Waldviertelfalle - Maria Publig - E-Book

Waldviertelfalle E-Book

Maria Publig

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  • Herausgeber: GMEINER
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2024
Beschreibung

Die PR-Lady Walli Winzer trifft im Griechenlandurlaub ihre Jugendliebe. Erinnerungen an die 1980er Jahre erwachen. Kurz darauf besucht er sie im Waldviertel, da er Geschäfte mit dem Inhaber einer Mohnölmühle betreibt. Seit der neuen Kreation, den Mohnkipferln, des Dorfbäckers herrscht im Ort gute Stimmung, was Bürgermeister Brunner auf seine Politik zurückführt. Manche sehen das anders. Wenig später liegt der Bäcker tot in der Backstube. Dorfpolizist Grubinger setzt erneut auf die pfiffige Walli Winzer.

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Maria Publig

Waldviertelfalle

Kriminalroman

Zum Buch

Mohnrausch Die Wiener PR-Lady Walli Winzer kann es kaum fassen, trifft sie im Griechenlandurlaub doch tatsächlich auf ihre Jugendliebe Rudi. Neue Gefühle füreinander erwachen. Aus dem einstigen Träumer ist inzwischen ein erfolgreicher Kaufmann geworden. Voller Freude besucht er sie im Waldviertel, da er auch Geschäfte mit dem Inhaber der Mohnölmühle in Großlichten betreibt. Seit der neuen Kreation, den Mohnkipferln, des Dorfbäckers, herrscht im Ort besonders gute Stimmung, was Bürgermeister Brunner auf seine Politik zurückführt. Das sehen einige naturgemäß anders. Vor allem, nachdem Ungereimtheiten bei Förderungen aufgetreten sind. Als Gegenkandidatin ruft das nicht nur Lena Breitenecker auf den Plan. Aber auch woanders gibt es Meinungsverschiedenheiten. Die Ehe des Bäckers scheint plötzlich belastet. Wenig später liegt er tot in seiner Backstube. Dorfpolizist Sepp Grubinger setzt bei den Ermittlungen auf den Spürsinn der findigen Walli Winzer.

Maria Publig wurde in Wien geboren und verbrachte mit ihrer Familie viele Sommer im südlichen Waldviertel. Nach ihrem Studium arbeitete sie als Journalistin für Tages- und Wochenzeitungen. Später wechselte sie als Moderatorin und als Redakteurin in den ORF. Bevor sie sich dem Krimischreiben zuwandte, schrieb sie Kultursachbücher, die international ausgezeichnet wurden. Wovon sie überzeugt ist: Für gute Gedanken und Kreativität muss man sich Zeit nehmen. Die gönnt sie sich zwischendurch – ziemlich oft im Waldviertel.

Impressum

Personen und Handlung sind frei erfunden.

Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen

sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Die automatisierte Analyse des Werkes, um daraus Informationen insbesondere über Muster, Trends und Korrelationen gemäß § 44b UrhG (»Text und Data Mining«) zu gewinnen, ist untersagt.

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[email protected]

Alle Rechte vorbehalten

Herstellung/E-Book: Mirjam Hecht

Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart

unter Verwendung eines Fotos von: © Josef Reiter / istockphoto.com

ISBN 978-3-8392-7898-7

Widmung

Für Lotana

Prolog

Sie fröstelte. Zitterte am ganzen Körper. Ob es aus Angst war oder weil sie hier unten in der feuchten Grube saß, wusste sie nicht. Nur, dass sie schon so lang eingesperrt war. Sich kaum bewegen konnte. Ihre angewinkelten Beine schmerzten. Die sie ausstrecken wollte. Es aber nicht konnte.

Sie trommelte gegen die Wände. War verzweifelt. Geröll rieselte auf sie herab. Bedeckte ihren Körper mit Erde und Granitsplittern. Um sich zu schützen, schloss sie die Augen. Legte die Hände über den Kopf. Wartete ab, bis der Steinhagel vorbei war.

Als sie die Augen wieder öffnete, hatte sich für sie nichts verändert. Alles war dunkel wie zuvor. Zwei Spalten an der Falltür über ihr ließen Tageslicht vermuten.

Erst durch die verzweifelte Bewegung hatte sie bemerkt, dass sie ihre Beine kaum spürte. Diese nicht bewegen konnte. Das Kauern die Blutzufuhr beeinträchtigt hatte.

Doch sie wollte stehen. Musste stehen. Sie zwang sich.

Mit ihren Unterarmen zog sie sich an den Wänden hoch. Es misslang. Sie rutschte ab. Wieder. Und immer wieder. Probierte es nochmals. Das Gleiche.

So oft, bis ihre Arme schmerzten. Aufgeschürft waren. Regelrecht brannten.

Wie ihre Seele.

Vor Verzweiflung.

Warum hatte man sie hierher verschleppt. Eingesperrt. Verschnürt. Wie ein Gepäckstück. Das fragte sie sich, seit sie hier war. Was sie allerdings niemanden fragen konnte, da man ihr gleich den Mund verklebt hatte. Damit sie nicht schrie. Nichts verriet.

Fest hatte sie ihre Ellbogen in die Seitenwände verkeilt. Sich mit Unterstützung der Hüfte hochgezogen. Ihre Beine nachgeschliffen. Wollte sich auf ihnen abstützen. Das ging nicht. Stattdessen stürzte sie. Schlug mit dem Kopf an die Wand, dann auf dem Boden auf. Blut rann ihr aus der Nase. Ihr Kopf schmerzte – bis da nichts mehr war.

1. Kapitel

Das hatte sie nun davon. So früh auf der Leiter zu stehen und Lindenblüten in einen Korb zu legen. Als hätte sie nichts Besseres um diese Zeit zu tun. Um 8.00 Uhr morgens nämlich. Das war für sie eine absolut unchristliche Zeit. Normalerweise schlief sie da noch und träumte wonnig.

Vor Kurzem hätte sie sich so eine sinnentleerte Tätigkeit unmöglich vorstellen können. Stadtpflanze, die sie war. Keine Schlüsselblume konnte sie von einem Haustorschlüssel unterscheiden. Also natürlich nur bildhaft gesprochen. Fremd waren ihr sämtliche Abläufe in der Natur gewesen, bevor sie vor ein paar Jahren hierhergezogen war.

Und jetzt hatte sie sich zu so etwas breitschlagen lassen. Vorhin. Während des Telefonats, das sie am Flughafen entgegengenommen hatte. Mit dem Dorfpolizisten Sepp Grubinger. Nämlich Lindenblüten zu brocken. Darum hatte er sie gebeten. Umbringen könnte sie sich jetzt dafür, so selbstlos gewesen zu sein und zugestimmt zu haben.

Offenbar war er sehr früh in seiner Polizeidienstaußenstelle in Großlichten gewesen und war auf keine bessere Idee gekommen, als sie zum ehestmöglichen Zeitpunkt am Handy zu kontaktieren. Wie oft er es probiert hatte, wollte sie gar nicht wissen. Denn das Display hatte gleich nach ihrer Ankunft am Wiener Flughafen in Schwechat mehrere Anrufe angezeigt. Jeden hätte sie im Laufe des Vormittags zurückgerufen. Doch bevor sie überprüfen konnte, wer es nicht erwarten konnte, dass sie aus Griechenland kommend nun österreichischen Boden betrat, erwischte Sepp Grubinger sie persönlich am Telefon. Im Reflex hatte sie abgehoben und bereute es im selben Moment.

Vom Flug her fühlte sie sich schlapp, und gleich um 6.00 Uhr morgens die Stimme des Dorfpolizisten zu hören, ließ sie nichts Gutes ahnen. Sofort waren ihre Gedanken bei ihrem alten Schulhaus, das sie hatte renovieren lassen. Sie hoffte, dass in dieses hübsche historische Gebäude, in dem Kinder im 18. Jahrhundert bereits fleißig gelernt hatten, während ihrer Abwesenheit nicht eingebrochen worden war. Denn was würde ein Polizist, mit dem Walli Winzer privat sonst eher wenige Worte wechselte, um diese Uhrzeit von ihr wollen?

Das Telefonat war dann kurz und direkt gewesen. Der vermeintliche Einbruch war gleich mal vom Tisch. Zu Wallis Erleichterung. Das hatte Sepp Grubinger auch sofort bemerkt und sich sogar entschuldigt, sie unbeabsichtigt erschreckt zu haben. Aber für ihn begann der Tag nun mal um diese Zeit.

Walli Winzer war regelrecht verblüfft gewesen über sein Eingeständnis. Denn in der Regel zeigte sich der Dorfpolizist ihr gegenüber wenig zuvorkommend. Was nicht hieß, dass er nicht vielleicht dazulernen konnte. Immerhin wohnte sie nun schon ein paar Jährchen im südlichen Waldviertel. Genauer gesagt in Großlichten nahe Gföhl.

Ein beschauliches Plätzchen war das. Umgeben von dichten Wäldern und weiten Fluren, wohin das Auge reichte. Durchkreuzt nur von Bächen und vom Flüsschen der Kleinen Krems. Wie Walli Winzer andernorts diesen Landstrich gerne erklärte: Es hatte sie in eine Region verschlagen, wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagten.

Und das war gut so. Für die Phase in ihrem Leben, in der sie sich erholen wollte. Vom hektischen Alltag in Wien. Der sie manchmal an die Grenze ihrer Belastbarkeit brachte. Eigentlich müsste sie sagen: gebracht hatte.

Denn knapp vor einem Burnout hatten sie ihre Freunde – allen voran die Breiteneckers – aus der Gleichförmigkeit des an ihrer Substanz zehrenden Societylebens herausgelockt. Hierher ins Waldviertel. Das eine Welt für sich war. Abgeschieden am nördlichsten Punkt Österreichs. Manche nannten es daher auch das österreichische Kanada.

Und zu dieser in vielem recht eigenen Welt zählte auch dieser Dorfpolizist. Für den, wie er meinte, 6.00 Uhr morgens nahezu mitten am Tag war. Wo er offenbar jede und jeden ohne triftigen Grund anrufen konnte.

»Frau Winzer, ich muss Sie dringend sprechen«, hatte er zu ihr gesagt.

Walli war von der schlaflosen Nacht am griechischen Flughafen noch so benommen, dass sie vorerst nicht richtig reagierte. Sie fragte nicht nach, weshalb Grubinger sie brauchte, sondern bemerkte nur, wie wortreich er sie überfiel. Wie er in seinem Informationsdrang nicht zu bremsen war.

Dabei war sie nur drei Wochen fort gewesen. Er konnte sich doch nicht nach ihr gesehnt haben, denn Genaueres bekam sie telefonisch in der Eile nicht mit. Nur so viel, dass es etwas Heikles sei.

Stundenlang hatte sie auf ihren Abflug gewartet. Gemeinsam mit einem Heer anderer Passagiere. In der stickig-heißen Wartehalle des Flughafens von Heraklion in Kreta. Mit dem Quengeln übermüdeter Kinder im Hintergrund. Die pure Freude war das bis in die Morgenstunden hinein für sie gewesen, deren Gejammere mitanhören zu müssen. Erwürgen wollte sie am liebsten einige davon. Als Zumutung empfand sie solche Menschenmassen.

Spätestens in diesem Moment war sie unendlich dankbar dafür gewesen, dass ihr solch eine Brut erspart geblieben war. Sich mit so kleinen Ungeheuern jahrelang herumärgern zu müssen, das wäre nichts für sie gewesen. Später waren die meisten sowieso undankbar. Warfen einem Dinge an den Kopf, worüber man nur so staunte. Was man als Mutter nicht alles versäumt habe. Während wiederum andere vermeintliche Überversorgung beklagten. Egal, wie es die Eltern auch machten, mittlerweile hatte Walli Winzer den Eindruck gewonnen, Kinder hätten später an allem etwas auszusetzen. Nichts konnte man ihnen recht machen.

Aber das lag wohl in der Natur. Denn wie sollten sie sonst lernen, auf eigenen Beinen zu stehen? Sie mussten sich von manchem lossagen, um ihren eigenen Weg zu finden.

Solch kontroversen Debatten blieben Walli erfreulicherweise eben erspart.

Diese Gedanken gingen ihr durch den Kopf, als sie auf der Leiter stand und frische Lindenblüten in den Korb legte. Sie hielt ihn in der Hand und achtete darauf, die Blüten gleichmäßig darin zu verteilen. Es sollten an einer Seite nicht zu viele übereinanderliegen. Denn die Dolden wollte sie nicht beschädigen. Sonst würden sie Saft verlieren. Und genau den brauchte Grubingers Frau Resi jetzt dringend.

Es hatte einige Zeit gedauert, dem Dorfpolizisten zu entlocken, weshalb Resi gerade jetzt ihre Lindenblüten haben wollte und weshalb sie sie nicht direkt anrief, sondern ihrem Mann den Auftrag dazu erteilte.

»Bei Ihnen steht einer der letzten Lindenbäume unseres Orts. Alle anderen wurden durch neue Baumarten ersetzt. Unsere alte Lehrerin hat seinerzeit scho gwusst, was sie an der alten Linde hat. Nicht nur Schatten im Sommer, sondern der Baum hat ihre Gesundheit das ganze Jahr erhalten«, hatte Sepp Grubinger ihr am Telefon erzählt.

»Die Resi is jetzt ganz auf dem Kräutergesundheitstrip. Natürlich nimmt sie auch Medikamente, wenn sie die braucht. Aber der frische Lindenblütentee oder -saft hilft ganz guat bei Erkältung und grippalem Infekt. Und sie hat beides zammen mit hohem Fieber«, zeigte sich Grubinger besorgt. »Daher hat sie mich gebeten, Sie um diese Medizin zu ersuchen.«

Was durfte Walli Winzer seinem Ersuchen daher entgegenhalten? Nichts. Eben. Zumal Sepp Grubinger wirklich besorgt geklungen hatte. Ob es ausschließlich wegen seiner Frau war oder mehr wegen der Sache, über die er mit ihr reden wollte, wie er angekündigt hatte, konnte sie nicht ausmachen. Jedenfalls hatte er sich für demnächst bei ihr angesagt. Da wollte Walli das Säckchen mit den Lindenblüten schon vorbereitet haben.

Da der Dorfpolizist seines Körperumfangs wegen nicht mehr zu den Topathleten zählte, hatte die Wiener PR-Expertin sich bemüßigt gefühlt, selbst auf die Leiter zu steigen. Na ja, gertenschlank war auch sie nicht mehr, aber immerhin wähnte sie sich wendiger als er. Sie lehnte auf der Leiter am Baum und streckte ihren Arm weit nach vorne, um eine besonders schöne Dolde zu erreichen. Aus den Augenwinkeln sah sie währenddessen ein getigertes Etwas auf vier Pfoten über die Wiese trippeln.

Das konnte doch nicht wahr sein! Sie war eben erst in Großlichten eingetroffen. Hatte schnell ihr Auto vor dem Haus geparkt. Sogar der Koffer lag noch im Gepäckraum. Wie konnte ihr Kater Filou bereits wissen, dass sie da war? Er lief doch ausgedehnte Runden, für die er einige Zeit brauchte, um nach Hause zu kommen. Aber Katzen hatten eben den sprichwörtlich sechsten Sinn. Und Filou verfügte sowieso über ein besonders feines Sensorium, freute sie sich.

Walli Winzer sah auf den Korb, der inzwischen halb voll geworden war. Sie befand, dass es genug war. Dabei ließ sie Filou nicht aus den Augen und stieg einige Sprossen hinab. Da der Kater plötzlich zur Gänze hinter einem Strauch verschwunden war und länger nicht zum Vorschein kam, neigte sie sich gefährlich zur Seite, um nach ihm zu schauen.

Nur hatte sie nicht mit ihren überschüssigen Kilos gerechnet. Die Leiter kippte. Walli ließ den Korb fallen und erwischte gerade noch rechtzeitig einen der Äste, um sich daran festzuhalten. Sie konnte dadurch Schlimmeres verhindern.

Mit ihren Beinen bemühte sie sich, den Rahmen der Leiter zu erreichen, um sich an diesem abzustützen und langsam, aber sicher Bodenhaftung zu bekommen. Das gelang ihr aber nicht so leicht.

Während sie heftig strampelte, um die Leiter zu erreichen, betrat Sepp Grubinger den Garten und staunte. »Ja, Frau Winzer, was machen Sie denn da? Warum hängen Sie am Baum?«

Na ja. Manchmal schien er gedanklich wirklich nicht auf der Höhe, stellte die Wiener PR-Lady erschöpft fest. Seufzte und konnte sich kräftemäßig kaum noch halten.

»Helfen Sie mir! Oder glauben Sie, ich mache hier freiwillig meine morgendlichen Turnübungen?«

Sepp Grubinger sammelte sich wieder und stellte sich verunsichert unterhalb die leidlich Geprüfte. Er überlegte kurz, wie er sie auffangen könnte, ohne ihr dabei zu nahe zu kommen. Die Frage erledigte sich allerdings von selbst. Denn Walli konnte sich nicht mehr länger halten und landete direkt in seinen Armen. Wie von der Tarantel gestochen, ließ der Dorfpolizist sie augenblicklich fallen und blieb wenige Meter von ihr entfernt stehen.

»Das ist ja noch einmal gut gegangen«, murmelte sie erleichtert und nickte ihm dabei dankend zu.

»Wie ist das passiert?«, fragte er und rückte seine Polizeikappe zurecht.

Inzwischen stand auch Filou vor Frauchen und sah sie überrascht an. Erfreut strich er um ihre Beine. Er wollte, dass sie ihn hochhob. Walli griff nach ihm und drückte ihn zur Begrüßung an sich. Der Kater war sichtlich glücklich, seine Halterin nach drei Wochen Abwesenheit wieder bei sich zu wissen. Vor Freude hörte er gar nicht auf, sein Köpfchen an ihrer Wange zu reiben. Sie wiederum küsste ihn einige Male auf seine Ohren, was ihn dazu veranlasste, sein Haupt zu schütteln. Das ließ Walli Winzer zurückweichen, und sie stellte ihn auf den Boden zurück.

Sepp Grubinger sah inzwischen den leeren Korb und die verstreuten Lindenblüten. Er kniete sich auf die Wiese und begann, eine nach der anderen einzusammeln. Da es doch recht viele waren, fühlte auch Walli sich dazu bemüßigt, ihm zu helfen. Beide verstrickte das sofort in ein Gespräch, das sie im Haus bei einer Schale Kaffee fortsetzten.

»Ich war noch nie auf Kreta. Aber wenn Sie so davon schwärmen, werde ich das einmal mit meiner Resi besprechen«, antwortete der Dorfpolizist auf Wallis letzte Worte hin.

»Sagen Sie, und Ihre Frau hat jetzt die Sommergrippe?«

»Na ja, wahrscheinlich ist es ein grippaler Infekt mit allem, was dazugehört: Husten, Schnupfen, Heiserkeit. Aber sie schwört auf Lindenblüten, darauf, dass die ihr helfen. Weil die jetzt blühen, will sie unbedingt frische und nicht getrocknete für den Tee verwenden.«

»Ja, ich hab das von Ihnen als dringende Bitte verstanden. Aber Sie wollten mir noch etwas anderes erzählen. Das auch wichtig klang. Etwas … wie soll ich sagen … was Sie am Telefon aufgeregt hatte.«

Sepp Grubinger nahm einen Schluck Kaffee und versuchte, wieder Fassung zu gewinnen. »Ich habe die Information von jemandem, der ungenannt bleiben möchte. Denn er will ja im Dorf weiterleben. Wenn sein Vorwurf öffentlich würde, wär das keine Minute mehr der Fall.«

»Also, Grubinger, Sie machen es ja richtig spannend. Was gibt’s denn?«

»Frau Winzer, Sie werden es nicht glauben, aber …« Der Polizist stockte beim Reden. »… unser Bürgermeister …«

Walli Winzer seufzte. Gingen ihr die unzähligen Geschichten, die um den Bürgermeister Großlichtens kursierten, doch langsam, aber sicher auf die Nerven. Josef Brunner war ein Schlawiner, von deren Sorte sie in Wien viele kannte. Dort konnte man den Kontakt mit dieser Spezies Mensch meiden. Musste in der Regel nicht auf engstem Raum mit ihnen zusammenleben. Was hier deutlich schwieriger war. Sie sah Sepp Grubinger lange und gespielt gelassen an, um ihm das Gefühl ihrer vollen Aufmerksamkeit zu geben.

Er fühlte sich sichtlich nicht wohl dabei, etwas wiedergeben zu müssen, das er nicht geprüft hatte und ins Reich der Gerüchte gehören konnte. Dennoch sprach er es endlich knapp und nüchtern an: »Bürgermeister Brunner soll stiller Teilhaber der örtlichen Baufirma von Eduard Altmeier sein. Ja, und dem lässt er gezielt Bauaufträge und Informationen zukommen. Wir haben es bisher vermutet, aber mein Informant weiß es jetzt sicher. Was sagen Sie dazu?«

Walli Winzer reagierte darauf keineswegs verblüfft. Sie stand ruhig vom alten Tisch in der Mitte des modern gestalteten Wohnzimmers auf und öffnete das Fenster. Filou saß draußen auf dem Brett, miaute und wollte hereingelassen werden. Behände stürzte er in die Stube, um in die Küche abzubiegen. Er war sich sicher, dass Frauchen inzwischen seine Morgenration an Futter vorbereitet hatte. Walli lächelte und schüttelte seiner Impulsivität wegen den Kopf. Dann wendete sie sich wieder Sepp Grubinger zu. »Also, ehrlich gesagt, verwundert mich das nicht. Es gibt doch nichts, wo der seine schmutzigen Finger nicht drin hätte. Nur müsste sich endlich jemand getrauen, ihm das Handwerk zu legen.«

»Um ihn zu überführen, dafür fehlten bisher immer die Beweise«, ergänzte der Dorfpolizist. »Mir sind die Hände gebunden, wenn es nur Vermutungen gibt.«

»Ihr Informant müsste aus seiner Deckung gehen und die Fakten auf den Tisch legen. Dann können Sie etwas tun.«

»Na, darum geht es doch. Er möchte es ja gerne, aber ihm fehlt der Zugang zu den Dokumenten, die alles beweisen. Er hat nur ein Gespräch mitgehört, wo Brunner den nächsten Deal mit Altmeier besprochen hat. Er stand unentdeckt in deren Nähe.«

»Ja, und was soll ich da tun?«, fragte Walli Winzer weiter.

»Ich dachte, dass Sie … und Harry Kain. Dass Sie sich eventuell auf den Weg machen könnten, um …«

»Grubinger, ich muss Sie diesmal leider enttäuschen. Für so etwas habe ich jetzt absolut keine Zeit. Ich erwarte in den nächsten Tagen Besuch aus Griechenland. Mein Freund aus Jugendtagen wird zu mir kommen.«

Sepp Grubinger verzog enttäuscht sein Gesicht. Er stand auf und griff nach seiner Dienstkappe. Damit machte er deutlich, dass ihn hier nichts mehr hielt.

»Herr Grubinger, sind S’ doch nicht gleich wieder eingeschnappt. Sie werden das schon machen«, versuchte Walli Winzer ihn aufzumuntern. »Bleiben Sie. Sie haben Ihren Kaffee ja noch gar nicht fertig getrunken. Erzählen Sie mir, was sich in den paar Wochen sonst noch getan hat.«

Sepp Grubinger legte seine Kappe wieder zurück und erzählte von dem neuen Mohnkipferlrezept der Bäckerei Schiefer, das alle im Ort begeisterte. Die Leute sagten, dass die Kipferl nicht nur köstlich schmeckten, sondern beim Kaffee regelrecht entspannten. Er selbst habe sie noch nicht probiert.

Inzwischen war Filou wieder ins Zimmer zurückgetrippelt. Er sah sichtlich zufrieden aus und setzte sich auf den großen Handknüpfer in der Mitte des Wohnzimmers, den die PR-Expertin von einer Türkeireise mitgebracht hatte.

Der Kater schien allerdings nicht sonderlich erfreut über die weitere Anwesenheit des Dorfpolizisten zu sein. Schließlich entzog er ihm die Aufmerksamkeit von Frauchen. Und nach seiner köstlichen Morgenration fehlten eindeutig noch ihre Streicheleinheiten. So sehr hatte er sie vermisst. Danach würde er sich gemütlich aufs Ohr rollen.

Filou wäre nicht Filou, wäre ihm nicht sofort auch eine Lösung eingefallen, um den lästigen Konkurrenten zu vertreiben. Langsam machte er sich auf den Weg Richtung Tisch und legte sich gemächlich auf die klobigen Schuhe des Polizisten. Dieser war darüber nicht schlecht erstaunt. Als er kurze Zeit später eine wohlige Wärme in seinen Schuhschaft rinnen spürte, war seine Duldsamkeit allerdings dahin.

Er schüttelte den Kater ab, danach sah er auf den Boden, der aber trocken geblieben war. Der Dorfpolizist war verunsichert. Filou jedoch hatte punktgenau gezielt und getroffen.

Einige Hin-und-her-Bewegungen im Schuh bestätigten schließlich seine Vermutung. Es reichte ihm für heute: »Frau Winzer, ich glaube, wir setzen unser Gespräch ein anderes Mal fort.« Sprach es und war dahin.

Geht doch, rekelte sich Filou jetzt genüsslich. Denn gleich würde er die volle Aufmerksamkeit seines Frauchens ganz für sich allein haben.

2. Kapitel

»Hallo, Walli, bist du endlich da?«, mahnte eine Stimme aus dem Mobiltelefon.

Walli Winzer hatte den Anruf entgegengenommen, das Handy aber auf den Beifahrersitz gelegt und reagierte nicht darauf. Sie konzentrierte sich darauf, sich mit ihrem neuen E-Car in eine winzige Parklücke einzufädeln.

»Haaaaallo! Bist du da?«, dröhnte es nun unwirsch aus dem Telefon. »Was ist los?«

Walli stellte den Motor ab und griff zum Handy. »Ja, ich hab eben eingeparkt. Bin gleich da.«

»Ich warte schon geschlagene zwanzig Minuten auf dich …«

Die PR-Lady hielt das Telefon inzwischen weit vom Ohr weg, griff ihre große Tasche vom Sitz und versperrte das Auto. Dann begab sie sich flotten Schritts Richtung Bäckerei. Zwischendurch holte sie das Telefon wieder ans Ohr, als es lauter wurde, nahm sie es wieder weg und flüsterte in unregelmäßigen Abständen ein nichtssagendes »Ahm« hinein. Sie täuschte vor, Lenas Vorhaltungen tapfer zuzuhören. Sagte aber kein Wort. Sie wollte der Standpauke ihrer besten Freundin Lena Breitenecker nicht noch weiteren Zündstoff liefern, wofür ein falsches Wort zweifellos genügt hätte. Als sich deren Stimme gemäßigt hatte, hauchte Walli ein kurzes »Bis gleich!« hinein und legte auf.

Pünktlichkeit war nie ihre Stärke gewesen. Also, im Berufsleben schon. Da musste man oft über den eigenen Schatten springen. Aber im Privatleben wollte Walli Winzer mehr sie selbst sein. Dazu zählte, dass sie nicht ständig auf die Uhr sehen wollte und daher den Zeitbegriff mitunter etwas Lockerer nahm. Was natürlich bei der einstigen Frau Lehrerin, die Lena in Wien vor der Übernahme des elterlichen Waldviertler Bauernhofs gewesen war, definitiv nicht gut ankam.

Als Walli Winzer den kleinen Platz am Ende des Orts Großlichten überquerte, grüßten sie einige Dorfbewohnerinnen freundlich, andere sahen aus Gewohnheit an ihr vorbei. Daran hatte sie sich als Zugereiste inzwischen gewöhnt. Und Darling aller war oder wollte sie sowieso nie sein. Auch in Wien nicht, was durchaus Gründe hatte.

So leitete sie eine der erfolgreichsten PR- und Werbeagenturen des Landes. Dass sie bei ihrer Konkurrenz deswegen keineswegs beliebt war, war ja klar. Dass sie mit ihren unorthodoxen Geschäftspraktiken mitunter gehörig übers Ziel schießen konnte – auch. Aber wie hieß es: Der Zweck heiligt die Mittel. Dieser gab ihr meist recht.

Nur was Lena betraf, plagte sie jetzt das schlechte Gewissen. Dabei würde Walli sicher nicht alles auf Filou schieben können. Aber er hatte sie derart mit Beschlag belegt, dass sie sich so schnell nicht von seinem Liebesanfall trennen konnte. Na ja, eher wollte. Denn der Abschied von Rudi Lehner in Kreta war ihr auch nicht leichtgefallen. In den wenigen Wochen waren sie einander wieder nahegekommen. Wie einst in ihrer Jugendzeit.

»Hallo, Frau Winzer! Sie schauen ja echt erholt aus. Das erkennt man auch an ihrer Sonnenbräune«, kam ihr der Elektriker des Orts entgegen, der die Installationen in ihrem Haus durchgeführt hatte und den sie gut kannte.

»Danke, manchmal braucht man das.« Zu mehr war sie nicht aufgelegt. Denn gleich würde Lena mehr aus ihr herauslocken.

»Hallo, meine Liebe!«, trippelte Walli leichten Fußes samt gewinnender Gesten in die nach Mehlspeisen duftende Bäckerei. Ihr Blick fiel auf den Schaukasten mit einer Vielzahl an Torten und Plundergebäck. Doch sie mahnte sich zur Zurückhaltung und suchte lieber nach der Sitzecke mit der Freundin. Auf dem Weg dorthin grüßte sie Bekannte links und rechts des Gangs.

»Lena, so schön, dich zu sehen!« Walli war deren griesgrämiger Blick nicht entgangen. Dieser erhellte sich aber, als Lena Breitenecker sie näher kommen sah.

»Ich weiß, dass ich spät dran bin, aber …«

»Walli, lass gut sein. Ich habe schon so viele Ausreden in meinem Leben gehört, dass ich deine nicht auch noch brauche.«

Walli Winzer lächelte ertappt, umarmte die Freundin und legte ihre neue bunte Strandtasche aus Griechenland ab. Danach setzte sie sich neben Lena und versuchte zu erklären: »Im Moment geht bei mir alles ein bisserl langsam. Die ganze Nacht hab ich kein Auge zugemacht. Zuerst musste ich am Flughafen in Kreta auf unseren Rückflug warten. Nach drei Stunden Verzögerung ging es dann endlich los. Nicht genug: Wir mussten noch eine Stunde über Wien kreisen, ehe wir landen konnten. Das nenne ich nachhaltige Flugordnung! Dann hab ich mich ins Auto geschwungen und bin direkt mit Sack und Pack hierhergefahren.«

»Du bist nicht in Wien in deiner Wohnung gewesen?«, fragte Lena überrascht.

»Ich wollte gleich nach Großlichten. In Wien ist ja alles okay. Silvia kümmert sich nicht nur um die Agentur, sondern fährt einmal die Woche in meine Wohnung und schaut nach dem Rechten. Die Reinigungsfirma hat den Schlüssel und gießt die Blumen. Du weißt doch: Ich hänge dem Prinzip ›Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser‹ an – und das erledigt Silvia.«

»Na, nach solch einer Nacht und der Fahrt kann ich mir vorstellen, dass du dich wie gerädert fühlst.«

»Nicht nur das …« Walli erzählte ihrer Freundin schnell vom Besuch Grubingers, der stante pede Lindenblüten für seine kranke Resi abholen wollte. Ja, und dass Filou nach ihrer langen Abwesenheit natürlich auch noch seine Streicheleinheiten eingefordert hatte, aber das erwähnte sie nur in einem Nebensatz.

Lena war ab jetzt voll im Bilde, bis auf Grubingers Verdächtigungen bezüglich Bürgermeister Brunner.

Na ja, und da gab’s noch etwas.

Denn warum sie so schnell ins Waldviertel kommen wollte, das wusste die beste Freundin noch nicht. Walli sah sie daher verschmitzt an, was Lena irritierte.

»Was ist? Warum schaust du so?«

Walli lächelte und ihre Augen funkelten. »Du wirst nicht glauben, wen ich in Kreta getroffen habe.«

»Aber du warst doch ständig unterwegs. Hast doch gar keine Zeit gehabt, dich mit jemandem zu treffen. Warum also so geheimnisvoll?«

»Lena, alles musst du auch nicht wissen. Viel unterwegs war ich ja mit ihm!«

»Also, jetzt mach’s nicht so spannend. Mit wem?« Lena wurde wieder ungeduldig.

»Kannst du dich noch an den großen Schlanken erinnern? Der eine Zeit lang in unserer Clique war und mit dem ich kurz beisammen war?«

Lena Breitenecker runzelte nachdenklich die Stirn. Doch dann erinnerte sie sich. »Ah, ich weiß schon. Der, der immer herzlich und voller Idealismus war. Ständig redete er davon, dass alle Menschen im Leben die gleichen Chancen haben sollten, Geld nicht die Welt regieren dürfte, sondern Herz und Vernunft. Ja, und jede und jeder im Leben nur das tun sollte, was ihm oder ihr in erster Linie Freude machte.«

Jetzt musste selbst Walli lachen. »Ja, liebe Lena, das waren noch Zeiten! Da haben wir alle daran geglaubt. Heute unvorstellbar.«

Lena Breitenecker verzog erstaunt das Gesicht. »Also, ich glaube immer noch daran, falls dir das entgangen sein sollte. Aufhören werden ich damit nie. In meinem Bereich setze ich das weiterhin um. Egal, was andere tun oder meinen. Für mich ist das kein Trend, sondern gehört zu meinem Leben.«

Walli Winzer sah ihre langjährige Freundin sanft an. Sie bemerkte, dass Lena allerdings ernst geworden war. »Lena, klar hast du ja recht. Ich bewundere deinen unerschrockenen Glauben an das Gute im Menschen.«

Lena schüttelte den Kopf. »Wie du das sagst, Walli. Man könnte fast meinen, dass manches an dir vorübergegangen ist.«

Walli Winzer wurde nachdenklich, streckte ihren Rücken durch und atmete tief durch. »Ganz und gar nicht. Aber das Geschäftsleben verlangt von mir andere Parameter, als der soziale Bereich das tut, in dem du tätig warst, und nach denen ihr jetzt auch euren Biohof führt. Wenn ich im PR-Bereich nur fair agieren würde, könnte meine Agentur keinen Tag überleben, das sage ich dir.« Als sie an die Deals dachte, die sie immer wieder gegen ihre Mitkonkurrentin Nadja Widner eingefädelt hatte, musste Walli lachen. Die hatte sich doch tatsächlich erdreistet, nicht nur ihre Ex-Lover aus hohen Wirtschaftskreisen flachzulegen, sondern gleich auch Wallis Betriebsgeheimnisse auszuspionieren. Doch nicht mit ihr! Dem hatte sie sofort einen Riegel vorgeschoben. Wenn es sein musste, auch drastisch. Da endete nämlich Walli Winzers Interpretation der Frauensolidarität.

»Na gut, die Nadja Widner ist wirklich eine Nummer. Aber erfreulicherweise gibt es ja auch Silvia, Anna und andere Frauen, wo dein Netzwerk klappt und ihr euch gegenseitig unterstützt.«

Walli zwinkerte der Jugendfreundin zufrieden zu.

»Aber jetzt erzähl: Wie heißt denn der Knabe von damals?«

»Rudi Lehner.«

»Ja richtig. Ich kann mich nur entfernt an ihn erinnern. Denn gemeinsam viel unterwegs waren wir damals nicht. Ich hatte Hans eben erst kennengelernt, und wir wollten allein sein. So wie meine Kids das heute machen, ununterbrochen mit anderen abhängen, das gab’s bei uns noch nicht.«

»Du hast recht. Wir waren auch meist allein und haben viel geredet.«

»… so wie du das heute machst«, ergänzte Lena.

Beide lachten laut.

Als Walli Winzer dabei ihren Kopf wandte, fiel ihr ein Mann auf, der eindringlich auf den Bäcker, Toni Schiefer, einredete. Auch ein anderer Besucher, der abseits vom Verkaufstisch stand, versuchte ihn zeitgleich von etwas zu überzeugen, weshalb dieser sich offenbar überfordert fühlte. Daher vertröstete er den zweiten und rügte im Vorübergehen auch noch einen Mitarbeiter. Dieser hatte einen Korb abgestellt, ohne das Gebäck abzudecken. Danach verschwand der Konditor mit dem anderen im Büro.

»Der Schiefer hat’s auch nicht leicht, neben dem Hannes Lechner und dessen super Haubenküche mit seiner Bäckerei-Konditorei zu überleben«, lenkte Walli Lenas Aufmerksamkeit kurz auf den Betreiber.

»Ja, wobei das ja völlig unterschiedliche Leut sind, die bei beiden einkaufen. Der Hannes is ja schon eine Fremdenverkehrsattraktion, seit er im TV als Spitzenkoch auftritt. Sonst hättest du ihm nicht das Haubenlokal in deinem Reiterhof vermietet. Gib’s zu, Walli.«

»Na ja. … Das stimmt schon. Vor allem für die Wienerinnen und Wiener gehört das zum Urlaub dazu. Genuss mit Kulinarik und Natur hier im Waldviertel. Und das vom Feinsten. Wenn so ein Könner wie der Hannes etwas ausprobieren möchte, bin ich die Letzte, die ihn daran hindert.«

Lena Breitenecker grinste die Freundin an. »Da weiß ich schon, wohin du deinen Rudi demnächst ausführen wirst.«