Was zu tun ist, wenn es so weit ist - Thomas Gebert - E-Book

Was zu tun ist, wenn es so weit ist E-Book

Thomas Gebert

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Beschreibung

Das neue Buch von Thomas Gebert ist das Resultat vieler Anfragen der Leser seines Börsenbriefs und seiner Kolumnen. Geht es dort in erster Linie um Aktien, erfüllt Gebert hier die Leserwünsche nach einer Beleuchtung sämtlicher Aspekte rund um Geldanlage und persönliche Finanzen. Und so greift er Themen auf wie die Wahrscheinlichkeit eines Euroaustritts Italiens, die Auswirkungen der Entwicklung der chinesischen Wirtschaft und den Sinn oder Unsinn eines Investments in Gold. Gewohnt durchdacht, sachlich und vor allem bestens informiert erläutert Gebert, mit welchen Mitteln sich seine Leser am besten gegen die drohende Gefahr des Kapitalverlusts wappnen können. Sein Rat lautet ganz klar: Bargeld halten! Ab dem Ende des Jahrzehnts könnte sich das Blatt jedoch wieder wenden …

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THOMAS GEBERT

WASZU TUNIST,WENNESSO WEITIST

KAPITALSCHUTZIN UNSICHEREN ZEITEN

Alle Angaben in diesem Buch stammen aus Quellen, die Autor und Verlag für vertrauenswürdig halten. Eine Garantie für die Richtigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Um Risiken abzufedern, sollten Anleger ihr Vermögen deshalb grundsätzlich streuen. Die Angaben in diesem Buch stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers dar. Die veröffentlichten Informationen geben die Meinung des Autors wieder.

Copyright der deutschen Ausgabe 2016:© Börsenmedien AG, Kulmbach

Gestaltung Cover: Holger SchiffelholzGestaltung und Satz: Sabrina SlopekHerstellung: Daniela FreitagVorlektorat: Egbert NeumüllerKorrektorat: Elke Sabat

ISBN 978-3-86470-400-0eISBN 978-3-86470-417-8

Alle Rechte der Verbreitung, auch die des auszugsweisen Nachdrucks,der fotomechanischen Wiedergabe und der Verwertung durch Datenbankenoder ähnliche Einrichtungen vorbehalten.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Datensind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

Postfach 1449 • 95305 KulmbachTel: +49 9221 9051-0 • Fax: +49 9221 9051-4444E-Mail: [email protected]/boersenbuchverlag

INHALT

Einleitung

1.Wo ist mein Geld sicher?

2.Die deutsche Bundesanleihe

3.Bonität hat Vorrang

4.Ist die hohe Staatsverschuldung ein Problem?

5.Der Spezialfall Europa

6.Was ist, wenn der Euro zerbricht?

7.Aktien gelten langfristig als sicher. Stimmt das?

8.Wann ist ein günstiger Zeitpunkt, Aktien zu kaufen?

9.Eine zeitliche Gesetzmäßigkeit für Kurseinbrüche?

10.Was ist mit Gold?

11.Der Dollar ist der Schlüssel

12.Woran erkenne ich die nächste Krise im Vorfeld?

13.Welches Anlageinstrument in welcher Krise?

14.Woher könnte eine Rezession kommen?

15.Gegen Ende des Jahrzehnts könnte sich die Situation umkehren

16.Der große Schweinezyklus

Zusammenfassung

EINLEITUNG

Ich möchte dieses Buch mit der Feststellung beginnen, dass im Normalfall auch alles weiterlaufen kann wie bisher und keine Notwendigkeit bestehen wird, sein Geld in Sicherheit zu bringen. Dennoch möchte ich in diesem Buch darauf eingehen, was zu tun ist und worauf zu achten ist, falls es doch anders kommt. Viele Fallstricke lauern auf dem Weg in die Sicherheit. Deshalb mag es hilfreich sein, beizeiten einige Vorkehrungen zu treffen. Man kann nicht ausschließen, dass es zu Turbulenzen und krisenhaften Entwicklungen kommt.

Eine deutliche Wirtschaftsabschwächung in China mit einem Sturz der Währung könnte erneute Deflationsgefahren heraufbeschwören. Im August des Jahres 2015 sorgte bereits ein Rückgang des Renminbi um drei Prozent für einen Mini-Crash an der deutschen Börse. Ein Aufflammen der Feindseligkeiten in der Ukraine mit einer möglichen Unterbrechung der Gasversorgung von Westeuropa ist denkbar. Die Flüchtlingskrise kann Europa zerreißen. Was ist, wenn der Euroraum auseinanderbricht? Separatistische Bewegungen wie in Frankreich der Front National unter Marine Le Pen oder in Italien die 5-Sterne-Bewegung mit Beppe Grillo haben sich die Abkehr von Europa und dem Euro auf die Fahnen geschrieben. Der Austritt Großbritanniens aus der EU könnte der Beginn einer größeren Fluchtbewegung werden.

Die Schuldenkrise kann jederzeit wieder hochkochen. Griechenland hat heute nicht weniger Schulden als während der Griechenland-Krise, sondern es steht noch tiefer in der Kreide. In Italien hat sich die Schuldensituation auch nicht verbessert. Mittlerweile beträgt die Last 138 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes. Für Griechenland erforderte bereits ein deutlich niedrigerer Stand umfangreiche Rettungsmaßnahmen. Das weltweit anämische Wirtschaftswachstum droht sich immer weiter abzuschwächen und in eine Rezession ohne Grund abzugleiten. Bei negativen Wachstumsraten werden die Schuldenberge immer schwieriger abzutragen.

Bei einem Zins von null Prozent können die Notenbanken die Wirtschaft nicht mehr mithilfe von Zinssenkungen ankurbeln. Und eines, was die nächste Krise schlimmer gestalten könnte als alle bisherigen, liegt in der neuen Rechtslage begründet: Da bei der Finanzkrise im Jahr 2008 Steuergelder zur Bankenrettung aufgewendet werden mussten, wurde ein Gesetzespaket auf den Weg gebracht und trat am 1. Januar 2016 in Kraft. Seitdem tragen nicht mehr die Steuerzahler zur Bankenrettung bei, sondern die Kunden. Gerät ein Kreditinstitut in Schieflage, werden nicht nur die Aktionäre und die Anleihebesitzer herangezogen, sondern auch die Spargelder und Sichtguthaben der Kunden. Bis zu einer Höhe von 100.000 Euro sollen sie zwar verschont werden, aber wer weiß, ob das Geld reicht, wenn mehrere europäische Banken betroffen sind. Deshalb wird vermutlich schon eine leichte Krise mit der Gefahr, dass eine Bank in Schwierigkeiten geraten könnte, ausreichen, um lange Schlangen vor den Türen der Banken entstehen zu lassen, weil die Leute ihre Kontoguthaben in Sicherheit bringen wollen. Wenn sich bereits lange Schlangen vor den Schalterhallen gebildet haben, ist es zu spät für eine sinnvolle Entscheidung. Deshalb sind schon jetzt einige einfache Überlegungen und ein wenig Vorbereitung angebracht.

1

WO ISTMEIN GELDSICHER?

Ich bin mehrfach von Lesern meines Börsenbriefs und meiner Kolumnen angesprochen worden, ob ich nicht neben Aktien auch auf andere Aspekte der Geldanlage eingehen könnte. Sie werden sicher auch, wie die Leser, die mir geschrieben haben, wenn überhaupt, nur einen Teil Ihres Geldes in Aktien angelegt haben. Die häufigste an mich gestellte Frage lautet deshalb: „Wo ist mein Geld, das ich nicht in Aktien angelegt habe, sicher aufgehoben?“ Wenn man schon mit einem Teil seines Geldes das nicht unerhebliche Risiko einer Aktienanlage eingeht, möchte man ja sicher sein, dass der Rest des Geldes im Falle einer Krise nicht verschwinden kann. Ich werde diese Anregung gern aufgreifen. Deshalb habe ich hier einmal alles zusammengetragen, was es zu diesem Thema zu wissen gibt.

Mögliche Krisenszenarien

Viele der Krisenszenarien, die ich durchspielen werde, sind aus meiner Sicht sehr unwahrscheinlich. Im Normalfall sollte eigentlich alles seinen gewohnten Gang gehen. Jedoch muss man die Wahrscheinlichkeit einer Krise mit der Größe des möglichen Schadens multiplizieren. Ein unwahrscheinliches Ereignis mit einem kleinen Schaden kann man vernachlässigen. Bei einer Krise jedoch, die einen Totalausfall zur Folge hätte, also eine Vernichtung der finanziellen Existenz, einem GAU bei einem Kernkraftwerk vergleichbar, sind auch drei Prozent Eintrittswahrscheinlichkeit eine Größe, die man nicht außer Acht lassen darf. Fangen wir mit der ersten Frage an, die mir gestellt wurde:

Was ist, wenn unser Geld wertlos wird?

Diese Bedenken kann man leicht ausräumen. Abgesehen von der Inflation – meinem Lieblingsthema, auf das ich später noch eingehen werde – wird Geld nicht wertlos. Der Euro ist im Euroraum und damit auch in Deutschland gesetzliches Zahlungsmittel. Alle Verträge lauten auf Euro. Das heißt, ich kann meine Steuerschulden, meine Miete und meine Stromrechnung in Euro und nur in Euro bezahlen. Ich kann sie zum Beispiel nicht mit Goldmünzen bezahlen. Ich muss erst jemanden finden, der mir die Goldmünzen in Euro tauscht. Wenn ich also einige 100-Euro-Noten habe, kann ich damit in Deutschland alles machen, Schulden ablösen, angebotene Waren kaufen und so weiter, Krise hin oder her.

Bargeld im Bankschließfach versprichtdie größte Sicherheit

Das Sicherste ist also tatsächlich ein Bündel 100-Euro-Noten in einem Bankschließfach. Der Außenwert des Euro ist für uns in Deutschland in erster Näherung uninteressant. Ich wurde gefragt, wenn der Euro auf 80 US-Cent für einen Euro fällt, wie es Goldman Sachs prognostiziert, ob dann das Geld weniger wert wird. Auf einer Auslandsreise in die USA ja, hier im Inland zunächst nicht, obwohl durch höhere Importpreise die Inflationsrate dann leicht ansteigen kann, doch dazu später mehr. Im Übrigen bin ich nicht der Meinung, dass der Euro auf 80 US-Cent fallen wird, sondern im Gegenteil in nicht allzu ferner Zukunft eine längere Aufwärtsbewegung vollführen wird.

Die Frage ist nicht, ob Geld noch etwas wert ist, sondern ob man in der Krise noch Geld hat

Damit kommen wir zur Sicherheit der Geldanlagen bei einer Bank. Es ist tatsächlich so, dass nach dem neuen europäischen Regelwerk Banken nicht mehr von Staaten gerettet werden. Im Zweifelsfall können damit bei einer Bankenpleite die Kundengelder weg sein. Dabei existiert eine Hierarchie. Spargelder und Sichtguthaben genießen einen höheren Schutz als Kapitalanlagen. Wenn also das Eigenkapital einer Bank durch uneinbringbare Forderungen verschwunden ist, müssen zunächst die Aktionäre der Bank bluten, dann folgen die Besitzer von Anleihen der Bank und diejenigen, die Schuldtitel einer Bank wie etwa Sparbriefe, Zertifikate, Optionsscheine und dergleichen erworben haben.

Wie sicher ist das Geld auf dem Konto?

Als Letztes schließlich werden sogar die Kontoguthaben der Kunden herangezogen. Es besteht also die – wenn auch sehr unwahrscheinliche – Möglichkeit, dass das Geld, das man auf der Bank hat, im Krisenfall futsch ist. Es bleibt zwar die Einlagensicherung in Höhe von 100.000 Euro, die allerdings auch nur für Sichtguthaben und nicht für Kapitalanlagen gilt, auf die man sich jedoch nicht verlassen sollte. Denn wenn in einem Krisenfall, wie er im Jahr 2009 beinahe eingetreten wäre, mehrere Banken zahlungsunfähig werden, sind die 100.000 Euro pro Kunde illusorisch.

Sind Sparkassen sicherer als Banken?

Dies ist eine juristische Frage, zu der es verschiedene Meinungen gibt. Im Zweifelsfall nein. Es ist ein extremes Szenario, ich weiß, aber es besteht die – wenn auch kleine – Möglichkeit der Bankenpleite und des damit verbundenen Verschwindens des gesamten Geldes. Das Problem ist also nicht, dass das Geld wertlos wird, sondern dass es möglicherweise auf einmal weg ist. Was kann man dagegen tun?

2

DIE DEUTSCHEBUNDESANLEIHE

Der sicherste Schuldner im Land ist der Staat, weil er sich kraft seiner Gesetzgebungs- und Exekutivgewalt theoretisch von jedem im Land Geld holen kann, der noch welches hat. Damit kann der Staat seinen Verpflichtungen nachkommen.

Eine deutsche Bundesanleihe ist die sicherste Anlage, die man sich vorstellen kann

Deshalb ist sie auch so sehr gefragt und weist mittlerweile nur noch eine Rendite von minus 0,3 Prozent für fünfjährige Papiere aus. Die Sicherheit muss also teuer erkauft werden. Ein weiterer Vorteil der Bundesanleihe, der auch für amerikanische Staatsanleihen gilt, ist die Liquidität. Man kann sie, wenn man Geld braucht, auch tatsächlich verkaufen. Ich hatte im Jahr 1987 eine Art Crash befürchtet, weil die Zinsen so stark angestiegen waren. Die Rendite zehnjähriger japanischer Anleihen war von drei auf sechs Prozent geklettert und die der amerikanischen Treasury Bonds von sechs Prozent auf zehn Prozent. Deshalb hatte ich wenige Tage vor dem Crash alle Aktien verkauft und Verkaufsoptionen auf fallende Notierungen erworben. Das erlöste Geld von den Aktienverkäufen hatte ich in eine Anleihe gesteckt. Schuldner war die Landesbank Rheinland-Pfalz, keine Wald- und Wiesenadresse, sondern eine sichere Anlage.

Eine Anleihe der LB Rheinland-Pfalz ließ sich nach dem Crash im Jahr 1987 nicht verkaufen

Nachdem die Aktienkurse abgestürzt waren, wollte ich nach zwei oder drei Tagen die Anleihe verkaufen und die billigen Wertpapierkurse zum Kauf von Aktien nutzen. Doch die Anleihe der Landesbank wurde in dieser turbulenten Situation 80 zu 90 gestellt. Das heißt, beim Kauf hätte man 90 zahlen müssen, bei einem Verkauf nur 80 bekommen. Ein Kauf und anschließender Verkauf hätten also elf Prozent des Vermögens dahingerafft. So konnte ich nicht oder nur mit einem Verlust von elf Prozent meine Position auflösen, um Aktien zu kaufen. Man muss also bei jeder Finanzanlage berücksichtigen, dass man im Falle einer Krise oder einer Turbulenz möglicherweise sein Produkt nicht oder nur zu einem entsetzlich ungünstigen Preis verkaufen kann. Nach einigen Wochen hatte sich alles wieder normalisiert. Die Anleihe war eine seriöse Anlage, aber als es darauf ankam, kam ich nicht heraus.

3

BONITÄTHAT VORRANG

Bei einer festverzinslichen Anlage sollten die Sicherheit und die Bonität des Schuldners an erster Stelle stehen. Es lohnt sich in der Regel nicht, um ein paar Prozent-Bruchteile zu feilschen. Schon früh haben mir die Erzählungen von Altmeister André Kostolany eingeleuchtet. Er schilderte in einem seiner schönen Bücher, dass man vor dem Ersten Weltkrieg in Paris neben den französischen Staatsanleihen unter anderem Auslandsanleihen des Russischen Reiches kaufen konnte. Die Zaren-Bonds rentierten einen viertel Prozentpunkt höher als die französischen Anleihen. Dann kam die Oktoberrevolution. Das neue Regime sah sich nicht als Rechtsnachfolger des Zarenreichs. Es fühlte sich für die Schulden nicht mehr zuständig. Das Geld, das gutgläubige Anleger in die russischen Anleihen gesteckt hatten, um ein viertel Prozent mehr Zinsen zu kassieren, war futsch. Die französischen Staatsanleihen dagegen wurden pünktlich zurückgezahlt. Man hatte für einen viertel Prozentpunkt mehr den gesamten Einsatz riskiert. Ganz ähnlich erging es denjenigen, die im Jahr 2005 griechische Staatsanleihen kauften, nur um einen halben Prozentpunkt mehr Zinsen als bei Bundesanleihen zu kassieren. Auch sie waren wenige Jahre später fast ihren gesamten Einsatz los.

Die niedrigen Zinsen treiben Anleger in riskante Anlagen

Viele Anleger lassen sich leider zu riskanten Investments verleiten, weil sichere Anlagen wie etwa eine Bundesanleihe oder Festgeld bei der Bank kaum über null Prozent abwerfen. Sie meinen, früher habe es mehr Zinsen gegeben, und die wollen sie auch wieder haben. Doch das ist eine Milchmädchenrechnung. Inflationsbereinigt nach Steuern gab es in Deutschland so gut wie noch nie eine Rendite von nennenswert über null Prozent. Um dies an einem Beispiel zu erläutern, wähle ich einmal die Werte von 1980. Der Diskontsatz, der Eckzins für kurzfristige Ausleihungen, lag damals in der Spitze bei 7,5 Prozent. Der Satz für Tagesgeldanlagen oder Monatsgelder muss damit etwa in der gleichen Größenordnung oder leicht darunter gelegen haben. Die Inflationsrate im Jahr 1980 betrug 5,4 Prozent. Gut, könnte man denken, immerhin ein Realzins von 2,1 Prozent. Doch nach Steuern sieht die Lage anders aus. Damals mussten die Zinseinnahmen zum persönlichen Steuersatz versteuert werden. Ein Anleger, der durch seine berufliche Tätigkeit ein durchschnittliches Jahreseinkommen von 29.000 DM erzielte, musste jeden zusätzlichen Euro wegen der Progression mit einem Satz von fast 50 Prozent versteuern. Nach korrekter Versteuerung wären von den 7,5 Prozent bei einem Durchschnittsverdiener 3,75 Prozent angekommen. Nach Abzug der Inflationsrate von 5,4 Prozent wäre somit ein Minus von 1,65 Prozent übrig geblieben. Weil dies verständlicherweise von den Anlegern als ungerecht beurteilt wurde, wurden die Zinsen in der Regel nicht in der Steuererklärung angegeben.

Früher wurden Zinsen in der Regeleinfach nicht versteuert

Die Deutsche Bundesbank konnte ja ziemlich genau angeben, wie viel Zinsen in einem Jahr insgesamt von Banken an ihre Kunden ausgeschüttet worden waren. Das Finanzamt konnte die Zahlen beitragen, welche Zinserträge von den Bürgern bei der Steuer angegeben worden waren. Beim Vergleich dieser beiden Größen klaffte regelmäßig eine Lücke von über 90 Prozent. Damals gab es in Deutschland ein funktionierendes Bankgeheimnis. Das Risiko, mit diesem Steuerbetrug aufzufliegen, lag also bei null. Dieser Steuerbetrug wurde stillschweigend geduldet und so gut wie von jedem Sparer auch begangen. Weniger als zehn Prozent der Sparer waren in jenen Jahrzehnten – ob aus Ängstlichkeit, doch irgendwann aufzufliegen, oder einfach aus Korrektheit – ehrlich.

Dieser Missstand hätte sich leicht beheben lassen. Eine Abschaffung des Steuergeheimnisses mit einer Kontrollmeldung jeder Zinszahlung an das Finanzamt, wie es zum Beispiel in den USA damals üblich war, hätte dieses Spielchen des massenweisen Steuerbetrugs beendet. Da die Mehrheit der Wähler auch Sparer sind, ging keine Regierung gegen diesen Steuerbetrug vor, aus Angst, bei der nächsten Wahl Stimmen zu verlieren. Im Jahr 2009 wurde dieser Missstand durch die Abgeltungsteuer behoben, bei der ein ermäßigter Zinssatz von 25 Prozent gleich an der Quelle bei der Zahlung der Zinsen von der Bank einbehalten wird. Davor hatten 50 Jahre lang 90 Prozent aller Sparer, die mit ihren Zinsen über dem Steuerfreibetrag lagen, Steuerbetrug begangen. Viele rechtfertigten diesen Tatbestand vor sich als Selbstverteidigung, denn nach Steuern und Inflation wäre fast in der gesamten Zeit ein Minus herausgekommen. Diese Rechtslage war vollkommen zu Recht als stille Enteignung aufgefasst worden.

Nicht auf hohe Zinsen schielen.Real nach Steuern gab es nie mehr

Da dieser Weg der Steuervermeidung mittlerweile verbaut ist und er ohnehin keinen Sinn mehr ergeben würde, da die Zinsen bei nahe null verharren, tendieren viele Anleger dazu, höhere Zinsen zu suchen, aber dabei eine schlechtere Bonität des Schuldners in Kauf zu nehmen. Doch Vorsicht, hier lauern Gefahren. Die Rückzahlungsversprechen sind oft nicht so sicher, wie sie sich bei Emission einer Anleihe anhören. Es gilt ein paar Regeln zu beachten. Zunächst darf man den Rat von Experten nicht außer Acht lassen.

Vier DAX-Anleihen werden als Junk eingestuft

Um die Sicherheit einer Anleihe zu prüfen, gibt es Ratingagenturen, die nichts anderes machen, als Schuldner auf ihre Rückzahlungsfähigkeit zu überprüfen. Diese Ratingagenturen wurden in den letzten Jahren in der Presse etwas schlecht behandelt, weil ihnen vorgeworfen wurde, die Kreditrisiken der US-Immobilienkrise nicht rechtzeitig vorhergesagt zu haben. Dennoch sollte man sie wegen dieser Fehleinschätzung nicht ganz außer Acht lassen. Auch bei einem Aktieninvestment lohnt es sich, nachzuschauen, wie die Anleihen der Aktienunternehmen „geratet“ sind. Dies liefert einem wertvolle Hinweise über die finanzielle Situation der betreffenden Unternehmen. Die Benotungen der Ratingagentur Moody’s laufen von AAA bis Aa3 für die investmentwürdigen Anleihen hoher Sicherheit, über die Ziffern A1 bis Baa3 für die Anleihen mit mittlerer Sicherheit, die ebenfalls noch als Investment geeignet erscheinen, bis zu den nicht mehr als Investment empfohlenen Noten Ba1 bis B3. Alles, was mit C beginnt, steht vor der Pleite.

Sicherster börsennotierter Schuldner in Deutschland ist die Allianz mit einer Note von Aa3

Die am höchsten bewerteten Anleihen eines DAX-Unternehmens sind die der Allianz mit einer Note von Aa3. Papiere der großen deutschen Firmen BASF, Daimler, Deutsche Post und Siemens liegen mit Bewertungen von A1 bis A3 in der Gruppe der Anleihen mit mittlerer Sicherheit. Im DAX befinden sich sogar vier Unternehmen – beziehungsweise drei, ein Wert davon ist nämlich gerade aus dem DAX abgestiegen und durch einen neuen ersetzt worden –, deren Anleihen nicht als investmentwürdig beurteilt werden. Sie sind als Junk eingestuft, also nicht als Investment geeignet. Hierbei handelt es sich um die Firmen Deutsche Lufthansa, Kali und Salz, Thyssen und Fresenius Medical Care. Bei Anleihen, die in diese Kategorie fallen, gibt es nach Angaben von Moody’s mit einer Wahrscheinlichkeit von 40 Prozent in den nächsten 20 Jahren einen Zahlungsausfall. Wahrscheinlich werden also zwei dieser vier Firmen in 20 Jahren pleite sein. Ein großer Name allein reicht nicht, um finanziell auf Dauer erfolgreich zu sein.

Je höher der Zins, desto unsicherer die Rückzahlung

Je schlechter die Benotung einer Firma, desto höher ist in der Regel die Verzinsung der Anleihe. Das Risiko, dass man eventuell sein Geld am Ende der Laufzeit nicht mehr zurückbekommt, muss durch einen höheren Zins ausgeglichen werden. In den Achtzigerjahren des letzten Jahrhunderts wurde es modern, mit schlecht benoteten Anleihen Projekte zu finanzieren, die sonst keinen Zugang zum Kapitalmarkt gefunden hätten.

Die Junk-Bond-Welle

Es wurden Junk-Bond-Fonds für nicht investmentwürdige Anleihen aufgelegt, um Kapital zu sammeln. Das Argument beim Vertrieb dieser Fonds lautete: Die Junk Bonds zahlen acht Prozent mehr als Staatsanleihen. Selbst beim Ausfall von fünf Prozent der Anleihen liegt der Gesamtertrag immer noch deutlich höher als der einer Staatsanleihe. Klingt vernünftig. Wenn fünf Prozent der Firmen pleitegehen, zahlen die anderen dann immer noch so viel mehr, dass es sich bei einer Streuung über mehrere solcher Ramschanleihen dennoch lohnt, in sie zu investieren. Eine Firma, die untrennbar mit diesem Junk-Bond-Boom verbunden ist, war Drexel Burnham Lambert und ihre herausragende Persönlichkeit Michael Milken. Es entstand eine wahre Junk-Bond-Manie. Es schien eine sichere Methode gefunden zu sein, den Zinsertrag zu erhöhen.

Der große Rechenfehler

Mir schien dieses Gedankengebäude schon damals suspekt. In einem meiner ersten längeren Beiträge für die Wirtschaftswoche schrieb ich damals den Artikel „Junk-Bonds: Der große Rechenfehler“. In dieser Arbeit wies ich darauf hin, dass die Emittenten zwar das momentane Ausfallrisiko korrekt berechnet, aber dabei vernachlässigt hatten, dass dieses Ausfallrisiko von fünf Prozent keine fixe Größe, sondern eine Variable der Zeit ist. Diese fünf Prozent steigen nämlich im Laufe der Jahre deutlich an. Bei einem unsicheren Schuldner mag das Risiko, dass er im ersten Jahr schon insolvent wird, bei fünf Prozent liegen. Doch zehn Jahre nach der Emission wird die Ausfallrate wesentlich höher sein. So steigt zum Beispiel die kumulierte Ausfallrate einer nicht als Investment geeigneten Anleihe mit der Benotung Ba im Laufe der Jahre an. So werden statistisch gesehen nach fünf Jahren zehn Prozent der mit Ba benoteten Papiere nicht mehr bedient, nach zehn Jahren betragen die Ausfälle schon 20 Prozent, nach 15 Jahren 30 Prozent und nach 20 Jahren 40 Prozent. Ich wies deshalb am Ende der Story darauf hin, dass wegen der zeitlichen Variabilität dieses Ausfallrisikos die Argumentation für die Junk Bonds in sich zusammenfallen würde.

Einige Zeit später kam es tatsächlich zu riesigen Pleitewellen und viele Anleger verloren ihren gesamten Einsatz. Michael Milken kam ins Gefängnis, weil einige Unregelmäßigkeiten in seinem Geschäftsgebaren aufgefallen waren. Danach waren Ramschanleihen für viele Jahrzehnte nicht mehr salonfähig.

Man kann den Zinsertrag nicht steigern!

Als Moral von dieser Geschichte kann man herausziehen, dass man den Zinsertrag auf Dauer nicht über die Rendite einer Staatsanleihe steigern kann. Der Markt preist eine Anleihe genau so, dass sich der höhere Zins mit dem Ausfallrisiko ausgleicht. Nehmen wir an, der Zins für eine zehnjährige Bundesanleihe liegt aktuell bei einem Prozent. Nun bietet beispielsweise eine Mittelstandsanleihe einen Zins von fünf Prozent auf zehn Jahre. Mit der Bundesanleihe erhalte ich nach zehn Jahren inklusive der inzwischen geleisteten Zinszahlungen 110 Euro zurück, wenn ich 100 Euro investiert habe. Bei der Anleihe von dem Emittenten XY mit dem fünfprozentigen Kupon erhalte ich, wenn es gut geht, 150 Euro. Daraus kann ich direkt schließen, dass die Wahrscheinlichkeit, mein Geld nicht wiederzusehen, bei 27 Prozent liegt. Statistisch habe ich nämlich, wenn ich in diese fünfprozentige Anleihe investiere, nach zehn Jahren ebenfalls 110 Euro. Diese 110 Euro ergeben sich aus den erhofften 150 Euro multipliziert mit der Wahrscheinlichkeit, das Geld wiederzubekommen, von 73 Prozent.

Der Einzelfall kann davon abweichen. Die Firma entwickelt sich möglicherweise gut und sie bezahlt die Zinsen und nach zehn Jahren den Einsatz zurück, dann habe ich 150 Euro statt 110 Euro. Aber es kann eben auch anders kommen und die Firma sieht sich nicht in der Lage, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Diese Wahrscheinlichkeit beträgt 27 Prozent. Den Markt kann man nicht überlisten. Der Markt ist in sich so gepreist, dass man mit einem höheren Zins auf Dauer keinen höheren Ertrag erwirtschaftet, vielleicht einmal ja, vielleicht einmal nein, aber im Mittel eben nicht. Ich bekomme statistisch nicht mehr als die 110 Euro der Bundesanleihe. Das ist der Marktzins. Alles andere ist mit einem höheren Risiko und somit einer höheren Ausfallwahrscheinlichkeit verbunden.

Wenn ich zur Streuung zehn Anleihen mit einem Kupon von fünf Prozent von zehn verschiedenen Emittenten wähle, damit mich der Ausfall einer Firma nicht gleich um mein gesamtes Kapital bringt, dann werden von diesen zehn Firmen sieben pünktlich zahlen und ich bekomme am Ende der Laufzeit meinen Einsatz zurück, und drei münden im Bankrott. Es gibt keinen cleveren Umweg. Der Marktzins, den die deutsche Bundesanleihe vorgibt, lässt sich statistisch nicht erhöhen. Der Einzelfall kann gut gehen, aber im Mittel lässt sich der Ertrag auf Dauer nicht steigern.

Wertpapiere in einem Depot sind bei einerPleite der Bank nicht unbedingt sicher

Eine Frage, die sich dabei jedoch stellt, lautet, ob mein Wertpapierdepot mit Anleihen oder Aktien bei einer Bank in einer Krise sicher ist. Auch hierzu gibt es mehrere juristische Meinungen. Es steht zwar explizit auf der Seite des Finanzministeriums, dass Wertpapiere von einer etwaigen Bankenpleite nicht betroffen sind, da sie nicht zum Eigentum der Bank gehören, sondern nur von der Bank für den Inhaber verwaltet werden. Dennoch steht zum Beispiel in den Geschäftsbedingungen der Deutschen Bank: „Ist die Bank pflichtwidrig außer Stande, Wertpapiere des Kunden zurückzugeben, so besteht neben der Haftung der Bank im Entschädigungsfall ein Entschädigungsanspruch gegen die Entschädigungseinrichtung deutscher Banken GmbH. Der Anspruch gegen die Entschädigungseinrichtung ist der Höhe nach begrenzt auf 90 Prozent des Wertes dieser Wertpapiere, maximal jedoch auf den Gegenwert von 20.000 Euro.“ Es muss also tatsächlich der Fall möglich sein, dass sich eine Bank pflichtwidrig außerstande sehen kann, die Wertpapiere, also auch die Aktien, zurückzugeben. Sonst stünde dieser Passus nicht in den Geschäftsbedingungen.

Wirklich sicher sind Bundesanleihen nur bei der Finanzagentur der Bundesrepublik Deutschland