Vom Arzt zum Prediger - Christopher Catherwood - E-Book

Vom Arzt zum Prediger E-Book

Christopher Catherwood

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Beschreibung

Martyn war erst zehn Jahre alt, als er den Brand seines Elternhauses hautnah miterlebte. Er und seine ganze Familie konnten noch rechtzeitig gerettet werden, mussten dann aber mit ansehen, wie ihr Haus mitsamt dem Geschäft des Vaters, also ihre ganze Lebensgrundlage, restlos niederbrannte. Wo sollten sie nun wohnen? Wie sollten sie sich ernähren? Alles war zerstört. Doch Gott sorgte für die Familie und hatte für Martyn eine besondere Lebensaufgabe.In diesem Buch erzählt sein Enkel Christopher Catherwood von dem erstaunlichen Leben seines Großvaters Martyn Lloyd-Jones, der im Alter von sechzehn Jahren eine Ausbildung zum Arzt begann. Er war begabt und erfolgreich und wurde der Assistenzarzt des königlichen Leibarztes. Aber er gab alles auf, um Christus zu predigen. Warum tat er das? Es war Gottes Absicht, durch Martyns klare Verkündigung der biblischen Wahrheiten Gemeinden zur Bibel zurückzubringen. Martyn war voller Eifer und brannte für Gott, und er wurde nicht nur als treuer Prediger zum Vorbild, sondern auch als gottesfürchtiger und vorbildlicher Ehemann, Vater und Großvater.Dieses Buch ist der sechste Band der Buchreihe »Glaubensvorbilder« für Kinder und Jugendliche.

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Seitenzahl: 153

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Martyn Lloyd-Jones

Vom Arzt

zum Prediger

5

Christopher Catherwood

Originaltitel: From Wales to Westminster © 1999 Christopher CatherwoodVeröffentlicht von Christian Focus Publications Geanies House, Fearn, TainRoss-shire IV20 1TW, ScotlandAlle Rechte vorbehalten© der deutschen Ausgabe 2023 by Verlag Voice of HopeEckenhagener Str. 4351580 Reichshof-Mittelaggerwww.voh-shop.deÜbersetzung: Yvonne ThomasLektorat und Design: Voice of HopeISBN 978-3-947102-81-5 – E-BookISBN 978-3-947102-36-5 – Hardcover-BuchSoweit nicht anders vermerkt, wurden die Bibelzitate der Schlachter-Bibel 2000 entnommen.

Die Geschichte vonDr. Martyn Lloyd-Joneserzählt von seinem Enkel

Feuer in Llangeitho

1

Feuer! Feuer!«, hörte man eine Frauenstimme verzweifelt schreien. Sofort sprangen Männer, Frauen und Kinder der Nachbarschaft aus ihren Betten und starrten aus den Fenstern auf den Rauch, der aus allen Ecken und Winkeln des Gemischtwarenladens quoll.

Draußen kämpften sich Männer mit ihren Stiefeln zum Feuer vor, während sich ihre Frauen beeilten, Eimer zu organisieren. Hoffentlich war die Familie inzwischen draußen. Es würde nicht lange dauern, bis das Feuer das ganze Haus erfassen würde. Heute Nacht wehte ein heftiger Wind, und wenn dieser den Brand erst einmal beschleunigte, würde der ganze Laden bis auf die Grundmauern niederbrennen.

Während die Dorfbewohner verzweifelt Löschgeräte organisierten, schlief die Familie Lloyd-Jones tief und fest in ihren Betten und wusste nicht, dass ihr Haus und ihr Lebensunterhalt nahe daran war, in Flammen aufzugehen. Die Flammen griffen schnell auch auf den weiteren Teil des Hauses in dem hübschen kleinen walisischen Dorf Llangeitho über. Rauch kräuselte sich die Treppe hinauf zu den Schlafzimmern, in denen die Lloyd-Jones weiterhin schliefen. Zwei Jungen, Martyn, zehn Jahre alt, und Vincent, fast acht, schnarchten leise, zusammengerollt unter ihren Decken.

Auf einmal wurde Martyn halb wach. Seine Kehle schmerzte ein wenig, und seine Augen brannten. »Das stinkt ganz schön, Vincent«, stöhnte er zu seinem Bruder hinüber, als der starke Geruch des Rauchs in ihr kleines Schlafzimmer zog. Vincent nickte.

Die beiden Jungen zogen die Bettdecken über ihre Köpfe und schliefen wieder ein, nichtsahnend, was der Geruch zu bedeuten hatte und dass sie in großer Gefahr schwebten. Der stechende Geruch, durch den Martyn kurzzeitig geweckt wurde, war natürlich der Rauch des wütenden Feuers. Die Hitze war schon so stark, dass die Goldmünzen ihres Vaters unten im Laden zusammengeschmolzen waren. Ihr Vater Henry, ein Mann mit einem prächtigen Schnauzbart, schlief nebenan. Er war der Besitzer des Dorfladens. Es war sein Gemischtwarenladen, der in Flammen stand und den die Familien aus dem Ort nun verzweifelt zu retten versuchten.

»Die werden doch nicht etwa das alles verschlafen?«, schrie jemand.

»Es würde mich nicht wundern, wenn dieser Henry Lloyd-Jones eine Elefantenherde verschlafen würde, die durch Llangeitho stürmt. Hey, wach auf, Mann! Euer Leben ist in Gefahr! Macht, dass ihr rauskommt, solange ihr noch könnt!« Der örtliche Hutmacher schlug verzweifelt mit den Fäusten gegen die Tür, denn Henry hatte einen tiefen Schlaf. Überall stieg Rauch auf, und die Menschen auf der Straße fingen an zu husten, weil die Rauchschwaden nun auch ihre Lungen angriffen.

»Wachen Sie auf, Mr. Lloyd-Jones! Wachen Sie auf, oder Sie werden alle sterben!«

Es war 1 Uhr in der Nacht des 20. Januar 1910 und bitterkalt. Andere Dorfbewohner, die wegen des Feuers in Gefahr waren, weil es auf ihre Häuser überzugreifen drohte, hatten sich längst in Sicherheit gebracht, aber Mr. Lloyd-Jones und seine beiden Söhne waren noch im Haus.

Drei Männer aus den Nachbarhäusern standen, nur mit ihren langen Nachthemden bekleidet, zitternd auf der Straße.

Mrs. Magdalen Lloyd-Jones, die Mutter der Familie und Tochter eines örtlichen Landwirts, und Harold, der älteste Sohn, wurden von Freunden und Nachbarn in Sicherheit gebracht, nachdem sie es schließlich lebend aus dem brennenden Laden geschafft hatten. Langsam kam Henry zum Vorschein. Sein Gesicht war weiß wie ein Laken, als er sah, wie sein ganzes Lebenswerk in Flammen aufging.

»Feuer! Der Laden!« Seine Stimme war heiser, und er konnte die Worte kaum noch herausbringen. Dann hielt er inne: »Die Jungs, meine Söhne! Sie sind noch da drin!«

Er musste die Jungs retten! Er stürzte durch den Rauch und die Flammen zurück in den brennenden Laden und bahnte sich einen Weg durch Feuer und Rauch zum Schlafzimmer von Martyn und Vincent. Hustend und keuchend zog er den beiden verschlafenen Jungen die Decken weg. Sie litten bereits unter den Folgen der Rauchvergiftung.

Mit einem Ruck riss er die beiden Jungs aus ihren Betten. Er hielt Vincent in einem und Martyn im anderen Arm und eilte zum Fenster. Schnell setzte er Vincent am Fenster ab, und nach einem kurzen Kampf mit dem Riegel ließ er die frische Luft ins Schlafzimmer.

Sowohl Vincent als auch Martyn schnappten nach der sauberen, frischen Luft. Schnell warf Henry Martyn aus dem Fenster in die Arme eines starken Mannes, der unten auf der Straße wartete, und Vincent folgte ihm kurz danach.

Ein Freund eilte mit einer Leiter zur Stelle. Henry kletterte hinunter, gerade noch rechtzeitig. Die frische Luft, die durch das offene Fenster eindrang, schürte die Flammen und gab dem bereits lodernden Inferno neues Leben. Die drei konnten lebend gerettet werden, obwohl der Laden jetzt nur noch eine einzige Ruine war. Nachbarn eilten herbei, um dem tapferen Vater zu helfen, seine Kinder von dem schrecklichen Anblick ihres niedergebrannten Hauses wegzubringen. Tröstende Hände klopften dem Mann auf die Schulter, und mitfühlende Augen blickten in die seinen und drückten Mitleid mit seinem Verlust aus, aber auch Erleichterung darüber, dass es nicht noch ihre Häuser getroffen hatte.

Am nächsten Morgen, als die Asche abgekühlt war und das kalte Licht des Tages der Familie offenbarte, wie knapp sie dem Feuer entkommen waren, suchten sie nach Gegenständen, die sie vielleicht retten oder bergen konnten.

Vom Gemischtwarenladen in Llangeitho blieben nur die geschmolzenen Goldmünzen übrig und ein zerbrochener und verfärbter Becher. Abgesehen von den Kleidern, die sie an ihrem Leib trugen, hatte die Familie Lloyd-Jones nichts mehr, was sie ihr Eigen nennen konnte. Das Feuer war für sie eine finanzielle Katastrophe. Andererseits hatten sie aber auch eine überwältigende Rettung erlebt. Der gnädige Gott hatte in dieser Nacht über ihnen gewacht. Sie waren alle mit dem Leben davongekommen.

Martyn, der zusammen mit seinem kleinen Bruder in jener stürmischen Januarnacht gerettet wurde, berichtete viele Jahre später von seinen Erfahrungen:

»Nach dem Brand war in Llangeitho irgendwie nichts mehr wie vorher. Obwohl wir ein neues Haus bauten und innerhalb eines Jahres dort einzogen, war alles anders. Sicher, das neue Haus war eine große Verbesserung im Vergleich zu unserem früheren Zuhause, aber es fehlte etwas, und vor allem fehlte das Gefühl von Heimat. Ich hatte das Gefühl, in einem fremden Haus zu sein und dort nur vorübergehend zu leben.«

Für solch ein Kind war das ein großes Trauma, das Martyn für den Rest seines Lebens prägen sollte.

Wären die Faustschläge des Hutmachers nicht laut genug gewesen, oder wäre Henry nicht mutig genug gewesen, nochmal durchs Feuer zu eilen, um seine Söhne zu retten, so hätten Martyn und sein jüngerer Bruder nicht überlebt. Und du würdest dieses Buch jetzt nicht lesen können. Denn ich bin Martyns Enkel, der Sohn seiner Tochter und der Autor der Biografie, die du heute in den Händen hältst. Gott hatte Martyns Leben bewahrt, und zwar für einen großen Zweck. Denn der Zehnjährige, der in jener kalten Januarnacht gerettet wurde, sollte später eine einzigartige Entwicklung nehmen, durch die Millionen von Menschen auf der ganzen Welt beeinflusst würden, auch noch viele Jahre nach seinem Tod.

Old Evans

2

David Martyn Lloyd-Jones wurde am 20. Dezember 1899 als zweiter Sohn von Henry Lloyd-Jones, einem Ladenbesitzer, und seiner Frau Magdalen, der Tochter von David Evans, einem wohlhabenden Landwirt, geboren.

Heute, wo es mehr Bildungsmöglichkeiten gibt, wäre Henry wahrscheinlich ein Professor geworden. Aber damals standen die Dinge noch ganz anders, und so wurde er stattdessen nur ein einfacher Ladenbesitzer – ein ehrenwerter Beruf, mit dem er seine Familie bis zu dem verheerenden Brand gut versorgen konnte.

Henry war ein sanftmütiger, ruhiger und liebenswürdiger Mann, der es liebte, zu lesen. Tatsächlich gab es nichts, was er mehr genoss als das einfache Vergnügen, sich mit einem guten Buch ans Kaminfeuer zu setzen und zu lesen. Martyn hingegen konnte mit Büchern nicht viel anfangen; er spielte viel lieber mit den anderen Jungen Fußball. Mit einem Ball zu spielen machte einfach viel mehr Spaß, als den Kopf in ein Buch zu stecken. Doch Martyns Abneigung gegen Bücher und das Lernen sollte sich eines Tages für immer ändern.

Die Seite der Evans, also Henry Lloyd-Jones Schwiegereltern, waren die Unternehmer in Martyns Familie. Sie waren erfolgreich und ziemlich ehrgeizig. Der alte Evans, Martyns Großvater, hatte eine Farm, Llwyncadfor, die so groß war wie ein kleines Dorf.

Dabei handelte es sich nicht um irgendeine alte Farm, sondern sie trug den ehrenvollen Titel »Stud Farm«. Das bedeutete, dass es sich um ein Gestüt handelte, auf dem Pferde gezüchtet wurden – und Martyns Großvater war ein erfahrener Pferdezüchter. Auf Llwyncadfor gab es walisische Kaltblüter, Shire Horses und Hackneys. Jedes Pferd hatte seine eigene Box, und Martyn liebte es, in den Sommerferien beim Striegeln und Pflegen der Pferde zu helfen.

Bei den walisischen Landwirtschaftsmessen, an denen sie teilnahmen, ging das Gestüt sehr oft mit den begehrtesten Auszeichnungen und Preisen nach Hause.

Es gab auch ein ganz besonderes Pferd, das »Model« genannt wurde, weil es ein Vorzeigepferd war. Martyn war sehr stolz auf Model, denn jedes Mal, wenn dieses Pferd einen Preis gewann, war es ein Hauptpreis. Immer wenn ein Llwyncadfor-Pferd einen Preis gewann, war Martyn besonders stolz darauf. Was die Familie Evans nicht über Pferde wusste, war es auch nicht wert, zu wissen.

Manchmal machte sich das gesamte Gestüt Llwyncadfor auf den Weg zu einer Landwirtschaftsausstellung. Bei solchen Gelegenheiten reservierten sie einen ganzen Zug nur für sich und die Tiere.

Ab und zu durfte Martyn eines der sanfteren Pferde bis zur Laderampe des Bahnhofs führen. Selbst mit einem sanftmütigen Tier war das eine große Verantwortung, und Martyn war überglücklich, dass sein Großvater ihm das zutraute.

Martyns Großvater war ein so berühmter Pferdezüchter, dass die Leute ihn bewusst aufsuchten. Er war einer der besten Pferdezüchter der Gegend, und wenn man ein wirklich gutes Tier suchte, war »Old Evans«, wie er liebevoll genannt wurde, der Mann, an den man sich wenden musste. Er war im ganzen Land bekannt. Einige Pferde waren auf den Landwirtschaftsmessen so gut, dass ein ausländischer König Höflinge bis in das kleine Dorf in Wales schickte, um sie zu kaufen.

Am Ende wurde Model für die gewaltige Summe von 800 Guineas1 an die spanische Regierung verkauft. Martyn war traurig, dass er abgegeben wurde – er war ein großartiges Pferd. Aber 800 Guineas! Großvater hatte das gut gemacht.

Eine Sache, die Martyn schnell lernte, als er sich auf dem Gestüt aufhielt, war, dass man sich nicht mit Old Evans anlegen durfte. Das Temperament seines Großvaters konnte geradezu ausarten, ebenso wie seine Vorliebe für den Alkohol.

Im Jahr 1905, etwas mehr als vier Jahre vor dem Brand, war Martyn im Alter von gerade sechs Jahren mit seiner Familie in die Nähe seines Großvaters, in das Dorf Llangeitho, gezogen. Manchmal war Old Evans zu betrunken, um das Pferd mit dem Einspänner vom Dorf zur Farm zurückzufahren. Der kleine Martyn musste dann zu Hilfe kommen und die Zügel des Pferdes übernehmen, um seinen Großvater sicher nach Hause zu bringen.

Eines Tages, kurz nach dem Brand, war Old Evans wieder einmal betrunken. Natürlich musste Martyn wieder zu Hilfe eilen. Während der alte Mann lallte und das Pferd und den Wagen kreuz und quer auf der Straße herumirren ließ, nahm Martyn schnell die Zügel in die Hand und lenkte das Pferd sanft zurück auf den richtigen Weg.

Großvater und Enkel fuhren gerade über den Feldweg, den gleichmäßigen Hufschlag des Pferdes im Ohr. Der alte Großvater murmelte irgendetwas vor sich hin. »Deinem Vater ist das Geld ausgegangen, Martyn«, begann der alte Mann.

»Was erzählt er da?«, dachte Martyn beunruhigt. »Kein Geld mehr? Sagt er das wegen des Alkohols, oder sagt er die Wahrheit?« Schließlich erkannte Martyn, dass sein Großvater die Wahrheit sagte und dass sich die ganze Familie in einer sehr schwierigen Situation befand.

Martyn hatte selbst nicht viel Geld und verstand auch nicht viel davon, aber er wusste, dass die Lage ernst war. Er selbst musste nun auch den Ernst des Lebens erkennen. Er musste Geld sparen und sein Taschengeld zur Seite legen, um zu Hause zu helfen.

Er begriff, dass das geliebte Fußballspiel, das ihm weit mehr Spaß machte, als für die Schule zu lernen, die Zukunftsaussichten seiner Familie behindern könnte. »Ich werde das Stipendium nie bekommen, wenn ich mich nicht anstrenge«, dachte Martyn. »Wenn ich das nicht bekomme, dann kann ich nicht erwarten, dass mein Vater zahlt. Wir haben einfach nicht genug Geld. Wenn ich das Stipendium nicht kriege, bekomme ich keine gute Stelle und werde meiner Familie zur Last fallen und ein Versager sein.« Martyns Großvater war, ohne es zu wissen, der Anstoß, den Martyn gebraucht hatte, um das Stipendium anzustreben.

Martyns Familie würde es sich nie leisten können, ihn auf eine weiterführende Schule zu schicken – ein Stipendium war seine einzige Chance, wenn er im Leben weiterkommen wollte. Und im Leben voranzukommen war eine Möglichkeit, seiner Familie wieder auf die Beine zu helfen.

Martyn dachte darüber nach und beschloss, dass er seine Fußballspiele einschränken musste. Er würde aufhören müssen, seine Pennys für Süßigkeiten im örtlichen Laden auszugeben. Er würde sich in der Schule wirklich anstrengen müssen – und das tat er dann auch.

Martyn hatte immer einfach nur ein Pferdepfleger sein wollen. Das Feuer brachte ihn jedoch dazu, über viele Dinge nachzudenken, und eine Sache, die sich dadurch änderte, war sein sorgloser Lebensstil. Durch das Feuer wurde die ganze Familie arm, sodass auch Martyn Verantwortung übernehmen musste. Für die Familie Lloyd-Jones änderte sich eine ganze Menge.

In seiner Familie war Martyn der mittlere der drei Jungen. Harold, der Älteste, war groß, gutaussehend und ein richtiger Dichter. Vincent war der Jüngste. Alle drei Jungen waren sehr klug, und in Wales war das damals etwas, worauf man stolz sein konnte. Niemand brauchte sich in dem kleinen Dorf dafür zu schämen, einen klugen Kopf zu haben.

Martyn hatte schon von klein auf einen besonderen Charakter. Eigentlich war er ein richtiger Schlingel. Einmal, als Vincent noch ein kleines Baby war, wollten die stolzen Eltern ein Foto von ihren drei Jungs machen lassen. Das war etwas, mit dem man im Dorf angeben konnte. Aber für den Fotografen war es alles andere als leicht. »Martyn! Hör auf, den kleinen Vincent zu kneifen! Hör auf, ihn zum Weinen zu bringen!« Während Harold sich anständig benahm und Vincent die ganze Zeit weinte, hatte Martyn ein schelmisches Grinsen im Gesicht.

Martyns Großvater war zum Teil ein furchteinflößender Mann, der vielen seiner Landarbeiter Angst einjagte. Aber er liebte seine Familie. Manchmal, wenn er eindöste, sagte jemand: »Martyn! Die Bürste!« Martyn ging dann auf Zehenspitzen hinüber und bürstete das Haar des alten Mannes. Niemand sonst traute sich das. Wie lustig diese Tage doch waren! Gute Zeiten mit guten Freunden. Glücklich, sorglos, nie langweilig. Martyn hatte trotz der Schwierigkeiten viele glückliche Erinnerungen, auf die er für den Rest seines Lebens zurückblicken konnte.

1 Entspricht etwa 2545 Tageslöhnen für einen Facharbeiter.

Llangeitho Erinnerungen

3

Eine Sache, die das Dorf Llangeitho damals auszeichnete, waren seine vielen unterschiedlichen Charaktere. Es gab dort Menschen, die tatsächlich Geschichten zu erzählen hatten. Diese Männer und Frauen hatten ihr ganzes Leben in dem walisischen Dorf verbracht. Keiner von ihnen war besonders weit gereist, aber sie hatten alle ein interessantes Leben geführt. Und es war spannend, ihnen zuzuhören, wenn sie davon berichteten.

Zwischen seinem Studium und all den anderen Verpflichtungen verbrachte Martyn manche Zeit mit seinen Freunden im Dorf. Oft trafen sie sich dann mit all diesen alten Menschen. Sie waren wirklich großartig. Martyn und seine jungen Freunde wurden nie müde, von ihren Streichen und Geschichten zu hören.

»Kommt! Lasst uns zuschauen, wie ›der Stiefel‹ spuckt!«

Die Dorfjungen, darunter auch Martyn, liebten es, den Dorfschmied zu besuchen. Er war nicht nur ein großartiger Hufschmied für alle Pferde der Gegend (einschließlich der prächtigen Pferde von Martyns Großvater), sondern »der Stiefel«, wie sein Spitzname lautete, war auch der beste Spucker weit und breit. Er kaute Tabak und spuckte ihn dann in große Entfernung aus. Martyn und seine Freunde fanden es toll, zu sehen, wie weit jeder einzelne Spuckversuch reichte.

»Wow, hast du den gesehen?! Was glaubst du, wie viele Meter er dieses Mal geschafft hat?« Martyn und seine Freunde saßen lange da und schauten einem Spuckrekord nach dem anderen zu. Jeder war anders und ausgefeilter als der vorherige. Martyn beschrieb den Mann als einen »Kunstspucker«. Und sein Spucken war eine Kunst, denn »der Stiefel« schaffte es, ein perfektes Muster aus Spucke auf dem Boden zu hinterlassen, bevor er den Laden für die Nacht schloss.

Eines Tages kam ein Bauer zu dem »Stiefel« und klagte darüber, dass seine Tochter ihre Prüfungen wieder nicht bestanden hatte. »Wenn das so weitergeht, wird sie nie auf die Tregaron Intermediate School kommen. Meine Frau und ich wissen einfach nicht, was wir noch tun sollen. Jedes Mal, wenn sie durchfällt, scheitert sie an derselben Sache – Algebra! Kannst du mir sagen, was diese Algebra ist, bei dem das Mädchen immer durchfällt?«

Der »Stiefel« lehnte sich in seinem Stuhl zurück und spuckte. »Also, es ist so. Stell dir einen Zug vor, der gerade die Stadt Aberystwyth mit dreißig Passagieren verlassen hat. Er kommt in Llanrhystyd an, zwei steigen aus und einer steigt ein. In Llanilar steigen drei aus, aber niemand steigt ein. In Tregaron steigen fünf aus und sechs ein. Dann geht es von Bahnhof zu Bahnhof, bis sie in Bronwydd Arms ankommen, wo zwölf einsteigen. Schließlich erreicht der Zug Carmarthen. Und jetzt kommt das Problem: Wie heißt der Schaffner?«

»Kein Wunder, dass das arme Mädchen scheitert«, staunte der Bauer. Der »Stiefel« war voller witziger, scharfsinniger Kommentare und Geschichten. Er wusste immer genau, was er sagen musste.

Martyn liebte auch Rhys Rowlands, vor allem seine Geschichten. Ganz gleich, zu welcher Uhrzeit er im Hause Lloyd-Jones eintraf, Henry überredete ihn immer dazu, eine Geschichte zu erzählen, und die Jungen saßen da und hörten zu. In seinen Geschichten ging es immer wieder um winzige Details, die nichts mit der eigentlichen Geschichte zu tun hatten, die er zu erzählen versuchte. Aber Rhys Rowlands war der Mann, wenn es um lokalen Klatsch, Familiengeschichten und allgemeine Informationen über die gesamte Grafschaft ging.

Du brauchtest nur zu erwähnen, dass du letzte Woche Mr. Jones aus Tregaron gesehen hast, und schon begann Rhys mit einem Erzählmarathon: