Vom Vater nicht geliebt … - Claudia Torwegge - E-Book

Vom Vater nicht geliebt … E-Book

Claudia Torwegge

5,0

Beschreibung

Seit über 40 Jahren ist Mami die erfolgreichste Mutter-Kind-Reihe auf dem deutschen Markt! Buchstäblich ein Qualitätssiegel der besonderen Art, denn diese wirklich einzigartige Romanreihe ist generell der Maßstab und einer der wichtigsten Wegbereiter für den modernen Familienroman geworden. Weit über 2.600 erschienene Mami-Romane zeugen von der Popularität dieser Reihe. »Hast du eine Ahnung, wo Katrin sein könnte, Wölfchen? Sie müßte schon längst zu Hause sein!« Der kleine Junge sah von seinem Spiel auf und schüttelte den Kopf. »Nö, Mama, weiß ich nicht«, sagte er und setzte geduldig immer wieder einen Baustein auf den anderen, bis ein hoher Turm entstanden war. Daniela von Thumberg seufzte und lief zum Fenster. »Langsam mache ich mir Sorgen«, sagte sie halblaut und mehr zu sich selber. »Die Schule ist schon längst aus. Sie weiß doch, daß ich am Freitag im Büro früher Schluß habe und zu Hause bin.« Doch dann fiel ihr siedendheiß ein, daß ihr Chef, Herr Brenner, sie gebeten hatte, noch ein paar dringende Briefe für ihn zu schreiben. Deshalb war es im Büro doch später geworden. Sie war gerade noch rechtzeitig gekommen, um Wölfchen aus dem Kindergarten abzuholen. Aber Kathrin, die ausgerechnet heute ihren Schlüssel vergessen hatte, war sicherlich vor verschlossener Tür gestanden – und dann wieder fortgegangen. »Wo mag sie nur hingegangen sein?« überlegte Daniela laut. »Ich habe doch schon bei ihrer Freundin Inge angerufen und auch bei Claudia. Dort ist sie nicht.« Allmählich machte sich eine lähmende Furcht in ihr breit. Wie, wenn dem Kind etwas zugestoßen war?

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Mami Classic – 5 –

Vom Vater nicht geliebt …

Claudia Torwegge

»Hast du eine Ahnung, wo Katrin sein könnte, Wölfchen? Sie müßte schon längst zu Hause sein!«

Der kleine Junge sah von seinem Spiel auf und schüttelte den Kopf.

»Nö, Mama, weiß ich nicht«, sagte er und setzte geduldig immer wieder einen Baustein auf den anderen, bis ein hoher Turm entstanden war.

Daniela von Thumberg seufzte und lief zum Fenster.

»Langsam mache ich mir Sorgen«, sagte sie halblaut und mehr zu sich selber. »Die Schule ist schon längst aus. Sie weiß doch, daß ich am Freitag im Büro früher Schluß habe und zu Hause bin.«

Doch dann fiel ihr siedendheiß ein, daß ihr Chef, Herr Brenner, sie gebeten hatte, noch ein paar dringende Briefe für ihn zu schreiben. Deshalb war es im Büro doch später geworden. Sie war gerade noch rechtzeitig gekommen, um Wölfchen aus dem Kindergarten abzuholen. Aber Kathrin, die ausgerechnet heute ihren Schlüssel vergessen hatte, war sicherlich vor verschlossener Tür gestanden – und dann wieder fortgegangen.

»Wo mag sie nur hingegangen sein?« überlegte Daniela laut. »Ich habe doch schon bei ihrer Freundin Inge angerufen und auch bei Claudia. Dort ist sie nicht.«

Allmählich machte sich eine lähmende Furcht in ihr breit. Wie, wenn dem Kind etwas zugestoßen war? Wie, wenn sie auf dem Heimweg von der Schule verunglückt oder vielleicht sogar von einem Unhold belästigt und gar entführt worden war? Man las

so Schreckliches in den Zeitungen…

»Dummes Zeug«, wies sie sich selbst energisch zurecht. »Dummes, dummes Zeug…«

In diesem Moment fiel Wölfchens hoher Turm aus Holzbausteinen mit einem lauten Plumps in sich zusammen, und Daniela stieß einen entsetzten Schrei aus. Sie preßte die Hand aufs Herz.

»Du meine Güte, Wölfchen, hast du mich aber erschreckt! Was fällt dir ein!« rief sie aus. Der Kleine breitete mit einer entschuldigenden Geste beide Hände aus und sah sie verschmitzt von unten herauf an.

»Das war nicht meine Schuld, Mama, der Turm ist ganz von alleine zusammengestürzt. Ich habe ihn nicht angetippt, nicht einmal ein kleines bißchen!«

»Schon gut, mein Junge, ich habe es ja auch nicht so gemeint. So was passiert eben, nicht wahr? Mir tut es selber leid um deinen wunderschönen, hohen Turm«, sagte sie und strich ihrem kleinen Sohn über den blonden Schopf. »Weißt du, ich bin ein wenig nervös, weil Katrin noch nicht zu Hause ist.«

Wölfchen sammelte seine Bausteine ein, die im ganzen Zimmer verstreut herumlagen, und meinte eher beiläufig: »Vielleicht ist sie ja zu Oma Keller gegangen…«

Daniela schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn.

»Natürlich! Oh, Wölfchen, du bist ein Schatz! Nein, daß ich nicht schon selber draufgekommen bin!« sagte sie. Sie hatte es auf einmal sehr eilig, zur Tür hinaus und über die breite Treppe zwei Stockwerke nach oben zu laufen. Dort – in der Wohnung im obersten Stockwerk – wohnte eine reizende alte Dame. Sowohl für Daniela als auch für ihre beiden Kinder war Frau Keller, eine herzensgute, lebenskluge Frau, so eine Art Großmutter-Ersatz. Meta Keller war nicht mehr gut zu Fuß, das Gehen war ihr beschwerlich geworden. Deshalb erledigte Daniela, so oft sie es nur einrichten konnte, die Einkäufe für sie oder kleine Besorgungen. Frau Keller dagegen war bereit, sich um Danielas Kinder zu kümmern, wenn die junge Frau im Büro aufgehalten wurde. Das war in letzter Zeit immer öfter der Fall. Ihr Chef nahm häufig ihre freie Zeit in Anspruch, allerdings bezahlte er auch sehr gut dafür. Und Daniela konnte das Geld wahrhaftig gut gebrauchen.

Vor Meta Kellers Wohnung angekommen, mußte Daniela erst einmal tief Luft holen. Sie drückte auf den Klingelknopf und horchte auf die Schritte, die sie hinter der Tür vernahm. Es waren flinke, hüpfende Kinderschritte, und Daniela atmete erleichtert auf. Ein Stein fiel ihr vom Herzen. Dann ging auch schon die Tür einen Spalt auf, und Katrin streckte den Kopf hindurch.

»Katrin!« rief Daniela anstelle einer Begrüßung und nahm das Kind in die Arme. »Bin ich aber froh, daß ich dich endlich sehe! Ich habe mir schon schreckliche Sorgen gemacht…«

»Warum regst du dich so auf, Mama?« meinte Katrin ungerührt. Sie runzelte die Stirn und befreite sich aus der Umarmung ihrer Mutter. »Du kannst dir doch denken, daß ich zu Oma Keller gehe, wenn du nicht zu Hause bist.«

»Du konntest nicht rein«, stellte Daniela fest. Katrin nickte ein wenig schuldbewußt.

»Nein, konnte ich nicht. Ich habe nämlich meinen Schlüssel vergessen.«

»Das habe ich gemerkt«, meinte Daniela. Aus dem Hintergrund kam die fragende Stimme der alten Dame.

»Wer ist es denn, Katrin? Mit wem sprichst du?«

»Es ist meine Mutter! Sie ist jetzt nach Hause gekommen und will mich abholen«, sagte Katrin und wandte sich dann an ihre Mutter: »Ich verabschiede mich nur noch schnell, dann komme ich.«

Sie war schon davongehüpft, ehe Daniela noch antworten konnte. Langsam ging sie ihr nach und blieb in der Tür zu Meta Kellers Wohnzimmer stehen.

»Kommen Sie nur herein, mein liebes Kind«, rief die alte Dame, die in ihrem Lieblingsstuhl am Fenster saß. Daniela trat näher. Jedesmal, wenn sie diesen schönen großen Raum betrat, umfaßte sie ein heimeliges Gefühl.

Katrin hüpfte ungeduldig von einem Fuß auf den anderen und faßte nach der Hand ihrer Mutter. So gern sie bei Oma Keller war, so gern wollte sie nun auch wieder nach Hause.

»Komm, Mama, laß uns gehen«, drängte sie.

»Ja, wir müssen gehen, Wölfchen ist allein unten in der Wohnung. Auf jeden Fall vielen Dank, Frau Keller. Für mich ist es beruhigend zu wissen, daß Katrin bei Ihnen unterschlüpfen kann, wenn mein Chef mich im Büro aufhält«, sagte Daniela dankbar. Die alte Dame winkte ab.

»Ich habe Ihre Kinder gern um mich, meine Liebe«, sagte sie. »Sie können immer zu mir kommen. Das gibt mir das Gefühl, daß ich wenigstens noch zu etwas nütze bin!«

»Warum hat sie das gesagt, Mama?« fragte Katrin halblaut, als sie die Treppe hinuntergingen.

»Frau Keller ist allein und hat kaum noch Verwandte. Sie hat niemanden, der sich um sie kümmert«, antwortete Daniela.

»Aber wir kümmern uns um sie, nicht wahr, Mama?« meinte Katrin. »Und sie sich um uns…«

*

»Papa kommt!« verkündete Katrin, die am Küchenfenster stand. »Er steigt gerade aus seinem Auto aus.«

Danny warf einen flüchtigen Blick hinunter und beeilte sich, um Harro die Tür zu öffnen. Er sah müde aus und abgespannt. Außerdem wirkte er ziemlich nervös.

»Dann gibt es heute wohl keine Gute-Nacht-Geschichte,« stellte Wölfchen mit finsterer Miene fest. Er wußte genau, wenn der Papa zu Hause war, dann hatte die Mami keine Zeit mehr für ihn und auch nicht für Katrin.

»Nein, tut mir leid, heute gibt es keine«, bestätigte Danny. »Ich muß mich um den Papa kümmern, er ist sicher müde und hat riesengroßen Hunger.«

Wölfchen nickte ergeben. Für Hunger hatte er Verständnis, denn ihm war nichts – fast nichts – wichtiger als ein leckeres Essen.

»Frag doch mal deine Schwester, vielleicht kann sie dir noch eine Geschichte vorlesen«, schlug sie vor und gab ihm einen aufmunternden Schubs.

»Sie liest lange nicht so schön wie du«, maulte er.

»Dann laß ich es eben bleiben«, sagte Katrin beleidigt. Sie war erst sieben Jahre alt und sehr stolz auf ihre Lesekünste.

»Aber Mami hat gesagt, du sollst!« beschwerte sich der Kleine lautstark und stampfte mit dem Fuß auf.

»Jetzt mag ich aber nicht mehr!« war Katrins spitze Antwort, und Wölfchen streckte ihr die Zunge heraus.

»Hast du aber einen schönen Waschlappen«, höhnte sie, was ihr einen schmerzhaften Tritt ans Schienbein einbrachte. Sie schrie laut auf und versuchte ihren Bruder zu fassen zu kriegen, der sich wohlweislich hinter Danny versteckt hatte.

»Müßt ihr denn immer und immer streiten?« grollte Harro, der gerade eintrat. Er machte sich nicht die Mühe, die Wohnungstür hinter sich zuzumachen, sondern überließ das Danny. Er warf seinen Regenmantel und die schmale Aktentasche auf die Truhe in der Diele.

»Ist Post für mich gekommen?«

Sichtlich nervös blätterte er den Stapel Brief durch, den Daniela ihm wortlos hinhielt.

»Nichts«, murmelte er. »Wieder nichts. Verdammt…«

»Hast du gehört? Der Papa hat ›verdammt‹ gesagt!« flüsterte Wölfchen seiner Schwester mit unterdrücktem Kichern zu. Auch Katrin konnte sich das Lachen nicht verbeißen und prustete los. Harro runzelte die Stirn und sah von einem zum anderen.

»Was ist denn los? Warum lacht ihr beide so? Und warum seid ihr noch nicht im Bett?« fragte er ungehalten.

»Aber Harro«, mischte sich Danny ein. »Die Kinder haben auf dich gewartet. Sie haben sich auf dich gefreut. Du bist wenig zu Hause. Sie sehen dich so selten…«

»Soll das ein Vorwurf sein?« grollte er.

Danny schüttelte mehrmals heftig den Kopf. Die Kehle war ihr auf einmal wie zugeschnürt, und sie konnte kein einziges Wort hervorbringen.

Die Kinder hatten gespürt, daß der Vater nicht besonders gut gelaunt war und hatten sich still in ihr Zimmer verzogen. Daniela und Harro standen sich allein in der Diele gegenüber, und er hielt immer noch das Bündel Briefe in der Hand. Er legte sie beiseite und trat auf sie zu, legte zwei Finger unter ihr Kinn und hob ihr Gesicht hoch, so daß sie ihn anschauen mußte.

»Entschuldige, Danny, ich hab’s nicht so gemeint«, sagte er zerknirscht. »Ich bin ein bißchen nervös. Mir ist nämlich ein dickes Geschäft durch die Lappen gegangen.«

»Oh, das tut mir aber leid«, sagte sie betroffen. Er lachte bitter auf.

»Das kann dir auch leid tun. Es hängt eine Menge Geld dran.«

Er sah sie an, als wäre ihm eben eine rettende Idee gekommen.

»Sag mal, kannst du mir nicht aushelfen, Liebling?« fragte er.

Sie überlegte, überlegte einen Moment zu lange, denn er wandte sich beleidigt ab.

»Laß nur. Ich sehe, du willst mir nicht helfen«, sagte er verstimmt. Sie sah ihn betroffen an.

»Aber Harro, wie kommst du denn auf diese Idee? Ich würde dir ja gern helfen, aber ich habe auch nicht viel«, gab sie zurück. »Wir hatten doch ausgemacht, daß ich von dem, was ich im Büro verdiene, das bezahle, was wir fürs tägliche Leben haben müssen und was die Kinder brauchen. Die Miete und alles andere wolltest du übernehmen…«

Dabei habe ich im letzten halben Jahr auch die Miete bezahlt, weil der Hauswirt schon mit Kündigung gedroht hatte, dachte sie, aber sie sprach es nicht aus. Harro war heute schlecht gelaunt, und sie wollte ihn nicht noch mehr verstimmen. Sie fürchtete seine jähzornigen Ausbrüche.

»Miete und alles andere! Soll ich dir mal vorrechnen, was ich für euch ausgebe? Soll ich dir vorrechnen, was ihr drei mich kostet?« sagte er da auch schon höhnisch. »Das ist eine ganze Menge, weißt du das nicht?«

Doch, das weiß ich, dachte sie, und Zorn stieg in ihr auf. Doch, das weiß ich sehr gut.

Immer und immer gab sie nach, aber nun war Harro zu weit gegangen. Es war gemein und ungerecht, daß er ihr vorwarf, die Kinder und sie würden ihn zuviel kosten.

Sie begegnete seinem Blick und nahm all ihren Mut zusammen.

»Doch, das weiß ich«, sagte sie ruhig. »In der letzten Zeit habe nämlich ich die Miete bezahlt! Und alles andere!«

Harro preßte ärgerlich die Lippen aufeinander.

»So?« sagte er nur. Dann drehte er sich auf dem Absatz um, ging in sein Zimmer und knallte die Tür hinter sich zu. Eine Weile stand Danny noch reglos in der Diele. Ihr Herz klopfte heftig.

Gut, daß die Kinder einträchtig in ihrem Zimmer spielen und die häßliche Auseinandersetzung gar nicht mitbekommen haben. Meine Kinder, dachte sie, mein Glück und meine Freude…

Sacht drückte sie die Klinke zur Kinderzimmertür und schob sie leise auf. Eine Weile beobachtete sie die beiden bei ihrem Spiel. Katrin hatte Wölfchens Teddybär ein Halstuch umgebunden und ihm ein Bettchen gebaut. Wölfchen hielt dem zotteligen Lieblingsspielzeug eine Puppentasse vors Gesicht.

»Du mußt das trinken, Teddy, ich meine es ernst. Du hast nämlich Fieber!«

Erst dann sah er seine Mutter in der Tür stehen.

»Mama, mein Teddy ist schrecklich krank, er hat Halsweh und Fieber. Katrin ist die Krankenschwester und hat ihn gerade gemessen. Er hat mindestens fünfzig Fieber!«

»Fünfzig Fieber!« rief Danny aus. »Das ist ja schrecklich! Da muß Teddy aber schleunigst ins Bett und gehörig schwitzen. Am besten ist es, wenn du dich mit ihm hinlegst, dann bleibt er sicher ruhig liegen.«

»Meinst du wirklich?« vergewisserte er sich. »Kann er nicht allein im Bett liegen, wenn ich ihn ordentlich zudecke?«

Danny schüttelte bedauernd den Kopf.

»Das ist nicht das gleiche«, meinte sie. »Deinem Teddy tut es gut, wenn du neben ihm im Bett liegst. Er wird dann viel schneller gesund.«

»Och, ich glaube, er ist gar nicht richtig krank, Mama. Ich glaube, es geht ihm schon wieder ganz gut«, meinte der Kleine. Sein Spiel war ihm langweilig geworden, und die Aussicht, ins Bett zu müssen, behagte ihm auch nicht.

»Du bist ein Spielverderber!« sagte Katrin verstimmt. »Immer, wenn man mal mit dir was Tolles spielt, hörst du mittendrin auf! Wir haben nämlich Krankenhaus gespielt, Mama«, erklärte sie.

Daniela streichelte über Kathrins Wange.

»Dann spielt doch morgen weiter!« schlug sie vor. »Eure kleinen Patienten sollten jetzt schlafen, damit sie gesund werden. Morgen früh kannst du ihnen wieder Fieber messen und sie versorgen. Für euch beide wird es nun auch Zeit, zu Bett zu gehen.«

»Noch nicht, Mama! Wir haben doch grade soo schön gespielt!« riefen die Kinder wie aus einem Munde. »Noch nicht!«

»Doch, es ist schon spät«, sagte Daniela. »Morgen ist wieder Schule, und Wölfchen geht frühmorgens in den Kindergarten.«

Die Kinder bettelten, daß sie noch aufbleiben durften, aber Danny blieb unerbittlich.

»Ausziehen, waschen, Zähne putzen«, sagte sie energisch, und die beiden merkten bald, daß sie durch nichts zu erweichen war. Als einziges Zugeständnis ließ sie sich dazu überreden, noch eine kleine Geschichte vorzulesen. Sie setzte sich auf Katrins Bettrand und las den Kindern mit ihrer schönen, warmen Stimme ein Märchen vor. Noch bevor sie an der letzten Seite angelangt war, waren Wölfchen schon die Augen zugefallen. Er war eingeschlafen.

Katrin streckte beide Arme nach ihrer Mutter aus.

»Gute Nacht, Mama. Ich hab dich so lieb«, murmelte sie schlaftrunken. Sie blinzelte noch ein wenig und fragte dann:

»Kommt Papa nicht zu mir und sagt gute Nacht?«

»Schlaf jetzt, mein Liebling«, antwortete Daniela und küßte Katrin auf die Wange.

»Warum kommt Papa nicht und sagt mir gute Nacht?« fragte das kleine Mädchen noch einmal.

»Papa hat noch zu tun«, antwortete sie. Sie knipste das Licht aus und ließ die Tür einen kleinen Spalt offenstehen. Wölfchen hatte Angst vor der Dunkelheit.

Eine Weile blieb sie noch im Flur stehen und lauschte auf die friedlichen Atemzüge der Kinder. Sie hörte, wie Harro in seinem Zimmer auf und ab ging, wie er telefonierte. Er schien Dinge auf seinem Schreibtisch, auf dem immer ein unordentliches Durcheinander herrschte, zu suchen und warf dabei alles mögliche hinunter.

Danny seufzte unhörbar auf.