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Dorothea Leu hat in diesem Buch ihre Erfahrungen beim Spielen mit Kindern zusammengefasst. Entstanden ist eine Spielesammlung alter überlieferter Spiele, vielfach erprobt durch tägliche Praxis - ein Ratgeber für Erwachsene, die mit Kindern spielen möchten, sei es täglich im Hort oder Kindergarten, sei es nur gelegentlich, um spielend Kindergeburtstage zu meistern. Für jede Situation das richtige Spiel! Dieses Buch hilft dabei.
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Seitenzahl: 89
Veröffentlichungsjahr: 2019
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Kinder sind die lebenden Botschaften, die wir einer Zeit übermitteln, an der wir selbst nicht mehr teilhaben werden.
Neil Postman (*1931), amerik. Medienkritiker
„Kasper und Grete streiten sich um einen Luftballon: `Das ist meiner!`, schreit der Kasper. `Nein meiiiiiner!`, schreit das Gretchen zurück.“ Und während sie beide um den Luftballon kämpfen, soll dieser zerplatzen mit lautem Knall: „Nun mach doch mal schnell mit der Nadel, der platzt einfach nicht!“, hört man es hinter der Bühne schimpfen... – Dorothea spielt Puppentheater.– Das war Weihnachten 2017. Dieses letzte Theaterstück war dem Urenkel Hugo gewidmet, andere Kinder gabs in der Runde ja keine weiteren. Es ging in diesem kleinen Puppentheaterstück mit – wie soll es anders sein: Kasper und Grete natürlich um – wie soll es anders sein: Streit und Versöhnung, um Haben und Teilen, ums Abgeben und Gemeinsam glücklich werden.
Ob diese Botschaften inclusive der darin enthaltenen Moral nun tatsächlich beim Enkelchen Spuren hinterlassen haben? Nun man wird sehen, der war dann wohl doch noch zu klein, aber dennoch gebannt von den lebenden Puppen. Das war Dorothea.
Und mit ihrem Tod im Sommer 2018 haben wir natürlich darüber nachgedacht, was das Wichtigste in ihrem Leben war. Und da blieb ganz klar immer wieder stehen: Die Kinder und das Spiel mit ihnen. An zweiter Stelle kam gleich die Familie aber an erster Stelle immer wieder Kinder und diese aus mehreren Generationen, denn sie hat im Grunde genommen, nie damit aufgehört, irgendwelche Kinder um sich haben zu wollen bzw. sie zu betreuen.
Das Spielebuch hatte sie bereits 2008 geschrieben, nach dem Ende ihrer Arbeit als Kindergärtnerin. Es war noch nicht ganz perfekt, hier und da könnte man sicher noch etliche Änderungen vornehmen. Dazu kam es nun aber leider doch nicht mehr. Es lohnt sich aber dennoch, dieses Buch noch einmal aufzulegen, sind doch die darin gesammelten Gedanken und Erfahrungen mit Kindern und deren Entwicklung zeitlos und gerade heute sehr aktuell
Es soll ebenso noch einmal eine kleine Huldigung an Dorotheas Leben und ihre Lebensleistung sein. Sie hat bei vielen Kindern Spuren hinterlassen. Wir danken ihr für das, was sie für diese vielen Kinder getan hat.
Anja Leu
November 2018
* Als „Spielschule“ wurde früher mein Kindergarten bezeichnet. Er bezeichnete den Ort, an dem Kinder von den Erwachsenen Spiele und die Spielregeln lernten.
Ich habe einen Namen und der steckt in mir drin. Der Name, der bleibt bei mir, auch wenn ich älter bin. Er bleibt bei mir ein Leben, am Tag und in der Nacht, im Sommer und im Winter. Er ist für mich erdacht.
Dorothea Leu
Dank an:
Thomas • Florian • Anja • Katharina • Jonas • Niklas • Rike • Florian und Stefanie • Eva und Max • Lina • Robin und Merlin • Charlotte und Therese • Felix • Frowin und Holdine • Jolande • Artur • Elisabeth und Moritz • Friedrich • Stefan • Kathrin und Sandra • Ildiko • Jana • Anne • Stefanie und Christiane • Nadja • Nicol • Claudia • Linda • Hans und Luise • Anastasia und Julius • Anna • Tina • Sophia • Clemens • Ferdinand und Leonhardt • Linn und Louis • Yoric • Sebastian • Paula • Lars • Gunar • Iven • Ralph und Holger • Susanne • Luzie und Lotte • Norina • Joseph und Leonore • Lucas und Henriette • Fatima • Romeo • Sophie • Valentin • Anne - Kathrin • Lysan • Max und Karoline • Paul • Franz • Edo • Konstantin und Elisabeth • Lea • Lisa und Alexander • Sybille • Holger • Susanna • Sophia • Nicola • Thomas • Stefan • Beate • Saskia und Max • Lischen • Johanna und Nina • Fidel • Moritz • Jana und Micha • Jaakkima • Eva und Hans • Janna und Maren • Klemens • Saskia und Tabea • Nathan • Loria • Ronja • Nils • Vilmos • Pia und Ida • Jonas • Moritz und Nina • Theo • Hallimah • Nils • Willi • Almuth • Susanne • Sylke • Markus • Reneé • Grit • Judith • Dieter • Monika • Cornelius und Gabriel • Christian • Anja • Patrik • Marco • Carsten • Christian • Nannett • Nike • Fabian • Max • Tanja • Benjamin und Franziska • Michael • Konstantin und Leonhardt • Philliph • Henrike und Antje • Katharina und Henning • Alberto • Manuela • Dieter • Sylke • Sofia • Andreas • Matthias • Marvin • Tom und Ben • Nathanael und Leander • Sami • Andreas • Timi • Holger und Rüdiger • Susanna • Lisa und Clemens • Helmut, der das Kinderspektakel immer aushielt und viele andere Kinder
Leben und Spiel gehören zusammen. Wenn der Säugling mit seinen Sinnen wahrnimmt, beginnt das Spiel. Es dauert, solange wir empfinden können. Das Spiel ist ein immer neuer Zauber, der uns auf wundersame Weise die Welt erschließt. Spielen heißt, die Realität verändern, gestalten, untersuchen, entwickeln, sodass wir sie annehmen und verstehen können. Spielen findet bewusst und unbewusst statt, im Denken, Fühlen und Handeln.
Im Spiel werden Kräfte freigesetzt, die Kindern helfen, sich selbst zu bilden. Eindrücke, Erlebnisse, Fragen, Probleme werden im Spiel analysiert und in einer wesenseigenen Form bearbeitet. Dieser Prozess führt zu Erkenntnissen - den Bausteinen der Bildung. Kinder brauchen für ihr Spiel Zeit und Raum. Sie können durch das Spiel von Zwängen und Ängsten befreit werden, weil die Welt des Spiels fantastisch ist. Im Spiel gibt es immer mehrere Lösungen für ein Problem. Kinder entrücken in eine eigene Welt, fern der Realität und doch mitten im Leben. Ich habe als Kind sehr intensiv gespielt, die schönsten und grausamsten Geschichten, wenn die Erwachsenen nicht in der Nähe waren. Als Erzieherin habe ich versucht, das Spiel so zu beeinflussen, dass Kinder im Spiel frei sein konnten. Sie sollten im Kindergarten ihre Besonderheiten als Schatz für sich und andere Kinder empfinden.
Spielen ist ureigenes freies Gestalten von Gedanken mit Bewegung, Wort, Mimik und Spielzeug und kommt ganz aus der Seele. Rationalität der Erwachsenen stört das Spiel.
Aber ist „Spielschule“ nicht ein Widerspruch? Kann man spielen lernen? Unsere Welt ist rational geworden. Die wunderbare Gabe, die jeder Mensch bei seiner Geburt mitbringt, verkümmert leicht. Spielen kann man in jedem Alter lernen. Beobachten und Mitspielen kann „Spielschule“ sein. In meinem Berufsleben hatte ich Jahrzehnte Gelegenheit, Kinder im Spiel zu beobachten und, was noch viel spannender war, mit Kindern zu spielen. Ich ließ mich sehr gern in ihre Welt entführen.
Kinder spielen, wenn sie sich frei fühlen. Erlebtes bildet die Grundlage. Ich habe beobachtet, wie einfache Alltagshandlungen, z.B. Kaffeekochen, Abwaschen, Putzen, Einkaufen usw. Kinder in einen entrückten glücklichen Zustand versetzten.
Die Kinder übernahmen oft mehrere Rollen gleichzeitig, die sie sprachlich, gestisch und mimisch beziehungsreich entwickelten. Das Wesen eines Kindes erschließt sich selten so deutlich wie im Spiel. Temperamente, Wünsche, Ängste und Talente werden im Spiel lesbar. Wir müssen nur Zeit und Ruhe finden um wertfrei zu beobachten. Die Ernsthaftigkeit und Genauigkeit in der Darstellung von kleinsten Details waren für mich Spielschule.
Ich bin allen Kindern dankbar, die mit mir gespielt haben und widme ihnen meine Sammlung, besonders meinen Kindern Thomas, Anja und Katharina.
In den Kindertagesstätten werden Erzieherinnen von einer Fülle von Aufgaben erdrückt. Befreiendes Spiel mit Kindern kann nicht wachsen.
Mit meiner „Spielschule“ möchte ich Erzieherinnen ermutigen, alte Spiele zu probieren und wieder mehr mit Kindern zu spielen, um das Kind zu entdecken, dass sie selber waren. Eine Besonderheit im Spiel besteht darin, dass selbst komplizierte Zusammenhänge ohne Material dargestellt werden können. Oft konnte ich erleben, wie Kinder eine Lebensgeschichte mit Geburt und Tod durch Sprache, Mimik, Gestik und mit Hilfe von Stöckchen, kleinen Steinen, Grashalmen und ein paar Blättern darstellten.
Die enorme Vorstellungskraft als geistiges Entwicklungspotential ist nur Kindern eigen oder denen, die in ihrem Herzen Kind geblieben sind. Die soziale Funktion von Spielen ist unumstritten. Die ersten Spielpartner des Kindes sind die Eltern. Optische, akustische Wiederholungen von Reizen sind der Beginn des miteinander Spielens. Kleine Reime mit entsprechenden Bewegungen werden dem Kind auch bei ständigen Wiederholungen nicht langweilig. Mutter und Vater widmen sich im Spiel mit allen Sinnen ihrem Kind und stellen emotionale Bindungen her, die ein Fundament für die Gemeinschaftsfähigkeit eines Menschen sein können. Bei einfachen pflegerischen Handlungen ohne spielerische Zuwendung verkümmern diese Potentiale.
In der „Spielschule“ habe ich von 1962-2004 alte Gemeinschaftsspiele wie z.B. Bewegungsspiele, Sprachspiele, Singspiele und Tänze gesammelt. Die Überlieferung dieser Spiele über Jahrzehnte deutet darauf hin, dass kulturelle Wurzeln gebildet worden sind, die es zu pflegen lohnt. Spiele müssen weitergegeben werden, denn wie sollen Kinder Texte, Handlungen oder Regeln von Spielen kennenlernen? Übermittlung auf der Straße findet nicht mehr statt.
Der Kindergarten hat diese kulturelle Verantwortung. Ich hatte mir in meinem Berufsleben Zeit für Spiele mit Kindern genommen, weil das Bedürfnis nach diesen Spielen groß war.
Spiele sind ein Spiegel gesellschaftlicher Realität. Die Wirklichkeit von heute ist gekennzeichnet von Konsumzwang, der besonders Kinder in ihrer körperlichen und seelischen Entwicklung gefährdet. Aktuelle Ereignisse um gewalttätige Kinder belegen, dass manche Computerspiele zu bedrohlichen Reaktionen führen können. Für Kinder besteht der Wert einfacher Spiele in der Entwicklung von Fantasie, Zufriedenheit, Freude und Gemeinschaftsfähigkeit. Diese Werte brauchen die Erwachsenen von morgen, denn wirtschaftliches Wachstum wird als beherrschendes Lebensziel bald nicht mehr taugen.
„Meister könn` wir Arbeit kriegen, ja oder nein“ erzählt aus dem Mittelalter, als Gesellen noch auf Wanderschaft gingen. Heute hat dieses Spiel eine andere Aktualität, der mit neuen Ideen begegnet werden kann, die vielleicht in Bescheidenheit angesiedelt sind oder in sozialen Lebensformen, die sich auf Werte des menschlichen Umgangs beziehen und materielle Ziele weniger beachten. Sprache und Spiel bedingen einander. Im Spiel denkt das Kind in Worten und stellt damit gedankliche Zusammenhänge her. Wortspiele haben Kindern zu allen Zeiten Spaß gemacht. So mancher Schmerz war mit dem Reim: „Heile ,heile Segen, morgen gibt es Regen, übermorgen gibt es Schnee und dann tut dir nichts mehr weh.“ vergessen. Im multimedialen Zeitalter mag eine Sammlung alter Spiele verloren wirken. Das große Suchtpotential, welches Computerspiele nun einmal haben, kann aber vielleicht gerade mit diesen alten Gemeinschaftsspielen ausgeglichen werden. Spiele gegen Sucht, gegen Bewegungsarmut und gegen soziale Isolation, gegen das Verschwinden von Kindheit.
Durch Umgang mit Kindern gesundet die Seele.
Dostojewski
Die meisten Menschen legen ihre Kindheit ab wie einen alten Hut. Sie vergessen sie wie eine Telefonnummer, die nicht mehr gilt. Ihr Leben kommt ihnen vor wie eine Dauerwurst, die sie allmählich aufessen, und was gegessen worden ist, existiert nicht mehr.
Erich Kästner (1899-1974)
Das Spiel beginnt
1 Hoppe, hoppe Reiter...
2 Hier hast `nen Taler
3 Geht ein Mann die Treppe rauf...
4 Pinkepank
5 Das ist der Daumen
6 Meine Mutter schneidet Speck
7 Ich bin der Kasper
8 Die Segelbootpartie...
9 Das Stachelschwein