Vorletzte Worte - Joesi Prokopetz - E-Book

Vorletzte Worte E-Book

Joesi Prokopetz

4,7

Beschreibung

Das neue Programm einer Kultfigur der österreichischen Kabarettszene "Vorletzte Worte?" - "Ja" - "Warum denn vorletzte?" - "Das letzte Wort hat immer meine Frau." Joesi Prokopetz spannt den Bogen von feuilletonistischen Betrachtungen über (vor-)letzte Worte, erschütternden Enthüllungen über Entfernung von Speiseresten aus Zahnersatz, das Leben als Pavian, das Verlorensein in Baumärkten, stellt sich und uns die Gewissensfrage: "Sind Sie bestechlich?" Er fragt sich: "Wo ist mein Hirn, wenn ich online bin?" und enttarnt Facebook als tumben, inneren Monolog der vernetzten Welt, erkennt Tracht als verfilzten Stoff der Heimat und verzweifelt am vergeblichen Warten auf Siegfried den Trachtentöter. Vorletzte Worte sind nicht so heikel wie letzte. Und werden auch nicht überliefert. Nur Groucho Marx hat seine letzten Worte mit vorletzten angekündigt: "Ich bin neugierig, was ich gleich sagen werden." Da wussten alle, es kommt noch was. Das neue Buch von Kultkabarettist Joesi Prokopetz begeistert mit scharfsichtigen Beobachtungen und hoch-amüsanten Anekdoten.

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Joesi Prokopetz

Vorletzte Worte

joesi

prokopetz

vorletzte

worte

teil 1–4

Ich bin neugierig,was ich gleich sagen werde.

(G. Marx)

Besuchen Sie uns im Internet unter:

www.amalthea.at

© 2014 by Amalthea Signum Verlag, Wien

Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: Elisabeth Pirker, OFFBEAT

Umschlagfoto: Alfred Pany

Hintergrund: iStock.com

Lektorat: Martin Bruny

Satz: VerlagsService Dietmar Schmitz GmbH, Heimstetten

Gesetzt aus der 12,75/16 Pt Arno

Printed in the EU

ISBN 978-3-85002-898-1

eISBN 978-3-902998-43-9

»Vorletzte Worte?«»Ja.«»Warum denn vorletzte?«»Das letzte Wort hat immer meine Frau.«

INHALT

TEIL 1

Im Anfang war das (vorletzte) Wort.

Trinkgeld-Reggae

TEIL 2

Drauß’t im Liebhartstal.

TEIL 3

Die Frau folgt dem Mann, wohin immer sie auch geht.

Sag ruhig Du …

TEIL 4

Das Letzte kommt zum Schluss.

Stammtisch

TEIL 1

Im Anfang war das (vorletzte) Wort.

Selbstverständlich ist es ein koketter Titel.

Eine plumpe Anspielung aufs Alter.

Aber bitteschön, ich bin 62.

Jaja, wird gesagt, kein Alter. Was heißt »kein Alter«? Was ist denn dann »ein Alter«? Jedes Alter ist ein Alter, und gerade das Alter ist ein Alter, und »so und so viele Jahre jung« ist abgeschmackte Redensart. Auch wenn man jung ist, hat man schon ein Alter. Und diese Zwangsneurose, aus Alt das neue Jung machen zu wollen, ist doch nichts anderes als Betrug in alle Richtungen. Kaum ist man geboren, hat man schon ein Alter.

Ist so.

Und an »kein Alter« wird häufig hinzugefügt: »Das sind die besten Jahre.«

Wenn man in den besten Jahren ist, hat man die guten bereits hinter sich.

Es wird – egal, wie alt jemand ist – ständig von irgendwelchen »Jahren« gemeinplatzt.

Die ersten Jahre, die schwierigen Jahre, die blöden Jahre, die Flegeljahre, die wilden Jahre, die schönsten, die guten, die besten, die goldenen und die letzten Jahre. Und spätestens ab den besten Jahren ist man in einem Alter, wo man auf der Stelle tot umfallen kann. Oder täglich eine irreversible Diagnose gewärtigen muss.

Darum eben »vorletzte Worte«.

Vorletzte Worte sind nicht so heikel wie letzte. Und werden auch nicht überliefert. Selbst, wenn die vorletzten Worte durchaus auch die letzten sein könnten.

Man kommt in ein Gasthaus, die Kellnerin fragt: »Was krieg’n S’?«

Und sagt darauf: »Ka Luft.«

Dann denkt die doch: Da kommt noch was. Das sind doch keine wirklichen letzten Worte. Aber wenn doch nichts mehr kommt? Letzte Worte sind meist überbewertet. Niemand würde sie aufgeschrieben und publiziert haben, wären sie eben nicht tatsächlich die letzten gewesen. Ich bin überzeugt, die Chronisten, die um das letzte Lager von Kant gestanden sind, haben nach »Es ist gut« noch auf etwas gewartet. Und weil nichts mehr kam, haben sie nolens volens dieses »Es ist gut« nehmen müssen; und seither geheimnist nicht nur die philosophische Welt alles Mögliche hinein. Hätte Kant danach noch gesagt: »Nicht jeder Imperativ muss gleich ein kategorischer sein«, kein Mensch hätte auf »Es ist gut« einen Pfifferling gegeben.

»Es ist gut.«

Nebbich.

»Mehr Licht.«

Pah.

Die gewissermaßen ursächlichen letzten Worte von ganz gewöhnlichen Sterblichen werden zum Beispiel in den meisten Fällen überhaupt nicht aufgeschrieben, geschweige denn überliefert. Obwohl sie durchwegs unter »berühmte letzte Worte« fallen, aber eben nicht, weil sie von Personen des öffentlichen Lebens stammen, sondern diese immer wieder von Hinz und Kunz gesagt werden und wurden.

Zum Beispiel: »Da weiß ich einen Abschneider.«

»Aber Schatz, für das brauch ich doch keinen Elektriker.«

Oder: »Nur über meine Leiche.«

Sie bleiben vollständig unerwähnt, weil sie keine literarische oder philosophische Dimension haben.

Aber es gibt letzte Worte, die, wären sie die vorletzten gewesen, kaum übertroffen hätten werden können. Und wer weiß, vielleicht waren es sogar auch die vorletzten.

»Ich sterbe, wie ich gelebt habe – über meine Verhältnisse.« (Oscar Wilde)

»Letzte Worte sind für Narren, die noch nicht genug gesagt haben.« (Karl Marx)

Oder Groucho Marx, der seine letzten Worte mit vorletzten angekündigt hat: »Ich bin neugierig, was ich gleich sagen werde.«

Da wussten alle, es kommt noch was.

»Mein Gott, er stirbt«, schluchzte da vielleicht eine Dame.

Und dann kam es schon: »Sterben meine Liebe? Also, das ist ja wohl das Letzte, was ich tun werde.«

Ich muss sagen, es hat etwas Beklemmendes, etwas zu schreiben, das »Vorletzte Worte« heißt, nämlich deshalb, weil sich stetig der Gedanke in diesen gewissermaßen inneren Monolog drängt, wann man denn mit so einem Text aufhört. Wann kommen wirklich die vorletzten Worte, um die letzten einzubegleiten? Hört man auf, wenn sich dramaturgisch ein passender Schluss ergibt, oder hört es sich von selbst auf, weil einfach Schluss ist? Der Tod ist oft ein Ende mitten im Satz. Das macht nervös.

Mich hat das Schreiben immer schon nervös gemacht. Die letzten Jahre allerdings behelfe ich mir mit Beruhigungstabletten, um bei der Arbeit gelassener zu sein und nicht bei jedem Satz bis zu seinem Ende die Luft anzuhalten und dadurch völlig verquer zu atmen. Das geht mittlerweile so weit, dass meine Frau jedes Mal, wenn ich neurotisch die Luft anhalte, mich mit unangenehm erhobener Stimme und in forschem Tone ermahnt: »Atmen!«

Worauf ich zusammenzucke und vor Schreck kurz eine hysterische Schnappatmung einsetzt.

Ich atme ja auch schon, wenn ich nicht schreibe, verquer, was mir gar nicht auffällt, doch meiner Frau »Sorgen macht«, wie sie sagt. Ich denke aber, es geht ihr in erster Linie auf die Nerven. Mit zunehmendem Alter bemerke ich selbst, dass ich langsam immer mehr Eigenschaften entwickle, die angetan sind, meinen Mitmenschen auf die Nerven zu gehen. So wie mir ja alles Mögliche an anderen Menschen auf die Nerven geht und immer schon auf die Nerven gegangen ist. Zum Beispiel, wenn jemand nicht in der Lage ist, im Gespräch ganze Sätze zu bilden, ständig »ääh« oder alle Augenblicke »nicht wahr?« sagt und nach jedem zweiten Wort ein »sozusagen« einfügt.

Rhetorisches Standgas, wie man sagt.

Wenn man einem Österreicher zum Beispiel ein paar mehrsilbige Wörter entlocken kann, einer einen geraden Satz herausbringt und womöglich noch den Konjunktiv richtig gebraucht, warat er schon suspekt. Kaum ist in Österreich einer gescheit, heißt es: »Das ist ein Trottel.«

Der Österreicher hat von nichts eine Ahnung, kann aber alles erklären. Zu nichts zu gebrauchen, aber zu allem fähig.

Und es gibt noch viele andere Dinge, die mir selbst bei nächststehenden Menschen maßlos auf die Nerven gehen.

Zum Beispiel ein – Gottlob weitschichtiger – Verwandter, der sich einen Apfel in vier Spalten schneidet und jede einzelne dann geräuschvoll knatschend kaut, wie ein Pferd, das eine Karotte frisst oder so etwas. Da möchte ich ihm jedes Mal mit einem armdicken Birkenast auf den Rücken schlagen.

Das Eitle, das ich zeit meines Lebens in und an mir hatte, ist im Laufe der Jahre doch etwas in den Hintergrund getreten, aber nach wie vor spürbar für mich und nach wie vor merkbar für meine Nebenmenschen vorhanden. Dennoch spüre ich mit Genugtuung, dass sich meine Eitelkeit durchaus wohltuend in Richtung Selbstironie entwickelt. Diese wachsende Tendenz zur Selbstironie geht Hand in Hand mit zunehmendem Lebensekel und vor allem mit Misanthropie.

Die Anzahl der Menschen, denen ich ohne Befangenheit mit positiven Gefühlen, Wertschätzung und, wenn man so will, mit Liebe entgegentreten kann, verringert sich rapide. Besonders Menschenansammlungen, wo immer sie auftreten, fliehe ich geflissentlich, denn ich habe immer die Vision von Milliarden Kakerlaken, die in unnachvollziehbarer Geschäftigkeit hin und her rennen, hintereinander, nebeneinander, übereinander. Und es widert mich an. Vor allem widert es mich an, wenn sich der Eindruck einstellt, dass auch ich nur eine Kakerlake unter Kakerlaken bin.

Darum renne ich weg – oder besser: gehe gar nicht hin, wo es Sonderangebote gibt oder irgendwelche Stars oder Sensationen zu begaffen sind.

Die Entanimalisierung unserer Spezies war ein langer, schwieriger Weg und ist noch nicht abgeschlossen.

Ein Psychiater hat mir einmal gesagt, dass hysterisches Fan-Sein, egal wovon, ein Anzeichen von latentem Schwachsinn sein kann. Übertriebene Religiosität auch. Und übereifrige Tier-, ja sogar Kinderliebe.

Das kennt man doch, dieses Dalken mit Kleinstkindern und oft völlig entrücktes Vortäuschen, dass man den Verbleib des betreffenden Kindes nicht weiß, indem man es in blödsinnigem Tone fragt:

»Ja, wo bist denn du?«

»Ja, wo bist denn du?«

»Ja, wo bist denn du?«

Und dann im Tonfall, als machte man die Entdeckung des Jahrtausends: »Ja, da bist du ja!«

Oder auch das debile Behaupten, man wisse über die Identität des betreffenden Kindes nicht Bescheid:

»Ja, wer bist denn du?«

»Ja, wer bist denn du?«

»Ja, wer bist denn du?«

Hier bleibt die Auflösung meist aus, und das arme Kind ist sich deswegen selbst ein Leben lang fremd.

Untermauert und vor allem verstärkt wird dieses Sichselbst-Fremdsein, wenn das Kind die ersten Schritte macht und dann häufig mit der Frage eines völlig losgelösten Erwachsenen – man muss sagen: meist einer Frauensperson – konfrontiert wird:

»Ja, wer kommt denn da?«

»Ja, wer kommt denn da?«

»Ja, wer kommt denn da?«

Oder auch: »Ja, wer kommerlt denn da?«

Oder in schweren Fällen, die im Grunde stationär behandelt gehörten: »Ja, wer dommerlt denn da?«

Oder auch nur, wobei zwischen Kleinstkindern und etwa Hunden dann kein Unterschied mehr gemacht wird, ein schlichtes: »No, freilich.«

Die Schlauheit des Fuchses besteht zu 50 Prozent aus der Dummheit der Gänse.

Ich bemerke jetzt, wie die sechs Milligramm Bromazepam, der Wirkstoff in meinen Beruhigungstabletten, ihre segensreiche Wirkung zu entfalten beginnen und werde gelassener, atme entspannter, und das Gefühl, in Watte gepackt zu sein, beginnt. Früher habe ich meist ausreichend Haschisch geraucht, aber ich muss heute sagen, dass die Segnungen der offiziellen Psychopharmazie eine weit umfassendere Wirkung haben.

Aber damals war ich ja aus den sattsam bekannten Gründen (»Alles Schweine!« »Was kränkt, macht krank!« »Schergen des Kapitals!«) auf Ärzte und Apotheker böse.

Heute?

Heute ist eine Ordination mein Tempel, und mein Hausarzt ist der Papst.

Ich weiß nicht mehr, wann genau es mir aufgefallen ist, vor knapp zehn Jahren vielleicht, dass ich nur von älteren Menschen – wie man euphemistisch sagt – umgeben bin. Wenn man älter ist, ist man alt schon gewesen.

Ich sehe alte Menschen. Sie sind überall.

Vielleicht ist das deswegen so, weil ich – unbewusst – nur Orte aufsuche, die von jungen Menschen gemieden werden, und ich den Örtlichkeiten fernbleibe, wo junge Menschen sein könnten.

Denn ich kann junge Menschen kaum ausstehen. Die pubertierenden Laffen schon sowieso nicht, und auch ihre häufig bereits in jungen Jahren bedenklich verfetteten Begleiterinnen nicht, die alle so einen Blick haben, als wäre ihnen das ganze Universum fad, weil sie es schon in- und auswendig kennen. Wenn sie in so hergestellten Posen einer völlig künstlichen Gelassenheit herumlehnen, im Uniformierungschic: goldene Glitterschuhen, eng anliegende Jeans mit Gesäßapplikationen und opulent überschminkt. Wenn die Burschen herumstehen mit ihren Fahrrädern oder mit wie Hornissen ratternden Kleinmotorrädern in ebenfalls uniformer Markenware, den Hosenbund bei den Kniekehlen, und Blödsinn reden, voll Unsicherheit, weil sie sich selbst peinlich sind, auf patzige Art Virilität vortäuschen und maskulin vor sich hin glotzen, dann könnte ich mich auf der Stelle geräuschvoll übergeben.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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