VfB Oldenburg 4.0 - Michael Kalkbrenner - E-Book

VfB Oldenburg 4.0 E-Book

Michael Kalkbrenner

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Beschreibung

Warum ist der VfB Oldenburg ein Traditionsverein? Warum kämpfen gerade Vereine mit ruhmreicher Vergangenheit immer wieder mit großen finanziellen Problemen? Welche Fehler hat der VfB Oldenburg gemacht? Welche Strategien führen in eine nachhaltige Zukunft des Vereins? Wie findet er den richtigen Trainer? Wie entwickelt er ein "Winning-Team"? Fragen über Fragen, erörtert in einem buch, das nicht nur über das Geschehen auf dem grünen Rasen erzählt. Der Autor plädiert für eine Vereinspolitik, die auf Entwicklung und Nachhaltigkeit setzt. Michael Kalkbrenner ist mit dem VfB Oldenburg dreimal in die 2. Bundesliga aufgestiegen und kennt den Verein als Fußballprofi, Vorstandsmitglied, Geschäftsführer, Manager, sportlicher Leiter und Fan. Er versteht dieses Buch als Liebeserklärung an seinen Verein und freut sich auf eine Diskussion über den bestmöglichen Weg in eine erfolgreiche Zukunft.

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»Unter der Asche meiner Liebe ist noch Glut«

(Helena Vondráčková)

Inhalt

Prolog

Einleitung

Die großen Erfolge

Tradition schießt keine Tore, aber…

Wofür steht mein Verein?

Das Problem der Umstände

Führungskonstanz im Fokus

Sportliches versus finanzielles Risiko

Nachhaltiges sportliches Konzept

Die Suche nach dem richtigen Trainer

Wir bauen uns ein „Winning Team“

Epilog

Prolog

»You may say I´m a dreamer … but I´m not the only one.«

John Lennon

September 2030. Ein Sonntagmittag in Oldenburg. Tausende Fans des VfB Oldenburg befinden sich in angespannter Vorfreude auf eine Spitzenbegegnung ihres Vereins in der 3. Fußball-Liga gegen Tabellenführer Dynamo Dresden, einem höchst attraktiven Gegner mit ruhmreicher Vergangenheit, der am Ende der zurückliegenden Spielzeit gerade erst aus der 2. Liga abgestiegen ist.

Aber nicht nur die Oldenburger freuen sich auf dieses große Event, auch in Wittmund, Aurich, Wilhelmshaven, Jever, Leer, Bad Zwischenahn, Westerstede und andere Orte rund um Oldenburg sammeln sich die VfB-Fans, um nach Oldenburg aufzubrechen; sie alle haben eine der so sehr begehrten Eintrittskarten ergattern können; sie alle werden später ihren Platz im schmucken Stadion im Stadtteil Donnerschwee finden - einer reinen Fußballarena mit ausschließlich überdachten Plätzen, die von der Stadt Oldenburg vor wenigen Jahren fertiggestellt wurde.

Auch die „Alten“ sind mit von der Partie. Der Verein hat dem revitalisierten Ehrenrat ein kleines Klubzimmer unter der Tribüne eingerichtet und überlässt ihm zu jedem Heimspiel 50 Freikarten. Die eine Hälfte bleibt in Oldenburg – mit der anderen werden zu jedem Heimspiel ehemalige Akteure eingeladen, die außerhalb Oldenburgs leben. Mit Begleitung natürlich. So kommt es immer wieder zu wunderschönen Wiedersehensszenen. Dieses Mal sind Jörg Butt, Krzysztof Zajac, Michael Schulz und einige andere dabei.

Als das Spiel angepfiffen wird, ist das Stadion bis auf den letzten Platz ausverkauft. Aufgrund der besonderen Atmosphäre im Stadion, verbunden mit dem beherzten, mutigen und offensiven Spiel der „Blauen“, wie der VfB liebevoll aufgrund seiner Vereinsfarben genannt wird, entsteht wieder einmal diese überschäumende Begeisterung auf den Rängen, die der eigenen Mannschaft Flügel verleiht – der VfB gewinnt in einem höchst attraktiven, spannenden Spiel mit 3 : 2.

Seit dem der VfB Oldenburg erneut in die 3. Liga aufgestiegen ist, beschränkt sich der Hype nicht nur auf die Spieltage. Sportshops, die noch vor gar nicht lange Zeit nur die Farben der Bayern, Dortmunder und Werderaner führten, verzeichnen mit Fanartikeln des VfB ordentliche Umsätze. Der Renner sind die neuen Kaffeebecher des Vereins, erhältlich mit der „Zitrone“ des VfB - dem Logo des Klubs - zusammen mit den Unterschriften der Spieler oder aber mit einer Zeichnung des neuen Stadions und der Aufschrift: „Theater der Träume“. Und pünktlich zur Einschulung präsentiert der Geschäftsführer des Vereins den „VfB-Tornister“.

Die Vereinsführung hat in den letzten Jahren viel bewegen können. Im Aufsichtsrat sowie im Vorstand findet sich eine perfekte Kombination aus kaufmännischer Kompetenz und Fußballsachverstand. Die Kapitalgesellschaft, in die das Profigeschäft ausgegliedert wurde, ist mit einem Geschäftsführer und sportlichen Leiter besetzt, die ihr Fach bestens beherrschen: ein strategischer Marketingplan liegt ebenso vor, wie ein schlüssiges, auf Langfristigkeit angelegtes sportliches Konzept.

Die Verantwortlichen haben auch erkannt, dass die Fans das wertvollste Kapital des Vereins sind. Aus diesem Grunde haben sie „Meckerveranstaltungen“ eingerichtet: Alle zwei Monate stehen „Präsident“, Geschäftsführer, sportlicher Leiter und Trainer den Fans Rede und Antwort. Die regelmäßigen Veranstaltungen mit den Sponsoren und Gönnern sind selbstverständlich.

Der Verein hat für sich geklärt, für welche Werte er steht und darüber hinaus eine Strategie entwickelt, wie er sein verbrieftes Leitbild mit Leben füllen will. Endlich ist der Verein dazu in der Lage, seiner Tradition und Bedeutung für die Stadt und Region gerecht zu werden – nicht nur die Fans des VfB Oldenburg stehen hinter ihrem Verein, sondern auch jene, die sich eher nicht für Fußball interessieren.

Auch das Verhältnis zur Politik und Stadtverwaltung hat sich gut entwickelt. Die zunehmende Verankerung des Vereins in der Stadtgesellschaft wird gewürdigt und der VfB als Werbeträger für Oldenburg durchgängig anerkannt. Da auch das Engagement der lokalen und regionalen Wirtschaft zugenommen hat, kann man fast von einer „strategischen Allianz“ von Fußball, Politik und Wirtschaft sprechen.

Mag sein, dass ich bei der von mir skizzierten Zukunft „meines“ Vereins im Jahr 2030 ein wenig zu viel Träume. Wie es aber bei John Lennon heißt, glaube ich jedoch „…I´m not the only one.“ Wenn sich nur genügend Menschen mit kühlem Verstand und heißem Herzen zusammentun, ist so vieles möglich.

Einleitung

Der VfB Oldenburg von 1897 e.V. zählt seit Jahrzehnten zu den sportlichen Leuchttürmen meiner Heimatstadt. Seine Strahlkraft reichte immer über Oldenburg hinaus, nicht selten bis in den letzten Winkel unseres Landes.

Bereits als junger Bursche hat mich der Verein mit seiner Fußballmannschaft fasziniert, da ich meinen Idolen mit größter Begeisterung nacheiferte. Später konnte ich meine Kindheitsträume beim VfB mit dem Aufstieg in die 2. Bundesliga verwirklichen. Nachdem ich diesen Erfolg mit dem 1. FC Saarbrücken und dem VfL Osnabrück wiederholen konnte, kehrte ich nach meiner aktiven Karriere zum VfB zurück. Ich übernahm mit Unterbrechungen Verantwortung im Vorstand, als Geschäftsführer, als Manager und zuletzt als sportlicher Leiter. Ich konnte den VfB während dieser Zeit noch zweimal in den Profifußball führen. Leider musste ich als Verantwortlicher auch einmal den Abstieg aus der 2. Bundesliga miterleben.

Ich habe mit dem VfB Oldenburg wunderbare Zeiten erlebt. Gleichzeitig wurde ich jedoch mit den Problemen eines Traditionsvereins konfrontiert, der zu sehr mit sich und seinem Umfeld beschäftigt war, insbesondere mit der Erwartungshaltung, die sich aus früheren Erfolgen ergibt. Daran hat sich bis heute nicht viel geändert.

Jenseits meiner persönlichen Erfahrungen an der Schwelle zwischen regionalem Spitzenfußball und Bundesliga habe ich mich intensiv mit der Professionalisierung und Kommerzialisierung des Fußballs beschäftigt sowie mit den sich daraus ergebenden Risiken, aber auch Chancen für Vereine, die in den Profifußball streben oder sich dort bewegen.

Mit diesem Buch unternehme ich den Versuch, die Herausforderungen des modernen Fußballs für den VfB Oldenburg zu beschreiben. Hierfür nehme ich zunächst sehr ausführlich die Vergangenheit des Vereins in den Blick, wie sie seinen Status als Traditionsverein begründet. Gleichzeitig werde ich die Fehlentwicklungen im Verein beschreiben, wie sie häufig gerade bei ruhmreichen Vereinen auch heute noch zu beobachten sind. Verständlicherweise greife ich dabei insbesondere auf die Zeiträume zurück, die ich beim VfB persönlich erlebt habe.

Darüber hinaus werde ich die positive Entwicklung des Vereins in den letzten Jahren kritisch würdigen, um anschließend der Frage nachzugehen, wie sich der VfB Oldenburg zukünftig in einem veränderten Umfeld aufstellen kann und welche Strategien eine nachhaltige Entwicklung des Vereins ermöglichen, die den sportlichen Erfolg bei wirtschaftlicher Stabilität wahrscheinlicher machen.

Bei dem Versuch, einen möglichen Weg in die Zukunft des VfB Oldenburg zu beschreiben, bemühe ich mich als Autor, eine Diskussion zu unterstützen, die sicherlich nicht nur innerhalb des Vereins unter den Verantwortlichen geführt wird – schließlich ist mir der VfB Oldenburg eine Herzensangelegenheit!

Die großen Erfolge

»Wir wollten in Bremen kein Gegentor kassieren. Das hat bis zum Gegentor auch ganz gut geklappt.«

Thomas Häßler

Der VfB Oldenburg wurde bereits im Jahr 1897 gegründet und etablierte im Laufe der Jahre neben dem Fußball weitere Sportarten im Verein. Der interessierte Leser mag dem Autor nachsehen, dass die Erfolge der Box-, Tennis-, Handball-, Volleyballabteilung und aller anderen nicht in den Blick genommen werden.

Auch möchte er die Erfolge der Fußballabteilung des VfB nicht kleinreden, die bis zum Aufstieg ihrer ersten Herren-Mannschaft in die 1945 gegründete und später bundesweit in fünf Staffeln gegliederte Oberliga (Süd, Südwest, West, Nord, Berlin) errungen wurden. Aber für bundesweites Aufsehen sorgte der VfB Oldenburg mit seiner Fußballmannschaft wiederkehrend erst seit seinem Aufstieg in die höchste bundesdeutsche Spielklasse im Jahr 1949. Darum soll es in diesem Kapitel im Wesentlichen gehen.

1945 bis 1963 Die goldenen Jahre des VfB

Nach dem 2. Weltkrieg begann man beim VfB Oldenburg im August 1945 wieder mit dem Fußballspiel. Sein erstes Spiel bestritt der VfB am 12. September 1945 beim Lokalrivalen VfL Oldenburg. Vor 3.000 Zuschauern ging der VfL in Führung, am Ende hieß es jedoch 5 : 2 für den VfB.

Im Jahr 1946 wurde der VfB Oldenburg in die Oberliga Niedersachsen Nord aufgenommen. Hier waren folgende Vereine vertreten: Werder Bremen, SV Hemelingen, Bremer SV, ASV Blumenthal, VfL Osnabrück, Eintracht Osnabrück, TuS Haste, Bremerhaven 93, SV Lehe Nord, SV Cuxhaven, TuS Lüttringen, VfL Germania Leer und der VfB Oldenburg. Unvergessen bleiben hier die Schlachten gegen den VfL Osnabrück, Werder Bremen oder Bremerhaven. Bitter das Saisonende. Nach der unglücklichen 1 : 3 Niederlage im Weserstadion gegen den Bremer SV belegte der VfB am Ende der Saison nur Platz 4, Werder Bremen wurde Meister und stieg in die neu geschaffene Oberliga auf.

Im Juli 1947 wurde die Landesliga mit zwei Nord- und drei Südstaffeln als zweithöchste deutsche Spielklasse unterhalb der neuen Oberliga Nord eingerichtet. In der Saison 1947/48 trafen in der Staffel Weser-Ems die beiden Lokalrivalen VfB und VfL Oldenburg aufeinander – ein Fest für die Oldenburger, die in Scharen ihre Mannschaften am Spielfeldrand unterstützten. Am Ende der Saison fand sich der VfB auf Platz 5, der VfL auf Platz 9 wieder - Meister wurde Eintracht Osnabrück.

In der folgenden Spielzeit konnte sich der VfB Oldenburg nach einer überragenden Saison mit 40 : 8 Punkten (damals noch zwei Punkte je Sieg) und einem Torverhältnis von 97 : 30 endlich selber die Meisterkrone aufsetzen. Der Name des VfB war derweil in aller Munde. Siege wurden zur Selbstverständlichkeit.

Um einen Platz in der Aufstiegsrunde zur Oberliga bewarben sich die fünf Staffelmeister – die ersten drei durften dann gegen die Hamburger und Schleswig-Holsteiner Vertreter weiterkämpfen. Und die VfB-Mannschaft spielte sich in die Herzen der Oldenburger. Sie verlor zwar 0 : 2 auf dem Schuttplatz in Hameln und unterlag 2 : 4 unglücklich gegen Lindern. Es folgten aber klare Siege gegen Hemelingen und Rot-Weiß Braunschweig sowie ein weiterer Sieg gegen die Braunschweiger in Osnabrück: dieses Spiel war aufgrund der Punktgleichheit erneut ausgetragen worden. Damit sicherte sich die Mannschaft den dritten Platz, der zur Teilnahme an der Aufstiegsrunde zur Oberliga berechtigte.

In den Spielen der Aufstiegsrunde gegen die Mannschaften vom Itzehoer SV, Harburger TB, SV Hemelingen, SV Linden 07 und Bergedorf 85 zeigten sich die VfBer von ihrer besten Seite. Am 19. Juni 1949 kam es zu einer regelrechten Völkerwanderung, als 12.000 Zuschauer sich das Spiel ihrer Mannschaft im heimischen Stadion in Donnerschwee nicht entgehen lassen wollten. Der VfB gewann in einem herrlichen Kampfspiel 2 : 0 gegen Itzehoe – die beiden Tore des späteren Nationalspielers „Fiffi“ Gerritzen begeisterten die Massen.

Das nächste Auswärtsspiel in Harburg gewann die Mannschaft mit 3 : 0 und es folgte auf dem Platz des VfL Osnabrück ein 4 : 3 gegen Lindern 07. Der Aufstieg schien gesichert, doch der SV Hemelingen ließ die Rechnung nicht aufgehen, der VfB unterlag 1 : 3.

Dass alles entscheidende Spiel am 10. Juli 1949 gegen Bergedorf im eigenen Stadion sollte die Massen mobilisieren. Ganz Oldenburg pilgerte zum VfB-Platz, Sonderzüge brachten auswärtige Gäste. Rund 15.000 Zuschauer bekamen unvergessliche 90 Minuten geboten. Umjubelt wurden fünf Tore von Gerritzen und Mävers, eines schöner als das andere. Der VfB gewann 5 : 0 und hatte damit den großen Sprung in die höchste deutsche Spielklasse geschafft. Nach dem Schlusspfiff spielten sich unbeschreibliche Szenen auf dem VfB-Platz ab. Und über alles hinweg donnerte der Schlachtruf „VfB – VfB“. Strahlende Gesichter, wo man auch hinschaute, ganz Oldenburg war aus dem Häuschen. Blumen und Glückwünsche gab es en gros für folgende Spieler, die diesen großen, für die Vereinsgeschichte so wichtigen Erfolg erreicht hatten:

Grote, Schlack, Heger, Hofmann, Schüttners, Iken, Gerritzen, Emmerich,, Mävers, Konopka und Härtig. Trainiert wurde die Mannschaft von Trainer Fritz Blaschke.

Günther Iken, damaliger Mannschaftsführer der Aufstiegstruppe, kam geradezu ins Schwärmen, wenn er später auf seine Zeit beim VfB angesprochen wurde:

„In den Jahren, als noch kein deutscher Meister ausgespielt wurde, geschweige denn ein Europapokal, hatten die Freundschaftsspiele einen ganz anderen Charakter. In den grauen Jahren der Nachkriegszeit wurde Oldenburg in einen Fußballtaumel versetzt. Wie oft war der VfB-Platz ausverkauft, nicht selten überfüllt. Beim Spiel gegen FC St. Pauli (mit vielen Nationalspielern) gab es unter den Zuschauern verletzte, beim VfL Osnabrück mussten wir uns mühsam den Weg zum Sportplatz freikämpfen. Die Menge stand bis zu den Zehenspitzen an der Außenlinie. Westfalia Herne, der damalige West-Zweite, zog in Oldenburg mit 1:3 den Kürzeren. In Herne konnten wir vor 30.000 Zuschauern trotz einer 3 : 4 Niederlage begeistern, nachdem der HSV einen Tag vorher ziemlich kläglich gegen Schalke 04 verloren hatte. Der Düsseldorfer ‚Mittag‘ brachte in Schlagzeilen: ‚Der VfB Oldenburg rehabilitiert den Norden‘. Ferner wurde Schalke 04, der West-Meister, in Oldenburg mit 1 : 0 geschlagen. Weltklassespieler Kuzorra fand nur lobende Worte für die Oldenburger Mannschaft. Der Herbstmeister des Westens, Horst-Emscher, trat mit vielen Nationalspielern an und kam über ein torloses Unentschieden nicht hinweg. Zum 50jährigen Jubiläum wurde der Berliner Meister, Hertha BSC, mit 5 : 0 besiegt. In Punktkämpfen wurden beispielsweise Werder Bremen und der Hamburger SV nicht ‚niedergeknüppelt, sondern jeder Augenzeuge erinnerte sich noch lange an die spielerische Überlegenheit.“

Die erste Saison des VfB Oldenburg in der höchsten deutschen Spielklasse wurde anlässlich der Einweihung des neu hergerichteten Sportplatzes in Donnerschwee im August 1949 mit einem Freundschaftsspiel gegen den alten Rivalen VfL Osnabrück eingeläutet. Tore von Mävers und Gerritzen bescherten vor 10.000 Zuschauern einen 2 : 0-Sieg.

In der Oberliga Nord bekam es der VfB Oldenburg mit Mannschaften zu tun, die ihm im Laufe der nächsten Jahrzehnte immer wieder einmal begegnen sollten: Hamburger SV, FC St. Pauli, VfL Osnabrück, Werder Bremen, Eintracht Braunschweig, SC Concordia Hamburg, Hannover 96, Eimsbütteler TV, Bremerhaven 93, Holstein Kiel, SV Arminia Hannover, Göttingen 05, Bremer SV, VfB Lübeck, Harburger TB.

Unumstrittener Star in der Oberliga Nord war und blieb jedoch der Hamburger Sportverein. Er wurde nicht nur in der Spielzeit 1949/50 überlegen Meister, sondern sicherte sich den 1. Tabellenplatz in der Oberliga Nord durchgehend bis zur Einführung der Bundesliga im Jahr 1963 - nur einmal, am Ende der Spielzeit 1953/54, musste er Hannover 96 den Platz an der Sonne überlassen. Während dieser Zeit konnte sich der HSV in den Aufstiegsrunden gegen die Meister der Oberligen West, Süd, Südwest und Berlin jedoch nur einmal durchsetzen - 1960 wurde er deutscher Meister. Dagegen wurde Nationalspieler Uwe Seeler vom HSV gleich siebenmal Torschützenkönig in der Oberliga.

Aus den genannten Gründen sorgte die Oldenburger Mannschaft am 16.10.1949 für die Sensation der Liga, als sie den „großen“ HSV mit 1 : 0 bezwang. Goldener Torschütze war in der 15. Minute Heinz Mävers, der mit einem herrlichen Kopfball erfolgreich war. 20.000 Zuschauer waren Zeuge dieses außergewöhnlichen Sportereignisses. Im Rückspiel revanchierte sich der HSV allerdings mit einem 7 : 2. In seinen Reihen standen so namhafte Spieler, wie Posipal, Spundflasche und Meinke. Es kam noch zu weiteren herausragenden Spielbegegnungen während der Saison 1949/50. So konnte der VfB abermals vor 20.000 Zuschauern daheim den 1. FC St. Pauli mit 2 : 1 und vor 10.000 Besuchern Werder Bremen mit 3 : 2 besiegen. Am Ende der Saison belegte der VfB den 9. Tabellenplatz – ein sehr gutes Ergebnis für einen Aufsteiger.

Zu diesem guten Ergebnis trug ein Stürmer bei, der neben „Fiffi“ Gerritzen seit einem Jahr für den VfB Oldenburg auf Torjagd ging und es in der abgelaufenen Saison auf 19 Tore gebracht hatte: „Ötti“ Meyer. Wie sein kongenialer Sturmpartner sollte auch er es einmal bis in die Nationalmannschaft bringen, nachdem er zum VfL Osnabrück wechselte und mit der legendären Mannschaft der Saison 1951/52 in die Endrunde zur deutschen Meisterschaft einzog. Mit 29 Treffern in 28 Spielen wurde er gleichzeitig Torschützenkönig im Norden.

*

Die herausragenden Leistungen des VfB Oldenburg führten zu einer großen Begeisterung in und um Oldenburg. Aber ohnehin stand der Fußball in Deutschland vor seiner bislang größten und überwältigendsten Boomphase. Das Wirtschaftswunder war nach dem zweiten Weltkrieg eingeleitet worden und das kulturelle Leben wieder im vollen Gange. Sinkende Arbeitslosenzahlen ließen die Menschen ihre Sorgen vergessen und der Stadionbesuch wurde zu einem gern gepflegten Ereignis. Aus den Oberligen wurden Rekordkulissen gemeldet. In den Qualifikationsspielen zur Deutschen Meisterschaft kamen im Schnitt über 40.000 Zuschauer. Sonntag für Sonntag strömten die Zuschauer in die Stadien. Montag für Montag wurde in den Schulen, auf der Straße, in den Betrieben und Büros über Siege und Niederlagen diskutiert. Auch in Oldenburg gab es kaum einen Menschen, der nicht von der Magie des runden Leders eingefangen wurde.

Die Oberligen waren ideale Spielklassen für Ihre Zeit. Sie garantierten ausreichend Derbys, sie verschafften kleineren Vereinen Pflichtspiele gegen die „Großen“, und sie vermochten ganze Regionen zu elektrisieren. Der Zuschauerboom machte bei den höchsten Spielklassen nicht halt. Auch in den unteren Spielklassen, selbst in den Kreisligen, strömten mitunter tausend Menschen. Zugleich erlebte der Fußball eine neue Ausprägung in Form von „Straßenfußball“, selbst in den kleinsten Dörfern wurde nun nach Herzenslust gekickt.

Die Gründe waren vielfältig. Es gab kein Fernsehen, das hochklassigen Fußball als Alternative zum „Basis-Gekicke“ bot. Es gab wenig andere sportliche oder kulturelle Veranstaltungen, die einen derartigen Reiz ausübten, wie der Fußball. Die Identifikation mit den Mannschaften viel leicht, weil überall Einheimische und damit Bekannte spielten, denen man häufig im Alltagsleben begegnete. Nicht zuletzt war die Mobilität der Menschen zu jener Zeit deutlich geringer als heute. Und auch die Geschlechterrolle spielte eine wichtige Rolle. Denn in den 50iger Jahren verbrachten die Männer häufig den Sonntag auf dem Sportplatz, während sich die Frauen um die Kinder und das Essen kümmerten.

Im Mai 1949 gab es ein bemerkenswertes Ereignis, dass den Fußball auch beim VfB Oldenburg zunehmend verändern sollte. Bisher hatten die Spieler für ihre sportlichen Leistungen häufig Zuwendungen in Form von Naturalien erhalten oder sie wurden von ihren Gönnern mit attraktiven Arbeitsplätzen gelockt.

Mit dem Aufstieg der ersten Fußballmannschaft in die Oberliga Nord wurde beim VfB Oldenburg das Vertragsspielersystem eingeführt. In einem Vertrag zwischen dem VfB Oldenburg und dem Niedersächsischen Fußballverband (NFV) wurde am 01. August 1949 das Vertragsspielerstatut unterzeichnet, das im Juli 1949 vom DFB für die Oberligen beschlossen worden war. Die Gesamtentschädigung eines Spielers durfte den Betrag von 320 DM brutto monatlich nicht überschreiten, was immerhin in etwa einem Facharbeiterlohn entsprach. Erlaubt waren darüber hinaus die Erstattung von Reisekosten, die kostenlose Verpflegung und Sonderprämien beim Gewinn einer Meisterschaft. Der einzelne Spieler musste jedoch weiterhin einem „ordentlichen“ Beruf nachgehen. Auf diesem Wege wurde der Spieler nicht zum Arbeitnehmer, sondern zum Vertragsspieler mit der Konsequenz, dass der Verein seine Gemeinnützigkeit und damit seine steuerlichen Vorteile behalten konnte – die Finanzämter hatten vorher ihr o.k. gegeben.

Letztlich wurde jedoch nicht de jure, aber de facto der bezahlte Fußball in Oldenburg eingeführt. Umso mehr, als in vielen Vereinen die Spieler Gehaltszahlungen für Arbeiten erhielten, die sie in Wirklichkeit nicht leisteten. Darüber hinaus führte der „Bargeld-Professionalismus“ häufig dazu, dass auch die vorgesehenen Höchstverdienstgrenzen überschritten wurden, die das Vertragsspielerstatut vorsahen.

In der Folge waren die sportliche Bilanz der ersten Mannschaft und die ökonomische Situation des Vereins aufs engste miteinander verknüpft. Bis zur Einführung des Vertragsspielersystems konnten die Vereine ihren Haushalt verlässlich planen, in den Zeiten danach hatten die Finanzverwalter in der Jahreshauptversammlung stets den Erklärungsbedarf ihrer Mitglieder zu befriedigen

*

Alles andere als zufriedenstellend verlief die zweite Spielzeit des VfB in der Oberliga Nord 1950/51. Der Verein hatte seinen Torjäger „Fiffi“ Gerritzen verloren, der in die Oberliga West zu Preussen Münster gewechselt war. Es handelte sich bei ihm um einen Straßenfußballer par excellence, der in Münster im „Hunderttausend-Mark-Sturm“ zum Nationalspieler aufstieg und zur Münsteraner Fußball-Legende schlechthin avancierte.

Sicherlich lag es nicht nur am Verlust ihres Torjägers, dass die Oberliga-Mannschaft des Vereins nicht an die in den beiden Vorjahren gezeigte Form anknüpfen konnte und in Abstiegsnöte geriet. Nachdem der VfB am Saisonende im entscheidenden Spiel bei Eintracht Braunschweig verlor, war der Abstieg des Vereins aus der Oberliga Nord am 29. April 1951 besiegelt. Er musste den bitteren Weg in die zweitklassige Amateur-Oberliga nehmen.

Herausragende Ereignisse im Saisonverlauf waren einmal mehr die Spiele gegen den Hamburger SV und gegen Werder Bremen gewesen. In Oldenburg gab es gegen die Hamburger dank einer tollen Energieleistung ein 1 : 1. Im Rückspiel sicherte sich dann der HSV mit dem 6 : 4 - Sieg die Meisterschaft. Gegen Werder kassierte der VfB in Bremen eine 1 : 2 - Niederlage und in Oldenburg musste sich der VfB mit einem 1 : 1 zufriedengeben.

In der Vorbereitung auf die Spielzeit 1951/52 kam es im Rahmen einer Werbewoche des VfB Oldenburg zu einem höchst attraktiven Freundschaftsspiel zwischen dem VfB Oldenburg und dem HSV, das die VfBer mit 2 : 1 fürsich entscheiden konnten. Bei dieser Gelegenheit wurde die neue Vereinsfahne „geweiht“ und das neue Vereinslied aus der Taufe gehoben.

Der Start in die neue Spielzeit in Deutschlands zweithöchster Spielklasse war nicht berauschend. Der VfB verlor 0 : 1 bei Roland Delmenhorst. Doch nach fünf Spieltagen setzte sich die Mannschaft an die Tabellenspitze. Ihr gelangen infolge neun Zu-Null-Spiele – bei 27 : 0 Toren. Nachdem die Herbstmeisterschaft souverän errungen wurde, stand die Mannschaft auch am Ende der Spielzeit mit 52 : 16 Punkten und 108 : 25 Toren auf dem 1. Tabellenplatz. Torschützenkönig wurde Kurt Kempf vom VfB mit 21 Treffern, was dem Verein letztlich nicht half. In der Aufstiegsrunde scheiterte der VfB frühzeitig. Der Verein musste sich somit auf ein weiteres Jahr in der Amateur-Oberliga einstellen.

In der Spielzeit 1952/53 ereilte dem VfB das gleiche Schicksal, wie im Jahr zuvor. Zwar erreichte die Mannschaft erneut die Meisterschaft, wenn auch nicht ganz so souverän, jedoch scheiterte sie erneut in der Aufstiegsrunde frühzeitig. Allerdings konnte ein 17-jähriger Debütant auf sich aufmerksam machen. Aus der A-Jugend hatte man „Waldi“ Hoffmann in die erste Mannschaft geholt. Als Stürmer wusste er auf Anhieb zu gefallen.

Die Saison 1953/54 wurde geprägt durch einen erbitterten Zweikampf zwischen Eintracht Nordhorn und dem VfB. Als es zum Duell der beiden Rivalen in Oldenburg kam, wollten sich 10.000 Zuschauer in Oldenburg dieses hochinteressante Duell um die Tabellenführung im heimischen Stadion nicht entgehen lassen. Sie mussten sich jedoch mit einem 2 : 2 gegen die Emsländer zufrieden geben. Am Ende reihten sich die Oldenburger in der Tabelle auf Platz zwei hinter Eintracht Nordhorn ein, der auch zur Teilnahme an der Aufstiegsrunde berechtigte. Torschützenkönig der Oldenburger wurde „Waldi“ Hoffmann mit 22 Toren. Der VfB hatte sich zum dritten Mal infolge für die Aufstiegsrunde qualifiziert, die an Spannung und Dramatik nichts zu wünschen übriglassen sollte.

Zum Auftakt gab es mit dem 0 :1 gegen Teutonia Uelzen einen bitteren Rückschlag. Gegen den Itzehoer SV wurde mit dem 1 : 1 ein weiterer Punkt verschenkt. Doch dann kamen die „Blauen“ ins Rollen. Dem 3 : 0 bei Bergedorf 85 folgte ein 2 : 1 gegen den gleichen Gegner. Und ein 3 : 1 beim Itzehoer SV. Dadurch wurde ein Entscheidungsspiel gegen Teutonia Uelzen auf neutralem HSV-Platz in Hamburg notwendig.

Am 12. Juni 1954 hieß es für die Oldenburger Fußballfreunde: „Auf nach Hamburg!“ Selbst die Oldenburger Stadtväter folgten diesem Ruf und insgesamt 18.000 Zuschauer verfolgten am legendären Rothenbaum eine von großer Spannung geprägte Partie. Am Ende konnten die Oldenburger nach einem nervenaufreibenden Spiel jubeln. Erst nach der Verlängerung stand der Sieger fest: 3 : 2 siegten die Oldenburger durch zwei Tore von „Waldi“ Hoffmann und einem Treffer von Remmers. Tausende Oldenburger stürmten den Rasen und trugen die VfB-Spieler auf Schultern in die Kabine. Diesen weiteren großartigen Erfolg für den VfB Oldenburg sicherten:

Heinz Hofmann, Frohmüller, Kempf, Scholz, Manfred Hoffmann, Erdmann, Remmers, Adrian, „Waldi“ Hoffmann, Hässel und Clüver. Trainer der Aufstiegsmannschaft war Hennes Tibulsky.

In der Spielzeit 1954/55 schlug sich der VfB Oldenburg bravourös in der Oberliga Nord. Die Gegner hießen Hamburger SV, Bremerhaven 93, Werder Bremen, Altona 93, Hannover 96, Eintracht Braunschweig, FC St. Pauli, Elmsbütteler SV, VfL Osnabrück, Holstein Kiel, SV Arminia Hannover, 1. SC Göttingen 05, VfL Wolfsburg, Bremer SV und Harburger TB. Am Ende der Saison erreichte der VfB Oldenburg einen achtbaren 11. Tabellenplatz mit 25 : 35 Punkten.

Zu Beginn der Saison 1955/56 verstärkte sich der VfB mit Gerd Ihns, der von FK Pirmasens an die Hunte wechselte. Zudem schaffte es aus der A-Jugend Burghart Rylewicz als 18-Jähriger in die Oberligamannschaft. Mit der A-Jugend hatte er zuvor ungeschlagen die Meisterschaft errungen mit einem Torverhältnis von 323 : 41 Toren! Rylewicz selber hatte unglaubliche 121 Tore beigetragen. Anschließend holte er sich mit seiner Mannschaft noch den Titel des Niedersachsen-Meisters.

Trotz der gezielten Verstärkungen musste der VfB bittere Schlappen einstecken. Gegen Hannover 96 und Werder Bremen gab es jeweils ein 1 : 5. Bei Hannover spielten so namhafte Akteure wie Kramer, Geruschke, Bothe, Hundertmark, Wewetzer und Paetz. Werder bot Spieler auf wie Schütz und Schröder. Derweil wurde dem ruhmreichen HSV mit Uwe und Dieter Seeler, Schnoor, Meinke, Posipal und Stürmer vor über 20.000 Zuschauer in Donnerschwee ein 1 : 1 abgetrotzt. Dieses Unentschieden ärgerte die Hamburger mächtig und im Rückspiel wiesen sie die Oldenburger gleich mit 6 : 1 in die Schranken. Am Ende der Spielzeit belegte der VfB Oldenburg leider nur den 15. Tabellenplatz und musste damit erneut den Gang in die Zweitklassigkeit antreten.