Von Leslie - Rainer Bunz - E-Book

Von Leslie E-Book

Rainer Bunz

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Beschreibung

Die im turbulenten 17. Jahrhundert erfolgte Zuwanderung schottischer Söldner, Händler und Kaufleute nach Deutschland und Österreich ist heute ein in Vergessenheit geratenes Kapitel deutsch-britischer Beziehungen. Am Beispiel des schottischen Adelsgeschlechts Leslie folgt Rainer Bunz den Spuren, die Angehörige des Clans in deutschsprachigen Gebieten Europas seit dem Dreißigjährigen Krieg hinterließen. In dieser ersten historischen Gesamtschau der Leslieschen Zweige in Deutschland, Österreich und im Baltikum sind erstaunliche Familiengeschichten zu entdecken. Lebendig und zugleich prägnant geschildert, bieten sie eine unterhaltsame Lektüre, dank gründlicher Recherchen aber auch dem historisch und genealogisch Interessierten eine Fülle solider Informationen.

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Buch

Die im turbulenten 17. Jahrhundert erfolgte Zuwanderung schottischer Söldner, Händler und Kaufleute nach Deutschland und Österreich ist heute ein weitgehend in Vergessenheit geratenes Kapitel deutsch-britischer Beziehungen. Am Beispiel des schottischen Adelsgeschlechts Leslie folgt Rainer Bunz den Spuren, die Angehörige des Clans in deutschsprachigen Gebieten Europas seit dem Dreißigjährigen Krieg hinterließen. In dieser ersten historischen Gesamtschau der Leslieschen Zweige in Deutschland, Österreich und im Baltikum sind erstaunliche Familiengeschichten zu entdecken. Lebendig und zugleich prägnant geschildert, bieten sie eine unterhaltsame Lektüre, dank gründlicher Recherchen aber auch dem historisch und genealogisch Interessierten eine Fülle solider Informationen.

Autor

Rainer Bunz studierte Germanistik, Anglistik und Amerikanistik in Deutschland und den USA. Danach im deutsch-amerikanischen Kulturaustausch und in der evangelischen Publizistik tätig, prägte er als Redakteur drei Jahrzehnte lang das Spielfilmprogramm des Ersten Deutschen Fernsehens (ARD). Als Autor machte er sich einen Namen mit historischen Veröffentlichungen. Große Beachtung fand seine Musikerbiographie „Der vergessene Maestro – Frieder Weissmann“ (2016).

Mit zahlreichen Abbildungen

Inhalt

V

ORWORT

1. K

APITEL

:

D

YNASTY

– D

IE ÖSTERREICHISCHEN

G

RAFEN VON

L

ESLIE

Walter (1606-1667), 1. Graf Leslie

Jakob (ca. 1636-1692), 2. Graf Leslie

Jakob Ernst (1669-1737), 3. Graf Leslie

Carl Cajetan (1696-1761), 4. Graf Leslie

Anton Joseph (1734-1802), 5. Graf Leslie

Ernst Graf Leslie (1775-1836) und Johann Edward Graf Leslie (1820-1844)

Abgesang

2. K

APITEL

:

D

IE

F

REIHERREN

L

ESLIE VON

S

PEYER

Leslie von Bogis: Spurensuche mit Hindernissen

Robert von Leslie (ca. 1617-vor 1664)

Robert von Leslies Nachkommen

3. K

APITEL

:

D

IE

H

ERREN

L

ESLIE VON

L

ANGENZELL

Auftritt: Robin und Robert Leslie

Am Hof Karl Ludwigs von der Pfalz

Die Geschichte der Herren Leslie nach 1660

4. K

APITEL

:

D

IE

L

ESLIES VON

S

ACKHOF

Spur ins Baltikum: Johannes von Leslie (1674-1752)

In Narva: Drei Kaufleute namens Leslie

Jürgen Leslies Nachkommen

Alexander Wilhelm von Leslie (ca. 1658-1721)

5. K

APITEL

:

L

ESLIE IN

P

REUSSEN

In Brandenburg unter dem Großen Kurfürsten

Offiziere in preußischen Diensten

A

NHANG

Anmerkungen

Quellen

Personenverzeichnis

Danksagung

Schottische Söldner von Mackays Regiment nach der Landung im Stettiner Hafen um 1630. Zeitgenössischer Stich auf einem Flugblatt, beschriftet: Es ist ein Starckes dauerhafftigs Volck behilft sich mit geringer Speiß, hatt es nicht Brodt, so Essen sie Würtzeln, Wans auch die Notturfft erfordert, können sie des Tages Uber die 20 teutscher meil weges lauffen, haben neben Musqueden Ihre Bogen und Köcher und lange Messer.

Vorwort

Seitdem Walter Scotts (1771-1832) historische Romane oder die einem sagenhaften Kelten-Sänger Ossian zugeschriebenen Gesänge des schottischen Schriftstellers James Macpherson (1736-1796) das Lesepublikum auch auf dem europäischen Kontinent begeisterten, war Schottland ein Sehnsuchtsort für Romantiker. Nicht für solche, die heute als Massentouristen ein sonniges Arkadien an südlichen Gestaden mit der Seele suchen. Das hoch am nordwestlichen Rand Europas gelegene Schottland war schon immer eher etwas für den Gegentyp des Individualtouristen, den eigenwilligen, offen oder versteckten Romantiker, der an Schottland das Urwüchsige und Ursprüngliche liebte, die Bewohner mit ihren merkwürdigen Trachten und uralten Traditionen, ihren Liedern und Mythen, ihren Fabelwesen und Geistern, nicht zuletzt ihrem schmackhaften Bier und Whisky.

Generell hängen und hingen Schotten an ihrem meerumtosten Land mit seinen oft nebelverhangenen Mooren, den High- und Lowlands. Dennoch zog es schon früh viele von ihnen fort übers Meer auf den Kontinent. Oft war Hunger und Armut Anlass zur Auswanderung, weil das Land mit seinen eher wenig ertragreichen Böden die Bewohner, vor allem nach Missernten, nicht ausreichend ernähren konnte. Kaum weniger oft trieben Religionsstreitigkeiten, aber auch Nachbarschaftsfehden der streitlustigen Clans Schotten ins Ausland. Als tapfere, abgehärtete und anspruchslose Söldner waren sie begehrt bei allen Mächtigen, die vor allem das 17. Jahrhundert zu einer Epoche immerwährender Kriege und Europa zum Schauplatz ungeahnter Tragödien machten.

Zu tausenden ließen schottische Söldner ihr Leben auf den Schlachtfeldern des Dreißigjährigen Krieges. Von denen, die überlebten, kehrten die meisten auf die britischen Inseln zurück, als dort gegen Ende der 1630er Jahre Protestanten und Katholiken, Engländer, Iren und Schotten anfingen, sich in jahrzehntelangen Religions- und Bürgerkriegen zu bekämpfen. Einige ließen sich in der Fremde aber dort nieder, wohin sie der Krieg verschlug und sie etwas gefunden hatten, was ihnen ihre schottische Heimat nicht bot: Frau und Kinder, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Erfolg, Reichtum oder, nennen wir es einfach, Glück.

Aus der großen Schar schottischer Söldner ragen Angehörige des Clans Leslie heraus. Im 17. Jahrhundert zeichneten sie sich auf allen europäischen Kriegsschauplätzen aus. Allein im Heer des Schwedenkönigs dienten nicht weniger als neun Angehörige des Leslie-Clans im Rang eines Obersten, drei von ihnen hatten es sogar zum General gebracht, darunter Feldmarschall Alexander Leslie (ca. 1582-1661), Earl of Leven, der 1628 die Stadt Stralsund erfolgreich gegen Wallenstein verteidigte und 1636 die von kaiserlichen Truppen schwer bedrängte hessische Stadt Hanau befreite.

Grip fast – „festhalten“ lautet das Motto im Wappen des uralten, weitverzweigten und mächtigen schottischen Adelsgeschlechts Leslie. Eine sinnreichere Devise lässt sich für diesen Clan kaum denken. Was er je zu fassen bekam, ließ er sich so schnell nicht wieder nehmen. Passenderweise tragen im Wappen zwei heraldische Greife ein Schild, das von einem mit drei goldenen Schnallen verzierten Querbalken geteilt wird. Für Motto und Wappen hat die Legende eine hübsche Geschichte parat. Sie beginnt im elften Jahrhundert, erstaunlicherweise aber nicht in Schottland, sondern in Ungarn. Angeblich lebte dort ein Edelmann namens Bartholomew oder Bartholf, der 1067 im Gefolge der in Ungarn geborenen und aufgewachsenen Prinzessin Margaret (ca. 1046-1093), der Nichte des englischen Königs IronsideEdmund II. (ca. 989-1016), nach Schottland kam. Sie wurde später Gemahlin des schottischen Königs Malcolm III. († 1093), des siegreichen Gegenspielers von Shakespeares Titelheld Macbeth. Als ihr Kammerherr soll Bartholomew der Königin bei einem Ausritt – sie saß vor ihm auf dem Pferd – zu deren Sicherheit einen Gürtel angelegt haben. In unwegsamem Gelände drohte sie tatsächlich vom Pferd in einen Bach zu fallen. Grip fast! rief er ihr zu, damit sie sich an der Gürtelschnalle festhielt – zwei Worte, die Margaret das Leben retteten und ihm das Motto für sein Wappen lieferten. (Der Legende zufolge fügte er danach dem Gürtel zu noch besserer Sicherheit seiner Herrin zwei weitere Schnallen hinzu.)

König Malcolm dankte Bartholomew die Tat, indem er ihm jenes Land im Garioch-Distrikt von Aberdeenshire schenkte, das damals Lesselyn hieß und nach dem sich der Clan fortan benannte. Seinem Diener blieb der König auch danach gewogen und belohnte Bartholomew mit Ritterschlag, Ernennung zum Kommandanten von Schloss Edinburgh und Schenkung ausgedehnter Ländereien in Fife, Angus, Mearns und Aberdeenshire. Schließlich soll Malcolm III. Bartholomew gar auch seine Schwester namens Beatrix zur Frau gegeben haben, die somit Stammmutter aller Leslies wurde.

Ob Legende oder historische Wahrheit – wie zum Beweis seiner kontinentalen Wurzeln hat sich der Clan im Lauf der Geschichte nicht nur in Schottland, England oder Irland, sondern auch auf dem Kontinent, in Schweden, Frankreich, Polen, Russland, Österreich und Deutschland verbreitet. Historikern wie auch Genealogen ist dieses Faktum keineswegs entgangen, doch die Aufarbeitung der kontinentalen Leslieschen Familiengeschichte ist bislang, nicht zuletzt aufgrund der Sprachgrenzen, unzureichend und nur ansatzweise erfolgt.

Das vorliegende Buch unternimmt erstmals den Versuch, die Geschichte der seit dem 17. Jahrhundert in deutschsprachigen Gebieten existierenden Leslieschen Familienzweige detailliert nachzuzeichnen. Es sind erstaunliche, ganz unterschiedliche Familiengeschichten, die, angesiedelt in Österreich, der Pfalz bzw. Kurpfalz, in Estland, Kurhannover und Preußen, Einblick in ein bislang wenig beachtetes Kapitel deutsch-britischer Beziehungen geben.

Sich diese engen, über Jahrhunderte gewachsenen und sehr besonderen Beziehungen am Beispiel der Leslieschen Familiengeschichte vor Augen zu führen, mag ein Jahr vor dem von der schottischen Bevölkerung mehrheitlich abgelehnten Brexit zum Nachdenken über die Zukunft Europas anregen – aber auch mahnende Erinnerung sein an den Dreißigjährigen Krieg, den ersten europäischen Krieg, den ein im „Prager Fenstersturz“ gipfelnder lokaler Konflikt heute vor 400 Jahren ausgelöst hatte.

Rainer Bunz

23. Mai 2018

KAPITEL 1

Dynasty – die österreichischen Grafen von Leslie

Blick auf die Ruine von Balquhain Castle, vorn rechts, im Hintergrund Bennachie, der nordöstlichste Berg in Aberdeenshire. Foto: Andrew Wood.

Walter (1606-1667), 1. Graf Leslie

Leslie von Balquhain

Etwa 16 Meilen nordwestlich der schottischen Hafenstadt Aberdeen befindet sich die heute knapp 13.000 Einwohner zählende Stadt Inverurie, ein Marktflecken seit alters her und damals wie heute das Zentrum des Bezirks Garioch. Fährt man von Inverurie in nordwestlicher Richtung über die sanft gewellte Landschaft vier Meilen weiter, entdeckt man rechts der Straße die Ruinenreste eines im 14. Jahrhundert erbauten Wohnturms. Er wachte einst im Garioch über größere Ländereien, die 1340 zur Baronie Balquhain erhoben wurden. Als Balquhain Castle war er drei Jahrhunderte lang im Besitz einer Familie des Leslie-Clans, die sich seitdem Leslie of Balquhain nennt und deren Oberhäupter den erblichen Titel Baron führen.

Der erste Baron und somit der „Stammvater“ der Leslie von Balquhain war der 1351 verstorbene George Leslie, der fünfte Sohn von Sir Andrew de Leslie (ca. 1280-ca. 1324), einem der Unterzeichner der schottischen Unabhängigkeitserklärung (Declaration of Arbroath) von 1320. Von seinem Vater erhielt George Leslie die Ländereien, dazu kam ein königliches Privileg für seine den schottischen Königen Robert I. (1274-1329) und David II. (1324-1371) treu geleisteten Dienste im Kampf gegen England. Neun Generationen später begegnen wir John Leslie, seit 1571 10. Baron von Balquhain, der den von seinen Vorfahren angehäuften Reichtum in vollen Zügen genoss. Mit fürstlichen Allüren wie beispielsweise Ausritten, bei denen ihn jedes Mal eine Eskorte von wenigstens 20 Gefolgsleuten zu Pferde begleiten musste, strapazierte er kräftig das Familienvermögen, das durch den ebenso extravaganten Lebensstil seines ältesten Sohnes John, ab 1622 11. Baron von Balquhain, noch mehr geschmälert wurde.

Neben diesem John hatte der 10. Baron von Balquhain aus seiner ersten und dritten Ehe noch drei weitere Söhne William, Alexander und Walter. 1606 geboren, war der jüngste Sohn Walter aufgrund seines letzten Rangs in der Erbfolge und der im schottischen Erbrecht verankerten, nachgeborene Söhne vom Erbe ausschließenden Primogenitur aufgewachsen ohne Aussicht, jemals vom väterlichen Erbe profitieren zu können. Das einzige, was er von zuhause mitbekam, waren tadellose Manieren eines Kavaliers und eine gute Erziehung, bei der er den Umgang mit Waffen ebenso erlernte wie mehrere Sprachen. So war er wohl vorbereitet für den Weg, den im 17. Jahrhundert so viele schottische Adlige einschlugen, die geradezu auf den Kontinent drängten in der Hoffnung, dort bei den kriegerischen Auseinandersetzungen Fortüne zu machen, d. h. Ruhm und Anerkennung zu gewinnen, vor allem aber mit reicher Beute zurückzukehren.

In Wallensteins Diensten

Vermutlich schon im Alter von 18 Jahren trat Walter Leslie, ein junge[r] Mann von guter Durchschnittsbildung, gefälligem Äußeren, mutig, zielstrebig und sprachbegabt in die Dienste der niederländischen Generalstaaten und nahm als Angehöriger einer anglo-schottischen Truppeneinheit an Kämpfen in Flandern teil.1 Bei der Belagerung von Stralsund durch die von Wallenstein befehligten kaiserlichen Truppen im Jahre 1628 zählte er, mittlerweile im Dienst des dänischen Königs, zu den Verteidigern der Hansestadt. Nach deren Niederlage trat er ins kaiserliche Lager über und nahm wohl – stringente Belege fehlen – mit dem kaiserlichen Heer am Mantuanischen Erbfolgekrieg (1628-1631) teil. Sicher ist, dass er im Zuge der umfangreichen Werbungen Wallensteins am Beginn seines zweiten Generalats ab 1631 als Obristwachtmeister im kaiserlichen Dienst in einem zum Großteil aus seinen Landsleuten bestehenden Musketierregiment des Generals Grafen Adam Erdmann Trčka stand.2

Während des Dreißigjährigen Kriegs stellten schottische Söldner vor allem in den Heeren der Protestanten ein relativ starkes Truppenkontingent.3 Insbesondere in der Armee des schwedischen Königs Gustav Adolf II., die zur Aufrechterhaltung ihrer Kampfstärke darauf angewiesen war, etwa ein Drittel ihrer Soldaten im Ausland anzuwerben,4 gab es zahlreiche Schottenregimenter, die in der Regel von schottischen Offizieren befehligt wurden. Vergleichsweise wenige Schotten hatte es hingegen auf die Seite des katholischen Kaisers verschlagen, in dessen Armee Ausländer eher durch Italiener und Wallonen vertreten waren.

Bereits in Stralsund dürfte sich Walter Leslie mit John Gordon befreundet haben, einem aus der nahe Balquhain gelegenen Ortschaft Milton of Noth stammenden Landsmann, der nun im selben Regiment als Oberstleutnant sein direkter Vorgesetzter war. Mit ihm geriet Walter Leslie im August 1632 nach einem verlorenen Treffen mit schwedischen Truppen bei Freystadt in der Oberpfalz kurzzeitig in schwedische Gefangenschaft, wo die beiden wegen ihrer Tapferkeit von höchster Seite Anerkennung fanden und ohne Lösegeldforderung nach kurzer Zeit wieder freigelassen wurden. Zurück im Regiment Trčka, behauptete sich dieses in der Schlacht bei Lützen am 16. November 1632 unter Gordons und Leslies Kommando auf dem rechten Flügel von Wallensteins Aufstellung.

Walter Graf Leslie um 1637. Kupferstich von Lucas Kilian (1579-1637).

Wenig später war Walter Leslie mit Sonderauftrag des Regimentsinhabers Trčka unterwegs nach Furth, Pilsen, Prag, Krems und schließlich auch Wien. In den sich bis in den Herbst 1633 hinziehenden Verhandlungen über Munitionsnachschub, Verpflegung, Kontributionen und Rekrutenstellung erwies sich der ehrgeizige junge Offizier dank bester Umgangsformen schon damals als geschickter Vermittler, der die Gunst des Augenblicks zu nutzen wusste, um Kontakte mit einflussreichen Persönlichkeiten am Wiener Hof zu knüpfen. Bald führte er eine rege Korrespondenz mit dem Reichshofrat und späteren Reichsvizekanzler Ferdinand Sigmund Kurz von Senftenau (1592-1659), ab Januar 1634 auch mit dem Generalwachtmeister Ottavio Piccolomini (1599-1656), dem Gegenspieler Wallensteins nicht nur in Schillers Drama, den Leslie in seinem ersten erhaltenen Schreiben vom 13. Januar 1634 als Protektor aller fremden Kavaliere hofierte.5 In all seinen Schreiben zeigt sich Walter Leslie über Einzelereignisse wie über die Gesamtlage für einen noch sehr jungen unbedeutenden Major erstaunlich gut informiert und offenbart damit die Lust, in das politische Zeitgeschehen einzugreifen, die bei ihm weit größer war als der Wunsch nach einem höheren militärischen Kommando.6

Anfang Januar 1634 waren die letzten Kompanien des von Oberstleutnant John Gordon kommandierten Infanterieregiments Trčka aus der Oberpfalz nach Eger verlegt worden, wo sich Walter Leslie bereits seit Ende Dezember 1633 aufhielt. Aufgrund seiner mit Piccolomini geführten Korrespondenz ist zu vermuten, dass er ebenso wie sein Regimentskommandant Gordon von den Spannungen zwischen dem Hof und dem Hauptquartier Wallensteins wußte.7 Ausgelöst hatten diese Spannungen militärische und politische Eigenmächtigkeiten des Generalissimus’, durch die Kaiser Ferdinand II. (1578-1637) seine Rolle als oberster Feldherr in höchstem Maße gefährdet sah. Spätestens im Dezember 1633 war er deshalb entschlossen, durch Absetzung Wallensteins sich seines unbotmäßigen und, wie es zunehmend schien, auch verräterischen obersten Militärs zu entledigen.

Das Komplott von Eger

Die Schlinge um Wallensteins Hals begann sich am 12. Januar 1634 zuzuziehen, als er in seinem Pilsener Hauptquartier 49 seiner höchsten Offiziere, darunter auch den von ihm zum Oberst designierten John Gordon, den sogenannten Pilsener Revers unterzeichnen ließ, mit welchem er sich deren Loyalität versichern ließ in der Hoffnung, so das Heer an sich zu binden. Aus Sicht des Kaisers war dies eine Verschwörung, und postwendend verfügte er per kaiserlichem Patent vom 24. Januar 1634 die Absetzung des Generalissimus’ Wallenstein und Ernennung von Matthias Graf Gallas (1588-1647) zum neuen Oberbefehlshaber.

Nachdem alle Versuche, gegen seinen Sturz anzukämpfen, wenig Erfolg hatten, entschloss sich Wallenstein zur Flucht. Am 21. Februar 1634 verließ er Pilsen mit einem rasch zusammengewürfelten Begleitkommando in der einzigen Ausbruchsrichtung Nordwest, zur Grenzfestung Eger, dort, wo die raschestmögliche Vereinigung mit den ehemaligen Feinden und jetzigen Rettern in der Not erfolgen konnte.8 Während Wallensteins Zug sich langsam in Richtung Eger bewegte, kam es zu schicksalhaften Begegnungen mit zwei seiner späteren Attentäter, am 22. Februar mit dem irischen Dragoneroberst Walter Butler (ca. 1600-1634) und am 24. Februar mit dem Obristwachtmeister Walter Leslie. Ihn hatte sein Vorgesetzter John Gordon, den Wallenstein noch am 21. Februar zum Oberst befördert hatte, zu des Feldherrn Empfang vorausgeschickt. Wallenstein ahnte nicht, dass der ihm unbekannte (und in seinen Augen wohl auch unbedeutende) Offizier, der so höflich und scheinbar gehorsam seine Fragen zur Situation vor Ort beantwortete, von seiner Absetzung – wie Butler und Gordon – längst wusste, in dieser Situation aber als sein Untergebener dies verheimlichen musste, sollte er nicht von Wallenstein und dessen Gefolgsleuten als treuloser Verräter beschuldigt zu werden.

Die Zwickmühle, in der er sich befand, konnte Leslie, als geborener Diplomat ein Meister in der Kunst des Dissimulierens, vor dem Feldherrn verbergen, auch Gordon und Butler ließen Wallenstein im Glauben, sie seien seine treuen Gefolgsleute. Verbunden durch gleiche Nationalität bzw. Sprache, hatten die drei schon bald nach Wallensteins Einzug in Eger nachmittags am 24. Februar 1634 zusammengefunden und darüber beratschlagt, wie man sich in der vertrackten Situation verhalten solle. Den entscheidenden Anstoß zur Tötung Wallensteins scheint dabei Leslie, der jüngste des Trios, gegeben zu haben. Und Leslie war es auch, der dann das Szenario für die dramatischen Geschehnisse am 25. Februar 1634 entwarf und entscheidend zu deren erfolgreicher Realisierung beitrug. Auch wenn er nicht selbst den todbringenden Stoß vollzog, der Wallensteins Ende bedeutete, so war er doch tatsächlich der Drahtzieher des Komplotts, dem neben Wallenstein vier seiner engsten Vertrauten zum Opfer fielen: Wallensteins Schwäger, der Diplomat Wilhelm Graf Kinsky von Wchinitz und Tettau (* 1574) und Feldmarschall Adam Erdmann Graf Trčka von Lípa (* 1599), ferner Feldmarschall Christian von Ilow (* 1585) und Trčkas Adjutant Dr. Heinrich Niemann.

Nachdem Gordon und Butler bereits am Morgen des 26. Februar mit einem ersten Situationsbericht an den Kaiser, den Oberbefehlshaber Gallas und die Kommandeure umliegender Truppenteile die blutige Tat als einzig mögliche Lösung und ihr Verdienst ins rechte Licht zu setzen suchten,9 hatte sich Leslie sogleich aufs Pferd geschwungen, um zunächst in Gallas’ Hauptquartier, danach am Wiener Kaiserhof mit einem ausführlichen, wohl auch mit Butler und Gordon abgestimmten Bericht als Augenzeuge und Tatbeteiligter die Deutungshoheit über das Gesamtgeschehen zu behalten und den alsbald ins Kraut schießenden Gerüchten die Nahrung zu entziehen. Durch sein kavaliersmäßiges, bescheidenes und zugleich würdevolles Benehmen, aber auch durch seinen Vortrag, bei dem er – zurecht – nicht vergaß, seine eigene als die führende Rolle in den Ereignissen von Eger herauszustreichen, vermochte der junge Schotte bereits beim ersten Auftritt in Gallas’ Hauptquartier und im Beisein von Piccolominis Vertrautem, dem Hofkriegsrat und Obersten Marchese Francesco Antonio del Carretto di Grana (1590-1651), gehörig zu beeindrucken. Kaum war Leslie weiter nach Wien geritten, machte sich nicht nur Gallas zu seinem Fürsprecher. Auch Carretto, der Leslie dem Kaiser schriftlich mit den Worten ankündigte: der Leslie ist ein witzig vnndt redlicher Mann, der mit seinem Angeben und Anstellen simulando nicht allein mit den Anderen gehalten sondern fast das ganze Wesen dirigirt hat. Dieser protestirt nichts anders als die Reputation vndt rehdet indem als wan er ein geborner König wäre. Leslie habe nur eine Bitte, um wenigstens von der geübten Action einen Nahmen zu haben, dass er vom Kaiser mit einem Regiment zu fuess […] begnadetwerde, am liebsten – weiln Er in dieser Occassion grosse Treue erzaiget – mit einem Regiment E. Kais. oder der Khönigl. Maj. Leibguardi. Ein Wunsch, den Carretto billig fand, zumal er auch kein bedenken in ihme habe. Auch wenn der Leslie nicht Catholisch sei, könne man doch hoffen, dass Er sich baldt dazu bequemen werde.10

Wallensteins Ermordung in Eger. Zeitgenössischer anonymer Kupferstich.

Blick auf das ehemalige Lesliesche Schloss Neustadt an der Mettau (heute: Nové Mešto nad Metuji). Foto: Sokoljan.

So durch engste Vertraute wohlwollend auf ihn eingestimmt, empfing Kaiser Ferdinand II. den Obristwachtmeister Walter Leslie in der Wiener Hofburg am 6. März 1634. Umgeben vom Thronfolger und von seinen Räten lauschte der Kaiser aufmerksam dem Bericht des jungen Offiziers, der es auch jetzt wieder verstand, sich die Gunst des Augenblicks zunutze zu machen. Durch sicheres, gleichwohl bescheidenes Auftreten, durch einen klaren, die Verhältnisse in Eger detailliert, zugleich prägnant schildernden Vortrag, nicht zuletzt auch durch seinen natürlichen Charme gewann er auf Anhieb das Vertrauen nicht nur des Kaisers, sondern – wohl noch mehr – des mit Leslie fast gleichaltrigen Thronfolgers. Am Ende des Tages konnte sich Walter Leslie voll im Glanz kaiserlicher Gnade sonnen, der fortan hell über seinem ganzen weiteren Leben leuchten sollte.

Geradezu im Übermaß ließ der Kaiser dem damals 28jährigen schottischen Obristwachtmeister in den Wochen und Monaten nach dessen Auftritt Beweise seiner Gunst zuteil werden. Zuerst wurde Leslie der Kämmererschlüssel gegeben, dann erfolgte seine Beförderung zum Oberst, für den am 16. April mit dem Schauenburgischen auch das passende Regiment gefunden wurde. Der Thronfolger ernannte ihn nach Wunsch zu seinem Leibgarde-Trabanten-Hauptmann, was ein recht einträgliches Hofamt bedeutete. Und im Mai 1634 erhielt Walter Leslie, nachdem ihm zuvor der Hofkriegsratstitel verliehen worden und er zum Katholizismus übergetreten war, aus dem Fundus der beschlagnahmten Güter Wallensteins und seiner Mitverschwörer die in Böhmen gelegene, ehemals Trčkasche Herrschaft Neustadt an der Mettau (heute: Nové Mešto nad Metuji) samt zahlreichen Ortschaften in der Umgegend.

Die Fülle der kaiserlichen Gunstbeweise für den jungen subalternen Offizier Leslie weckte natürlich Neid, nicht zuletzt den seiner beiden Komplizen Gordon und Butler, die vom Kaiser keineswegs geringer beschenkt worden waren. Gordon, dessen Lebensende um 1649 im Dunkeln liegt, scheint immerhin sein Missfallen weitgehend für sich behalten zu haben. Der irische Dragoneroberst Butler hatte da weniger Hemmungen und nervte den Kaiser und seine Berater mit Bitten, Eingaben, ja sogar Drohungen so lange, bis er im September 1634 mit der friedländischen Herrschaft Hirschberg samt den Gütern Pernstein und Törchen sowie der Kämmererwürde, Gnadenkette und dem Grafentitel belohnt wurde. Nur kurz konnte er danach das Errungene genießen, denn Walter Butler starb schon am 26. Dezember 1634 nahe Schorndorf im Herzogtum Württemberg.

Die Jahre 1634-1638

Um seinen neuen Besitz Neustadt konnte sich Walter Leslie, der seit seiner Audienz beim Kaiser das gesellschaftliche Interesse in Wien auf sich gezogen, es reichlich genossen und selbst emsig sein Beziehungsnetzwerk erweitert hatte, zunächst nur aus der Ferne kümmern. So behielt er die bisherigen Verwalter bei, welche die mittlerweile durch das Kriegsgeschehen und die Schuldenwirtschaft der Vorbesitzer ziemlich heruntergekommene Herrschaft über die Runden zu bringen versuchten.

Es war nicht nur das aufregende Leben am Wiener Hof, das ihn von seinem Besitz fernhielt, sondern vor allem der nach dem Winter wieder in die Gänge kommende Krieg, bei dem er und sein Regiment im Rahmen der von dem Thronfolger kommandierten Armee in den folgenden Monaten an entscheidenden Schlachten beteiligt war, im Juli 1634 bei der Belagerung und Einnahme der protestantischen Reichsstadt Regensburg und am 6. September 1634 in der für die Schweden katastrophalen Schlacht bei Nördlingen. Die von ihm bei letzterer bewiesene äußerste Tapferkeit und sein kluges Handeln in schwierigster Situation machten großen Eindruck auf den siegreichen Thronfolger König Ferdinand, der daraufhin bei seinem Vater mit Lob nicht sparte und diesen dazu veranlasste, Walter Leslie mit einem kaiserlichen Dankbriefel für sein tapferes Verhalten auszuzeichnen.11 Sein Kampfeinsatz bestätigte dem Kaiser den guten Eindruck, den er von Walter Leslie hatte, bei dem Sohn König Ferdinand erhöhte es noch mehr die Wertschätzung und Zuneigung, die der spätere Kaiser Leslie nie entziehen und der ihm stets alle Wünsche erfüllen sollte.

Das ehemals Schauenburgische Regiment hatte jahrelang im spanischen Sold gestanden, und dies blieb auch weiterhin so, nachdem Walter Leslie Regimentsinhaber geworden war. Nach der Schlacht von Nördlingen entschloss sich der Befehlshaber der kaiserlich-spanischen Truppen, Kardinalinfant Ferdinand von Spanien und Portugal (1609-1641), einige seiner Regimenter, darunter das Lesliesche, an Philipp Graf Mansfeld abzutreten, der Unterstützung bei der Besetzung von Gebieten zwischen Rhein und Lahn sowie Hessens dringend benötigte. So kam es, dass Walter Leslies Infanterieregiment im Spätherbst 1634 als Teil des Mansfeldschen Korps in Westfalen stand. Mit Beginn des Winters überließ er das ins Winterquartier gelegte Regiment dem Kommando seines Oberstleutnants Bary, bei dem es sich vermutlich um den auch als Autor diverser Schriften zur Soldatenerziehung hervorgetretenen, altem irischen Landadel entstammenden und 1647 in Limerick verstorbenen Garrett Barry handelte. Walter Leslie selbst kehrte im Dezember 1634 nach Wien an den Hof zurück.

Mit dem Untergang der schwedischen Armee in der Schlacht von Nördlingen hatten viele Söldner ihren Arbeitgeber verloren. Herrenlos trieben sie sich nun im Land herum, bereit jedem zu dienen, der ihnen Sold zahlte. Angesichts der Tatsache, dass auch die kaiserliche Armee aufgrund ihrer Verluste in den bisherigen Kämpfen dringend neue Rekruten benötigte, lag es nahe, diese arbeitslos gewordenen Söldner anzuwerben. Auch Walter Leslies Regiment wies große Lücken auf, weshalb ihm um die Jahreswende 1634/35 wohl auf Betreiben des Thronfolgers kaiserliche Werbepatente zur Auffüllung seines Fußregiments wie zur Aufstellung eines neuen Dragonerregiments im Raum Hersbruck überreicht worden waren.12 Tatsächlich gelang es ihm in Hersbruck bei Nürnberg im Januar 1635 400 Söldner, darunter 80 Dragoner, anzuwerben. Deren Transport nach Nürnberg endete infolge eines schwedischen Überfalls jedoch kläglich. Es gab zahlreiche Tote, viele Söldner wurden gefangen, Leslies Stellvertreter, der Obristelieutenant Bary, ein Schotte, war mit den übrigen kümerlich entrunnen.13

Auf Wunsch Leslies hatte der Thronfolger im April 1635 dessen Infanterieregiment aus dem Mansfeldischen Korps herausgelöst und zur Hauptarmee unter Gallas beordert, der dafür sorgte, dass es in Württemberg im Raum Schorndorf-Grunbach zwei Monate lang stationiert wurde, in welcher Zeit – so Gallas im Schreiben an den Thronfolger vom 31. Mai 1635 – beruhmter Obrist Lessle sein Regiment so gut es geht zu verstärken habe.14 Tags zuvor war in Prag zwischen dem Kaiser und dem Kurfürsten von Sachsen ein Friedensvertrag geschlossen worden, dem sich außer Hessen-Kassel fast alle Reichsstände anschlossen, auch die bislang sehr schwedentreue Reichsstadt Nürnberg. Während deren schwedische Besatzung kapitulierte, übernahm dort Walter Leslie, begleitet vom Diplomaten Maximilian Graf von und zu Trautmansdorff (1584-1650), das Kommando und begann sofort, für seine nunmehr zwei Regimenter einen großen Teil der schwedischen Besatzung abzuwerben. Der Obrist Lessel […], der von der Schwedischen Besatzung 250. Mann geworben,15 erreichte mit diesen am 3. Juli 1635 die Stadt Dinkelsbühl, wo es zur Begegnung mit dem Thronfolger König Ferdinand kam, der dort am Vortag von Neumarkt über Gunzenhausen kommend eingetroffen war. Während der König gebührend mit Geschütz von dem Magistrat und Clerisey empfangen wurde, fiel die Begrüßung Leslies handfester aus, indem er vom Magistrat ansehnlich panquetiret wurde.16

Während Leslie sich bis Herbst 1635 im Raum Nürnberg zum Zweck der Truppenwerbung aufhielt, stand sein Infanterieregiment im Verband der Hauptarmee unter Gallas am Oberrhein. Wo sein zweites, neuaufgestelltes Dragonerregiment, das ein Oberstleutnant Thon führte, zum Einsatz kam, ist nicht bekannt.17 Im Spätherbst 1635 machte er sich dann auf den Weg nach Wien, wahrscheinlich mit einem Umweg über seine Herrschaft Neustadt an der Mettau, um dort endlich einmal auch persönlich nach dem Rechten zu sehen. Vermutlich erfolgte anlässlich dieses Besuches auch seine Aufnahme in die böhmische Landstandschaft am 18. Januar 1636.18

Anfang 1636 wieder zurück in Wien, pflegte Walter Leslie seine Kontakte am Hof, vor allem die Verbindung zum Thronfolger, der auch später als Kaiser gerne mit ihm um Geld zu spielen pflegte.19Einflussreich bereits jetzt als Vertrauensmann, Nachrichtenübermittler und bald auch Vertreter des Feldmarschalls Piccolomini in Wien,20 wurde Leslie zunehmend bedeutsam als Ansprechpartner und Vermittler für im Habsburgerreich lebende Schotten, Engländer und Iren. Dies trug dazu bei, dass dort, wo er residierte, bald eine Atmosphäre herrschte, als befände man sich in einem informellen Club für Auslandsbriten.21

Stets darauf bedacht, sein Netzwerk zu verbessern und zu erweitern, sah Leslie mit größtem Interesse dem auf den 7. Juni 1636 einberufenen, aber erst am 15. September vom Kaiser offiziell eröffneten Kurfürstentag in Regensburg entgegen, bei dem dessen Sohn Ferdinand am 22. Dezember 1636 zum römisch-deutschen König gewählt wurde. Hier bot sich Walter Leslie das große diplomatische Parkett, das er schon lange suchte.

Schnell freundete er sich in Regensburg mit dem 1636 vom englischen König Charles I. als Sonderbotschafter an den Wiener Hof geschickten Thomas Howard (1585-1646), 21. Earl of Arundel, an. Dessen 18jähriger Sekretär William Crowne (1617–1682) notierte in seinem Tagebuch unter dem Datum des 5. September 1636, dass schon viele schottische und irische Oberste […] Seine Exzellenz [Arundel] besucht und ebenso mit ihm gespeist hätten. Und sie sagten, ein großer Teil der kaiserlichen Armee seien Untertanen unseres Königs.22 Zur Essensrunde dürfte an diesem Tag auch Leslie gehört haben, der – wie Crowne seinem bereits 1637 veröffentlichten Tagebuch anvertraute – danach noch bis in den Oktober mindestens einmal die Woche mit Lord Arundel dinierte.23

Die Begegnung mit Lord Arundel, der den Auftrag hatte, den Boden vorzubereiten für die Wiedereinsetzung der mit dem englischen Königshaus verschwägerten Pfälzer Kurfürstenfamilie in ihre angestammten (und durch des „Winterkönigs“ Niederlage in der Schlacht am Weißen Berg 1620 verlorenen) Würden und Besitztümer, markiert den Beginn einer engen Freundschaft zwischen den beiden Männern, aber auch jahrelanger diplomatischer Bemühungen seitens Leslie um eine Annäherung von englischem Königshaus und Wiener Kaiserhof mit dem Ziel der Restitution der Pfalz. Seine diesbezüglichen Anstrengungen hatten nicht immer den gewünschten Erfolg, brachten aber doch manches zuwege, z. B. die Entlassung des in England Rupert the Cavalier genannten pfälzischen Prinzen Ruprecht (1619-1682) aus kaiserlicher Haft im Jahre 1638.24

Standeserhebung und Sendbote des Kaisers

Kaiser Ferdinand II., der bereits schwer krank zum Regensburger Kurfürstentag aufgebrochen war, starb in Wien am 15. Februar 1637 im Alter von 58 Jahren. Genau einen Monat vorher hatte ihm Walter Leslie noch ein Gesuch zukommen lassen, in dem er – unter Berufung auf seine direkte Abkunft von einem vor 600 Jahren in Habsburger Landen verwurzelten Grafengeschlecht – darum bat, vom Kaiser mit dem Titel eines Reichsgrafen begnadet werden. Versehen mit ungewöhnlichen Lobeshymnen, hatte der Kaiser das Gesuch noch am selben Tag unterschrieben, die Ausfertigung des Dokuments erfolgte jedoch nicht mehr zu Lebzeiten Ferdinands II., sondern erst am 22. Juni 1637 unter dem Nachfolger Ferdinand III..

Wie sein Vorgänger, setzte auch Ferdinand III. auf die diplomatischen Fähigkeiten Leslies, der an militärischen Aktivitäten zunehmend das Interesse verlor. Sicherlich trug dazu bei, dass die Schlachten, bei denen seine beiden Regimenter 1638/1639 unter dem Oberbefehl von Federigo Duca di Savelli († 1649) beteiligt waren (Rheinfelden Anfang 1638, Breisach im Dezember 1638 und Chemnitz am 14. April 1639), allesamt mit Niederlagen für die Kaiserlichen endeten. Zudem war sein Dragoner-Regiment 1639 ins Regiment d’ Espaigne-Dragoner integriert worden,25 wodurch ihm nicht nur das Regiment verloren ging, sondern vor allem die ihm als Inhaber bislang zustehenden Einnahmen.

Obwohl Leslie – wie ein deutscher Biograph des 19. Jahrhunderts säuerlich anmerkte – bei diesen Schlachten teilnahm, ohne dass man irgend eine nennenswerte Waffenthat berichten könne,26 beförderte ihn der junge Kaiser um 1640 zum General.27 Im Juli 1640 machte er ihn auch zum Überbringer eines kaiserlichen Schreibens nach Neustadt an der Aisch, wo des Kaisers jüngerer Bruder, Erzherzog Leopold Wilhelm (1614-1662), und der Präsident des Hofkriegsrats, Johann Caspar Graf Stadion (1567-1641), mit Herzog Ernst von Sachsen-Weimar über einen Waffenstillstand verhandelten.28

In gleicher Funktion reiste Leslie im nächsten Jahr nach Eger und dann zum Reichstag nach Regensburg, wo er namentlich den kurbrandenburgischen Gesandten ‚im Namen des Kaisers eine fast nachdenkliche Remonstration und Erinnerung angefüget‘.29 Zum Dank für seine Dienste versprach ihm der Kaiser einen Gnadenrecompens von 10.000 Gulden,30 was Leslie vielleicht auch darüber hinwegtröstete, dass er 1642 sein zweites, früher Schaumburgsche Regiment zu Fuß verlor, welches in das Leib-Regiment des Erzherzogs Leopold Wilhelm inkorporiert wurde.31

1645 schickte Kaiser Ferdinand III. Leslie zu Verhandlungen über finanzielle Unterstützung des Kaiserhauses nach Rom und Neapel. Papst Innozenz X., der ihn am 21. April 1645 empfing, versprach dabei Subsidiengelder in Höhe von 20.000 Kronen, der König von Neapel gab ihm einen Wechsel auf 100.000 Kronen mit. Er selbst kehrte reich beschenkt nach Wien zurück und wurde 1646 wegen seiner Dienste zum Feldzeugmeister befördert.

Noch vor Piccolomini gelang Leslie die Einheirat in den alteingesessenen Adel. Am 23. April 1647 schloss er in Wien die Ehe mit der Tochter Anna Franziska (1620-1687) des Fürsten Maximilian von Dietrichstein (1596-1655), Landeshauptmann von Mähren, Geheimrat und Obersthofmeister, und dessen Frau Maria Franziska von Liechtenstein (1597-1638).32 Dies bescherte ihm später die Schwägerschaft mit dem höchst einflussreichen Feldmarschall und Hofkriegsrat Raimund Graf Montecuccoli (1609-1680), als dieser zehn Jahre nach ihm Anna Franziskas 16 Jahre jüngere Schwester Maria Margareta Josefa (1637-1676) heiratete.

Nachdem Fürst Wenzel Eusebius von Lobkowitz vom verstorbenen Heinrich Graf Schlick dessen Amt des Hofkriegsratspräsidenten übernommen hatte, wurde Leslie des Fürsten Lobkowitz Stellvertreter und Vizepräsident des Hofkriegsrats. Dadurch vermehrte sich sein Einfluss bei Hofe beträchtlich, erst recht, als ihn der Kaiser acht Monate später, am 23. August 1650, zum General der steirischen, croatischen und windischen (Warasdiner oder oberslavonischen) Grenzen mit dem Titel eines Feldmarschalls ernannte. Diese Beförderung verlangte, dass er sich ab Dezember 1650 für mehrere Monate an die türkische Grenze begab, wo er die dortigen Besatzungen inspizierte und sich erfolgreich für deren Verbesserung einsetzte. Fünf Jahre später erfolgte im Juli 1655 seine Aufnahme in den Geheimen Rat, dem Gremium der engsten Berater Ferdinands III. und dessen Nachfolger Leopold I..

Die Gründung einer Dynastie

Spätestens nach seiner Rückkehr Anfang 1652 von der Inspektionsreise an die türkische Grenze kümmerte sich Leslie neben seinen Ämtern bei Hofe vermehrt um seine Besitztümer in Böhmen, deren Verbesserung ihm sehr am Herzen lag. Kaum weniger sorgte er sich um die Güter seiner Familie in Schottland. Sie hatten durch rücksichtslose Verschwendung seitens seines 1622 verstorbenen Vaters John Leslie, 10. Baron von Balquhain, und dessen Nachfolger, Walter Leslies Halbbruder John Leslie, 11. Baron von Balquhain, so schwer gelitten, dass des 1638 verstorbenen Halbbruders John Sohn, der ebenfalls John hieß, als 12. Baron von Balquhain den hoch verschuldeten und desolaten Besitz zwar übernahm, sich dieser Bürde aber sogleich wieder dadurch entledigte, dass er das Erbe sich selbst überließ. Lieber kämpfte er als ritterlicher Kavalier während der schottisch-englischen Religionskriege von 1639 bis 1647 im Rang eines Hauptmanns in der Armee des schottischen Generals Alexander Leslie, 1. Earl von Leven. Danach wechselte er über zum deutschen Kriegsschauplatz und begab sich von dort aus in russische Kriegsdienste. Als Oberst einer Kavallerieinheit nahm er am Einfall der Russen in Polen teil und verlor am 30. August 1655 bei der Erstürmung der Festung Igolwitz sein Leben.

Da der im Kampf gefallene 12. Baron von Balquhain keine männlichen Erben hinterließ, folgte ihm sein Onkel, Graf Leslies Halbbruder William, 1655 als 13. Baron von Balquhain nach. Willliam war 1642 Kammerherr des englischen Königs Charles I. geworden, nachdem sein Bruder Walter sich diese Erhebung als königlichen Gnadenbeweis für seine in Sachen Restitution der Pfalz geleisteten Dienste erbeten hatte.33 Nach dem Untergang der Monarchie 1649 rettete sich der königstreue und von Cromwells Regime bedrohte William Leslie 1651 mit seiner Familie ins niederländische Exil. Als er dort 1655 13. Baron von Balquhain wurde, sah er sich freilich außer Stande, sich den heruntergekommenen Familiengüter und deren Erhalt angemessen zu widmen. Hinzu kam, dass er zwar Vater von fünf Söhnen und fünf Töchtern geworden war, die aber mit Ausnahme einer Tochter alle früh verstarben, und er somit keinen männlichen Erben hatte.

Also entschloss er sich im Jahre 1655, alle seine Rechte am schottischen Familienbesitz seinem Halbbruder Walter, dem österreichischen Grafen, zu übertragen. Dieser hatte freilich andere Pläne und diese auch bereits mit seinem älteren Bruder Alexander Leslie von Tullos (ca. 1597-1677) verabredet. Ihnen zufolge trat Walter Leslie umgehend die ihm zugefallen Besitzrechte an den Bruder Alexander ab, der Vater von fünf, allesamt gesund herangewachsenen Söhnen war.34 Im Gegenzug schickte Alexander 1655 seinen zweitgeborenen, etwa 18 Jahre alten Sohn James († 1692) nach Wien zum Bruder Walter, der, weil er in seiner Ehe offenbar auf keine Nachkommen hoffen durfte, James adoptierte und zu seinem Nachfolger machte.

Blick auf Pettau (heute Ptuj) um 1850. Zeitgenössische Lithographie.

Bezüglich seiner eigenen Besitztümer hatte Graf Leslie bereits 1652 mit dem Umbau seines Schlosses in Neustadt an der Mettau begonnen und dafür den für seine frühbarocken Stuckarbeiten geschätzten italienischen Baumeister Carlo Lurago (1615-1684) gewonnen. In fast zehnjähriger Arbeit ließ er nahezu das gesamte Schloss mit Luragos Stuckaturen ausstatten. Ferner wurde ein Schlossturm errichtet und eine mit Fresken von Fabián Václav Harovnik (1637-1683) ausgemalte Schlosskapelle eingebaut.

Ebenfalls 1652 hatte Leslie seinen Besitz um ein palastartiges Gebäude in Prag (heute Sitz der britischen Botschaft) erweitert, das bis 1634 im Besitz Wallensteins gewesen war. Sein Kauf stieß freilich auf massive Kritik und veranlasste ihn, den Palast bereits 1656 an den Salzburger Kardinal und Fürsterzbischof Guidobald Graf von Thun und Hohenstein (1616-1668) wieder zu verkaufen. Dank des dabei erzielten Gewinns konnte er bei einer Auktion in Zagreb noch im gleichen Jahr das bis dahin von den Jesuiten besessene Schloss Pettau (heute Ptuj) samt Herrschaft Oberpettau in der Südsteiermark im heutigen Slowenien erwerben.

Während er seinen Besitz in Österreich verschönerte und erweiterte, machte sich Graf Leslie – mittlerweile mit Silberhaar und Bart so elegant ergraut wie 350 Jahre nach ihm sein Landsmann Sean Connery – mit seinem Bruder Alexander Leslie von Tullos gemeinsam ans Werk, in Schottland dem Namen Leslie von Balquhain wieder zu altem Klang zu verhelfen. Indem er dem auf Sparsamkeit bedachten Bruder regelmäßig bedeutende Geldsummen nach Schottland überwies, versetzte er diesen in die Lage, den Besitz immer mehr zu entschulden und die heruntergekommenen Gebäude wieder instand zu setzen sowie wertvolle Gegenstände aus früherem Familienbesitz wieder zurückzukaufen.

Als nächsten Schritt zur Realisierung seiner dynastischen Pläne betrieb Leslie ab 1660 die Erhebung seines Bruders Alexander Leslie von Tullos und seiner Neffen Jakob, Patrick und Alexander in den Grafenstand – Alexanders ältester, ledig gebliebener Sohn John war 1659 in der Schlacht von Dundee gefallen, der viertgeborene Sohn William Aloysius (1641-1704) hatte eine – weiter unten ausführlicher beschriebene – geistliche Laufbahn eingeschlagen. Auch jetzt wieder zeigte sich das Kaiserhaus Graf Leslie wohlgesonnen. Per Patent vom 31. Mai 1662 verlieh der seit 1658 regierende Kaiser Leopold I. (1640-1705) Leslies Bruder Alexander und seinen drei Söhnen die erbliche Grafenwürde.

Mit Beschluss vom 22. August 1662 gestattete der Kaiser ferner die Errichtung eines Fideikommisses, mit dem Walter Leslie u. a. verfügte, dass sein Nachlass nur ungeteilt nach den Regeln der Primogenitur in männlicher Linie an seinen Neffen James/Jakob Graf Leslie (ca. 1638-1691) bzw. dessen Brüder Patrick (ca. 1639-1710) und Alexander (ca. 1643-1683) und deren männliche Nachkommen weitervererbt werden dürfe. Falls der Lesliesche Mannesstamm ausstürbe, sollten die männlichen Nachkommen seines Schwiegervaters Fürst Maximilian von Dietrichstein und, falls diese ausstürben, die Abkömmlinge von Töchtern seiner Neffen James, Patrick und Alexander das Erbe erhalten.

Walter Graf Leslie am Ende seines Lebens, Frontispiz in Paul Tafferners lateinischem Reisebericht von 1668, links; Porträts von Leslie und Sultan Mehmet IV., Frontispiz in der 1672 erschienenen deutschen Ausgabe von Paul Tafferners Reisebericht, rechts.

Als kaiserlicher Großbotschafter in Konstantinopel

Ein knappes Jahr später beschloss Leslie seine dynastischen Bemühungen, indem er am 27. Mai 1663 sein Testament schrieb, genau zu der Zeit, da der türkische Großwesir Ahmed Köprülü nach dem Scheitern der Verhandlungen zur Verlängerung des Friedens zwischen dem Türken- und dem Habsburgerreich mit einer etwa 100.000 Mann starken Streitmacht in Richtung Ungarn vorrückte. Als Mann des Ausgleichs hatte Leslie stets auch gegenüber dem Osmanischen Reich eine Politik zur Friedenserhaltung befürwortet. Es wundert daher nicht, dass er im Türkenkrieg 1663/64, obwohl er damals seine Kommandofunktionen wahrnahm, nicht hervor[trat].35 Prädestiniert für eine Vermittlerrolle, war er des Kaisers erste Wahl, um die im Eisenburger Friedensvertrag am 10. August 1664 von Leopold I. und dem Großwesir Ahmed Köprülü beschlossenen diplomatischen Maßnahmen zur Festigung des Friedens und der guten Freundschaft in Gang zu setzen. Diese sahen von jeder Seite die Entsendung einer Großbotschaft vor, die kaiserliche sollte der osmanischen Seite zum Zeichen der Freundschaft ein freiwilliges Geschenk im Wert von 200.000 Gulden überreichen, welches im Gegenzug mit ebenso würdigen und angemessenen Geschenken erwidert werden würde.36

Unter Hinweis auf seine angeschlagene Gesundheit versuchte Leslie lange, sich der ehrenhaften Aufgabe zu entziehen. Schließlich willigte er aber doch ein, als er auf den Vorschlag seines Herrn und Kaisers das goldene Vliess aus Madrid zugeschickt erhielt.37 Am Pfingstmontag, dem 25. Mai 1665, konnte die Mission schließlich in Wien starten – eine unerhört pompöse, grandios inszenierte Showveranstaltung, mit der das Kaiserhaus die türkischen Gastgeber überwältigen, aber auch die einheimische Bevölkerung in ehrfurchtsvolles Staunen versetzen wollte. Glanz und Gloria waren so ganz nach Leslies Geschmack, der bei dieser diplomatischen Großunternehmung als Master of Ceremony eine Schar von 350 Teilnehmern dirigierte. Ihm zur Seite standen zwei Neffen, der mittlerweile zum kaiserlichen Oberst aufgestiegene Jakob von Leslie und der Jesuit Franciscus Hay, ein Sohn seiner mit Gilbert Hay, Baron von Dalgety, verheirateten Schwester Elizabeth. Für geistlichen Beistand sorgten außer ihm vier weitere Jesuitenpatres, darunter Leslies Beichtvater Paul Tafferner (1608-1677), der 1668 eine in lateinischer Sprache verfasste Beschreibung des Triumphzugs verfasste,38 die vier Jahre später in deutscher Übersetzung erschien.39

Zum großen Gefolge zählten Vertreter bedeutender Adelsfamilien wie der Herzog von Holstein, die Fürsten Liechtenstein und Dietrichstein, die Grafen Trautmannsdorf und Herberstein. Dazu Freunde und Bekannte, z. B. Lord Henry Howard (1628–1684), 6. Herzog von Norfolk, und sein Bruder Edward (1637-1691), zwei Enkel von Graf Leslies 1646 verstorbenem Freund Thomas Howard, 21. Earl von Arundel. Mit ihnen reiste ihr Sekretär John Burbury, der die Reiseerlebnisse der Herren in einer 1671 veröffentlichten Schrift festhielt.40

Schon Wochen vor der Abreise zelebrierte man das Unternehmen, indem am 1. Mai alle katholischen Mitglieder der Reisegesellschaft in Anwesenheit einer große[n] Menge Volks aus hohen und niederen Ständen das Abendmahl empfingen. Am 6. Mai begab sich das Gesandtschafts-Personale in die Hofburg, wo Leslie mit dem Orden des goldenen Vließes – das er glücklicher als Jason trug – geschmückt wurde.41 Nur für die Aufzählung der Teilnehmer des pompösen Aufzugs, bei dem Leslie mit seiner Entourage in türkisch empfundenen, reich mit Gold und Silber verzierten Kostümen erschien, benötigte John Burbury fünf Druckseiten seines Reiseberichts. Dann kam der Tag der Abreise, bei dem Leslie, im Anschluss an ein Mittagsmahl mit dem Fürsten von Liechtenstein und Lord Henry Howard, gegen drei Uhr nachmittags, bei heitern Himmel und lieblich kühlenden Nordenwinde, sich mit den vornehmsten Herrschaften seines Zuges in sechsspännigen Pferdekutschen ans Donauufer bei dem Rande der steinern Brücken begab.42 Den Weg säumte eine Zuschauermenge, die – so John Burbury – so groß war, wie sie Wien noch nie gesehen hatte.43