Wahre Werte statt schnelles Geld - Reinhold M. Karner - E-Book

Wahre Werte statt schnelles Geld E-Book

Reinhold M. Karner

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Beschreibung

Das Praxisbuch für langfristigen Unternehmenserfolg Die Zeitenwende bringt nicht nur GründerInnen, sondern auch erfahrene UnternehmerInnen, praxiserprobte Führungskräfte und gängige Managementtheorien an ihre Grenzen. Worauf ist noch Verlass? Was funktioniert? Reinhold M. Karner zeigt, wie Sie Ihr Unternehmen krisensicher machen und Ihren Erfolgskurs auch in schwierigen Zeiten halten. Es geht um die Rückbesinnung auf das, was herausragende Unternehmen seit jeher so erfolgreich macht: wetterfeste kaufmännische Tugenden und nachhaltiges Wirtschaften. Weg von der Gier nach schnellem Geld – hin zu einem werteorientierten Unternehmertum, das Krisen standhält und Generationen überdauert.  Im Wettrennen um Geld und Profit tritt der Autor auf die Bremse: Das Innehalten und die Erkenntnis, wie wichtig Werte sind, bringen die Leserinnen und Leser am Ende auf die Überholspur. Und das bei weniger Stress, aber mit wesentlich größerem Erfolg und deutlich mehr Freude am Unternehmertum!

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Dieses Buch widme ich meiner lieben Frau Ilse Barbara, die unverbrüchlich mit mir durch dick und dünn, durch alle Höhen und Tiefen ging und mir stets eine unschätzbar wertvolle Sparringpartnerin war und ist. Ihr gebührt ein signifikanter Anteil an den in diesem Buch niedergeschriebenen Lehren und Erkenntnissen. Sie bestätigt den Spruch »Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau«. Ein solches Miteinander ist in jeder Partnerschaft immens wichtig.

Zudem danke ich allen, die mich unterstützt, an mich geglaubt, mir geholfen und an diesem Buch mitgewirkt haben.

Reinhold M. Karner

WAHRE WERTE statt schnelles Geld

So machen Sie Ihr Unternehmen krisenfest und langfristig erfolgreich

Externe Links wurden bis zum Zeitpunkt der Drucklegung des Buches geprüft.

Auf etwaige Änderungen zu einem späteren Zeitpunkt hat der Verlag keinen Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Ein Hinweis zu gendergerechter Sprache: Die Entscheidung, in welcher Form alle Geschlechter angesprochen werden, obliegt den jeweiligen Verfassenden.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN Buchausgabe: 978-3-96739-155-8

ISBN epub: 978-3-96740-306-0

Lektorat: Claudia Franz, Oberstaufen | [email protected]

Umschlaggestaltung: Martin Zech Design, Bremen | www.martinzech.de

Titelabbildung: Alexander Mikhailov | iStock

Satz und Layout: Das Herstellungsbüro, Hamburg | www.buch-herstellungsbuero.de

© 2023 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

Das E-Book basiert auf dem 2023 erschienenen Buchtitel "Wahre Werte statt schnelles Geld. So machen Sie Ihr Unternehmen krisenfest und langfristig erfolgreich.“ von Reinhold M. Karner © 2023 GABAL Verlag GmbH, Offenbach.

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags.

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Erfolg zu haben, ist keine große Kunst.

Die große Kunst ist, den Erfolg langfristig zu halten.

Dies ist eine permanente Herausforderung,

die nach ganz eigenen Spielregeln und Mechanismen funktioniert.

Memento mori!

Inhalt

Vorwort von Prof. Dr. Arnold Weissman

Praxis bricht Theorie

I. Die spannende Frage: Was regiert die Welt wirklich?

1. Denn sie wissen, was sie tun

2. Unternehmertum – auf Felsen oder Sand gebaut?

3. Start-ups: von Draufgängern und Pferdewetten

4. Entrepreneurship-Studium: Trockenschwimmen im Hörsaal

5. Die klassische Grundidee des Unternehmertums

6. Wer wen regiert, das interessiert auch mich

II. Persönlichkeits-management des Unternehmers

1. Haben Sie heute schon gebrannt?

2. RMK-Decision-Scout: Erfolg durch kluge Entscheidungen

3. Erfolgreiche Unternehmer und Pokerspieler kennen die Regeln

4. Wer an seinen Schwächen arbeitet, wird schwach

5. Die drei heiligen Quellen des Unternehmers

6. Schwierigkeiten? Her damit!

III. Erfolgreich ohne Herzinfarkt

1. Erfolg: Alles nur Glück?

2. Warum erfolgreich sein doch ein Geheimnis ist

3. Wir alle wollen erfolgreich sein. Wie ist man erfolgreich?

4. Erfolgreich bleiben ist eine hohe Kunst

5. Vernunft ist wie kühles Wasser

6. Der erfolgreiche Umgang mit Geld

IV. Das krisenfeste Unternehmen

1. Das chinesische Märchen

2. Über den Unsinn von strategischen Planungen

3. Innovation: Lurche in der Sahara züchten?

4. Das resiliente Unternehmen

5. Krisen meistern – aber wie?

6. Führung und Menschenwürde: ein Widerspruch?

V. Das Ende des Darwinismus? Die neue Unternehmenskultur

1. The Winner takes it all?

2. Stimmt Darwins Theorie?

3. Ist der Darwinismus überholt?

4. Darwins katastrophaler Beitrag

5. Faszination Symbiose: das Modell der Zukunft

6. Die neue Unternehmensidee: Ist der Löwe stärker als die Mücke?

Gedanken der Orientierung

Wertekanon – Festung oder Wackelpudding?

Für jeden Tag ein guter Gedanke

Anmerkungen

Über den Autor

Bitte beachten

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern überwiegend die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform beinhaltet keine Wertung, sondern hat ausschließlich redaktionelle Gründe.

Vorwort von Prof. Dr. Arnold Weissman

Prof. Dr. Arnold Weissman (*1955) ist Unternehmer, Professor für Unternehmensführung, spezialisiert auf Familienunternehmen, Aufsichtsrat und Executive Coach. Der Autor vieler Fachbücher wurde bekannt durch die Methodik des »Systems Weissman – 10 Stufen zum Erfolg«. Seine WeissmanGruppe ist in Deutschland, Österreich, Italien und der Schweiz vertreten und erhielt von der WirtschaftsWoche den »Best-of-Consulting«-Award 2019 und von brand eins das Siegel »Beste Berater« 2016, 2017, 2018, 2019 und 2021.

Viele Unternehmen stehen vor der größten Transformation ihrer Geschichte. Ob Digitalisierung, Hyper-Connectivity, Integration, künstliche Intelligenz, Plattformökonomie, Nachhaltigkeit, Klimawandel, Diversity oder demografischer Wandel: Veränderte Rahmenbedingungen stellen bislang erfolgsverwöhnte Unternehmen vor enorme Herausforderungen. Viele Unternehmen werden erkennen: Fairness, Nachhaltigkeit und Verantwortung (»Fair-Stainability«) sind nicht nur Anforderungen, die sie erfüllen müssen, um rechtlichen oder sonstigen Rahmenbedingungen gerecht zu werden. Vielmehr werden sich diese Werte auch als wahre Wachstumstreiber in der Zukunft herausstellen.

Gleichzeitig geht es auf der Ebene der Eigentümer oft um einen Übergang vom eigentümergeführten zum eigentümergesteuerten Unternehmen. Die Trennung von Eigentum und Verfügungsgewalt, der sogenannte Principal-Agent-Konflikt, erreicht allein schon aus Mangel an geeigneten Nachfolgern aus dem Kreis der Familie zahlreiche Familienunternehmen.

Diese »doppelte« Transformation, sowohl auf Unternehmens- als auch auf Eigentumsseite, stellt eine echte Zeitenwende dar. In dieser Intensität hat es so etwas vermutlich noch nie gegeben. Und es spricht vieles dafür, dass sich unsere Welt auch in Zukunft rasch verändern wird. Gerade in solchen Situationen brauchen Unternehmen Orientierung, einen klaren Handlungsrahmen. Sie benötigen einen Nordstern, an dem sie sich ausrichten können. Diesen Nordstern, einen theoretisch fundierten und praktisch erprobten Leitfaden, hätte ich mir zu Beginn meiner Unternehmerlaufbahn gewünscht – ergänzt um eine gehörige Prise gesunden Menschenverstand. Solch ein Leitfaden hätte mir viele Umwege und schmerzvolle Lernerfahrungen erspart. Genau diesen Leitfaden hat Reinhold M. Karner mit seinem Buch »Wahre Werte statt schnelles Geld« nun geschrieben.

Reinhold M. Karner zeigt, warum ein klares, gelebtes Wertesystem das tragende Fundament für jedes Unternehmen ist. Die Bedeutung von Werten kannten schon die Lateiner: Das Wort »valere« bedeutet auf Deutsch zunächst »stark sein, kräftig sein«. Insofern machen Werte stark. Unternehmen, die zukunftsfähig sein wollen, brauchen ein Wertesystem. Und sie brauchen Führungskräfte, die diese Werte als Vorbilder für die ganze Organisation vorleben.

Unternehmer und Führungskräfte müssen Mut machen. Genau dazu regt Reinhold M. Karner mit diesem Buch voller Lebenserfahrung und Energie an. Gespickt mit Ideen, Erfahrungen, Lebensweisheiten – und ohne erhobenen Zeigefinger. Vor Ihnen liegt zudem nicht der hundertste Ratgeber, der mit einfachen Mitteln schnellen Erfolg verspricht, sondern eine klare Anleitung, wie Sie von diesen Erfahrungen profitieren können.

Auch für mich – nach fast 50 Jahren als Unternehmer und Berater – bietet dieses Buch einen wahren Schatz an Ideen und ungewöhnlichen Perspektiven.

Ich wünsche diesem Buch den Erfolg und die Verbreitung, die es verdient hat.

Ihr

Arnold Weissman

Praxis bricht Theorie

Als junger Unternehmer und auch später war ich in vielen Situationen unsicher, ja ratlos. Ich konnte keine klaren, hilfreichen Antworten auf meine Fragen finden. Oft habe ich auf Ratgeber gehört, deren Vorschläge zunächst plausibel klangen, sich später aber als fatales Kuckucksei herausstellten. Wahrscheinlich gibt es keinen umfassenden Leitfaden für das Leben als Unternehmer, der uns von Anfang an alles richtig machen lässt. Und doch habe ich mir vorgenommen, auf der Basis meiner über 40-jährigen 360°-Erfahrung im Business, als Unternehmer, Unternehmensberater und Coach von Gründern genau den wertvollen Ratgeber zu schreiben, den ich mir in meiner Laufbahn von Anfang an so oft gewünscht hätte.

Ich bin überzeugt: Nicht alle Erfahrungen und Fehler muss man selbst machen. Deshalb gleich vorweg: Nein, dies ist kein weiterer Erfolgsratgeber auf der Basis moderner Managementtheorien. In herausfordernden, schwierigen Situationen war es so gut wie nie eine Managementtheorie, die mir gefehlt hätte. Man bedenke: Rund 70 % aller strategischen Pläne und Initiativen bleiben erfolglos.1 Und ernüchternde, fundierte Statistiken zeigen, dass Erfolg bei Start-ups die Ausnahme ist. Die Norm ist das Scheitern!2 Das liegt meines Erachtens nicht an einem Mangel an Theorie. In Zeiten der Unsicherheit und des Umbruchs funktionieren viele Managementtheorien ohnehin nur bedingt. Theorie ersetzt die Praxis nicht. Auch die Natur kommt ganz gut ohne Theorie aus. Die Praxis bricht immer die Theorie. Das Leben ist praktisch, nicht theoretisch.

Statt Experimente braucht es eine Rückbesinnung auf das, was in der Praxis schon immer zuverlässig funktioniert hat. Eine modernisierte Rückbesinnung – mit einem Blick in die Zukunft. Denn die Idee, dass man aus der Geschichte lernt, ist zwar wahr, aber nur halb wahr: Man lernt vorwiegend aus einer klugen Betrachtung der Gegenwart! Ein Erfolg versprechender Ansatz ist die Werteorientierung. Damit gelingt am Ende eine organische, resiliente und verlässliche Wertschöpfung. Wer weiß, wofür er antritt und wofür er steht, orientiert sich nicht am schnellen Geld. Stattdessen denkt er in langfristigen Horizonten. Dadurch bekommt der Modebegriff »Nachhaltigkeit« eine tiefere Bedeutung: Wir können tatsächlich langfristig erfolgreich sein und zugleich den Werten unserer Zeit gerecht werden.

Erfolg und Sinn schließen einander nicht aus, sie potenzieren einander. Davon, von gesundem Menschenverstand, von zeitlosen Wahrheiten und Realitäten sowie von praxiserprobten, krisenfesten Erfolgsanleitungen und fundierten Erklärungen ist in diesem Buch reichlich zu lesen. Zudem stellt es eine neue Unternehmensidee für das neue Zeitalter vor.

Sind Sie Gründer oder gehören Sie auch zu den vielen Unternehmern und Managern, die das aktuelle Umfeld herausfordert? Rauben Ihnen die neuen Anforderungen manchmal die Motivation und die Kraft? Versuchen Sie zugleich, mit den ständigen Veränderungen Schritt zu halten, um langfristig erfolgreich zu sein? Dann bietet Ihnen dieses Buch den Instrumentenkasten, den Sie benötigen, um ein erfolgreicher und gleichzeitig entspannter, begeisterter und zuversichtlicher Unternehmer zu sein.

Was für jeden guten Unternehmer gilt, gilt auch für mich: Was Sie in diesem Buch lesen, ist keine graue Theorie. Das ist gelebte, geprüfte und bewährte Praxis, das ist Lebenserfahrung, das ist unternehmerisches Weltwissen für Sie zusammengefasst. Sie erhalten wertvolle Orientierung für Ihren Erfolg, Ihr Leben, Ihr Umfeld, Ihr Team, Ihre Zukunft.

Sie erfahren zum Beispiel …

was die Welt wirklich regiert,

wie Sie erfolgreich werden und bleiben,

wie Sie das Thema Innovation ideal handhaben,

warum Sie die Finger von Ihren Schwächen lassen sollten,

was Sie über unternehmerische Spielregeln wissen sollten,

wieso Sie nicht in die Falle des chinesischen Märchens tappen sollten,

wie Sie erfolgreich mit Planung, Führung und Geld umgehen,

wie Sie im neuen Zeitalter ein überlebensfähiges Start-up aufbauen,

warum Darwins »Survival of the Fittest« falsch, fatal und deshalb zu verbannen ist.

Und nun wünsche ich Ihnen viel Spaß beim Lesen. Ich hoffe, dass Ihnen dieses Buch ein wertvoller Begleiter auf Ihrem unternehmerischen Weg ist und es Sie trotz aller Widrigkeiten in diesen Zeiten davon überzeugen kann: Unternehmer sein macht Spaß. Und noch mehr Spaß macht es, ein erfolgreicher Unternehmer zu sein!

Ihr Reinhold M. Karner

www.RMK.org

Übrigens: Dieses Buch setzt sich unverhohlen auch damit auseinander, wie sich die Kultur des Unternehmertums in den vergangenen Jahrzehnten fehlentwickelt hat. Um dies zu verdeutlichen, wird der Bogen gelegentlich bewusst etwas überspannt. Insofern mag das Buch den einen oder anderen Gerechtigkeitsmangel haben. So waren natürlich nicht alle Unternehmer und Financiers der Vergangenheit nur vorbildliche oder schlechte Menschen. Genauso wenig wie alle Unternehmenstheoretiker der letzten Jahrzehnte nur abgehobene oder verirrte Denker waren. Doch wie heißt es so schön: »Erst die Karikatur verzerrt die Wirklichkeit zur Kenntlichkeit!«

Kapitel I

Die spannende Frage: Was regiert die Welt wirklich?

Im ersten Kapitel widmen wir uns einer Bestandsaufnahme und beleuchten die Herausforderungen, Probleme und Fehlentwicklungen des heutigen Unternehmertums. Was unterscheidet den Unternehmer vom Manager? Wie steht es um die Gründer- und Start-up-Szene sowie die Entrepreneurship-Ausbildung? Und was ist eigentlich die klassische Grundidee des Unternehmertums seit jeher? Außerdem sehen wir uns an, was Unternehmer antreibt und wie es um die Machtfrage bestellt ist.

1. Denn sie wissen, was sie tun

Ohne Unternehmerinnen und Unternehmer gibt es keine Unternehmen. Und ohne sie gibt es keine Arbeitsplätze. Weder der Chef der Kantine noch die Leiterin der Poststelle hätten ihren Job, wenn nicht jemand irgendwann einmal die Geschäftsidee gehabt hätte, die das Unternehmen ausmacht. Unternehmer sind wichtig, um die Wirtschaft, den Wohlstand und dadurch so vieles andere, vom Sozialsystem bis zur Politik, am Laufen zu halten. Die interessante Frage ist jedoch: Was unterscheidet einen Unternehmer vom Manager? Fakt ist: Der Unterschied ist gravierend.

Der Berufsstand der Vollblutunternehmer

Ein Vollblutunternehmer ist der, der eigenverantwortlich handelt, der sein Unternehmen weitgehend selbst finanziert und auch das Risiko trägt. Ihm stehen auch die erwirtschafteten Gewinne zu. Zugleich weiß er, dass er einen guten Teil dieser Gewinne in die Fortentwicklung, die Stärkung, das Wachstum und die Absicherung seines Unternehmens reinvestieren muss. Jemand, dem das Unternehmen selbst gehört, wird genügend Umsicht, Vorsicht und Fürsorge walten lassen und auch ein Interesse daran haben, dass es seiner Firma immer gut geht. Weil Herzblut, Schweiß und Tränen im Unternehmen stecken, wird er nötigenfalls auch dafür kämpfen, es zu erhalten. Koste es, was es wolle!

Der österreichisch-amerikanische Ökonom Peter F. Drucker (1909 – 2005) gilt als Pionier der modernen Managementlehre und als origineller, unabhängiger Denker des Unternehmertums. Für ihn gehört es zum Unternehmertum, Risiken einzugehen.3 Laut Peter F. Drucker ist ein Unternehmer bereit, für seine Ideen sogar seine Karriere, seine finanzielle Absicherung und seine wirtschaftliche Existenz aufs Spiel zu setzen. Und er ist auch bereit, sehr viel Zeit und Geld zu investieren, um seine Ziele erfolgreich zu verwirklichen. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass Risiken gerade für neue Produkte, Dienstleistungen und Markteintritte nicht berechenbar sind. Ein Unternehmer muss daher stets unter Unsicherheit entscheiden.

Wichtig ist, dass Unternehmerinnen und Unternehmer wissen, dass sie sich für einen Lebensstil und einen Beruf entschieden haben, in dem sie in letzter Konsequenz eine Art »Alphatier« sind. Denn ein Unternehmer ist immer oben, vorn, an der Spitze. Ein Unternehmer kann in mehreren Verbänden engagiert sein, gute Kollegen und Freunde haben, doch schlussendlich ist er in seiner Rolle meistens ein wenig einsam. Auch wenn es Beiräte, Aufsichtsräte oder Beratergremien gibt: Der Unternehmer trifft Entscheidungen letztlich immer mit sich selbst. Und er weiß nie sicher, ob sie richtig sind. Schlägt er diesen oder jenen Weg ein? Jetzt oder später? Mit welchen Partnern? Baut oder mietet er hier oder dort, größer oder kleiner oder doch nicht? Investiert er in innovative Produkte? Wagt er sich in neue Märkte oder zieht er sich aus bestimmten Segmenten besser zurück?

Das Unternehmerleben sieht nach außen oft toll aus. Aber es bedeutet auch, sich darauf einzustellen, dass es schnell sehr einsam werden kann. Ein Unternehmer muss es auch aushalten, dass die Presse ihn an einem Tag lobt und am anderen heftig kritisiert. Deshalb benötigen Unternehmer neben einer starken Widerstandskraft auch Strategien gegen die Einsamkeit.

Der technokratische versus emphatische Manager

Kaum ein Unternehmen wurde von einem seiner Manager gegründet. Der Manager hat es auch nicht selbst finanziert. Er haftet auch nicht umfänglich und ist nur für eine gewisse Zeit da. Ist der Manager erfolgreich, bleibt er meistens länger. Und wenn er weniger oder gar nicht erfolgreich ist? Das ist schlecht für das Unternehmen, aber nicht unbedingt für den Manager. Häufig bekommt er trotzdem seine Abfindung, einen Bonus. Und dann? Dann ist er weg und innerhalb kürzester Zeit beim nächsten Unternehmen. Aber die Zukunft des Unternehmens ist ihm im schlimmsten Fall egal. Sie kann ihm auch egal sein. Das ist ein gravierender Unterschied zum Unternehmer, der für sein Unternehmen lebt.

Unternehmer, die gute Führungskräfte suchen, stehen vor einer großen Herausforderung: Sie müssen Manager finden, die gegenüber dem Unternehmen eine Verantwortung spüren, auch wenn es ihnen nicht gehört. Und da scheiden sich die Geister. Aus Sicht eines Unternehmers gibt es im Wesentlichen zwei Managertypen:

Sehr viele sind der

technokratische Managertyp

. Sie verhalten sich aus Eigeninteresse taktisch klug, so wie es primär für sie selbst gut ist.

Andere sind der

emphatische Managertyp

. Sie vertreten tatsächlich wahre Werte und fühlen sich für das Unternehmen verantwortlich, das sie engagiert hat. Emphatische Manager sorgen sich so um das Unternehmen, als wäre es ihr eigenes.

Diese Unterscheidung ist für Unternehmer elementar: Langfristig dürfte der emphatische Managertyp größere Erfolge für das Unternehmen erzielen. Das liegt auf der Hand. Denn die Perspektive dieser Führungskräfte reicht weiter.

Der OPM-Unternehmer

Eine typische und aus meiner Sicht problematische Konstellation ist der OPM-Unternehmer, wie ich ihn nenne. OPM steht für »Other People’s Money«. OPM-Unternehmer sind in meinen Augen eine Mischung aus technokratischem Managertyp und Unternehmer. Wir finden sie immer häufiger bei Start-ups. Ihnen gehört zwar ein gewisser Anteil am Unternehmen, aber sie finanzieren es nicht umfänglich und tragen meist nur ein asymmetrisches Risiko. Anders als klassische Unternehmer gehen sie kaum Haftungsrisiken oder Verantwortung ein. Ihre Familien sind nicht involviert und es gibt wenig emotionale Bindung an das Unternehmen. Eine langfristige Zukunft im Unternehmen ist von diesem Gründertypus nur selten vorgesehen. OPM-Unternehmer haben ein völlig anderes Selbstverständnis: Sie greifen auf alle Arten von Other People’s Money zurück. Beispielsweise auf das Geld von Investoren, die ihrerseits auf Basis meist knallharter Term Sheets zu Miteigentümern werden. Häufig sind alle Beteiligten in erster Linie am Turbowachstum und am schnellen Geld interessiert, nicht aber am langfristigen Bestand des Unternehmens.

Der Anteil der OPM-Unternehmer am Unternehmen schrumpft mit jeder weiteren Finanzierungsrunde. Bald gehört ihnen das Unternehmen nur noch zu kleinen Teilen. Durch die Kontrollrechte und Zustimmungsvorbehalte der Geldgeber haben dann andere das Sagen. Und daran wird sich auch in Zukunft kaum etwas ändern.

2. Unternehmertum – auf Felsen oder Sand gebaut?

Jeder strebt nach Erfolg. Zu Recht. Erfolg zu haben, ist keine große Kunst. Die große Kunst ist es, den Erfolg langfristig zu bewahren. Nachhaltiger Erfolg funktioniert nach ganz eigenen Spielregeln und Mechanismen.

Die westlichen Gesellschaften haben sich an das Unternehmertum gewöhnt. Gerade in Demokratien ist es selbstverständlich geworden. Denn nur in der freien Welt ist ein freies Unternehmertum möglich, das sich einerseits in einem freien, fairen Wettbewerb befindet und sich andererseits auf einen Rechtsstaat verlassen kann. Und so hängen Demokratie, Stabilität und Freiheit unmittelbar mit dem Unternehmertum zusammen. Denn sichere Arbeitsplätze kommen nun einmal in erster Linie von erfolgreichen Unternehmen. Dass eine solide Wirtschaft eine Demokratie stabilisiert und dabei Wohlstand ermöglicht, ist jedoch kein Selbstläufer. Dazu braucht es das Bewusstsein, die Akzeptanz, den Willen und den Respekt aller in der Bevölkerung – einschließlich Arbeitnehmer, Konsumenten, Politik und Bildung.

Die Dimension unserer Unternehmerlandschaft

Ich weiß, als Unternehmerin, Unternehmer oder Managerin, Manager wollen Sie nicht auch noch hier von Zahlen verfolgt werden. Aber ein paar interessante Kennzahlen möchte ich doch nennen:

In Europa haben wir den großen Vorteil eines riesigen Anteils an Kleinst-, Klein- und mittelständischen Unternehmen. Diese breite Diversifizierung ist eine einzigartige Voraussetzung für eine robuste Wirtschaft. Wir hängen weit weniger als andere von Großunternehmen und Konzernen ab. Das ist der bewährte europäische Weg, eine Stärke. Laut Eurostat-Bericht »Key figures on European business – 2022 edition« existieren in den EU- und EFTA-Mitgliedsstaaten in der Realwirtschaft – also exklusive der Finanz- und Versicherungswirtschaft – 23,2 Millionen Unternehmen.4 Sagenhafte 98,9 % davon sind Kleinst- und Kleinunternehmen mit bis zu 49 Beschäftigten. Weitere 0,9 % sind mittlere Unternehmen mit bis zu 250 Mitarbeitern. Und nur 0,2 % sind Großunternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten oder Konzerne. Das heißt: Unsere Unternehmenslandschaft besteht zu 99,8 % und somit fast komplett aus Kleinstunternehmen und KMU. Von den 193 Millionen Erwerbstätigen im EU- und EFTA-Raum beschäftigen sie 64,4 % der 131,5 Millionen Arbeitnehmer in der Realwirtschaft und tragen in dem Segment 52,5 % zur Gesamtwertschöpfung bei.

Die drei großen Herausforderungen des Unternehmertums

1. Die Lebensdauer

Das erste, große Problemfeld ist, dass die durchschnittliche Lebensdauer von Unternehmen seit Jahrzehnten sinkt. So betrug sie im Jahr 2020 für Firmen im »Standard and Poor’s 500 Index«, der die 500 größten börsennotierten US-Unternehmen umfasst, laut Statista etwas mehr als 21 Jahre.5 Im Jahr 1965 waren es noch 32 Jahre. Nach einer McKinsey-Studie lebten Unternehmen in dieser Kategorie im Jahr 1958 durchschnittlich 61 Jahre.6 McKinsey prognostiziert, dass bis zum Jahr 2027 ganze 75 % der 2016 im S&P 500 notierten Unternehmen verschwunden und durch andere ersetzt sein werden. Es gibt also einen klaren, langfristigen Trend zur Verkürzung der Lebensdauer von Unternehmen.

In der EU lag die durchschnittliche jährliche Schließungsrate von Unternehmen, auch »Death Rate« genannt, laut »Eurostat regional yearbook – 2022 edition« bei 8,3 %.7 Die »Death Rate« liegt seit Langem bei etwa 8 bis 10 % pro Jahr, was auf eine durchschnittliche Lebensdauer der Unternehmen von 10 bis 12,5 Jahren hindeutet. Wie die Unternehmerzeitung WirtschaftsKurier berichtet, schaffen es laut Creditreform Deutschland weniger als 2 % aller Unternehmen, ihr 100-jähriges Firmen-Jubiläum zu erreichen.8 McKinsey-Partner Claudio Feser hat ermittelt:

dass die Hälfte der börsennotierten Unternehmen bereits innerhalb eines Jahrzehnts wegstirbt,

dass nur eins von sieben Unternehmen (rund 14 %) das 30. Bestandsjahr erreicht,

dass es nur jeder 20. Betrieb (rund 5 %) bis zum 50. Jahrestag schafft.

9

Untersuchungen der Universität Rostock10 kommen zu ähnlichen Ergebnissen wie die Studie »The Mortality of Companies« des Santa Fe Institute mit über 25.000 Unternehmen: Ob man Bananen, Flugzeuge oder was auch immer herstellt oder verkauft, die Sterblichkeitsrate von Unternehmen entwickelt sich branchenübergreifend ähnlich.11

2. Die Neugründungen

Das zweite Problem besteht darin, dass die Zahl der Unternehmensgründungen – vom Handwerker, Einzelhändler und Produzenten bis hin zur Anwaltskanzlei und der klassischen Kapitalgesellschaft – in den meisten Ländern ebenfalls seit Jahren rückläufig ist. Darüber kann auch die durchschnittliche Gründungsrate von 8 bis 10 % pro Jahr nicht hinwegtäuschen, wenn man die Zahlen genauer betrachtet.12 Gab es beispielsweise in Deutschland laut Statista im Jahr 2000 noch 1,29 Millionen und im Jahr 2001 noch 1,55 Millionen Gründerinnen und Gründer, so ist diese Zahl über die Jahre sukzessive auf unter 600.000 im Jahr 2021 eingebrochen.13 Laut »KfW-Gründungsmonitor 2020« stieg die Zahl der Existenzgründungen in Deutschland im Jahr 2019 erstmals seit 15 Jahren wieder um 58.000 auf 605.000.14 Allerdings war dieses Plus auf Nebenerwerbsgründungen zurückzuführen.15 Die Vollerwerbsgründungen entwickelten sich dagegen nach einem positiven Vorjahr wieder rückläufig und erreichten 2019 einen neuen Tiefpunkt.16

Auch für die im »Gründungsmonitor 2020« enthaltene Kategorie der Start-ups und Scale-ups, also Unternehmen mit hohem Innovationscharakter und signifikantem Wachstum, die jünger als zehn Jahre sind, sieht es nicht besser aus.17 Und das trotz immer mehr öffentlicher Förderprogramme, Zugang zu Risikokapital und hohen Einschaltquoten bei Start-up-TV-Shows. Es werden augenscheinlich einfach zu wenige, wirklich berufene Unternehmerinnen und Unternehmer vom Gründungsfieber gepackt.

3. Misserfolgsquote

Der dritte Problembereich schließlich ist die erschreckend hohe Misserfolgsquote von Gründern, insbesondere von Start-ups. Zahlreiche Quellen kommen zu ähnlichen Ergebnissen. Sowohl FirstSiteGuide als auch Failory sehen die Misserfolgsquoten wie folgt:

Neun von zehn Start-ups scheitern.

18

20 % scheitern bis zum Ende des ersten Jahres.

30 % beträgt die Ausfallrate bis zum Ende des zweiten Jahres.

50 % scheitern bis zum Ende des fünften Jahres.

70 % beträgt die Ausfallquote bis zum Ende des zehnten Jahres.

19

Eurostat hat ermittelt, dass 55 % aller Unternehmensgründungen das fünfte Jahr nicht überstehen.20Gründerpilot schätzt die Ausfallraten wie folgt ein:

Nur eines von zehn Start-ups wird wirklich erfolgreich.

Mehr als 80 % aller Start-ups scheitern innerhalb von drei Jahren, manche gehen sogar von 90 % und mehr aus.

21

Das Wirtschaftsmagazin The Economist bezeichnete den US-Ökonomen Prof. Carl J. Schramm als »Evangelist of Entrepreneurship«.22 Er war langjähriger Präsident der milliardenschweren Ewing Marion Kauffman Foundation, die zu den führenden Förderern von Unternehmensgründern in den USA zählt.23 Carl J. Schramm, der auch Mitbegründer der Global Entrepreneurship Week und von StartUp America ist, räumt in seinem Buch »Burn the Business Plan«24 faktenbasiert mit dem Mythos der coolen, technisch versierten Start-up-Jungunternehmer auf, die nichts zu verlieren haben und nur Risikokapital verbrennen. Er stellt Folgendes fest:

Die Statistiken zeigen, dass Erfolg bei Start-ups die Ausnahme ist: Die Norm ist das Scheitern.

25

Weniger als 20 % der Neugründungen überleben zehn Jahre.

26

Hightech-Unternehmen haben die höchste Misserfolgsquote bei Unternehmensgründungen: 80 % scheitern innerhalb von fünf Jahren.

27

Ein Trend im wirtschaftlichen Umfeld ist laut diverser Studien weltweit für alle Unternehmen einheitlich: Da sich Kapital- und Innovationszyklen – maßgeblich auch durch die Digitalisierung und die Globalisierung – immer schneller bewegen, werden die Märkte noch transparenter und wettbewerbsfähiger. Genauer gesagt: brutaler. Auch deshalb kommt die Lebensdauer der Unternehmen massiv unter Druck.

Aus den Fugen geraten

Betrachtet man die hohe Misserfolgsquote, so muss man sich eingestehen, dass ein System, das 80 % Fehlschläge produziert, offensichtlich völlig ungeeignet ist. Es ist verständlich, dass unzählige, vorwiegend junge Menschen, davon träumen, es ihren großen Vorbildern, etwa den Unternehmer-Rockstars aus dem Silicon Valley, gleichzutun. Natürlich ist das nicht völlig unmöglich. Dennoch sind die Erfolgsgeschichten von einer Handvoll Ikonen eher eine Fata Morgana – mit nur wenigen verwertbaren, hilfreichen Anregungen für die große Masse an »normalen« Unternehmerinnen und Unternehmern.

Wie ich in meinem jahrelangen Coaching von Jungunternehmerinnen und Jungunternehmern sowie im Rahmen meiner Entrepreneurship-Vorlesungen nur allzu oft sehe, ist das Motiv zur Gründung häufig, schnell reich und berühmt zu werden. Doch das ist in meinen Augen der völlig falsche Ansatz. Die Ursachen für die fatale Situation und die erschreckende Misserfolgsquote von Unternehmensgründungen liegen aber nicht nur in einem Bereich. Es ist ein ganzes Bündel von Dingen, die hinderlich oder sogar völlig ungeeignet sind. Das fängt meiner Meinung nach bei vielen Theorien an, bei der Ausbildung und den finanziellen Förderungen. Weitere Probleme sind die medial oft verzerrten Start-up-Storys, die den Hype um die fehlmotivierte Gründung befeuern, sowie die Denkweise vieler Gründer, sich nicht als berufene Unternehmer mit einem langfristigen unternehmerischen Verständnis engagieren zu wollen. Das Ökosystem drumherum blüht zwar für sich, bringt aber zu wenig wertvollen Nutzen für die Gründerszene, jedenfalls keinen nachweisbaren Mehrwert.28

Wir bauen auf Treibsand! Die reale Welt und die Wirtschaft sind eben kein Märchenpark – schon gar nicht für unerfahrene oder schlecht vorbereitete Existenzgründer. Das Bittere daran: Sie werden in unserer europäischen Unkultur des Scheiterns oft noch stigmatisiert. Und fertig ist der Giftcocktail, das jahrelange, oft lebenslange Trauma der gescheiterten Jungunternehmer, von denen nach detaillierten Erkenntnissen der Kauffman Foundation zwei Drittel nie wieder einen neuen Versuch wagen.29

Gerade in Europa lässt sich aus Studien klar ableiten, dass etwa die deutsche Bevölkerung überwiegend risikoavers eingestellt ist. Das sorgt dafür, dass es so gut wie keine Toleranz gegenüber unternehmerischen Fehlschlägen gibt.30 Inzwischen ist man gegenüber einer zweiten Chance im Falle des Misserfolgs immerhin eher positiv eingestellt. Dennoch wären viele nicht bereit, Waren oder Dienstleistungen von zuvor gescheiterten Unternehmern zu beziehen.31 So ist es nicht verwunderlich, dass die Angst vor dem Scheitern viele potenzielle Unternehmerinnen und Unternehmer davon abhält, ihre vielleicht sogar hervorragenden Ideen und Talente jemals in die Tat umzusetzen.

In der Gründerszene, ihrem Ökosystem und in der Öffentlichkeit fehlt es seit Langem an einer faktenbasierten, kritischen und konstruktiven Auseinandersetzung mit diesem Thema. Dieses Buch will dazu einen Beitrag leisten und Lösungsansätze aufzeigen.

Eine massive Korrektur der Unternehmerkultur ist notwendig

Der Guru des modernen Unternehmertums, Peter F. Drucker, blieb zeitlebens seinem christlich fundierten Denken als Grundlage seiner Managementlehre treu.32 Deshalb war ihm die Wahrung der Würde des Menschen sehr wichtig. Er sah Unternehmen als Organe der Gesellschaft, die nicht um ihrer selbst willen existieren.33 Für Drucker hatten sie eine vitale gesellschaftliche Funktion.34 Davon sind wir heute weit entfernt.

Ab Anfang der 1980er-Jahre äußerte Drucker zunehmend seinen Unmut über das ausufernde »Big Business«, das egoistische Fehlverhalten von Managern und die überzogenen Bezüge von Top-Managern, insbesondere in börsennotierten Unternehmen. Offenbar erkannte er schon damals, dass sich die Geschäftswelt immer mehr von den wahren Werten entfernte. Um diese gravierenden Fehlentwicklungen zu korrigieren, bedarf es dringend einer Rückbesinnung auf die klassische Grundidee des Unternehmertums. Auf das, was einen soliden Unternehmer, einen besonnenen Kaufmann seit jeher ausmacht. Es gilt, wie in der biblischen Bergpredigt, vor heuchlerischen Glaubenslehrern zu warnen und sein unternehmerisches Haus auf Felsen und nicht auf Sand zu bauen.

3. Start-ups: von Draufgängern und Pferdewetten

Stellen Sie sich vor, Sie wären ein Bauer und 80 % Ihrer Aussaat würden wieder und wieder keine Ernte erbringen. Oder Sie hätten als Produzent dauerhaft eine Ausschussquote von 80 %. Würden Sie das als normal ansehen, sich damit abfinden und einfach so weitermachen? Wohl kaum. Denn »dann brennt der Hut«, dann ist etwas faul. Das überlebt man nicht lange. Aber genau diese Situation haben wir in der Gründerszene. Es ist ein untaugliches, fast krankes System.

Ein krankes System

Es gibt kein Unternehmertum mit Erfolgsgarantie und ohne Risiko. Aber wie sich die Gründer- und Start-up-Szene seit den 1980er-Jahren bis heute sukzessive fehlentwickelt hat, macht einen fast sprachlos. Was tun wir diesen Gründern an? Was tun sie sich selbst an? Das alles richtet langfristig großen Schaden an. Auch für unsere Volkswirtschaft, für die Resilienz und Wettbewerbsfähigkeit ganzer Branchen und Länder.

Nicht jeder spontane oder lustige Einfall eignet sich als tragfähige Geschäftsidee für eine Gründung. Sehr viele Ansätze sind heute schlicht unausgegoren, nicht durchdacht und auch nicht marktgerecht: Viele Gründer glauben, mit Produkten oder Dienstleistungen erfolgreich zu sein, die gar nicht nachgefragt werden. Und dann hält sich solch ein Start-up keine zwei, drei Jahre. Sofern das Geld dafür – ob eigenes, geliehenes oder von Investoren eingeworbenes OPM (Other People’s Money) – überhaupt so lange reicht, bevor es »verbrannt«, weg, der Tank leer ist.

Auch haben viele Gründer nicht oder anfangs noch nicht das Zeug zum erfolgreichen Unternehmer. Sie sind ungenügend ausgebildet, zu unerfahren oder haben keine Geduld und Lust, sich professionell vorzubereiten. Auf Fortschritt, neue Ideen und Möglichkeiten zu setzen, ist gut und wichtig. Aber das unreflektierte Aufspringen auf gehypte Züge geht allzu oft schief. Auch das von Nachahmern so oft praktizierte »Copy-and-paste« von Geschäftsmodellen oder Produkten funktioniert selten. Ohne gründliche Überlegungen, Recherchen, Hausaufgaben und Vorbereitungen, Wissen und Kompetenz, verantwortungsvolle, kleine Schritte, harte Arbeit, Bescheidenheit und Bodenständigkeit, ständiges Lernen und Nachjustieren, Dranbleiben, Improvisieren geht es nicht. Und ob man will oder nicht: Ein gewisses Maß an Erfahrung, das gerade beruflich unerfahrene Gründer naturgemäß noch nicht mitbringen, gehört auch dazu.

Hinzu kommt, dass heute viele Start-ups nur deshalb gegründet werden, weil es finanzielle Unterstützungen aller Art aus der öffentlichen Gießkanne gibt. Denn so müssen die Gründer keine großen finanziellen Risiken eingehen oder gar persönlich maßgeblich für ihr unternehmerisches Engagement haften. Damit werden solche Förderungen häufig zu einer Art Spielgeld. Solche Ansätze verführen zu jugendlichem Draufgängertum, zu Leichtsinn, zum Zocken, zu manchem Kräftemessen und zu Mutproben auf dem Terrain des Unternehmertums. Das mag in guten Zeiten dort und da funktioniert haben, weil alle augenzwinkernd zugeschaut und mitgespielt haben. Das wird jedoch auf Dauer nicht mehr funktionieren. Und so geht die altbewährte, klassische Grundidee des Unternehmertums, des Vollblutunternehmers, welche die europäische Wirtschaft robust gemacht hat, zunehmend vor die Hunde.

Goldgräberstimmung als Modeerscheinung

In Bezug auf Start-ups und Unternehmensgründungen hat sich eine solche Goldgräberstimmung entwickelt, dass man schon von einer Modewelle sprechen kann: Fast jeder Unsinn wurde und wird zum Start-up. Wenig verwunderlich, dass es dann so zugeht wie mit den Montagsautos, die gerade mal 100 Kilometer fahren – und dann sind sie kaputt.

Seit der Jahrtausendwende ist es zunehmend zum Statussymbol geworden, Mitgründer oder Start-up-Unternehmer zu sein. Neben dem Casino-Gedanken schwingt die Hoffnung mit, wie einige Ikonen der globalen Hightech-Szene weltberühmt und gefeiert zu werden. Im Idealfall natürlich als Trittbrettfahrer mit dem Geld anderer – mit OPM, ohne nennenswertes eigenes Risiko.

So mancher Start-up-Gründer, aber auch Investor träumt davon, schnell ein Unicorn, ein Unternehmen mit einer Bewertung von mindestens einer Milliarde Dollar, auf die Beine zu stellen. Den Unicorn-Status zu erreichen, ist zwar nicht unmöglich, aber unglaublich schwierig. Die Chancen dafür stehen mit 0,00006 % lediglich ein wenig besser als den Lotto-Jackpot zu knacken. Das heißt: Nur drei von fünf Millionen Unternehmen schaffen es, ein Unicorn zu werden.35 Übrigens: Ein sogenannter Exit, der Verkauf oder Börsengang, der Zahltag für Gründer und Investoren, dem so viele hinterherlaufen, findet bei Start-ups zu weniger als 0,005 % statt.36 Die viel beschworene Exit-Strategie bleibt somit für die meisten Gründer ein geplatzter Traum.

Die schwerste Aufgabe im Geschäftsleben

Wer als Gründer zu sehr auf den schnellen Erfolg und das schnelle Geld schielt, begreift meist noch nicht, wie hart und ausdauernd man arbeiten muss, um ein langfristig überlebensfähiges, geschweige denn ein sehr erfolgreiches Unternehmen aufzubauen. Selbst Steve Jobs, Mitbegründer und unternehmerischer Vater von Apple Inc., dem über lange Zeit wertvollsten Unternehmen der Welt, hat dies in seiner Biografie sehr deutlich gemacht:

»Ich kann es nicht ausstehen, wenn Leute sich selbst als ›Unternehmer‹ bezeichnen, wenn sie in Wirklichkeit nur versuchen, ein Start-up aufzubauen, um es dann zu verkaufen oder an die Börse zu bringen, um entsprechend abzukassieren, um daraufhin anderswo weiterzumachen. Sie sind nicht bereit, die Arbeit auf sich zu nehmen, die für den Aufbau einer echten Firma notwendig ist. Dies ist die schwerste Aufgabe, die es im Geschäftsleben gibt. Auf diese Weise trägt man wirklich etwas bei und fügt dem Vermächtnis derer, die vor einem da waren, etwas hinzu«.37

Pferdewetten

Jungunternehmer und Start-up-Gründer folgen gerne der zweiteiligen Doktrin der Entrepreneurship-Lehre: Einerseits schmücken sie ihren Hochglanz-Businessplan mit einer exponentiellen Geschäftsentwicklung, die auf hochtrabenden Ideen und in den Himmel wachsenden Hoffnungszahlen basiert. Denn der Fisch muss dem Köder, dem Geldgeber, schmecken. Andererseits siedeln sie sich in einem Gründerzentrum an.38 Schon darin liegt ein großer Trugschluss: Fakt ist, dass es keinerlei belastbare Nachweise gibt, dass ambitionierte Geschäftspläne oder die Einmietung in ein Gründerzentrum auch nur irgendetwas zu einer höheren Erfolgswahrscheinlichkeit beitragen.39 Dass Businesspläne oft das Papier nicht wert sind, auf dem sie stehen, sollte nicht überraschen. Sie nicht zu erfüllen, wird sich später rächen, die Glaubwürdigkeit der Gründer beschädigen, sie massiv unter Druck setzen. Damit manövrieren sich die Gründer selbst ins Abseits.

Auch das Einwerben von OPM bei Investoren allein ist keine Erfolgsgarantie, denn die Quoten für Erfolg oder Scheitern bleiben unverändert, unabhängig von der Herkunft der Finanzmittel.40 Es ist nicht ratsam, seinen Weg als Gründer von vornherein auf OPM auszurichten, nur weil man sich noch nicht die Mühe gemacht hat, eine natürlichere Finanzierungsquelle für sein Unternehmen zu suchen. Eine solche Finanzierungsquelle könnten beispielsweise Pilotkunden sein. Mit diesen gewinnt man gleich in mehrfacher Hinsicht: Erstens bleibt man unabhängig von Fremdkapitalgebern. Zweitens sind solche Kunden, die bereit sind, einem die Chance zu geben, die Produkte oder Dienstleistungen zu testen und dafür auch noch etwas zu bezahlen, die beste Unterstützung, um schnell auf die Beine zu kommen. Meist helfen sie mit ihrem Feedback aus erster Hand gerne bei der Verbesserung und stehen anschließend oft als vertrauensbildende Testimonials im Markt zur Verfügung.

Investoren und Risikokapitalgeber verfolgen das Geschäftsmodell, aus Geld schnell viel Geld zu machen. Übersetzt heißt das: Man nehme genug Geld und wette auf zehn Pferde. Wenn man besonders risikofreudig sein will und außergewöhnlich hohe Quoten anstrebt, dann setzt man auch auf Außenseiter. Es kann zwar sein, dass alle zehn Pferde verlieren. Aber man hofft, dass nur neun verlieren und mindestens eines gewinnt. Und dass der Gewinner eine so hohe Quote bringt, dass man wieder Geld hat für die nächsten Pferdewetten oder sogar für die Wetten der nächsten zehn Jahre. Es ist also nichts anderes als ein Wettspiel. Genau genommen hat es viel Ähnlichkeit mit Buchmachern. Warum? Das Geld der Risikokapitalgeber, ihr Einsatz, ist zum größten Teil nicht ihr eigenes Geld, sondern auch OPM. Sie erhalten es beispielsweise von sehr vermögenden Personen oder Familien, Stiftungen, Investment- und Pensionsfonds, die auf diese Weise attraktivere Renditen anstreben, als sie mit Sparbüchern oder Bankguthaben zu erzielen sind.

Das, was Leute schon früher auf der Pferderennbahn gemacht haben, machen viele Investoren und Risikokapitalgeber, auch VCs oder Venture Capitalists genannt, längst mit Start-ups. Sie suchen nach den attraktivsten Wetten und wollen möglichst zügig, binnen vier, maximal sieben Jahren, eine hohe Wettquote kassieren. Dann steigen sie wieder aus und vergnügen sich auf anderen Rennplätzen. Nur ist es extrem schwierig, in dieser Zeit ein stabiles und sehr erfolgreiches Unternehmen aufzubauen. Auch wollen Investoren und VCs vorrangig nichts Gutes tun oder sich Freunde machen. Das ist nicht ihr Geschäftsmodell. Es geht meist nur um das schnelle Geld und nicht um wahre Werte. Der Titel des Artikels in der britischen Times vom März 2023 über die überraschende Pleite einer bekannten US-Start-up-Bank spricht Bände: