Verschlungene Wege - Recha Rothschild - E-Book

Verschlungene Wege E-Book

Recha Rothschild

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Beschreibung

Das vorliegende Werk dokumentiert einen aufregenden Aktenfund im Zentralen Parteiarchiv der SED: den autobiographischen Romanentwurf Recha Rothschilds, einer jüdischen Kommunistin, geschrieben wahrscheinlich zwischen 1946 und 1948 in Erwartung der Repatriierung in die Sowjetische Besatzungszone. Der Text zeichnet das bewegte Leben der Autorin nach, die sich in der Protagonistin Mirjam Wolf ein nur leicht verändertes Alter Ego geschaffen hat. Die Lebensgeschichte der Autorin steht nicht nur stellvertretend für die Bemühungen vieler jüdischer Frauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts in ihrem Kampf um Emanzipation. Sie zeigt auch das Porträt einer außergewöhnlichen Frau im Spannungsfeld zwischen jüdischer Tradition und politischem Engagement, für das sie ihr Leben riskierte und in die Emigration ging. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

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Recha Rothschild

Verschlungene Wege

Identitätssuche einer deutschen Jüdin

FISCHER Digital

Mit einem Nachwort versehen und bearbeitet von Karin Hartewig

Inhalt

Die Zeit des NationalsozialismusLebensbilderDas vorliegende Buch dokumentiert [...]Recha Rothschild. Verschlungene WegeKapitel IKapitel IIKapitel IIIKapitel IVKapitel VKapitel VIKapitel VIIKapitel VIIIKapitel IXKapitel XKapitel XIKapitel XIIKarin Hartewig. Recha Rothschild – Mirjam Wolf. Ein Nachwort

Die Zeit des Nationalsozialismus

Eine Buchreihe

Herausgegeben von Walter H. Pehle

Lebensbilder

Jüdische Erinnerungen

und Zeugnisse

 

Herausgegeben von

Wolfgang Benz

Das vorliegende Buch dokumentiert einen aufregenden Aktenfund im Zentralen Parteiarchiv der SED: den autobiographischen Romanentwurf Recha Rothschilds, einer jüdischen Kommunistin, geschrieben wahrscheinlich zwischen 1946 und 1948 in Erwartung der Repatriierung in die Sowjetische Besatzungszone.

Der Text zeichnet das bewegte Leben der Autorin nach, die sich in der Protagonistin Mirjam Wolf ein nur leicht verändertes Alter ego geschaffen hat. Die Lebensgeschichte der Autorin steht nicht nur stellvertretend für die Bemühungen vieler jüdischer Frauen zu Beginn dieses Jahrhunderts in ihrem Kampf um Emanzipation. Sie zeigt auch das Porträt einer außergewöhnlichen Frau im Spannungsfeld zwischen jüdischer Tradition und politischem Engagement, für das sie ihr Leben riskierte und in die Emigration ging.

Recha Rothschild

Verschlungene Wege

I.

In Mirjams elterlicher Wohnstube hing unter Glas und Rahmen eine lange Tafel. Es war die Stammtafel der mütterlichen Familie. Daraus war ersichtlich, daß die Familie mindestens seit dem Jahr 1690 in dem Dorf R. nahe der Schweizer Grenze zwischen Bodensee und Hohentwiel ansässig war. Alle paar Jahre wurde die Tafel heruntergeholt und aufs laufende gebracht: Die inzwischen erfolgten Todesfälle, Heiraten und Geburten wurden mit feiner Schrift in die hierfür bestimmten Felder eingetragen. Das gab dann Gelegenheit zu langen Gesprächen, und immer wieder mußte die Mutter der lauschenden Kinderschar erzählen, was sie von der Geschichte ihrer Vorfahren wußte.

»Masele also war Dein Urgroßvater?« fragte eines der Kinder. »Ja, und er war ein jüdischer Gelehrter. Es war gegen Ende des 18. Jahrhunderts, da war er häufiger Gast beim aufgeklärten, menschenfreundlichen Bischof W. von Konstanz. Er mußte sich an den bischöflichen Tisch setzen, wo ihm Reis oder Eier und Mehlspeisen vorgesetzt wurden, gegen die Masele keine rituellen Bedenken hatte und dann diskutierten die beiden Männer über geistliche und weltliche Fragen.« – »Und die Urgroßmutter Hanne war auch eine besondere Frau?« fragte Mirjam. »Sie war in der ganzen Gegend wegen ihres gütigen, hilfreichen Wesens bekannt.« – »Und die anderen Urgroßeltern?« meinte die kleine Klara. »Die kannte ich nicht. Sie lebten und starben weit weg, in Frankfurt und Triest. Doch meine Eltern waren Vetter und Kusine. Ihr seht täglich die Bilder meiner beiden Großväter. Der hochaufgerichtete Mann auf dem Ölbild mit den etwas streng blickenden blauen Augen ist Großvater Aron. Er hatte einen Tuch- und Leinwandhandel, und das führte ihn zweimal jährlich nach der Frankfurter Messe. Dort holte er sich auch seine Frau, eine Waise aus einem der angesehensten Häuser der Judengasse. Wäre meine Großmutter nicht elternlos gewesen, so hätte man sie schwerlich nach dem entlegenen Nest im rauhen Hegau ziehen lassen. Und sie hat auch manchmal Heimweh nach dem schönen Frankfurt gehabt.«

»Und der andere Großvater, das ist der aus der Zeichnung mit den langen weißen Haaren und dem gütigen Blick?« fragte Max, nicht ohne Stolz, daß er den Namen des Vorfahren trug. »Ja, und er hat ein schönes Stück Welt gesehen. Der Wissensdurst trieb ihn in die Ferne. Zu Fuß wanderte er bis Wien, wo er jüdische und allgemeine Wissenschaft erwarb, bis er schließlich in Triest einer höheren Schule vorstand. Seine älteste Tochter ist eure liebe Großmutter, an die ihr alle mit euren Freuden und Schmerzen euch wendet, daß ich fast eifersüchtig bin.«

In der Tat war die Großmutter nach dem Tod ihres Mannes, des Bezirksrabbiners Schott, zu ihren Töchtern nach Frankfurt gezogen. Sie bewohnte mit ihrer ältesten Tochter und einem unverheirateten Sohn den Oberstock des bescheidenen Häuschens, während Mirjams Eltern mit ihrer großen Kinderschar das Parterre und den Kniestock einnahmen.

Aus ganz anderem Holz geschnitzt als die Mutter, der etwas von der langen Gelehrtentradition ihrer Familie anhaftete und deren leicht puritanisches Wesen ihre Kinder sagen ließ, sie stamme aus einem jüdischen Pfarrhaus, war Mirjams Vater. Auch er war ein Badener Kind. Aber während Stella im herben Oberland aufgewachsen war, während sie und ihre Familie ausgesprochen alemannische Züge trugen, auch den alemannischen Dialekt beherrschten, stammte Wolf aus dem üppigen Neckartal, wo es Wein und Obst in Hülle und Fülle gab. Stellas Vorfahren hatten geistliches und weltliches Wissen erworben, auch der Leinwarenhändler Aron war ein belesener Mann und kannte seinen Schiller und Chateaubriand und Walter Scott so gut wie seine Bibel. Wolfs Eltern aber hatten einen Gasthof und Weinausschank in ihrem Neckardorf. Sieben Kinder, vier Söhne und drei Töchter, füllten das Haus. Es waren lebhafte Burschen und Mädchen, die einen wegen ihrer übermütigen Streiche, die anderen wegen ihrer Schönheit in der ganzen Gegend bekannt. Da kam in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts die große, lang andauernde Mißernte und Teuerung. In großen Scharen zogen verarmte Familien, speziell aus Süddeutschland, nach der Neuen Welt, versuchten im aufblühenden Amerika eine neue Heimat zu gründen. Auch Wolf wurde vom Auswandererfieber erfaßt.

Neun Jahre blieb er in den Vereinigten Staaten, versuchte sich in verschiedenen Handwerken und zog dann mit einem Wanderzirkus von Ost nach West und von West nach Ost. Große Reichtümer hat er nicht erworben. Wenn er ein paar hundert Dollar beisammen hatte, ließ er eine seiner Schwestern kommen, stattete sie aus, und dann konnte es nicht fehlen, daß die schönen Mädchen tüchtige Männer fanden. Wolf selbst aber wollte seinen Hausstand nicht in der Neuen Welt gründen. Es trieb ihn zurück in die Heimat.

Die Familienlegende erzählt, daß Wolf sich zunächst in Stellas Vater verliebt habe. Er hörte in Baden-Baden eine Predigt des philosophisch und literarisch geschulten Mannes, suchte dann seine persönliche Bekanntschaft und ward in seine Familie eingeführt. So verbanden sich zwei Stämme badischer Juden, die untereinander so verschieden waren, als ob sie verschiedenen Rassen angehörten. Und in dieser eigenartigen Ehe war es der Mann, der volles Verständnis und eine Art Verehrung für Stellas Geistesart hatte, ihr auch den entscheidenden Einfluß auf die Erziehung der Kinder überließ, und erst in viel späteren Jahren sollte sich offenbaren, daß dies Zurücktreten keine Schwäche, sondern eine Art Ritterlichkeit war und daß Wolf in entscheidenden Situationen das rechte Wort zu finden wußte.

Die erste Station des jungen Hausstands war Heilbronn, wo Wolf eine Wein- und Zigarrenhandlung betrieb. Einige Jahre später siedelte die Familie – es waren schon zwei Kinder da – nach Frankfurt am Main über. Und das kam so: ein alter Junggeselle aus Stellas großmütterlicher Familie war gestorben. Er hinterließ ein Häuschen mit einem Obstgarten an der Peripherie Frankfurts und bestimmte in seinem Testament, daß das Anwesen nur an Familienangehörige verkauft werden dürfe. Damit war der Kreis der Bewerber begrenzt und der Preis herabgedrückt. Stellas Schwester Anna war in Frankfurt verheiratet. Der Schwager betrieb eine Rohproduktenhandlung, die ausdehnungsfähig war. So machte er Wolf den Vorschlag, gemeinsam Haus und Garten zu kaufen und gemeinsam das Geschäft zu führen.

Im Frühjahr 1872 erfolgte der Umzug. Gleichzeitig rückten Maurer und Zimmerleute an, denn der Obstgarten wurde den geschäftlichen Notwendigkeiten geopfert, und an seiner Stelle entstand ein steinerner Bau mit Büro- und Lagerräumen, und an der Nordseite des Hauses wurde ein Schuppen angebaut. Nur ein kleiner Teil des Gartens blieb erhalten. Immerhin gab es noch ein paar Obstbäume und Sträucher, zwei Lauben, an der Südseite des Hauses rankte sich eine Rebe, die süße Trauben trug, und durch den Schuppen mit seinem Moosdach hindurch stieg ein köstlicher Birnbaum.

Was war das, eine Rohproduktenhandlung? Ein fremdartiges Wort für eine ziemlich vulgäre Sache. In dem gepflasterten Hof erschienen täglich die Sammler mit ihren Hundewägelchen, brachten Lumpen, altes Papier, auch Knochen, vor allem aber altes Eisen und Metall. Vier oder fünf Frauen und einige Männer sortierten die Eingänge, bei gutem Wetter im Hof, bei schlechtem im Lagerschuppen. Einmal oder zweimal wöchentlich wurden die verkauften Waren mit Lastwagen an die Bahn oder an den Hafen gebracht – lauter Vorgänge, die von den Kindern mit atemloser Spannung verfolgt wurden. Wie interessant war es, zu hören, daß aus den Lumpen Kunstwolle hergestellt wurde, daß das Papier in die Papiermühle wanderte und daß aus den alten Hufeisen und Schienen neuer glänzender Stahl entstehen würde. Indessen gab es auch peinlichere Seiten bei diesem Geschäft. Die lagernden Vorräte zogen Ratten an, und der große Rattenpinscher Rollo arbeitete rastlos, um mit ihnen fertig zu werden. Die Knochen entwickelten im Sommer sehr schnell einen üblen Geruch, und die höheren Töchter des gegenüberliegenden Mädchenpensionats hielten sich die Nasen zu, wenn sie in langer Schlange zum täglichen Spaziergang geführt wurden. Überhaupt war es »kein feines Geschäft«. Wie anders standen Wolfs Geschwister da, die unterdessen zum großen Teil auch nach Frankfurt gezogen waren, die Weinhändler waren, eine Apfelweinkellerei betrieben, eine Schwester hatte einen Bankier geheiratet, der andere Schwager war Münzenhändler, und an seinem Büro standen die geheimnisvollen Worte: Numismatisches Kabinett.

Es konnte nicht ausbleiben, daß die Kinder – ihre Zahl war innerhalb von weiteren zehn Jahren auf sieben angewachsen – fühlten, daß sie von den Verwandten und einem Teil der Nachbarn für nicht ganz ebenbürtig angesehen wurden. Das rief bei den verschiedenen Temperamenten, die die Gegensätze der Eltern widerspiegelten, verschiedenartige Reaktionen hervor. Der baumstarke Albert und die blonde Klara erwiderten die Herausforderung mit gesteigertem Selbstbewußtsein und Stolz. Hermann, der älteste Bruder, und Mirjam, die vorjüngste Schwester, wurden scheu und verschlossen und begannen früh, über die Verschiedenheit der Lebensbedingungen nachzugrübeln. Trotzdem herrschte im ganzen ein fröhlicher Ton im Hause, wie es bei soviel Jungen und Mädchen, von denen jeder seinen kleinen Anhang hatte, nicht anders sein konnte. Eine Kusine, Selma, die Tochter des vornehmen Münzenhändlers, hielt treu zu den ärmeren Verwandten und ließ sich dafür manchen Spott gefallen. In der Nachbarschaft gab es auch proletarische Elemente, und diese fühlten sich in dem kinderreichen Haus, wo es immer etwas zu sehen gab, wo man prächtig Verstecken spielen konnte und wo die Mutter viel zu beschäftigt war, um dauernd einzugreifen, besonders wohl.

Es war ja auch eine seltsame Straße, nur 100 Meter lang, aber ein wahrer »orbis pictus«. Da war das stattliche Eckhaus an der Landstraße, die zum Ostbahnhof führte, mit seinen mächtigen Platanen, die allerdings später auch unter der Axt zusammenbrachen, um einem Neubau, einer Suppenküche für die durch Pogrome vertriebenen Ostjuden, Platz zu machen. Da war der Posthof, ein langer schwarzer Riemen, der zum größeren Hof nach der Seite der Landstraße führte. Der Straße zugewandt aber war die Schmiede, wo der hünenhafte Schmied die Hufeisen zurechthämmerte. Auch eine Sattlerwerkstätte war im Posthof. Das Schönste aber war die Ausfahrt der Postillone auf ihren gelben Wagen mit den wehenden Federbüschen auf ihren Lederhüten.

Nun kam das Wolfsche Haus mit all seinen Seltsamkeiten, dann ein Fuhrgeschäft, wo es immer etwas Interessantes zu sehen gab, daneben eine Wäscherei mit ihren grünen Rasenplätzen. Das nächste Haus war eine Waisenanstalt für jüdische Mädchen, dann kam ein Privathaus, ein Polizeikommissariat, ein Wirtshaus, das so klein war, daß es im Volksmund das »Café Bück’ dich« hieß. Die andere Seite der Straße hatte auch ihren Reiz. Außer verschiedenen Privathäusern mit schönen Gärten war da das erwähnte Töchterpensionat, das mit einem Externat verbunden war. Die wohlhabende jüdische Bourgeoisie schickte ihre Töchter dahin, die Frankfurter zum Unterricht, die Kleinstädter »auf die Schnellbleiche«, um ihren Mädels in ein bis zwei Jahren etwas Schick und ein paar Brocken Wissen beizubringen; die große Attraktion aber waren die »Ausländerinnen«: Russinnen, Amerikanerinnen, Engländerinnen, die hier die deutsche Sprache erlernten. Dann gab es noch ein Kinderkrankenhaus mit einer Entbindungsanstalt und schließlich einen winzigen Kolonialwarenladen. Einen wahren Anschauungsunterricht der menschlichen Verrichtungen bot diese enge Straße, und an ihrem Ende befand sich der Eingang zum Zoo, eine andere Welt voll erstaunlicher Dinge!

Gewiß hat diese Straße mit allem, was sich in ihr begab, einen Anteil an der Formung der Kinder, die in ihr aufwuchsen. Während einiger Jahre herrschte eine Art Spielgemeinschaft, die die Kinder all dieser verschiedenen Häuser vereinte. Der Sohn des Professors und die Tochter der Waschfrau, die Tochter des Fabrikbesitzers und der Sohn des Schmieds, alle hielten zusammen und spielten gemeinsam. Und da es deutsche Kinder waren, spielten sie Soldaten. Die Wolfschen Kinder nahmen schon durch ihre Zahl einen wichtigen Platz ein. Konfessionelle Unterscheidungen gab es ebensowenig wie soziale.

Die Wolfschen Kinder waren durchweg gesund und von kräftiger Konstitution. Mirjam aber erkrankte an ihrem zweiten Geburtstag an einer Knochenmarkentzündung, die den rechten Arm und den linken Fuß erfaßte. Ein Jahr lang lag die Kleine krank. Zehnmal wurde sie unter Qualen operiert, denn es gab noch keine örtliche Anästhesie, und man wollte das kleine Kind nicht chloroformieren. Wenn der Chirurg ins Zimmer kam, schrie Mirjam, daß es durch die ganze Straße hallte. Um sie zu beruhigen, gab man ihr Tokayerwein zu trinken und vertrieb so den Teufel mit Beelzebub.

Noch während Mirjam krank lag, wurde die kleine Klara geboren. So kam es, daß die Pflege des kranken Kindes hauptsächlich von der Großmutter übernommen wurde. Daraus erwuchs ein besonders inniges Verhältnis zwischen Großmutter und Enkelin. Kaum konnte Mirjam laufen, stieg sie die Treppe empor und setzte sich zu Großmutters Füßen. Die mußte erzählen, wie es in ihrem Elternhaus in Triest zuging und was aus ihren zahlreichen Geschwistern geworden war. Die waren in ganz Italien zerstreut: Eugenio in Neapel, Stella an der Riviera, Flora, die in ihrer Jugend in Palästina gelebt hatte, war nun in Venedig, Vito aber, der Maler, von dem ein paar Zeichnungen und Miniaturen das Haus schmückten, war jung gestorben.

Den stillen Stunden bei der Großmutter folgten die lebhaften Spiele im Kreise der Geschwister und Nachbarkinder. Doch Mirjam war schwächlicher und ungeschickter als ihre Brüder und Schwestern. Sie ging etwas gebeugt, und da man nicht verstand, daß das eine Folge der Krankheit war, hieß es unentwegt: »Mirjam, halt’ dich gerade.« Die modernen elektrischen Heilmethoden waren noch nicht entdeckt, und ein primitiver Stock, den das Kind beim Spazierengehen unter die Arme schieben mußte, konnte ihr wohl den Spaziergang vergällen, nicht aber den Rücken geradebiegen.

Bei alldem war Mirjam ein stilles, aber nicht unfreundliches Kind. Anders wurde es, als sie in die Schule kam. Wegen ihrer zarten Gesundheit, vielleicht auch aus Ersparnisgründen, erhielt Mirjam den ersten Unterricht von der im Hause wohnenden Kusine, die Lehrerin an dem gegenüberliegenden Mädchenpensionat war. Das Lernen ging erstaunlich schnell. Nach einigen Wochen konnte Mirjam lesen. Mit dem Schreiben ging es schwerer, da ihre rechte Hand von der Krankheit geschwächt und unsicher war.

Mit sieben Jahren also kam Mirjam zur Schule und eben in dies Töchterpensionat, das so nahe gelegen und der Mutter auch wegen der religiösen Einstellung des Leiters sympathisch war. Viel später erst erfuhr Mirjam, daß sie und ihre Schwestern Schulgeldermäßigung hatten, und dann verstand sie auch, warum die Direktorin sie, die doch eine gute Schülerin war, nie recht mochte. Eine kleine Katastrophe ereignete sich gleich am ersten Schultag. Mirjam hatte bisher nur auf der Schiefertafel geschrieben, die anderen Kinder aber schrieben mit Tinte ins Heft. Es gab ein Diktat, und die Lehrerin erklärte: »Wer einen Klecks macht, bekommt einen Tadel.« Kaum gesagt, hatte Mirjam schon gekleckst, und obwohl sie unter Tränen hervorstotterte, daß sie noch nie mit Tinte geschrieben, bekam sie ihren Tadel ins Klassenbuch. Halb aus Mitgefühl, halb aus Schadenfreude zog die ganze Klasse mit Mirjam ins gegenüberliegende Haus. Der erste, der dem Mädchenschwarm entgegenkam, war der 15jährige Albert. Mit einer Handbewegung schickte er die Kinder nach Hause und schleppte die weinende Mirjam ins Geschäftshaus, ins Kontor. Dort schrieb er ihr mit Tinte auf die Stirn: »Dieses Kind hat einen Tadel bekommen.«

Wer hatte dem 15jährigen Jungen solche Machtbefugnisse erteilt? Gewiß, er hatte sie sich angemaßt, aber es wurde doch geduldet, daß Albert, der stärkste unter den Brüdern, die Strafgewalt an den jüngeren Geschwistern ausübte. Die Mutter, die selbst kaum einmal die Hand gegen eines ihrer Kinder erhob, ließ es geschehen, daß er die jüngeren Kinder ganz furchtbar verbläute – weil sie zuviel Strümpfe zu stopfen hatte, um selbst jeden entstehenden Streit zu schlichten, und auch aus einer Art Vorliebe für ihre großen Söhne. Der Vater war häufig aus geschäftlichen Gründen abwesend. Manchmal fuhr er heftig dazwischen, wenn er gerade zu einer Prügelei kam, besonders wenn die beiden Ältesten, Hermann und Albert, aneinandergerieten, wobei Hermann stets den kürzeren zog.

Es kam auch zu Revolten der jüngeren Geschwister, so daß die vier »Kleinen«, Daniel und Max, Mirjam und Klara, gegen Albert loszogen, aber auch dann war es nicht leicht, mit Albert fertig zu werden. Bei solchen Gelegenheiten stand Mirjam »ihren Mann«. Sie wollte überhaupt in körperlicher Beziehung nicht hinter den anderen zurückstehen. Einmal schlug sie sich bei einem Wettspringen über Steintreppen und Eisenreifen fast das Ohr entzwei, und diesmal schrie sie nicht, als der Chirurg kam und es wieder zusammenflickte. Später versuchte sie sich in verschiedenen Sportarten und brachte es auch im Turnen, Schwimmen und Radfahren zu einer gewissen Fertigkeit. Dazu gehörte aber lange Übung und Energie, und anfangs mußte sie sich manchen Spott gefallen lassen.

An Spott und Hänseleien fehlte es auch in der Schule nicht. Mirjams Äußeres, ein zu ausdrucksvoller Kopf, stark hervortretende Augen, eine zu große Nase, harmonierten nicht mit ihrem zarten Körper. Mit großer Mühe gewöhnte sie sich unter Anleitung der Großmutter das Lispeln ab. Schwerer war es, der Hand die nötige Fertigkeit zu geben, daß sie nicht beim Schreiben zitterte. Auch das gelang schließlich, aber die Mitschülerinnen und selbst die Lehrer sahen nur, was noch fehlte, und nicht die allmählichen Fortschritte. Dazu kamen die sozialen Unterschiede: Die anderen Kinder hatten schöne neue Kleider, während Mirjam und Klara meist aus den abgelegten Kleidern ihrer Mutter oder ihrer ältesten Schwester ein »neues« zurechtgeschneidert wurde. Und dann »das Geschäft«, an dem die höheren Töchter Anstoß nahmen …

Mirjams Waffen waren Tränen und Trotz. Oft weinte sie »ohne Grund«, wie die Mutter sagte, und es kam vor, daß diese ihr ein paar Schläge verabreichte, »damit du auch weißt, warum du weinst«. Besonders rebellisch war sie der ältesten Schwester, Johanna, gegenüber, die schon die Schule hinter sich hatte, als Mirjams Schulzeit begann. Johanna half der Mutter tüchtig im Haushalt, wollte jedoch zu viel sparen und sich durch ihre Herrschaft über die kleineren Schwestern dafür schadlos halten, daß ihr Erstgeburtsrecht von den Brüdern nicht respektiert wurde. So gab es zu Hause wenig Trost für die in der Schule erlittenen Kränkungen – wenn man sich nicht mit einem Buch in einen Winkel setzte oder zur Großmutter flüchtete.

Als Mirjam neun Jahre alt war, starb die Großmutter an einer Lungenentzündung. Das Kind war untröstlich. Heimlich schlich es sich in die Stube, wo der tote Körper, nach jüdischer Sitte auf Stroh gebettet, auf dem Boden lag. Am Tage der Beerdigung lag Mirjam, an Lungenentzündung erkrankt, im Bett. Ein Mädchen, das im Haushalt half, trug sie in eine Decke gehüllt ans Fenster, und Mirjam sah, wie der Sarg in den Wagen geschoben wurde und daß ein langer Trauerzug der verehrten Frau das letzte Geleit gab.

Während der wochenlangen Krankheit hielt Mirjam Zwiegespräche mit der Toten. Nachts sah sie die teure Gestalt an ihrem Bettchen Wache haltend. Oder sie träumte, daß der Leichenwagen durch blühende Felder zog und Kinder mit Kränzen auf dem Kopf ihn grüßten. Dennoch war diese Zeit der Krankheit nicht freudlos. Die Mutter und die Geschwister waren sanfter als sonst. Ein paar Schulgefährtinnen kamen und brachten Mirjam Blumen oder ein Bildchen. Die Verwandten schickten kleine Leckerbissen und Bücher. Lange hielt das Verbundensein mit der Großmutter an. In der Schule hatte Mirjam etwas von Seelenwanderung gehört. Nun bildete sie sich ein, Großmutters Seele sei in das erste nach ihrem Tod geborene Kind gefahren und sie müsse in die weite Welt laufen, es suchen. Oder sie dachte, die Großmutter komme, als Bettlerin verkleidet, um auszuforschen, ob Mirjam vernünftiger geworden sei und weniger weine.

Um diese Zeit schloß Mirjam Freundschaft mit einem Mädchen, das nicht dieselbe Schule besuchte. Lina war hübsch, und Mirjam freute sich, wenn Schönere als sie sich mit ihr zeigten. Lina lebte in noch bescheideneren Verhältnissen als Wolfs und wußte so etwas mehr vom Leben als die Institutstöchter. Von ihr erhielt Mirjam Aufklärung über die Vorgänge, die alle Jungen und Mädchen in der Vorpubertät so stark beschäftigen. Eine andere Freundin fand Mirjam im Turnkursus, in den sie auf Anraten eines befreundeten Arztes eintrat. Elisabeth war die Tochter des Theaterfriseurs und besuchte eine katholische Mädchenschule. In ihrem Elternhaus verkehrten viele junge Menschen, es herrschte eine harmlose Fröhlichkeit, die auch Mirjam mitriß.

Dann war da noch die Kusine Selma. Im selben Alter wie Mirjam, fühlte sie sich mehr zu der jüngeren Klara hingezogen, war aber auch für Mirjam ein guter Kamerad. Alle diese Freundschaftsbeziehungen gaben Mirjam mehr Selbstsicherheit, und so fand sie sich auch in der Umgebung der Schule besser zurecht. Allerdings nur in bezug auf die Mitschülerinnen, mit den Lehrern und Lehrerinnen kam es nie zu einem Kontakt. Wie hätten es die Lehrer auch verstehen sollen, daß Mirjam, die zu den begabtesten Schülerinnen gehörte, absolut keine »Musterschülerin« werden wollte. Vor dieser Bezeichnung hatte sie ein wahres Grauen. Aus Büchern und aus den Erzählungen der Brüder wußte sie, welch eine Kluft einen solchen Musterknaben von seinen Mitschülern trennte, und sie wollte unbedingt »dazugehören« und »mit dabei sein«. Manche Rüge hat sie für Vorsagen und Weiterhelfen eingesteckt. Aber sie setzte auch ihren Ehrgeiz darein, bei jedem Streich beteiligt zu sein, oder sie ließ sich für andere ausschelten und bestrafen.

Das alles erhielt einen tieferen Sinn, als Mirjam anfing, an den religiösen Dogmen zu zweifeln, die in der Schule gelehrt, gepredigt und zerkaut wurden. Es war Mirjam nicht entgangen, daß ihre Brüder, einer nach dem anderen, die religiösen Riten beiseiteschoben und sogar bespöttelten. Hermann, der älteste Bruder, war unter dem Einfluß eines Freundes der Sozialdemokratischen Partei beigetreten, und in seinem Bücherschrank häuften sich die roten Bände des Dietz-Verlages und die grünen Hefte »Die neue Zeit«. Verstohlen griff Mirjam nach den verbotenen Früchten, und wenn sie auch verstandesmäßig das Gelesene noch nicht erfaßte, blieb doch der Eindruck, eine Erschütterung der in Schule und Haus geltenden Werte.

Eines Tages versuchte der Lehrer, den 12 jährigen Mädchen einen kniffligen Gottesbeweis klarzumachen. Unwillkürlich sah sich Mirjam in der Klasse um, und ihr Blick traf eine Mitschülerin, die ihr wie im stillen Einverständnis zulächelte. Wortlos fanden sich die beiden in der folgenden Pause zusammen, und das war der Beginn einer viele Jahre dauernden Freundschaft.

Frieda war die jüngste von fünf schönen, geistvollen Schwestern, zu schön und zu geistreich, als daß nicht der Stadtklatsch sich über sie hergemacht hätte. Welch ergiebiges Thema für die Kaffeeschwestern, daß bei Schwabs regelmäßig Zusammenkünfte junger Künstler und Literaten stattfanden. Und die älteste Tochter hatte gegen den Willen der Eltern einen Redakteur der »Frankfurter Zeitung« geheiratet!

Indessen waren diese Zusammenkünfte keineswegs Orgien, höchstens waren es Orgien schöngeistiger und artistischer Debattierkunst. Es waren die 1890er Jahre, in denen die deutsche Literatur sich sozialen Problemen zuwandte und die heiß umstrittenen materialistischen Dramen Gerhart Hauptmanns die überkommenen Werte in Frage stellten. In diesem Kreis versuchte man aber nur mit den Augen des Ästheten zu sehen und wollte sich nicht darüber klarwerden, daß das Suchen nach neuen Formen in Literatur und Kunst tiefe Wurzeln im sozialen und politischen Leben hatte. Losgelöst von ihrer wirtschaftlich-sozialen Quelle sah man auch die Frage der Befreiung der Frau von den hergebrachten Fesseln. Ja, den Frauen sollten die Universitäten geöffnet werden, ja, die Frauen sollten selbst ihr Schicksal bestimmen können, nach eigener Wahl lieben und heiraten und nicht mehr verschoben werden wie Schachfiguren – aber das waren in der Vorstellung dieser jungen Menschen individuelle Rechte, die man sich zu erkämpfen hatte, vor irgendeinem organisierten Kampf, besonders vor allem, was nach Politik roch, scheute man zurück. Den vollendeten Ausdruck ihres Sehnens fanden die Schwestern Schwab und ihr Kreis in den Frauengestalten Ibsens. Nora, Hedda Gabler, die Frau vom Meer zogen sie unwiderstehlich an.

Unter den Pensionärinnen des Instituts, das auch Friedas Schwestern besuchten, gab es manchmal seltsame Vögel. Elly S., eine Nichte des Schauspielers Sonnental, war in die Pension geschickt worden, weil sie den Trieb hatte, selbst Schauspielerin zu werden. Die Direktion war angewiesen, »ihr die überspannten Ideen auszutreiben«. Was half es? Heimlich, unter dem Tisch las Elly Ibsen und Hauptmann, und die Samstagnachmittage bei den Schwabs erhielten eine neue Attraktion: Elly las nicht, wie andere, eine bestimmte Rolle, sie spielte voll Leidenschaft eine Szene, ja ein ganzes Stück … Frieda war gewissermaßen nur der Zaungast bei diesen Diskussionen und Aufführungen. Sie war viel zu jung, als daß man sie beachtet hätte. Aber alles, was sie zu Hause gesehen und gehört, trug sie zu Mirjam, und die beiden zwitscherten nach, was in der Langestraße gesungen wurde.

Mirjam hatte bis dahin ziemlich wahllos alles gelesen, was ihr in die Hände kam. Mit Andersens Märchen und Robinson Crusoe hatte es angefangen. Dann kamen Auerbachs Dorfgeschichten, die die Mutter so liebte. Aber auch die übliche Backfischliteratur wurde verschlungen und weckte Sehnsüchte, die der Alltag nicht erfüllen konnte. Dazwischen vergilbte Bände von Victor Hugo und Walter Scott aus der großväterlichen Bibliothek. Heimlich ein paar Seiten aus Engels’ »Lage der arbeitenden Klasse in England«. Die Klassiker, die in der Schule gelesen wurden, wurden grundsätzlich abgelehnt, doch Lessings Fabeln und Epigramme zogen mächtig an. Im neuen Bund mit Frieda wurden nun die Stücke gelesen, die der Schulbetrieb ausschloß: »Die Räuber«, »Kabale und Liebe«, »Emilia Galotti«. Und es dauerte nicht lange, da lasen die Vierzehnjährigen »Nora« und »Hedda Gabler« und die »Frau vom Meer«. An freien Nachmittagen machten sie weite Spaziergänge, gingen bis in den Stadtwald, setzten sich auf eine Bank, und dann versuchte Frieda, Ellys Stimme und Bewegungen wiederzugeben. Die Eltern wußten nichts von diesen kühnen Unternehmungen. Wolfs glaubten, Mirjam sei bei Schwabs, und diese meinten, Frieda sei bei Wolfs.

Die glänzende Person Ellys hatte etwas Faszinierendes für Mirjam, und sie fühlte sich beglückt, als diese sie bat, ab und zu ein Briefchen heimlich in den Kasten zu stecken. Vielleicht ahnte Mirjam, daß es Liebesbriefe waren, die sie so der Zensur der Direktorin entzog, aber das störte sie nicht. In einem unbestimmten Drang nach Erlebnissen, die für sie selbst noch in weiter Ferne lagen, hatte sie schon mancher Freundin das Zusammentreffen mit einem ihrer umschwärmten Brüder oder Vettern ermöglicht.

Indessen, der Briefschmuggel wurde entdeckt, und die Direktorin hatte endlich einen Anlaß, ihre Feindseligkeit gegen Mirjam zu entladen. Nicht zu einem Freundschaftsbesuch, wie Frau Wolf, die krank im Bett lag, meinte, sondern um Klage zu führen über ihre ungeratene Tochter, erschien die Direktorin. Und da wurde dann alles ausgepackt, was im Lauf der Jahre von Mirjam verübt oder ihr untergeschoben wurde. Frau Direktor war jedoch übers Ziel hinaus geschossen. Stella Wolf hörte wortlos den ganzen Redeschwall an. Zum Antworten war sie zu schwach, aber sie wußte, daß ihr Kind keine »hinterhältige Lügnerin« war, und als der Vater heimkam, war er empört über die Rücksichtslosigkeit der Direktorin gegenüber seiner kranken Frau.

So hatte Mirjam leichtes Spiel, als sie erklärte: »In dieser Schule bleibe ich nicht mehr.« Schon vorher hatte sie einen Versuch unternommen, aus der Enge der Schule herauszukommen. Zwei Bücher, »Die Memoiren Sofia Kowalewskajas« und ein Roman von Johanna Spyri, der das Leben an der Züricher Universität schilderte, hatten in ihr den Wunsch geweckt, zu studieren. Eines Tages begab sich die Vierzehnjährige zu der einzigen in Frankfurt praktizierenden Ärztin, einer Schweizerin, und fragte sie, wie sie es anfangen müsse, um zum Studium zu kommen. In Frankfurt gab es für Mädchen keine Vorbereitungsmöglichkeit dazu. Sie solle versuchen, nach Karlsruhe auf das Mädchengymnasium zu kommen, sagte die freundliche Ärztin. Karlsruhe war der Mutter eine halbe Heimat, sie hätte ihr Kind dort in gute Hände geben können, allein das finanzielle Opfer war zu groß. Trotz Fürsprache von Bruder Hermann mußte der Plan fallengelassen werden. Nun sahen aber alle ein, daß Mirjam in dem Institut verkümmern würde. Man machte ihr den Vorschlag, in die bestgeleitete Mädchenschule der Stadt, die mit einem Lehrerinnenseminar verbunden war, überzugehen. Mirjam war dazu bereit, »aber nur, wenn ich nicht Lehrerin zu werden brauche«, sagte sie. Die Exemplare dieser Zunft, die sie bis dahin kennengelernt, schreckten sie ab.

Es kam jedoch ganz anders. Schon bei der Prüfung, von der die Aufnahme in die Elisabethenschule abhing, spürte Mirjam, daß hier ein ganz anderer Geist wehte als im Pensionat. War dort der Wissensstoff todernst als ein zu bewältigendes Pensum, als eine Summe unumstößlicher Tatsachen an die Schülerinnen herangebracht worden, so hatten die Fragen des prüfenden Professors etwas Aufmunterndes, fast Spielerisches, und es entstand unter den zehn Mädchen, die die Aufnahme in die Oberklasse begehrten, ein fröhlicher Wettbewerb.

Mirjam erhielt mehrfach aufmunterndes Lob, und als sie und einige andere zum Direktor gerufen wurden, errötete sie im Bewußtsein, ihre Sache gut gemacht zu haben. Aber, o weh! Der Vater, der ein paar Arbeitsstunden geopfert hatte, um Mirjam persönlich in die neue Schule einzuführen, hatte vorschriftsmäßig ihre früheren Schulzeugnisse vorgelegt. Und da standen neben guten Leistungsnoten solche bösen Bemerkungen wie »oft störend«, »Betragen öfter zu tadeln« und ähnliches. Und so sagte der Direktor, daß die Aufnahme nur probeweise stattfinden könne, man werde sehen. Mirjam fürchtete, man werde ihr beim geringsten Verstoß ihre belastete Vergangenheit vorhalten, aber obwohl sie zum Duckmäuser kein Talent hatte und auch hier ihr Temperament manchmal über die Stränge schlug, wurde die peinliche Angelegenheit nie mehr erwähnt. Es war auch kein Grund zur Rebellion vorhanden, da der Unterricht fesselnd war und die Lehrer (wenigstens die hauptsächlichsten) Sinn für Humor und für die Unausgeglichenheit heranwachsender Mädchen hatten. Eine andere Befürchtung Mirjams war, daß sich die Zurücksetzungen und die Hänseleien, unter denen sie im Institut gelitten, wiederholen könnten. Auch das traf nicht ein. Zwar war die Klasse in Koterien geteilt, und die Freundschaftsbeziehungen knüpften sich hauptsächlich unter gesellschaftlich Gleichstehenden. Darüber hinaus aber bestand eine Art Korpsgeist, die Klasse bildete eine Einheit, und es kam vor, daß alle protestierten, wenn einer einzelnen Unrecht geschah.

Etwas Neues war es auch, daß Mirjam nun einen längeren Schulweg hatte, oder eigentlich mehrere Schulwege. Man konnte, je nach Stimmung und Zeit, durch die schönsten Anlagen gehen, durch die stillen Wallstraßen, oder mitten durch das Getriebe der Hauptgeschäftsstraße, der Zeil. Und beim Schulweg lockerten sich die Grüppchen, da fand man sich mit denen zusammen, die in der gleichen Gegend wohnten. So gab es alle Tage etwas zu hören und zu sehen, und Mirjam wurde aufgeschlossener und ausgeglichener als zuvor.

Es wirkte sich auch aus, daß die materiellen Verhältnisse der Familie im Aufstieg waren. Der älteste Bruder war gleich von der Schulbank weg ins väterliche Geschäft eingetreten, nachdem der Begründer der Firma, der im selben Haus wohnende Onkel, gestorben war. Der Konjunkturaufschwung der neunziger Jahre brachte vor allem eine Schnellblüte der Eisen- und Stahlindustrie. Das alte Eisen, der Schrott, wurde ein begehrter Artikel und rückte immer mehr in den Vordergrund des Wolfschen Geschäfts. Es wurde ein Lagerplatz an der Bahn gemietet, und die meisten Produkte wurden gleich dorthin geliefert. So war das Haus und die Straße von den unangenehmen Gerüchen und dem ihnen anhaftenden Makel befreit.

Albert, der zweite Bruder, war als Lehrling in ein Bankgeschäft eingetreten. Viel lieber allerdings wäre er in die weite Welt gezogen und hätte auf eigene Faust sein Glück gemacht. Eines Tages brachte er auch einen Vertrag mit einer Schiffsgesellschaft nach Hause, die ihn als Maat engagieren wollte. Es fehlte nur noch die Unterschrift des Vaters, und auch die wäre erfolgt, aber die Mutter wollte ihre Küchlein um sich haben. Mit Tränen, mit allen Künsten der Überredung, mit dem Versprechen einer Reise zu den italienischen Verwandten brachte sie es fertig, daß Albert von seinem Vorhaben abstand, und als das Geschäft sich ausdehnte und immer größere Anforderungen stellte, erkannte Albert, daß es größere Möglichkeiten bot als die Anstellung im Bankhaus; mit drei eigenen Leuten und einigen Angestellten wurde die Firma bald führend am Platz und in ganz Deutschland bekannt.

Die älteste Schwester, Johanna, hatte in der üblichen konventionellen Weise einen ihr fast unbekannten Mann geheiratet, weil sie im heiratsfähigen Alter war und die Vermögensverhältnisse günstig zu sein schienen. Sie zog in eine nahegelegene Universitätsstadt, und es zeigte sich, daß das Haus ihre allzu große Geschäftigkeit nicht ungern entbehrte. Zwischen ihr und Mirjam war es nie zu großer Herzlichkeit gekommen. Als aber Johanna ein Jahr später mit ihrem Kindchen zu Besuch kam, war das Eis gebrochen. Während die Familie am Kaffeetisch beisammensaß, schlich sich Mirjam ins Nebenzimmer zu dem zarten Wesen im Wickelkissen. Sie umfing die Kleine mit ihren Blicken, mit ihren Händen und ihrem Herzen.

 

Die Elisabethenschule trug ihren Namen zu Ehren von Goethes Mutter. Schräg gegenüber war das alte Schauspielhaus, wo die »Frau Rat« keine interessante Aufführung versäumt hatte. Davor der weite Platz mit Schwanthalers Goethe-Denkmal. Es ergab sich von selbst, daß die Gestalt und das Werk Goethes im Mittelpunkt des Unterrichts standen. Es wurde indessen kein Goethekult und keine Goetheforschung getrieben. Der Professor verstand es, Sprache und Inhalt eines Gedichts zum Erlebnis werden zu lassen. Selbst die rhapsodischen Gedichte »Prometheus«, »Gesang der Geister über den Wassern« oder die »Harzreise im Winter« wurden von den 15jährigen Mädchen in ihrem Ideengehalt erfaßt. Im literaturgeschichtlichen Unterricht scheute man sich nicht, die heiklen Probleme zu erörtern, die »Werthers Leiden« oder »Die Wahlverwandtschaften« aufwarfen. Auch Goethes Leben wurde ohne falsche Prüderie behandelt.

Der Geschichtsunterricht war frei von dem in preußischen Schulen üblichen Hohenzollernkult. Er hätte auch wenig Anklang gefunden in einer Zeit, wo die Frankfurter noch mit Wehmut an ihre frühere »Unabhängigkeit« dachten. Im Schulhof zeigte man sich die Enkelinnen des letzten Bürgermeisters der Freien Stadt Frankfurt. Er hatte sich erhängt, als die Preußen kamen.

Von den sozialen Zusammenhängen war wenig die Rede, doch gab es keine Zurücksetzung der Minderbemittelten und auch keine Benachteiligung der jüdischen Schülerinnen. Eine kluge, ältere Lehrerin erteilte ihnen freisinnigen Religionsunterricht. Als Mirjam eines Tages ihre Zweifel an der Schöpfungsgeschichte äußerte und von der nach Millionen Jahren zählenden Entwicklung der Lebewesen sprach, sagte die Lehrerin: »Vor Gott sind tausend Jahre wie ein Tag.«

Der protestantische Religionsunterricht wurde in den höheren Klassen vom Direktor und seinem Bruder, dem Professor, erteilt, offenbar unter ethischen Gesichtspunkten, wie aus den Diskussionen der Mitschülerinnen hervorging. Die beiden Brüder waren in der Tradition eines Pfarrhauses aufgewachsen, doch hatte ihre Religiosität nichts Puritanisches. Sie war beherrscht von echtem Humanismus.

War es zu verwundern, daß Mirjam, nachdem sie zwei Jahre aus solchen Quellen geschöpft, noch länger in dieser Atmosphäre bleiben wollte, wo Leben und Wissen im Einklang standen, wo gelegentlich Alltagsfragen mitten in der Schulbank erörtert wurden, wo ihr Sinn für Dichtung und bildende Kunst reiche Nahrung und kluge Führung fand und wo sich der Charakter festigte, ohne daß man je das Gefühl hatte, »erzogen« zu werden?

Wie von selbst kam sie zu dem Entschluß, das der Schule angegliederte Lehrerinnenseminar zu besuchen. Das Seminar war wie die natürliche Fortsetzung der Schule, derselbe Geist, dieselben Lehrkräfte. Nur gerade der pädagogische Unterricht wurde streng nach dem Schema der Lehrpläne erteilt und hatte etwas von deren Trockenheit und Weltfremdheit. Interessanter wurde es erst, als im zweiten Seminarjahr die Aspirantinnen begannen, selbst Unterricht in den verschiedenen Schulklassen zu erteilen. Das Niveau der Seminarklasse war nicht besonders hoch. Die Kleinbürgerinnen herrschten vor, weil es fast der einzige halbwegs geachtete Beruf war.

Für Mirjam brachten diese Jahre nichts wesentlich Neues. Es war eine verlängerte Schulzeit, und die zukünftigen Lehrerinnen waren noch in den Backfischjahren. Diese und jene hatte ein kleines Getechtel, und ein paar andere trösteten sich damit, daß sie die Schauspieler anschwärmten, die gewiß ihrethalben vor und nach den Proben auf dem gegenüberliegenden Trottoir herumspazierten.

Auch Mirjam fand diese Ausflucht für ihr erwachendes erotisches Empfinden. Das half ihr darüber hinweg, daß sie sich selbst für unschön und reizlos halten mußte. Sie nahm es hin, daß ihre hübsche jüngere Schwester schon allerlei Freundschaften hatte und daß die Freunde der Brüder oder von auswärts zu Besuch kommende Vettern mit der blonden Klara tändelten und sie selbst höchstens einer ernsten Unterhaltung würdigten. Mirjam empfand jedoch keinen Neid, dazu hatte sie Klara zu lieb. Nur eine gewisse Wehmut, ein unbestimmtes Sehnen, zu lieben und geliebt zu werden, erfüllte sie in diesen Jahren.

Die Freundin Frieda hatte mit 17 Jahren geheiratet. Eine tiefe Leidenschaft verband sie mit einem viel älteren Mann, der ein schweres Herzleiden hatte. Die Eltern, die Schwestern sagten ihr, sie solle ihr junges Leben nicht einem todkranken Mann opfern, sosehr sie auch von seinem Geist und Charakter gefesselt war. Die Ärzte rieten ab und gaben Manfred nur noch wenige Lebensjahre. Frieda war nicht umzustimmen. Ein Jahr des Glücks war den beiden beschieden. Dann starb Manfred in einem Kurort an der Riviera. Frieda war zerschmettert, als ob sie nie an eine solche Möglichkeit gedacht hätte. Jahrelang haderte sie mit ihrem Schicksal, und nur der Aufopferung einer ihrer Schwestern war es zu danken, daß sie schließlich ins Leben zurückfand.

Mirjam mußte die Freundin entbehren, die in Begleitung der Schwester weite Reisen machte und sich kaum je zu einem Brief aufraffte. Im Seminar knüpfte Mirjam keine tiefgehende Freundschaft, sie fand wohl einige gute Kameradinnen, die ihr aber nicht über die innere Einsamkeit hinweghelfen konnten. Ihre besten Stunden waren Spaziergänge in der schönen Umgebung Frankfurts mit Schulkameradinnen, mit der Schwester oder auch allein in den Anlagen am Main, in der Altstadt oder in den Straßen der nordöstlichen Vorstadt, wo man die sanfte Kurve des Taunus vor Augen hatte.

Einmal reiste sie in den Ferien zu den Verwandten der Mutter am Bodensee und in der Schweiz. In Offenburg stieg unerwartet Bruder Hermann in den Zug. Er war auf einer Geschäftsreise und hatte ausgeknobelt, daß Mirjam in diesem Zug sein müsse. Er erklärte ihr die Kunstbauten der Schwarzwaldbahn, die in drei Kehren immer höher zum Gipfel stiegen und dann herabfielen ins Donautal, und am Ende des Wegs lagen Konstanz und der weite See.

Bei dieser Reise empfand Mirjam wie auch schon bei früheren – einmal mit beiden Eltern in die Heimat des Vaters, mit der Mutter nach Wildbad, allein bei Verwandten, die wie Bauern auf dem Land lebten, daß sie freier atmete, wenn sie aus Frankfurt heraus war. Früher war ihr das nicht zum Bewußtsein gekommen, aber jetzt merkte sie, daß man ihr draußen anders entgegenkam als zu Hause – ohne ständige Vergleiche, ohne ewige Ermahnungen. Man hielt ihr auch nicht mit oder ohne Worte vor, daß sie ein kleiner Blaustrumpf sei, hier war sie jung unter anderen jungen Menschen.

Die Erinnerung an die schöne Reise war ein kostbarer Besitz. Es war das letzte Seminarjahr, und die Prüfung stand bevor. Mirjam plagte sich nicht übermäßig, sie war sicher, das Ziel zu erreichen. Da erkrankte sie an Diphterie, drei Wochen vor der Prüfung, eine dumme Sache. Noch im Fieber schrieb sie den Aufsatz über den Spruch: »Des Menschen Leben währt 70 Jahre und wenn es hoch kommt 80 Jahre, und wenn es köstlich gewesen, so ist es Mühe und Arbeit gewesen.« Alle Kandidatinnen hatten bestanden. Die Abschiedsrede des Direktors griff in die Tiefen des Seins, ja, sie wollte sein Abschiedswort erfüllen, es stand wie ein Gebot vor ihr: »Nichts Menschliches sei eurer Seele fremd!« Da kam ein kalter Strahl. Der Schulrat hatte auch noch sein Abschiedswort zu sagen. Dürr und trocken klang es, als er von den »Pflichten des Lehrers« sprach und daß dieser ein Vorbild sein müsse. Und dann noch ein Schlußsatz im Amtston: »Die jüdischen Damen wissen, daß sie auf Anstellung nicht zu rechnen haben.«

II.

Das geschäftsmäßige Schnarren des Schulrats war eine kalte Dusche, aber es schuf keine neue Situation und schloß auch nicht alle Türen zu. In einigen Volksschulen war ein gewisser Prozentsatz jüdischer Kinder, und im selben Maßstab sollten jüdische Lehrkräfte eingestellt werden. So machte sich Mirjam auf den Weg und suchte die Rektoren der in Frage kommenden Schulen auf. Bei einigen fand sie Verständnis, es entspann sich eine längere Unterhaltung, man wollte sie vormerken. Andere zuckten nur ablehnend die Achseln. In der »Frankfurter Zeitung« war ein Inserat »eine Institutsvorsteherin aus Neuilly sucht eine deutsche Lehrerin«, Bewerberinnen sollten sie in ihrem Hotel aufsuchen. Mirjam sprach zur angegebenen Zeit vor; nach wenigen Minuten wußte sie, daß sie von dieser kühlen, korrekten Dame nichts zu erwarten hatte. Später hörte sie, sie sei abgelehnt, weil sie in der Aufregung ihren Regenschirm mit ins Hotelzimmer gebracht hatte …

Zu Hause lachte man über ihre unglücklichen Versuche. »Sei froh, daß du nicht in die Tretmühle zu gehen brauchst«, meinte Daniel, der Medizinstudent, und Albert sagte: »Wir wollen gar nicht, daß unsere Schwestern Geld verdienen. Als ob wir sie nicht selber ernähren könnten!« Aber in Mirjam gärte und wühlte es. Kein Abschluß, ein Anfang sollte die bestandene Prüfung sein.

Eines Tages saß sie mit einem Buch auf der Gartenbank. Sie wußte nicht recht, was sie las, ihre Gedanken kreisten um die Frage: Was nun? Wohin mit meinem Wollen und Können? Da kam Frau M., die Milchfrau, die seit 20 Jahren im Hause ein- und ausging. »Was machen Sie denn jetzt, Fräulein Mirjam? Haben Sie schon eine Anstellung?« – »Ach nein, damit hat’s noch gute Wege, ich wollte, ich wäre soweit.« – »Bei mir wohnt ein jüdischer junger Mann, der vor dem Pogrom aus Kischinjew geflüchtet ist. Würde es Ihnen Freude machen, ihm deutschen Unterricht zu geben?« – Mirjam sagte ohne Zögern zu. Am nächsten Tag erschien ein blasser magerer Junge, fast gleichaltrig mit Mirjam, in einen Pelerinenmantel gehüllt, den er auch beim Unterricht fest um sich zog, als ob er nichts darunter anhätte. Gierig saugte der Schüler auf, was die Lehrerin etwas zaghaft hervorbrachte. Kam sie auf etwas zu sprechen, was er schon wußte, so unterbrach der Zadik[1] hastig: »Weiß ich, weiß ich, weiter!« Im Eilzugtempo wollte Mirjams erster Schüler die westeuropäische Zivilisation erobern, und es gelang ihm so gut, daß er ein paar Jahre später als Zarenspitzel in Bern entlarvt wurde und noch ein paar Jahre später als Syndikus bei Stinnes zeichnete.

Mirjam machte es wenig Freude, dieser überheizten Maschine neuen Betriebsstoff zuzuführen, allein ein erster Schritt war getan. »Zadik« war einer von den vielen Tausenden, die vor den Verfolgungen nach dem Westen geflohen waren. Bereits in der Suppenküche nebenan, wo Mirjam und ihre Schwester Klara bei der Essenausgabe halfen, sah man ganz andere Typen: stille, abgehärmte Menschen, deren dunkle Augen von der verlorenen Heimat träumten, ob sie wohl je wieder in ihre Hütte, in ihre Werkstatt zurückkämen, ob sie je das Gefühl verlieren würden, Fremde zu sein?

Seit einiger Zeit hatte die Waisenanstalt für jüdische Mädchen, die auch in derselben Straße lag, eine neue Leiterin, eine weißhaarige Dame mit jugendlichen, edlen Gesichtszügen, die ehrenamtlich diesen Posten übernommen hatte. Durch die Stadt schwirrten Gerüchte, eine unglückliche Liebe sei der Grund für diese unbegreifliche Aufopferung, und die Gevatterinnen fügten scheinheilig hinzu, es sei nicht recht, daß diese reiche Erbin einer Bedürftigen die Stelle wegnehme.