Vernascht - Simone Edelberg - E-Book

Vernascht E-Book

Simone Edelberg

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  • Herausgeber: 110th
  • Kategorie: Erotik
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2015
Beschreibung

Heiß, spannend und sexy ... ... ist dieses Buch, sinnlich, verdorben und manchmal auch saukomisch. Lassen Sie sich gern verführen? Dann lesen Sie einfach weiter - denn egal ob Sie auf Männer, auf Frauen oder auf beides stehen, egal ob Sie es süß und subtil oder scharf und direkt mögen: Für Ihre erotischen Träume, Ihre sexuellen Fantasien und auch für Ihre Lachmuskeln ist hier gut gesorgt. 18 Geschichten von acht Autoren werden Sie betören, amüsieren und so richtig anheizen.

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Seitenzahl: 193

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REALTRAUM (Hrsg.)

VERNASCHT!

Erotische Geschichten

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind

im Internet unter http://dnb.ddb.de abrufbar.

 

 

 

Besuchen Sie uns im Internet:

wortkussverlag.wordpress.com

 

 

 

Wir empfehlen Ihnen sehr gerne weiteren spannenden Lesestoff aus unserem

Programm – schreiben Sie einfach eine E-Mail mit dem Stichwort »WortKuss«

an: [email protected]!

 

 

Erstausgabe Juni 2010

Das Copyright © liegt bei den einzelnen Autoren und dem WortKuss

Verlag München.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung

des Verlags sowie der Autoren wiedergegeben werden.

Titelbild und Illustrationen: Monika Veth

Covergestaltung und Layout: Markus Zechmann, Simone Edelberg

© 110th / chichili agency 2015

EPUB ISBN 978-3-95865-522-5

MOBI ISBN 978-3-95865- 523-2

 

Für alle Naschkatzen und -kater ...

Inhalt

Vorwort

Stecher gesucht von Sabine Brandl

Schattenspiele von Simone Edelberg

Nicht genug von Jan-Eike Hornauer

Der Wald von Karin Jacob

Schwimmbad von Sabine Brandl

Swing von Waltraut Borchmann

Reifer Wein von Simone Edelberg

Der Blick in den Spiegel von Martin Skerhut

Goldige Dusche von Karsten Beuchert

Hochzeitstag von Simone Edelberg

Lady Lack von Sabine Brandl

Spieleabend von Jan-Eike Hornauer

Schlaflos von Simone Edelberg

Verbindungen von Jan-Eike Hornauer

Der perfekte Morgen von Karsten Beuchert

Pizzaboy von Sabine Brandl

Spielraum von Mariella Oden

Abschied nehmen von Jan-Eike Hornauer

Glossar

Interview mit den Gründerinnen des REALTRAUMs

Die Autoren

Die Bildkünstlerin

Der Herausgeber

Vorwort

Heiß, spannend und sexy ...

... ist dieses Buch, sinnlich, verdorben und manchmal auch saukomisch. Lassen Sie sich gern verführen? Dann lesen Sie einfach weiter – denn egal ob Sie auf Männer, auf Frauen oder auf beides stehen, egal ob Sie es süß und subtil oder scharf und direkt mögen: Für Ihre erotischen Träume, Ihre sexuellen Fantasien und auch für Ihre Lachmuskeln ist hier gut gesorgt. 18 Geschichten von acht Autoren werden Sie betören, amüsieren und so richtig anheizen.

Diese Anthologie ist das erste gemeinsame Buchprojekt vom REALTRAUM, einem Verein für Literatur, Musik und bildende Kunst, der 2004 in München gegründet wurde. Die REALTRAUM-Mitglieder haben sich rege an unserem Kurzgeschichtenwettbewerb beteiligt und es sind viele großartige Texte entstanden. Die 18 besten wurden ausgewählt: Texte, die so unterschiedlich und facettenreich sind wie die Autoren selbst.

Dieses Buch ist mit seiner geschmackvollen und außergewöhnlichen Mischung wie ein prickelnder Cocktail, der die Sinne sanft umschmeichelt und die Hormone zum Tanzen bringt … und noch viel besser: ein Aphrodisiakum ohne Nebenwirkungen, ein Sinnesrausch ohne Kater, ein erotisches Abenteuer ohne Reue.

Nur zu! Vernaschen Sie es!

Ein genussreiches und anregendes Lesevergnügen wünscht Ihnen

Sabine Brandl

REALTRAUM-Gründerin

Stecher gesucht

von Sabine Brandl

Eva wollte nur einen Schwanz. Acht Jahre hatte sie darauf verzichtet. Sie war bi, und entgegen dem Vorurteil, das dieser Randgruppe oft entgegengebracht wird, ein sehr treuer und monogamer Mensch.

Doch dann hatte ihre Freundin sie verlassen. Wegen einer anderen. Nach Wochen voller Tränen, Wut und Trauer war sie nun endlich bereit, wieder auf die Piste zu gehen. Auf die Suche nach einem geeigneten und willigen Stecher.

Eva hatte die Erfahrung gemacht, sich nur in Frauen verlieben zu können – Männer begehrte sie allein wegen ihres Körpers. An diesem Abend wollte Eva ihren Kummer loswerden, sie wollte sich mit ganzem Elan von der Vergangenheit freificken.

Ihr Jagdrevier war die Diskothek ›Sugar‹, ihre Waffen waren ein enges Minikleid, pralle Brüste, hohe Pumps und dicke Schminke. Außerdem konnte sie sich gut bewegen und flirten… Das konnte sie doch noch, oder? Naja, vor acht Jahren war sie darin sehr gut gewesen …

Eva trank nicht wenig an diesem Abend. Gegen ein Uhr, gut angeheitert, warf sie endlich ihr Netz aus. Sie fing damit einen jungen Mann, optisch gesehen ein leckeres Kerlchen: groß, sportlich, sehr maskulin, Knackarsch in engen Jeans und ein verwegener Dreitagebart. Eva visierte ihn an und tanzte dann auf ihn zu. Wenig später rieben sie eng umschlungen ihre Körper aneinander und zuckten erregt zum Rhythmus. Bald spürte sie seinen Ständer an ihrem Schenkel reiben. Oh, das war perfekt, das war der Richtige!

Eine halbe Stunde später zog Eva den Kerl zur Seite und fragte ihn, ob sie nicht wohin gehen sollten, wo sie ungestört waren.

Dann fiel noch der klischeemäßige Satz: »Zu dir oder zu mir?«

Doch Eva wollte nicht, dass ihr Sexobjekt in ihre Wohnung kam. Zum Schluss blieb er noch bis morgens und erwartete ein Frühstück und ein nettes Gespräch. Nein. Das Risiko wollte sie nicht eingehen. Also behauptete sie, sie lebe in einer WG, mit einer recht schwierigen Wohngenossin.

»Besser, wir gehen zu dir«, schloss sie ihre Ausführungen.

»Dann haben wir mehr Ruhe.«

Der Penishalter, dessen Name Max war, wie sie nun erfuhr, zeigte sich einverstanden. Sie stiegen in ein Taxi und knutschten während der Fahrt wild herum. Wenig später standen sie in seiner Wohnung.

»Machs dir gemütlich«, sagte Max und deutete zum Sofa. »Soll ich uns erst mal einen Kaffee kochen?«

Kaffee … was sollte das denn? Sie waren doch nicht in der Tchibo-Werbung! Wenn, dann hätte sie jetzt lieber ein Bier gehabt. Aber Eva wusste, dass sie bereits betrunken genug war. Sie wollte jetzt nur Sex, sonst nichts. Doch bevor sie noch etwas sagen konnte, fummelte Max bereits an der Kaffeemaschine herum. Statt an ihr. Da ging ihm Eva nach und umarmte ihn von hinten.

»Wir können gerne Kaffee trinken, später, ja? Ich bin so schrecklich heiß auf dich …«

Hoffnungsvoll strich sie ihm über den Schritt.

Max schaltete sein Gerät ein. Das Kaffeegerät.

»Aber ich würde mich gern etwas mit dir unterhalten«, sagte er. »Es war so laut in der Disco. Ich möchte dich ein wenig kennenlernen.«

Oh Gott! Was war denn das für einer? Was war nur mit den Männern los? Waren sie in den letzten acht Jahren zu Softies und Frauenverstehern mutiert? Hätte sie doch lieber in einen Swingerclub gehen sollen?

»Ich heiße Eva, bin dreißig Jahre alt, arbeite in einer Softwarefirma und treibe gern Sport. Außerdem bin ich scharf auf dich. Reicht das?«, sagte Eva, während sie weiter an seiner Hose zugange war.

»Und was machst du sonst so?«, fragte er. »Gehst du oft weg? Welche Musik magst du?«

»Ich gehe hin und wieder aus und mag Popmusik«, seufzte Eva. Sie hatte es geschafft, seinen Reißverschluss zu öffnen. Da drehte er sich um. Die Kaffeemaschine begann zu arbeiten.

»Interessiert es dich gar nicht, wer ich so bin?«, fragte er.

»Doch«, behauptete sie. »Lass uns später reden, ja? Gehen wir ins Schafzimmer. Danach trinken wir Kaffee und unterhalten uns, versprochen!«

Sie nahm ihn bei der Hand und zerrte ihn aus der Küche. Max gab sich geschlagen. Er führte sie ins Schlafzimmer. Sie ließen sich nebeneinander nieder und begannen, sich gegenseitig auszuziehen.

»Du gehst ja ganz schön ran«, murmelte er.

»Ich nehme mir das, was mir gefällt«, erwiderte Eva. »Noch nie mit einer Emanze geschlafen?«

Max blickte sie erstaunt an.

»Na, dann wird’s höchste Zeit!« Eva grinste und riss ihm das Hemd vom Leib.

Kurz darauf waren sie beide nackt. Max begann mit dem Vorspiel. Er küsste sie zärtlich überall und streichelte ihren ganzen Körper. Geduldig ließ Eva die Prozedur über sich ergehen. Nicht, dass sie ihn mit ihrer forschen Geilheit überforderte und er dann nicht mehr konnte! Nach etwa zehn Minuten hatte Eva die Schnauze von dem Gehätschel voll. Sie stöhnte demonstrativ auf, um ihre Lust zu zeigen. Dann griff sie zu seinem Schwanz. Mann oh Mann, der war ja noch nicht mal richtig steif! Was war das nur für eine romantische Lusche?!

Es wurde höchste Zeit, dass sie wieder die Initiative übernahm! Eva richtete sich auf und warf Max rücklings aufs Bett. Dann setzte sie sich auf ihn und nahm seinen Schwanz in den Mund. Innerlich frohlockte sie. Das hatte sie schon lange nicht mehr getan! Aber es gibt Dinge, die verlernt man nie. Fahrrad fahren und Männern einen blasen, zum Beispiel. Nun war sein Teil endlich startklar! Jetzt konnte es losgehen!

Eva setze sich auf den prallen Ständer. Sie begann, ihren Unterkörper rhythmisch zu bewegen.

Hurra! Endlich! Sie juchzte leise auf.

Auch Max schien es gut zu gehen. Seine Gesichtsfarbe war rosig und er strahlte sie freudig an. Doch Eva wollte ihm jetzt nicht mehr in die Augen sehen. Sie schloss die Lider und ritt ihn zu. Wie einen Gaul, den es zu bändigen galt. Einen Gaul, den sie auf der Jagd gefangen hatte. Er war ihr Gaul. Zumindest für eine Nacht. Dann würde sie ihn wieder loslassen. Ab in die freie Wildbahn, sollte er andere Damen beglücken. Damen, die es nicht nur auf seinen Schwanz absahen, Damen, die sich gerne mit ihm unterhielten, Kaffee tranken und sich von ihm streicheln ließen. Davon gab es ja wohl genug. Hü, Pferdchen, hü!

Ihre Körper schwitzten und glühten. Max war aus seinem zärtlichen Schlummer erwacht und fickte nun wie ein echter Kerl. Animalisch, lüstern, drängend. Rein und raus, immer fester, immer tiefer! Nun nahm er sie von hinten. Er packte sie an der Hüfte und stieß zu. Mit seiner harten, stolzen Männlichkeit. Eva krallte sich am Laken fest. Sie glaubte, bald vor Geilheit zu explodieren. Max schnaubte nun tatsächlich wie ein Gaul. Er war schon ein Prachtstück, eine gute Wahl, ein grandioser Stecher …

Nun war es so weit. Der ersehnte, letzte Gnadenstoß … Er endete mit einem grellen Feuerwerk und unzähligen glühenden Funken.

Eva schrie laut: »Jaaaa!«

Dann sank sie zufrieden aufs Bett. Max strahlte wonnig und schmiegte sich an sie. Er streichelte ihr sanft übers Haar und küsste ihre Stirn. Eva ließ ihn gewähren, war jetzt ganz friedlich und ruhig.

Aha. Nachspiel. Na, wenn er meinte …

Obwohl Eva nun sehr müde war, hielt sie ihre Augen offen. Sie musste wach bleiben. Hoffentlich schlief Max bald ein … nicht, dass er noch einforderte, was sie ihm versprochen hatte: Kaffee trinken und reden. Wenig später waren seine Streicheleinheiten beendet. Er legte seinen kräftigen Arm über ihren Brustkorb und drückte sie fest an sich – etwa so, wie man es mit einem Teddy macht. Eva runzelte die Stirn und verdrehte die Augen. Sie fühlte sich eingeengt, wollte weg, wollte nicht sein Kuschelbärchen sein. Immer wieder bedachte sie ihren One-Night-Stand mit einem scharfen Seitenblick. Er hatte die Augen geschlossen und atmete ruhig. Als sie sicher war, dass er schlief, befreite sie sich vorsichtig aus seiner Umarmung. Max grunzte leise und rollte sich zur Seite. Jetzt schnell in die Klamotten und dann nichts wie weg!

Als sie sich angezogen hatte, hielt sie kurz inne. Sollte sie ihr neues Spielzeug wirklich gleich wieder zur Seite legen? Naja, sie konnte ihm doch wenigstens eine Nachricht hinterlassen … Leise schlich sie ins Wohnzimmer. Es war sehr dunkel, doch sie traute sich nicht, das Licht anzumachen. Tastend und suchend bewegte sie sich zu dem kleinen Schreibtisch. Hier fand sie Papier und einen Stift. Hastig schrieb sie einige Zeilen, dann ging sie mit dem Zettel in die Küche. Sie legte ihn neben die Kaffeemaschine, drehte sich um und wollte zurück ins Wohnzimmer eilen. Doch beim zweiten Schritt knallte ihr Knie gegen die Kante des Esstisches. Eva schrie leise auf und humpelte mit einem dumpfen »Fuck!« weiter.

In dem Moment hörte sie Geräusche aus dem Schlafzimmer. Hektisch steuerte Eva auf die Tür zu. Da ging das Licht an und Max stand vor ihr. Sein Haar war zerzaust und er blinzelte verschlafen.

»Was hast du vor?«, brummelte er.

»Ich gehe«, erwiderte Eva und hielt sich das Knie.

»Warum?«

»Äh ... weißt du«, faselte Eva. »Ich will’s nicht zu schnell angehen lassen, deshalb dachte ich, es ist besser, wenn ich morgen nicht neben dir aufwache.«

Das war ihre eigene Logik, die gewiss nicht jeder sofort verstand. Auch Max schien da nicht durchzusteigen. Er glotzte sie an wie ein Goldfisch.

»A-aber …«, begann er.

Doch da rief Eva schon: »Tschüss!«, und floh aus der Wohnung.

Max rieb sich die Augen und schüttelte den Kopf. Dann legte er sich wieder ins Bett.

Am nächsten Vormittag erwachte er gegen elf. In seiner morgendlichen Routine ging er erstmal in die Küche, um Kaffee aufzusetzen. Dort fand er Evas Zettel.

›Hallo Max‹, stand da in krakeliger, kaum lesbarer Schrift, an der die Dunkelheit der vergangenen Nacht Schuld trug. ›Ich suche einen Sexfreund. Kein Kaffeekranz, kein Gequatsche, nur Ficken. Solltest du Interesse haben, ruf an. Wenn nicht, lass es bleiben.‹ Darunter stand Evas Handynummer.

Max setzte sich auf einen Hocker und schnaufte erst mal tief durch.

Dann blickte er an die Decke und grinste breit.

Wenig später griff er zum Telefon.

Schattenspiele

von Simone Edelberg

Endlich! Vergnügt beobachtete ich die beiden Möbelpacker dabei, wie sie Sackkarren und Rollbretter im Umzugswagen verstauten. Noch ein letztes Winken, dann waren sie fort.

Ich hätte die ganze Welt umarmen können. Mit dem Kauf des alten Gutshofes von Lili Ardat hatte ich mir einen Lebenstraum erfüllt. Endlich lebte ich so, wie es sich für eine Schriftstellerin gehörte – abgeschieden und unbehelligt vom Trubel des Alltags.

Es soll Autoren geben, die von einer Karriere in New York oder Paris träumen. Ich nicht, nein danke! Ich zog ein Eremitenleben auf dem Land vor. Gut, Niederbayern war jetzt nicht das Gelbe vom Ei. Aber der Makler hatte mir das Anwesen in den schillerndsten Farben beschrieben und mich zu einer Besichtigung überredet.

Als ich neben ihm vor dem pittoresken Gebäude mit seinem verwilderten Obstgarten stand, war es Liebe auf den ersten Blick. Zum Haus, nicht zum Makler.

Es war, als zöge mich eine kräftige und zugleich zärtliche Macht ins Innere des großen Hauses. Die Wände strahlten in jungfräulichem Weiß, die hinterlassenen Möbel glänzten wie frisch poliert. Es sah aus, als warte das Haus auf mich, strecke mir seine Hand entgegen. Außerdem war es für seine Größe unglaublich billig.

Im Handumdrehen unterschrieb ich den Vertrag – und war die Besitzerin eines Bauernguts aus dem 18. Jahrhundert. Das nötige Kleingeld hatte mir mein erster Roman eingebracht. Völlig überraschend hatte sich die Geschichte eines Spukschlosses in der Bretagne als Bestseller entpuppt. Das Buch sollte sogar in Kürze verfilmt werden. Ein Erfolg, von dem alle Autoren träumen, der aber nur wenigen von uns zuteil wird. Mir sollte es vergönnt sein, meinen Traum zu leben.

Stolz betrachtete ich mein neues Heim. Nun würde ich in aller Ruhe mein Hab und Gut auspacken und einen neuen Abschnitt meines Lebens beginnen.

Der restliche Tag verging wie im Flug. Meine Habseligkeiten waren schnell verstaut, nur das Einräumen der Bücher nahm längere Zeit in Anspruch. Schließlich war alles erledigt, der letzte Teller gespült, die letzte Tasse in das altmodisch verschnörkelte Küchenbord gestellt. Die leeren Umzugskartons lagerte ich im Keller ein.

Was nun?

Ich angelte in der Küchenschublade nach dem Korkenzieher und öffnete eine Flasche Rotwein. Nach all der Arbeit hatte ich mir eine Belohnung verdient. Gluckernd floss der blutrote Wein ins Glas. Das Licht der Abenddämmerung brachte das Kristall zum Funkeln.

Ich beschloss, mein neues Reich zu erforschen. Aufgewühlt und glücklich wanderte ich mit dem Glas in der einen, mit der Flasche in der anderen Hand durch das Haus, erkundete Raum für Raum. Zwischendurch nippte ich am Wein.

Auf seltsame Weise wirkte das Haus von innen noch größer als von außen. Ich wunderte mich, dass mir beim ersten Besuch nicht aufgefallen war, wie viele Räume der Gutshof besaß. Hatte der Makler mir nicht gesagt, es seien acht Zimmer im Erdgeschoss und fünf im ersten Stock? Plus Keller und Dachboden. Doch ich entdeckte Dutzende von kleinen Kammern, Nebengelassen und Wandschränken, deren Türen wunderlich ziselierte Schlösser trugen. Die meisten von ihnen waren zugesperrt, die übrigen vollgestopft mit kleinen Kommoden, zerbrochenen Stühlen, in Packpapier verschnürten Gemälden und allerlei Zierrat. Ob sich darunter wohl echte Schätze befanden? Morgen würde ich mein Notebook auspacken und alles genau untersuchen und katalogisieren. Morgen. Denn jetzt wollte ich erst wissen, was sich hinter den verschlossenen Türen versteckte.

Ich tastete an meinem Gürtel nach dem Schlüsselbund, den mir der Makler nach Vertragsunterzeichnung in die Hände gedrückt hatte, und probierte einen Schlüssel nach dem anderen an der nächstgelegenen abgesperrten Kammer aus. Doch ich scheiterte kläglich. Keiner der vielen Schlüssel passte! An den nächsten drei Türen erging es mir ebenso. Ganz gleich, wie sehr ich auch in den Schlüssellöchern stocherte und dabei an den Türgriffen rüttelte – der Zugang blieb mir verwehrt. Ich seufzte. Da musste ich morgen wohl oder übel einen Schlosser herbeizitieren. Wer wusste, was für Dinge sich hinter den verschlossenen Türen verbargen? Ich hoffte auf antiquarische Bücher, dachte zugleich an vertrocknete Mäuseleichen – und schauderte.

Inzwischen war die Dämmerung der Nacht gewichen. Geheimnisvolle Schatten hüllten die Möbel ein. Ein überwältigendes Gefühl der Verlassenheit überfiel mich und gewann für Minuten die Oberhand.

Doch dann siegte meine Vernunft. Ich hatte mir mit diesem Haus einen Lebenstraum erfüllt und würde mir nicht von Müdigkeit und Erschöpfung die Freude daran verderben lassen. Vermutlich steckte mir nur der Umzugsstress in den Knochen.

Und nicht nur das – ich war auch vollkommen verschwitzt. In meinem Haar ertastete ich Spinnweben, die ich mir wahrscheinlich auf dem Dachboden eingefangen hatte. Zeit für ein langes, gemütliches Wannenbad!

Ich ging ins Badezimmer im Erdgeschoss und staunte erneut über dessen großzügige Dimensionen. Weiße Fliesen bedeckten Boden und Wände. Barocke Schnörkel verzierten den Spiegel und die weiß lackierten Möbel. Mitten im Raum thronte eine Badewanne auf Löwenklauen, die gut und gerne Platz für zwei Personen bot. Am besten gefiel mir der offene Kamin an einer der Schmalseiten des Bades. Die gesamte Atmosphäre erinnerte an die noble Welt von Herrenhäusern und Prachtvillen der Belle Époque. Gut, dass ich mir vor dem Umzug noch neue Handtücher gegönnt hatte. Meine alten hätten in dieser Umgebung wie Putzlappen gewirkt.

Lächelnd ließ ich Wasser in die Wanne laufen und gab eine großzügige Portion Badesalz mit Rosenknospen dazu. Ich schlüpfte aus meiner Kleidung und stieg in den emaillierten Luxuszuber.

Sofort spürte ich, wie das heiße Wasser den harten Umzugstag von mir abspülte. Ich schloss die Augen. Wie von selbst wanderten meine Hände über meinen Körper, glitten über meine Brüste, kneteten sie, neckten meinen Nabel und verweilten auf meinem Schambein. Sollte ich? Sollte ich nicht? Eigentlich war ich zu träge, um mich zu verwöhnen. Andererseits … ein bisschen Entspannung … wäre jetzt schön …

Versuchsweise zupfte ich an meiner Klitoris. Sie antwortete mit einem sanften Zucken. Na gut, überredet! Ich zeichnete mit den Fingerspitzen die Innenseiten meiner Schamlippen nach, wieder und wieder, bis mein Unterleib in Flammen stand. Ich erschauerte wohlig, glitt tiefer in die Wanne und ergab mich meiner Sinnlichkeit. Plötzlich nahm ich am Rande meines Gesichtsfeldes eine Bewegung wahr und schrie auf. Gleichzeitig kam ich. Dann ging das Licht aus.

Was zur Hölle …?

Fluchend kletterte ich aus der Wanne, hüllte mich in ein Handtuch und ertastete mir meinen Weg in den Flur. Überall waren die Lichter erloschen. Und selbst der Mond hatte sich wohl hinter Wolken versteckt.

Das Haus lag in völliger Dunkelheit. Das fing ja gut an! Ich seufzte und rieb mir die Stirn.

Dann erinnerte ich mich daran, dass der Sicherungskasten in der Küche hing. Auf dem Weg dorthin stieß ich mehrmals schmerzhaft an Türrahmen und Möbelstücke. Ich verzog das Gesicht. Das würde herrliche blaue Flecke geben!

Seufzend klappte ich den Kasten auf und überprüfte die Sicherungen. Wiederholt drückte ich die kleinen Hebel nach unten und nach oben. Vergebens. Nichts tat sich. Ratlos biss ich mir auf die Lippen. Vermutlich ein Stromausfall. In Gedanken verwünschte ich den Makler, der behauptet hatte, dass die elektrischen Leitungen erst vor Kurzem überholt worden seien. Was für ein Lügner – typisch Immobilienhai! Ich bin kein ängstlicher Mensch, aber nun fühlte ich doch ein nervöses Flattern tief in meiner Magengrube. Die mich umgebende Dunkelheit war eigenartig schwarz und dicht, kroch in alle Ecken und Winkel, drohte mich zu verschlingen. Und was war das im Bad für eine seltsame Erscheinung gewesen? Mein Herz klopfte schneller. Ich sehnte mich nach Licht. ›Das sind alles Hirngespinste‹, redete ich mir zu. ›Nachtschatten, geboren aus Übermüdung und einer neuen Umgebung. Und dem Stromausfall.‹

›Als du die Bewegung im Bad gesehen hast, war das Licht aber noch an‹, flüsterte meine innere Stimme. Richtig. Und sofort darauf war das Licht erloschen. Merkwürdig … Nachdenklich runzelte ich die Stirn. Aber vermutlich hatte ich mir das alles nur eingebildet. Mitten in der Ekstase spielte einem die Optik schon mal Streiche.

Energisch schob ich alle Gedanken an die Erscheinung beiseite und konzentrierte mich auf das Wesentliche: Licht. Wo bekam ich jetzt Licht her? Meine Taschenlampe lag im Keller – ich konnte ja so eine Idiotin sein! – und der Keller war der letzte Ort, den ich jetzt aufsuchen wollte. Ich grübelte. Hatte ich nicht Kerzen in den Küchenschrank gelegt?

So schnell mich meine Füße trugen und die Finsternis es zuließ, hastete ich zu dem rettenden Schrank und riss ihn auf. Ich fand die Kerzen samt dazugehörigem Leuchter und auch eine Schachtel Streichhölzer. Mit fliegenden Fingern entzündete ich ein Streichholz und hielt es an eine Kerze. Sekunden später war die Küche in fahles gelbes Licht getaucht. Schon besser. Viel besser! Erleichtert atmete ich auf und bestückte den Leuchter zur Sicherheit gleich mit drei Kerzen.

Ohne Strom konnte ich nicht viel unternehmen. Außerdem war ich müde. Ich beschloss, schlafen zu gehen. Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass es kurz vor Mitternacht war. Geisterstunde! Ich fröstelte. Doch der eiserne Leuchter in meiner Hand gab mir Sicherheit. Auf bloßen Füßen tapste ich durch den Flur und stieg die Treppe hinauf. Das flackernde Kerzenlicht warf gespenstische Schatten an die Wände. Meine Hand krampfte sich um den Leuchter.

Im Schlafzimmer angekommen, schloss ich die Tür hinter mir und drehte den Schlüssel zweimal herum. Sicher war sicher. ›Hasenherz‹, schalt ich mich lächelnd. Ich stellte den Kerzenleuchter auf den Nachttisch, ließ das Handtuch achtlos auf den Boden fallen und schlüpfte ins Bett. Gähnend klopfte ich die Kissen auf, kuschelte mich unter die Decke und schloss die Augen. Doch ich konnte nicht einschlafen. Die Möbel knackten und knarzten in der Stille, schienen zu wispern. Unruhig wälzte ich mich von einer Seite auf die andere. Schließlich öffnete ich die Augen wieder. Wenn ich zur Ruhe kommen wollte, musste ich noch eine Weile lesen.

Ich stand auf und ging zum Sekretär, auf dem ich meine Lieblingsbücher abgelegt hatte. Ganz oben auf dem Stapel lag ›Die Frau aus Nazareth‹ von Jonah Martin. Ich griff danach und erstarrte: Auf dem Boden zeichnete sich eine lichtlose Gestalt ab. Ein Schrei stieg in meiner Kehle auf. Das Buch polterte zu Boden.

Ich sah genauer hin und lachte. Da hatte ich mich tatsächlich vor meinem eigenen Schatten erschreckt! Ich bückte mich, um das Buch aufzuheben, und mein Schatten folgte mir. Ich richtete mich auf und ging zum Bett. Der Schatten blieb, wo er war. Das konnte nicht wahr sein! Meine Kopfhaut zog sich zusammen, mein ganzer Körper prickelte, als wenn er unter Strom stünde. Ich hob meinen Arm, und der Schatten erwiderte die Geste. Dann winkte er mir zu und schälte sich aus dem Boden. Seine Umrisse wirkten schemenhaft, verschmolzen mit der tintenschwarzen Dunkelheit um uns herum.

Mir wurde schwindelig. Alles drehte sich um mich, Magensäure schoss mir in den Mund. Der Schatten kam auf mich zu, griff nach mir. Entsetzt wich ich zurück, presste mich an die Wand. Schlief ich und hatte einen Albtraum? Wieder griff der Schatten nach mir, berührte meine Wange. Die Berührung war unerwartet sanft, beinahe liebevoll.