Waidling (Band 3): Die verborgene Welt - Liz Flanagan - E-Book

Waidling (Band 3): Die verborgene Welt E-Book

Liz Flanagan

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Beschreibung

Die fesselnde Serie rund um ein außergewöhnliches Mädchen, magische Wesen und jede Menge Abenteuer geht weiter! Auf einer Fährfahrt freundet sich Rowan mit einem Mädchen namens Isla an. Zu ihrem Entsetzen wird das Schiff von Estrianern gekapert, die Isla und Rowan gefangen nehmen. Isla ist ein Selkie-Robbenmädchen, und die Estrianer wollen ihre magischen Robbenfelle, die die Fähigkeit zur Gestaltwandlung verleihen

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Seitenzahl: 97

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Liz Flanagan

Waidling

Die verborgene Welt

Aus dem Englischen von Bettina Münch

Deutsche Erstausgabe

© der deutschsprachigen Ausgabe: von Hacht Verlag GmbH, Hamburg 2024

Alle Rechte vorbehalten

Text Copyright © Liz Flanagan 2024

Cover und Illustrationen im Innenteil © Angelo Rinaldi 2024

Verlegerin: Rebecca Weitendorf von Hacht

Aus dem Englischen von Bettina Münch

Lektorat: Susann Harring

 

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt, jede Verwertung bedarf der Genehmigung des Verlages.

 

ISBN978-3-96826-709-8

 

www.w1-vonhacht.de

www.instagram.com/vonhacht_verlag

1. Kapitel

Bei Einbruch der Nacht flogen Rowan und ihr geflügeltes Pferd zum Strand hinunter. Sie hatte den Pegasus aufgezogen, seit er ein junges Fohlen gewesen war, und liebte ihn von ganzem Herzen. Bei der Landung hinterließ Maus mit seinen Hufen Abdrücke im feuchten Sand. Rowan glitt von seinem Rücken und klopfte ihm den Hals. Dann kontrollierte sie seine Flügel, die er wieder ordentlich angelegt hatte.

Das Mädchen fröstelte in der klaren, kühlen Luft. Der Himmel und die Wellen waren bereits blauschwarz. Sie roch Holzfeuer und das Essen, das ihr Vater gerade kochte. »Siehst du, Maus. Vater hat Feuer gemacht. Gehen wir uns aufwärmen.«

»Hallo, Rowan. Grüß dich, Maus«, rief der Vater ihnen zu. »Hattet ihr einen schönen Ausflug?«

»Wir haben nur eine Runde über die Inseln gedreht«, erzählte Rowan, »aber es gibt nichts Neues.« Sie versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie einsam und heimwehkrank sie sich fühlte. Ihr Vater konnte nichts dafür, und sie wollte ihn nicht beunruhigen. Seit dem Herbst versteckten sie sich hier auf der Dornenfischinsel, und mittlerweile war es Winter geworden. Wann würden sie endlich nach Hause zurückkehren können?

»Hier ist frischer Fischeintopf. Maus kann drüben grasen.« Ihr Vater lächelte, als sie herankamen.

Rowan ließ sich auf den alten Treibholzstamm plumpsen, der ihnen hinter der Hütte als Bank diente. »Danke.«

Sie aß ihren mit Wildkräutern und Seetang gewürzten heißen Fisch- und Karotteneintopf und versuchte, dabei nicht an die Kochkünste ihrer Mutter und ihre vielen Lieblingsspeisen zu denken. Anschließend saß sie an ihren Vater gelehnt da und schaute ins Feuer.

»Ich weiß, es ist schwer, Rowan. Ich weiß, wie sehr du deine Mutter vermisst. Mir geht es ebenso«, sagte ihr Vater. Sie spürte seinen rauen Bart, der beim Sprechen an ihren Haaren rieb.

Rowans Augen füllten sich mit Tränen. »Großvater fehlt mir auch«, sagte sie. »Und Arto.« Sie kannte ihren Urgroßvater, den sie wie alle anderen nur Großvater nannte, und dessen weißen Wolf erst seit letztem Sommer, als sie und ihre Mutter zu ihm in sein Haus am Rand des Dunkelwalds geflohen waren. Die Welt verschwamm vor Rowans Augen, und das Feuer war nur noch ein großer goldener Fleck. Seine Hitze trocknete die Tränen auf ihren Wangen, ehe sie heruntertropfen konnten. Sie vermisste auch ihre Freunde – Bella, ihre älteste Freundin aus der Stadt, und ihre neue Freundin Cam, die in der Nähe des Großvaters lebte. Sie vermisste sogar Cams Bruder Will, obwohl er sie an die Estrier verraten hatte.

»Aber wir müssen uns weiter verstecken«, sagte ihr Vater. »Wir müssen hierbleiben, bis wir wissen, dass der Krieg wirklich vorbei ist. Bis dahin sind wir in Gefahr, weil die Estrier Jagd auf Maus machen.«

Ein Pegasus war im Krieg eine wertvolle Waffe, das wusste Rowan, und sie hatte versprochen, Maus zu beschützen. Wie konnte ihm nur jemand Böses wollen? Sie würde diese Estrier nie verstehen, die Jagd auf wunderschöne magische Tiere machten, um sich ihrer Fähigkeiten zu bedienen.

Maus spürte Rowans Traurigkeit. Er kam heran und blies ihr seinen heißen Pferdeatem in den Nacken.

»He, das kitzelt!« Rowan streckte lachend die Hand aus, um seine samtweichen Nüstern zu streicheln. Mit dem starken Arm ihres Vaters um die Schultern und Maus so beruhigend nah bei sich fühlte Rowan sich allmählich besser. Sie fuhr sich mit dem Ärmel über die Augen.

In diesem Moment erschien ein blasses Licht am Horizont, ein gräulicher Schleier am Himmel. Noch während sie das Licht betrachtete, färbte es sich grün. »Sieh nur, Vater!«, rief Rowan und zeigte darauf. »Was ist das?«

Beide sprangen auf und starrten über das Feuer hinweg zum Himmel. Zwei riesige grüne Lichtsäulen waren nun zu sehen. Sie drifteten auseinander und begannen zu tanzen wie wirbelnde, grüngolden schimmernde Schleier.

»Das sind Nordlichter«, sagte der Vater und drückte Rowans Hand. »Ich habe davon gehört, aber noch nie welche gesehen.«

Neue Farbstreifen erschienen – in Rosa, Violett und Weiß. Es war unglaublich schön. Für eine Weile sagte niemand etwas; sie ließen die magischen Lichter auf sich wirken, die über ihren Köpfen den ganzen Himmel ausfüllten.

Ganz plötzlich war es vorbei und der Himmel wieder samtschwarz und mit Abertausenden von Sternen übersät.

»Boah!«, flüsterte Rowan erschüttert.

»Wir haben Glück gehabt«, sagte ihr Vater. »Das ist der Vorteil, wenn man den Winter so weit im Norden verbringt! Zu Hause in Holderby hätten wir sie nicht gesehen.«

Ohne den Himmel aus den Augen zu lassen, setzte Rowan sich wieder hin. Sie fragte sich, ob ihre Mutter wohl dieselben Sterne betrachtete. Wie gern würde sie ihr erzählen, was sie gerade gesehen hatte. Dabei wusste sie nicht einmal genau, wo ihre Mutter gerade war.

»Glaubst du, Mutter und Großvater sind immer noch bei den Hexen in Sicherheit?«, fragte sie.

Sie hatte noch nicht zu Ende gesprochen, als die Luft auf seltsame Art zu wirbeln und zu schimmern begann, wie ein Hitzeschleier auf der anderen Seite des Feuers. Urplötzlich standen dort zwei Hexen: Mara mit ihrer weißen Haut und den weißen Haaren, die ihr wie Schnee den Rücken herabfielen. Und die schöne Safira mit ihrer dunkelbraunen Haut und dem kurzen schwarzen Haar, in dem Edelsteine funkelten. Ihre eleganten Kleider waren von der magischen Reise kaum zerknittert.

»Safira, Mara, herzlich willkommen!« Rowans Vater stand auf, um sie zu begrüßen, und füllte eilig weitere Schüsseln mit Eintopf.

Sie wussten, dass die Hexen nach einer solchen Reise immer müde und hungrig waren. Rowan gab sich Mühe, geduldig zu sein und ruhig dazusitzen, während die beiden sie aßen.

Doch Safira, die ahnte, was Rowan wissen wollte, lächelte ihr zu. »Mach dir keine Sorgen, Rowan. Es ist alles in Ordnung. Deine Mutter und dein Urgroßvater sind beide wohlauf. Und Arto auch«, fügte sie hinzu.

»Wir genießen die Gesellschaft des weißen Wolfes, die Kochkünste und Kräuterkenntnisse deiner Mutter«, sagte Mara, »und die Gabe des Waidlings, Tiere zu heilen und mit ihnen zu sprechen.«

Rowan spürte, wie sich der Vater neben ihr entspannte, aber sie würde keine Ruhe finden, ehe sie wusste, was die Hexen wollten. »Warum seid ihr dann hier?«, platzte sie heraus.

Die Hexen lachten über ihre unverblümte Art. Es war ein hoher, glockenartiger Ton, der die Luft zum Klingen brachte. Als ihr Blick auf Maus fiel, verstummte ihr Lachen.

Rowan krampfte sich der Magen zusammen. Sie stand auf und legte die Arme um den glänzenden schwarzen Hals des Pegasus, auch wenn sie sich dafür inzwischen auf die Zehenspitzen stellen musste. Sie schmiegte sich an Maus und spürte die starken Muskeln des Pegasus.

Mit sanfter Stimme sagte Mara: »Wir haben die Mutter von Maus gefunden.«

»Es ist Zeit für ihn, nach Hause zurückzukehren«, sagte Safira.

Und obwohl genau das Rowans sehnlichster Wunsch gewesen war, füllten sich ihre Augen abermals mit Tränen. Sie verbarg das Gesicht in Maus’ Mähne und weinte.

2. Kapitel

Der Vater und die Hexen umringten Rowan und Maus, während sie weinte. Sie spürte die schwere, warme Hand des Vaters auf ihrer Schulter.

Schließlich hob Rowan den Kopf, schluckte und fragte: »Wie habt ihr sie gefunden? Seid ihr sicher, dass es Maus’ Mutter ist?« Ein winziger Teil von ihr wünschte sich, dass es ein Irrtum war, damit Maus bei ihr bleiben konnte.

»Die Waidlingsfrau der Graslande lebt schon länger in der Nähe einer Pegasiherde, um sie zu pflegen und zu beschützen«, erklärte Mara. »Wir hatten angenommen, es seien nicht mehr viele Tiere übrig, bis wir von dieser Herde erfuhren.«

»Dein Großvater hat seiner Freundin Agnes geschrieben – sie ist der Waidling der Graslande. Er hat ihr berichtet, was es Neues gibt, auch die Sache mit Maus«, fuhr Safira fort, deren dunkle Augen im Schein des Feuers funkelten. »Und Agnes hat zurückgeschrieben.«

»Die Geschichten passen zusammen, Rowan«, sagte Mara. »Das verwaiste Pegasusfohlen, das du so wunderbar aufgezogen hast, ist das Hengstfohlen, das von einer der Stuten aus Agnes’ Herde getrennt wurde. Sämtliche Details stimmen überein. Es muss Maus sein«, schloss sie sanft.

Rowan war so aufgewühlt, dass sie das Gefühl hatte, gleich zu platzen. Am liebsten hätte sie gerufen: »Nein, ihr dürft ihn mir nicht wegnehmen!«

Aber dann fiel ihr ein, wie sehr sie ihre eigene Mutter vermisste: Würde es Maus nicht ebenso gehen? Und hatte ihre Waidlingsausbildung sie nicht gelehrt, die Tiere immer an die erste Stelle zu setzen? Ihre Gefühle mussten hintanstehen. Sie berührte den Pegasus mit den Händen und mit ihrem Geist und setzte dabei all ihre neuen Fähigkeiten als Waidling ein.

Die Hexen wissen, wo deine Mutter ist, erklärte sie dem jungen Pegasus. Willst du zu ihr? Sie sprach die Worte nicht laut aus, sondern nur in Gedanken, einfach und klar.

Maus reagierte sofort. Er hob lauschend den Kopf. Dann schnaubte er und schüttelte seine Mähne.

Es ist wahr, sagte Rowan in Gedanken zu ihm. Du kannst zu deiner Mutter und deiner ersten Herde zurück.

Als Maus sich von ihr löste, zog sich ihr Herz zusammen.

Er machte Bocksprünge vor Aufregung und tänzelte begeistert über den Strand, mit gesenktem Kopf, fliegenden Hufen und peitschendem Schwanz. Jede Faser seines Körpers feierte die Neuigkeit.

Als Rowan seine Freude sah, musste sie unter Tränen lachen. Maus’ Reaktion machte es ihr leichter. Er wollte zurück nach Hause. Es war richtig so, dies war der Beweis.

»Komm her, Rowan!«, sagte ihr Vater und breitete die Arme aus.

Rowan umschlang seine Taille und drückte das Gesicht in seine warme Wolljacke.

»Du bist so tapfer«, sagte er, als sie sich in seine Arme schmiegte. »Ich bin stolz auf dich.«

Sie fühlte sich aber gar nicht tapfer. Sie fühlte sich klein und traurig und hatte Angst, ohne Maus noch einsamer zu sein, als sie es ohnehin war. Trotzdem klang ihre Stimme fest, als sie fragte: »Wie weit ist es dorthin?« Und noch fester, als sie sagte: »Ich will ihn hinbringen.«

»Nein, Rowan!«, sagte ihr Vater. »Es ist nicht sicher dort draußen. Ich kann dich nicht allein gehen lassen.«

»Aber wenn wir fliegen, ist das der schnellste Weg.« Rowan ließ nicht locker. »Habt ihr eine Karte?«, fragte sie die Hexen. Benutzten Hexen so gewöhnliche Hilfsmittel?

Safira grinste. »Ja! Auch Hexen brauchen Landkarten – natürlich brauchen wir die!« Damit zog sie ein dickes Blatt Papier unter ihrem Samtmantel hervor. »Sieh mal, das ist die Dornenfischinsel. Hier.« Sie zeigte auf eine Insel von der Form eines Fisches, der unmittelbar nördlich des Festlandes im Meer trieb. »Und hier sind die Graslande, die zwischen Estrien und unserer Hauptstadt liegen.«

Rowan betrachtete die Karte und fuhr mit dem Finger auf ihr entlang. Sie versuchte, die Entfernungen abzuschätzen. »Das ist etwa ein halber Tagesflug, nicht?«, vermutete sie.

Mara stimmte ihr zu und ergänzte: »Von dort kannst du mit einem Flussschiff zurück zur Küste und bist am nächsten Tag wieder zu Hause.«

Ihr Vater wirkte immer noch unsicher.

»Wir fertigen dir für deine Reise eine Kopie der Karte an. Und wir können einen Trugzauber heraufbeschwören, um euch zu tarnen«, sagte Safira.

Rowans Vater hob die Hände. »Ich sehe schon, ich bin überstimmt!« Er lachte leise. »Also schön. Dann werde ich den Tag eben mit Angeln verbringen.« Sofort wurde er wieder ernst. »Versprich mir, dass ihr euch in Acht nehmt, Rowan, bitte.«

»Das machen wir«, sagte sie.