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Der vermeintliiche Einbruch auf der Tankstelle gegenüber ist schnell aufgeklärt, setzt aber neue, ungewollte Dinge in Gang. Eine kleine, vom Leben abgehängte Gruppe von vier Männern bezieht ihre bescheidene Alltagsfreude von gemeinsamen Waschtagen in einem Innenhof eines Altbauareals unter der Obhut von "Hausmeister". Dieses Ritual wird jedoch bedroht, als ein großer, internationaler Immobilienkonzern ein Auge auf die umliegenden Gebäude geworfen hat.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
VORWASCHGANG
Liste der auftretenden Personen
1. Aufzug
Intermezzo
2. Aufzug
Intermezzo
3. Aufzug
Intermezzo
4. Aufzug
Intermezzo
5. Aufzug
Intermezzo
6. Aufzug
Intermezzo
7. Aufzug
Intermezzo
8. Aufzug
Intermezzo
9. Aufzug
Intermezzo
10. Aufzug
Intermezzo
11. Aufzug
Mixmezzo
12. Aufzug
Intermezzo
13. Aufzug
Intermezzo
14. Aufzug
Podcast
15. Aufzug
16. Aufzug
SCHLEUDERGANG
TROCKENGANG
Ulrich PAUL Preiß
HaJo PROPPER Prompe
WÄSCHE IM HOF
Ulrich PAUL Preiß
HaJo PROPPER Prompe
WÄSCHE IM HOF
heiter bis wolkig
ein Theaterstück
überarbeitete und erweiterte Neuauflage
incl. THE MAKING OF
Texte: © 2025 Copyright und Aufführungsrechte by Ulrich Preiß & HaJo Prompe
Umschlaggestaltung: © 2025 Copyright by Ulrich Preiß
Verlag:
contact: [email protected]
Herstellung: epubli – ein Service der neopubli GmbH,
Köpenicker Straße 154a, 10997 Berlin
Kontaktadresse nach EU-Produktsicherheitsverordnung:
Liebe Leser*innen,
Zahlreiche Hinweise von Leser*innen haben uns veranlasst diese Neu-Auflage anzufertigen. Es gibt einige Ergänzungen. Außerdem konnten wir noch ein paar grammatikalische Nachlässigkeiten korrigieren.
Einige Leser*innen hatten zum Beispiel Schwierigkeiten die auftretenden Personen auseinander zu halten. Für sie gibt es jetzt eine Aufstellung aller Mitspieler mit kurzer Charakterisierung.
Wir mögen keinen Kaffee aus Plastik- oder Pappbechern. Es störte uns, dass unsere Darsteller aus Plastikbechern tranken, als sie Angela zum Kaffee einluden. Diesen Mangel haben wir abgestellt: Es gibt mit dieser Neuauflage von Wäsche im Hof künftig Kaffee aus Porzellantassen. Angela wird das Hof-Logo (unser Buchcover) auf unseren Tassen als erste entdecken. Die Wäsche im Hof-Tasse wird damit Literatur! Und bei diesem Kaffeetrinken entwickelt sich dann sogar ein weiterer Tassentyp, der wahrscheinlich noch authentischer für die Hofmenschen ist. Diese Szene ist kennzeichnend für unsere Arbeitsweise: Wir hören unseren Figuren zu, sie sprechen zu uns, kommentieren den Verlauf des Stückes und machen Vorschläge. Die Figuren haben wir erfunden, aber sie geistern durch die Dialoge und wir schreiben es auf. So einfach ist das!
Einen Einblick in die Entstehung von WÄSCHE IM HOF bietet das THE MAKING OF.
Wie wir dazu kamen, dieses Theaterstück zu schreiben,
wie die Figuren entstanden sind oder
wie wir die Szenen entwickelt haben.
So eine Geschichte schreibt sich ja nicht in zwei Wochen herunter. Es ist ein ständig expandierender Prozess, in unserem Fall von eineinhalb Jahren Spaß:
zu spinnen,
zu schreiben,
zu verwerfen,
zu verändern,
zu überraschen.
Ein Prozess, der sich häufig ändert und andere Wege bereitet.
Wir empfehlen euch, das „Making of“ erst im Anschluss an das Theaterstück zu lesen, da sonst einige Details verraten werden.
Dieser Theatertext ist eine Anregung für die Regie und die Dramaturgie für eine Theateraufführung. Wir sind gespannt, was sie daraus machen.
THE MAKING OF erklärt, welche Erwartungen wir mit dem Theater verbinden!
(Und wenn es schon eine Neuaflage gibt, dann sollte im Dialog zwischen Hausmeister und Opa über Alkohol und Glücksspiele auch auf PILANGO hingewiesen werden.)
So denn, auf geht’s in das Wohnviertel zwischen
Nitribit-Straße und Paulstraße.
KEVIN (29) extrovertiert, mit gelegentlichen Eingebungen zur Selbsterkenntnis. Wohnt überall und nirgends.
KARL (35) nach beruflichen Enttäuschungen steht er seiner Umgebung eher gleichgültig gegenüber. Lebt im Wohnheim.
HEINZI (50) auf Grund einer persönlichen Erfahrung begegnet er der Damenwelt skeptisch bis ängstlich. Wohnt bei einem schwulen Pärchen.
PETER (21) eher ruhiger Typ. Ist aus der elterlichen Wohnung geflohen. Nächtlicher Aufenthalt unbekannt.
HAUSMEISTER (50) er ist das Bindeglied für die Männer, wohnt auf dem Hof und besitzt eine Waschmaschine.
OPA (76) seniler Kauz, oder verkannter Philosoph? Er wird nur verbal wahrgenommen. Wohnt auf dem Balkon(?).
POLIZIST (40) ein williger Beamter, mit einem Ansatz von Witz und Lebensfreude.
ANGELA (44) Inhaberin der, dem Hofeingang gegenüberliegenden Tankstelle. Emphatisch und hilfsbereit.
SONJA (30) Podcasterin und Polizeifotografin, mit Hang zum Musischen.
HILDEGARD (75) und ELFRIEDE (75) die beiden Damen leben ihre Liebe zu frisch gewaschener Wäsche und Südfrankreich.
FREMDER (50)/(HERR BAUMANN) zwielichtiger Typ, von dem man nicht so genau weiß, wo er hingehört.
UTE (42) sie ist eine gute Freundin von Angela, wenn nicht sogar mehr. Arbeitet auf dem Grundbuchamt.
KUNDIN, später ALTE (Mitte 70) schnippische Frau, denkt gerne an ihren Vorteil.
SEEMANN (nicht mitwirkend) Vater von Angela.
Mr. WU (nicht mitwirkend) Ex-Ladenbetreiber um die Ecke und Freund von Seemann.
NUMMERNGIRL (55) zelebriert ihren erlernten Beruf, manchmal sogar über das Ziel hinaus.
Der vermeintliche Einbruch auf der Tankstelle gegenüber ist schnell aufgeklärt, setzt aber neue, ungewollte Dinge in Gang.
Eine kleine, vom Leben abgehängte Gruppe von vier Männern bezieht ihre bescheidene Alltagsfreude von
gemeinsamen Waschtagen in einem Innenhof eines
Altbauareals unter der Obhut von „Hausmeister“.
Dieses Ritual wird jedoch bedroht, als ein großer, internationaler Immobilienkonzern ein Auge auf die umliegenden Gebäude geworfen hat.
WÄSCHE IM HOF
HAUPTWASCHGANG
Es ertönt ein entfernter Einbruchalarm, der nach geraumer Zeit abreißt.
Der Vorhang öffnet sich. Es ist sehr dunkel. Man erkennt lediglich Konturen des Hinterhofes.
Eine Person durchquert, leicht gehetzt, die Bühne. Stolpert, stürzt und verschwindet auf der anderen Seite.
Es sind leise Polizeisirenen zu hören, die langsam näher kommen.
Im Publikum klingelt ein Telefon. Zehnte Reihe, Mitte.
POLIZIST (Mitte 40)
halblaut, genervt
Ja, was denn … das ist jetzt aber sehr unpassend. Ich bingerade im Theater … nein, in einer Vorstellung … nein, ich bin nicht im Dienst … was? … das weiß ich doch nicht, es hat gerade erst angefangen.
Ein Mitarbeiter des Theaters geht mit erleuchteter Taschenlampe auf den Telefonisten zu, drängt ihn leise das Gespräch zu beenden.
POLIZIST
Er steht auf, verlässt die Sitzreihe, mit dem Telefon am Ohr.
Ja, ist ja gut, ich komme, in Gottes Namen … was, Gott hat gar keinen Namen? Wilfried. So, jetzt hat er einen Namen. Er heißt Wilfried. Bis gleich.
Er steckt das Telefon zurück in seine Jacke. Vor dem Ausgang wendet er sich an das Publikum.
Es tut mir leid. Die Polizei, immer im Einsatz.
Er verlässt den Zuschauerraum. Die Tür geht noch einmal auf.
Wir sind die Guten!
Tür zu.
Die Polizeisirenen werden von der Bühne her lauter und enden mit dem sich schließenden Vorhang.
Der Vorhang öffnet sich. Es ist Tag.
In einem kargen, jedoch sehr aufgeräumten Hinterhof befinden sich vier Männer verschiedenen Alters. Links unter einem Balkon, den man nur von unten sieht, steht eine Holzbank. Dann noch zwei Klappstühle und eine Kiste, auf der man ebenfalls sitzen kann. Gegenüber ist ein Schuppen mit einer Tür, links und rechts schmale Fenster. Links vom Schuppen befindet sich ein niedriger Lattenzaun. Auf der rechten Seite ist ein offener, langer Durchgang zur Straße hin, den man aber nicht einsehen kann. Im Hintergrund die Silhouette viergeschossiger Altbauhäuser.
Quer über den Innenhof sind Wäscheleinen gespannt. Sie hängen voll mit Hemden, Hosen, Socken, Unterwäsche.
Die vier anwesenden Leute sind in Decken und Tücher gehüllt.
Langes Schweigen.
KEVIN (29)
Ihr glaubt das nich. Also gestern steh ich anne Daddelkiste. Also nich an Anne, die vom Tresen, sondern anne Daddel-kiste. Ihr wisst schon. Bis auf ein Euro hab ich schon alles verdaddelt. Ich halt also den letzten, also mein letzten, so in den Fingern und halt ihn mir vor die Augen. Ich denke, wenn ich ihm gut zurede, vielleicht bewirkt das ja was. Also rede ich ihm gut zu: komm Alter, wir sind doch Kumpel, du bist doch ein Gewinner, genau wie ich, gib dein Bestes. Ich geb auch mein Bestes und das bist du. Also go! Dann steck ich ihn in den Automaten und der legt auch sofort los. Alles dreht sich und bewegt sich.
Gestikulierende Arme unterstützen das Gesagte. Er achtet darauf, das die anderen aufmerksam sind.
Alles dreht sich und bewegt sich … und denn …
Er klatscht in die Hände
zack, tata … auch weg. Alles verloren. Haha. Genau wie du, Heinzi. Also nich ganz genau. Bei dir isses ja nur deine Frau gewesen.
Heinzi setzt sich gerade hin und schaut ihn an.
KARL (35)
zu Heinzi
Das ist doch nun auch schon fünf Jahre her, dass sie dich verlassen hat, oder? Na ja, ist mir egal, falls es irgend-jemanden interessiert.
HEINZI (50)
nachdenklich
Ja, fünf Jahre. Und dreizehn Tage.
KEVIN
Ha, die wilde Dreizehn, da isse wieder. War das nich wegen son reichen Magger, der ihr die Welt versprochen hat?
HEINZI
Ja, vor fünf Jahren. Ich weiß das noch wie heute.
KEVIN
Tja, bei mir war's nur 'n büschen Kleingeld. Das kommt irgendwie wieder rein. Also geh ich mal von aus.
KARL
zu Heinzi
Kannst HAUSMEISTER ja mal fragen, ob er dich mit einer Frau auszahlen kann. Ist mir egal.
HEINZI
Kannst mir schenken. Ich will mit den Weibern nichts mehr zu tun haben. Sind doch alle gleich. Wollen dauernd neue Klamotten, schick aussehen, schick ausgehen, schick Schnickidickimicki.
KEVIN
Wat?!
HEINZI
Sicheres Auskommen mit dem Einkommen. Meinem Einkommen!
PETER(21)
Wer will das nicht.
KEVIN
kurzzeitig mal sehr nachdenklich
Man, das is schon ein hartes Ding. Da bist du soo lange verheiratet, denkst alles is in Ordnung, kannst dich auf deine Frau verlassen …
dann wieder direkt
… und zack, bist du verlassen. Na dann: gute Nacht. Aproppo, wo schläfst du denn eigentlich, also momentino mein ich, Heinzi.
HEINZI
Bei Uschi.
KEVIN
Bei Uschi? Ich denk, du hast das nich mehr so mit den Weibern.
PETER
Uschi ist ein Kerl.
KEVIN
Ach was!
PETER
Uschi war mit seinen Lebensumständen nicht mehr zufrieden. Er ist da sehr different bezüglich seiner Sexualität. Er war, oder ist Mann und Frau gleichzeitig. Also einerseits körperlich, andererseits seelisch emotional, sozusagen.
KEVIN
Was es alles so gibt. Na, mein Segen hat er, sie auch. Aber das is doch eigentlich ganz praktisch. Da kann man doch mit sich selber …
denkt nach
… nee, eigentlich nich.
zu Heinzi
Du pennst also nich bei DER Uschi, sondern bei DEM Uschi.
HEINZI
Jetzt hast du's. Wenn da nur Chantal nicht wäre.
KEVIN
Seine Frau. Also DEM Uschi seine Frau.
HEINZI
Neee.
KEVIN
Ja wie …
PETER
Chantal ist auch ein Kerl. DER Chantal.
KEVIN
Ich werd verrückt. Was für Zustände. Und ich dachte, ich kenn nur ganz normale Menschen, so wie ich einer.
Karl prustet in seine Handfläche.
KEVIN
Aber das is doch gut so. Drei Kerle und nich eine Frau dabei. Kein Streit und Ärger.
HEINZI
Na ja, Chantal ist schon eine sehr eifersüchtige Person.
KEVIN
Oha! Eifersucht is ganz schlecht.
Er streicht sich über die Wange.
Aber sie kann doch nich auf DICH eifersüchtig sein. Guck dich doch mal an.
KARL
Charmant wie immer. Aber Heinzi ist halt ein Charaktermensch. Da guckt man ins Herz und nicht auf seine Zähne. Na ja, mich geht das nichts an, falls …
KEVIN
… das irgendjemanden interessiert. Aber sach mal, du gescheiterter Sozialarbeiter, hast du nich noch Kontakt zu deinen Ehemaligen. Zum Beispiel zum Sozialamt, Auszahlungsstelle. Na? Hassu?
KARL
Nä! Will ich nix mehr mit zu tun haben. Die wollten mich nicht mehr, also bitte.
HEINZI
Wie, die wollten dich nicht mehr. Da muss man doch schon den Chef beklauen, um gegangen zu werden.
KARL
Oder man geht von alleine.
KEVIN
Das is aber nich schlau. Und ich dachte immer du bist so'n Schlauer. Kannst ma gucken.
KARL
Die unteren Abteilungen machen die eigentliche Arbeit. Alles wird nach unten delegiert. Kundenkontakt, Statistiken, schriftliche Archivierungen, Berechnungen, Auswertungen und so weiter. Dann wird man nach innovativen Verbesserungsvorschlägen gefragt, aber die Abteilungsleiter finden eh nur die eigenen Ideen gut, auch wenn sie es nicht sind. Oder sie verkaufen deine Ideen als ihre eigenen nach oben.
KEVIN
Das kenn ich. Ich hatte schon immer, also schon immer die Idee, aus einem Viererpack Bier ein Sixpack zu machen. Ham die auf mich gehört?
PETER
Aber es gibt doch Sixpack Bier.
KEVIN
Schon, aber die Idee muss mir einer geklaut haben.
KARL
Und wenn es dann zu einer Beförderung kommt, wer wird befördert? Die Person, die es verdient hat?
KEVIN
Der mit der geklauten Sixpack-Idee.
KARL
Eben nicht. Erst war es irgend so ein Schwager. Keine Ahnung, wo der herkam. Beim nächsten Mal war es dieses Fräulein Heike, die mit dem engen Pullover.
KEVIN
Ui, heikle Angelegenheit. Die hätte ich aber auch genommen. Und jetzt stell dir mal vor, die hätte da ein Sixpack drinn. Im Pullover.
Heiterkeit füllt den Hinterhof.
Vom Balkon aus wird ein kleiner Korb an einem Seil herunter
gelassen. Der Korb wird hin und her geschwungen, so, dass er Heinzi am Kopf trifft. Der erschrickt sich zunächst, fummelt dann einen kleinen Zettel aus dem Korb. Er entfaltet ihn und liest.
HEINZI
Eine Fluppe bitte. Opa hat nichts mehr zu Paffen.
in die Runde
Opa hat nichts mehr zu Paffen. Hat jemand eine Zigarette für ihn?
OPA(76)
vom Balkon
Mit Feuer! Opa hat auch kein Feuer mehr.
KEVIN
nach oben
Das is ganz normal. Das legt sich im Alter. Außer bei mir.
PETER
Ich hab auch keine mehr.
KARL
Ich auch nicht.
HEINZI
Und ich rauch nicht.
KEVIN
nach oben
Ich glaub, wir müssen, also nich gleich alle, aber einer muss wohl erst mal rüber zur Tanke und welche holen, Opa.
dreht sich in die Runde
Habt ihr das überhaupt mitgekricht? Ich glaube, da war letzte Nacht ein Überfall, auffe Tanke.
PETER
Ich, ääh, weiß von nichts.
OPA
Na das TATÜ und vor allem das TATA war ja nicht zu überhören, hier auf dem Balkon.
HEINZI
Du warst die ganze Nacht auf dem Balkon?
OPA
Ich bin immer auf dem Balkon.
HEINZI
Wieso?
OPA
Na, mein Neffe hat mich letzten Sommer hier raus geschoben und dann vergessen mich wieder rein zu holen.
HEINZI
Du hast überhaupt keinen Neffen.
OPA
So? Tatsächlich? Na, vielleicht heißt der auch ganz anders.
KEVIN
Was kann man überhaupt auf dieser Tanke klauen, was sich lohnt. Gut, sie haben Zigaretten. Und sonst? Motoröl und Mineralwasser, glaub ich. Und nich mal Sixpacks. Von wegen dem komischen Kundenklientel, oder wie das heißt. Was is eigentlich 'komisches Kundenklientel'. Karl, du weißt so was doch immer.
KARL
Das heißt: fragwürdige, unfreundliche, nicht besonders soziale Leute, die man nicht unbedingt um sich haben möchte. So wie du einer. Das letzte war jetzt ein Scherz. Ist mir aber egal, falls es irgendjemanden interessiert.
Es kommt zu einer längeren, schweigsamen Pause. Man sitzt herum, feilt sich die Fingernägel. Einer spielt mit einem Jojo, was eher nicht so gut klappt. Heinzi steht auf und geht hin und her.
HEINZI
Die Waschmaschine brauchte heute aber besonders lange. Ob Hausmeister ein anders Programm eingestellt hat?
OPA
Ouh, wart mal. Ich habe auch ein anderes Programm gefunden.
Er klickt ein Radio an. Man hört den Sendersuchlauf. Dann Musik, sehr rhythmisch.
Ich glaube, das heißt Rock-Musik. Was hat Musik bloß mit Klamotten zu tun.
KEVIN
He, das is geil. Mach ma lauter.
Opa macht lauter. Kevin beginnt sich rhythmisch zu bewegen und animiert die anderen mitzumachen, was diese auch tun. Tanzen kann man das allerdings nicht nennen. Auf jeden Fall haben die vier an ihren waghalsigen Tücherbewegungen einen Riesenspaß.
Ebenso rhythmisch betritt der Polizist aus dem Publikum mit seinem wehenden Trenchcoat die Bühne. Die vier Männer bejubeln den tänzelnden Gast, bis hinter ihm eine Frau auftaucht. Das Tanzen findet ein jähes Ende. Kevin entgleitet seine Tuchbedeckung (steht mit dem Rücken zum Publikum).
HEINZI
Hebt das Tuch auf und legt es Kevin um die Schulter.
nach oben
Opa! Mach mal wieder aus.
Das Radio geht wieder aus.
POLIZIST
Oh, ist es schon zu Ende?
Er macht eine letzte Drehung und bemerkt dabei das Publikum. Er geht bis zum Bühnenrand und schaut fragend nach unten.
Komisch. Das ist merkwürdig. Mir ist so, als wäre ich schon einmal hier gewesen.
Er wendet sich wieder der Situation auf der Bühne zu.
Das ist jetzt so wie ein Deja-vu, nur irgendwie anders.
KEVIN
Das heißt nich 'Deja-vu' mein Herr, das heißt 'Dujardin' und so einen hätt ich jetzt auch gerne. Und mir wird dann auch immer ganz anders. Also ich meine: gut anders. Dann steh ich unter Einfluss. Verstehst du? Einfluss!
Er macht eine eindeutige, unterstützende Handbewegung.
POLIZIST
Das ist ja interessant. Aber eigentlich interessiert mich das momentan überhaupt nicht.
KARL
Also mich auch nicht. Aber mich fragt ja keiner.
POLIZIST
zu Karl
Vielleicht ja doch.
dann wieder zu allen
Mein Name ist Fußnagel.
Kevin prustet in sich hinein.
Herr Fußnagel!
Kevin prustet etwas lauter in sich hinein. Ein böser Blick des Polizisten.
OPA
bricht in heftiges Gelächter aus
Ha ha ha ha ha!
POLIZIST
böser Blick nach oben
Hallo?!!
OPA
Hi hi. Ist gut. Tut mir leid. Nun hab ich mich wieder. Hi hi.
POLIZIST
wieder in die Runde
Kommissar Fußnagel, um genauer zu sein. Also, ich bin von der Polizei. Ich bin der ermittelnde Kommissar bezüglich des Einbruchs auf die gegenüberliegende Tankstelle letzte Nacht. Diese Frau hier …
Er schiebt die Overall Tragende nach vorne.
… ist eine Zeugin, sie hat den Täter, oder die Täterin in diesen Hof verschwinden sehen. Es ist zwar sehr dunkel gewesen …
KEVIN
War ja auch Nachts.
Der Polizist schaut Kevin strafend an.
Haben sie selber gesagt, Herr Kommissär.
POLIZIST
leicht verwirrt
Ja, hab ich … es ist zwar sehr dinkel, ääh, dunkel gewesen, aber ich möchte dennoch eine spontane Gegenüberstellung machen, ob die Zeugin eventuell die Person wiedererkennen kann.
Er fummelt aus seinem Trenchcoat eine Sprühdose und sprüht einen Strich auf den Boden.
Wenn sich die Herren bitte mal hier in einer Reihe aufstellen würden.
KEVIN
Das geht gar nicht ohne meinen Anwalt.
KARL
Du hast einen Anwalt?
KEVIN
Neeee, aber das sagt man doch so.
HEINZI
Also ich finde das jetzt auch etwas merkwürdig.
POLIZIST
Aber bitte, meine Herren, das geht doch ganz schnell. Ich kann sie natürlich auch auf das Revier bitten. Das sagt man auch so. Allerdings geht es dann nicht so schnell und mit „bitten“ hat das dann nichts mehr zu tun.
KEVIN
Ouuuh, der knallharte Cop.
HEINZI
Bewegt sich auf den Strich zu.
Na, kommt schon Jungs. Lasst es uns hinter uns bringen.
KARL
Schlurft auch los.
Sollen wir der Größe nach? Oder dem Alter nach. Intelligenzquotient wäre auch interessant. Nein, da gibt’s nur Streit. Oder egal, Herr Kommissar.
POLIZIST
Das ist völlig gleichgültig.
KARL
Hach, genau wie ich.
KEVIN
Also ich mach ja am liebsten 'bunte Reihe'. Is jetzt schwierig. Kann mal einer die stramme Heike mit dem Sixpack-Pullover holen?
Die Jungs schubsen ihre Reihe zurecht.
OPA
Vorsicht Männer. Nicht übertreten, sonst gibt es eine gelbe Karte. Hi hi.
POLIZIST
nach oben
Wie wär's, wenn sie auch mal runter kommen.
OPA
Ach nö. Von hier oben kann ich viel besser gucken. Und dumme Sprüche machen. Hast du mal 'ne Zigarette für mich, Herr Polizei?
POLIZIST
winkt ab, zu den Männern
Dann wollen wir mal.
KEVIN
Ich will nich.
KARL
Also, ich auch nicht.
POLIZIST
Er gibt der Frau Zeichen, zu beginnen.
Na dann, Frau, ääh …
ANGELA (44)
Angela.
POLIZIST
Frau Angela. Los geht’s.
Angela geht einige Mal in respektablem Abstand, scharfen Auges an den Männern vorbei. Dann, sich sich etwas nach vorne beugend, dichter an Heinzi heran. Mit abwehrenden Handbewegungen geht er einen Schritt zurück.
HEINZI
Weiche von mir, Weib.
KEVIN
Öjh, Heinzi, du sprichst ja wie im Theater.
Angela geht wieder zurück, am Polizisten vorbei und schüttelt den Kopf. Dann dreht sie sich noch einmal ruckartig zu den Männern um. Erschrocken springen die ein, zwei Schritte zurück.
HEINZI
Was soll denn das. Wir sind wehrlose Männer.
KEVIN
Da kann man sich ja direkt erschrecken.
KARL
Das ist der doch egal. Mir übrigens auch, falls es jemanden interessiert.
OPA
Mach noch mal. Das ist lustig.
POLIZIST
Na schön. Da haben wir heute noch kein Ergebnis. Ich werde morgen wiederkommen und noch einige Fragen stellen. Ich gehe mal davon aus, dass sie Zeit für mich haben. Also zieht euch morgen mal etwas Richtiges an und macht euch hübsch, wir werden auch Fotos machen.
KEVIN
schaut an sich herunter
Ich bin schon hübsch.
