Was machst du aus deinem Leben? - Jiddu Krishnamurti - E-Book

Was machst du aus deinem Leben? E-Book

Jiddu Krishnamurti

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Beschreibung

Wer bin ich? Was erwarte ich vom Leben? Und was macht mich eigentlich aus? Einer der größten philosophischen Lehrer der Welt zeigt uns seine inspirierende Weisheit zur Bewältigung der vielen Hürden des Lebens. Er widmet sich Themenfeldern wie Beziehungen und Liebe, aber auch den Schattenseiten des Lebens wie Angst und Einsamkeit. Er behandelt bedeutende Fragen, die uns Menschen beschäftigen, und offenbart den besten Weg, sich selbst treu zu bleiben. Jiddu Krishnamurtis Lehren wurden von Millionen Menschen aus allen Gesellschaftsschichten geschätzt und zeigen uns, dass es nicht den einen Weg gibt, keine höhere Autorität, keinen Guru, dem wir folgen können, sondern dass es letztlich unsere eigene Verantwortung ist, wie wir unser Leben gestalten.

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J. KRISHNAMURTI

WAS MACHST DU AUS DEINEM LEBEN?

J. KRISHNAMURTI

WAS MACHST DU AUS DEINEM LEBEN?

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen

[email protected]

2. Auflage 2022

© 2021 by FinanzBuch Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Türkenstraße 89

80799 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Copyright © 2001 Krishnamurti Foundation of America

Krishnamurti Foundation of America

P.O. Box 1560, Ojai, California 93024, United States of America

E-Mail: [email protected], Website: www.kfa.org

Die englische Originalausgabe erschien 2001 bei K Foundation America Publications unter dem Titel What are You Doing with Your Life?.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Übersetzung: Elisabeth Liebl

Redaktion: Matthias Höhne

Korrektorat: Hella Neukötter

Umschlaggestaltung: in Anlehnung an das Cover der Originalausgabe Karina Braun, München

Satz: Carsten Klein, Torgau

Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN Print 978-3-95972-416-6

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96092-777-8

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96092-778-5

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.finanzbuchverlag.de

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INHALT

Stimmen über Jiddu Krishnamurti

Vorwort

Einführung

Teil I Ihr Selbst und Ihr Leben

Kapitel 1: Was sind Sie?

Kapitel 2: Was wollen Sie?

Kapitel 3: Gedanken, der Denker und das Gefängnis des Selbst

Kapitel 4: Einsicht, Intelligenz und Revolution in Ihrem Leben

Kapitel 5: Flucht, Unterhaltung, Vergnügen

Kapitel 6: Warum sollten wir uns ändern?

Kapitel 7: Was ist der Sinn des Lebens?

Teil II Selbsterkenntnis: der Schlüssel zur Freiheit

Kapitel 1: Angst

Kapitel 2: Wut und Gewalt

Kapitel 3: Langeweile und Interesse

Kapitel 4: Selbstmitleid, Schmerz, Leid

Kapitel 5: Eifersucht, Besitzstreben, Neid

Kapitel 6: Verlangen und Wünschen

Kapitel 7: Selbstachtung: Erfolg und Misserfolg

Kapitel 8: Einsamkeit, Depression, Verwirrung

Kapitel 9: Das Ende des Selbst, nicht seine Verbesserung beendet unser Leid

Teil III Erziehung, Arbeit und Geld

Kapitel 1: Was ist Erziehung?

Kapitel 2: Vergleich und Wettbewerb oder Zusammenarbeit?

Kapitel 3: Arbeit: Wie entscheiden Sie?

Kapitel 4: Was ist die Grundlage für richtiges Handeln?

Teil IV Beziehungen

Kapitel 1: Was sind Beziehungen?

Kapitel 2: Liebe, Verlangen, Sex und Abhängigkeit

Kapitel 3: Familie und Gesellschaft: Beziehung oder Ausgrenzung?

Kapitel 4: Die Natur und die Erde

Kapitel 5: Ehe: Liebe und Sex

Kapitel 6: Leidenschaft

Kapitel 7: Wahrheit, Gott, Tod

Kapitel 8: Meditation ist Aufmerksamkeit

Quellen

Anhang

STIMMEN ÜBER JIDDU KRISHNAMURTI

J. Krishnamurti unterrichtete junge Menschen auf der ganzen Welt und gründete Schulen in Kalifornien, England und Indien. »Wenn man jung ist«, sagte er, »muss man revolutionär sein, nicht nur in der Revolte . . . psychologisch revolutionär zu sein bedeutet, kein Muster zu akzeptieren.«

Der Dalai-Lama bezeichnet Krishnamurti als »einen der größten Denker des Zeitalters«.

Das Time Magazine erklärte Krishnamurti zusammen mit Mutter Teresa zu »einem der fünf Heiligen des 20. Jahrhunderts«.

»Ich glaube, die Bedeutung Krishnamurtis für unsere Zeit besteht darin, dass man selbstständig denken muss und sich nicht von äußeren Religionen oder spirituellen Autoritäten beeinflussen lassen darf.«

Van Morrison, Musiker

»Ihm zuzuhören oder seine Gedanken zu lesen bedeutet, sich selbst und der Welt mit einer erstaunlichen Frische zu begegnen.«

Anne Morrow Lindbergh, Dichterin, Schriftstellerin

»In meinem eigenen Leben hat Krishnamurti mich zutiefst beeinflusst und mir persönlich geholfen, die Grenzen meiner selbst auferlegten Einschränkungen meiner Freiheit zu durchbrechen.«

Deepak Chopra, M.D.

»Es war, wie einem Vortrag des Buddha zuzuhören – eine solche Macht, eine solche innere Autorität.«

Aldous Huxley

VORWORT

Jiddu Krishnamurti (1895 bis 1986) war Sohn indischer Eltern, wurde in England erzogen und hielt Vorträge in aller Welt. Er nahm für sich in Anspruch, keiner Kaste, Nationalität oder Religion anzugehören, und fühlte sich keiner Tradition zugehörig.

Seine Lehren umfassen mehr als 20 Millionen Worte, die in über 75 Büchern, auf 700 Audiokassetten und 1200 Videokassetten überliefert sind. Bislang wurden davon mehr als vier Millionen Exemplare in 22 Sprachen verkauft. Das Time Magazine erklärte ihn zu einem der fünf Heiligen des 20. Jahrhunderts, zusammen mit dem Dalai-Lama und Mutter Teresa.

Er reiste 65 Jahre lang durch die Welt und hielt bis zum Ende seines Lebens mit 90 Jahren spontan Vorträge vor großem Publikum. Die Ablehnung jeglicher spiritueller und psychologischer Autorität, auch seiner eigenen, ist eines seiner zentralen Themen. Krishnamurti vertrat die Auffassung, dass sich der Mensch durch Selbsterkenntnis von Ängsten, Konditionierungen, Autoritäten und Dogmen befreien müsse. Dies würde in seinen Augen Ordnung in die Welt bringen und wahren seelischen Wandel bewirken. Diese von Konflikten zerrissene, von Gewalt beherrschte Welt könne weder durch politische oder soziale noch durch wirtschaftliche Maßnahmen zu einer Welt der Güte, der Liebe und des Mitgefühls werden. Sie würde sich nur dann verändern, wenn jeder Einzelne sich wandelt, indem er aufmerksam sich selbst beobachtet, ohne auf Gurus oder organisierte Religionen zu hören.

Als zutiefst originärer Philosoph zog Krishnamurti traditionelle und nicht-traditionelle Denker gleichermaßen in seinen Bann. Staatsoberhäupter, berühmte Physiker wie David Bohm, Generalsekretäre der Vereinten Nationen, Psychiater, Psychologen, religiöse Oberhäupter und Professoren suchten häufig den Dialog mit ihm. Studenten, Lehrer und Millionen andere Menschen aus den unterschiedlichsten Lebensbereichen wollten ihn sprechen hören und lasen seine Bücher. Er schlug eine Brücke zwischen Wissenschaft und Religion, ohne dabei in einen komplizierten Jargon zu verfallen. Daher waren seine Reflexionen über Zeit, Denken, Einsicht und Tod für Laien ebenso faszinierend wie für Wissenschaftler.

Krishnamurti gründete in den Vereinigten Staaten, in Indien, England, Kanada und Spanien Stiftungen, deren Aufgabe es ist, seine Lehren vor Verwässerung zu schützen und sein Werk zu verbreiten – ohne die Lehren oder die Person Krishnamurtis zu interpretieren oder zu verherrlichen.

Er gründete eine Vielzahl von Schulen in Indien, England und den Vereinigten Staaten, denn seiner Ansicht nach sollte die Erziehung auf das Verständnis von Geist und Herz abzielen, nicht nur auf den Erwerb akademischer und intellektueller Fertigkeiten. Ihm schwebte die Entwicklung einer Kunst des Lebens vor, nicht bloß die Schulung all jener Fähigkeiten, die uns helfen, unseren Lebensunterhalt zu verdienen.

Krishnamurti sagte: »Eine Schule sollte ein Ort sein, an dem man die Gesamtheit des Lebens kennenlernt. Natürlich sind gute akademische Resultate auch wichtig, doch in der Schule geht es um mehr als das. Sie ist ein Ort, an dem sowohl Lehrer als auch Schüler nicht nur die äußere Welt erkunden, die Welt des Wissens, sondern auch das eigene Denken und Verhalten.«

Von seiner Arbeit sagte er: »Sie verlangt keinen Glauben und setzt ihn auch nicht voraus. Es gibt hier keine Anhänger, keinen Kult, keine Überzeugungen, egal in welcher Richtung. Nur dann werden wir uns auf Augenhöhe begegnen, auf derselben Ebene, demselben Terrain. Dann können wir zusammen die außergewöhnlichen Erscheinungen des menschlichen Daseins beobachten.«

Kishore Khairnar

Direktor des Sahyadri Study Center der Krishnamurti-Stiftung Indien

EINFÜHRUNG

Die Beziehungen, die Sie und ich mit unserem Gehirn knüpfen, mit anderen Menschen, mit unseren Besitztümern, mit Geld, Arbeit und Sex – diese unmittelbaren Beziehungen schaffen unsere Gesellschaft. Unsere Beziehung zu uns selbst und zu den anderen, multipliziert mit fast acht Milliarden, schafft die vom Menschen geformte Welt. Die Gesamtheit unserer Vorurteile, unserer Einsamkeiten, unserer Gier, unseres körperlichen und emotionalen Hungers, des Zorns und der Trauer in jedem von uns – wir sind die Welt.

Die Welt ist nicht verschieden von uns – die Welt ist, was wir sind. Es ist also ganz einfach: Wenn wir uns verändern, jeder Einzelne, verändern wir die Welt. Und selbst wenn nur ein Einziger von uns sich wandelt, dann erzeugt er so kleine Wellen, die sich ausbreiten. Güte ist ansteckend.

In der Schule bringt man uns bei, auf unsere Eltern und Lehrer zu hören. Auf einer technischen Ebene ist das durchaus sinnvoll. Aber Tausende von Generationen haben bis heute nicht gelernt, wie sie ihr inneres Leiden beenden können und auch anderen kein Leid mehr zufügen. Die seelische Entwicklung hat nicht mit der biologischen oder wissenschaftlichen Entwicklung Schritt gehalten. In der Schule können wir alle lernen, wie wir unseren Lebensunterhalt verdienen: Die Kunst des Lebens aber müssen wir uns selbst erarbeiten.

Das Leben verletzt uns alle, durch Einsamkeit, Verwirrung, das Gefühl des Scheiterns oder der Verzweiflung. Das Leben verletzt uns, weil wir arm sind, emotional krank, Opfer von Gewalt auf den Straßen oder zu Hause. Man lehrt uns vieles, aber nur selten, wie wir dem Schock durch die Verletzungen des Lebens begegnen können. Zum einen bringt man uns nicht bei, dass es nicht das Leben ist, das uns verwundet, sondern unsere Reaktion darauf. Letztere ist es, die uns Schmerz verursacht. Es ist unsere Angst, die im Wunsch nach Selbstschutz wurzelt, welche den Schmerz verursacht. Den Körper schützen zu wollen ist eine natürliche Reaktion: Aber ist es auch natürlich, das zu schützen, was wir unser »Selbst« nennen? Was ist dieses Selbst, das die Wurzel von Ärger ist, von seelischem Schmerz, den wir beim Versuch fühlen, es zu schützen? Wenn Sie versuchen, dem geistigen Schmerz und der Verwirrung mithilfe von Drogen, Zerstreuung, Sex oder Geschäftigkeit zu entkommen, bleibt das schmerzhafte Problem bestehen, nur kommen jetzt noch Erschöpfung und Sucht hinzu. Die Aufmerksamkeit auf das Selbst zu lenken, um zu begreifen, dass Angst, Begehren und Wut natürlich sind, aber nicht ausagiert werden müssen, die Einsicht, dass man nicht alles haben muss, was man sich wünscht – dadurch lassen sich innere Qualen lösen, ohne ihnen neue hinzuzufügen.

Wir müssen lernen, das Selbst zu verstehen, zu begreifen, dass es die Quelle unserer Probleme ist. Nicht im Selbst aufgehen, sondern seine Gedanken, Gefühle und Aktivitäten aufmerksam zu beobachten, seine biologische und persönliche, seine geschlechtliche und kulturelle Konditionierung: Das ist Meditation. Die Reden und Schriften, die Sie hier lesen werden, stammen von einem Menschen, der so lebte wie die großen Außenseiter der Gesellschaft: der Rebell; der wandernde Dichter, der religiöse Philosoph, der Bilderstürmer und Weise, der Wissenschaftler oder Psychologe, der den Durchbruch schafft; die großen reisenden Lehrer aller Jahrtausende. 65 Jahre lang sprach Krishnamurti zu allen, die seine Botschaft hören wollten, über die innere Freiheit. Er gründete Schulen für Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene, in denen junge Menschen sich alles an Wissen aneignen konnten, was üblich war – und daneben sich selbst studierten. In den Schulen, in all seinen Vorträgen und Schriften wird er nicht müde, uns darauf hinzuweisen, dass es nicht unsere inneren und äußeren Kämpfe sind, die uns Befreiung bringen, sondern einzig die Wahrheit über uns selbst.

Es gibt keinen Pfad, keine Autorität, keinen Guru, dem wir folgen sollten: Sie tragen in sich selbst die Fähigkeit herauszufinden, wer Sie sind, zu entdecken, was Sie mit Ihrem Leben anfangen können, mit Ihren Beziehungen und Ihrer Arbeit. Was Sie in diesem Buch erfahren, müssen Sie auf die Probe stellen. Die Wahrheit eines anderen ist nur eine weitere Meinung, solange Sie sie nicht für sich selbst erprobt haben. Sie müssen schon selbst durch das Mikroskop schauen, sonst haben Sie nichts weiter in der Hand als staubige Worte, nicht die direkte Erfahrung des Lebens.

Gewöhnlich lehrt man uns, was wir denken sollen, aber nicht, wie. Wir lernen, wie wir der Einsamkeit entgehen können und dem seelischen Leid, aber nicht, wie wir beidem ein Ende setzen.

Die Lehren in diesem Buch wurden Krishnamurtis Schriften entnommen, seinen aufgezeichneten Dialogen und seinen Vorträgen. Lassen Sie sich auf das Experiment ein: Studieren Sie dieses Buch. Und vielleicht auch noch andere, die Sie am Ende des Buches aufgelistet finden. Und schauen Sie einfach, was passiert.

Eine letzte Bemerkung: »K«, wie dieser Lehrer sich selbst nannte, entschuldigte sich oft bei Frauen dafür, dass er in seinen Vorträgen und Schriften die Begriffe »er«, »ihm« und »sein« benutzte, wenn vom Menschen an sich die Rede war. In seinen Augen richteten sich seine Lehren ausnahmslos an alle Menschen.

Dale Carlson

Herausgeber

TEIL I

IHR SELBST UND IHR LEBEN

KAPITEL 1

WAS SIND SIE?

– 1 –

Den Geist verstehen

Mir scheint, wir können das hochkomplexe Problem Leben nur verstehen und lösen, wenn wir begreifen, wie unser eigener Geist arbeitet. Dieses Verständnis kann nicht aus Büchern kommen. Der Geist ist schon an sich ein komplexes Problem. Ebendieser Prozess, in dem wir uns ein Verständnis unseres Geistes erarbeiten, kann uns helfen, die Krisen zu verstehen, mit denen uns das Leben konfrontiert, und darüber hinauszugehen.

– 2 –

Mir scheint es sehr wichtig, das Funktionieren des eigenen Geistes zu verstehen …

– 3 –

Was ist der Geist?

Wir wissen nicht, wie unser Geist1 arbeitet – der Geist, wie er tatsächlich ist, und nicht, wie er sein sollte oder wie wir ihn haben möchten. Der Geist ist das einzige Instrument, das wir haben, das Instrument, mit dem wir denken und handeln, worin wir unser Dasein führen. Wenn wir die Arbeitsweise unseres Geistes nicht verstehen, so wie er in jedem von uns aktiv ist, wird jedes Problem, mit dem wir konfrontiert sind, noch komplexer und zerstörerischer. Mir will daher scheinen, dass es die wichtigste Aufgabe jeder Form der Erziehung ist, den eigenen Geist verstehen zu helfen.

Was ist unser Geist, Ihrer und meiner? Und zwar nicht nach Einschätzung von jemand anderem. Wenn Sie meiner Beschreibung des Geistes nicht folgen können, aber – während Sie mir zuhören – Ihren eigenen Geist in Aktion beobachten, dann wäre es vielleicht sinnvoll und nützlich, die Frage des Denkens anzugehen. Was ist unser Geist? Er ist – oder etwa nicht? – das Resultat des Klimas, das Produkt von Jahrhunderten der Tradition, der sogenannten Kultur, der sozialen und ökonomischen Einflüsse, der Umwelt, der Ideen, der Dogmen, welche die Gesellschaft dem Geist einprägt durch Religion, durch sogenanntes Wissen und oberflächliche Informationen. Bitte beobachten Sie Ihren eigenen Geist. Folgen Sie nicht einfach der Beschreibung, die ich Ihnen gebe, denn Beschreibungen sind nicht weiter wichtig. Wenn wir die Vorgänge in unserem Geist verstehen, dann können wir vielleicht mit den Problemen umgehen, vor die uns das Leben stellt.

Der Geist teilt sich in das Bewusste und das Unbewusste. Wenn wir diese beiden Begriffe nicht mögen, können wir auch von »oberflächlich« und »verborgen« sprechen – den oberflächlichen Bereichen des Geistes und seinen tieferen Schichten. Das Ganze, das Bewusste und das Unbewusste, das Oberflächliche und das Verborgene, der gesamte Prozess unseres Denkens – dessen wir uns nur zum Teil bewusst sind, während wir uns des Restes, der den größeren Teil ausmacht, nicht bewusst sind –, das nennen wir Bewusstsein. Das Bewusstsein ist Zeit, ist das Ergebnis jahrhundertelanger Bemühungen des Menschen.

Von Kindesbeinen an bringt man uns dazu, an bestimmte Ideen zu glauben. Wir sind konditioniert von Dogmen, Glaubenssätzen und Theorien. Jeder von uns ist von verschiedenen Einflüssen konditioniert, und aus dieser Konditionierung, aus diesen begrenzten und unbewussten Einflüssen sprudeln unsere Gedanken hervor und machen uns zum Kommunisten, zum Hindu, zum Muslim oder Wissenschaftler. Das Denken entspringt ganz offensichtlich dem Hintergrund des Gedächtnisses, der Tradition. Vor diesem Hintergrund des Bewussten und des Unbewussten, der oberflächlichen und tieferen Schichten des Geistes, begegnen wir dem Leben. Das Leben ist immer in Bewegung, niemals statisch. Aber unser Geist ist statisch. Unser Geist ist konditioniert, an Dogmen gebunden, an Glaubenssätze gefesselt, an Erfahrungen und Wissen. Mit diesem konditionierten Geist, diesem so sehr gefesselten Geist, begegnen wir dem Leben, das ständig in Bewegung ist. Das Leben mit seinen vielfältigen, schnell sich wandelnden Problemen steht niemals still. Es erfordert jeden Tag, jede Minute eine neue, frische Herangehensweise. Wenn wir auf das Leben treffen, dann kommt es zum Kampf zwischen dem konditionierten, statischen Geist und dem sich ständig verändernden Leben. Das ist es doch, was geschieht, nicht wahr?

Und es ist ja nicht nur der Kampf zwischen dem Leben und dem konditionierten Geist. Dieser Geist schafft, kaum trifft er auf das Leben, stets weitere Probleme. Wir erwerben oberflächliches Wissen, finden neue Möglichkeiten, uns die Natur untertan zu machen, die Wissenschaften. Aber der Geist verharrt in diesem konditionierten Zustand, auch wenn er neues Wissen erwirbt. Er bleibt gefesselt an ein bestimmtes Glaubenssystem.

Unser Problem besteht also nicht in der Begegnung mit dem Leben, sondern darin, wie der Geist sich angesichts all seiner Konditionierungen, Dogmen und Glaubenssätze selbst befreien kann. Denn nur der befreite Geist wird mit dem Leben fertig, nicht der an Systeme, Glaubens- und Wissensformen gefesselte Geist. Wenn wir also nicht noch mehr Probleme schaffen wollen, wenn wir vielmehr Leid und Sorge ein Ende setzen möchten, ist es da nicht von höchster Wichtigkeit zu verstehen, wie unser eigener Geist arbeitet?

– 4 –

Was ist das Selbst?

Wissen wir denn, was wir meinen, wenn wir vom Selbst sprechen? Ich jedenfalls meine damit die Idee, die Erinnerung, die Folgerung, die Erfahrung, die verschiedenen Formen benennbarer und nicht benennbarer Absichten, das bewusste Bemühen, zu sein oder nicht zu sein, die angesammelten Erinnerungen im Unbewussten – der Ethnie, der Gruppe, des Individuums, des Clans –, all das, ob es nun als Handeln hinaus in die Welt oder als Tugend ins Spirituelle projiziert wird. Das Streben nach alldem ist das Selbst. Es umfasst den Wettbewerb, den Wunsch zu sein. Dieser gesamte Prozess ist das Selbst. Und wir wissen, wenn wir damit konfrontiert sind, dass es böse ist. Ich verwende hier ganz bewusst den Begriff »böse«, denn das Selbst wirkt spalterisch: Das Selbst konzentriert sich einzig auf sich, und seine Aktivitäten – wie edel sie auch anmuten mögen – wirken isolierend und trennend. Wir wissen all das. Wir kennen auch diese außergewöhnlichen Augenblicke, wenn das Selbst nicht da ist, wenn es nicht einen Hauch von Bemühen oder Anstrengung gibt. Etwas, das geschieht, wenn Liebe zugegen ist.

– 5 –

Selbsterkenntnis ist ein Prozess

Wollen wir die unzähligen Probleme verstehen, die jeder von uns hat, ist Selbsterkenntnis da nicht eine entscheidende Voraussetzung? Des Selbst gewahr zu sein gehört gleichzeitig zu den schwierigsten Dingen – und damit sind nicht etwa Isolation und Rückzug gemeint. Natürlich ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir uns selbst kennen. Aber sich selbst zu kennen heißt nicht, dass wir uns aus allen Beziehungen lösen müssen. Es wäre ein Fehler zu glauben, dass wir uns tiefgründig, vollkommen, ganz verstehen können, wenn wir uns in Isolation begeben, uns zurückziehen, zum Psychologen gehen oder zu irgendeinem Priester. Oder dass wir Selbsterkenntnis durch ein Buch erlernen können. Selbsterkenntnis ist ganz offensichtlich ein Prozess, kein Selbstzweck. Wenn wir uns selbst erkennen wollen, müssen wir unser in Aktion gewahr sein, was heißt, in Beziehung. Sie entdecken sich selbst nicht in der Isolation, nicht im Rückzug, sondern in der Beziehung – in der Beziehung zur Gesellschaft, zu Ihrer Frau, Ihrem Mann, Ihrem Bruder, den Menschen. Aber zu erkennen, wie Sie reagieren, welche Resonanz in Ihnen geschieht, erfordert eine außergewöhnliche Aufmerksamkeit im Geist, eine außerordentliche Schärfe der Wahrnehmung.

– 6 –

Die Welt ist, was Sie sind

Und wie sieht nun die Beziehung zwischen Ihnen und dem Elend beziehungsweise der Verwirrung in Ihnen und um Sie herum aus? Die Verwirrung, das Leid sind doch sicher nicht aus sich selbst entstanden. Sie und ich haben beides geschaffen, keine kapitalistische, kommunistische oder faschistische Gesellschaft. Sie und ich in Beziehung zueinander. Was Sie im Innern sind, ist nach außen, in die Welt, projiziert worden. Was Sie sind, was Sie denken und was Sie fühlen, was Sie Tag für Tag tun, wird nach außen projiziert, und das macht die Welt aus. Wenn wir im Innern Leid, Verwirrung und Chaos erleben, dann wird das durch Projektion zur Welt, zur Gesellschaft. Denn die Beziehung zwischen Ihnen und mir, zwischen mir und anderen Menschen ist die Gesellschaft. Gesellschaft ist das Produkt unserer Beziehungen. Und wenn unsere Beziehungen chaotisch, egozentrisch, eng, begrenzt, nationalistisch sind, dann projizieren wir das nach außen und tragen das Chaos in die Welt.

Die Welt ist, was Sie sind. Ihr Problem ist das Problem der Welt. Das ist doch eine ganz einfache und grundlegende Tatsache, oder etwa nicht? In unseren Beziehungen zu einzelnen oder vielen Menschen scheinen wir diesen Punkt ständig zu übersehen. Wir wollen Veränderungen schaffen durch Systeme, revolutionäre Ideen oder Werte, die auf bestimmten Systemen fußen. Und dabei vergessen wir, dass Sie und ich es sind, die die Gesellschaft schaffen, die Verwirrung oder Ordnung in die Welt tragen durch die Art, wie wir leben. Wir müssen also in unserem Umfeld anfangen, genauer gesagt bei unserem alltäglichen Dasein, bei unseren täglichen Gedanken, Gefühlen und Handlungen, die sich darin zeigen, wie wir unseren Lebensunterhalt verdienen und welche Beziehung wir zu Ideen oder Glaubenssätzen unterhalten.

– 7 –

Ihr Kampf ist der Kampf der Menschheit

Eine vollkommene, eine bereichernde Wandlung kann nicht stattfinden, solange Sie und ich uns nicht als umfassenden Prozess verstehen. Sie und ich sind keine isolierten Individuen, sondern das Produkt des gesamten menschlichen Kampfes mit Illusionen, Fantasien, Zielen, Unwissenheit, Mühen, Konflikten und leidvollen Erfahrungen. Wir können den Zustand der Welt nicht verändern, wenn wir uns selbst nicht verstehen. Wenn Sie dies begreifen, dann hat in Ihnen bereits eine grundlegende Revolution stattgefunden, nicht wahr? Dann brauchen Sie keinen Guru, denn das Gewahrsein seiner selbst findet von Moment zu Moment statt. Es geht dabei nicht um die Ansammlung dessen, was andere sagen, oder um die Prinzipien religiöser Lehrer. Da Sie sich in Beziehung zum anderen von Augenblick zu Augenblick neu entdecken, erhalten Beziehungen für Sie eine ganz neue Bedeutung. Beziehungen sind eine Offenbarung, ein ständiger Prozess der Selbstentdeckung. Aus dieser Selbsterkenntnis entspringt dann unser Handeln.

Selbsterkenntnis kann also nur in Beziehung geschehen, nicht in der Isolation. Beziehung bedeutet Handlung, und Selbsterkenntnis ist das Ergebnis von handelndem Gewahrsein.

– 8 –

Ändern Sie sich, und Sie verändern die Welt

Die Welt wandelt sich, wenn wir uns selbst verändern, denn das Selbst ist Produkt und Teil des gesamten Prozesses der menschlichen Existenz. Um sich selbst zu verändern, ist Selbsterkenntnis von entscheidender Bedeutung. Ohne zu wissen, wer oder was Sie sind, haben Sie keine Grundlage für rechtes Denken. Ohne Selbsterkenntnis gibt es daher keinen Wandel.

– 9 –

Der Wandel – warum jetzt?

Es gibt keinen grundlegenden Unterschied zwischen Alt und Jung, denn beide sind Sklaven ihrer Wünsche und Freuden. Reife ist keine Frage des Alters. Sie kommt mit der Einsicht. Die brennende Leidenschaft des Forschens fällt den Jungen möglicherweise leichter, denn wer älter ist, dem ist vermutlich vom Leben schon übel mitgespielt worden. Konflikte haben ihn müde gemacht, und der Tod erwartet ihn in unterschiedlicher Form. Das soll nun nicht heißen, dass ältere Menschen nicht zu zielgerichtetem Forschen fähig sind, nur dass es ihnen schwerer fällt. Viele Erwachsene sind unreif und eher kindisch. Das trägt nicht wenig zur Verwirrung und zum Elend in der Welt bei. Schließlich sind es die älteren Menschen, die für die weitgreifende wirtschaftliche und moralische Krise verantwortlich sind. Und eine unserer beklagenswerten Schwächen ist der ständige Wunsch, dass jemand anderes für uns aktiv wird und den Lauf unseres Lebens ändert. Wir warten darauf, dass andere aufbegehren und Neues schaffen, und wir bleiben träge, solange wir nicht wissen, was am Ende herauskommt. Die meisten von uns jagen Sicherheit und Erfolg hinterher. Ein Geist, der nach Sicherheit strebt, nach Erfolg, ist nicht intelligent und daher unfähig zu ganzheitlichem Handeln. Ganzheitliches Handeln aber kann es nur geben, wenn man sich der eigenen Konditionierung bewusst ist, der eigenen rassistischen, nationalistischen, politischen und religiösen Vorurteile. Letztlich also nur, wenn wir uns bewusst machen, dass das Selbst stets spalterisch wirkt.

Das Leben ist ein tiefer Brunnen. Wir können mit kleinen Eimern kommen und wenig Wasser herausholen. Oder wir kommen mit riesigen Gefäßen und schöpfen viel erfrischendes und nährendes Nass daraus. Die Jugend ist die Zeit des Forschens und Experimentierens. Daher sollte die Schule jungen Menschen helfen, ihre Berufung zu entdecken, ihre Verantwortung, statt nur ihren Geist mit Fakten und Fachwissen zu überfrachten. Schule sollte der Nährboden sein, in dem junge Menschen frei von Furcht glücklich und ganzheitlich heranwachsen können.

– 10 –

Das Problem des Selbst lässt sich nicht durch Denken lösen

Je mehr wir über ein Problem nachdenken, je mehr wir es erforschen, analysieren und diskutieren, desto komplexer wird es. Ist es also möglich, das Problem umfassend und ganzheitlich anzugehen? Und wie ist das möglich? Denn meiner Ansicht nach ist dies unsere Hauptschwierigkeit. Unsere Probleme vervielfältigen sich – es herrscht die unmittelbare Gefahr eines Krieges, wir haben in unseren Beziehungen jede Form von Ärger –, und die Frage ist, wie wir diesen Sachverhalt in seiner Gesamtheit, als Ganzes verstehen können. Offensichtlich kann das Problem nur gelöst werden, wenn wir es in seiner Gesamtheit betrachten – es nicht in Schubladen stecken, nicht zerteilen. Wann aber ist das möglich? Gewiss nur dann, wenn der Prozess des Denkens – der seine Wurzeln in der Vorstellung des »Ich« hat, des Selbst, der Tradition, der Konditionierung, der Vorurteile, der Hoffnung und Verzweiflung – an sein Ende gelangt ist. Können wir dieses Selbst verstehen? Nicht, indem wir es analysieren, sondern indem wir es sehen, wie es ist, seiner als Tatsache gewahr sind und nicht als Theorie. Nicht, indem wir versuchen, das Selbst aufzulösen, um ein Resultat zu erzielen, sondern indem wir die Aktivität des Selbst, das »Ich«, ständig in Aktion betrachten. Können wir es ansehen ohne den geringsten Drang, es zu zerstören oder zu ermutigen? Das ist das Problem, nicht wahr? Wenn in jedem von uns das »Ich« als Zentrum nicht mehr existiert, mit seinen Gelüsten nach Macht, Ansehen, Autorität, Fortbestand, Selbstschutz, dann werden unsere Probleme doch sicherlich ein Ende haben!

Das Selbst ist ein Problem, welches das Denken nicht lösen kann. Es braucht dazu ein Gewahrsein, das nicht im Denken wurzelt. Der Aktivitäten des Selbst gewahr sein, ohne sie zu verurteilen oder zu rechtfertigen, sich ihrer einfach nur bewusst sein reicht dazu schon aus. Wenn Sie diese Bewusstheit mit der Absicht verbinden, das Problem zu lösen, es zu verändern, ein Resultat zu erzielen, dann findet das immer noch im Rahmen des Selbst, des »Ich« statt. Solange wir nach einem Resultat streben, entweder durch Analyse, Gewahrsein oder ständige Untersuchung jedes Gedankens, befinden wir uns immer noch im Feld des Denkens, also im Bereich des »Ich«, des Ego oder wie auch immer Sie das nennen wollen.

Solange der Geist auf diese Weise aktiv ist, kann es keine Liebe geben. Sobald es aber Liebe gibt, werden wir keine sozialen Probleme haben.

KAPITEL 2

WAS WOLLEN SIE?

– 1 –

Sicherheit, Glück, Vergnügen

Wonach streben denn die meisten von uns? Was will wirklich jeder von uns haben? Vor allem in dieser rastlosen Welt, in der jeder irgendeine Form des Friedens, des Glücks sucht, eine Zuflucht. Da ist es doch wichtig herauszufinden, was wir wirklich suchen, was wir zu entdecken hoffen, oder? Vermutlich suchen die meisten von uns irgendeine Form von Glück oder Frieden. In einer Welt voller Aufruhr, Kriege, Streitigkeiten und Konflikte suchen wir eine Zuflucht, in der wir Frieden finden. Ich denke, das ist es, was sich die meisten von uns wünschen. Also richten wir unser ganzes Streben darauf und taumeln von einem Anführer zum nächsten, von einer religiösen Organisation zur anderen, von Lehrer zu Lehrer.

Streben wir also nach Glück oder suchen wir nur einfach irgendeine Form der Befriedigung, die uns glücklich machen soll? Zwischen Glück und Befriedigung besteht ein Unterschied. Kann man denn Glück wirklich anstreben? Vielleicht können Sie Befriedigung finden, aber Glück vermutlich nicht. Glück ist ein abgeleiteter Wert, das Nebenprodukt von etwas anderem. Bevor wir uns also mit Herz und Geist einer Suche verschreiben, die von uns viel Ernsthaftigkeit, Aufmerksamkeit, Nachdenken und Sorgfalt fordert, sollten wir doch besser herausfinden, was wir wirklich suchen, ob nun Glück oder Befriedigung. Ich fürchte fast, die meisten von uns streben nach Befriedigung. Wir wollen uns befriedigt fühlen, am Ende unserer Suche soll ein Gefühl der Erfüllung stehen.

Denn sollten wir Frieden suchen, so lässt sich dieser doch recht leicht finden. Wir können uns blind einer Sache verschreiben, einer Idee, und darin Zuflucht suchen. Natürlich löst das nicht unser Problem. Isolation in einer Idee, die uns einhüllt, führt nicht zur Freiheit von Konflikten. Und so müssen wir dann doch herausfinden, was es ist – innen wie außen –, das jeder von uns will, nicht wahr? Wenn wir uns darüber im Klaren sind, dann müssen wir nirgendwo anders suchen, nicht bei einem Lehrer, nicht bei einer Kirche, nicht bei einer beliebigen Organisation. Unser Problem ist also, uns über uns selbst und unsere Absichten im Klaren zu sein, nicht wahr? Können wir diese Klarheit finden? Und stellt sich diese Klarheit ein, weil wir nach ihr suchen, weil wir darauf hören, was andere sagen, vom höchsten Lehrer bis zum einfachen Prediger in der Kirche um die Ecke? Müssen Sie wirklich zu jemand anderem gehen, um das herauszufinden? Aber genau das tun wir doch ständig, oder? Wir lesen unzählige Bücher, gehen zu Vorträgen und Diskussionen, schließen uns den verschiedensten Organisationen an, um ein Heilmittel für die Konflikte, für das Elend in unserem Leben zu finden. Oder wir glauben – wenn wir all das nicht tun – es gefunden zu haben. Wir sagen, dass eine bestimmte Organisation, ein bestimmter Lehrer, ein bestimmtes Buch uns Befriedigung schenkt. Wir haben darin alles gefunden, was wir uns wünschen. Und deshalb bleiben wir auch dabei, wie kristallisiert und eingeschlossen.

Suchen wir denn nicht in all dieser Verwirrung etwas Dauerhaftes, etwas Verlässliches, das wir Wirklichkeit, Gott, Wahrheit nennen, was immer Sie mögen – der Name ist nicht wichtig, denn das Wort ist ja mit Sicherheit nicht die Sache. Wir sollten uns also nicht in Worten verfangen. Das können wir ruhig dem akademischen Lehrkörper überlassen. Doch die meisten von uns suchen doch nach etwas Dauerhaftem, oder etwa nicht? Etwas, an das wir uns halten können, das uns Bestätigung gibt, Hoffnung, eine beständige Begeisterung, eine dauerhafte Gewissheit, denn tief in uns sind wir unsicher. Wir kennen uns selbst nicht. Wir kennen viele Fakten, wissen, was die Bücher sagen. Aber wir kennen uns selbst nicht, wir haben keine direkte Erfahrung.

Doch was ist es, das wir als dauerhaft bezeichnen? Was ist es, wovon wir hoffen, dass es uns Dauerhaftigkeit geben kann? Denn suchen wir nicht dauerhaftes Glück, dauerhafte Befriedigung, dauerhafte Gewissheit? Wir wollen etwas, das für immer anhält, das uns ewig Befriedigung verschafft. Wenn wir uns von allen Worten und Phrasen lösen und genau hinschauen, dann ist es das, was wir wollen. Wir wollen dauerhaftes Vergnügen …

– 2 –

Wir können Glück nicht anstreben

Was meinen Sie mit Glück? Manche Menschen meinen, Glück bestehe darin, das zu bekommen, was man haben will. Sie hätten gern ein Auto, und wenn Sie es bekommen, sind Sie glücklich. Ich wünsche mir einen Sari oder schöne Kleider. Ich will nach Europa, und wenn das klappt, bin ich glücklich. Ich will … der größte Politiker aller Zeiten werden. Und wenn ich es bin, bin ich glücklich. Klappt es nicht, bin ich unglücklich. Glück ist für Sie also zu bekommen, was Sie haben möchten, einen Titel oder Erfolg, alles, was man sich wünscht. Solange Sie sich etwas wünschen und es bekommen, sind Sie vollkommen glücklich. Sie sind nicht enttäuscht. Wenn Sie jedoch nicht bekommen, was Sie wollen, dann geht das Unglück los. Das gilt für jeden von uns, nicht nur die Reichen beziehungsweise die Armen. Die Reichen und die Armen wollen etwas für sich, für ihre Familie, für die Gesellschaft. Wenn man ihnen dabei Steine in den Weg legt, über die sie stolpern, sind sie unglücklich. Das soll nun keine Diskussion werden. Wir sagen ja nicht, dass die Armen nicht haben sollten, was sie haben möchten. Das ist nicht das Problem. Wir versuchen herauszufinden, was Glück ist und ob Glück etwas ist, dessen Sie sich bewusst sind. Der Augenblick, in dem Sie gewahr werden, dass Sie glücklich sind, dass Sie viel haben – ist das Glück? Der Augenblick, in dem Sie sich bewusst werden, dass Sie glücklich sind, ist nicht wirklich das Glück, oder? Daher können Sie Glück nicht anstreben. Der Augenblick, in dem Ihnen bewusst wird, dass Sie demütig sind, ist keine Demut. Glück ist also nichts, was wir anstreben können. Es kommt von selbst. Wenn Sie es aber suchen, wird es sich Ihnen entziehen.

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Vergnügen und Genuss werden zu Abhängigkeit und Verlustangst

Wir haben nicht wirklich Freude an den Dingen. Wir sehen sie an, sie entzücken oder erfreuen uns oberflächlich. Wir haben eine Empfindung, die wir als Freude bezeichnen. Aber Freude geht viel tiefer. Wir müssen sie verstehen und uns darauf einlassen.