Nutzungssituation und die smarte Benutzerinformation, zum Beispiel das Nachschlagen in der Bedienungsanleitung zur Fehlerbehebung, Dokumentations-Apps zum Kennenlernen von Systemfunktionen oder das Üben und Lernen anhand einer Produktsimulation per Video-Tutorial oder Animation. Damit richtet sich das Buch an alle Mitarbeiter produzierender Unternehmen und ihrer Dienstleister, die an Usability-Aspekten beteiligt sind - Produktmanager, Entwickler, IT-Spezialisten, Designer, Technische Redakteure und Mitarbeiter in Schulung und Service, aber auch an Studierende der Informatik und Ingenieurwissenschaften einschließlich Technischer Redaktion und Kommunikation. Inhalt: Anforderungen an Usability von Produkten und Anleitungen "4.0" - Prozesse und Planung - Nutzer- und Nutzungsforschung - Gestaltung - Evaluation - Anwenden der Methoden und ihre Wirtschaftlichkeit - Fallstudien - Software-Tools und Normen

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Usability von Produkten und Anleitungen im digitalen Zeitalter

Handbuch für Entwickler, IT-Spezialisten und Technische Redakteure

Mit Checklisten und Fallstudien

Von Gertrud Grünwied

ISBN 978-3-89578-730-0 (EPUB)

Vollständige EPUB-Ausgabe von Gertrud Grünwied „Usability von Produkten und Anleitungen im digitalen Zeitalter“

ISBN 978-3-89578-464-4 (Printausgabe)

Publicis Publishing, Erlangen, Germany

www.publicis-books.de

© 2017 Publicis Pixelpark Erlangen – eine Zweigniederlassung

der Publicis Pixelpark GmbH

Prof. Dr. Gertrud Grünwied ist Gründerin des Studiengangs Technische Redaktion und Kommunikation sowie Leiterin des Usability-Labors an der Hochschule München. Sie ist Mitglied der tekom, der Usability Professionals Association und Expertin in nationalen und internationalen Normungsgremien. Als Leiterin des Steinbeis-Beratungszentrums „Dokumentation und Usability – EVIDOC“ begleitet sie Industrieprojekte. Die Elektroingenieurin und Informatikerin promovierte im Bereich der Humanbiologie über Usability bei der Mensch-Computer-Interaktion; 2015 erhielt sie den Oskar-von-Miller Preis für Qualität in der Lehre.

Vorwort

Welche Veränderungen bringt die Digitalisierung mit sich?

Die Welt hat sich mit dem Einzug der Digitalisierung maßgeblich verändert. Auf verschiedenen Ebenen finden Paradigmenwechsel statt:

Bei Produkten

Digitale, „smarte“ und vernetzte Produkte bestimmen die Abläufe und Prozesse in Industrie, Beruf und Freizeit.

Bei Anleitungen

Dicke Handbücher, egal ob Print oder elektronisch, werden häufig nicht (mehr) gelesen und nicht mehr gebraucht: Sie sind unattraktiv, sie passen nicht in die schnelllebige Zeit, in der

Skimming

und

Scanning

das vollinhaltliche Lesen verdrängt haben. Hochgranulare und kontextuelle Informationsmodule sind gefragt.

Bei den Menschen

Die Digitalisierung erstreckt sich nicht nur auf technische Produkte, sondern auch auf Dienstleistungen, Kommunikation, Gesellschaft und nicht zuletzt das Denken der Menschen. Die Menschen sind zudem Computer-affin geworden – in Beruf, Alltag und Freizeit. Digital Natives sind mit den neuen Technologien und Medien aufgewachsen und kennen (… verstehen) die alte „analoge“ Welt kaum noch.

Bei der Usability

Die Auswirkungen der Digitalisierung führen schließlich auch zu einem ganz neuen Anspruch an die Gebrauchstauglichkeit von Produkt und Anleitung.

Dieses Buch bezieht sich auf digitale Produkte und Anleitungen. Der Fokus liegt also auf Software, Web, Apps sowie Geräten mit interaktiven, softwaregesteuerten Benutzerschnittstellen. Bei letzteren kann es sich um Konsumgüter wie Elektro- und Kommunikationsgeräte oder um Maschinen aus dem Investitionsgüterbereich mit Bedienpulten handeln.

Warum dieses Buch?

Usability wird gemeinhin verstanden als Gebrauchstauglichkeit von Produkten, mit den Stichworten Effektivität, Effizienz, Zufriedenstellung und Nutzungskontext. Der Buchtitel „Usability von Produkten und Anleitungen …“ bedeutet aber mehr als nur eine Reihung von zwei Objekten: Er beschreibt eine Beziehung. Welche wechselseitige Bedeutung hat das eine für das andere? Beispiel: Hilfetexte auf einer Softwareoberfläche machen das Produkt selbsterklärend, sie unterstützen damit die Benutzerführung des Produkts.

Das Forschungsfeld „Usability“ der letzten 20 Jahre weist sehr verschiedene Perspektiven auf: Psychologie, Informatik, Ergonomie, Design und empirische Sozialforschung. Dieses Buch bringt mit den Informationsentwicklern eine weitere Sichtweise ein und verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz zwischen zwei Welten, die derzeit zumeist (noch) „nebeneinander“ existieren: die Produktentwicklung und die Informationsentwicklung. Mit einem ganzheitlichen Ansatz, der die untrennbare Verbindung dieser beiden Welten zur Grundlage macht, nähern sich im Buch genau diese Welten einander an, die bislang in der Praxis als Parallelwelten nebeneinander existieren. Übrigens: Die Benutzer nehmen die Ergebnisse dieser Welten, also Produkt und Anleitung, ohnehin nicht getrennt voneinander wahr. Gekauft wird stets das Produkt, und dieses muss seinen Zweck erfüllen und dabei mit allen Mitteln der Benutzerführung, zu der auch Anleitungen zählen, als Gesamtes gebrauchstauglich sein.

Obwohl starke Bezüge zwischen Produkt-Usability und Anleitungs-Usability bestehen, ist es erstaunlich, dass Entwickler, Usability-Fachleute und Technische Redakteure nicht besonders viel voneinander wissen. Dieses Buch möchte das ändern und zeigt die Vorteile auf, die sich durch eine engere interdisziplinäre Zusammenarbeit ergeben.

Was ist unter „Anleitungen“ zu verstehen?

Ein wichtiger Hinweis zuvor: Der Begriff „Anleitung“ im Buchtitel umfasst sämtliche Arten von Benutzerassistenz: von aussagekräftigen Beschriftungen auf Displays über eingebettete Benutzerinformation und Fehlermeldungen bis hin zu Onlinehilfen oder Produkt-externen Anleitungen. Usability erstreckt sich aber nicht nur auf unterstützende Hilfe, sondern auch auf Informationen, die für sich selbst eigenständige Produkte (hier: Informationsprodukte) darstellen. Nehmen wir als Beispiel eine Dokumentations-App oder eine Service-App auf mobilen Geräten. Derartige Applikationen müssen ebenso wie Software, Apps und Web ebenfalls den Ansprüchen an Usability genügen.

Wer hat an diesem Buch mitgewirkt?

In der heutigen Informationsflut als Einzelautorin ein Buch zu verfassen, gelingt nur, wenn mehrere Fachleute ihr Spezialwissen beitragen. Dankenswerterweise haben erfahrene Experten Statements zu unterschiedlichen Themen beigesteuert. Dies sind:

Magali Baumgartner, Coperion GmbH

Marlis Friedl, Technikredakteurin

Sebastian Goldstein, USEYE

Professor Wolfgang Henseler, Sensory-Minds GmbH

Sabina Hitzler und Andrea Gocke, SAP SE

Anne Schäfer, SchäferStolz – Technical Content Design

Markus Steinhauser, Testbirds GmbH

Sebastian Syperek, car2go Group GmbH

Weiterhin ermöglichten die Vertreter der Firmen mit ihrer Zustimmung zur Veröffentlichung von Fallstudien und Anwendungsbeispielen in diesem Buch Praxisnähe.

Das Fachlektorat übernahmen die beiden Dokumentations-Experten Prof. Dr.-Ing. Ulrich Thiele und Petra Thiemann M.A. Auf den benutzerorientierten Prüfstand der Verständlichkeit stellte Dipl.-Ing. Jürgen Schneider das Buch. Bei den Recherchen unterstützte Kirsten Allerdt-Stoll und bei der Gestaltung der Infografiken Beatrice Hibler, beide vom Studiengang Technische Redaktion und Kommunikation an der Hochschule München. Die Idee für das Titelbild stammt von Christoph Amann und Miriam Gaissmaier.

Schließlich gab der Chefredakteur von Publicis Publishing, Herr Dr. Gerhard Seitfudem, bei den vielfältigen „Use Cases“ des Entstehungsprozesses des Buchs willkommene Hilfestellung.

Ich danke allen Mitwirkenden herzlich für ihr tolles Engagement!

Prof. Dr. Gertrud Grünwied Dezember 2016, München / Neu-Ulm

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1  Zum Einstieg

2  Digitalisierung

2.1  Produkte 4.0

2.1.1  Digitales Zeitalter

2.1.2  Cyber-physikalische Systeme (CPS) und Internet der Dinge (IoT)

2.1.3  Selbstbedienungssysteme (Self-Service)

2.1.4  Mobilgeräte und Apps

2.1.5  Wearables – ständige Wegbegleiter

2.1.6  Digitale Transformation

2.2  Anleitungen 4.0

2.2.1  Smarte Information

2.2.2  Digitale Informationsmedien

2.2.3  Lesestrategien Skimming und Scanning

2.2.4  Studie: Anleitungen als Instrument zur Nutzung unbekannter Funktionen

3  Usability

3.1  Stellenwert von Usability in der Digitalisierung

3.2  Utility, Usability und multimodale Attraktivität

3.3  Zugriffsverfahren für die Benutzerassistenz

3.4  Usability in der Firmenpraxis (Styleguides)

3.5  Vorgaben und Ausführungsbeispiele

3.5.1  Normenreihe für Usability (ISO 9241)

3.5.2  Gestaltung von Software und Systemen

3.5.3  Eingabe- und Anzeigeperipherie interaktiver Systeme

3.5.4  Rechtliche und normative Aspekte zur Usability von Anleitungen

4  Prozesse und Planung

4.1  Nutzerorientierte Prozessmodelle

4.1.1  Prozess-Normen zur menschzentrierten Gestaltung

4.1.2  User-Centered Design für Benutzerinformationen

4.2  Integration in bestehende Entwicklungsprozesse

4.2.1  Phasen der Informationsentwicklung

4.2.2  Agile Entwicklung

4.3  Projektsteuerung mit Kanban

4.4  Usability-Methoden und Techniken

4.4.1  Übersicht und Kurzbeschreibungen

4.4.2  Methoden für die nutzerzentrierten Entwicklungsphasen

4.4.3  Testobjekt und Wahl der Methode

5  Nutzer- und Nutzungsforschung

5.1  Überblick der Methoden

5.2  Befragungen: Interviews und Umfragen im Vergleich

5.3  Benutzerumfragen mit Fragebogen

5.4  Benutzertagebuch

5.5  Persona

5.6  Use Cases (Nutzungsszenarien)

5.7  Wettbewerbsanalyse

6  Gestaltung

6.1  Überblick der Methoden

6.2  Wer-macht-was-Matrix

6.3  Card Sorting/Wording

6.4  Prototyping (Konzepttest)

7  Evaluation

7.1  Überblick der Methoden

7.2  Vergleich: Evaluation durch Experten oder Benutzer

7.3  Usability-Test

7.4  Vergleich: Labortest oder Remote-Test

7.5  Befragungen: Fragebögen zur Evaluation

7.6  Befragungen: Interviews nach Usability-Tests

7.7  Expertenevaluation

8  Anwenden der Methoden

8.1  Referenzbeispiel Pulsuhr

8.2  Empfehlungen zum Methoden-Mix

8.2.1  Beispiel 1: Neues Produkt in einem Wettbewerbsmarkt

8.2.2  Beispiel 2: Neuartiges Produkt oder Anleitung

8.2.3  Beispiel 3: Relaunch eines Produkts bzw. einer Anleitung

8.3  Wirtschaftlichkeitsbetrachtung

8.3.1  Kosten und Nutzen von Usability

8.3.2  Übersicht über den Aufwand und benötigte Ressourcen je Methode

8.3.3  Externe Dienstleister und Hochschulforschung

8.3.4  Kostenstrukturen bei Usability-Methoden

9  Fallstudien

9.1  Driver’s Guide Apps (BMW Group)

9.2  Video-Tutorials für Imaging Software (Zeiss Microscopy)

9.3  Self-Service-Beratung im Web (Hochschule München)

10  Anhang

10.1  Software-Tools

10.2  Normen

10.3  Literatur

Endnoten

1 Zum Einstieg

Für wen ist das Buch gedacht?

Das Buch bewegt sich „zwischen“ verschiedenen Fachdisziplinen. Durch seine ganzheitliche Sichtweise auf Usability von Produkt und Anleitung lässt es sich nicht einer einzelnen Fachrichtung zuordnen. Stattdessen darf der Leser sich einer interdisziplinären Denkweise annähern und profitiert von den sich daraus ergebenden Synergien.

Das Buch richtet sich primär an die verschiedenen Entwickler: Entwickler im Technik- und IT-Bereich sowie Technische Redakteure (hier: Informationsentwickler). Meiner Erfahrung nach ist bei diesen Berufsgruppen das Thema Usability noch nicht selbstverständlich und nicht überall im Arbeitsalltag angekommen.

Daneben gibt es weitere Fachdisziplinen, die Berührungspunkte zur Usability haben und von den Inhalten des Buchs profitieren können:

Produktverantwortliche

Das Buch gibt ihnen Impulse, ihren Produkten eine strategische Ausrichtung hin zu mehr Benutzerorientierung zu geben und Usability als Erfolgsfaktor zu erkennen.

Mitarbeiter im Kundenservice und Support

Der Kundenservice ist häufig mit Bedienproblemen konfrontiert. Diese Gruppe kann die Usability-Probleme der Benutzer besser einordnen und unternehmensintern wichtige Rückmeldungen geben, die zu verbesserter Usability führen.

Designer

Designer, insbesondere Interaktionsdesigner und Informationsdesigner, sind mit Themen zu Usability und User Experience vertraut. Dieses Buch gibt für User Interfaces digitaler Produkte keine Design-Empfehlungen, die man zahlreich in aktueller Fachliteratur findet, wie bei Semler (2016), Schilling (2016), Moser (2012) oder Florin (2015). Da Designer häufig bereits eine feste Rolle im Prozess des User-Centered Design einnehmen, kann das Buch für sie die speziellen Herausforderungen, vor denen Informationsentwickler stehen, noch deutlicher machen.

Usability-Experten

Hier gilt ähnliches wie für Designer. Selbstverständlich sind sie bereits in die Prozesse der benutzerorientierten Entwicklung involviert und prägen diese maßgeblich. Auch sie sollen von den anleitungsrelevanten und ganzheitlichen Usability-Aspekten dieses Buchs profitieren.

Usability-Pyramide und Wegweiser durch das Buch

Was bedeutet Usability von Produkten und Anleitungen im digitalen Zeitalter? Dieser komplexen Fragestellung nähert man sich, wenn man erkennt, dass Digitalisierung, Usability-Ziele, Prozesse und Methoden wie Bausteine aufeinander aufbauen und unmittelbar voneinander abhängen (siehe Bild 1). Die einzelnen Bausteine sind in diesem Buch kapitelweise beschrieben.

Bild 1  Usability-Pyramide im Zeitalter der Digitalisierung

Wie baut sich die Usability-Pyramide auf?

Das Fundament bilden die smarten Produkte und smarten Anleitungen aus dem Zeitalter der Digitalisierung (

Kapitel 2

).

Darauf aufbauend ist es notwendig, Usability-Ziele für die Gestaltung und Benutzerführung der 4.0-Produkte und Anleitungen zu definieren (

Kapitel 3

). Die Usability-Anforderungen haben sich in der digitalen Welt geändert: Ein Mehr an autonom agierenden Produkten bedingt ein Weniger an Komplexität für den Benutzer und damit auch ein Weniger an Anleitungen. Dieses Weniger hat gleichzeitig neue Eigenschaften wie etwa Kontextualität, Medialität und Konnektivität.

Usability-Prozesse sind Vorgehensmodelle (

Kapitel 4

), mit denen das Ziel einer guten Usability von Produkten und Anleitungen erreicht werden kann. Zu diesen Prozessen gehört auch die Planung, wie die Auswahl der jeweils geeigneten Usability-Methoden.

Zur praktischen Umsetzung der Prozesse gibt es standardisierte Usability-Methoden. Der Fokus liegt auf Methoden im Anwendungsfall der Digitalisierung sowie im Zusammenspiel zwischen Produkt und Anleitung. Der Einsatz der einzelnen Methoden richtet sich nach den verschiedenen Phasen der Produktentwicklung. Unterschieden werden die 3 Phasen Nutzer- und Nutzungsanalyse (

Kapitel 5

), Gestaltung (

Kapitel 6

) und Evaluation (

Kapitel 7

). Ein Referenzbeispiel, gängige Methoden-Kombinationen und die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung von Usability-Maßnahmen zeigen, wie die Methoden in der Praxis angewandt werden (

Kapitel 8

).

Im Anschluss zeigen Fallstudien, wie die Usability-Pyramide umgesetzt werden kann (Kapitel 9). Die Best-Practice-Beispiele gehen von verschiedenen digitalen Produkten aus, stellen konkrete Usability-Ziele vor, definieren Vorgehensweisen und schildern den Methodeneinsatz.

Der Anhang informiert über Software-Tools zur Unterstützung der Prozesse und Methoden. Weiterhin werden darin die derzeitigen Normen und Standards sowie einschlägige Literatur aufgeführt.

Abgrenzung zu User Experience

An dieser Stelle sei kurz erläutert, warum sich dieses Buch auf Usability und nicht auf die derzeit stark aufkeimende User Experience fokussiert. In der Usability ist neben den pragmatischen Konzepten der Effizienz, Effektivität und des Nutzungskontexts auch die Zufriedenstellung des Nutzers postuliert. Bei dem Maß der Zufriedenstellung ergibt sich eine erste Überlappung zur User Experience. User Experience konzentriert sich dabei jedoch mehr auf die individuellen Vorlieben, Sinneswahrnehmungen und Emotionen, die sich vor, während und nach der Nutzung ergeben. Anleitungen haben typischerweise ihren unterstützenden Haupteinsatzbereich während der Produktnutzung im Zusammenhang mit optimalen Vorgehensweisen und Problemlösungen. Welchen Beitrag die Anleitungen für eine gelungene User Experience haben, ist derzeit noch nicht in Ansätzen erforscht: Hier herrscht noch ein konzeptionelles Vakuum.

Aber auch allgemein ist User Experience derzeit von unterschiedlichen Ansätzen und Modellen aus der Psychologie und Emotionsforschung geprägt und befindet sich noch in der Definitionsphase. Normativ gibt es in der ISO 9241 in den Teilen 11 und 210 erste Annäherungen an das Konstrukt der User Experience. Der Aspekt der User Experience wird in diesem Buch daher nur punktuell an Stellen angesprochen, die wissenschaftlich erprobt sind.

Sprache und Stil

Wenn von Benutzern, Entwicklern und Experten die Rede ist, sind selbstverständlich auch die Benutzerinnen, Entwicklerinnen und Expertinnen gemeint.

Auf sprachlicher Ebene verwendet das Buch allgemein verständliche Begriffe. Bewusst wird nicht der Fachjargon von Entwicklern, Technischen Redakteuren oder Usability-Experten verwendet.

Eine Anmerkung speziell für Technische Redakteure, um (vorherzusehender) Kritik an terminologischer Inkonsistenz vorzubeugen. In der Technischen Kommunikation lauten schließlich zwei „goldene Regeln“:

Verwende immer die selbe Benennung für das gleiche Ding!

Verwende verschiedene Benennungen für verschiedene Dinge!

Diese Regeln sind in diesem Fachbuch nicht eingehalten. Grund: In der Usability-Literatur finden verschiedene Begriffe Verwendung und je nach Kontext eignen sich die Begriffe unterschiedlich gut. So sind etwa Benutzer, Anwender, User und Nutzer gleichbedeutend. Synonym zueinander stehen Testperson, Proband und Tester. Designer werden auch als Mediengestalter bezeichnet, technische Redakteure als Informationsentwickler und deren Arbeitsergebnisse als Benutzerinformationen, Informationsprodukte oder Anleitungen.

2 Digitalisierung

„Die Lebenskraft eines Zeitalters liegt nicht in seiner Ernte, sondern in seiner Aussaat.“

Ludwig Börne (Journalist und Kritiker)

2.1 Produkte 4.0

2.1.1 Digitales Zeitalter

Digital, offen, vernetzt & smart! Mit diesen Buzzwords lässt sich die Digitalisierung und Vernetzung der Lebensbereiche („Connected Life“) beschreiben. „Smart“ steht für die automatisierte Bedienung von verschiedenen Geräten und Services. In diese Rubrik fallen Konzepte wie Smart Services, Smart Mobility, Smart Home oder Smart Factory. Ein anderer zentraler Begriff ist „4.0“, wie Industrie 4.0, Produkte 4.0 oder User Experience 4.0. „4.0“ steht für die 4. Technische Revolution, die bedeutet, dass Maschinen mit Maschinen kommunizieren.

Die seit Ende des 18. Jahrhunderts fortschreitende Industrielle Revolution lässt sich in mehrere Stufen unterteilen (siehe Bild 2). Die bis heute andauernde 3. Industrielle Revolution der Informatisierung steht für den Einsatz von Elektronik und IT zur weiteren Automatisierung der Produktion. Mit der zunehmenden Digitalisierung durch eingebettete Systeme in Verbindung mit Netzen beginnt derzeit die neue und 4. Stufe der Industrialisierung. Vom Beginn der Industrialisierung bis heute hat der Grad der Komplexität stets zugenommen. Der Wandel von der Industrie- zur Wissens- und Kommunikationsgesellschaft erfordert daher den Umgang mit komplexen Systemen.

Bild 2  Die 4 Stufen der Industriellen Revolution (Eigene Bearbeitung, nach Forschungsunion/acatech 1)

Ein Merkmal des ständigen Fortschreitens zeichnet sich in disruptiven Technologie-Innovationen ab. Dabei handelt es sich um Techniken und Technologien, die andere vom Markt verdrängen. Ein Beispiel sind die Automobile, welche die Pferdekutschen ablösten. In Zukunft werden vielleicht die Kraftfahrzeuge mit Verbrennungsmotoren von Elektroautos verdrängt. Oder: Private Mobiltelefone haben die öffentlichen Telefonzellen zum Verschwinden gebracht. Das digitale Zeitalter ist besonders geprägt von disruptiven Technologien. Nie zuvor war so viel Innovation in so kurzer Zeit möglich.

Das Zeitalter der Digitalisierung hat technisch-technologisch betrachtet mehrere Triebfedern. Eine Schlüsselfunktion nimmt die Sensorik und Aktorikvon Geräten und Maschinen ein (siehe Textbox „Aktorik und Sensorik in zukünftigen Produkten des Internets der Dinge“). Sensoren sind technische Bauteile, die qualitative Eigenschaften und quantitative Messgrößen erfassen, sammeln und als elektrische Signale weitergeben. Die Weiterentwicklung der Sensorik führt zu einer verbesserten Erkennung der Eigenschaften von Mensch und Umfeld durch technische Erfassungssysteme. Sensoren können die Zustände von Geräten erfassen, und Aktoren sind für die Ausführung von Aktionen zuständig. So stecken z. B. Smartphones voller Sensoren, wie etwa Barometer zur Luftdruckmessung, Helligkeitssensoren zur Displayanpassung oder Fingerabdrucksensoren zur Erkennung von Nutzungsberechtigten. Zu den Aktoren in einem Smartphone gehören etwa Lautsprecher, LED-Blitz oder Vibrationsalarm.

Die technologischen Grundlagen für das digitale Zeitalter sind bereits seit Längerem vorhanden und erfahren eine stetige Weiterentwicklung und Vernetzung. Technologisch gesehen lässt sich die Digitalisierung daher eher als Evolution einstufen, denn als Revolution.

Aktorik und Sensorik in zukünftigen Produkten des Internets der Dinge

Durch den Einzug des Internets der Dinge (IoT) mit seinen konnektierten und smarten Produkten in allen Bereichen unseres Lebens werden die beiden Bereiche „Sensorik“ und „Aktorik“ immer relevanter. Sie bilden die Basis dafür, dass alle „Dinge“ untereinander kommunizieren und interagieren können.

Unter „Sensorik“ werden hierbei alle technologischen, umweltbezogenen oder biologischen Wahrnehmungskanäle verstanden, die ein Objekt besitzt, um seine Umwelt zu erfassen – also Sensoren plus Wahrnehmungskompetenz.

Bei einem selbstfahrenden Auto sind dies u a. Infrarot-, Ultraschall- und Radarsensoren, Kameras, auditive Sensoren zur Geräuschwahrnehmung etc. Analog zu den Wahrnehmungsorganen des Menschen, der mit seinen Augen, Ohren, Händen, Haut, Nase, Mund und den darin befindlichen Rezeptorzellen seine Umwelt multimodal wahrnimmt, erlauben die Sinnessensoren der IoT-Produkte eine vielschichtige Erkennung der Umwelt, die mittels Interpretationssoftware analysiert und interpretiert wird.

In der Regel besitzen die neuen technologischen Systeme (IoT-Produkte) aber nicht nur Sensoren zur Erfassung ihrer Umwelt, sondern auch eine digitale Handlungs- und Steuerungselektronik sowie Aktoren, um (autonom) handeln zu können.

Die Aktoren sind in diesen Systemen jene Komponenten, die eine aktive Rolle übernehmen, z. B. Antriebselemente. Der Aktorik kommt somit die Aufgabe zu, digitale Ausgangssignale des Steuerungscomputers in mechanische oder physikalische Aktivitäten umzusetzen.

Durch den technologischen Fortschritt und die damit einhergehende Miniaturisierung sind die Aktoren mittlerweile so klein geworden, dass sie häufig mit dem menschlichen Auge kaum mehr wahrnehmbar sind bzw. so mit dem Produkt verschmelzen, dass sie diesem inhärent sind. Sogenannte Wearables – Kleidungsstücke mit Computertechnologie – sind gute Beispiele hierfür. Hier sind die Aktoren bereits in der Stofffaser selbst eingebettet und können von außen nicht wahrgenommen werden. Sie dienen dann beispielsweise dazu, eine Faser im Millisekundenbereich zu versteifen, um bei einem Unfall besseren Schutz für den Träger zu schaffen. Levis und Google

2

haben solch eine smarte Jeansjacke für Rad- und Motoradfahrer entwickelt, deren Fasern sich im Falle eines drohenden Zusammenstoßes zusammenziehen können, um so eine „Schutzhaut“ wie bei einem Airbag zu bilden. Hierzu wurden Google’s Jacquard-Fasern

3

in den Jeansstoff eingewebt. Sie bilden nunmehr im Zusammenspiel mit den eingewobenen Sensoren und der implementierten Handlungs- und Kommunikationslogik ein typisches IoT-Produkt..

Professor Wolfgang Henseler, Creative Managing Director, Sensory-Minds GmbH,

www.sensory-minds.com

2.1.2 Cyber-physikalische Systeme (CPS) und Internet der Dinge (IoT)

Zunehmende Digitalisierung bedeutet, dass die physikalische Welt (die Geräte) und die virtuelle Welt (der Cyberspace) miteinander verschmelzen. Ausprägungen dieser Entwicklung sind vor allem zwei miteinander verwandte Systeme, die die digitale Gegenwart und Zukunft prägen:

Cyber-physikalische Systeme (kurz: CPS)

Das „Internet der Dinge und Dienste“ (englisch: Internet of Things, kurz: IoT)

Bei CPS handelt es sich um verbundene Informations- oder Software-Komponenten mit mechanischen und elektronischen Teilen. Die Vernetzung zwischen den eingebetteten Systemen wird über eine Daten-Infrastruktur, wie etwa das Internet oder Bussysteme, hergestellt. Mit anderen Worten: Computer, Chips, Internet, Smartphones etc. „unterhalten“ sich untereinander, tauschen Daten aus und verarbeiten diese, so dass Menschen in deren Betrieb kaum oder gar nicht eingreifen müssen.

Der Begriff Internet der Dinge beschreibt die Vernetzung von digitalen Gegenständen über deren eingebettete Systeme mit dem Internet. Die herkömmlichen Gegenstände werden „smart“, also „schlau“. Beispiele reichen von smarten Kaffeemaschinen bis hin zur ferngesteuerten smarten Fabrik.

CPS bilden die übergeordnete Struktur, der das IoT als seine Ausführungstechnologie hierarchisch untergeordnet ist. Die CPS brauchen eine Anbindung an globale Netze, IoT mit seiner Internet-Verbindung ist dabei eine (von mehreren) Möglichkeiten, das zu leisten.

Die Systeme CPS und IoT weisen einen hohen Grad an Komplexität und Verteilung auf. Anwendungsfelder sind beispielsweise:

Energieversorgungsmanagement-Systeme (Stichwörter: intelligentes Stromnetz, intelligente Stromspeicher, Smart Meter)

Industrielle Prozesssteuerungs- und Automationssysteme (Stichwort: Industrie 4.0 oder „Vernetzte Industrie“)

Altersgerechte Assistenzsysteme im Gebäude (AAL)

Ein weiteres digitales Szenario, das die Notwendigkeit von nützlichen und gebrauchstauglichen Informationen besonders deutlich macht, ist Predictive Maintenance, auf Deutsch „vorausschauende Wartung“. Der Service und die Fehlersuche sind in derartigen digitalen Systemen erheblich abstrakter als die reine Bedienung. Daher muss die Usability in solchen Systemen besonders berücksichtigt werden, damit die Stillstandszeit reduziert wird, wenn sich die Maschinen nicht mehr ordnungsgemäß unterhalten. Beispiel: Die Fehlersuche in vernetzten CPS ist hochkomplex, daher muss der Techniker in besonderer Weise bei den Service-Anleitungen unterstützt werden. Ein Service-Handbuch von 3.000 Seiten ist hier nicht effektiv! Der Techniker muss vielmehr die richtige Information schnell finden, oder besser: dorthin geführt werden. Zugleich muss die Entwicklung viel mehr als bisher in die Dokumentation der Fehler investieren. Industrie 4.0 und Predictive Maintenance sind damit eindringliche Fälle für fortgeschrittenes Usability-Design und High-Usability-Anleitungen.

Die Anwendungsbereiche für das Internet der Dinge sind vielseitig und berühren sämtliche Lebensbereiche wie Wohnen, Arbeiten, Lernen, Mobilität und Gesundheit. Die smarten Produkte werden in der Regel per Smartphone-Applikationen unter Auswertung der Gerätezustände gesteuert (siehe auch Textbox „Digitale Verbindungen zur Anbindung von Smart Devices in IoT“). Die von den Sensoren, Geräten und Apps gesammelten Daten werden in der Cloud abgelegt und können so untereinander ausgetauscht werden (Bild 3).

Bild 3  Globales Schema vom Internet der Dinge (IoT)

Digitale Verbindungen zur Anbindung von Smart Devices in IoT

Smart Devices haben keine direkte Verbindung in das Internet. Die Verbindung wird entweder über einen Router bzw. Access Point, über ein Smartphone oder über eine LAN-Verbindung (meist im industriellen Umfeld) hergestellt. Die Kommunikation mit dem Smartphone kann über einen Hotspot, also ein lokal aufgespanntes WLAN, über Bluetooth oder über RFID (NFC – Near Field Communication) stattfinden. Beispiel: Eine digitale Personenwaage kann per Bluetooth mit einer App auf dem Smartphone kommunizieren, das dann die gemessenen Daten als Relaisstation per Funk ans Internet weitergibt.

Das Smartphone kann über Apps die von den Smart Devices gewonnenen (emittierten) Daten sammeln und auswerten sowie die Devices steuern. Das Sammeln, Analysieren und Verarbeiten von umfangreichen digitalen Datenmengen wird als „Big Data“ bezeichnet und etwa von Suchmaschinen, Apps und IT-Anwendungen angewendet.

Beispielszenarien für smarte Produkte sind:

Smart Home

Ein Bewohner kann von unterwegs über eine App auf dem Smartphone die Heizungstemperatur im Haus ablesen und steuern. Die Steuerung lässt sich dabei so konfigurieren, dass sie vom aktuellen Standort des Bewohners gesteuert wird und dabei gleichzeitig Heizkosten spart. Dies geschieht so: Die Heizung regelt automatisch herunter, wenn alle Bewohner das Haus verlassen haben, und heizt rechtzeitig auf, bevor der erste wieder nach Hause kommt. Zusätzlich lässt sich von überall die Kontrolle über die Heizung per App steuern. Im 4.0-Szenario kann zudem aus dem programmierbaren Thermostat ein smarter, selbstlernender Thermostat werden. Dieser Thermostat merkt sich die Einstellung in der integrierten Speichereinheit und lernt die Bedürfnisse der Bewohner kontinuierlich dazu. Der Aufwand für das manuelle Einstellen wird dadurch nach und nach geringer. Sogar CO

2

-Gehalt und Feuchte der Raumluft lassen sich so steuern.

Auf Reisen

Ein Beispiel im Internet der Dinge für unterwegs ist der „vernetzte Koffer“. Ein in den Koffer integrierter, wieder aufladbarer Akku kann die mobilen Geräte laden. Über eine Smartphone-App kann sich der Koffer über eine im Handgriff eingebaute digitale Waage selber wiegen oder per Fernsteuerung ent- und verriegeln. Zwischen dem Smartphone und dem Koffer besteht eine ständige Bluetooth-Verbindung. Sobald diese Verbindung unterbrochen ist, weil sich der Besitzer zu weit vom Koffer entfernt, wird dieser automatisch verriegelt. Dieses und weitere smarte Produkte wurden von Buzzfeed zum „Most Life-Changing Product 2014“ gewählt.

4

Ständige Wegbegleiter

Zu IoT zählen auch miniaturisierte Computer, so genannte Wearables, also am Körper oder an der Kleidung tragbare computerisierte Gegenstände. Für den Menschen sind die Wearables kaum als Computer erkennbar.

Fokus auf Usability bei 4.0-Produkten

Im Jahr 2015 gab es knapp 4,9 Milliarden verbundene Geräte, für 2020 prognostizieren die Analysten 25 Milliarden Geräte. Angesichts dieser immensen Zahlen müssen Usability und die digitale Information im Vordergrund stehen, um die Geräte effektiv nutzen zu können.

Für Usability-Tests von IoT-Produkten bedeutet dies, stets beide Komponenten – das Gerät und die Applikation, jeweils mit Anleitungen – zu testen. Die Testpersonen brauchen also im Labor oder zu Hause das Gerät wie auch die App.

Internet der Dienste

Aufbauend auf dem Internet der Dinge ist ein nächster Schritt der Entwicklung das Internet der Dienste. Dabei ergänzen sich Softwarelösungen von Unternehmen mit innovativen Geschäftsmodellen, die wiederum auf dem Internet basieren. Die ausgelesenen Informationen werden hierbei über verschiedene Rechner direkt verarbeitet und nutzen Internet-basierte Dienste.

Es gibt viele Beispiele, wie Services von Herstellern in Kombination mit smarten Geräten einbezogen werden können. Dabei kann der Service den menschlichen Eingriff sogar in den Hintergrund drängen. Ein solches Beispiel ist ein Bürostuhl, der nicht wie herkömmlich vom Nutzer selbst eingestellt wird, der wiederum selten Kenntnisse über ergonomisches Sitzen hat.5 Im smarten Bürostuhl sind Sensoren eingebaut, die die Abmessungen und andere Größen des Nutzers erfassen. Der im Stuhl eingebettete Computer ist mit einem Service des Herstellers im Internet verbunden, der die Maße auswertet und verbesserte Einstellungen ermittelt. Diese lassen sich über die entsprechenden Stellteile am Stuhl vornehmen.

Ziele der digitalen Vernetzung

Das „Internet der Dinge und Dienste“ hat das Ziel, die Menschen bei ihren typischen Tätigkeiten zu unterstützen. Es soll Lebensqualität, Komfort und Sicherheit im täglichen Leben steigern. Aber auch Unterhaltung und Spaß sind treibende Faktoren für die Entwicklung der 4.0-Produkte. Das allgegenwärtige Internet und die eingebetteten Systeme nehmen längst auch einen wichtigen Einfluss auf die industriellen Prozesse von Produktion und Logistik.

So kann zum Beispiel eine 3D-Datenbrille im Produktionsprozess einen Montagearbeiter situationsabhängig mit Informationen versorgen. Dazu scannen die Kameras an den 3D-Brillen die auf technischen Komponenten angebrachten Barcodes. Die Informationen werden auf dem Brillendisplay als Text, Bild, Videofilm oder Höranleitung präsentiert. Der Montagearbeiter selbst gibt an meist mobilen Geräten Daten ein – über Tasten, Sprache und Gesten.

Der Vorteil einer Datenbrille ist die dadurch verbesserte Ergonomie der Arbeitssituation, da sich die Informationen unmittelbar im Sichtfeld des Arbeiters befinden und er sich beispielsweise nicht zu einem Monitor hindrehen oder hinbewegen muss. Ausserdem bleibt ihm das Transportieren von Blättern in umfangreichen Montageanleitungen erspart.

Checkliste – CPS und IoT

Die smarten Geräte sind nutzen- und nutzerzentriert.

Über Sensorik, Aktorik und Software (Embedded System) sind sie autonom agierend, predictive, selbstkontrollierend und über die Cloud konnektiert.

Konfiguration und Steuerung geschieht häufig über Smartphones.

Smarte Geräte sind situativ relevant.

2.1.3 Selbstbedienungssysteme (Self-Service)

Selbstständig das Gepäck am Flughafen aufgeben, Fahrkarten lösen, an der Kasse die Einkaufsware zahlen oder sich an einem Info-Terminal über die Sehenswürdigkeiten einer Stadt informieren, all das erfolgt heute zunehmend mit Hilfe von Automaten. Wo früher noch Servicepersonal die Vorgänge für die Kunden abwickelte, stehen heute Selbstbedienungs-Automaten. Aber nicht nur Automaten bieten Self-Service an, auch bei den Services etablieren sich zunehmend Self-Service-Angebote. Hierbei kann es sich um einen Sprachcomputer am Telefon handeln, beispielsweise bei Callcentern von Banken oder Mobilfunkgesellschaften, um einen ins Internet verlegten Kundenservice oder um eine mobile Service-App.

Self-Services liegen also im Trend; sie steigern die Kundenbindung im Zeitalter der Digitalisierung. Bei Self-Services steht nicht die direkte Beziehung zwischen Kunde und Unternehmen im Vordergrund, sondern die Technologie als Vermittler dazwischen. Sie bringt den Kunden dazu, Beratungsanliegen oder Käufe eigenständig auszuführen. Ein Mehrwert für das Unternehmen dabei ist: Die Anliegen der Kunden werden durch Kunden-Feedback sichtbar. So kann das Feedback, in der Regel über Chats, Blogs oder Bewertungen, zur Verbesserung von Produkten und Dienstleistungen beitragen.

Self-Services und ihre Akzeptanz beim Nutzer

Self-Services sind nach einer empirischen Zürcher Forschungsstudie mit 275 Studierenden6 intelligent, wenn sie individuell und passgenau, nützlich und einfach sowie sicher sind. Sicherheit ist für die jungen Befragten der Studie essenziell. Self-Service im Internet und über Apps wie auch Selbstbedienungs-Automaten haben demnach bei den befragten 21- bis 26-jährigen Digital Natives ein sehr gutes Image, lediglich Telefonhotlines mit Computerstimme kommen gar nicht gut an.

Laut einer Marktstudie von Detecom Consulting von 2014 7 bilden Self-Services die „strategische Brücke“, um die wirtschaftlichen Herausforderungen des Markts (Kostendruck!) über einfache und schnelle Services zu verbinden. Zudem müssen die Services auch von den anspruchsvollen Kunden akzeptiert werden. Als wichtigste Eigenschaften von guten Self-Services werden eine gute Bedienbarkeit und Stabilität der Dienste genannt. Die Prozesse sollten

so transparent und nutzerfreundlich wie möglich gestaltet und

idealerweise in maximal drei bis fünf Schritten abgeschlossen sein.

Andere wesentliche Eigenschaften sind: gute Auffindbarkeit, Wertigkeit der Information und gutes Design.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Self-Service bei der jüngeren Generation gut akzeptiert und erwünscht ist. Ein wesentliches Merkmal dieser Zielgruppe ist der natürliche, alltägliche Umgang mit digitalen Geräten. Sofern dieses Merkmal auch auf Menschen anderer Altersgruppen zutrifft, lässt sich die Aussage für die IT-affinen Menschen erweitern, unabhängig von der Altersgruppe. Eine weitere in Studien erforschte Erkenntnis ist, dass die Self-Service-Angebote eine besonders gute und einfache Bedienung (Usability) sowie eine Nützlichkeit (Utility) benötigen.

Wenn Self-Service allerdings nicht funktioniert – egal ob wegen technischer Probleme, fehlender Vertrauenswürdigkeit, zu langer Wartezeit am Servicetelefon oder Bedienschwierigkeiten – führt dies zu einer Frustration der Kunden. Hierbei ist es für die Unternehmen besonders wichtig, dass sie davon in Kenntnis gesetzt werden. Feedback-Möglichkeiten oder im Bedarfsfall zur Verfügung stehendes (menschliches) Personal sollten daher gezielt geplant werden.

An mehreren Beispielen sollen nun die besonderen Herausforderungen der Selbstbedienungssysteme erläutert werden.

Anwendungsbeispiele

Self-Service-Automaten am Flughafen

Gerade am Flughafen sind in den letzten Jahren neue Self-Service-Angebote entstanden, die eine schnellere Abwicklung von Gepäckaufgabe und Check-in bewirken sollen (Bild 4). Bei der Gepäckabgabe genügt es, das Gepäckstück auf das Band zu stellen und den Barcode der Bordkarte auf den Scanner am Automaten zu legen. Der Gepäckautomat druckt daraufhin einen selbstklebenden Anhänger aus. Nachdem der Fluggast diesen am Gepäck befestigt hat, transportiert der Automat das Gepäckstück auf dem Förderband weiter und der Fluggast erhält abschließend eine gedruckte Quittung. Die Anleitung zu den einzelnen Bedienschritten wird auf dem Display des Automaten angezeigt.

Bild 4  Self-Service bei Gepäckaufgabe am Flughafen (Quelle: Hamburg Airport 8)

Service auf verschiedenen Kanälen

Moderner Self-Service kann nicht nur aus einem einzigen Service bestehen, sondern auch aus einem Spektrum der Serviceangebote, verteilt auf verschiedene Kommunikationskanäle. Man bezeichnet diese Strategie auch als „Multikanal“ oder „Multichannel“. Multichannel ist nicht nur im Self-Service oder allgemein im Service verbreitet, sondern vor allem im Marketing und Vertrieb. Per Multikanal-Dienst bietet das Unternehmen seinen Kunden an, über verschiedene Wege mit dem Anbieter oder dem Serviceangebot in Kontakt zu treten und Geschäfte abzuwickeln.

Ein Beispiel stellt das Spektrum der Vertriebswege beim Fahrausweis-Kauf bei der Bahn dar. Die Reisenden können die Fahrausweise über mehrere Vertriebswege kaufen: Fahrausweis-Kauf am Schalter oder über Self-Service-Möglichkeiten im Internet, am Automaten oder per Smartphone. Die Vertriebswege orientieren sich dabei an verschiedenen Situationen, verschiedenen Benutzerbedürfnissen sowie verschiedenen technischen Kompetenzgraden und Ausstattungen der Benutzergruppen. Grünwied & Schäfer führen die Kaufmöglichkeiten der „Nahezu Jeder“-Zielgruppe am Beispiel der Deutschen Bahn AG 9 aus:

Fahrausweis-Kauf am Schalter

Eignet sich für beratungsintensiven Kartenkauf mit eventuellen Zusatzleistungen oder Sonderwünschen, bei denen auch Fachbegriffe umschrieben werden können (auch in mehreren Sprachen, da am Schalter mehrsprachiges Personal zur Verfügung steht). Längere Wartezeit ist einzuplanen. Geeignet für Menschen, die keine Self-Service-Angebote nutzen möchten oder können.

Fahrausweis-Kauf im Internet

Orts- und zeitunabhängiger Kauf, der Fahrausweis kann vorab ausgedruckt oder als 2D-Matrixcode auf ein Mobiltelefon mit MMS-Fähigkeit gesendet werden.

Fahrausweis-Kauf am Automat im Bahnhof

Sehr schnelle Möglichkeit des Kaufs, mit kurzer oder keiner Wartezeit, mehrsprachig. Die Bedienbarkeit des Automaten wurde in den letzten Jahren wiederholt optimiert, sie muss jedoch erlernt werden und Neulinge müssen etwas Zeit einplanen oder Servicepersonal zum Erklären bitten.

Fahrausweis-Kauf per Smartphone

Orts- und zeitunabhängiger Kauf, auch unterwegs ohne Rechner, mit Vorwissen sehr schnell durchführbar.

Die Bedeutung von Multikanal-Management und Multikanal-Nutzersicht betont auch das Verbundprojekt „Future Self Service“ 10 verschiedener Unternehmen in Kooperation mit Fraunhofer IAO (2014-2016): Effizientes Management von Self-Service-Angeboten ist demnach, wenn der Kundenbedarf kontextabhängig mit entsprechenden neuen Produkten und Diensten gedeckt werden kann. Dabei geht es vor allem darum, Self-Service-Prozesse auf verschiedenen Kanälen (Automat, Internet etc.) anzubieten und diese für den Nutzer konsistent zu gestalten. Nur durchgängige Abwicklungsprozesse sind leicht erlernbar, merkbar und rasch wiederholbar, egal auf welchem Kanal. Das Projekt geht noch einen Schritt weiter in Richtung Nutzerzentrierung und beschäftigt sich mit branchenübergreifenden Konzepten der Kundeninteraktion, individueller Kundenansprache, digitaler Identität und standortbezogenen Diensten.

Zum Weiterlesen in diesem Buch: In der Fallstudie Self-Service Online-Studienberatung (siehe Kapitel 9.3 „Self-Service-Beratung im Web (Hochschule München)“) geht es um komplexe Beratungsanliegen von Studieninteressenten und Studierenden. In solchen Fällen genügen rein automatisierte Prozesse nicht und ein optionaler, persönlicher Beratungsservice, z. B. über Telefon, Chat oder Vor-Ort-Termin, ist wichtig. Reindl und Weiß schildern im e-beratungsjournal, moderne Studienberatung funktioniere daher am besten als hybride Beratungsform für Studierende und Studieninteressenten.11 Die persönliche Beratung kann dabei bevorzugt durch Studierende selbst als Peer-Berater oder durch professionell ausgebildete Studienberater den vielfältigen Informations- und Beratungsbedarf abdecken.

Checkliste – Selbstbedienungssysteme

Self-Services über Automaten, Internet oder mobile Apps nehmen zu.

Einfache Bedienung, Nützlichkeit und Sicherheit sind erfolgskritisch.

Multikanal-Serviceangebote müssen logisch konsistent sein.

2.1.4 Mobilgeräte und Apps

Mobilgeräte wie Smartphones oder Tablets sind im Prinzip ebenso Computer wie Desktop-Computer, Notebooks oder Laptops, werden aber von Nutzern nicht als Computer wahrgenommen. Dies liegt daran, dass weder langwierige Bootvorgänge notwendig sind, noch Dateien mühsam im Dateisystem gesucht werden müssen. Die mobilen Geräte begleiten ihre Nutzer zudem ständig im Alltag („always on“) und deren intuitive Bedienkonzepte sind den Anwendern vertraut geworden. Über die Geräte ist auch das mobile Internet entstanden, bei dem die Nutzer von überall und jederzeit einen mobilen Zugriff auf das Internet haben und damit Zugang zu Kommunikationsdiensten, Plattformen, Informationen und vielem mehr.

Die Mobilgeräte haben die technische Möglichkeit, mit ihrer Umgebung in Kontakt zu treten. Dabei wird zwischen Konnektivität und Kontextualität unterschieden.12

Konnektivität

Konnektivität meint das Kommunizieren mobiler Geräte mit anderen digitalen Geräten über Mobilfunknetz, lokales Funknetz oder Nahverbindungen. Die Kommunikationsnetze müssen demnach als Voraussetzung aktiviert und verfügbar sein, und bei den Verbindungen müssen entsprechende Berechtigungen vorhanden sein. Die Konnektivität ermöglicht verschiedene Anwendungsszenarien bezogen auf die Geräte oder auch auf die Anleitungen:

Bereitstellung

von Daten und Statusinformationen eines Produkts sowie Online-Abruf von Informationen, Anleitungen oder Updates.

Rückfluss

von Daten und Informationen, die von Nutzern oder Systemen selbst an eine zentrale Stelle wie Kundendienst oder Hersteller gesendet werden. Beispiele sind die Rückmeldung von Fehlercodes eines Produkts, Tracking des Nutzungsverhaltens bei der Informationssuche oder manuelles Feedback eines Nutzers.

Weitergabe

von Daten an andere Applikationen und Services zur Vervollständigung einer Prozesskette. Beispielsweise kann bei einem Reparaturfall eine Teilenummer an ein Ersatzteilkatalogsystem gemeldet werden, das einen Bestellvorgang auslöst.

Interaktion

zwischen einer mobilen Anwendung und einem digitalen Gerät wie etwa zur Authentifizierung oder zur Fernsteuerung einer Maschine für Wartungstätigkeiten.

Kontextualität

Wenn Mobilgeräte über Sensoren und Aktoren eine Verbindung zur Umgebung aufnehmen, bezeichnet man dies als Kontextualität. Es können verschiedene Arten von Kontextualität verwendet werden, die sowohl Produktfunktionalitäten als auch Anleitungen kontextbezogen und individualisiert auf eine Nutzungssituation anwenden:

Örtlicher Kontext

– über GPS, Kompass oder Lagesensoren lassen sich Position und Blickwinkel des Nutzers des mobilen Endgeräts ermitteln. Die Standortbestimmung kann für verschiedene Dienste wie Navigation genutzt werden.

Produkt-Kontext

ist technisch realisierbar durch Einscannen von Identifikations-Codes an zu bedienenden Geräten und Maschinen und das anschließende Bereitstellen von produktspezifischen Informationen oder Daten.

Aktivitäts-Kontext

bedeutet, dass die am mobilen Endgerät getätigten Interaktionen einschließlich der Pausen ausgewertet werden können und Folge-Aktivitäten oder Hilfestellung bei längeren Wartezeiten angezeigt werden.

Anwendungs-Kontext

bezieht sich auf Merkmale oder Umgebungsbedingungen und -situationen des mobilen Endgeräts an sich. So lässt sich über Licht- oder Erschütterungssensoren feststellen, in welcher Situation ein Anwender sich befindet, und entsprechende Funktionalitäten oder Informationen können bereitgestellt werden.

Arten von Apps

Zu Beginn einer App-Entwicklung steht die Frage, welcher Ansatz verfolgt werden soll. Soll die App nativ, eine mobile Web-App oder eine Hybrid-App sein? Abhängig davon sind die Zielgruppen, die Wirtschaftlichkeit und auch die Usability. Wo sind die verschiedenen Arten verfügbar? Native Apps und Hybrid-Apps sind aus einem App Store installierbar, mobile Web-Apps sind Websites, die für Mobilgeräte optimiert sind.

Native App

Native Apps sind Anwendungen, die direkt im mobilen Betriebssystem (Android, iOS, Mac OS X und Windows) laufen und über ein App-Icon auf dem Home-Bildschirm aufgerufen werden. Sie sind damit abhängig vom Betriebssystem und können nur schwierig in ein anderes adaptiert werden (Multiplattform). Der Aufwand für eine native App ist hoch in Bezug auf Entwicklung und Updates sowie Bereitstellung auf derzeit ca. 200 verschiedenen Endgeräten bzw. Darstellungsarten auf verschiedenen Displays durch Responsive Design. Gleichzeitig lassen sich als Vorteile die User-Interface-Elemente und die Bedienweisen wie Gestenbedienung eines Betriebssystems optimal nutzen. Auch die interne Hardware wie Kamera, GPS-Modul oder Mikrofon kann bei einer nativen App genutzt werden.

Mobile Web-App

Diese Apps nutzen die Webbrowser, die auf Smartphones und Tablets installiert sind. Die Web-Technologien sind dabei in der Regel HTML5, CSS3 und JavaScript. Je besser diese Websites für Mobilgeräte angepasst sind, umso mehr ähnelt ihr Look&Feel denen nativer Apps. Die Nutzung der aus dem Web bekannten interaktiven Elemente ist möglich, das grafische User Interface des Browsers lässt sich ausblenden. Ein Vorteil besteht darin, dass eine Web-App betriebssystem- und auch geräteunabhängig entwickelt werden kann. Nachteilig bei Web-Apps wirkt sich aus, dass eine performante Internetverbindung für eine komfortable Nutzung vorhanden sein sollte (Funkloch).

Hybrid-App

Wie der Name andeutet, kombiniert diese App Teile aus Webtechnologien mit einer nativen App. Voraussetzung für Entwickler ist, dass der Zugang zur nativen App über eine native Schnittstelle (API) offengelegt ist. Im Unterschied zu Web-Apps nutzen Hybrid-Apps einen Browser, der in der App eingebettet ist, um HTML-Websites anzuzeigen. Der Vorteil ist, dass eine Hybrid-App auf allen unterstützten Betriebssystemen lauffähig ist und keine ständige Internet-Verbindung braucht.

Einen Vergleich zwischen einer nativen App und einer mobilen Web-App am Beispiel der DB Bahn zeigt Bild 5.

Bild 5  Native DB Bahn-App auf iOS (links) und als Web-App im Safari-Browser (rechts)

Bezogen auf Usability lässt sich ein Vergleich zwischen den App-Arten ziehen (siehe auch Raluca Budiu, Nielsen Norman Group 13). Zum einen wirkt sich die Geschwindigkeit der Verarbeitung und Anzeige einer App bedeutend auf die Effizienz bei der Usability aus. Native Apps liegen hier klar vorne. Dies zeigt unter anderem der mehrfache Umbau der Facebook App, ursprünglich eine Web-App, dann eine Hybrid-App, und nun eine native App. Das Ziel war, die Social Media App schneller zu machen, etwa beim Scrollen der News Feeds.

Ein weiterer Usability-Aspekt liegt im User Interface selbst und dessen Konsistenz zum mobilen Betriebssystem. Auch hier sind native Apps im Vorteil, da die interaktiven Elemente über die Apps hinweg einheitlich sind und der Nutzer die einmal gelernten Handhabungen in verschiedenen Apps auf gleiche Weise anwenden kann. Auch Web-Apps oder hybride Apps können eine gute Usability haben, aber die Grafiken und anderen visuellen Elemente sind einfach nicht die gleichen, die die Benutzer gewohnt sind. Zur Usability eines neuartigen App-übergeordneten Kommunikatonsmediums, den so genannten Chatbots, lesen Sie die Textbox „Das Ende der Apps durch Chatbots?“.

Das Ende der Apps durch Chatbots?

Chatbots sind ein neues, smartes Kommunikationsmedium. Unter Chatbots versteht man Chat-Programme, die mit Menschen kommunizieren und für sie Aufgaben erledigen. Die Bots durchsuchen verschiedene Anwendungen und liefern die Ergebnisse auf übergeordneten Messaging-Plattformen. Einzelne Apps werden so nicht mehr direkt genutzt. Dabei funktioniert die Eingabe an den mobilen Geräten per Stimme (Siri, Cortana etc.). Es gibt die Prognose, dass sich durch Chatbots das Geschäft mit den Smartphones und Apps verändern wird.

Passt aber die Stimmeingabe überhaupt in den Use Case der einzelnen Anwendungen? Derzeit herrscht eine klare App-Sicht vor. Die Nutzer sind vertraut damit, das Smartphone über die Icons (Apps) zu steuern. Auch die Programm-„Kacheln“ bei Microsoft verfolgen die App-Sicht. Nutzer sind auf die App-Verwendung trainiert.

Die Spracheingabe ist in vielen Situationen auch nicht unbedingt gewollt: voller Zug, Restaurant, lautes Konzert. Auch wenn jetzt bereits häufig Telefonate im öffentlichen Bereich geführt werden, würde die Spracheingabe in viel stärkerem Maße noch jegliche Distanz und Privatsphäre verloren gehen lassen. Auch Datenschutz ist ein wichtiges Stichwort bei Chatbots, denn die Nutzer und App-Betreiber erlauben einem übergeordneten Sprachdienst einen generellen Zugriff. Auch die Usability spricht für den weiteren Gebrauch der bekannten Anwendungen. Inhalte wie Artikel oder Suchergebnisse werden über Apps optimal, schnell und sicher dargestellt. Nutzer werden daher weiterhin Spezial-Apps bevorzugen, um Hotels zu vergleichen, Öffnungszeiten zu finden oder zu kommunizieren. Chatbots können dabei helfen, diese Apps direkter zu nutzen.

(Quelle: Internetworld

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)

Checkliste – Technische Merkmale von Mobilgeräten

Konnektivität ist die technische Voraussetzung, damit Mobilgeräte mit anderen digitalen Geräten kommunizieren können.

Kontextualität schließt die Umgebung mit ein und ermöglicht situationsabhängige und individuelle Funktionen und Dienste.

Native Apps nutzen im Vergleich zu Web-Apps und Hybrid-Apps die gerätespezifischen Benutzeroberflächen und Bedienweisen optimal und weisen eine hohe Schnelligkeit in den Funktionen und Anzeigen auf.

Spracheingabedienste wie Siri oder Chatbots sind stark situationsabhängig einsetzbar.

2.1.5 Wearables – ständige Wegbegleiter

Unter den Mobile-Computing-Produkten bilden die Wearables die neueste Geräteklasse. Wearables sind direkt am Körper oder an der Kleidung getragene Geräte (Beispiele siehe Bild 6). Die kleinen Geräte sind mit Sensoren und einem Computer ausgestattet. Anders als Smartphones und Tablets, die „off-body“ getragen werden, gehören Wearables zu den „On-Body-Geräten“. Wearables sind damit noch stärker mit dem Menschen „verschmolzen“ als die Off-Body-Technologie. Sie sammeln verschiedene Daten ein, wie etwa eingehende Nachrichten und Telefonate eines verbundenen Smartphones, Aktivitätsdaten und biometrische Körperfunktionen des Trägers, geographische Standortdaten oder Access Points aus der Umgebung. Die eingesammelten Daten der Wearables können in Echtzeit mit anderen Systemen verknüpft werden, wie etwa das Tracking der Schritte über ein Armband, dessen Auswertung auf dem Smartphone visualisiert wird. Es wird prognostiziert, dass Wearables als Zusatzgeräte zur herkömmlichen Hardware den Technikmarkt zunehmend verändern werden.

Bild 6  Körper-Landkarte für Wearables

Smartwatches

Zu den bekanntesten Wearables zählen derzeit Smartwatches. Smartwatches sind smarte Uhren mit zusätzlichen Kommunikations- und Sport-Funktionen (Beispiele siehe Bild 7). In der Regel können Smartwatches nur in Verbindung mit Smartphones genutzt werden. Die Smartwatch kann dabei zeitweise für sich alleine verwendet und bei Verbindung zum Smartphone mit diesem synchronisiert werden.

Bild 7  Beispiele für Smartwatches: Samsung UWATCH (links), Apple Watch (rechts)

Zu den Fitness- und Gesundheits-Funktionen einer Smartwatch gehören zumeist ein Aktivitätstracker, eine Sportuhr, die Pulsmessung und die Schrittzählung. Das Smartphone kann somit beim Training zu Hause gelassen werden. Sobald sich die Smartwatch wieder in Funkweite zum Smartphone befindet, werden die Aktivitätsdaten übertragen und können mit der leistungsfähigeren Rechenleistung des Smartphones in speziellen Apps ausgewertet und visualisiert werden. Wie sich die Usability von Pulsmessern bei Smartwatches gesteigert hat, lesen Sie in der Textbox „Traditonelle Pulsuhr und Smartwatch im Usability-Vergleich“.

Traditionelle Pulsuhr und Smartwatch im Usability-Vergleich

Vergleicht man die modernen Smartwatches mit zum Beispiel einer herkömmlichen Herzfrequenz-Pulsuhr, stellt man fest, dass hier Usability deutlich Einzug gehalten hat. Sämtliche Funktionen der traditionellen Pulsuhr müssen in der Regel über vier seitliche Knöpfe bedient werden. Die Folge sind komplex verschachtelte Menüs, die die Orientierung und Navigation schwierig und unübersichtlich machen. Auf dem winzigen Display der Pulsuhr stehen zudem kryptische Abkürzungen, die sich nur über eine separate Anleitung erschließen lassen. Die Anleitung hat einen vergleichsweise großen Umfang von 70 Seiten und mehr, um die wenig intuitiven Bedienschritte und Handhabungen zu erklären. Fazit: Komplizierte Bedienung und umfangreiche Anleitungen sind weder für die schnelle Inbetriebnahme noch für die normale Nutzung gebrauchstauglich.

Eine Smartwatch kann unter anderem auch als Pulsmesser dienen. Sie lässt sich über einen Konfigurator einfach und schnell einstellen und kann dann komfortabel über eine App auf dem deutlich größeren Display eines Smartphones gesteuert werden. Dabei kann die Smartwatch zusätzlich auf die umfangreiche Sensorik des Smartphones zurückgreifen, wie etwa auf Temperatur- oder Höhenmessung. Der Fortschritt in der Usability liegt in der Komplexitätsreduktion der Bedienung und der gesteigerten Gebrauchstauglichkeit durch die Verteilung der Bedienweisen auf die beiden Geräte Smartwatch und Smartphone.

Eine weitere wichtige Funktion: Auf der Smartwatch gehen laufend Mitteilungen von Menschen oder Apps (siehe dazu Textbox „Notifications“) ein. Diese werden taktil über einen leichten Druck oder leisen Ton signalisiert und auf dem kleinen Display angezeigt. Die Benutzer können entweder direkt über kurze, voreingestellte Sätze ad hoc, oder erst später antworten.

Notifications

Notification (im Deutschen als Benachrichtigung bezeichnet) ist der Oberbegriff über verschiedene Nachrichtenarten, die ein Nutzer eines Smartphones, Tablets oder Wearables erhält. Diese Nachrichten können Mitteilungen von anderen Nutzern, Updates aus Social-Media-Plattformen, Zustandsänderungen von beobachteten Objekten in einem Online-Marktplatz oder allgemein Benachrichtigungen einer App (Kalender, Sport Live-Ticker etc.) sein.

Notifications unterliegen dem Push-Verfahren. Der Benutzer wird automatisch über neue Mitteilungen informiert. Wenn die Notifications auf mehreren Mobilgeräten angezeigt werden sollen, damit eine Mitteilung beispielsweise auch auf der handlichen Smartwatch erscheint, lässt sich dies am zentralen Gerät, meist dem Smartphone, konfigurieren.