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Eine Suite ist ein Divertimento, eine vergnügliche Partie.
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suite,Suite in neun Akten,Modernes Management,kostenbewusste Neutralität,Gurkensalat
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Seitenzahl: 92
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Die kurze Wartezeit bis zum Abgang muss irgendwie herumgebracht werden können, und sie muss ständig und von Neuem eingegeben, angegeben, ausgegeben, angereichert, aufgegeben, zertrampelt, verrührt, zerhackt und gleich anschließend sicher vernichtet werden, damit sicher-gegangen werden kann, dass sie nimmer auferstehen und wiederkehren möge, die vertrödelte Zeit des Lebens, noch als Zombie wie-derkäme und als Gespenst niederkäme, die Verruchte, denn es geht hierbei eindeutig um eine reine Zeitverschwendung und Zeitvernichtung in der ganzen, langen Zeitenrechnung, und allein dies ist doch bereits irgendwie verwegen, sündig oder sogar frevelhaft, nicht wahr? Lästerlich, zumindest? Verwerflich gar, oder wenigstens unanständig?
Unangebracht ist sie auf jeden Fall, denn Zeiten dürften sich eigentlich nie wiederholen, weil nichts fürchtet ein moderner, aber nur mittelmäßiger Maschinist, Temperaturist und Oktopussist mehr als immerzu wiederkehrende Ereignisse gleich welcher Art, denn alle Ereignisse müssen umgehend einmalig und zudem selten oder gar rar bleiben, sonst verlieren sie sofort ihren ursprünglichen Wert und ursächlichen Sinn, und wertlose Zeitzeugnisse gibt es geradezu massenhaft und trotzdem nicht wirklich, zudem nie und nirgendwo wahrhaftig. Ist das nicht ergreifend? Ist das nicht erschütternd? Die Zeitzeugen wollen hierbei indes niemals von Phantomen sprechen, ebenso wenig wie von Phänomenen oder Phantasien, ganz abgesehen von allen zerstreuten Pharisäern, überbordenden Philharmonikern, nachgefragten Photolysten und unschlüssigen Phonematikern.
Doch wie dem auch sei; es muss jetzt geschehen, was geschehen muss, und das ist in diesem Falle eindeutig ein weiterer Ermessensspielraum in allem Eklatismus, zudem eine reine Ansichtssache und eine fiese Vorgabenveranlagungsursache dazu, vielleicht sogar eine kariöse Ernennungsurkundenbestätigungsvorsorge, allerdings eine der ganz besonderen Art, wenn diese Beifügung gestattet sei. Wer jetzt aber der Ansicht sein mag, dies alles sei nichts als ein einziges Rätsel oder sogar nur reiner Mist, vergisst, dass es gar keine Rätsel gibt, keine Denkspiele und keine Enigmen, die nicht immer in all ihrer Banalität und Plattitüde, allenfalls in all ihrer Perfidie oder Trivialität leichterdings aufgelöst werden könnten. Diese Mittelmäßigkeit muss vielleicht sogar in Kauf genommen werden, weil die nachgefragte Qualität so oder so immer darunter leidet.
Doch ein Qualitätsverlust muss jederzeit in Betracht gezogen werden können; das ist wahrscheinlich sogar die derzeitige Menschheitsaufgabe in extremis, denn neulich lagen die beiden dickflüssigen Kontrollbeamten aus Kehrsatz wach in ihren breiten Betten in ihren getrennten Schlafzimmern, und zwar eine geschlagene Nacht lang und wachen, offenen Auges, wie schon so oft zuvor in ihren Leben, und währenddessen strömten ganze Texturen in vollständig ausgebildeten Sätzen von erlesener Eleganz durch ihre Köpfe, allesamt Sätze, die sie gleich auf den ersten Blick gar nicht übel fanden. Ja, sie waren sogar richtig stolz auf sie, wie sie da zügig und ungefragt in voller Länge hereinwebten und flott wieder hinausschwebten, als kämen sie nicht nur ausschließlich aus ihrer Küche, sondern von irgendwo her, vielleicht sogar aus dem All oder aus dem Fundus der widersprüchlichsten und absurdesten Gefühlslagen der linken und rechten Gehirnhemisphären, und nur deshalb mussten sie sich ernüchtert einreden, dass es wohl doch noch nicht ganz vorbei sei mit dem Schreiben, denn sie müssen nach wie vor einfach schreiben.
In der Tat: Sie müssen immerzu aufschreiben; sie können gar nicht anders, das ist ihnen einfach so gegeben, und vielleicht ist das sogar ihr innerer Auftrag oder aber eine ganz schlimme Erkrankung der übelsten Sorte, unerklärbar, unkurierbar und unheilbar. Das Malen indes können sie ohne Weiteres jahrelang unterbrechen, ohne an dieser künstlichen Pause Schaden zu nehmen, ohne dass ihnen dabei allmählich unwohl oder unbehaglich würde wie bei einem Schreibstopp, denn bei den Texten ist das anders. Sie laufen bei ihnen in roter Leuchtfarbe über den inneren Bildschirm wie die aktuellen Börsenkurse über ein Laufband in Leuchtschrift an der gläsernen Fassade einer erfolgreichen Bank an einer sehr modernen Häuserfassade entlang, und zwar beharrlich, ungefragt, also immerfort, pausenlos und ununterbrochen. Sie geben deutlich und klar über Gewinn oder Verlust, über Bewegung oder Stillstand, über Hingang oder Rückgang Auskunft, ohne dass sie diesen bemerkenswerten Vorgang eines inneren Ablaufes und Abgangs jemals steuern, anhalten oder gar beschleunigen und schon gar nicht zum Verschwinden bringen könnten.
Wie ein endloser Fluss fließen die leuchtend roten, gelben und grünen Sätze zügig auf ihren inneren Breitbandbildschirmen vorbei und schwimmen endlos dahin in eine weite, diesige Ferne hinaus, ziehen an ihnen lautlos vorüber und über sie hinweg und sinken allmählich weit draussen im Dunst einer stillen Landschaft dahin, und zwar allesamt gute Sätze, brauchbare Sätze zumal und robuste Sätze dazu, so dass sie sich sagen müssen, während sie auf dem Rücken im Bette liegen und darüber nachsinnen, ob sie sich wohl endlich wieder die Mühe machen müssten, endlich wieder zu schreiben, dass sie sich somit die Zeit nehmen sollten aufzuschreiben, was in ihnen eigentlich ständig abgeht und dass sie sich auch dieser Aufgabe zu stellen haben oder zumindest zu stellen hätten, die sie somit wieder einmal gegen besseres Wissen, gegen alle Erkenntnisse und Erfahrungen und gegen jegliche Notwendigkeit unfreiwillig angefangen haben.
Es gibt keinen einzigen Grund, dies zu tun oder nicht zu tun, aber es gibt auch keinen Anlass, diesen Drang zu unterdrücken oder aber sich ihm zu ergeben, sich ihm hinzugeben, sich ihm auszuliefern und ihn auszuleben, denn es ist mit dem Schreiben wie mit dem Brunzen: Der Drang ist da, die Pisse läuft, allerdings im Alter nur noch in stark reduzierter Form, denn die Blase leert sich nie mehr vollständig, vor allem nicht im Sitzen, aber auch nicht im Stehen, denn sie fühlen seit langem nichts Konkretes mehr unterhalb ihrer äquatorialen Gürtelzone und somit an den gefühllos gewordenen Schwanzspitzen; sie können also nicht sagen, so wie früher, ob etwas noch nicht läuft, ob etwas schon läuft, ob es immer noch läuft, oder ob es schon wieder nicht mehr läuft. Falls sie es unbedingt wissen wollen, müssen sie sich die Brillen aufsetzen, müssen sich mühsam hinunterbücken und genau hinschauen, und sie müssen zudem ihre Kümmerlinge scharf im Auge behalten und abwarten, was sie sonst noch von sich geben, oder ob sie überhaupt noch etwas von sich geben, einen letzten Tropfen vielleicht, einen letzten Spritzer oder ein letztes Aufbäumen, was immer es sein mag, oder ob sie überhaupt noch etwas zu melden haben dort unten, kurz gesagt, die dreckigen Lümmel, die beschissenen Wurmfortsätze, die lahmen Lurche, die toten Hechte; sie machen eh schon lange keinen Wank mehr.
Sie machen aus dieser Voraussetzung, was dort unten überhaupt noch möglich ist, mit viel schütteln, drücken und pressen, allerdings kein Theater und kein Aufsehen mehr, und sie möchten sich nicht sagen lassen müssen, sie hätten etwas verpasst, sie kümmerten sich zu wenig darum oder hätten etwas in sich unterdrückt, was auch immer. Behüte! Dieser falsche und völlig unzutreffende Vorwurf wäre ihnen zudem sehr unangenehm, und er wäre auch völlig unangebracht, zumal er zunächst und vor allem ausdrücklich fehl am Platze wäre. Sie wissen das seit langem, denn sie sind nun mal Schreibprofis, und sie kennen ihre unterschiedlichen Schreiblaunen längst haargenau und porentief rein. Dazu brauchen sie sich nichts mehr vorzumachen, und sie brauchen sich auch nicht mehr von dritter, völlig unberufener oder gar von unbefugter Seite her beeindrucken zu lassen, zum Beispiel von ärztlicher Seite her – dies schon gar nicht mehr.
Diese üblen und ätzenden Anfängerzeiten sind zum Glück definitiv vorbei, denn sie lassen sich längst nicht mehr dreinreden, von welcher Seite auch immer, ebenso wenig, wie sie sich überhaupt noch etwas sagen lassen würden, weil sie mittlerweile genau wissen, dass ihnen niemand mehr dreinreden darf und dreinreden kann oder dreinreden soll und dreinreden wird, auch kein Hausarzt, nicht einmal ein Notarzt. Es gibt einfach niemanden, der dazu geeignet oder gar dazu befugt wäre.
Nun ist es aber so, dass aus blankem Überlegen allein noch lange kein brauchbarer Text entstehen kann, denn jeder Text entsteht überhaupt erst mal auf dem Papier, bzw. auf dem Bildschirm, und nirgendwo sonst, erstaunlicherweise auch nicht im Kopf, und zwar in oft mühsamer Form und nur dort und nirgendwo sonst, zumal sie genau wissen, dass vor allem die schriftliche Form rein inhaltlich gesehen eine geistig und formal sehr reduzierte sprachliche Kunstform ist, formal sehr abstrakt, zwar mehr oder weniger korrekt, aber eben, insgesamt gesehen, doch nur ein skizzenhafter Entwurf, flüchtig geleitet und oberflächlich geführt und gespickt mit vielen Lücken und Löchern und fadenscheinigen Stellen und sonst nichts, nur eine dürre, rein begriffliche Konstruktion, ein entlaufener, verwirrter, verirrter und deutlich unterernährter Faun, ein unadressiertes Konvolut, ein durchaus gutge-meinter, doch eben wiederum nur abstrakter Versuch, einer sehr unbestimmten, aber harten Wirklichkeit Herr zu werden, mehr als das gewiss nicht, also nichts Konkretes, nichts wirklich Definitives, nichts Vereinzeltes oder Verbandeltes, nichts Detailliertes, nichts Ausgereiftes und vor allem nichts wirklich Behaftbares und Endgültiges.
Aber auch das Nachdenken darüber wird meist völlig überschätzt, denn nachdenken kann jeder Kummerfalter, und jeder Springinsfeld denkt immer genau so viel nach, wie er überhaupt nachdenken kann, genauso wie jeder Naseweis und Butterbrotstreicher, wenn er überhaupt nachdenken kann, das steht längst fest. Nirgendwo wird übrigens so viel nachgedacht wie im Knast, und allein diese Erkenntnis sagt alles über den Wert, das Wesen und die Qualität des Nachdenkens an sich aus. Verstehen Sie?
Vergessen wir das also, und zwar schnell, denn nachdenken führt zu nichts, und wer dabei auch noch im Knast sitzt, bleibt dazu eh im Knast sitzen, das steht fest. Am Nachdenken allein kann es also nicht liegen; da muss schon mehr her, nämlich tätige Beihilfe, sofern das Beiprogramm überhaupt weiterhilft, und zwar auf irgendeine Weise, egal auf welche, oder zumindest auf jede denkbare Weise, sagen wir mal. Nur sie entscheidet zwar über Sein oder Nichtsein, und das hat es in sich, denn es geht auch hier gleich um Leben und Tod. Schnuder oder Choder. Geld oder Blut. Dicke Wurstfinger oder schmale Pianistenhände.
Damit kann man im Haushalt jahrelang manisch Fussel aufklauben oder abwischen, wegsaugen oder einatmen, und trotzdem entstehen überall immer wieder neue Staubfussel ohne Zahl; man weiß nie, woher die überhaupt alle kommen, denn nichts im Raum besteht grundsätzlich aus Fusseln; der Rohstoff für eine nachhaltige Fusselbildung fehlt völlig, und nichts deutet darauf hin, dass bald einmal der ganze Raum von einer gleichbleibenden und gleichartigen, meist mausgrauen Staubschicht bedeckt sein wird, überall gleichmäßig verteilt, sanft und unaufhaltsam, stetig und lautlos, wenn man nichts dagegen unternimmt, und in allen Ecken und Enden werden sich diese blöden Staubfusselhaufen bilden, von denen hier ständig die Rede ist, getrieben von den leisesten Luftströmungen im Raum, von Strömungen nota bene, die man gar nicht wahrnehmen kann. Die Fussel kommen aus dem Nichts, sind einfach irgendwann mal da, kleben an Kleidern und Finken, an Spatzen und Mirabellen, an Mardern und Kardanwellen und lassen sich nicht einfach wieder vertreiben oder wegwünschen.
Der informierte Infirmist muss sie gewissermaßen einzeln behandeln, muss sie mühsam gebückt aufnehmen und persönlich zur Abfalltonne tragen, denn sie sind unübersehbar, obwohl nichts darauf hindeutet, dass ihnen ihre unnütze Existenz überhaupt etwas bedeutet, denn nichts verleiht ihnen jemals die Wichtigkeit, die sie für sich gar nicht beanspruchen können, und es stellt sich unausweichlich die brennende Frage, ob es nicht doch einen Fusselteufel gebe, der irgendwo lauert und laufend Fussel produziert, unsichtbar in einer Zimmerecke kauernd vielleicht, ohne jegliches menschliche Dazutun, um sie