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Ein preisgekrönter Journalist untersucht eine Geschichte, die von den Mainstream-Medien weitgehend ignoriert wird, sich aber direkt vor unseren Augen abspielt ...
Sind wir nicht allein? Der Moment, in dem wir eine Antwort auf diese Frage erhalten, könnte jetzt gekommen sein.
Der preisgekrönte investigative Journalist Ross Coulthart ist seit seiner Jugend von UFOs fasziniert, als in der Nähe der Kaikoura-Berge in Neuseeland mysteriöse leuchtende Lichter gesichtet wurden. Die Sichtung von 1978 ist nur eine von Tausenden seit den 1940er-Jahren, und dennoch wird die Erforschung von UFOs von vielen immer noch als Domäne von Spinnern und Verschwörungstheoretikern abgetan.
Die Wahrheit fliegt seit Jahrzehnten direkt vor unseren Augen!
Im Jahr 2020 jedoch, nach Jahrzehnten der Leugnung, gab das US-Verteidigungsministerium die erstaunliche Erklärung ab, dass seltsame Objekte in der Luft und unter Wasser, die häufig von Piloten gemeldet, gefilmt und von Sensoren erfasst wurden, real und unerklärlich sind - und eine echte Gefahr für die nationale Sicherheit darstellen.
Hochrangige Insider aus Militär und Geheimdiensten brechen ihr Schweigen: UFOs sind real!
Coulthart sah sich veranlasst, Nachforschungen anzustellen, und begann die faszinierendste Untersuchung seiner Karriere. Er sprach mit Zeugen, Forschern, Wissenschaftlern, Spionen sowie Vertretern und Insidern aus dem Verteidigungs- und Geheimdienstbereich, um die Wahrheit aus den Verschwörungstheorien herauszufiltern.
Nun könnten neue, strenge Gesetze und eine entschlossenere Haltung der Regierung in den USA das Militär und die Geheimdienste bald dazu zwingen, ihre Erkenntnisse über die Bergungen abgestürzter UAPs und geheime Reverse-Engineering-Programme offenzulegen.
Die Beweislast ist erdrückend!
Bizarr, manchmal atemberaubend und absolut faszinierend - in Vor unseren Augen erklärt Coulthart, warum es Grund zum Optimismus gibt, dass »die größte Geschichte aller Zeiten« endlich ans Licht kommen wird.
Dieses Buch kombiniert spektakuläre Fälle, harte Beweise und investigative Recherche zu einem fesselnden Gesamtbild - und bietet Lesern erstmals einen klaren, gut belegten Zugang zu einem Thema, das lange tabu war.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2025
1. Auflage Oktober 2025
Copyright © 2021 by James Ross Coulthart
First published by HarperCollins Publishers Australia Pty Limited, Sydney, Australia, in English in 2021. This German edition published by arrangement with HarperCollins Publishers Australia Pty Limited.
Titel der australischen Originalausgabe: In Plain Sight
Copyright © 2025 für die deutschsprachige Ausgabe bei
Kopp Verlag, Bertha-Benz-Straße 10, D-72108 Rottenburg
Alle Rechte vorbehalten
Übersetzung aus dem Englischen: Peter Hiess
Satz und Layout: Mohn Media Mohndruck GmbH, Gütersloh
Covergestaltung: Carolin Sienz
ISBN E-Book 978-3-98992-142-9
eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
Gerne senden wir Ihnen unser Verlagsverzeichnis
Kopp Verlag
Bertha-Benz-Straße 10
D-72108 Rottenburg
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Ross Coulthart
Vor unseren Augen
UFOs, unbekannte Technologien und eine investigative Suche nach der Wahrheit
Kopp Verlag
Für alle, die da draußen die Wahrheit sagen. Mein besonderer Dank geht an die anonymen Whistleblower, die den Mut haben, Licht in dunkle Ecken zu bringen. Und erneut möchte ich meiner Frau Kerrie und meinen Töchtern Lucy & Millie gegenüber meinen Dank und meine Liebe bekunden. Danke, dass ihr mein Leben zu einer so erfreulichen Reise macht!
In einer pechschwarzen Nacht am entlegenen australischen North West Cape verließ Annie Farinaccio gegen 2:30 Uhr eine Party, die in der von den USA betriebenen Marinefunkstelle Harold E. Holt stattfand. Es war Ende 1991, kurz bevor die Amerikaner diesen Stützpunkt an Australien abtreten sollten, und zwar genau in jener Zeit, als die Besorgnis über dessen geheime Rolle zunahm. Der Stützpunkt Harold E. Holt war nämlich einer der Eckpfeiler der amerikanischen U-Boot-gestützten Atomraketenabwehr. Im Falle eines Atomkriegs würden die USA ihre Startbefehle über die leistungsstarken Sender der Marinefunkstelle an U-Boote im angrenzenden Indischen Ozean senden. Die Bewohner des Städtchens Exmouth in der Nähe hatten keine Ahnung, dass ihre verschlafene Ansiedlung bei einem atomaren Schlagabtausch wahrscheinlich schnell ausgelöscht werden würde, sondern schätzten den positiven Einfluss der »Yankees« auf die lokale Wirtschaft des isolierten Orts und waren traurig über deren bevorstehenden Abschied.
Die Party, die an diesem Abend im Harold E. Holt stattfand, war eine Abschiedsfeier für ein paar amerikanische Freunde, die im Zuge der Übergabe heimkehren sollten. Annie war zu lange geblieben und hatte, wie ihr jetzt erst klar wurde, keine Möglichkeit, nach Hause zu kommen. Die wenigen Taxis, die es in diesem abgelegenen Teil Australiens gab, fuhren nachts nicht. Als ihr zwei Beamten des australischen Bundesschutzdienstes, die sie nur als Kevin und Alan kannte, das freundliche Angebot machten, sie die 5 Kilometer in Richtung Süden nach Exmouth mitzunehmen, nahm sie also dankend an.
Annie quetschte sich auf der Sitzbank des Toyota-Allradfahrzeugs zwischen die beiden Männer, und die drei machten sich auf den Weg in die Stadt.
Nach ein paar Minuten auf der leeren Küstenstraße des nur spärlich bewachsenen Kaps blickte Kevin zum Himmel hinauf und soll laut Annie gesagt haben: »Da ist es wieder. Schnapp dir die Kamera.« Dann begann Alan wie wild durch die Windschutzscheibe etwas über dem Fahrzeug zu fotografieren, das Annie noch nicht sehen konnte.
»Irgendwann schob Kevin meinen Kopf nach vorne. ›Schau nach oben!‹, sagte er. Dann sah auch ich es über uns schweben: ein langes, rautenförmiges Objekt mit einem Hinterteil, das wie abgeschnitten aussah, und Lichterreihen, die von hinten auf die Spitze des Flugobjektes zuliefen. Es war dunkelgrau, aber nicht so dunkel wie der Nachthimmel, und befand sich etwa 30 Meter über uns. ›O scheiße, was ist denn das?!‹, rief ich.«
Die Polizisten antworteten, sie hätten selbst keine Ahnung, seien aber schon in der vorangegangenen Nacht von dem Objekt verfolgt worden. Im nächsten Augenblick schoss das Flugobjekt rechts vom fahrenden Auto schnurstracks in die Höhe und stieg fast sofort auf der linken Seite wieder herab.
Annie schrie auf, als sie die Straße entlangrasten und das »Fahrzeug« ihnen offensichtlich hinterherjagte. Nachdem es sie einen Kilometer lang verfolgt hatte, schoss es in den Himmel hinauf und schien ein paar Hundert Meter neben der Straße in einem Gebüsch aufzusetzen, wobei nun seine Unterseite beleuchtet war.
Kevin wollte anhalten und das gelandete Flugobjekt fotografieren, als Annie rief: »Das ist doch verrückt! Bringt mich nach Hause!«
Die zwei Polizeibeamten waren einverstanden und fuhren so schnell wie möglich an den Stadtrand von Exmouth, wo sie Annie absetzten und dann eiligst an den Ort des Geschehens zurückkehrten, um Bilder zu schießen.
»Ich rannte zu meinem Haus am anderen Ende der Stadt und schloss sofort hinter mir zu. Ich war total verängstigt.«
Inzwischen besteht für Annie kein Zweifel daran, dass das, was in jener Nacht über ihnen schwebte, ein Raumschiff war, das sich mit unvorstellbarer Geschwindigkeit bewegte, und es kümmert sie nicht, ob man ihre Geschichte für verrückt hält. »Es war so schnell unterwegs, dass ich ihm mit den Augen nicht folgen konnte«, sagt sie. »Wir flippten alle völlig aus.«
2 Tage später besuchten zwei US-amerikanische Militärpolizisten Annie an ihrem Arbeitsplatz in der Stadt und forderten sie auf, mitzukommen. Rechtlich gesehen hatten die USA hier nichts zu sagen, aber sie kam deren Aufforderung trotzdem nach. »Zu diesem Zeitpunkt hatte ich keine Ahnung, dass es um unsere Beobachtungen ging«, erzählt sie. »Ich glaubte, dass ich in Schwierigkeiten war, weil ich nachts auf dem Stützpunkt Alkohol getrunken hatte.«
Die wortkargen Polizisten brachten Annie direkt in jenen Sektor des Militärstützpunktes, von dem Annie wusste, dass dort alles totaler Geheimhaltung unterlag. »Ich habe mir damals den Mund fusselig geredet«, erzählt sie lachend, »und sagte: ›Na, da muss ich ja etwas Schlimmes angestellt haben.‹«
Man brachte Annie in ein Zimmer, in dem sie die Polizisten Alan und Kevin vor einer Gruppe uniformierter Amerikaner sitzen sah. Obwohl Annie die meisten Amerikaner auf dem Stützpunkt kannte, konnte sie jetzt nur einen identifizieren, und das war der Kommandant. Die anderen waren eindeutig von auswärts eingeflogen worden. Außerdem waren drei oder vier Männer in Zivilanzügen anwesend.
»In diesem Moment fühlte ich mich verarscht. Einer der Typen übernahm das Reden und fragte mich: ›Was haben Sie gesehen?‹ Und ich sagte: ›Na, ein UFO.‹ Sie wollten, dass ich es ihnen aufzeichne, und fragten genauer nach. ›Ihnen ist doch klar, dass das, was Sie gesehen haben, ein Wetterballon war?‹ Darüber konnte ich nur lachen«, sagte Annie. Sie war auf einer Station außerhalb von Exmouth aufgewachsen, von der aus ihr Vater öfter Wetterballons startete. Also belehrte sie den Mann: »›Wetterballons sehen anders aus als das, was ich gesehen habe.‹ Dann sagte einer der australischen Polizisten, der neben mir saß und wie sein Kollege bedrückt zu Boden blickte: ›Sei bitte still … Halt den Mund, bevor du uns alle den Kopf kostest.‹«
Das Verhör dauerte ein paar Stunden. Anscheinend hielten sich die beiden Australier schon länger in dem Raum auf; nachdem man sie stundenlang befragt hatte, machten sie einen verängstigten und niedergeschlagenen Eindruck. Annie gab zu, dass sie den Amerikanern aufgeregt vorwarf, dass sie sie einschüchtern und ihr etwas in den Mund legen wollten.
Annie war eine intelligente Frau mit einem Universitätsabschluss und hatte damals schon mehrere eigene Unternehmen geleitet. Zum Zeitpunkt der UFO-Sichtung arbeitete sie im nahe gelegenen regionalen Gefängnis Roebourne, wo sie Häftlinge bei der Arbeitssuche unterstützte. Man könnte also durchaus sagen, dass sie nicht leicht einzuschüchtern war. »›Es ist mir scheißegal, was ihr behauptet‹, sagte ich zu den Typen. ›Das war kein Wetterballon, sondern ein UFO. Ich weiß, dass ich ein UFO gesehen habe.‹«
Die Amerikaner hatten offensichtlich keine Ahnung, was sie mit dieser renitenten Einheimischen anfangen sollten, und brachten sie schließlich nach Hause. Dort rief Annie sofort ihren Cousin an, der schon seit Längerem neugierig darauf war, was sich auf dem Stützpunkt abspielte. Er fuhr nach Exmouth, um gemeinsam mit Annie Alan einen privaten Besuch abzustatten.
Alan gab zu, dass sie die Fotos, die sie von »dem Fahrzeug« gemacht hatten, in einer Druckerei auf dem Gelände des Stützpunkts ausgedruckt und einigen ihrer Kollegen gezeigt hatten. »Sie wurden umgehend verhaftet. Man durchsuchte den Fotodrucker und nahm Alan die Kamera, die Bilder und die Negative weg«, beichtete Annie. Alan erzählte ihr, dass die Bilder eindeutig ein intelligent gesteuertes Flugobjekt zeigten, das nicht wirklich gelandet war, sondern knapp über dem Boden geschwebt hatte. Doch alle Fotos, die er aufgenommen hatte, seien samt seiner Kamera beschlagnahmt worden.
Von diesem Vorfall schwer mitgenommen sagte er laut Annie, er wolle sie und ihren Cousin nie mehr wiedersehen.
Annies betagte Mutter, die ebenfalls in Exmouth wohnte, kann zumindest einen Teil der Geschichte bestätigen. Sie erinnert sich noch sehr gut an die zwei Militärpolizisten, die zuerst im Haus der Familie auftauchten, bevor sie die Männer zu Annies Arbeitsplatz schickte, wo sie vor den Augen ihrer Kollegen abgeführt wurde.
***
Annie weiß, dass ihre Geschichte unwahrscheinlich klingt, beharrt aber mit großer Bestimmtheit darauf, dass sie wahr ist. Und damit ist sie nicht allein. Seit Jahrzehnten erzählen Menschen ähnliche Geschichten von seltsamen Objekten, die sie am Himmel beobachtet haben. Doch selten geht jemand ihren Berichten nach, und auch die Medien nehmen sie nicht ernst. In den meisten Fällen disqualifizierte der Mainstream solche Beobachtungen oder machte sich sogar über sie lustig. Schließlich klingen sie ja auch verrückt, und da es von offizieller Seite keine Bestätigung dafür gibt, werden sie meist schon »abgeschossen«, bevor die Öffentlichkeit davon erfahren hat.
Es existiert jedoch eine erdrückende Beweislast dafür, dass viele Regierungen – darunter auch die australische – derartige Sichtungen von UAPs 1 in Wirklichkeit sehr ernst nehmen. Freigegebene Behördenberichte und gut belegte Sichtungen zeigen, dass Militär- und Geheimdienstorganisationen auf der ganzen Welt sehr genau wissen, dass in sensiblen Militäreinrichtungen wie der Marinefunkstelle am australischen North West Cape und um solche herum seit längerer Zeit immer wieder seltsame unidentifizierte Objekte beobachtet werden. Aus freigegebenen Dokumenten, die im Nationalarchiv der australischen Regierung aufbewahrt werden, geht hervor, dass der Australian Air Force seit Jahrzehnten Sichtungen unerklärlicher Objekte am North West Cape gemeldet werden, und zwar von Soldaten ebenso wie von Touristen, einem höheren Offizier auf dem Stützpunkt und einem Feuerwehrmann aus der Gegend. Annettes verstörender Bericht ist also alles andere als ein Einzelfall und verdient es, zumindest genauer untersucht zu werden.
Wie ich aber feststellen musste, gibt es eine große Diskrepanz zwischen dem öffentlichen Spott, den Behauptungen über unidentifizierte Luftphänomene automatisch ernten, und den schon lange verborgenen Geheimnissen einer neuen Realität, die jetzt ans Licht kommen.
Aktuelle UAP-Sichtungen werden immer öfter durch Radar- und andere Sensorsysteme belegt, fotografiert oder auf Video aufgenommen sowie von mehreren Zeugen bestätigt. Die Beobachtungen weisen auch auf Dinge hin, für die eingestandenermaßen nicht einmal mehr das US-amerikanische Militär nüchterne Erklärungen parat hat. Bei meinen Interviews für das vorliegende Buch gaben Insider aus der US-Regierung und dem Militär zu, über Technologien am Himmel, in den Meeren und der Erdumlaufbahn Bescheid zu wissen, die sämtliche Kenntnisse unserer Wissenschaft weit übertreffen. Die Objekte scheinen in vielen Fällen intelligent gesteuert zu sein und erscheinen den Leuten, die sie auf Video aufgenommen oder mit Radargeräten verfolgt haben, als eine Art »Raumfahrzeug«.
Wie die meisten Journalisten glaube ich im Allgemeinen nur ungern an Verschwörungen und Vertuschungsaktionen. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass die Regierungen auf der ganzen Welt nicht die ganze Wahrheit über UAPs erzählen. Was sind diese »Raumfahrzeuge«? Könnte die Hypothese ihres außerirdischen Ursprungs, so umstritten sie auch ist, ihr höchst seltsames Auftreten und Verhalten erklären? Und warum verstecken sie sich vor aller Augen?
Kapitel 1
Hoffentlich sind sie uns wohlgesonnen …
Berichte über Sichtungen seltsamer Objekte am australischen Himmel gab es bereits im 19. Jahrhundert, als sich die ersten Europäer auf dem Kontinent ansiedelten. Und in den Jahrtausenden davor schilderten die Felsbildkunst und die Traumzeitgeschichten der Aborigines die unheimlichen Alien-Gesichter der Wondjina, ihrer Wolken- und Regengeister, sowie das, was wir heute als Min-Min-Lichter kennen. Europäische Siedler berichteten später über weiße, manchmal auch bunte Lichtkugeln, die ihnen auf ihrem Weg durch das Outback, die australische Wildnis, folgten. Wenn man einheimischen Volkserzählungen lauscht, folgten diese leuchtenden Kugeln und Scheiben, die zuerst von Europäern bei der Siedlung Min Min unweit von Boulia in Queensland gemeldet wurden, den Menschen, verschwanden häufig, wenn man sich ihnen näherte, und tauchten an einem anderen Ort wieder auf. Ich recherchierte einmal im Golf von Carpentaria in Far North Queensland für einen Zeitungsartikel und interviewte einen ehrwürdigen Aborigine-Ältesten, der unter dem Namen Blue Bob bekannt war und die Gegend kannte wie seine Westentasche. Ich fragte ihn, ob er die Min-Min-Lichter gesehen habe. Er lachte in sich hinein und erwähnte die Bilder von untertassen- und kugelförmigen Objekten, die in der Aborigine-Kunst im ganzen Land verbreitet sind. »Wir sehen sie die ganze Zeit«, sagte er nüchtern. »Sie waren schon immer Teil unserer Geschichten.« Er fand es sehr witzig, dass Wissenschaftler vor Kurzem behauptet hatten, hinter das Geheimnis dieser Lichter gekommen zu sein, dass sie nämlich bloß eine optische Täuschung seien, die durch die hellen Scheinwerfer weit entfernter Lkws ausgelöst würde. »Vor ein paar Tausend Jahren waren hier nicht allzu viele Lastwagen unterwegs«, sagte er mit einem schallenden Lachen.
In australischen Zeitungen von früher finden sich faszinierende Berichte über merkwürdige Lichter, aber auch Objekte oder metallische Luftschiffe am Himmel. Die wahrscheinlich erste Aufregung um ein »mysteriöses Luftfahrzeug«, die in Behördenunterlagen verzeichnet ist, stammt aus dem Jahr 1930, als Staffelführer George Jones von der Royal Australian Air Force nach Warrnambool in Victoria geschickt wurde, um dort Berichten über geheimnisvolle Flugobjekte nachzugehen, die dabei beobachtet wurden, wie sie über die Küste ins Landesinnere flogen. »Es waren keine von unseren Flugzeugen und, soweit ich herausfinden konnte, auch keine Flugzeuge von irgendwelchen anderen Streitkräften«, 2 bestätigte Jones später. Jones legte eine steile Karriere hin, wurde im Zweiten Weltkrieg zum Chief of the Air Staff (Luftwaffenchef) und später zum Air Marshall (Luftmarschall) Sir George Jones ernannt. Als Luftmarschall gab er offen zu, dass er während seiner Laufbahn ein »UFO« beobachtet habe – »ein strahlend weißes Licht am Boden einer schattenhaften Form, die aussah wie ein durchsichtiger Ballon«. Diese Erfahrung habe ihn davon überzeugt, dass dieses Phänomen ernsthaft erforscht werden müsse. Er unterstützte sogar zivile Forschungsgruppen wie VUFORS – die Victorian UFO Research Society (UFO-Forschungsgesellschaft von Victoria).
Die 1930er-Jahre waren für die Luftfahrtforschung eine außergewöhnliche Ära. Eine der faszinierendsten Sichtungen tätigte der bekannte britische Flieger Francis Chichester 1931 über der Tasmansee, als er den ersten Alleinflug zwischen Neuseeland und Australien unternahm. Er habe, so sagte er, nach einer Reihe von »grellen Blitzen ein matt-grauweißes Luftschiff auf mich zukommen gesehen. Es schien unmöglich … Außer ein oder zwei Wolken befand sich sonst nichts am Himmel.« Im nächsten Augenblick war das Objekt verschwunden, nur um unmittelbar darauf mit einem matten Lichtschimmer auf Nase und Heck wiederaufzutauchen. Die Sichtung konnte bis heute nicht erklärt werden.
In Sir Francis Chichesters epischer Autobiografie Einsam die See und der Himmel räumt er ein, dass das, was er gesehen hat, »dem sehr ähnlich gewesen sein dürfte, was man später als fliegende Untertassen bezeichnete«. 3
Als ich Jahrzehnte später als Teenager in Neuseeland lebte, übte kurz vor Weihnachten 1978 eine dramatische Sichtung in meiner Heimat eine große Faszination auf mich aus, die dann aber zu einer Enttäuschung wurde. Während ein Frachtflugzeug an der nordöstlichen Küste der neuseeländischen Südinsel nicht weit von den Kaikoura Ranges entlangflog, behaupteten plötzlich mehrere Passagiere aufgeregt, gesehen zu haben, wie strahlende UAP-Lichter der Maschine folgten. Diese Lichter wurden nicht nur vom Radar erfasst und von mehreren Menschen an Bord beobachtet, sondern bei einem späteren Retourflug von dem Kameramann David Crockett sogar gefilmt, worüber der australische Fernsehreporter Quentin Fogarty berichtete.
Da dieses Ereignis in der nachrichtenarmen Zeit um Weihnachten herum stattfand, wenn die Medien sonst nicht viel zu vermelden haben, machten in der internationalen Presse sensationelle Behauptungen über eine gefilmte »UFO-Massensichtung« die Runde, nachdem Quentin Fogartys dramatischer Flugbericht in der ganzen Welt ausgestrahlt worden war. »Soeben haben wir von der Radarstation in Wellington erfahren, dass sich eine Meile hinter uns ein Objekt befindet und uns verfolgt«, hörte man von Fogarty aus dem verdunkelten Flugzeug sagen. »Hoffentlich sind sie uns wohlgesonnen. Ich bekomme es hier oben nämlich langsam mit der Angst zu tun. Wir haben eine ganze Truppe unidentifizierter Flugobjekte hinter uns.«
Der Kameramann verfolgte durch den Sucher seiner Kamera die Lichter, die hinter dem Frachtflugzeug herflogen, und beschrieb ein Objekt als klassische »fliegende Untertasse« mit einer hell erleuchteten Unterseite und einer transparenten Kugel auf der Oberseite. Als wir dann aber endlich die Fernsehbilder zu sehen bekamen, tauchten darin nur weit entfernte unerklärliche Lichter auf, die nicht allzu beeindruckend waren. Hinter den hin- und herschießenden Lichtern verbargen sich weder Raumschiffe noch sonst irgendwelche Objekte – und ganz bestimmt keine »fliegende Untertassen«. Nach der anfänglichen Aufregung mutmaßte ich wie die meisten anderen Leute auch, dass die ganze Geschichte viel Lärm um nichts war, und es sicher eine nüchterne Erklärung für die Sichtung geben würde.
Ein Grund für meine Skepsis war, dass 2 Monate vorher, im Oktober 1978, ein 20-jähriger Pilot namens Frederick Valentich aus Melbourne spurlos über der australischen Tasmansee verschwunden war, als er auf dem Weg nach King Island mit seiner kleinen Cessna-Privatmaschine gerade die Bass-Straße 4 überflog. Kurz bevor er mitsamt dem Flugzeug verschwand, wurde noch seine Mitteilung an die Flugsicherung von Melbourne aufgenommen, dass ein riesiges, beleuchtetes Objekt aus glänzendem Metall über ihm schwebe und ihm folge. Als sein Motor in einen unruhigen Leerlauf verfiel, sprach er noch die letzten dramatischen Worte: »Es schwebt und ist kein Flugzeug.« Dann wurde die Übertragung von seltsamen pulsierenden Geräuschen unterbrochen, und sein Funkgerät fiel aus. Als während der Weihnachtsferien in Zeitungen und ein paar Wochen später auch im Fernsehen über die Kaikoura-Sichtung in Neuseeland berichtet wurde, ging die Valentich-Story immer noch durch die Boulevardblätter. Beides zusammen löste geradezu ein »UFO-Fieber« aus. In den Medien entbrannte eine wilde Spekulation darüber, dass der Kaikoura-Fall oder der australische Valentich-Fall Beweise für Außerirdische seien. Ich vertrat die zynische Ansicht, dass es sich bei der ganzen Kaikoura-Sichtung nur um eine dramatische Überreaktion auf das nach wie vor ungelöste Valentich-Rätsel handelte.
Da sich die Politik unter Druck gesetzt sah, die Ängste der Bevölkerung zu zerstreuen, und Medien aus aller Welt die Situation mit Adleraugen beobachteten, lieferte die Royal New Zealand Air Force (die Königliche Neuseeländische Luftwaffe, RNZAF) einen Monat nach der Kaikoura-Sichtung einen Bericht ab, in dem sie behauptete, das Rätsel gelöst zu haben: Die Passagiere an Bord des Flugzeugs seien einfach durch »natürliche«, wenn auch ungewöhnliche atmosphärische Phänomene verwirrt worden. 5 Man versicherte der Öffentlichkeit, dass Ermittler der Luftwaffe »sämtliche Zeugen«, die mit den Sichtungen in den Nächten des 20. und 30. Dezember zu tun hatten, befragt hätten. Und dabei sei herausgekommen, dass die atmosphärischen Bedingungen während der Flüge die ungewöhnlichen Radareffekte und Beobachtungen im sichtbaren Licht hervorgerufen hätten. Im Bericht wurde angedeutet, dass die Boote von Tintenfischfängern starke Scheinwerfer auf die Meeresoberfläche gerichtet hatten oder der Planet Venus besonders hell geleuchtet haben könnte. Die Venus-Erklärung hatte nur das Problem, dass die erste Sichtung bereits um 2:30 Uhr stattgefunden hatte, also einige Zeit bevor die Venus in dieser Höhe überhaupt zu sehen war. Außerdem stand der Planet in einem völlig anderen Winkel am Himmel als die beobachteten Lichter. Im Bericht an den neuseeländischen Wissenschaftsminister hieß es daher, die Zeugen hätten »den Planeten in einer beträchtlichen Brechung durch die Atmosphäre« gesehen. 6
Die Air Force versicherte den braven Bürgern von Neuseeland zudem auf recht originelle Weise, dass das Ministerium »die Möglichkeit von Besuchen außerirdischer Raumschiffe oder anderer Luftfahrzeuge in Neuseeland … völlig ausschließt. … Das Verteidigungsministerium teilt nicht die Ansichten jener Leute, die glauben, dass wir Besuche aus dem All erhalten.« Für die RNZAF war der Fall also definitiv abgeschlossen. Wie die Mehrheit der Menschen akzeptierte auch ich diese Erklärung und führte mein Leben wie gewohnt fort. Der offiziellen behördlichen Untersuchung zum Trotz ist und bleibt die Kaikoura-Sichtung aber eine der bestdokumentierten unerklärten UAP-Sichtungen.
Erst Anfang der 1990er-Jahre, als ich in Australien als investigativer Journalist für die Fernsehsendung Four Corners der Australian Broadcasting Corporation tätig war, motivierten mich Insider der australischen Luftwaffe dazu, meine grundsätzlich ablehnende Haltung gegenüber unidentifizierten Objekten am Himmel noch einmal zu überdenken. Eines Tages ging ich mit einem sehr hochrangigen Offizier unter meinen Air-Force-Kontakten und einem weiteren Offizier ein Bier trinken. Zu meiner Überraschung begannen beide, ausführlich über »UFOs« oder »fliegende Untertassen« zu plaudern, die sie im Zuge ihrer Laufbahn beobachtet hatten. Die Luftwaffenveteranen animierten mich dazu, die UAP-Geheimnisse einer näheren Betrachtung zu unterziehen, und meinten, die übertriebene Skepsis der Medien gegenüber diesem Phänomen habe dazu geführt, dass es nie richtig untersucht wurde, nicht einmal von den Regierungsbehörden. Ich habe die Notizen aufbewahrt, die ich mir damals bei unserem Gespräch in Kurzschrift gemacht hatte. Einer der Offiziere hatte gesagt: »Piloten melden diese Vorfälle nicht, weil es das Ende ihrer Karriere bedeuten würde, wenn sie zugäben, solche Objekte gesehen zu haben. Aber es steht fest, dass da etwas Komisches passiert, das man nicht einfach so vom Tisch wischen kann. Zu viele von uns haben diese Flugobjekte gesehen.«
Es gibt einen höchst triftigen Grund dafür, dass die Medien lange Zeit so kritisch waren, was unidentifizierte Objekte am Himmel anging. In den 1990er-Jahren mussten die meisten jungen Reporter eine Weile Nachtschicht in der Nachrichtenredaktion schieben und Anrufe aus der Öffentlichkeit beantworten. So waren Nachwuchsjournalisten in den Redaktionen oft die ganze Nacht allein, hörten Polizeifunk und Rettungsdienste ab und überwachten die Agenturmeldungen, während die erfahrenen Journalisten zu Hause bei ihren Familien weilten. Das Spannende daran war, dass, wenn es nachts ein größeres Ereignis gab, man den Knüller dann für sich allein hatte. Nicht wenige Journalisten geben schuldbewusst zu, dass sie spätnachts dasaßen und beteten, es möge einen schaurigen Kriminalfall oder Unfall geben, der sie aus der Langeweile der Nachtschicht erlösen würde.
Wenn die Lokale zumachten und das Fernsehprogramm sich seinem Ende näherte, meldete sich jedoch eine bestimmte Art von Anrufern, die man alsbald meiden lernte. Sie riefen immer in diesen Geisterstunden an, vor allem bei Vollmond. Und wehe dem, der es wagte, aufzulegen, denn der wurde zum Brennpunkt ihrer aggressiven Paranoia. Und ja, ein überproportionaler Anteil solcher Anrufe und Briefe handelte offenbar von Aliens und fliegenden Untertassen. Manche Leute sind absolut davon überzeugt, dass eine tiefgreifende Verschwörung in unseren Medien dafür sorgt, dass sämtliche Berichte über UAPs unterdrückt werden und dass finstere Elemente in unseren Geheimdiensten eine Nachrichtensperre über ungewöhnliche Sichtungen verhängt haben. Ich glaube das absolut gar nicht, sondern bin der Ansicht, dass die Skepsis, mit der Medien Storys über unidentifizierte Luftraumphänomene betrachten, professioneller Natur ist. Und diese Skepsis rührt unter anderem daher, dass sich jeder Redakteur noch sehr gut daran erinnern kann, wie ihm mondsüchtige Anrufer, die offenbar nicht ganz richtig im Oberstübchen waren, endlos lange und wilde Geschichten dieser Art erzählten.
Als ich als junger Journalist in Neuseeland und später in Australien arbeitete, war ich mir meiner selbst und meiner Kenntnisse so absolut sicher, dass ich mir ein Zitat meines Lieblings-Science-Fiction-Autors Isaac Asimov an die Wand hängte, weil es meine Meinung über leichtgläubige Leute bestätigte, die sich dem naiven Glauben an Phänomene wie UFOs verschrieben hatten und Reporter wie mich mit ihren verrückten Storys belästigten. Asimov hielt solche Behauptungen für absurd und lächerlich, und ich muss zugeben, dass ich ebenfalls der undifferenzierten Ansicht war, dass Menschen, die so etwas behaupteten, durchweg Spinner waren. Asimov schrieb: »Ich glaube an Beweise. Ich glaube an Beobachtungen, Messwerte und Argumentationen, die durch unabhängige Beobachter bestätigt werden. Ich glaube an alles, wenn Beweise dafür vorliegen, und dann kann es auch noch so absurd und lächerlich sein. Doch je absurder und lächerlicher etwas ist, desto stichhaltiger und handfester müssen die Beweise sein.« 7
Diese Idee, dass wissenschaftlich belegtes Wissen sich von bloßem Glauben unterscheidet, und zwar mit unanfechtbarer Autorität, weil es auf Beweisen beruht, ist wahrscheinlich die wichtigste Hinterlassenschaft der Aufklärung. Wir sollten uns kritisches Denken zu eigen machen, objektive Daten sammeln, Hypothesen überprüfen und nach Gegenbeweisen Ausschau halten, unsere Forschungen einer Peer-Review unterziehen und versuchen, Experimente zu replizieren, um dergestalt zu beweisen, was wir zu wissen glauben. Gute Wissenschaft ist ein Bollwerk gegen Mystizismus und Aberglaube. Wie es aber im Buch Newton’s Apple and Other Myths About Science [auf Deutsch: »Newtons Apfel und andere Mythen über die Wissenschaft«] 8 heißt, ist die Behauptung, dass es eine einzige anerkannte wissenschaftliche Methode für alle Disziplinen gibt, reine Rhetorik. Würde man eine Gruppe Wissenschaftler in einen Raum sperren, würden sie sich nicht darüber einigen können, was sie genau mit dem Begriff »wissenschaftliche Gewissheit« meinen, vor allem, wenn es um das große Tabu der UAPs geht. Millionen Menschen berichten, dass sie unerklärliche Luftraumphänomene gesehen haben – aber wird sich die sogenannte wissenschaftliche Methode jemals dazu hinreißen lassen, ihnen Glauben zu schenken? Der berühmte Astronom Carl Sagan hielt es eher mit Asimov und sagte einmal: »Außerordentliche Behauptungen erfordern außerordentliche Beweise.« 9
Skeptiker sind jedoch häufig der Ansicht, dass man UAP-Zeugen generell ignorieren sollte, weil Zeugenaussagen bekanntermaßen unzuverlässig sind.
Der Paläontologe Donald Prothero 10 lieferte in einem TED-Talk das perfekte Beispiel dafür, wie führende Vertreter des wissenschaftlichen Denkens dieses Thema angehen. »Es gibt bestimmte Regeln, vor allem in der Wissenschaft, die sie von der Pseudowissenschaft unterscheiden«, erklärte Prothero seinen Zuhörern. »Die Wissenschaft ist die letzte Bastion der Faktenüberprüfung. Derzeit haben wir es mit Medien zu tun, die voller Lügen und Fehlinformationen stecken. Und auch das Internet ist voller Lügen; dort findet sich fast mehr Müll als Wahrheit.« Bis zu diesem Punkt hat er leider recht. Doch seine folgenden Aussagen zeigen deutlich, was oft passiert, wenn Wissenschaftler über UFOs – unidentifizierte Flugobjekte – oder unidentifizierte Luftraumobjekte (UAPs) reden. (Mir ist der weniger vorbelastete Ausdruck »UAPs« lieber, weil man mit »UFOs« gerne fliegende Untertassen und kleine grüne Männchen assoziiert.) Er sagte: »Der einzige Beweis, der die meisten Wissenschaftler überzeugen wird, ist ein konkret vorhandenes UFO oder der Leichnam eines Außerirdischen – ein lebendiger Alien wäre sogar noch besser.« Er geht davon aus, dass die Beobachtung eines »UFOs« oder UAPs automatisch bedeutet, dass man es mit einem außerirdischen Raumschiff beziehungsweise ET-Raumschiff 11 zu tun hat. Anschließend behauptet er, dass »Augenzeugenberichte […] keine Beweise sind«. 12 Das ist natürlich eine wunderbare Methode, um jede Diskussion im Keim zu ersticken, aber ist es auch aus wissenschaftlicher Sicht korrekt? In den meisten Fällen sagen die Zeugen ja, dass sie nicht wissen, was genau sie da eigentlich gesehen haben.
Es ist mit Sicherheit keine seriöse Wissenschaft, pauschal zu verallgemeinern, dass man überhaupt keine Aussagen von Augenzeugen ernst nehmen sollte, nur weil sie sich auf UAPs beziehen. Sammelt ein Wissenschaftler ganz alltägliche Daten, indem er beispielsweise Wildtiere oder natürliche Phänomene beobachtet, dann weist die wissenschaftliche Methode seine Beobachtungen ja auch nicht mit dem Argument ab, Menschen seien bekanntermaßen unzuverlässige Zeugen. In unserem Strafrechtssystem werden Menschen häufig einzig und allein aufgrund von Augenzeugenaussagen ins Gefängnis geschickt. Zeugen sagen aus und werden dann in ein strenges Kreuzverhör genommen. In manchen Ländern wie den Vereinigten Staaten können Zeugenaussagen buchstäblich über Leben und Tod entscheiden. Das eigentliche Problem beim UAP-Phänomen besteht darin, dass diese seltsamen Sichtungen nicht wiederholbar und folglich keine reproduzierbaren Experimente möglich sind – diese Reproduzierbarkeit ist eine der am häufigsten genannten Voraussetzungen der Wissenschaft für die Überprüfung einer Hypothese. Dennoch haben von Beobachtern – Augenzeugen – erbrachte Beweise einen Beweiswert.
Als investigativer Journalist hat man den Vorteil, seine Kenntnisse nutzen zu können, um seiner Neugier nachzugehen und in den Kaninchenbau eines Geheimnisses hinabzusteigen, die Quellen zu überprüfen, sich in die Dokumente zu vergraben und aus den Beweisen Schlussfolgerungen zu ziehen. Genau das habe ich vor einiger Zeit getan, als ich mich dem UAP-Phänomen zuwandte, und zwar deshalb, weil es offen gesagt eines der größten ungelösten Rätsel unserer Zeit darstellt. Die meisten Informanten, mit denen ich sprach, wollten anonym bleiben. Doch das, was sie mir erzählt haben, war durchaus erhellend, weil es darauf hindeutet, dass viele Regierungen das UAP-Thema in ihrem stillen Kämmerlein viel ernster nehmen, als sie öffentlich zuzugeben bereit sind.
Umfragen zufolge glauben zwei Drittel der US-Bevölkerung, dass ihre Regierung mehr über das Phänomen weiß, als sie vorgibt 13 (wobei das natürlich nicht heißt, dass diese Annahme stimmt). Eine Unzahl von Menschen glaubt, dass es auf den obersten Ebenen des militärisch-industriellen Komplexes der USA eine gewaltige Verschwörung gibt, die geborgene außerirdische ET-Raumfahrzeuge und vielleicht sogar die Existenz der Außerirdischen generell vor dem Rest der Welt verbirgt. Ich vermute, dass die Zurückhaltung der Wissenschaftler, sich intellektuell mit dem Phänomen zu befassen, und ihre schnelle Ablehnung einschlägiger Beobachtungen, die noch dazu mit Spott und Hohn einhergeht, dieses Verschwörungsdenken nur noch bestärken.
Im Mainstream-Journalismus ging und geht man generell davon aus, dass solche Vorstellungen von finsteren Verschwörungen total verrückt sind – und wehe dem, der von dieser Position abrückt. Das UAP/UFO-Thema ist nach wie vor »das große Tabu«. 14 Wenn dazu überhaupt Berichte erscheinen, dann nie ohne hochgezogene Augenbrauen oder ironische Anmerkungen, vielleicht auch einen Hauch von Akte X-Musik, was darauf hindeuten soll, dass es sich um eine nicht wirklich ernst zu nehmende Story handelt, die mit Vorsicht zu genießen ist. Zweifelsohne sind manche, ja vielleicht sogar viele Leute, die die Medien mit Geschichten über fliegende Untertassen oder Außerirdische bombardieren, traurige und leichtgläubige bis psychotische Gestalten. Bevor ich ernsthaft zu recherchieren begann, hatte ich jedoch keine Ahnung, wie glaubwürdig viele der UAP-Sichtungen tatsächlich waren, und wie schlecht die Beweise dafür oft präsentiert wurden.
Kapitel 2
Roswell: unglaubwürdige Dementis
»Die Deutschen haben etwas Neues in den Nachthimmel über Deutschland geschossen – die unheimlichen, mysteriösen ›Foo-Fighter‹-Lichtkugeln, die neben den Tragflächen amerikanischer Beaufighter dahinrasen, wenn sie über dem Reich Kampfmissionen fliegen«, schrieb die New York Times im Januar 1945. 1 Im gesamten Zweiten Weltkrieg und in den späten 1940er-Jahren berichteten viele Piloten, die auf Einsätzen in Europa oder am pazifischen Kriegsschauplatz gewesen waren, dass sie als Foo-Fighter bezeichnete leuchtende Scheiben oder Kugeln beobachtet hatten. Bomberpiloten über Europa meldeten regelmäßig, dass ihre Maschinen von strahlenden Objekten ohne Flügel oder Heck verfolgt wurden, »die blitzschnell die Richtung wechseln konnten«. Ursprünglich glaubte man, es handle sich dabei um eine neue deutsche Geheimwaffe. Als die Alliierten nach dem Krieg jedoch deutsche Akten durchforsteten und Naziwissenschaftler verhörten, stellte sich heraus, dass die Objekte nicht deutscher Herkunft waren. Es hat für diese Foo-Fighter-Sichtungen nie eine offizielle Erklärung gegeben. 2 Die Piloten der Achsenmächte waren über das Phänomen ebenso besorgt gewesen wie die Alliierten.
In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg nahm die Anzahl an Sichtungen unidentifizierter Luftraumphänomene auf der ganzen Welt rasant zu. Das mag zum Teil daran gelegen haben, dass Außerirdische und fliegende Untertassen immer häufiger in Filmen, Comics und Science-Fiction-Stories auftauchten. So lief in den ersten Kriegsjahren beispielsweise Flash Gordon Conquers the Universe, eine beliebte Science-Fiction-Filmserie, in den Kinos. Umgekehrt wäre es aber auch denkbar, dass die häufigere Beobachtung fremdartiger Himmelsobjekte zu dieser Zeit – insbesondere im Westen der USA – dazu geführt hat, dass Hollywood-Drehbuchautoren und -Regisseure auf dieses Thema aufmerksam wurden. Zudem begann ein neues Luftfahrtzeitalter, in dem Flüge für die Masse immer leistbarer wurden. Als die moderne Wissenschaft das Verständnis der Menschheit für ihren Platz im Universum erweiterte, dachte man auch über die Möglichkeit nach, dass wir Erdenbewohner nicht allein sein könnten. 1938 strahlte Orson Welles sein Hörspiel War of the Worlds nach dem 1897 erschienenen Roman Krieg der Welten von H. G. Wells im Radio aus und beunruhigte damit etliche seiner Zuhörer, die glaubten, dass die Invasion tatsächlich stattfand. Es hat sich zu einem populären Mythos entwickelt, dass die Sendung von Welles eine landesweite Massenpanik über einen Angriff der Außerirdischen auslöste. Neuere Forschungen deuten jedoch darauf hin, dass dies übertrieben war und diese Gerüchte nach der Sendung gezielt in die Welt gesetzt wurden, was man heute als »Hetzkampagne« der medialen Konkurrenz bezeichnen würde. 3
Im Februar 1946 gab es in Schweden mehr als 2000 Sichtungen von »Geisterraketen«, von denen Hunderte durch Radarmessungen bestätigt wurden, wobei sich angeblich sogar materielle Fragmente dieser Objekte bergen ließen. Theorien, dass es sich dabei um sowjetische Raketentests handeln könnte, waren nicht stichhaltig, weil die Objekte keinen Abgasstrahl hatten, völlig lautlos flogen und Beobachtungen zufolge horizontal und oft äußerst langsam im Formationsflug unterwegs waren. Der schwedische Luftfahrtgeheimdienst meldete an die Amerikaner, dass »diese Phänomene eindeutig auf hohe technische Fähigkeiten hinweisen, die sich keiner der heute bekannten irdischen Kulturen zuordnen lassen«. 4
Auch auf der südlichen Erdhalbkugel wurden seltsame Objekte beobachtet. Im Februar 1947 gab es drei unabhängig voneinander beobachtete und gut nachgewiesene Sichtungen einer Formation von fünf eiförmigen tragflächen- und hecklosen Flugobjekten, die über Südaustralien flog. Eine offizielle Erklärung dazu wurde nie geliefert. Ein Farmer auf der Eyre-Halbinsel in South Australia wollte beobachtet haben, wie fünf seltsame längliche Objekte mit schmalen Spitzen, von einer rauchig-grauen Farbe umgeben, aus dem Meer kamen. »Ich habe sie ganz deutlich gesehen«, erzählte ein Mr. Flavel der Zeitung The Adelaide Advertiser. »Sie schienen von Nordwesten her nach Südosten in der Luft zu schweben und warfen einen Schatten.« Sein Bericht bestätigte eine Beobachtung, die Arbeiter in Port Augusta, 260 Kilometer nordöstlich, gemacht hatten. Auch sie hatten angeblich fünf weiße eiförmige Objekte gesehen, die sich im Formationsflug von Norden nach Süden befanden. »Da sie so schnell unterwegs waren, konnte man sie binnen weniger Sekunden nicht mehr sehen«, berichtete der Advertiser. 5 Mögliche Erklärungen, dass es sich bei den Objekten eventuell um Meteore oder Luftspiegelungen gehandelt haben könnte, wurden von Mr. Dodwell, dem zuständigen Astronomen der Verwaltung von South Australia, zurückgewiesen. »Das Phänomen passte zu nichts Astronomischem und war ihm ein absolutes Rätsel«, schrieb die Zeitung nach einem Interview mit Dodwell. Und: »Es scheint realen Objekten und nicht einer Spiegelung zu entsprechen.« 6
Die dritte Sichtung einer Formation aus fünf sonderbaren eiförmigen UAPs, die sich mit hoher Geschwindigkeit fortbewegten, ereignete sich 2 Monate später und 1000 Kilometer östlich in New South Wales. Ein Farmer namens Mr. Nettlebeck aus Gogeldrie, der gerade mit der Reisernte beschäftigt war, blickte zum Himmel auf und sah dort »fünf metallische Gebilde, die in einer V-Formation flogen und in der Sonne glitzerten«. Mr. Nettlebeck soll die Geschwindigkeit der Objekte auf etwa 1000 Meilen pro Stunde geschätzt haben, was umgerechnet 1600 Stundenkilometer sind. Es ist wirklich ein merkwürdiger Zufall, dass drei unterschiedliche Zeugengruppen unabhängig voneinander eine ähnliche Formation von fünf schnell fliegenden eiförmigen Objekten an verschiedenen Orten im südlichen Australien gesehen haben, die mehr als 1200 Kilometer voneinander entfernt sind. Hinzu kommt, dass diese Beobachtungen sich alle kurz vor einem Vorfall im amerikanischen Bundesstaat New Mexico ereigneten, der für viele Menschen der Ursprungsmythos der großen modernen Außerirdischen-Verschwörungstheorie ist: Roswell.
Im Mai 1947, also ungefähr zur gleichen Zeit wie die Sichtungen in South Australia, arbeitete sich auf der anderen Seite des Planeten in Washington, D. C., Konteradmiral Roscoe Hillenkoetter gerade in seinen neuen Posten als Direktor der Central Intelligence (»Zentraler Geheimdienst«) ein, die ihren Namen ein wenig später zu Central Intelligence Agency (CIA) änderte. Hillenkoetter war zuvor kommandierender Offizier des Schlachtschiffes USS Missouri gewesen und auf einem anderen Schiff beim Angriff auf Pearl Harbor verwundet worden. Eine der Hauptaufgaben in seiner neuen Position bestand darin, die geheimdienstlichen Versäumnisse zu beheben, die es den Japanern ermöglicht hatten, 1941 unentdeckt die USA anzugreifen. Die Vereinigten Staaten brauchten eine Möglichkeit, sämtliche Flugzeuge in ihrem Luftraum aufzuspüren und zu identifizieren; dies war eine der Hauptaufgaben der nationalen Sicherheitsstrategie.
Fast sofort nach Hillenkoetters Dienstantritt als Direktor des Auslandsgeheimdienstes begann die amerikanische Nachkriegspresse in einen wahren Fliegende-Untertassen-Rausch zu verfallen. Am 24. Juni 1947 gelang dem Geschäftsmann Kenneth Arnold die bahnbrechende Sichtung von Objekten, die in den Medien als »fliegende Untertassen« bekannt wurden. Arnold war ein Privatpilot, der sich die großzügige Belohnung von 5000 Dollar verdienen wollte, die für die Sichtung eines abgestürzten Militärtransportflugzeuges ausgesetzt war. Zu diesem Zweck flog er mit seiner Maschine in die Gegend um den Mount Rainier im Bundesstaat Washington, südöstlich von Seattle. Während des Fluges an diesem hellen Nachmittag sah er zunächst ein hell blinkendes Licht in der Ferne, das bei ihm die Sorge auslöste, dass sich ein anderes Flugzeug im näheren Umkreis befinden könnte, und dann aus einer Entfernung von 30 bis 40 Kilometern eine Reihe heller Blitze nördlich des Mount Rainier.
Die Objekte flogen auf den Berg zu, und Arnold sah, wie sie an dessen schneebedeckten Hängen vorbeiglitten. Er beschrieb ihre Form als konvex, nur ein Objekt war halbmondförmig. Als erfahrener Pilot, der die Geschwindigkeit weit entfernter Objekte gut einschätzen konnte, vermutete Arnold, dass die Flugkörper, die an dem weit entfernten Berg vorüberzogen, eine Geschwindigkeit von etwa 2700 Stundenkilometer hatten. Mehrere Einheimische schrieben an die lokalen Zeitungen, sie hätten ähnliche Objekte gesehen. Binnen weniger Tage veröffentlichte die Chicago Sun einen Artikel mit der Überschrift »Pilot aus Idaho sieht fliegende Untertassen mit Überschallgeschwindigkeit«. 7 Doch damit waren die Sichtungen noch lange nicht vorbei. Am 1. Juli wurde ein scheibenförmiges UAP beobachtet, das im Zickzackflug über den Himmel von New Mexico flog; am 3. Juli meldete ein Astronom aus Maine, dass er ein Objekt von etwa 30 Metern Durchmessers gesehen habe. Das Air Materiel Command (Luftwaffenmaterialkommando) der U.S. Army versuchte die beobachteten Objekte als Vögel oder Insekten wegzuerklären, aber eine spätere Untersuchung der Air Force musste zugeben, dass es sich um eine unerklärliche Sichtung handelte. 8 (Die U.S. Air Force wurde im September 1947 als eigene Streitkraft des amerikanischen Militärs gegründet.)
10 Tage nach Arnolds Sichtung, am 4. Juli, dem amerikanischen Unabhängigkeitstag, meldete die Mannschaft einer United-Airlines-Maschine, fünf bis neun scheibenförmige Objekte gesehen zu haben, die neben ihrem Flugzeug hergeflogen seien. 9 An demselben Tag berichteten Polizeibeamte aus Portland ebenso von einer Sichtung mehrerer UAPs am Himmel, und eine Gruppe von Menschen in einem Auto sah vier scheibenförmige Flugobjekte am Mount Jefferson in Oregon vorbeifliegen. Es schien, als seien an diesem sommerlichen Feiertag Flugscheiben allgegenwärtig gewesen. Die U.S. Army musste zugeben, dass sie »keine Ahnung hat, worum es sich dabei handelt«. 10
Zu dieser Zeit herrschte in der Öffentlichkeit ein fieberhaftes Interesse am Phänomen der UAPs. Diese Tatsache könnte auch zur Erklärung der folgenden Ereignisse beitragen. Am 5. Juli 1947 fand Mac Brazel, Vorarbeiter auf einer 120 Kilometer von Roswell in New Mexico entfernten Ranch, zahlreiche über das Gelände einer Rinderfarm verstreute Trümmer von einem Absturz. Heute ist Roswell eine wachsende Stadt mit etwa 50 000 Einwohnern, doch in den späten 1940er-Jahren war es viel kleiner und beherbergte nur etwa 15 000 Menschen, die die umliegenden Farmen und Militärstützpunkte versorgten. Seit den 1930er-Jahren dienen die menschenleeren Hochebenen des südöstlichen New Mexico der Raum- und Luftfahrttechnik der Vereinigten Staaten als Testgelände. Brazel fuhr also nach Roswell, um seinen Fund zu melden. In den ersten Berichten wird beschrieben, was er gesehen und gesammelt hat – darunter extrem starke und zugleich leichte Drähte, Folien und Metallträger mit fremdartigen Aufschriften. Der Sheriff vor Ort, bei dem Brazel vorstellig geworden war, verständigte die Army Air Force Base in der Nähe von Roswell, welche einen Geheimdienstoffizier namens Jesse Marcel schickte, um den Fall zu untersuchen.
Die anschließende Roswell-Kontroverse wurde dadurch verschärft, dass Major Marcel beim 509th Bomb Group Wing gewesen war, das 1945, also nur 2 Jahre zuvor, die Atombomben auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki abgeworfen hatte. Das Testgelände White Sands in New Mexico befand sich nur zwei Autostunden westlich der Absturzstelle und war der Ort, wo die U.S. Army am 16. Juli 1945 beim Trinity-Test die weltweit erste Atombombenexplosion ausgelöst hatte. Auch 1947 wurden hier noch Atombomben und -raketen getestet. Dieser ausgedörrte Teil von New Mexico, zu dem auch Roswell gehörte, war also der Nullpunkt des neuen Atomzeitalters.
Viele jener Leute, die an eine außerirdische (ET-)Erklärung für UAPs glauben, vermuten, dass Alien-Raumschiffe heimlich die Atombombentests in New Mexico beobachtet haben. Als eines dieser Raumschiffe abstürzte, soll es unter strengster Geheimhaltung vom US-Militär geborgen worden sein, wobei sich tote und lebende außerirdische Wesen an Bord befanden. Diese Verschwörungstheorie setzt die Überzeugung voraus, dass der ganze Roswell-Absturz und die angebliche Bergungsoperation bis heute Gegenstand einer gewaltigen Vertuschungsaktion sind. Die absonderlichste Ironie der Roswell-Affäre ist, dass die ungeschickte Reaktion des amerikanischen Militärs viel dazu beigetragen hat, dass heute ein beträchtlicher Teil der US-Bevölkerung tatsächlich an eine Vertuschung glaubt. Das liegt daran, dass die U.S. Air Force vier verschiedene Erklärungen für das geliefert hat, was vermeintlich 1947 in Roswell passierte. Dass die Behörden logen und vertuschten, steht fest – die Frage ist nur, warum.
Bekannt ist, dass der Ranch-Vorarbeiter Mac Brazel die Army-Geheimdienstoffiziere Jesse Marcel und dessen Kollegen Captain Sheridan Cavitt zur Absturzstelle führte. Als Marcel von dort zurückkam, war er eindeutig davon überzeugt, dass eine Flugscheibe außerirdischer Herkunft auf die Ranch abgestürzt war. Er berichtete über ein riesiges Trümmerfeld von 1200 Metern Länge und 60–90 Metern Breite. Angeblich war in dem Feld eine Furche von bis zu 150 Metern Länge zu sehen, die aussah, als »wäre etwas aufgeprallt und dann weitergesprungen«. 11 Ein paar der seltsamen Bruchstücke zeigte Marcel später seiner Familie mit dem Kommentar, es handle sich um die Wrackteile einer »fliegenden Untertasse«. 12 Zu diesen Teilen gehörten metallische Folien, die leicht wie eine Feder und trotzdem unglaublich stark und reißfest waren. Und auch Marcel beschrieb leichte Metallträger, auf denen seltsame hieroglyphische Schriftzeichen zu sehen waren.
Als Marcel und Cavitt ihre Trümmerteile zum Roswell-Stützpunkt brachten, gab Kommandant Oberst William Blanchard Marcel den Befehl, mit den Trümmern zum Hauptquartier der 8th Air Force im texanischen Fort Worth zu fliegen und sich dort bei Brigadegeneral Roger Ramey zu melden. Zu Mittag desselben Tages, am 8. Juli 1947, befahl Blanchard dem Pressereferenten des Stützpunktes, Walter Haut, eine Pressemitteilung herauszugeben, die besagte, dass die U.S. Army eine Flugscheibe geborgen habe.
Die Story traf am frühen Nachmittag in den Nachrichtenagenturen ein. Da sie kurz nach den vielen UAP-Sichtungen der vergangenen Wochen bekannt wurde, hatte die Bekanntmachung einen zündenden Effekt auf das ohnehin bereits hektische öffentliche Interesse an »UFOs und fliegenden Untertassen«. Roswells Abendzeitung, der Roswell Daily Record, berichtete aufgeregt: »Das nachrichtendienstliche Büro der 509th Bombardment Group am Roswell Army Air Field gab zu Mittag bekannt, dass der Stützpunkt in den Besitz einer fliegenden Untertasse gelangt sei.« 13 (Die Army behauptete übrigens nie, dass es sich um eine »fliegende Untertasse« handelte, sondern sprach nur von einer »Scheibe«.) In dem Artikel fanden sich Aussagen des einheimischen Ehepaars Mr. und Mrs. Dan Wilmot, die angaben, zu Beginn der Woche eine schnell fliegende Scheibe über sich gesehen zu haben, die »von ovaler Form war wie zwei umgedreht aufeinandergestellte Untertassen. … Das gesamte Objekt leuchtete, als ob Licht aus dem Inneren durch seine Außenhülle scheinen würde.« Angesichts der unglaublichen Story über die geborgene »fliegende Untertasse«, die vermutlich das erste Mal weltweit die Möglichkeit außerirdischen Lebens bestätigte, ist es kein Wunder, dass sich die Nachricht in Windeseile um die ganze Welt verbreitete und ein gewaltiges mediales Interesse weckte.
Doch als Marcel ein wenig später an diesem Tag in Fort Worth eintraf, hatte General Rameys Büro seine Meinung bereits geändert. Nur 3 Stunden nach der mittäglichen Pressemitteilung aus Roswell verbreitete Ramey über die Agentur Associated Press eine neue Erklärung, in der es hieß, die angebliche Flugscheibe sei in Wahrheit nur ein Wetterballon gewesen. Die Tatsache, dass die Medien diese Beteuerung binnen weniger Tage akzeptierten, zeigt deutlich, wie sehr Amerika seinem Militär kurz nach dem Zweiten Weltkrieg vertraute. Und so verschwand die Geschichte über die »fliegende Untertasse« von Roswell für mehr als 3 Jahrzehnte spurlos.
Als Jesse Marcel sich viele Jahre später, nämlich 1978, wieder zu Wort meldete, beteuerte er bis zu seinem Tod im Jahr 1986, dass man ihm befohlen habe, an einer Vertuschungsaktion mitzuwirken. Er behauptete in mehreren Interviews, die echten Trümmerteile, die er damals aus Roswell mitgebracht hatte, seien von General Ramey gegen Wrackteile eines Wetterballons ausgetauscht worden; er selbst glaube, dass das in Roswell abgestürzte Objekt tatsächlich außerirdischer Herkunft gewesen sei. Marcel, der die Air Force Reserve als mit Orden ausgezeichneter Oberstleutnant 1958 verlassen hatte, gab an, man habe ihn dazu gezwungen, sich mit Teilen eines Wetterballons fotografieren zu lassen, um die Story über eine abgestürzte Flugscheibe zu widerlegen. Als er im Ruhestand war, erzählte Marcel dem Atomphysiker und selbst ernannten UFO-Forscher Stanton Friedman die »wahre Geschichte«, woraufhin dieser den Behörden eine »kosmische Watergate-Vertuschung« vorwarf, weil sie ein außerirdisches Raumschiff und Alien-Leichname geborgen hätten, ohne die Öffentlichkeit darüber zu informieren. 14 Die Verschwörungstheorie wurde durch das 1980 erschienene Buch The Roswell Incident15 weiter vorangetrieben; darin fanden sich Interviews mit vorgeblichen Zeugen, die bestätigten, dass es sich bei dem Vorfall in Roswell um ein abgestürztes außerirdisches Raumschiff gehandelt habe.
Was den Verschwörungstheoretikern zweifellos in die Hände spielte, war die 1994 von der U.S. Air Force getroffene Entscheidung, ihre Version der Geschichte noch einmal zu ändern und eine dritte Erklärung anzubieten. Sie gab zu, dass die Story mit dem Wetterballon Unsinn war und es eine Art Vertuschung gegeben hatte, doch nicht aus den Gründen, die ihr die Ufologen unterstellten. 16 Im Bericht der US-Luftwaffe aus dem Jahr 1994 wurde behauptet, dass die geborgenen Wrackteile von einem damals streng geheimen Ballonprojekt namens Project Mogul stammten, mit dem man sowjetische Atomtests überwachen wollte. »Bei den Recherchen der Air Force kamen keinerlei Aufzeichnungen über die Bergung ›außerirdischer‹ Körper oder Materialien zutage«, heißt es in dem Bericht. 17 Auf die höchst unterhaltsame vierte Roswell-Erklärung der U.S. Air Force samt doppeltem Rückwärtssalto und anderen akrobatischen Verdrehungen kommen wir in einem späteren Kapitel zurück.
In der ersten Pressemitteilung, die von der U.S. Army herausgegeben wurde, ist jedenfalls eindeutig von einer geborgenen »Flugscheibe« die Rede. Der Text begann mit den Worten: »Die vielen Gerüchte um die Flugscheibe wurden gestern Wirklichkeit, als das nachrichtendienstliche Büro der 509th Bomb Group der Eighth Air Force auf dem Roswell Army Air Field das Glück hatte, in den Besitz einer solchen Scheibe zu gelangen.« 18 Bisher konnte nie hinreichend erklärt werden, warum Roswell-Kommandant Oberst Blanchard so schnell den Schluss zog, dass das abgestürzte Objekt eine »Flugscheibe« war, wenn er im Stützpunkt doch angeblich nur die von Marcel und Cavitt mitgebrachten kleinen Trümmerteile zu sehen bekommen hatte.
Bei der Erklärung über den Mogul-Spionageballon ergibt sich wiederum das Problem, dass auf mittlerweile freigegebenem zeitgenössischem Bildmaterial des Mogul-Ballonzugs keine Scheibe zu sehen ist und die Trümmerstücke des Mogul-Radarreflektors eindeutig als konventionelles Material erkennbar gewesen wären, ganz besonders für Major Marcel. Der Mogul-Ballon bestand zum Großteil aus Gummiballons, Balsaholz und Alufolie, und die sechseckigen Radarreflektoren auf dem Mogul-Ballonzug waren keine Scheiben. Warum sollte Blanchard also eine Pressemitteilung autorisieren, in der von der Bergung einer »Flugscheibe« die Rede war, wenn er das nicht genau wusste? Ließen sich zwei äußerst erfahrene Army-Offiziere wirklich vom Fliegende-Untertassen-Fieber anstecken?
Die offizielle Reaktion auf Roswell wirft außerordentlich viele unbeantwortete Fragen auf, die einen misstrauisch machen. Das General Accounting Office 19 des US-Kongresses stellte bei seiner im Jahr 1995 durchgeführten Überprüfung der schriftlichen Unterlagen zu dem Vorfall fest, dass nicht ein einziges Dokument vom Roswell Army Airfield aus der Zeit des Absturzes erhalten ist. Jedes einzelne Blatt Papier mit Bezug auf dieses Ereignis war ohne erkennbare Genehmigung vernichtet worden. 20 Überdies deuten mehrere angebliche Augenzeugen an, die geborgenen Trümmerstücke hätten sehr ungewöhnliche Eigenschaften gehabt. Sie hätten unter anderem aus einem anscheinend unzerstörbaren Material bestanden, das von einer hoch entwickelten Zivilisation stammen müsse und mit Sicherheit nicht Teil eines abgestürzten Spionageballons sei. Oberst Blanchard vertraute seinem Freund, dem Chefredakteur der Zeitung Roswell Morning Dispatch, sogar an: »Das Zeug, das ich da zu sehen bekam, habe ich sonst nirgendwo in meinem Leben gesehen.« 21
Außerdem existiert auch die außergewöhnliche eidessstattliche Erklärung, die Leutnant Walter Haut, der ehemalige Pressereferent der U.S. Army, am Sterbebett abgegeben hat. Er sagte im Jahr 2002 aus, Oberst Blanchard hätte ihn zu einem Hangar auf dem Stützpunkt gebracht, um sich mit ihm dort Leichname von Kindergröße mit abnorm großen Köpfen anzusehen, die unter einer Plane lagen. In einer nach seinem Tod veröffentlichten Erklärung behauptete er, dass Blanchard ihm auch ein vermeintliches außerirdisches Raumschiff in einem Hangar gezeigt habe: »Es war 4–5 Meter lang, nicht ganz so breit, etwa 3 Meter hoch und von eher eiförmiger Gestalt. Die Beleuchtung war unzureichend, aber die Oberfläche des Objekts sah metallisch aus. Ich bin davon überzeugt, dass das, was ich da mit eigenen Augen gesehen habe, ein Raumschiff und seine Besatzung aus dem Weltall waren.« 22 Haut sagte auch, dass Blanchards Presseerklärung ein Trick gewesen sei, um die öffentliche Aufmerksamkeit von der eigentlichen Bergungsoperation abzulenken, die an einem anderen Ort stattgefunden habe.
Skeptiker wenden an dieser Stelle ein, da Haut kurz vor seinem Tod möglicherweise nicht mehr im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte gewesen sei, hätten Don Schmitt und Thomas Carey, die Autoren von Witness to Roswell, seine beeidete Aussage verfasst. Doch dazu sagte Schmitt mir in einem Interview: »Niemand befasste sich intensiver mit Walter Haut und verbrachte mehr Zeit mit ihm als wir, als wir versuchten, ihn zum Reden zu bringen.« 23 Zwar hätten sie zugegebenermaßen Walters Worte zu einer schriftlichen Erklärung zusammengefasst, doch Haut sei absolut zurechnungsfähig gewesen und habe jedes einzelne Wort ihrer Fassung bewilligt. »Wir erstellten die Aussage auf der Grundlage all dessen, was Walter uns im Lauf der Jahre erzählt hatte. Er hat sie sich in Anwesenheit seiner Tochter, eines Notars und eines weiteren Zeugen durchgelesen. Und seine Tochter fügte eine schriftliche Anmerkung hinzu, dass Walter diese Aussage nie unterzeichnet hätte, wenn er auch nur mit einem einzigen Wort nicht einverstanden gewesen wäre.«
So weit, so gut. Die Ufologen hofften, die Angelegenheit sei damit endgültig geklärt. Immerhin gab es die von einem Notar beglaubigte Aussage eines Augenzeugen, der etwas gesehen hatte, das wie ein außerirdisches Raumschiff – und sogar nach Außerirdischen selbst – aussah und 1947 in einem Hangar in Roswell versteckt war. Ein Problem dieser posthumen Erklärung bestand natürlich darin, dass Walter Haut keine weiteren Fragen mehr beantworten konnte, und dass er Jahre zuvor eine andere eidesstattliche Aussage abgegeben hatte, in der weder von geborgenen Aliens noch von einem Raumfahrzeug die Rede war. Auch andere Zeugen meldeten sich, vor allem Angehörige ehemaliger Soldaten und Offiziere, die im militärischen Air-Force-Stützpunkt in Roswell gedient hatten. Sie rekapitulierten privat getätigte Aussagen ihrer Väter oder anderer Familienmitglieder, welche die Geschichte vom außerirdischen Raumschiff bestätigten. Doch solange wir aber nicht die Gelegenheit haben, eine geborgene fliegende Untertasse selbst genau zu überprüfen, sind diese Beweise aus zweiter Hand nicht annähernd überzeugend genug, um Roswell definitiv als Vertuschung eines geborgenen Raumschiffs einzustufen.
Wie das bei Roswell-Storys anscheinend immer der Fall ist, meldeten auch bei dieser Geschichte diverse Leute ihre Zweifel an Walter Hauts Aussage an. Seine Tochter Julie Shuster, die als Zeugin dabei war, als er seine eidesstattliche Erklärung abgab, war eine Angestellte des UFO-Museums in Roswell, einer von ihrem Vater mitfinanzierten Touristenattraktion. Da lag natürlich der Vorwurf nahe, dass sie ein finanzielles Motiv hatte, die Außerirdischen-Hypothese zu unterstützen, und ihr sterbender Vater dabei mitgespielt hatte. Schmitt, der nach etlichen aufreibenden Zusammenstößen mit Skeptikern überaus gewissenhaft und vorsichtig geworden ist, ließ sich von dem mittlerweile verstorbenen »UFO-Ermittler« Dr. J. Allen Hynek zum Rechercheur ausbilden. Er kann über diesen Vorwurf gegen Hauts Tochter nur lachen, denn Julie (die in der Zwischenzeit an Brustkrebs verstorben ist) bezog im Museum ein Gehalt, das knapp über dem US-Mindestlohn lag, und arbeitete dort nur, um die Institution am Laufen zu halten. »Es steckte wohl kaum ein finanzieller Anreiz für sie und ihren Vater dahinter, eine UFO-Geschichte zu fabrizieren«, sagt er. »Kein Mensch zweifelte auch nur im Geringsten daran, dass Haut in seiner eidesstattlichen Erklärung aufrichtig und ehrlich war.«
Offen gesagt ist es unmöglich, zu einer definitiven Schlussfolgerung darüber zu gelangen, was sich 1947 in Roswell tatsächlich abgespielt hat. Irgendetwas ist abgestürzt, und man könnte dazu neigen, die Erklärung der U.S. Air Force zu akzeptieren, dass nur ein Geheimprojekt aus dem Kalten Krieg vertuscht werden sollte. Ich führe dies lediglich deshalb an, weil Journalisten dazu ausgebildet werden, ein solches Kalter-Kriegs-Schlamassel mit einem abgestürzten Spionageballon automatisch für glaubwürdiger zu halten als eine aufwendige (und doch wohl unglaubliche) Verschwörung zur Vertuschung der Tatsache, dass man Aliens und ein außerirdisches Raumschiff geborgen hat. Sie handeln und denken nach dem Prinzip von Ockhams Rasiermesser: Man ziehe stets die einfachste Theorie allen anderen vor. Selbst in der Welt der Ufologie gibt es ebenso viele scharfe Kritiker der Roswell-ET-Story wie Leute, die daran glauben. Doch angesichts der Beweislage, ganz besonders der verpfuschten Erklärungsversuche der U.S. Air Force und der später eingestandenen Lügen, sollte man die Ereignisse in Roswell meiner Ansicht nach als offene Frage behandeln, die weiterer Untersuchungen bedarf.
Fest steht auf jeden Fall, dass man damals außerordentliche Maßnahmen zur Geheimhaltung von irgendetwas ergriffen hat. Und dies passt nicht so ganz zu der Behauptung, dass es sich einfach um einen Spionageballon aus der Zeit des Kalten Kriegs gehandelt hat.
Im Zuge der Roswell-Story tauchte auch eine neue Art besonders aggressiver Skeptiker auf, die sich lauthals gegen die übertriebene Leichtgläubigkeit jener Leute wenden, die sofort an jede neue umständliche Alien-Verschwörungstheorie glauben. Bei dem einen oder anderen von ihnen sind jedoch durchaus Zweifel über die Motive angebracht. Erst nach dem Tod von Donald Menzel, dem Harvard-Astronomen und selbst ernannten »UFO-Skeptiker«, erfuhr man beispielsweise von den ebenso intensiven wie geheimen Kontakten dieses Wissenschaftlers zur National Security Agency (NSA), der CIA und der U.S. Navy, infolge derer Menzel über eine »Top Secret Ultra«-Sicherheitsfreigabe verfügte. Diese Beziehung legte er nie offen, nicht einmal seiner Universität gegenüber. Der Rechercheur Stanton Friedman warf Menzel vor, ein verdeckter Desinformationsagent zu sein, der den Auftrag hatte, gegen UAP-Geschichten vorzugehen. 24
Der Spott der Skeptiker hat die Mainstream-Medien sicher davon abgehalten, das Thema ernst zu nehmen und sich eingehender mit ihm zu befassen. Gleichzeitig stieg das öffentliche Interesse an »fliegenden Untertassen« stetig, und die UAP-Sichtungen nahmen zu. Zu einer Zeit, als der Watergate-Skandal und der Vietnamkrieg die amerikanische Öffentlichkeit dazu brachten, das Vertrauen in die staatlichen Institutionen zu verlieren und mehr denn je an ihnen zu zweifeln, stieg der Druck auf das US-Militär, eine Erklärung für das unter aller Augen schlummernde Geheimnis zu liefern.
Kapitel 3
Der Start des Project Blue Book
Die amerikanische »UFO-Welle« von 1947 ebbte nach Roswell nicht ab, sondern schaukelte sich weiter hoch. In dieser Zeit begann der Kalte Krieg, also die Konfrontation zwischen der Sowjetunion und der Allianz westlicher Staaten. Die amerikanische Öffentlichkeit, das FBI und das Militär waren äußerst wachsam, was jegliche Anzeichen für kommunistische Spione und das Eindringen in amerikanisches Territorium betraf. Folglich wurden am Himmel beobachtete seltsame Objekte sofort gemeldet und untersucht, doch nun war es das Militär, das mit Nachrichten über fliegende Untertassen überschüttet wurde. Das ging so weit, dass im September 1947 General Nathan Twining, ehemals Kampfpilot, Kommandeur im Zweiten Weltkrieg und jetzt Befehlshaber des Air Materiel Command (Luftwaffenmaterialkommando) der USA, einen später berühmt gewordenen Brief über die Flugscheiben verfasste. Darin gestand er ein, dass das Phänomen, worum auch immer es sich handeln möge, »etwas Reales und nichts Fantastisches oder Erfundenes« sei. Twining schrieb, dass die »metallisch« aussehenden Scheiben Fähigkeiten wie eine extreme Steiggeschwindigkeit und Manövrierbarkeit aufwiesen. Sie konnten auch sehr schnelle Ausweichmanöver fliegen, wenn sie aufgespürt wurden, was »die Möglichkeit glaubhaft erscheinen lässt, dass manche der Objekte entweder manuell oder aus der Ferne gesteuert werden«. 1 Er empfahl eine genaue Erforschung der UAPs, die ursprünglich Project Saucer (Projekt Untertasse) heißen sollte, dann aber unter dem Namen Project Sign (Projekt Zeichen) realisiert und im Dezember 1947 gestartet wurde. Diese unter der Ägide der Air Force stehende Untersuchung lief ein Jahr lang.
Der US-Luftwaffenoffizier Edward Ruppelt war an den Untersuchungen des Project Sign beteiligt und gab nachträglich an, einen streng geheimen Bericht des Projekts aus dem Jahr 1948 gesehen zu haben, der den Titel »Einschätzung der Situation« trug und von den Sichtungen der fliegenden Untertassen handelte. »Die ›Situation‹ waren die UFOs, die Einschätzung lautete, dass sie interplanetar« waren, bekannte Ruppelt knapp. 2 Laut Ruppelt, der später die UAP-Untersuchungen von Project Blue Book leitete, war die im Bericht angeführte plausibelste Erklärung für das Phänomen, dass die Raumschiffe außerirdischer Herkunft seien. Sollten sich diese Erkenntnisse im ursprünglichen Bericht befunden haben, so waren sie in der stark gekürzten Version des Dokuments, die 1987 – fast 40 Jahre danach – veröffentlicht wurde, jedenfalls nicht mehr enthalten. Ein weiterer Luftaufklärungsbericht der Amerikaner, der im Dezember 1948 veröffentlicht wurde, äußerte sich da schon etwas vorsichtiger. In ihm umging man die Außerirdischen-Hypothese völlig und deutete an, dass die vielen seltsamen Flugkörper, die am Himmel über den USA gesehen worden waren, möglicherweise von den Sowjets geschickt worden seien. 3 Zu derselben Zeit wurde Project Sign in Project Grudge (Projekt Groll) umbenannt.
So begann ein seltsamer Brauch, der sich über Jahrzehnte hinzog: In der Öffentlichkeit entlarvte die U.S. Air Force sämtliche UAP-Sichtungen aggressiv als Schwindel, während das Thema im amerikanischen Militär und in den Geheimdiensten sehr ernst genommen wurde. Ende 1949 hielt das U.S. Air Force Office of Special Investigations (Büro für Spezialuntersuchungen), das gerade grüne Feuerkugeln untersuchte, die über Militäranlagen aufgetaucht waren, in einem vertraulichen Bericht fest, dass »das anhaltende Auftreten unerklärlicher Phänomene dieser Art in der Nähe sensibler Einrichtungen Grund zur Sorge gibt«. 4
Beim Militär gingen immer mehr Sichtungsberichte ein – vor allem, nachdem der Marine-Corps-Veteran Donald Keyhoe Ende 1949 seinen dramatischen Artikel »Flying Saucers Are Real« (»Fliegende Untertassen sind real«) in der beliebten Männerzeitschrift True veröffentlicht hatte. In seinem Buch desselben Titels 5 , das zum Bestseller wurde, behauptete er, die U.S. Air Force wisse, dass die geheimnisvollen Objekte außerirdisch seien, spiele dies jedoch in ihren Berichten herunter, um eine öffentliche Panik zu verhindern. In einem offensichtlichen Versuch, das öffentliche Interesse zu zügeln, wurde bald darauf der erste Project-Grudge-Bericht der U.S. Air Force publiziert. Darin hieß es, dass die Luftwaffe aufhören würde, unidentifizierte Flugobjekte zu untersuchen, und dass alle einschlägigen Sichtungen auf Massenhysterie, Schwindel oder die Fehldeutung ganz normaler Objekte zurückzuführen seien. Nach außen hin tat das Project Grudge weiterhin so, als würde es ernsthaft der UFO-Frage nachgehen, doch wie der Insider Edward Ruppelt später angab, herrschte die weit verbreitete Ansicht, dass das Projekt in Wahrheit dazu diente, alle Sichtungen als Schwindel oder Irrtum darzustellen. 6
Am 9. Januar 1950 erschien in der Zeitschrift Time aber ein Artikel über Gerüchte, in New Mexico seien abgestürzte »fliegende Untertassen« und »kleine menschenähnliche Körper« geborgen worden. Darauf folgte im März 1950 ein erstaunlicher Bericht an FBI-Chef J. Edgar Hoover, demgemäß ein Ermittlungsbeamter der U.S. Air Force mitgeteilt habe, »dass in New Mexico drei sogenannte fliegende Untertassen geborgen wurden. Sie werden als kreisförmig mit einem höheren Mittelteil und einem Durchmesser von etwa 16 Metern beschrieben. In jedem dieser Schiffe fanden sich drei Körper von menschlicher Form, aber nur 90 Zentimeter groß und in ein metallisches Gewebe von sehr feiner Struktur gekleidet.« Der Bericht stammte von Guy Hottel, dem damaligen Leiter der FBI-Außenstelle in Washington, D. C., und ist bis heute die umstrittenste und begehrteste Akte im FBI-Archiv. 70 Jahre später versichert das FBI – das von UFO-Verschwörungstheoretikern, die sich auf dieses Memorandum stürzen, mit Sicherheit genug hat – auf seiner Website, dass der Hottel-Bericht nie bestätigt oder untersucht worden sei, weshalb das Memorandum keineswegs die Existenz von Außerirdischen bestätige. 7
In dieser ganzen Zeit berichteten glaubwürdige Zeugen aber wiederholt über Sichtungen seltsamer Flugobjekte aus der Nähe, die sich nicht als natürliche Phänomene erklären ließen. Im April 1950 beobachteten fünfzehn Personen im Atomwaffenlabor von Los Alamos ein Objekt, das 20 Minuten lang in etwa 600 Metern Höhe über dem Gelände schwebte. Durch ein Teleskop sah das metallisch glänzende Objekt flach und annähernd kreisförmig aus, und sein Durchmesser betrug etwa 2,7 Meter. Der Wissenschaftler, der es genauer in Augenschein genommen hatte, gab an, dass es »schneller als jedes bekannte konventionelle Flugzeug« geflogen sei. 8 Im Juli 1952 sahen mehrere Zeugen in Los Alamos ein weißes, eiförmiges Objekt, das größer war als eine Düsenmaschine und zunächst unbeweglich am Himmel stand, bevor es sich dann extrem schnell wegbewegte. Die Air Force verspottete die Erscheinung absurderweise als »Papier«, weil ein Zeuge die seltsame Bewegung des Objekts mit »flatterndem Papier« verglichen hatte. 9
Auch Bürger fingen diese Objekte mit der Kamera ein. Im Mai 1950 fertigten der Farmer Paul Trent und seine Frau aus McMinnville, Oregon, von einer klassischen fliegenden Untertasse, die über ihre Farm flog, eine klar erkennbare Aufnahme an. Die Air Force untersuchte den Fall und musste zugeben: »Hier handelt es sich um einen der wenigen UFO-Fälle, bei dem alle untersuchten Faktoren – geometrische, psychologische und physische – anscheinend mit der Behauptung übereinstimmen, dass ein außergewöhnliches Flugobjekt, das silbermetallisch und scheibenförmig war und einen Durchmesser von mehr als 20 Metern hatte, in Sichtweite zweier Zeugen flog.« 10
Ein weiterer außerordentlicher Beweis, der oft als Beleg für die Verschwörungstheorie über die Roswell-ETs herangezogen wird, war das streng geheime Memorandum, das der kanadische Funktechniker Wilbert Smith verfasst und im November 1950 an das kanadische Verkehrsministerium adressiert hatte. Es wurde später in einem kanadischen Universitätsarchiv unter Smiths offiziellen Papieren entdeckt. Smith war innerhalb der kanadischen Regierung hoch angesehen, da er an einem streng geheimen Projekt zum Abfangen sowjetischer Funksprüche arbeitete. Als er im September 1950 eine Konferenz in Washington, D. C., besuchte, las er Frank Scullys soeben erschienenes Buch Behind the Flying Saucers11 , in dem der Autor behauptete, dass es in New Mexico zu mehreren Abstürzen fliegender Untertassen von Außerirdischen und deren Bergung gekommen sei. Dabei habe man herausgefunden, dass die Raumfahrzeuge über einen elektromagnetischen Antrieb verfügten. Smith nutzte seine Kontakte in der kanadischen Botschaft in Washington, um einen Gesprächstermin mit Dr. Robert Sarbacher – einem amerikanischen Wissenschaftler, der als Berater im Forschungs- und Entwicklungsausschuss der US-Regierung tätig war – zu bekommen. Smiths Memo 12 enthält erstaunliche Aussagen, die Sarbacher angeblich getätigt haben soll und aus denen hervorgeht, dass fliegende Untertassen …
