Von der Kunst, Hindernisse zu überwinden - Andreas Kalteis - E-Book

Von der Kunst, Hindernisse zu überwinden E-Book

Andreas Kalteis

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  • Herausgeber: Ariston
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2010
Beschreibung

Der direkte Weg ist immer noch der kürzeste

Herausforderungen annehmen und mit Engagement meistern, dazu bedarf es vor allem eines: mentaler Stärke. Andreas Kalteis, Deutschlands führender Parkour-Läufer, weiß, wie man ohne Umwege zum Ziel kommt. Parkour, die Kunst der Fortbewegung, bei der Hindernisse geschickt überwunden werden, ist jedoch mehr als nur ein Trendsport. Es ist eine Lebenseinstellung, die zeigt, wie durch Selbstvertrauen, Disziplin und Motivation jede Hürde im Leben genommen werden kann.

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Seitenzahl: 239

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Inhaltsverzeichnis
 
Einleitung
 
Warum die meisten Hindernisse in uns selbst liegen
Mangelndes Selbstwertgefühl
Limiting Beliefs
Ängste
Fehlende Motivation
 
Die mentale Grundfitness erarbeiten, um Hindernisse zu überwinden
Die eigenen Beweggründe kennen
Schlüsselerlebnisse freilegen
Nach Inspiration suchen
Feedback einholen
Wissen sammeln
 
Das Training: Innere Hindernisse aktiv überwinden lernen
Analyse des Ist-Niveaus
Reparatur-Phase
Limiting Beliefs abschaffen
Überwinden von Ängsten
Bestehende Ängste aufdecken
Die Ängste analysieren
Schritt 1:
Schritt 2:
Schritt 3:
Schritt 4:
Motivationsmangel überwinden
Erreichen des Basis-Niveaus
Kontinuierliche Entwicklung und Kontrolle
 
Im Parkour des Lebens
Vorhersehbare Hindernisse überwinden
Akute Hindernisse überwinden
 
Schlusswort
Danksagung
Weiterführende Literatur
Über den Autor
Copyright
Wer aufhört, besser zu werden,hört auf, gut zu sein.
Marie Freifrau von Ebner-Eschenbachösterreichische Erzählerin, Novellistin und Aphoristikerin
Einleitung
Gnadenloser Beton, 3 Meter hoch. Die Mauer rührt sich nicht und wird es auch nicht tun. Sie steht einfach da, zwischen mir und meinem Ziel. Adrenalin fließt in mein Blut, ich atme tief und langsam. »Kämpfen oder flüchten?«, fragen meine Instinkte. »Kämpfen«, antwortet mein Wille. Ich atme noch tiefer, bringe Spannung in meinen Körper, zupfe mir aus Gewohnheit das Shirt und die Hose zurecht und schaue nach oben, zur Kante der Mauer. Kann ich mich dort festhalten? Wird sie dem Gewicht standhalten? Die Passanten bemerken, dass sich irgendetwas anbahnt und sehen mich skeptisch an. Ich registriere das nur nebenbei und konzentriere mich stärker auf die Mauer. Die Oberfläche ist glatt, das erfordert mehr Druck, um nicht abzurutschen. Die Kante ist nicht abgerundet, ich kann mich also gut daran festhalten. Ich habe die wichtigsten Faktoren beleuchtet, das Risiko kalkuliert und entscheide, dass ich die Mauer überwinden werde. Ich spanne meinen Körper an und beuge mich nach vorn. Der Körperschwerpunkt passiert den kritischen Punkt und ich beginne zu sprinten. Ich atme ein, so tief ich kann, und halte die Luft an, während ich die letzten zwei Schritte auf die Mauer zu mache. Dabei beschleunige ich mit aller Kraft und springe auf die Mauer zu. Die Oberfläche ist glatt, um nicht abzurutschen muss ich in einem steilen Winkel mit genügend Druck auftreten. Die Spitze meines Fußes berührt die Mauer, und ich stoße die angehaltene Luft mit einem explosionsartigen Zischen aus. Wie der Kampfschrei beim Kampfsport ermöglicht mir das, alle Kraft in die Bewegung zu leiten. Mit dem Fuß drücke ich meinen Körper von der Mauer ab nach oben. Während ich mit der linken Hand den Abstand zur Wand halte, greift meine rechte Hand weit nach oben. Immer näher komme ich der Kante, strecke meinen Körper, so sehr ich kann. Obwohl das alles im Bruchteil einer Sekunde passiert, fühlt es sich wie eine Ewigkeit an, bis meine Hand der Mauerkante immer näher kommt und ich hoffe, sie zu erreichen. Ab jetzt kann ich nur noch auf meine Fähigkeiten vertrauen. Kontakt. Meine rechte Hand greift fest zu und für einen Moment halte ich das Gewicht meines Körpers nur mit den Fingerspitzen. Auch wenn es jetzt brenzlig ist – bloß nicht aufhören. Ich greife mit der linken Hand nach oben, damit ich einen stabilen Griff bekomme. Der schwierige Teil ist geschafft, weiter geht’s. Ich drücke die Füße gegen die Mauer und schwinge mich darüber. Um zu kontrollieren, dass ich nichts aus meiner Hosentasche verloren habe, drehe ich mich um und schaue nach unten. Ich sehe die Passanten, die stehen geblieben sind, ihre ungläubigen Blicke. Ich schaue ihnen in die Augen und sehe genau, was sie denken: »So was ist doch nicht möglich!?« Ich fühle mich gut, denn ich weiß, dass es doch möglich ist. Ich habe etwas geschafft, von dem die meisten Menschen denken, dass es unmöglich sei. Doch mit dem entsprechenden Training, der richtigen Technik und dem Mut, es auch wirklich zu tun, ist es möglich. Das ist die Kunst, Hindernisse effizient zu überwinden. Das ist: Parkour.
Parkour, oder im französischen Ursprung »l’art du deplacement« genannt, die Kunst der Fortbewegung, lehrt die Philosophie, Hindernissen positiv zu begegnen und sie als Herausforderungen zu sehen. Jemand, der den Weg des Parkour geht und diese Philosophie lebt, wird »Traceur« genannt, was im Slang der Pariser Vorstädte so viel heißt wie »Einer, der seinen Weg geht«. Die Betonung liegt dabei auf »seinen«. Wir leben in einer Welt, in der wir zwar augenscheinlich alle Freiheiten haben, bei genauer Betrachtung sind wir allerdings sehr eingeschränkt. Was tun Sie, wenn Sie durch die Stadt gehen? Sie laufen auf einem Gehweg oder auf anderen markierten Wegen. Durch Markierungen, Zäune, Absperrungen und Mauern wird Ihnen genau diktiert, wo Sie nicht laufen dürfen. Der Traceur jedoch entscheidet sich, den Weg zu gehen, den er selbst wählt, nicht den, den man ihm vorgegeben hat. Um das zu erreichen, trainiert er seinen Geist und Körper, um deren Potenziale besser nutzen zu können. Nur so kann er Hindernisse, die ihm im Weg stehen, überwinden.
 
In den 90ern trafen in der Pariser »Banlieue«, den Vorstädten Evry und Lisses, ein Dutzend Jugendliche mit ganz unterschiedlichem sozialen Background aufeinander. Sie taten sich zu einer Gruppe zusammen und entwickelten ihre ganz spezielle Art, mit der harten Realität des Vorstadtlebens fertig zu werden. In einem sozialen Umfeld von Arbeitslosigkeit, Kriminalität und Drogenkonsum gab es so gut wie keine Perspektive für Jugendliche. Doch diese jungen Männer entschlossen sich, einen anderen – ihren eigenen – Weg zu gehen. Statt ihrer Frustration mit Gewalt Ausdruck zu verleihen, beschäftigten sie sich mit dem Training ihrer körperlichen und geistigen Fähigkeiten wie Kraft, Ausdauer, Mut, Geschick. Sie trainierten zusammen, spielten Spiele und eiferten ihren Superhelden nach: Rennen wie Flash Gordon, klettern wie Spiderman, springen wie Batman und unsichtbar sein wie die Ninjas. So banal es klingen mag, hier liegt der Ursprung von Parkour, der Kunst der Fortbewegung. Aus diesem Spiel wurde bald mehr – eine Beschäftigung, die sie einnahm und begeisterte, eine Lebenseinstellung, ja ein Lebensstil, der verschiedenste Qualitäten in ihnen ausbildete.
 
Regelmäßiges, hartes Training schulte ihren Willen, ihre Disziplin und Konzentration, die sportlichen Anforderungen machten Drogen- oder Alkoholkonsum unmöglich, die körperliche Herausforderung machte sie flexibel und stark. Stellen Sie sich vor, Sie müssten die akrobatischen Bewegungen, die Sie nur aus Comics kennen, selbst lernen, und das nicht in einer Turnhalle auf Matten, sondern mitten in einer überfüllten Vorstadt, wo es keine Privatsphäre gibt. Leute beobachten Sie beim Training, sehen, wie Sie Misserfolge haben, wie Sie stürzen. Ihre Familie erklärt Sie für verrückt und Freunde wenden sich von Ihnen ab. Doch Sie verfolgen trotzdem weiter Ihr Ziel und lassen sich nicht ablenken. Unter solchen Umständen entwickelt man einen außergewöhnlich starken Fokus und die Fähigkeit, störende Faktoren ausblenden zu können.
 
Gleichzeitig ist das ständige Training auch von Erfolgserlebnissen geprägt, die das Selbstvertrauen steigern. Mit der Zeit wurden die Jugendlichen besser in dem, was sie taten. Sie erreichten außergewöhnliche Leistungen, das baute ihr Selbstbewusstsein auf und stärkte sie nachhaltig. Die Notwendigkeit der ständigen Selbstreflexion und der Analyse der eigenen Stärken und Schwächen, um im Training voranzukommen, bildete diese Fähigkeiten aus. Das gemeinsame Training schulte ihre Fähigkeit, mit der Kritik anderer umzugehen und daraus zu lernen.
Disziplin, Wille, Konzentrationsfähigkeit, Fokussierung, Mut, Selbstvertrauen, Selbstwertgefühl, Selbstbewusstsein, Selbstreflexion, Kritikfähigkeit – all diese Fähigkeiten entwickeln sich in einem Traceur, wenn er der Philosophie des Parkour folgt. Das ständige Überwinden von Hindernissen, die dauernde Konfrontation damit und die Erfahrung, dass sich Hindernisse tatsächlich überwinden lassen, verändert die Wahrnehmung in schwierigen Situationen. Man begegnet ihnen nicht mehr mit Angst und Missmut, sondern mit dem Wunsch, die Herausforderung anzunehmen und aus der Situation das Bestmögliche zu machen.
Natürlich denkt man bei einem Hindernis als Erstes an etwas Materielles, wie einen Zaun oder eine Mauer. Dabei begegnen wir im Leben ständig Hindernissen in jeglicher Form, das kann ein Problem am Arbeitsplatz sein ebenso wie ein Streit mit dem Partner oder gesundheitliche Probleme. Mit der Einstellung eines Traceurs haben Sie die besten Karten, um Hindernisse zu überwinden, die sich Ihnen im Parkour Ihres Lebens in den Weg stellen.
 
Denn auch in Ihrem Leben wird es Hindernisse geben, wenngleich das vielleicht keine Mauern oder Gräben sind. Wie auch bei den Traceuren in den Banlieues, sind das aller Wahrscheinlichkeit nach zunächst einmal gewisse Charaktereigenschaften bzw. Schwächen, die Sie von innen heraus behindern. Lassen Sie uns in diesem Zusammenhang von Hindernissen mit innerem Ursprung sprechen. Diese Hindernisse gilt es als Erstes zu überwinden, um sich eine Grundlage zu schaffen, auf der Sie dann in der Lage sind, auch andere Hindernisse zu überwinden, die in Ihrem Weg stehen. Hindernisse, für die Sie nichts können, die von außen kommen. Natürlich können Sie sich von inneren und äußeren Hindernissen Ihren Weg diktieren lassen, allerdings wird Sie das auf Dauer nicht glücklicher machen und Ihren Zielen auch nicht näherbringen. Darum möchte ich Ihnen mit diesem Buch Schritt für Schritt die Einstellung und Denkweise eines Traceurs näherbringen, damit auch Sie über die Mauern und Zäune Ihres Lebens klettern und Ihre Ziele erreichen können. Dazu bekommen Sie einen Schritt-für-Schritt-Arbeitsplan, mit dem Sie lernen, die Hindernisse, die in Ihrem persönlichen Parkour des Lebens im Weg stehen, zu überwinden, natürlich ohne dass Sie selbst über meterhohe Mauern klettern müssen.
 
Mich selbst hat die Philosophie des Parkour geprägt und mein Leben grundlegend verändert: Ich erinnere mich gut, wie ich vor ein paar Jahren auf eigene Faust mit dem Training begann, nachdem ich das erste Mal von der Kunst der Traceure gehört hatte. Damals zog ich mir beim Herunterklettern von einem Balken eine schlimme Bänderzerrung zu. Als der Arzt mir sagte, dass ich drei Wochen lang jede Belastung vermeiden müsse, war ich am Boden zerstört. Es war Sommer, meine Freunde und ich gingen nach der Arbeit oft an einen stillgelegten Teil des Rheins auf eine kleine Insel. Wir verbrachten unsere Abende bei Lagerfeuer, Musik und jeder Menge Eistee, schwammen im Fluss und katapultierten uns mit einer Art Affenschaukel ins Wasser. Um dorthin zu gelangen, musste man jedoch erst mit dem Fahrrad bis zum »alten Rhein« fahren, dann zu Fuß durch kniehohes Wasser waten und schließlich auf der Insel – auf der keine Wege geebnet waren – noch einige hundert Meter gehen. Ich erinnere mich noch genau, wie meine Freunde mich in der Arbeit anriefen, jeden Tag, wochenlang, und ich immer wieder schweren Herzens absagen musste, da ich durch die Bänderzerrung nicht in der Lage war, den Platz überhaupt zu erreichen. Jeden Abend nach dem täglichen Anruf wuchs meine schlechte Laune, weil ich nicht wusste, was ich mit meiner Zeit anfangen sollte. So saß ich drei Wochen lang zu Hause, vor dem Fernseher, vor dem Computer, im Bett. Ich war mürrisch, aß wenig, und von Spaß und Produktivität konnte in dieser Zeit keine Rede sein.
Einige Jahre später: Der Leistenbruch, den ich seit meiner Geburt mit mir herumtrug, wurde in meinem Grundwehrdienst beim Militär auf eine schwere Probe gestellt – eine zu schwere. Die Leiste riss, ich hatte einen Durchbruch. Da sich eine solche Verletzung lebensgefährlich auswirken kann, musste ich sofort operiert werden. Die Operation verlief nicht nach Plan, es kam zu schweren inneren Blutungen und ich musste sofort notoperiert werden. Am Tag darauf noch mal, am nächsten noch einmal… Insgesamt vier Operationen in fünf Tagen, um mein Leben zu retten. Durch die Eingriffe war die Wunde in meiner Hüfte so groß, dass einfaches Vernähen nicht mehr funktionierte. Sie wurde offen gelassen und mit einem speziellen Vakuumverfahren dazu angeregt, von innen heraus selbst Gewebe aufzubauen und sich zu schließen. Aufgrund dieses langwierigen Heilungsprozesses sagte man mir im August, dass ich bis zum Februar des nächsten Jahres gar nicht mehr an Sport denken solle. Ein halbes Jahr ohne körperliche Aktivität. Eine spezielle Diät, die den Körper von Giftstoffen, die die Heilung wiederum verlangsamen, befreien soll. Kein Ausgehen, da der passiv aufgenommene Rauch in Kneipen und Bars sich negativ auf die Wundheilung auswirkte. Monatelang kein Schwimmen, bis die Wunde geschlossen wäre, und auch keine direkte Sonneneinstrahlung. Für einen sportlichen, aktiven Menschen, der die Bewegung, die Freiheit und die Natur liebt, ein Problem. Ich hatte die Wahl:
 
Option A – an der Situation zu scheitern. Traurig und frustriert zu sein, mich selbst zu bemitleiden und zu hoffen, dass die sechs Monate voller Langeweile und Demotivation schnell vorübergehen.
 
Option B – das Beste aus der Situation zu machen und zu versuchen, einen Weg zu finden, um für mich etwas Positives daraus zu ziehen.
 
Was glauben Sie, wie ich mich entschied?
 
Ich entschied mich für Letzteres und nutzte die Zeit ohne körperliche Aktivität, um eine alte Verletzung am Handgelenk ordentlich ausheilen zu lassen. Die Diät kam mir gerade recht, um eine Entgiftung durchzuführen, die sich auf mein damals angeschlagenes Hautbild sehr positiv auswirkte. Positiv betrachtet hatte ich auf einmal viel Zeit gewonnen, die produktiv genutzt werden wollte. Also setzte ich mich an den Schreibtisch und begann. Ich arbeitete Konzepte aus, um meine Karriere voranzutreiben, und las jede Woche mindestens drei Bücher, um mich weiterzubilden und zu inspirieren. Ich ließ alte Kontakte über Telefon und Internet wieder aufleben und schloss neue. Basierend auf einem meiner ausgearbeiteten Konzepte expandierte ich mein bis dahin elf Mann kleines Parkour-Team, das mittlerweile nach dem Zusammenschluss mit einem Geschäftspartner und einer neuen Firmengründung zur größten Parkour & Freerunning-Künstlerdatenbank der Welt geworden ist. Ich nahm im Internet an Diskussionen und Projekten zur Persönlichkeitsentwicklung teil und etablierte mich als Spezialist und Berater in diesen Foren. Viel Zeit nutzte ich für mentale Übungen, um mich auf das Parkour-Training nach der Pause vorzubereiten. Als es schließlich Februar war, hatte sich mein Leben grundlegend verändert. Mein Körper war gesünder als vor dem Zwischenfall, meine Karriere startete voll durch und ich hatte mich mental so stark entwickelt, dass mich bei den ersten Trainings nach der Pause alle Dinge, die mir zuvor Ängste bereitet hatten, keine große Überwindung mehr kosteten. Nicht ein einziges Mal habe ich in dem halben Jahr damit gehadert, dass ich einen Leistendurchbruch hatte. Ich habe ihn stattdessen genutzt, um einen positiven Durchbruch in meinem Leben und meiner Karriere zu erreichen.
 
Der Parkour hat mich diese Einstellung gelehrt. Erst im Parkour habe ich verstanden, was es heißt, ein Traceur zu sein und seinen eigenen Weg zu gehen, egal welche Hindernisse sich in den Weg stellen. Und vor allem, dass diese Hindernisse zunächst einmal in meinem Kopf entstehen. Nutzen auch Sie die Philosophie von Parkour und die Einstellung des Traceurs, um die Hindernisse auf Ihrem Weg zu überwinden, um Ihren Weg individuell und vor allem erfolgreich zu gehen.
Warum die meisten Hindernisse in uns selbst liegen
Die verschiedensten Herausforderungen, denen wir im Leben gegenüberstehen, lassen sich als Hindernisse betrachten. Eine sehr einseitige und auch begrenzende Betrachtungsweise, wie ich finde. Ein Hindernis ist zunächst einfach nur etwas, das in unserem Weg steht und überwunden werden will. Um das zu schaffen, kommt es auf unsere Einstellung und wie gesagt auf die Betrachtungsweise an. Treten wir dem Hindernis negativ gegenüber, werden wir es nur schwer überwinden können. Sehen wir es jedoch als Herausforderung an und entdecken wir die Chance, die in der Überwindung liegt, sieht die Sache schon anders aus. Dann kann es bisweilen sogar Spaß machen, etwas zu überwinden, das größer scheint als wir selbst. Besonders im Hinblick darauf, was dahinter liegt.
 
Wenn ich in der Stadt trainiere, bleiben oft Passanten stehen. Manchmal sprechen sie mich auch an und fragen, was ich da mache, während ich zum Beispiel eine bestimmte Technik übe, um mir die Bewegung besser einzuprägen. Dann erkläre ich ihnen, worum es bei Parkour geht und warum ich das mache. Ich erzähle von dem tollen Gefühl, etwas geschafft zu haben, von der Freiheit zu wissen, dass einen nur wenige Dinge tatsächlich aufhalten können, von der Befriedigung, wenn harte Arbeit Früchte trägt, und von all den positiven Effekten, die das Parkour-Training auf die Gesundheit und das tägliche Leben hat. Die Resonanz ist zwar meist sehr positiv, aber die meisten Leute kommentieren das, was ich sage mit: »Aber ich könnte das nicht«, oder: »Das wäre mir zu schwer.«
 
Warum macht es den meisten Menschen keinen Spaß, Hindernisse zu überwinden? Warum empfinden Sie Angst vor dem Unbekannten, vor neuen Situationen? Warum beschließen sie schon von vornherein, etwas nicht zu können, ohne es überhaupt versucht zu haben? Etwas in uns hindert uns daran, uns der Herausforderung zu stellen. Bedeutet das nicht, dass das tatsächliche Hindernis in uns selbst begründet ist und damit einen inneren Ursprung hat?
 
Stellen Sie sich vor, Sie verlieren Ihre Arbeitsstelle: Wenn Sie von Ihrer Qualifikation überzeugt sind und über ausreichend Selbstbewusstsein, Mut und Aufgeschlossenheit verfügen, wird dieses Ereignis Sie nicht über die Maßen belasten. Sie werden Bewerbungen schreiben und dank Ihrer positiven Einstellung in absehbarer Zeit bei einem Bewerbungsgespräch punkten. Herausforderung? Sehr wohl. Hindernis? Mitnichten.
 
Nun stellen Sie sich vor, Sie fürchten sich vor Neuem und fühlen sich nur dann wohl und geborgen, wenn die Dinge so bleiben, wie sie sind. Trotz Ihrer Qualifikation glauben Sie, dass andere besser sind als Sie. Wie würde sich in diesem Fall diese Situation darstellen? Wohl kaum als zu bewältigende Herausforderung, eher als ein scheinbar unüberwindbares Hindernis.
Wenn unsere inneren Werte und Überzeugungen uns nicht erlauben, mit einer Situation umzugehen, stellen sie für uns ein Hindernis dar, dessen Ursprung wie gesagt in uns selbst begründet ist. Mit einer solchen Haltung machen wir aus einer Herausforderung ein Hindernis in unserer äußeren Welt. Wir können nicht verhindern, dass das Leben uns mit Herausforderungen konfrontiert, wir können aber unsere eigene Einstellung so trainieren, dass wir lernen, mit den schwierigen Situationen immer besser umgehen zu können – und damit auch die größten Hürden nehmen.
Ich arbeite unter anderem auch als Parkour-Trainer. Dabei coache und unterrichte ich die unterschiedlichsten Menschen, Frauen wie Männer, Junge wie Alte. Ich spreche mit ihnen darüber, was sie im Parkour empfinden und wie sie zu Hindernissen in ihrem täglichen Leben stehen. In den letzten acht Jahren habe ich Tausende Menschen trainiert, und sowohl im Training als auch in den Gesprächen mit ihnen festgestellt, dass die meisten Menschen sich von den folgenden vier grundlegenden inneren Hindernissen beschränken lassen:
- Mangelndes Selbstwertgefühl
- Limiting Beliefs
- Ängste
- fehlende Motivation
Meist sind es innere Vorbehalte, die uns unbewusst zögern lassen, genau in dem Moment, in dem man vor dem Hindernis steht, egal ob das eine hohe Mauer, ein tiefer Graben oder ein Problem des Alltags ist. Und oft merken wir es noch nicht einmal.
Wer zum Traceur im Parkour des Lebens werden will, muss sich diese vier grundlegenden inneren Hindernisse bewusst machen, da sie hauptsächlich in unserem Unterbewusstsein arbeiten. Das Unterbewusstsein ist jener Teil unseres Bewusstseins, den wir nicht direkt wahrnehmen. Es nimmt alle Informationen auf, die wir durch unsere Sinne empfangen, verarbeitet sie und ist dafür zuständig, regelmäßige Vorgänge zu automatisieren. Erinnern Sie sich daran, als Sie Autofahren lernten, wie Sie sich beim Schalten, Gas geben und Bremsen bewusst konzentrieren mussten, und nach einiger Zeit passierte all das ganz automatisch, ja unterbewusst? Das Unterbewusstsein speichert sämtliche Informationen, die Sie von außen aufnehmen. Wenn Sie beispielsweise einmal Fahrradfahren gelernt haben, können Sie es auch noch Jahre später, selbst wenn Sie in der Zwischenzeit gar nicht gefahren sind. Auf all die Informationen die im Unterbewusstsein gespeichert sind, greift unser Gehirn zurück, wenn es Handlungen und Entscheidungen bestimmt. Und genau dort, an dieser Quelle, sitzen die vier grundlegenden Hindernisse.
Ich will sie unsichtbare Saboteure nennen, da sie, ohne dass wir es merken, jede unserer Entscheidungen und Handlungen beeinflussen, und das seit vielen Jahren. Das klingt jetzt vielleicht wie aus einem Spionagefilm, doch es ist Realität des Lebens, jeden Tag. Wenn ich Ihnen in Geheimdienstmanier sage, ich verfüge über die Mittel, diese Saboteure zu entlarven und mit gezielten Informationen für Ihren eigenen Vorteil einzusetzen, werden Sie vielleicht hellhörig. Und das ist gut, beginnen wir sofort damit, denn es ist elementar, diese vier grundlegenden Hindernisse und ihren Einfluss auf Ihr Leben zu verstehen.

Mangelndes Selbstwertgefühl

Jeder Mensch ist wertvoll, Sie sind wertvoll! Sind Sie sich dessen bewusst?
 
Natürlich wissen die meisten von uns das, mindestens theoretisch. Aber da wir keine Computer sind, sondern Menschen, denken wir nicht in mathematischer Logik, sondern funktionieren stattdessen über Emotionen und Konditionierung. Wir empfinden und lernen. Darum entspricht unser Selbstwertgefühl nicht automatisch unserem tatsächlichen Selbstwert.
Ihr Selbstwertgefühl bildet sich bereits im Kindesalter aus und entwickelt sich ständig weiter. Als Kind hängt viel davon ab, wie viel Zuspruch und Liebe Sie von den Eltern bekommen haben. Später in Ihrer Kindheit spielen auch andere Bezugspersonen eine große Rolle. Die Pubertät ist eine kritische Phase, in der Selbstzweifel auf der Tagesordnung stehen, da wir in dieser Phase unsere Identität ergründen. Beim Erwachsenwerden spielen schulischer und beruflicher Erfolg eine untergeordnete Rolle, viel größeren Einfluss hat das soziale Umfeld. Im Erwachsenenalter gewinnt der berufliche und familiäre Erfolg an Bedeutung. Vielleicht erinnern Sie sich an gewisse Ereignisse in Ihrem Leben, die Ihr Selbstwertgefühl geprägt haben. Das kann eine kleine – positive, aber auch negative – Anmerkung eines Menschen sein, der Ihnen viel bedeutete, ebenso wie ein Erfolgs- oder Misserfolgserlebnis. Denn leider sind wir unser Leben lang vielen Einflüssen ausgesetzt, die unser Selbstwertgefühl auch negativ beeinflussen können. Und das Fatale daran: Das menschliche Gedächtnis prägt sich negative Ereignisse bedeutend stärker ein als positive.
Stellen Sie sich vor, Sie fahren jeden Tag mit dem gleichen Bus zur Arbeit. Bisher kamen Sie immer pünktlich und sicher an. Diese positiven Ereignisse werden Sie nicht als positiv, sondern als normal bewerten. Wenn Sie allerdings einmal zu spät kommen oder mit dem Bus einen kleinen Unfall haben, werden Sie sich lange Zeit nicht mehr wohlfühlen, mit diesem oder einem anderen Bus zu fahren.
Genauso simpel verhält es sich mit dem Selbstwertgefühl. Wenn man eine Situation Hunderte Male meistert, hält man sich für einen in dieser Situation wertbringenden Menschen. Scheitert man jedoch nur ein einziges Mal, kann das Selbstwertgefühl in einer solchen oder ähnlichen Situation für lange Zeit, möglicherweise sogar für immer, beschädigt sein.
 
Um Ihr Selbstwertgefühl steigern zu können, müssen Sie sich bewusst werden, wie wertvoll Sie sind. Ein niedriges Selbstwertgefühl ist ein riesiges inneres Hindernis, das sich nur überwinden lässt, wenn man bereit ist, sich selbst zu erkennen.
 
Beim Parkour-Training wird man ständig mit den eigenen Stärken und Schwächen konfrontiert. Stellen Sie sich vor, Sie stehen auf einer Gehsteigkante und möchten über die Straße auf die gegenüberliegende Gehsteigkante springen. Solange Sie nicht die nötige Sprungkraft, Sprung- und Landetechnik entwickelt und aufgebaut haben, werden Sie diesen Sprung nicht schaffen, da Sie nicht über die nötige Technik verfügen und Ihre Muskelkraft nicht ausreicht. Erst wenn Sie beides genug trainiert haben, können Sie einen solchen Sprung wagen. Dabei werden Sie zugleich auch Ihrer neuen Stärke begegnen. Zugegeben: Im alltäglichen Leben können wir solchen Herausforderungen leicht aus dem Weg gehen. Aber das bringt keinen Fortschritt und wir verharren, wo wir stehen. Sie müssen sich jetzt nicht an die nächste Gehsteigkante stellen, es reicht fürs Erste, wenn Sie sich mutig und aufrichtig den folgenden Fragen stellen:
Sind Sie sich Ihrer selbst bewusst? Kennen Sie sich selbst, so wie Sie wirklich sind? Was macht Sie als Person aus? Kennen Sie Ihre Stärken und Schwächen, Ihre Eigenheiten und Besonderheiten, Ihre Fähigkeiten und Ängste? Sind Sie selbstbewusst? Schätzen Sie sich realistisch ein? Oder halten Sie sich für besser oder schlechter, als sie es wirklich sind? Denken Sie darüber nach, so lange, bis Sie zu einem ehrlichen Ergebnis kommen, bis Ihnen auffällt, wo Ihre Selbsteinschätzung ein Hindernis aufgebaut hat. Dann spüren Sie, was ich meine.
Wenn Sie vor einer Mauer stehen, haben Sie die Wahl. Überwinden oder stehen bleiben. Was ist die erste Frage, die Ihnen in den Sinn kommt, wenn Sie ans Überwinden denken? Sie stehen vor einer Mauer, die doppelt so groß ist wie Sie selbst, dahinter liegt Ihr Ziel. Bei mir ist der erste Gedanke immer: »Kann ich es schaffen?« Und genau an diesem Punkt gibt mir mein Selbstwertgefühl die Antwort darauf. Ich kann an dieser Stelle die Erfahrungen, die ich beim Training gemacht habe, abrufen und weiß, ob ich in der Lage bin, diese Mauer zu überwinden. Durch intensives und langes Training habe ich gelernt, mich selbst einzuschätzen und mir Dinge zuzutrauen. Auch Sie können diese Fähigkeiten trainieren und darauf zurückgreifen, wenn es notwendig wird.
 
Also: Welche »unüberwindbaren« Mauern haben Sie in Ihrem Leben aufgebaut?

Limiting Beliefs

 
Meist unterwerfen wir uns diesen Limiting Beliefs – Glaubenssätze, Dogmen und Konditionierungen -, egal ob wir sie selbst aufgestellt oder von anderen übernommen haben. Sie blockieren unser Leben, schaffen Hindernisse, wo vielleicht gar keine sind, und müssen daher aufmerksam aufgearbeitet und zum Besseren verändert werden. Vielleicht kennen Sie das: Ihnen wird eine Aufgabe anvertraut, die eine tolle Chance bietet. Ihr Selbstbewusstsein sagt Ihnen, dass Sie die Fähigkeiten dazu haben. Allerdings gibt es da eine leise, aber stetige Stimme in Ihnen, die immer wiederholt: »Nein, so was geht doch nicht so einfach«, und schlussendlich nehmen Sie die Aufgabe nicht an.
Ich erinnere mich gut an ein Ereignis in meinem Leben, das mir bewusst machte, wie stark die Auswirkungen solcher Limiting Beliefs sein können. Ich arbeitete damals in einem Reisebüro, in meiner Freizeit lief ich Parkour, hatte aber noch keine Parkour-Shows oder andere öffentliche Auftritte gemacht, lediglich einige Videos und ein Fernsehinterview von mir ins Internet gestellt, um mich mit anderen Traceuren auszutauschen. Eines Tages erhielt ich eine E-Mail von einer Werbeagentur, die einen der größten Sportartikelhersteller der Welt vertrat. Sie fragten, ob ich für sie zwei Wochen nach Berlin fliegen wollte, um dort täglich eine Parkour-Show zu machen. Außerdem sollte ich dazu ein Team von Traceuren organisieren und die Choreografie der Shows übernehmen. Die Werbeagentur hatte mein Video im Internet entdeckt und war überzeugt davon, ich sei der Richtige für ihr Projekt. Wow! Ich setzte mich sofort mit einigen guten Traceuren in Verbindung, erzählte meinen Freunden und meiner Familie davon… und ich bekam die ganze Palette an Limiting Beliefs als Gegenwind zu spüren:
»Du kannst so was doch gar nicht«, »Du hast das nicht gelernt«, »So eine Chance kommt nicht einfach so, da ist sicher was faul«, »Das sind bestimmt Betrüger« usw.
 
Viele der Traceure, die ich ansprach, waren ebenfalls der Meinung, sie könnten so etwas nicht, sie hätten das noch nie gemacht … Von Gespräch zu Gespräch wurde die Situation demotivierender, bis ich erkannte, dass man ganz schön vielen Leuten offensichtlich die größten Chancen direkt vor die Nase halten kann und sie sie trotzdem nicht ergreifen. Ich nahm den Auftrag der Werbeagentur an, flog mit vier »mutigen« Traceuren nach Berlin, und wir machten unsere Sache gut. Mit der Referenz, für diese Marke ein 14-tägiges Parkour-Event organisiert, choreografiert und geleitet zu haben, startete meine Karriere. Dank dieser Herausforderung entdeckte ich mein Talent, solche Events zu leiten, Traceure zu koordinieren und bei all dem den Überblick zu behalten. Auf der Basis dieser Erfahrung entschloss ich mich, den Schritt zu wagen, eine Karriere in diesem Bereich aufzubauen. Diese Referenz ermöglichte mir das. Hätte ich auf meine Freunde, Familie und die skeptischen Traceure gehört, wer weiß, wo ich heute stehen würde. »Glaube schafft Realität«: Nehmen wir beispielsweise einen Mann, der 1,70 Meter groß ist. Wenn dieser Mann mit Überzeugung sagt: »Ich bin klein«, ist das ein Glaubenssatz. Wann immer er auf seine Größe angesprochen wird, hat das für ihn einen negativen Beigeschmack und er wird sich in Situationen, in denen die Größe relevant sein könnte, unterlegen oder minderwertig fühlen. Dieses Erlebnis speichert sich in seiner Erinnerung als negativ ab, mit der Begründung »weil ich klein bin«. Kommt er wieder in eine Situation, die mit seiner Größe zu tun hat, wird er unweigerlich kein ausreichendes Selbstvertrauen besitzen, da sein Unterbewusstsein ihm sagt: »Du bist klein, darum hast du es letztes Mal nicht geschafft.« Und da wir bei Entscheidungen auf unser Selbstvertrauen und unsere Erinnerungen zurückgreifen, wird er auch dieses und fortan jedes weitere Mal sofort entschieden haben (= glauben), dass er es nicht schafft.
Stellen wir uns jetzt vor, der Mann sagt mit Überzeugung: »Ich bin groß.« Dieser Glaubenssatz verschafft ihm positive Gefühle, wann immer er auf seine Größe angesprochen wird. Kommt er nun in eine Situation, wo Größe gefordert ist, fühlt er sich automatisch erhaben und geht mit der Einstellung an das Thema, dass er die Situation meistern wird.