Vier Führungsprinzipien der Bibel - Volker Kessler - E-Book

Vier Führungsprinzipien der Bibel E-Book

Volker Kessler

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Beschreibung

"Wie gehe ich mit dieser Verantwortung um?" "Darf ich überhaupt Macht einsetzen?" "Als Christ soll ich lieben und vergeben - wie passt dies zu meiner Führungsaufgabe?" Wer andere Menschen führt, wird sich immer wieder diese und ähnliche Fragen stellen. Volker Kessler rät, sich dabei am wichtigsten Gebot zu orientieren: Gott von ganzem Herzen unf mit ganzer Hingabe zu lieben, und seinen Mitmenschen wie sich selbst. Er enfaltet das Wesen christlicher Führung in vier Facetten: Dienst, Macht, Verantwortung und Vergebung. Dabei geht es mehr um die innere Einstellung als um Handlungsanweisungen, denn wenn die innere Haltung nicht passt, nützen alle Tipps der Managementliteratur nichts. Damit diejenigen, die wirklich das Potenzial zu leiten haben, es auch tun, und nicht immer nur die Falschen bereit sind, zu führen.

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Volker Kessler

VierFührungsprinzipiender Bibel

Dienst, Macht, Verantwortung und Vergebung

Wenn nicht anders vermerkt, werden die Bibelstellen aus dem Neuen Testament und den Psalmen nach der Neuen Genfer Übersetzung© Genfer Bibelgesellschaft, Genf 2009 (NGÜ) wiedergegeben und die anderen alttestamentlichen Stellen nach der revidierten Elberfelder Übersetzung © R. Brockhaus Verlag, Wuppertal 1985/1991 (ELB).Sonst: Lutherbibel, revidierter Text 1984, durchgesehene Auflage in neuer Rechtschreibung, © 1999 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart. (LÜ)

Bildnachweis S. 19:

© The Prince of Wales. www.princeofwales.gov.eu

Die Edition AcF wird herausgegeben von der Akademie für christliche Führungskräfte, Furtwänglerstraße 10, 51643 Gummersbach.

Basiert auf der 3. Auflage 2022

© Brunnen Verlag 2012

www.brunnen-verlag.de

Umschlaggestaltung: Daniela Sprenger

Umschlagmotiv: Shutterstock

Satz: Die Feder GmbH, Wetzlar

ISBN Buch 978-3-7655-2094-5

ISBN E-Book 978-3-7655-7660-7

Inhaltsverzeichnis

1.Führen als Christ: Das Doppelgebot der Liebe

2.Führen als Dienst

2.1Dienende Führung als Leitbild

2.2Missverständnisse über dienende Führung

2.3Servant Leadership – Führen durch Dienen

2.4Facetten dienender Führung

2.5Resümee

3.Führen mit Macht

3.1Was ist Macht?

3.2Macht aus biblisch-theologischer Sicht

3.3Zwischen Machtmissbrauch und Machtverzicht

3.4Macht als sozialer Prozess

3.5Verschiedene Machtbasen

3.6Macht aus interkultureller Sicht

3.7Ethische Leitlinien zum Umgang mit Macht

4.Verantwortlich führen

4.1Verantwortung vor jemandem

4.2Das Bewusstsein der Verantwortung

4.3Wofür ist man verantwortlich?

4.4Fazit zur Verantwortung

5.Führen aus und mit Vergebung

5.1Christliche Führungskräfte leben aus der Vergebung

5.2Christliche Führungskräfte schenken Vergebung

5.3Wie oft soll man vergeben?

5.4Fazit zu Verantwortung und Vergebung

6.Dennoch: Mut zum Führen

Anmerkungen

Literatur

Dank

1. Führen als Christ: Das Doppelgebot der Liebe

Manche werden (fast) als Führungskräfte geboren. Schon sehr früh zeichnet sich ab: Menschen folgen ihnen. Anderen geht es vielleicht wie Forrest Gump in dem gleichnamigen Film: Er läuft einfach los – und wundert sich darüber, dass andere ihm folgen. Egal, ob Sie nun eine „geborene“ Führungskraft sind oder ob Sie selbst darüber staunen, dass Sie jetzt auf einmal führen. Dieses Buch ist geschrieben für beide Arten von Führungskräften. Das Buch ist auch geschrieben für Menschen, die selbst keine Führungskräfte sind, aber den Wunsch haben, in einer Umgebung zu arbeiten, deren Führungskultur vom Geist Christi geprägt ist.

Wer andere führt, fragt sich vielleicht: „Wie gehe ich mit der Verantwortung um?“ „Darf ich überhaupt Macht einsetzen – und wenn ja, gibt es Kriterien für einen guten Umgang mit Macht?“ „Als Christ soll ich lieben und vergeben – wie passt dies zu meiner Führungsaufgabe?“

Die Bibel enthält viele Gebote und Ratschläge für ein Leben, das Gott gefällt. Welche Weisung ist davon am wichtigsten? Jesus selbst erklärt, was das wichtigste und größte Gebot ist:

„Das wichtigste Gebot ist: ‚Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der alleinige Herr. Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, mit ganzer Hingabe, mit deinem ganzen Verstand und mit all deiner Kraft.‘ An zweiter Stelle steht das Gebot: ‚Liebe deine Mitmenschen wie dich selbst!‘ Kein Gebot ist wichtiger als diese beiden.“

(Markus 12,29-31)

Jesus kombiniert hier zwei Gebote aus dem Alten Testament: Das erste bezieht sich auf Gott, das zweite auf die Mitmenschen. Man nennt dies deshalb das „Doppelgebot der Liebe“. Es hat eine vertikale Dimension (Gott) und eine horizontale Dimension (die Mitmenschen).

Abbildung 1: Doppelgebot der Liebe

Manchmal wird diese Stelle so interpretiert, als ob hier drei Gebote ständen: erstens Gott lieben, zweitens die Mitmenschen lieben und drittens sich selbst lieben. Damit will man der Erkenntnis Rechnung tragen, dass nur der seine Mitmenschen lieben, annehmen kann, der sich auch selbst lieben, annehmen kann. Dieser Zusammenhang ist zwar plausibel – aber davon findet sich nichts in diesem Text. Der Bibeltext formuliert kein Gebot, sich selbst zu lieben, sondern setzt einfach voraus, dass man sich selbst liebt. Er geht von dem Normalfall des psychisch Gesunden aus, der sich annimmt, wie er ist, und sich selbst Gutes tut. Dieses Gute soll er auch seinem Mitmenschen tun.

Wenn das Doppelgebot der Liebe das wichtigste Gebot für alle Menschen ist, so gilt dies natürlich auch für christliche Führungskräfte – und für sie vielleicht ganz besonders, weil Führungskräfte immer auch Vorbildfunktion haben.

Es gibt unterschiedliche Sichtweisen darüber, was eine Führungskraft ist.1 Ich verwende das Wort „Führungskraft“ oder „Führer“2 in einem sehr weiten Sinne: „Ein Führer ist eine Person, der andere folgen.“3 Diese weit gefasste Definition beinhaltet ein großes Spektrum: vom Personalverantwortlichen in einer Firma mit hoher formaler Macht bis zur ehrenamtlichen Gemeindeleitung mit wenig formaler Macht; vom Lehrer an einer Bildungseinrichtung bis hin zu einer Rednerin oder Autorin, die als „geistige Führerin“ Ideen entfaltet, denen andere folgen.

„Ein Führer ist eine Person,der andere folgen.“

Unter einer christlichen Führungskraft verstehe ich eine Führungskraft, die bewusst Christus nachfolgt. Eine christliche Führungskraft kann eine Führungskraft in einer christlich orientierten Organisation wie zum Beispiel Kirche oder Diakonie sein. Es kann aber auch ein Christ sein, der Führungsverantwortung in einer säkularen Organisation hat.

Fragt man danach, wie sich eine christliche Führungskraft verhalten soll, so lautet die erste Antwort: Orientiere dich an dem Doppelgebot der Liebe!

Die Bedeutung des ersten Teils des Doppelgebots leuchtet sofort ein: Wer sich nicht an das Gebot halten will, den Gott zu lieben, der sich in Christus offenbart hat, sollte sich auch nicht als Christ bezeichnen.

Aber auch der zweite Teil ist wichtig. Nur der sollte Menschen führen, der sie auch liebt. Das erlebt man oft anders: Chefs schimpfen darüber, wie faul ihre Mitarbeiter sind; Lehrer jammern darüber, wie dumm ihre Schüler sind, und Gemeindeleiter beklagen sich darüber, wie ungeistlich und träge ihre Gemeindeglieder sind. Man kann Verständnis dafür haben, wenn ein Leiter gelegentlich frustriert über seine Leute ist – so wie es auch häufig vorkommt, dass Mitarbeiter über ihren Chef frustriert sind. Problematisch ist es, wenn diese negative Haltung zur Grundhaltung der Führungskraft wird. Das Bild, das sie im Kopf hat, wird ihren Führungsstil prägen. Sie wird vorzugsweise mit Druck führen oder mit „Zuckerbrot und Peitsche“ – und bald sind beide Seiten frustriert: die Führungskraft und die Mitarbeiter/innen. Wer die Menschen, die er/sie führen soll, nicht annehmen kann, sollte auch die Führungsaufgabe nicht annehmen. Genauso gilt: Man sollte einer Person niemals eine Führungsaufgabe anvertrauen, wenn sie die Menschen, die sie führen soll, nicht liebt.

Dies bedeutet natürlich nicht, dass die Führungskraft über die Fehler der Mitarbeiter die Augen verschließt oder Dinge gutheißt, die nicht akzeptabel sind. Aber es ist eben zu unterscheiden zwischen der Tat und dem Täter. Schon Benedikt von Nursia (480–547) weist in seiner Regel den Abt an: „Er hasse die Fehler, er liebe die Brüder“ (Regel des Benedikt 64,11).

Der 1. Johannesbrief im Neuen Testament zeigt auf, wie das Gebot der Gottesliebe und das Gebot der Nächstenliebe miteinander verwoben sind. Die Nächstenliebe ist der Echtheitstest für die Gottesliebe:

Wenn jemand behauptet: „Ich liebe Gott!“, aber seinen Bruder oder seine Schwester hasst, ist er ein Lügner. Denn wenn jemand die nicht liebt, die er sieht – seine Geschwister –, wie kann er da Gott lieben, den er nicht sieht?

(1. Johannes 4,20)

Die Nächstenliebe ist der Echtheitstestfür die Gottesliebe.

Beide Gebote der Liebe haben ihren Ursprung bzw. ihr Fundament darin, dass Gott uns zuerst seine Liebe schenkt (1Joh 4,7.10). Papst Benedikt XVI. entfaltet diesen Zusammenhang zwischen Gottes- und Nächstenliebe sehr klar in seiner Enzyklika Deus caritas est, welche 1. Johannes 4,16 als Ausgangspunkt hat:

Er hat uns zuerst geliebt und liebt uns zuerst; deswegen können auch wir mit Liebe antworten. … Er liebt uns, lässt uns seine Liebe sehen und spüren, und aus diesem „Zuerst“ Gottes kann als Antwort auch in uns die Liebe aufkeimen.

Gottesliebe und Nächstenliebe sind untrennbar: Es ist nur ein Gebot. Beides aber lebt von der uns zuvorkommenden Liebe Gottes, der uns zuerst geliebt hat. So ist es nicht mehr „Gebot“ von außen her, das uns Unmögliches vorschreibt, sondern geschenkte Erfahrung der Liebe von innen her, die ihrem Wesen nach sich weiter mitteilen muss.

(Deus caritas est I.17+18)

Gottesliebe und Nächstenliebe sind also untrennbar miteinander verbunden. Eine christliche Führungskraft hat sich an dem Doppelgebot der Liebe zu orientieren. Was bedeutet dies praktisch?

In diesem Buch werde ich es an vier wesentlichen Facetten erläutern: Dienst, Macht, Verantwortung und Vergebung. So wie das Doppelgebot der Liebe eine vertikale und eine horizontale Dimension hat, so haben auch diese vier Facetten jeweils eine vertikale, auf Gott ausgerichtete, und eine horizontale, auf die Menschen ausgerichtete Dimension. Für eine Führungskraft gilt:

1.Ich diene Gott, und ich diene meinen Mitmenschen.

2.Ich habe Macht von Gott bekommen, und ich übe sie über andere Menschen aus.

Ich bin vor Gott und vor Menschen verantwortlich, und ich bin verantwortlich für die Menschen, über die ich Macht habe.

3.Ich lebe selbst aus der Vergebung Gottes, und ich bin bereit, meinen Mitarbeitern zu vergeben.

Abbildung 2: Vier Facetten der Liebe in Bezug auf Führen

Es geht in diesem Buch mehr um die innere Einstellung und den Charakter der Führungskraft als um konkrete Handlungsanweisungen. Zur Frage, wie man ein Mitarbeitergespräch konkret führt oder wie man eine Sitzung leitet, gibt es eine große Auswahl von Literatur mit guten Tipps. Allerdings nützen die vielen Tipps aus der Managementliteratur nichts, wenn die innere Haltung nicht dazu passt. In diesem Buch geht es deshalb mehr um die „Herzenshaltung“: Wie gehe ich adäquat mit Dienst, Macht, Verantwortung und Vergebung um? Wie kann ich das Doppelgebot der Liebe im Hinblick auf diese vier Facetten umsetzen?

Zu jeder einzelnen der vier Facetten gibt es gute Literatur. Ziel dieses Buches ist, ein Panorama aufzuzeigen, in dem die vier Facetten miteinander in Beziehung gesetzt werden. Es ist ein Kompendium dessen, was ich nach dreizehn Jahren an der Akademie für christliche Führungskräfte für wesentlich halte.4 Ein Kompendium ist bewusst kurz. In der Literaturliste und in den Anmerkungen findet sich weiterführende Literatur.

2. Führen als Dienst

2.1 Dienende Führung als Leitbild

Dienende Führung ist das Leitbild christlicher Führung überhaupt. Sie hat ihren Ausgangspunkt in einem bekannten Dialog, den Jesus führte. Als sich die Söhne des Zebedäus (bzw. im Matthäusevangelium deren Mutter) an Jesus wenden mit der Bitte, ob sie denn später zu seiner Rechten und Linken sitzen könnten, nutzt Jesus diese Anfrage, um deutlich zu machen, was „christlich führen“ bedeutet: