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Eine kriminelle Organisation stürzte mit einem Schlag sämtliche Regierungen des Planeten. Ein neues Weltsystem entstand, indem wenige Machthabende die Fäden ziehen. Den Bewohnern der Erde pflanzten sie Chips in die Köpfe, damit sie absolute Kontrolle über das Verhalten der Menschheit erlangen konnten. Mit grausamen Experimenten in speziell entwickelten Einrichtungen erschufen sie abartige Lebensformen. Der gesamte Planet wurde allzeit mit Satelliten überwacht. Menschen waren unfähig, gewisse Gefühle zu erleben, da der Chip in ihrem Köpfen das verhinderte. Der freie Wille war tot, und sie wussten es nicht mal. Im Schatten der Weltregierung gelang es nur wenigen, den Fesseln der Elite zu entkommen. Mönche fanden Schutz in einem verlassenen Tempel im Hochgebirge. Sie glaubten an die Rückkehr der Freiheit und waren die moralischen Führer des Widerstandes. In einer unterirdischen Höhle fanden gewiefte Hacker einen Unterschlupf und erbauten eine Stadt tief unter der Erdoberfläche. Dank ihrem Wissen und der ausgeklügelten Technik wurde es möglich, verdeckt in den Reihen der versklavten Bürger zu leben. Ein unerwarteter Bug im System der Regierung brachte einen Stein ins Rollen. Warum wird plötzlich eine Frau aus den Mächten der Marionettenspielers gerissen? Auf den Spuren des Erfinders der Neurochips wird ein Mönch auf eine Mission geschickt, um Klarheiten zu schaffen.
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Seitenzahl: 506
Veröffentlichungsjahr: 2022
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VISION X
Christian Kreuzmann
Geschmack von Öl
Das Mittel zur Dummheit
Schauspielkunst
Fixierter Geist, Gehorsamer Körper
Glühendes Eisen
Der Klang der Sehnsucht
Gehasste Akzeptanz
Plan oder Unfall?
Giftige Spinne
Die Mächte der Götter
Rassenzucht
Tyrannei in der Erde
Gedankenparasiten
Auf dem Radar
Das gute alte Benzin
Die Stimme aus dem Nichts
Grenzenlose Aussichten
Skyrunner
Hingabe zur Selbstlosigkeit
Zu viele Stimmen
Medizinische Versorgung
Der Spirit der Freiheit
Eine helfende Hand
Funkendes Erwachen
Ein Visionär
Erschreckende Landung
Das Ass der Elite
Gefühl oder Verstand?
Blutiger Fall
Unsichtbarkeit
Sakubu vs. Madreon
Vertraue der Aura
Licht am Ende der Werkstatt
Ein Klopfen an der alten Holztür durchbrach die Stille der Bibliothek. Der alte Mann, der am Schreibtisch saß und in einem alten Buch stöberte, hob etwas erschrocken den Blick, legte seine Brille ab und rief, aus seinen Gedanken gerissen: "Ja bitte?"
Herein kam ein junger Mann, gekleidet in hellbraunem Gewand. Neben ihm schwebte ein kleines rechteckiges Ding. Es handelte sich um eine Drohne, die in ihrer Mitte einen Bildschirm eingebaut hatte. Eilig rannte der Neuankömmling auf den Sitzenden zu, das Tablet schwebte in gleicher Geschwindigkeit neben ihm und landete auf dem Schreibtisch des Ältesten.
"Meister! Sakubu möchte Euch sprechen!", hechelte der Bedienstete. Offensichtlich musste es dringend sein, denn der Bote war gerannt. Eine Tatsache, die nicht oft in den Räumlichkeiten dieses Ortes zu sehen war.
Etwas besorgt nickte der alte Mann am Tisch, ebenfalls gehüllt in gleichfarbigem Umhang und drückte auf die grüne Taste des Tablets. Licht erstrahlte aus dessen Oberfläche und bildete das bekannte Abbild seines Vertrauten.
Ein Auge des dreidimensionalen, holographischen Gesichtes war ersetzt durch ein künstliches Objektiv, welches einem alten Fotoapparat ähnelte. Ein Werk, welches sich sein Träger absichtlich implantiert hatte. Ohne schlechtem Gewissen ließ er sich sein biologisches Auge entfernen. Er sagte oft: "Präzise eingesetzte Technik des Menschen ist oft effektiver als Gottes Schöpfung selbst." Ein Spruch, dessen Philosophie keine Zustimmung des Alten am Schreibtisch fand. Dennoch waren sie Freunde.
"Hallo Sakubu. Verzeih mir, dass ich nicht persönlich abgehoben habe. Beim Lesen lege ich meistens meine Uhr ab. Du weißt ja, ich bin kein großer Fan von der ganzen Strahlung." Die ohnehin schon faltige Stirn des Sprechers wurde noch faltiger, als er seinem virtuellem Gegenüber ein freundliches Lächeln schenkte, welches nicht erwidert wurde. Sakubus Blick blieb ernst und starr. Ohne Begrüßung fing er an zu sprechen: "Meister Banta, etwas ist geschehen! Ich komme direkt zur Sache: Es gibt unerwartete Neuigkeiten. Unsere Spürnasen haben eine Abweichung der Norm im Netzwerk entdeckt. Das VHS System eines jungen Mädchens wird sich scheinbar selbstständig deaktivieren. So etwas hat es noch nie gegeben.“
Der Blick des Shui Penso, erster Mönch und spiritueller Führer des Hemjala Ordens, veränderte sich zu einem tiefgründigen Starren. Er schloss die Augen und ging in sich. Die Weisheiten, die der Shui Penso in seinen Meditationen entdeckte, fanden zunehmend Gehör in den Reihen der Deltas. Immer mehr Anhänger des Widerstandes pflegten Absichten, Teil der spirituellen Gemeinschaft zu werden. Sein Orden, den er vor Jahrzenten gegründet hatte, bestand nun bereits aus einigen hundert Mitgliedern. Er vermutete, der Grund für das Wachstum war ihre Ratlosigkeit. Die Leute wussten nicht mehr wohin mit ihrem Leben. Ständig im Verborgenen agieren zu müssen und die Angst, man könnte jederzeit enttarnt werden, machte vielen zu schaffen. Umso mehr freute es Banta, wenn die Philosophien und Gedanken, die er erfahren durfte, den Menschen halfen. Für viele war er ein Anker der Zuversicht. Jeder war willkommen, dem Hemjala Orden im gleichnamigen Gebirge beizutreten.
"Eine Marionette löst sich selbstständig von ihren Fäden, meinst du? Steckt die Regierung dahinter?", fragte das Oberhaupt.
Sakubu schüttelte den Kopf: "Nein. Uns erreichte ein anonymer Hinweis. Ohne ihn hätten wir die Anomalie nicht entdeckt. Außerdem haben unsere Programmierer herausgefunden, dass die persönlichen Informationen dieser Frau, die in den Datenbanken der Regierung gespeichert sind, gefälscht sind. Ein Verschlüsselungscode, der unseren Systemen ähnelt, wurde in ihrem Gehirn installiert. Auf höchst professionelle Weise, sodass die Regierung nichts erfahren dürfte. Für die Weltherrscher ist sie immer noch eine normale Bürgerin mit funktionstüchtigem VHS. Wir haben ihre Identität überprüft und in den Datenbänken nach Einträgen gesucht. Sie schien auf dem ersten Blick eine gewöhnliche Frau zu sein. Sie betreibt eine kleine Werkstatt in den Vororten und lebt laut Unterlagen ein, sagen wir mal gewöhnliches Leben. Weitere Recherchen aber ergaben, dass die Einträge ebenfalls gefälscht wurden. Die Änderung der Datenbank wurde schon vor 15 Jahren durchgeführt. Nach der Untersuchung ihrer vergangenen Aktivitäten konnten wir ihren DNA-Code herausfinden. Vor Jahren hatte sie einen Eingriff in einem Krankenhaus. Der Blinddarm wurde ihr entfernt und dabei wurde ihr Blut abgenommen. Dadurch wissen wir jetzt ihren genetischen Code. Wir haben ihn verglichen und sind zu einem Ergebnis gekommen. Du erratest nie, mit wem sie verwandt ist!"
Abgesehen von Bantas Neugierde kam ihm eine andere Sache in den Sinn. Er musste insgeheim schmunzeln. Von wegen, Sakubu würde gleich auf den Punkt kommen. Der Alte kannte seinen Freund schon, seitdem er ein kleiner Junge war. Die Eigenschaft von Sakubu, dass er stets sehr stolz auf seine Fähigkeiten und Leistungen war, wusste so ziemlich jeder von den Deltas. Epische Reden und Vorträge seiner Arbeit waren Merkmale seiner Persönlichkeit. Nur ein Charakterzug war noch markanter als sein Stolz: Sein Hang zur Angeberei. Jedes Mal, wenn sein Partner von Erfolgen erzählen konnte, wanderte seine Nasenspitze nach oben. Die Stimme wurde hoch und er ließ sich gerne Zeit, um im Augenblick des Ruhmes zu baden. Natürlich bewertete Banta dieses Verhalten nicht, doch es fiel ihm auf. Aber eins musste man ihm lassen, wenn jemand stolz auf seine Arbeit sein konnte, dann Sakubu. Abgesehen von seiner leitenden Rolle in der wissenschaftlichen Abteilung, kümmerte er sich auch um soziale, wirtschaftliche und strukturelle Angelegenheiten der verborgenen Stadt, dem Sitz der Delta X Widerstandsbewegung. Manche munkeln, sein Gehirn bestünde ausschließlich aus Prozessoren. Doch davon wusste Banta nichts. Er wusste nur, dass Sakubu schon als Kind ein Genie war. Damals bestand er noch aus rein biologischen Körperteilen.
Von seinen Gedanken ließ er sich nichts anmerken. Aufmerksam wartete er auf die Antwort des Wissenschaftlers:
"Sie ist die biologische Tochter von Benedikt Glasgow!", platzte Sakubu heraus.
Nun war Banta noch mehr bei der Sache. Seine Gedanken überhäuften sich. Viele Fragen schossen ihn durch den Kopf, doch es traten nur Bruchstücke davon aus der Kehle aus. An diesen Namen hatte er schon lange nicht mehr gedacht. Doch das bedeutete nicht, dass er es nicht schon viele Stunden in seinem Leben getan hatte. Traurige Erinnerungen von Benedikt hafteten im Gedächtnis des Mönches. Ähnlich wie Sakubu, war Benedikt immer sehr ehrgeizig. Doch im Gegensatz zu seinem Freund, machte ihn der Ehrgeiz blind. Dafür war Sakubu zu klug.
Bahnbrechende wissenschaftliche Erkenntnisse ließen Benedikt zu einem der erfolgreichsten Forschern der Geschichte werden. Süchtig nach Erfolg und blind gegenüber jeglicher Moral hatte er nur eines im Sinn: Die Perfektion seiner Werke. Schließlich kam er ans Ende seiner Karriere und das Endprodukt seiner Arbeit wurde fertig gestellt. Der Vital Human Synchronisator oder auch kurz VHS genannt, erschien auf dem Markt. Dabei handelte es sich um biomolekulare Platinen, die mit organischen Leitstrukturen arbeiteten. Mittels eingebauten Akkus, die Energie aus den Stromkreisen von Nervenbahnen gewannen, konnten sich die Chips eigenständig aufladen. Diese Technologie war obgleich die mächtigste Waffe der diktatorischen Regierung. Die Kontrolle des Volkes war somit auf höchstem Maße gewährleistet. Der Prozess, die Geräte in die Köpfe der Menschen zu pflanzen, dauerte nicht länger als wenige Monate. Das Ganze fing harmlos an. Es wurde Werbung gemacht, indem man ein sorgenfreies Leben versprach. Mit nur einer kleinen Operation würde sich die Leistung des Hirnes vervielfachen. Depressionen und andere psychische Erkrankungen wären geheilt und das gesamte System des menschlichen Körpers harmonisiert. Im Prinzip wurde es als Wundermittel für alle Sorgen präsentiert. Der Stein kam ins Rollen, das Volk wurde so lange mit schlagkräftiger Werbung penetriert, bis es schließlich großflächig einwilligte. Nachdem der kritische Punkt erreicht war und genug Leute die Platine in den Köpfen hatten, konnte die Regierung ein Gesetz einbinden. Jeder wurde verpflichtet, sich einen VHS Chip einsetzen zu lassen, ansonsten wäre man mit schamlos übertriebenen Strafen bestraft worden.
Manche behaupteten, Benedikt Glasgow war Erfinder des Vital Human Synchronisators und verantwortlich für die totale Überwachung und Kontrolle der globalisierten Welt. Vor etwa fünfzehn Jahren starb er zusammen mit über hundert Politikern bei einem riesigen Terroranschlag. An jenem Tag veränderte sich alles.
Regierungsmitglieder aller Welt starben bei der größten Krisensitzung, die die Menschheit bis dato erlebt hatte. Ein Bombenanschlag tötete fast alle Teilhabenden. In den Kontinenten brach absolutes Chaos aus. Regierungen zerstritten sich. Es wurde getäuscht, betrogen und hintergangen.
Eine Gruppe von Kriminellen hatte überall ihre Finger im Spiel und übernahm mit einem Schlag die Kontrolle über die einflussreichsten Länder der Welt. Es dauerte nicht lange, bis sie quasi den ganzen Planeten erobert hatten. Allen voran ein Mann namens Benjamin, von dem niemand wusste wer er war, wo er lebte oder wie er aussah.
Der Tag des Anschlages ging als Humans Day in die Geschichte ein.
Sakubus Stimme holte Banta zurück in die Gegenwart: "Wir gehen davon aus, dass Benedikt sowohl für den anonymen Hinweis verantwortlich ist, als auch hinter den falschen Einträgen und der automatischen Deaktivierung der VHS seiner Tochter steckt. In drei Wochen ist ihr zweiundzwanzigster Geburtstag. Dann wird ihr Wecker läuten."
Banta kam eine Frage in den Sinn: "Sakubu, wann wurde Benedikt nochmal ermordet? Hast du die Daten verglichen?"
"Natürlich.", kam die flinke Antwort. "Wie du wahrscheinlich schon richtig vermutest, liegen die Zeitpunkte nah beieinander. Um genau zu sein, waren es vier Tage. Er hat also kurz vor seinem Tod ein Programm in den Kopf seiner Tochter geladen. Niemand hatte je davon erfahren, bis heute. Ah!
Soeben fanden wir heraus, dass die Nachricht von einer versteckten Software im System versendet wurde.", bestätigte Sakubu süffisant seine Theorie.
Banta nickte langsam. Er glaubte zu verstehen, wie sich die Ereignisse zugetragen haben mussten: "Vielleicht wusste Benedikt, dass sein Ende naht und wollte seine Tochter vor den Terroristen schützen, indem er ihre VHS veränderte, ihr eine falsche Identität gab und die Einträge auf den Servern manipulierte."
"Genau zu diesem Entschluss bin ich auch gekommen. Offiziell heißt seine Tochter Severyn Dublicek, statt Glasgow.", bestätigte Sakubu. "Die Mutter ist übrigens bei ihrer Geburt gestorben."
Interessant, dass er sich am Ende für die Seite des Widerstandes entschieden hat. Er wollte, dass wir, und nicht die Leute für die er arbeitete, mit seiner Tochter in Kontakt treten. Außerdem war ihm schon damals der Code zum Entschlüsseln einer unserer Sperren bewusst. Bemerkenswert und schockierend zugleich. Wir kümmern uns bereits um die Lücke."
"Was führt sie für ein Leben? Kannst du auf ihre Systeme und Vitalwerte zugreifen?", fragte Banta.
Die Stimme aus dem Tablet antwortete: " Wir haben sie bereits auf dem Schirm. Sie führt wie gesagt ein recht normales Leben in einer durchschnittlichen Wohnung und arbeitet seit drei Jahren in ihrer eigenen Werkstatt. Sie scheint ziemlich begabt zu sein, schon so jung ein selbstständiges Gewerbe zu führen. Sie hat sogar einen eigenen Lehrling. Ansonsten wirkt sie eher wie eine Einzelgängerin. Auf ihrer sozialen Plattform tut sich nicht viel. Abends macht sie gerne Sport und am Wochenende genießt sie die Ruhe. Manchmal geht sie mit ehemaligen Arbeitskollegen aus. Ah... Sie hat noch eine Cousine, Fiora Benton. Ein paar Mal im Jahr treffen sie sich. Ich frage mich, ob sie tatsächlich ihre biologische Cousine oder nur Teil ihres gefälschten Lebens ist. Auch Fiora hat sonst niemanden, bis auf ihren Ehemann und ihren Sohn."
"Es könnte auch eine Falle sein.", brachte Banta ein. "Was ist, wenn uns die Regierung die Sache nur als Köder präsentiert und es gar keine Tochter gibt? Bitte sei bei allen Aktivitäten im Netz äußerst vorsichtig, Sakubu. Übereile nichts. Wir machen uns zuerst ein direktes Bild. Ich werde jemanden zu ihr schicken, der sich persönlich ein Bild machen kann. Wo lebt sie eigentlich?"
Nach einer Sekunde hatte Sakubu die Information: "In Mitteleuropa 47° 21°N, 15° 42° O. Soll ich jemanden vorbei schicken, oder willst du einen von deinen Leuten beauftragen?"
"Ich denke, ich kenne da schon jemanden, der dafür geeignet ist.", versicherte der Shui Penso.
"Ich nehme an, du schickst den Shren Tsaki?", fragte Sakubu.
Der Mönch nickte zuversichtlich.
"Gut. Wir werden noch weitere Informationen über diese Geschichte sammeln. Natürlich mit höchster Vorsicht. Wir sehen uns, Banta!"
Mit diesen Worten fiel das Hologramm in sich zusammen und es wurde still. Überrascht vom plötzlichen Beenden des Gespräches, hätte sich Banta eigentlich noch Antworten auf die eine oder andere Frage gewünscht. Er atmete tief durch und blickte zur Decke. Dann zu seinem Gehilfen. Der Junge hatte sich während dem Gespräch nicht von der Stelle bewegt. "Wo ist Kilian?", wollte das Oberhaupt wissen.
"Ich denke in der Garage, Meister." Der Shui Penso nickte und klappte das Buch vor sich zu. Er legte es auf einen kleinen schwarzen Teller. Augenblicklich setzte sich ein Mechanismus in Gang und aus dem Rand falteten sich vier kleine Ventilatoren, die sich unverzüglich in Bewegung setzten. Der Teller hob samt dem Buch ab und flog durch die hohe Bibliothek zu den obersten Regalen. Ein mechanischer Arm faltete sich ebenfalls aus. Drei metallene Finger griffen nach dem Buch und steckten es zurück in den freien Platz. Währenddessen ging Banta bereits auf die Tür zu. Längst nicht mehr so schnell wie früher bewegten sich seine alten Knochen durch den heiligen Tempel. Trotzdem ging er, aufgrund seiner Abneigung gegenüber technischen Geräten, so oft wie möglich zu Fuß.
Ein paar Minuten später öffnete sich die pneumatische Schwenktür und der Alte trat in die riesige Garage, in der unzählige Hoovedogs auf mehreren Ebenen parkten. Dabei handelte es sich um übergroße Drohnen, in denen Menschen fliegen konnten.
Banta sah sich um. Sein Blick schweifte hinüber zum schwarzen Hoove des Shren Tsaki, der ganz am Ende der Halle in der untersten Reihe parkte. Nahe dem riesigen Tor, auf dessen anderen Seite das Gebirge auf den nächsten Einsatz der Maschinen wartete.
Als er nähertrat, begutachtete Banta den Hoovedog seines Schülers genauer. Ein edles Stück, wie er fand. Kilian hatte ein Händchen dafür, seine Maschine auf Trab zu halten. Aerodynamisch geformte Rahmen aller vier Ventilatoren in Kombination mit dem geschwungenen Cockpit ergab ein schnittiges Gesamtbild. Die Achsen der Antriebe waren 360° schwenkbar. Somit konnten Manöver gemacht werden, die normale Hooves nicht konnten. Außerdem sorgten dreifach getaktete Radialgetriebe für eine immense Beschleunigung. Seitlich war ein Deckel der Karosserie demontiert. Aus der Öffnung hingen verschiedene Schläuche, die chaotisch herunterbaumelten. Inmitten der Schläuche steckte ein Kopf mit verdreckten dunklen Locken. Die dazugehörige Stimme fluchte verärgert aus dem Inneren der Motorhaube. Sein Arm griff nach etwas, das auf dem kleinen Tisch daneben lag.
"Zip! Die Zange!", rief der Mann ungeduldig. Im nächsten Moment surrte ein kleines Tablet um die Ecke. Aus der Oberfläche trat ein Licht mit dem Abbild einer kleinen gelben Emoji. In den mechanischen Ärmchen hielt es verschiedene Schrauben. Zip legte sie auf den Tisch ab, griff nach der Zange und reichte sie seinem Besitzer.
Die Zange wanderte ins Innere des Hoovedogs. Verschiedene Geräusche, dabei verärgertes Stöhnen des Arbeiters traten heraus. Die Schläuche baumelten hin und her.
Plötzlich krachte es laut aus der Öffnung und das Fluchen des Mannes verwandelte sich in wütendes Schreien. Ölige Flüssigkeit spritzte aus der Luke und tränkte die Haare gänzlich mit braunem Schleim.
Banta musste aufpassen, dass ihn die Spritzer nicht erwischten.
Erfolglos versuchte sich der Oberkörper seines Schülers aus dem Flugobjekt zu zwängen. Als er es schließlich schaffte, tropfte die Flüssigkeit, die seinen gesamten Kopf tränkte, zu Boden. Auch aus dem Mund wurde Schmiermittel herausgespuckt. Hustend und würgend rekelte sich der Shren Tsaki vor den Augen seines Meisters, der ihm aufmunternd auf den Rücken klopfte. Vom vielen Lachen bekam er bereits einen roten Kopf. "Du solltest deinen Hoove besser in Gang bringen Junge, eine wichtige Mission wartet auf dich."
"Mittlerweile denke ich ja, es sind die Kurbelpulsgeber. Für den Hauptstator ist der Fehler zu ungleichmäßig. Außerdem haben wir den Stator schon kontrolliert. Die Messwerte passen!", versuchte der Junge mit der Brille zu überzeugen. Die Geräusche von arbeitenden Händen füllten die kleine Werkstatt. Eine Frauenstimme kam zwischen den unzähligen Kabeln, Schläuchen und Ventilen hervor: "Glaub mir Chuck, es ist ganz sicher der Hauptstator. Vergiss die Messwerte und gib mir den 20er Schlüssel."
Der Gehilfe griff in die Kiste und reichte der vorgestreckten Hand das Werkzeug. Er war sich ziemlich sicher, dass er recht hatte. Aufgeregt gab er nicht auf: "Diesmal liegst du falsch, Severyn. Der Hoove meines Onkels hat auch so komisch vibriert, wenn er 11000 Umdrehungen überschritten hatte. Der gleiche Fehler wie hier."
"Kalibriergerät!", forderte die Frau und ignorierte seine Worte. Der junge Mann atmete aus und ließ die Schultern hängen. Er ging zum Kasten und holte aus der dritten Lade ein dickes metallenes Teil mit einem Display heraus.
Severyn, deren Kopf in der Motorhaube vergraben war, streckte erneut die Hand nach hinten. Ihr roter Zopf ragte zwischen den Ventilen und Schläuchen hervor. Chuck drückte das Teil in ihre Hand.
"Dein Onkel vergisst auch seine Muttersprache, wenn er mal wieder zu viel gesoffen hat. Wahrscheinlich hat er seinen Schnaps über das Bedienpult gekippt. Ich sag’s dir, wenn ich diesen Schlauch angeschlossen habe, läuft es wieder." Die Technikerin fixierte den Schlauch und kämpfte ihren Oberkörper aus der Motorhaube. Schweiß tropfte ihr von der Stirn, den sie mit ihrem Oberarm abwischte.
Ihr mit Sommersprossen beflecktes Gesicht war beschmiert und dreckig. Tiefe Augenringe untermalten ihren Gesichtsausdruck.
Im Geheimen fühlte sie sich, als wäre sie ein Schatten ihrer Selbst. Seit neuem betrachtete sie ihr Leben aus einem ganz anderen Blickwinkel. Seltsame Träume plagten und verfolgten sie sogar am Tag. Außerdem war sie extrem gereizt und ihre Emotionen spielten verrückt. Gleichzeitig fühlte sie sich sehr erleichtert. Was war nur passiert? Am Abend ihres Geburtstages vor zwei Tagen stand sie in ihrem Badezimmer und konnte die Welt nicht mehr begreifen. War sie krank? Bis auf leichte Kopfschmerzen konnte sie ansonsten über nichts klagen. Vielleicht war es ja eine psychische Störung? Den Gedanken schüttelte sie schnell wieder ab und Eliteentrierte sich wieder auf die Arbeit. Sie wandte sich ihrem Sprössling zu: "Was ist, erträgst du die Wahrheit nicht? Dein Onkel ist doch ein Säufer." Chuck sah betroffen zu Boden. Auch ihm war ihr untypisches Verhalten aufgefallen. Ihre ruppige Art war nichts Neues. Aber sie nahm nun gar kein Blatt mehr vor den Mund. Ihm kam vor, als würde sie alles aussprechen, was sie dachte. Im Gesamten aber, redete sie viel weniger und wirkte sehr introvertiert.
"Schalten wir ihn ein?", fragte er und deutete auf die Maschine. Die Mechanikerin nickte. Chuck ging auf die andere Seite des Hooves, um die wenigen Stufen zu erklimmen, die zum Cockpit führten.
Plötzlich hämmerte es an das Tor. "Frau Dublicek...? Severyn Dublicek?", meldete sich eine tiefe Männerstimme.
Severyn schlich erschrocken an ein Fenster und spähte hindurch. Sie runzelte die Stirn und setzte eine dunkle Miene auf. Starr blickte sie aus dem Fenster. In ihrem Kopf fing es an zu arbeiten. Einer Intuition folgend, die plötzlich aus dem Nichts entstanden war, fasste sie einen Entschluss: "Chuck, es tut mir wirklich leid, was ich über deinen Onkel gesagt habe. Ich meinte es nicht so. Eigentlich meine ich vieles anders, als ich es sage. "
"Severyn, was ist los? Erwarten wir Kunden?" Schräg neigte er den Kopf. Sie spähte noch immer aus dem Fenster, als wäre sie in Gedanken gerade ganz wo anders. Dann, als sie wieder gefasster wirkte, riss sie die Augen auf und sagte leise: "Chuck, geh bitte an die Tür, sag ihnen, ich chatte gerade!"
Die Rothaarige ging zur Treppe und wollte in ihr Büro, einem Container, auf einer Plattform in der obersten Ecke der kleinen Halle. Als sie gerade nach oben lief, drehte sie sich nochmal um: "Halt sie ein paar Minuten hin!"
Chuck blickte noch verwirrter, nickte schließlich und ging zum Tor. Severyn lief die Treppe hoch und schloss die Tür hinter sich. Im Büro eilte sie zum Bücherregal, zog gezielt ein Buch heraus und legte es auf den Tisch. Auf ihrem Arbeitsplatz herrschte große Unordnung. An der Ecke stand ein Foto. Abgebildet war ein Mann, auf dessen Schultern zwei kleine Mädchen hockten. Alle drei lächelten glücklich in die Kamera. Wehmütig betrachtete sie das Bild und schwelgte in der fernen Erinnerung. Doch ein starkes Gefühl in ihr drängte sie zur Eile. Die Stimmen der Besucher waren bereits zu hören.
Aus der Lade des Schreibtisches holte sie eine kleine Drohne hervor. Aus einem Kasten daneben schnappte sie sich Klebeband. Eilig wickelte sie es um das Buch und befestigte es an der Unterseite der Drohne. Sie trug Koordinaten in das kleine Display ein, öffnete ein Fenster und ließ das Gerät in die Lüfte gleiten.
Als sie den Raum verlassen wollte, blieb sie stehen und blickte auf ihre Hände. Was hatte sie getan? Ihr Verstand begriff nichts. Was war das für ein Buch? Welche Koordinaten hatte sie eingegeben? In ihrem Bauch entstand plötzlich ein wohliges Gefühl, das ihr Mut verschaffte. Mit überraschtem Eifer griff sie nach der Türklinke.
Mit einem Finger an ihrer Armbanduhr, verließ sie das Büro.
"Vielen Dank für Ihren Anruf.", sagte sie mit aufgesetztem Lächeln und drückte die rote Taste. Zwei Männer in schwarzen Anzügen blickten zu ihr hoch. Beide hatten eine ähnlich massige Statur. Sogar die Gesichtszüge wirkten gleich, als wären sie Brüder. Sie standen neben Chuck, der erleichtert ausatmete, als Severyn auftauchte.
"Verzeihen Sie, dass Sie warten mussten. Ich hoffe, mein Kollege hat Sie nicht zu sehr mit seinem Fachsimpeln genervt." Chuck warf ihr einen vielsagenden Blick zu und legte den Ordner, auf dem „Programmtabellen der hochfrequenten Scheibendrehzylinder“ geschrieben stand, inklusive seiner Brille, zur Seite.
"Verehrte Herren, wie kann ich Ihnen helfen?"
"Guten Tag. Sind Sie Severyn Dublicek?", fragte einer der beiden Muskelpakete mit bedrohlicher Stimme.
"Die bin ich...", antwortete sie vorsichtig, "Worum geht es? Haben Sie Probleme mit ihrem Hoovedog?"
"Nein. Das Ministerium schickt uns. Die neuesten Untersuchungen ergaben, dass Ihre Gesundheit, Frau Dublicek, gefährdet ist. Sie stellen eine Bedrohung für die Gesellschaft dar. Begeben Sie sich umgehend in Behandlung, ansonsten können wir Ihre Sicherheit nicht länger gewährleisten."
Severyn fühlte sich bestätigt. Sie wusste doch, dass irgendetwas nicht stimmte. Vielleicht könnten die beiden Männer die Sache aufklären. Sie war bereit, darüber zu reden. "Was fehlt mir denn?", fragte sie neugierig.
Einer der beiden stapfte auf sie zu, beugte sich und legte die Hände auf seine Knie. Eindringlich musterte er sie und fragte:
"Na, wie fühlen Sie sich denn? Sind Sie mit ihrem Leben zufrieden? Erzählen Sie mir doch ausführlich von ihren intimsten Gedanken." Severyn musste die Luft anhalten. Der Mann, der sich zu ihr runter beugte, versprühte eine derartige Fahne, dass ihr übel wurde. Ein leichtes Zucken seines Mundwinkels ließ Severyn vermuten, dass ihm sein Atem durchaus bewusst war.
Die Mechanikerin wusste nicht so recht, was er von ihr hören wollte. Sie runzelte die Stirn und suchte nach einer Erklärung für die merkwürdige Frage. Unweigerlich rieb sie sich die Augen. Die Kopfschmerzen wurden stärker. Was war nur los mit ihr? Der Versuch, ihre Emotionen und Eindrücke in Worte zu verpacken, scheiterte. Als sie anfangen wollte, vom Ereignis in ihrem Badezimmer zu erzählen, legte sich plötzlich ein anderes Empfinden über ihr Vorhaben. Dieses fremde und doch irgendwie vertraute Gefühl legte ihr quasi die Worte in den Mund. Sie wollte eigentlich von ihrem verwirrten Zustand berichten. Stattdessen folgte sie dem Bedürfnis, etwas anderes zu sagen: "Vielen Dank für Ihre Sorge, meine Herren. Meine Gefühle befinden sich alle im grünen Bereich. Mein Leben dient dem höheren Sinne der Regierung."
Das beherrschende Empfinden legte sich so schnell, wie es gekommen war. Ihr Blick schweifte suchend hin und her.
Der Beamte richtete sich auf und blickte skeptisch auf sie herab. Er holte ein Tablet aus seiner Tasche und legte es in die Luft. Binnen weniger Millisekunden klappten sich Ventilatoren aus dem Gerät und es verharrte schwebend vor seiner massigen Brust. Er betätigte das Display, worauf sich ein Hologramm zwischen ihm und der Mechanikerin bildete. Stirnrunzelnd begutachtete er die Tabellen, Diagramme und Grafiken. Severyns Herz pochte gegen ihren Brustkorb. Im virtuellen Licht konnte sie eine bewegende Welle entdecken, die zeitgleich mit ihrem Puls schlug. Sie begriff, dass der Mann gerade ihre persönlichen Vitalwerte begutachtete. Nach einer Weile nickte er stirnrunzelnd, öffnete seinen Mantel, um aus der Innentasche eine Ampulle hervor zu holen. "Hier, Frau Dublicek. Ihre Medizin. Trinken Sie, damit sich Ihre Werte wieder normalisieren." Sie fragte sich, was das nur sein konnte. Medizin? Ihr Blick verharrte auf dem Behälter. Das Gesicht des Mannes verriet, dass er eine Ablehnung nicht akzeptieren würde. Ihre Hand bewegte sich langsam auf die Ampulle zu, griff danach und öffnete den Verschluss mit der zweiten. Drei große Schlucke später war die Ampulle leer.
Die Männer nickten sich ausdruckslos zu.
"Sie werden sehen, es wird Ihnen guttun.", sagte ihr Gegenüber, schloss das Hologramm wieder und ging gemeinsam mit seinem Partner zurück zum Tor. Die Frau presste ein Lächeln heraus und sagte: "Vielen Dank, dass Sie so um meine Gesundheit bemüht sind." Sie ging ebenfalls zum Tor und wollte ihnen die Tür öffnen, als der andere sie fest am Arm packte und ihn nach oben riss. Seine Stimme war noch tiefer als die seines Kollegen: "Normalerweise sind die Nebenwirkungen nach zwei bis drei Stunden vorbei. Auf Wiedersehen." Mit finsterer Miene verließen die beiden Männer die Werkstatt.
Nachdem die Tür hinter ihnen geschlossen wurde, sackte Severyn auf die Knie. Chuck, der noch immer stumm und angewurzelt neben dem Regal stand, räusperte sich: "Ein Glück, das wir die Gesundheitsbehörde haben, die so gut auf uns achtet. Wer weiß, wie krank wir schon wären, wenn es sie nicht gäbe." Sein Blick wirkte leer, als er das sagte.
"Ja Chuck.", murmelte Severyn abwesend, "Ich denke, die Kerle haben Recht. Ich fühle mich wirklich nicht so gut. Ich werde mich hinlegen. Genauer gesagt glaube ich, dass ich mal wieder Urlaub brauche. Wenn ich fit genug bin, werde ich aufs Land fliegen und meine Cousine besuchen. Vielleicht braucht sie ja Hilfe auf ihrem Hof. Bitte kümmere du dich um diesen Hoove hier, der Kunde holt ihn morgen ab. Sei unbesorgt, falls ich länger wegbleibe. Ich muss ein paar Dinge klären." Bei diesen Worten verspürte sie wieder dieses befremdliche Empfinden.
"Aber Sev, ohne dich kann ich den Laden hier nicht schmeißen. Ich bin doch noch in Ausbildung! Kann ich dich anrufen, wenn ich Hilfe brauche?". Die Frau rappelte sich hoch und sah ihn müde an. Sie ging zu einem Schrank und holte einen Sack und ein Blatt Papier hervor: "Hier, deine neue Garnitur. Hosen, Jacken, Shirts und Overalls. Außerdem ein Zeugnis. Herzlichen Glückwunsch, Kollege, deine Ausbildung ist vorbei." Severyn konnte sich gar nicht erinnern, die Sachen in den Schrank getan zu haben.
Stille trat ein. Die Frau griff sich an den Kopf, während der Junge mit der Situation überfordert war und nicht wusste, was er sagen sollte.
"Severyn, ich kann es kaum glauben, danke! Aber du hast doch immer gesagt, ich sei zu engstirnig?"
"Das bist du auch, Chuck. Dein Wissen macht das aber wett. Keine Sorge, du bist ein guter Mechaniker. Vertrau auf deinen Schrauberinstinkt, dann klappt das locker.". Die Frau wurde immer blasser und fing an zu zittern.
"Ich muss mich jetzt hinlegen, Chuck." Sie rappelte sich hoch und ging zum anderen Ende der Halle.
Als Severyn an der Hintertür stand, hielt sie nochmal inne. Sie wusste selbst nicht genau, wieso sie das tat.
"Danke für Alles. Und richte deinem Onkel aus, er soll nicht so viel saufen!"
Chuck, der verwirrt auf seine Sachen starrte, murmelte: "Danke, Sev...", und blickte auf die Tür, die hinter seiner Lehrmeisterin ins Schloss fiel.
Severyns Gefühle waren gemischt, als sie das Licht der Garage einschaltete und sie sich in die grüne Polsterung ihres Hooves fallen ließ.
Ihr Geburtstag kam ihr in den Sinn. Sie feierte ihn im kleinen Rahmen. Ihre Cousine hatte leider keine Zeit, also waren nur Chuck und ein paar Kollegen aus der Schrauberszene dabei.
Als sie vom Feiern nach Hause kam, fühlte sie sich auf einmal durch und durch anders. Zuerst dachte sie, das lag am Whiskey. Aber das Empfinden hielt bis zum nächsten Tag an und wurde heute sogar noch intensiver. In erster Linie war es ein Gefühl der Befreiung, das aber mit großer Unsicherheit einher ging. Es kam ihr so vor, als konnte sie ihre Gedanken nicht mehr beherrschen. Gleichzeitig war es nicht sie, die bisher ihre Gedanken gelenkt hatte. Das Chaos in ihrem Bewusstsein und die Nebenwirkungen der unbekannten Substanz versetzten sie in einen niedergeschlagenen Zustand.
Ihre schlaffe Hand bediente die Schalter an der Armatur ihres Hooves. Gut, dass die Flugzeit einige Stunden betrug. So konnte sie sich noch ausruhen, bevor sie auf ihre Cousine treffen würde.
Während der Hoove geräuschlos durch die vom Mond beleuchteten Wolken glitt, schlummerte Severyn halbwach im Sitz des Fluggerätes. Die Lehne hatte sie umgelegt, sodass der Bereich unter der Glaskuppel eine gerade Ebene ergab. Es war genug Platz um die Beine ausstrecken zu können. Die Heizung war aufgedreht. Sie fühlte sich krank. Fieber zwang sie längere Zeit zu schlafen. Das war auch gut so, sie fühlte sich dadurch schon eine Spur besser. Das Packen zu Hause gelang nur mit großer Mühe. Die Medizin war ziemlich heftig. Gleichzeitig litt sie unter einer schweren Depression, deren Ursprung sie nicht kannte. Sie schwitzte und fröstelte gleichzeitig. Nur das Nötigste kam in den Koffer.
Gleich zwei unbegreifliche Gefühle in ihr versetzten sie in stetiges Grübeln. Zum einen diese Erleichterung seit ihrem Geburtstag. Woher kam sie? Das Gefühl wurde Stunde für Stunde intensiver. Sie fühlte sich freier, konnte mit der geballten Emotion aber nicht richtig umgehen. Das Chaos in ihrem Kopf schmerzte.
Plötzlich passierte etwas. Sie riss ihre Augen weit auf. Das Empfinden breitete sich aus und beherrschte schließlich ihre Gedanken.
Eine Erkenntnis traf wie eine mächtige Lawine, die den Berg hinab donnerte, in das Bewusstsein der Frau. Eigentlich hatte sie sich noch nie so unverfälscht und klar gefühlt wie in diesem Moment. Nun hatte sie endlich genug Platz in ihrem Geiste, um sich mit ihr selbst beschäftigen zu können. Sie konnte ungefähr erahnen was an ihrem Geburtstag geschehen ist. Ein Lachen drang aus ihrem schwachen Hals. Sie konnte das Chaos zuordnen, das sie seit ein paar Tagen spürte. Ihre Depression wurde schwächer. Es glich dem Gefühl nach einem Alptraum aufzuwachen und festzustellen, dass das Erlebte gar nicht real war. Sie befand sich jahrelang in diesem Traum. Wie konnte das nur sein? Ihr Verstand suchte nach Antworten. Angestrengt vergrub sie das Gesicht in ihren Händen. Fragen und Ungewissheit plagten sie trotz der emotionalen Erkenntnis.
Sie starrte durch die Handflächen, die sie sich ins Gesicht presste.
Bruchstücke einer vergessenen Erinnerung erschienen vor ihrem inneren Auge. Grobe Umrisse einer Arztpraxis. Sie, wie sie sieben Jahre alt war und hellgrünes Gewand großer Menschen.
Dabei war doch immer alles ganz normal, dachte sie sich. Sie hatte eine anschauliche Wohnung, ging fleißig zur Arbeit und gründete sogar eine eigene Firma. Sie stand mitten im Leben. Tief in ihrem Inneren wusste sie aber schon immer, wie sie nun feststellte, dass dem nie so war. Jahrelang konnte sie nicht erkennen, was jetzt so klar vor ihrem inneren Auge schwebte. Sie hatte noch nie Wahrhaftigkeit gespürt.
Als der Hoove aus einer dicken Schicht aus Wolken glitt, präsentierte sich das Sternenmeer über der Glaskuppel. Staunend blickte sie nach oben. Sie bekam eine Gänsehaut am ganzen Körper. Schlagartig schien die Zeit etwas langsamer zu vergehen. Sie versuchte die Idylle in diesem Moment festzuhalten.
Es gelang ihr nicht. Ihr wirrer Zustand war zu stark, als dass sie sich ganz und gar auf den Moment Eliteentrieren konnte. Übelkeit drohte sie zu übermannen. Erinnerungen der jüngsten Ereignisse überrollten ihre Wahrnehmung. Diese Männer waren gefährlich. Was für eine Krankheit könnte sie haben? Ein Teil in ihr sagte sie müsse ins Krankenhaus. Ein größerer aber riet davon ab. Sie verstand immer noch nicht, wer ihr Bewusstsein all die Jahre gesteuert hatte, als sie es nicht tat. Oder bildete sie sich das Ganze nur ein? Nichts ergab Sinn.
Aus dem Rauschen des Windes, der am Hoovedog vorbei pfiff, vernahm sie plötzlich so etwas wie ein leises Flüstern.
Sie setzte sich auf. Der Schwindel verursachte einen üblen Geschmack in ihrem Mund. Sie stand kurz davor sich zu übergeben. Alles drehte sich und sie musste tief atmen... Da war es wieder! Eine Stimme im Wind. Das konnte nicht real sein. Sie Eliteentrierte sich.
"Severyn...!", drang es an ihr Ohr. Gänsehaut durchzog erneut ihren Körper. Wer war das? Sie blickte suchend aus der Kuppel. Doch sie war ganz allein. Auch der Radar auf ihrem Bedienpult zeigte keine Lebenszeichen in der Umgebung an.
Sie horchte und vernahm nichts als den Wind. Augenblicke vergingen. Dann kam die Stimme erneut und sie erinnerte sich daran, wem sie gehörte. "Drei Schlüssel...", flüsterte die Stimme ihres verstorbenen Vaters.
Tränen schossen ihr aus den Augen: "Vater, bist du das? Wo bist du? Was ist nur los mit mir?", schrie sie hinaus in den nächtlichen Himmel.
Ein Frösteln durchzog ihren Körper. Kurz darauf tauchte dieses Gefühl wieder auf. Es war fremd und doch... irgendwie bekannt. "Bist du das, Vater?", rief sie und blickte auf ihre geöffneten Handflächen und dann zu ihrer Brust. Schweiß tropfte von ihrer Stirn auf die Hände.
Das Display an ihrem Bedienpult leuchtete plötzlich auf und ein animiertes Gesicht erschien. Besorgt sah es Severyn an und sagte: "Dein Gesundheitszustand ist kritisch, Boss. Die Körpertemperatur beträgt 40,3° Celsius. Ich schlage vor, du schläfst jetzt. In der Medikamentenbox müssten noch ein paar Tabletten rumliegen. Nimm eine davon. Ich bringe dich sicher an das Ziel, keine Sorge."
Sie ignorierte ihren Avatar und lauschte weiter der Stimme. Als Minuten später noch immer nichts passierte hörte sie doch auf den Rat ihres virtuellen Freundes und legte sich hin.
In ihrem Delirium tauchten weitere Erinnerungen auf. Szenen ihrer Vergangenheit wurden immer wieder vor ihrem geistigen Auge abgespielt.
In jedem Bildausschnitt, der sich zeigte, kam die gleiche Person vor.
"Vater!", schrie sie in ihren Träumen und wälzte sich hin und her, "Bitte hilf mir!"
Die Eingangstür des Gackernden Esels, einer nostalgischen Gaststätte in den Vororten von Savis, krachte auf und ein Mann mit blutrotem Kopf donnerte herein.
Die Gäste an den Tischen wurden schlagartig still. Der erschütternde Auftritt des Neuankömmlings und dessen angsteinflößende Ausstrahlung lenkten sie vom Genießen ihrer Mahlzeiten ab. Bislang erfreuten sie sich an gutem Essen und dem Flair der Vergangenheit, den die charmante Gaststube ausstrahlte. Es herrschte eine gelassene Atmosphäre in der urigen Stube. Die Leute liebten es an frühere Zeiten erinnert zu werden. Wuchtige rundliche Tische aus Eichenholz, Krüge aus Metall und Kaftane als Bekleidung der Angestellten erinnerten an ein Leben, wie es früher gewesen sein musste. An den Wänden hingen Bilder in kunstvollen Holzrahmen. Sie zeigten vergessene Maschinen unterschiedlichster Kulturen, die Menschen in alten Zeiten hergestellt hatten. Mit nichts als den bloßen Händen und der Natur, die einen umgeben hatte, erschufen sie dennoch Meisterleistungen der Ingenieurskunst. Die Zeit schien, umgeben eines solchen Ambientes, etwas langsamer zu vergehen.
Der Störenfried fletschte mit den Zähnen und warf drohende Blicke um sich. Erschrocken zogen die Leute die Schultern nach oben und vermieden seinen Augenkontakt. Er stapfte mit schweren Schritten auf die Bar zu.
Der Wirt hinter dem Schank zuckte jedoch mit keiner Wimper und nippte weiter an seiner elektrischen Zigarette. Violetter Dampf bildete sich über seinem Kopf. Eindringlich betrachtete er den zornigen Gast. Die Blicke der beiden Männer knallten aufeinander.
"Ein Bier!", fletschte der Gast fordernd. Der Wirt reagierte nicht.
Ein weiterer Mann mit mittellangen schwarzen Haaren saß auf einem Hocker an dem Tresen. Auch er ließ sich bisher ebenso wenig von seinem Tun abhalten. Er schlürfte seine Suppe und blätterte in einem holographischen Magazin. Nun schaute er verwundert hoch und betrachtete das rötliche Gesicht neben sich. Als der Wirt nur die Augen zusammenkniff und seine Arme vor der Brust verschränkte, wurde der Neuankömmling immer wütender. Die Nasenflügel blähten sich energisch auf und sein Atem verwandelte sich in ein wildes Schnaufen.
Als der Wirt immer noch nicht reagierte und eine Wolke nach der anderen aus seinem Mund paffte, mischte sich der Dunkelhaarige neben dem blutroten Bullen ein: "Entschuldigen Sie bitte, aber ich denke, ein wenig Höflichkeit wäre angebracht. Ich bin mir sicher, dann bekommen Sie Ihr Bier."
Der Atem des Tobenden wurde immer heftiger. Seine Nase rümpfte er hoch, die Hände ballten sich zu Fäusten und die Sehnen an seinem Hals hoben sich deutlich hervor. Nun wich auch der Suppe-Essende zurück, als die blutunterlaufenen Augen in seine Richtung wanderten.
"Ihr verdammten Scheißkerle! Ihr gebt mir kein Bier?! Dann nehme ich's mir eben selbst!" Er zeigte mit ausgestrecktem Finger auf den Wirt. Seine schrille Stimme überschlug sich und er hatte nun die ungeteilte Aufmerksamkeit aller Gäste.
Kurzerhand griff er über den Tresen und langte zu einem Krug, den er unter den Zapfhahn stellte. Vor den Augen des Barkeepers betätigte er den Hebel.
Als die schäumende Flüssigkeit in den Keramikbehälter strömte, wurde es dem Wirten zu viel. Er legte seine Pfeife zur Seite und seine Hand auf die, des störenden Besuchers. Als der Krug zur Hälfte gefüllt war, drückte er die schweißige Hand zurück, sodass keine schäumende Flüssigkeit mehr aus dem Zapfhahn floss. Gleichzeitig sah er ihm in die Augen und sagte monoton: "Sie sind nicht befugt, sich derart respektlos zu verhalten. Bitte verlassen Sie umgehend dieses Etablissement."
Statt der Bitte nachzukommen, schrie der Chaot laut auf und hob den Krug in die Luft. Der Wirt legte schützend seine Hände vor sich, als der Angreifer zum Wurf ausholte.
Doch in dem Moment, als sich seine Muskeln anspannten und er drauf und dran war, den Krug zu werfen, hielt er plötzlich inne und blieb wie vereist stehen. Sein Blick wurde leer. Den Krug noch über sich fing er an, seinen Kopf wirr hin und her zu schleudern. Als würde er gegen eine Betäubung ankämpfen, riss er immer wieder seine Augenlider auf: "NEIIIN!", brüllte er und spannte sich an. Die Adern auf seiner Stirn pochten.
Er schüttelte die Benommenheit ab und gewann den Kampf um sein Bewusstsein. Mit einem lauten Schrei schmetterte er den halb vollen Behälter über die Schank. Er traf den Oberarm des Wirtens. Das Bier schwappte beim Aufprall heraus und verteilte sich auf das Gewand des Getroffenen. Er hielt sich schmerzvoll die Seite und bekam nun seinerseits einen leeren Blick.
Das System übernahm, anstatt nur wie üblich den Bereich seiner Gedankenwelt einzugrenzen und Gefühle zu vermitteln wie bei jedem normalen Bürger, die komplette Kontrolle über das Bewusstsein des Wirtes. Der schwarzhaarige Beobachter des Schauspiels sah den Mann hinter dem Tresen verwundert an. Der, wie eine hängende Schallplatte immer wieder einen Satz von sich gab:
"Bitte verlassen Sie umgehend dieses Etablissement.
Bitte verlassen Sie umgehend dieses Etablissement.
Bitte verlassen Sie umgehend dieses Etablissement."
Der Mann war nicht fähig etwas anderes zu tun oder zu sagen.
Der tobende Gast hingegen griff erneut zu einem Krug, füllte ihn mit Bier und trank zufrieden einige große Schlucke daraus. "Nadja du Bitch. Irgendwann bring ich dich..."
"Bitte verlassen Sie umgehend dieses Etablissement.
Bitte verlassen Sie umgehend dieses Etablissement.
Bitte verlassen Sie umgehend..."
"Halt deine verschissene Fresse!", schrie er den Wirten an und spuckte ihm dabei ins Gesicht. Nun griff er nach einem Hocker und hob ihn hoch. Mit kochenden Augen holte er aus, um wieder, kurz vor dem Wurf, zu erstarren. Doch sein Gefühl war wieder zu intensiv, als dass sich sein Bewusstsein einnehmen lassen könnte. Erneut schüttelte er die Beeinflussung ab und holte zum Wurf aus, der wieder im letzten Moment gestoppt wurde. Kurz darauf gewann seine Emotion wieder die Oberhand und der Hocker wanderte nach oben. Die beiden Kräfte in ihm lieferten sich ein Duell um die Kontrolle seines Bewusstseins. Sein brennendes Gefühl auf der einen und der Mikroprozessor in seinem Schädel auf der anderen Seite.
So ergab es sich, dass er immerzu den Barhocker hob, um ihn im nächsten Moment wieder zu senken. Während sein Gegenüber ununterbrochen den gleichen Satz von sich gab.
Unbeholfen sahen sich die Gäste an und hoben ihre Hände.
"Ich bin mir sicher, die Polizei wird demnächst eintreffen. Bestimmt wurde sie schon von der Abweichung im System informiert.", versuchte ein korpulenter Mann die anderen zu beruhigen, während er genüsslich das Verschlingen einer großen Portion Schweinerippchen fortsetzte. Er saß allein an einem Tisch. Seine Finger und Mundwinkel waren beschmiert mit Fett.
Kilian wollte eigentlich nur eine kurze Rast im Gackernden Esel machen. Zu lange saß er auf dem Hoove. Sein Gesäß tat ihm weh und seit seinem Aufbruch hatte er nichts Warmes gegessen. Außerdem nutzte er jede Gelegenheit, hier eine kurze Rast zu machen. Diese zauberhafte Umgebung liebt er einfach.
In eine so überaus unbequeme Situation zu stürzen, war jedoch nicht geplant. Wenn tatsächlich Agenten, wie die Deltas zum staatlichen Sicherheitsdienst sagten, auftauchen werden, musste er sich etwas einfallen lassen. Seine Tarnung durfte um keinen Preis auffliegen. Er schlürfte seine Schüssel leer und sagte: "Ich würde gerne bezahlen." Wie erwartet reagierte der Mann im bunten Kaftan nicht auf seine Worte und stammelte zum gefühlt zweihundertsten Mal denselben Satz. Auch der Wüstling neben ihm steckte in der Schleife fest.
Kilian hatte von solchen Vorfällen gehört. Es gab sogar einen Artikel in den öffentlichen Medien. Betroffene sollten sich innerlich zu Ruhe rufen und sich keine Sorgen machen. Kilian sah zum zornigen Mann, der seine Wut nicht freien Lauf lassen konnte. Er bezweifelte, dass dieser Bürger fähig war, sich beruhigen zu können. Viel Schmerz lag in seinen Augen. Vermutlich trug er seine Depression schon Jahre in sich. Kilian wusste, es bedarf einer gewaltigen Intensität an Gefühlen, um der Macht des VHS widerstehen zu können. Vorfälle wie dieser gehörten zur absoluten Ausnahme. Innerhalb weniger Minuten würde ein spezielles Programm der Regierung in die Software eingreifen und den Fehler beheben.
Sicherheitshalber würde in besonderen Fällen Polizisten vor Ort die Situation klären.
Außer dem Wirten, war keiner der Angestellten zu sehen. Er musste schnell weg, bevor die Regierungsleute auftauchten. Seine Mission war in Gefahr. Er konnte die Stätte aber nicht verlassen, ohne zuvor seine Mahlzeit bezahlt zu haben. Ansonsten wäre erst recht die Polizei hier. Er schloss die holographische Zeitschrift vor sich und steckte das Tablet zurück in seinen Rucksack.
Er stand auf und suchte nach jemanden, um seine Rechnung zu bezahlen. Einige der Gäste wendeten sich bereits wieder ihrem Essen zu. Die meisten aber starrten noch immer fassungslos zur Bar.
Auf der anderen Seite fand Kilian eine Angestellte, die ihm mit aufgesetztem Lächeln entgegenblickte.
"Entschuldigen Sie bitte...", machte er es schnell: "Ich möchte gerne mein Essen bezahlen." Die Frau nickte freundlich
"Online oder per Clock?"
Kilian deutete auf seine Uhr am Handgelenk, wartete einen Moment, bis die Frau die Daten in ihrem Tablet eintrug und nickte. Er drückte anschließend eine Taste. Das Piepsen, das die erfolgreiche Durchführung der Transaktion bestätigte, ertönte und er bedankte sich herzlich.
Gerade als er kehrt machte, hörte er, wie die hölzerne Eingangstür geöffnet wurde. Ein Blick um die Ecke reichte und er drückte sich erschrocken an die Wand. Zwei Männer im dunklen Anzug standen im Empfangsbereich. Einer war hochgewachsen, aber schlank gebaut, mit einem kantigen Höcker auf der Nase. Sein Kinn war hoch erhoben, die Augenlider tief. Der Andere musterte die Umgebung etwas eindringlicher, auch wenn sich sein Kopf wie der eines Nagetieres bewegte. Seine Haare bildeten einen schmierigen Seitenscheitel.
In der Spiegelung einer Fensterscheibe konnte der Mönch beobachten, wie aus dem Handgelenk des Größeren ein rotes Hologramm erstrahlte. Eine Handbewegung später tippte er den Befehl für die Deaktivierung des Bugs mit seiner Hand ein. Zeitgleich hörte der hechelnde Wirt auf, seinen Gast zum Gehen aufzufordern, während der Angreifer den Hocker zu Boden fallen ließ. Beide verharrten in geradem Stand. Die Frau, bei der Kilian gerade bezahlte, ging umgehend zu den Männern und verbeugte sich tief: "Willkommen im Gackerndem Esel. Vielen Dank für Ihre Hilfe. Hätten Sie gerne ein Getränk oder etwas zu essen? Natürlich kostenfrei."
Der Mann mit dem Höcker schloss die Anwendung an seiner Uhr und das rote Licht, welches den Programmablauf der beiden Männer über unzählige Muster und Zeichen darstellte, verschwand. Er ignorierte die Bedienstete, als hätte sie nie etwas gesagt. Der andere aber, der aussah wie ein listiges Wiesel, starrte sie an und leckte sich über die Lippen. Er ging auf die Frau zu und riss, ohne ein Wort zu sagen, die Knöpfe ihrer Bluse auf. Mit gierigen Fingern fasste er in ihr Dekolleté. Die Frau wusste, sie konnte nichts dagegen tun und schloss fest die Augen, während sie dem Drang widerstand, die Hand des Polizisten weg zu schlagen. Lüstern labten sich die Finger an ihrer Brust. Doch sie kannte das Gesetz. Den Behörden ist unumstritten Gefolge zu leisten, ansonsten müsse man mit hohen Strafen rechnen. Sie presste ihre Lippen zusammen und sah verkrampft zur Seite, als sie mit Tränen in den Augen anfing zu wimmern.
Der Agent grinste nur und drehte sein Opfer um, sodass er ihren Rücken und ihr Becken an sich drücken konnte. Er streifte ihre langen Haare zur Seite und leckte mit ausgestreckter Zunge und obszönem Kichern über ihr Genick.
"Bitte nicht...", flehte sie.
"OHH... Ist dir das zu früh? Bitte entschuldige.", sagte das Wiesel mit ironischem Ton: "Aber du weißt doch, ich habe keine Zeit. Darum müssen wir den unnötigen Smalltalk und den romantischen Part, bei dem ich dir die Tür aufhalte und dich bezirze, bis du willig bist, überspringen. Lass uns gleich zum interessanten Teil kommen, junge Lady. Du weißt doch wer hier der Chef ist? ...Sag die Worte!"
Er drückte die Angestellte eng an sich, während er in ihr Ohr flüsterte.
Kilians Gedanken überhäuften sich. Eilig suchte er nach einer Lösung. Sein Drang der Frau zu helfen war groß. Er konnte es aber nicht riskieren in die Hände dieser Leute zu geraten. Seine Mission stand im Vordergrund. Ein Versagen konnte er sich nicht leisten. "Verdammt!", murmelte er leise und sah sich um.
Da die anderen Gäste sich um ihre Mahlzeiten und Gespräche kümmerten, vermutete er, dass die Agenten übergreifend in das System eingegriffen hatten. Die Marionetten machten das, was ihnen in ihrem Hirn vorgeschrieben wurde. Niemand beachtete das Geschehen zwischen Bar und Eingangstür, als wäre die Szene in einer anderen Dimension. Außerdem war in ihren Gesichtern dieser dumpfe Gesichtsausdruck zu erkennen. Dank jahrelanger Tarnung in der Gesellschaft konnte Kilian mittlerweile sehr gut einschätzen, ob und wie stark jemand unter Beeinflussung stand. In diesem Fall handelte es sich um ein leichtes Ablenkungsprogramm.
Generell lebten manche Menschen recht frei und die meisten ihrer Gedanken und Gefühle stammten von ihrem eigenen Körper. Die Gehirne anderer hingegen wurden tagtäglich penetriert. Es lag an der natürlichen Fügsamkeit des Menschen, die bestimmt, wie weit der Computerchip in ihren Köpfen eingreifen musste, um an das System angepasst zu werden. Konservative Menschen benötigten weniger Manipulation als Freigeister, da sie ihr Leben sowieso nach vorgegebenen Werten gestalteten. Für Eigensinnigere war es eine harte Zeit. Im Marionettenspiel der Weltregierung gab es keinen Platz für Querdenker.
Die Auswahl verschiedener Marken beim Einkauf, Stilrichtungen und die Frage, ob der neue Hoovedog azurblau oder rubinrot sein sollte, ließ die Leute stets im Glauben, sie hätten eine eigene Entscheidungskraft. Für ein erfolgreiches Manipulationssystem des Volkes war es von großem Wert, ihnen ein selbst bestimmendes Leben vorzugaukeln. So wurden sie von relevanteren Themen abgelenkt. Kilian gehörte glücklicherweise zu der Sorte, die über diese Tatsache Bescheid wussten und dessen VHS System inaktiv war.
Die Frau schrie ängstlich, als sich die Hand des Beamten um ihren Hals legte: "Nun sag schon die Worte!" Seine Nase bohrte sich in ihre Haare und er atmete tief ein.
Die zitternde Stimme versuchte den Satz des Imperiums, der in der Hymne der Elite bejubelt wurde, wiederzugeben:
"Ewiger Dank dem Heiler des Landes...
Ewiges Glück dem Bringer des Friedens...
Ewige Treue dem Beschützer des Volkes...
Ewige Schuld dem Retter der Welt...",
Zufrieden nickte das Regierungsmitglied: "Naaa also, war ja nicht so schwer. Und jetzt tu nicht so. Du kennst das Gesetz!" Seine Hand wanderte nach unten. Die Frau wimmerte immer lauter und schüttelte flehend den Kopf. Als er zwischen ihren Schenkeln angekommen war, hallte plötzlich eine laute Männerstimme durch den Raum:
"Es reicht!"
Der andere, größere Agent, der das Geschehen seines Partners bislang unbeeindruckt beobachtete, hob verwundert sein Haupt und blickte sich um.
Auch Kilian zuckte bei dem Schrei zusammen. Erfolglos suchte er nach einer Erklärung, als der korpulente Mann, der die Schweinerippchen aß, seine fettigen Finger mit einem feuchten Tuch reinigte und aufstand. Er schluckte gerade den letzten Bissen runter. Vor ihm lag ein großer Haufen mit abgenagten Knochen auf dem Teller. Kilian musterte ihn. Er schien nicht unter Beeinflussung zu stehen. Doch wer war er? Es gab nur zwei Möglichkeiten. Regierung oder Delta X.
Der Mann blickte Kilian, der sich noch immer erschrocken an die Wand drückte, geradewegs in die Augen, sagte aber nichts und ging an ihm vorbei. Die beiden Agenten starrten ihn verwirrt an, als er sich vor dem hochnäsigen Agenten stellte und ihm arrogant die Stirn bot. Das Wiesel konnte das unerwartete Einschreiten des Bürgers nicht fassen. Noch nie hatte sich jemand auf so freche Art in die Angelegenheiten ihrer Arbeit eingemischt. Mit aufgerissenen Augen und geöffnetem Mund beobachtete er den übergeschnappten dicken Kerl, der sich so ungeniert vor seinem Kollegen aufbäumte und tatsächlich Forderungen stellte: "Sag deinem Partner, er soll das Mädchen gehen lassen! Ich hab keine Lust auf das Gejammer."
Eindringlich blickte er hoch. Der schmale Spalt zwischen den Lidern seines Gegenübers blieb unbeeindruckt, wie eine Statue, auf dem respektlosen Sprecher ruhen.
Einige Momente vergingen, bis das Wiesel, das die Frau noch immer festhielt, anfangen musste zu kichern. Das höhnende Geräusch wurde immer lauter und entwickelte sich zu einem humorlosen Lachen. Er zeigte mit dem Finger auf den Unbekannten, während er sich krümmte und mit der anderen Hand seinen Bauch halten musste. Er schubste sein Opfer beiseite, das die Chance nutzte und umgehend in die Küche rannte. Das Wiesel ging auf den Dickbäuchigen zu: "Du hast wohl einen Kurzschluss, häää?" Der streitlustige Agent stellte sich zwischen die Männer und rollte angeberisch mit den Schultern. Die Ärmel seines Anzuges krempelte er hoch. Seine Hand ballte er zu einer Faust und hob sie drohend vor das Gesicht des Mannes.
Nun meldete sich zum ersten Mal die Stimme des schlanken großen Agenten. Der Tonfall passte zu seinem herablassenden Gesichtsausdruck:
"Halte ein!" Er legte seine langen Finger auf die Schulter seines Kollegen und wandte sich dem Neuankömmling zu:
"Was haben die Leute von Sektor C4 außerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches zu suchen?"
Das Wiesel war nun verwirrt: "C4? Was laberst du da? Ist dieser Kerl etwa einer von uns?"
Die Frage des jungen Agenten wurde ignoriert. Der Dicke drehte sich um und ging auf den Hitzkopf vor der Bar zu. Mit der flachen Hand tätschelte er die Wange des Sabbernden, dessen Röte bereits verschwunden war und sagte: "Ich habe auf unseren Freund hier gewartet! Sorry, aber ich wollte meine Rippchen noch fertig essen. So schnell hab ich nicht mit eurem Auftauchen gerechnet. Außerdem wollte ich die Show genießen, aber leider hat sich das System recht rasch aufgehängt. Naja, Ursache für sein Durchdrehen ist übrigens der Ärger mit seiner Frau. Armer Kerl... Sie hatten einen Streit. Sofern man bei diesem langweiligen gewaltfreien Gebrabbel von 'Streit' sprechen kann. Pah! Diese Dinger in ihren Schädeln machen die Menschen zu einem verweichlichten Haufen Pudding, richtig?
Der Arme ist komplett überfordert mit seiner Beziehung und dem neugeborenen Baby. Wir haben sein Archiv begutachtet. Schon in seiner Kindheit war er überdurchschnittlich aggressiv, lag jedoch in der Toleranz. In letzter Zeit ging es aber durch mit ihm. Er kam dem Wahnsinn zu nahe und wurde eine Bedrohung für das Volk, da es zu kurzzeitigem Absturz seines Kontrollsystems kommen kann, wie man sieht.
Achja... Mein Name ist Cliff. Bei uns ist dieser Typ schon länger auf dem Radar. Die Abteilung, für die ich arbeite, wurde beauftragt den Psychopathen zu inhaftieren. Sie wissen ja höchstwahrscheinlich, welche Einrichtung sich in C4 befindet?"
Die kantige Nase bewegte sich auf und ab, als der größere nickte: "Natürlich ist uns die Institution bekannt. Wir waren gerade in der Nähe, als der Auftrag eingelangt ist."
"Euer Auftrag war uns allerdings nicht bekannt, Cliff.", ergänzte seine langsame Stimme. Die aggressive Haltung des Kleineren legte sich. Er senkte die Arme und wurde still, als er die Lage verstand.
"Auftragsnummer 5N7DHBN3", sagte Cliff trocken.
Nach einer Berührung seiner Armbanduhr strahlte erneut das rote Licht aus dem Handgelenk des hoch gewachsenen Agenten. Es bildete sich eine ähnliche Bedienoberfläche wie zuvor. Verschiedene Diagramme, Tabellen und Fenster füllten die Anzeige. Er bewegte seine knochige Hand im Schein und wanderte mit leichten Bewegungen seiner Finger durch das graphische Programm. Beim entsprechenden Fenster tippte er und gab die Auftragsnummer ein. Seine halb geschlossenen Augen schweiften über die Zeilen. Schließlich nickte er Cliff zu: "Wir akzeptieren die Übergabe der Befehlsgewalt. Der Betroffene befindet sich nun in Obhut der Abteilung C4. Sein Bewusstsein ist zum Zeitpunkt der Übergabe im Standby-Modus." Mit diesen Worten schloss er das Bedienfeld, welches wieder in seiner Uhr verschwand. Er drehte sich um, öffnete die Tür und stolzierte nach draußen.
Sein Partner verharrte noch ein paar Augenblicke, bis er die Situation vollends akzeptieren konnte. Knurrend zog er schließlich die Augenbrauen hoch, zeigte Cliff verächtlich die Zähne und warf noch einen sehnsüchtigen Blick zur Küchentür. Danach verschwand er ebenfalls nach draußen.
Kilian rutschte das Herz in die Hose. Es handelte sich bei dem stämmigen Mann, der ihn gerade eben so eindringlich in die Augen blickte, tatsächlich um einen Mitarbeiter der Regierung. Hätte er seinen Rucksack bei sich, wäre er längst heimlich verschwunden. Doch der lag noch auf seinem Platz an der Bar. Ohne seine Gadgets, würde er nicht lange in der Welt da draußen durchhalten. Verdammt. Er konnte ihn niemals holen ohne entdeckt zu werden. Kurz nachdem er die Eingangstür ins Schloss fallen hörte und er die beiden Agenten in der Spiegelung ins Freie treten sah, rief die Stimme von Cliff: "Was machst du da eigentlich so ängstlich an der Wand?"
Kilian biss sich auf die Lippen und kniff die Augen eng zusammen.
Jahrelang hatte er im Schatten der Gesellschaft überlebt. Bewegte sich in der Öffentlichkeit stets mit dem Strom, um nicht aufzufallen. Kleidete sich sogar wie ein durchschnittlicher Bürger und spielte das Spiel der Tarnung perfekt. Er überlegte angestrengt. Cliff hatte ihn beobachtet, wie er sich hinter der Ecke versteckt hatte, als die Agenten in das Gasthaus gekommen waren.
Er atmete tief durch und versuchte, das Gesicht der essenden Menschen nachzumachen. Mit schlaffer Mimik trat er um die Ecke: "Verzeihung, sprechen Sie mit mir?"
Cliff antwortete: "Ja, verdammt! Wieso hast du dich von meinen Leuten so erschrecken lassen? Du weißt doch, dass wir eure Beschützer sind." Neugierig betrachtete das Elite Mitglied den blassen Schwarzhaarigen.
Innerlich fühlte sich Kilian erleichtert. Er hielt ihn immer noch für einen, unter Beeinflussung stehenden, Bürger. Trotzdem hatte er sich auffällig verhalten und musste höllisch aufpassen. Im Notfall müsste er kämpfen, doch seine Chancen zu gewinnen waren vermutlich sehr gering.
"Komm her!", erhielt er den Befehl, worauf er umgehend an den Mann trat, sich aufrecht hinstellte und gehorsam nickte.
"Protokoll abrufen!", forderte Cliff.
Kilian hatte schon mal gesehen, wie Agenten den Speicher der im Hirn eingepflanzten Datenträger abgerufen hatten.
Er versetzte sein Gesicht in eine noch ausdruckslosere Verfassung und hörte auf, seine Augen zu bewegen.
"Bericht über die Variablen der vergangenen zehn Minuten erstatten."
Kilian fühlte sich in die Enge getrieben. Plötzlich tauchte eine Erinnerung vor seinem inneren Auge auf. Als Teenager hatte seine Mutter einmal Zigaretten in seinem Zimmer gefunden, die er heimlich mit seinen Freunden ausprobiert hatte. Der Tabak schmeckte ihm nie, aber der rebellische Reiz war zu groß. Auch sie hatte ihn damals in die Mangel genommen. Er hatte jede Ausrede versucht und sagte Sachen wie: Die Zigaretten gehörten gar nicht ihm, jemand habe sie im untergejubelt, er wisse nichts davon. Doch seine Mutter blieb steinhart. Sie durchschaute seine Schauspielkunst und zwang ihn, die Wahrheit zu sagen.
Der Typ vor ihm war nicht seine Mutter. Kilian nahm seinen Mut zusammen und fing an, mechanisch zu stammeln: "Zugang bestätigt. Der errechnete Durchschnitt der zentralen Messpunkte beträgt: 74% Angst, 15% Schuldgefühl, 11% Reue."
Der Befehlsgeber hob erwartungsvoll die Augenbrauen: "Wovor hattest du Angst?"
Kilian musste schlucken. Sein Adamsapfel bewegte sich und er folgte beinahe der Intuition, seinen Kopf zu senken.
"Meine Rezeptoren meldeten einen erhöhten Aggressionspegel des eintreffenden Mitbürgers. Durch vergrößerten örtlichen Abstand habe ich das Risiko, angegriffen zu werden, um das Achtfache verringert."
Cliffs Augenbrauen zogen sich ernst zusammen: "Ich habe dich nicht gefragt, wieso du dich in die Ecke geschlichen hast! Nur wieso du Angst hattest! Das Protokoll verbietet es dir, im Analysezustand eigenständige Angaben, die nicht explizit der Frage des Operators zugrunde liegen, von dir zu geben!"
Der Schauspielende spürte, wie kalter Schweiß aus seinen Poren strömte. War er nun aufgeflogen? Er schwieg.
"Warum hast du das gemacht?", knurrte sein Gesprächspartner.
"Die Berechnung der nachfolgenden Ereignisse ergab eindeutig Ihre weiterführende Frage bezüglich meines Verhaltens nach dem Auftreten des Angstzustandes in meiner Wahrnehmung."
Der Kopf des Dicken zuckte nach hinten, während er verdutzt eine Seite der Oberlippe nach oben zog: "Hä? Hab ich da was verpasst...? Muss wohl ein neues Update gegeben haben... Naja, was solls..." Er drehte sich um und tippte auf die Schulter des Mannes, wegen dem er hier war: "Los! Wir gehen." In der Bewegung fiel dem Elite Mitarbeiter etwas ins Auge: "Das ist doch..." Er ging auf den Barhocker zu, auf dem Kilian vorhin gesessen hatte und blickte auf seinen Rucksack. Cliff hob ihn hoch und betrachtete das abgebildete Symbol. Grinsend sah er dem Mönch in die Augen: "Ist das deiner?" Er stellte ihn auf dem Hocker ab und öffnete den Reißverschluss.
"Bitte nicht...", flehte Kilian innerlich und sagte: "Ja."
"Ich wusste es!", heraus holten seine, mit Fettresten überzogenen Finger, ein metallenes Konstrukt, auf dem mehrere Propeller angebracht waren. Die Drohne war zusammengeklappt, sodass sie in den Rucksack passte. Als nächstes holte er ein kleines Ding, versehen mit dem gleichen Symbol wie der Rucksack, hervor:
"Du hast sicher nichts dagegen, wenn ich mir das edle Teil mal ausborge, oder?", sagte er, während sein Kinn Richtung Fenster deutete.
Kilians Atem schnürte sich zusammen, seine Zähne pressten aufeinander. Was konnte er nur tun? In aller Öffentlichkeit gegen einen von der Elite zu kämpfen, wäre reiner Selbstmord. Zudem würde er zu viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Und sowieso hätte er gegen die modifizierten Reflexe seines Gegners keine Chance.
Kilian blieb nichts anderes übrig, als dabei zuzusehen, wie der schmierige Kerl seinen geliebten Rucksack um die Schultern legte und mit seinem Schlüssel in der Hand hämisch grinste. Dabei musste der Beraubte auch noch wie eine Statue stehen bleiben, da er noch immer den Schein des Analysezustandes bewahren musste.
"Automatisches Beenden der Analyse in fünf Minuten", bekam er den Befehl.