Wechselspiel - Doris Bühler - E-Book

Wechselspiel E-Book

Doris Bühler

4,8

Beschreibung

»Aber nein, es war kein Traum, sie war wach. Hellwach! Und sie begriff, dass etwas Unfassbares mit ihr geschehen sein musste. Etwas, das sie nicht verstand, und das ihr Angst machte.« Ein tragischer Autounfall wird zum Schicksalsmoment für Anne Berghöfer. Als sie im Krankenhaus erwacht, steckt sie im Körper der jungen Monika Rieger, die ebenfalls in den Unfall verwickelt war. Ihr altes Leben hinter sich zu lassen - Ehemann und Sohn, die Arbeit, die Freunde - fällt Anne schwer, aber noch schwieriger ist es, sich im neuen Leben von Monika einzufinden. Ohne Erinnerungen. Ohne Bezugspersonen. Ohne Perspektiven. Doch Anne nimmt die Herausforderung an, obwohl die Vergangenheit - Monikas und ihre eigene - sie verfolgt. Sie versucht, Monikas Leben eine neue Richtung zu geben, und findet sogar einen Weg ins Glück.

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Inhaltsverzeichnis
Cover
Doris Bühler - Wechselspiel
14. Mai 1999 – Der Tag, der alles verändert hat …
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Epilog
Impressum

14. Mai 1999 – Der Tag, der alles verändert hat …

… bei den Riegers in der Waldherrenstraße …

Das Gesicht nahm langsam Formen an. Schon waren die leichten Erhebungen über den Augenhöhlen zu erkennen, eine zierliche Stupsnase und runde Bäckchen. Es war ein noch blindes und stummes Wesen, das Helga Rieger in ihren Händen hielt. Schnell und geschickt glättete sie ein paar Unebenheiten auf der kleinen Stirn, brach für Mund und Kinn ein Stückchen von der Knetmasse ab, knetete es kurz in ihren Händen, bis es weich und geschmeidig war und drückte es fest an die Stelle, an der der Mund entstehen sollte. Einen Augenblick lang wirkte das Gesicht entstellt, der Klumpen Knetmasse wie Narbengebilde. Mit flinken Fingern machte sie sich daran, diese Narben zu bearbeiten, glatt zu streichen, umzuformen, und wie durch Zauberhand entstand ein kleiner kindlicher Mund mit unschuldig aufgeworfenen Lippen. Der erste Schritt war getan.

Helga Rieger liebte es, Puppen zu machen. So wie ein Schriftsteller es liebte, eine Person zu erschaffen, sie mit bestimmten Charaktermerkmalen auszustatten und sie entsprechend agieren zu lassen, wie ein Schauspieler es liebte, in die Rolle einer erdachten Figur zu schlüpfen und ihr Leben einzuhauchen, so liebte sie es, diese kleinen Wesen aus Knetmasse mit ihren Händen zu formen. Jedes von ihnen war eine kleine eigenständige Persönlichkeit. Obwohl sie zu Beginn niemals wusste, ob es hübsch werden würde oder nicht, nahm sie es letztendlich doch immer an, mit all seinen kleinen Fehlern und Unebenheiten. Sie liebte sie alle, und keines hätte sie wieder hergegeben. Vorsichtig verstaute sie den halbfertigen Puppenkopf in einer Plastiktüte, damit die Masse nicht austrocknete.

Ein plötzliches Heulen und Dröhnen ließ sie aufhorchen. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass ein entsetzlicher Sturm tobte. Sie schob den Vorhang des kleinen Fensters über der Werkbank ein wenig zur Seite und schaute in den Garten hinaus. Es war früh dunkel geworden. Die mächtigen Zweige der Zwetschgenbäume, die entlang des Zaunes standen und den Garten zur Straße hin abgrenzten, zeichneten sich dunkel und düster vor dem grauen Himmel ab. Der Wind pfiff in den Wipfeln, sie schwangen hin und her wie unbändige Peitschen. Die Fensterläden der kleinen Holzhütte, die ihr als Basteldomizil diente, rüttelten und klapperten in ihren Halterungen.

Durch das Fenster konnte man zum Haus hinübersehen. Im Badezimmer brannte Licht, wahrscheinlich war Monika inzwischen nach Hause gekommen. Das bedeutete, dass es Zeit war für das Abendessen. Sie vergewisserte sich, dass ihre Schützlinge, in welchem Stadium auch immer, gut aufgehoben waren und löschte das Licht. Im Dunkeln wirkte der Raum gespenstisch. Die Zweige der Bäume warfen nun durch das Licht einer entfernten Straßenlaterne bizarre, wild tanzende Schatten auf die Regalwand. Das Wechselspiel zwischen Hell und Dunkel schien die Figuren und Gesichter zum Leben zu erwecken.

Helga lächelte.

»Gute Nacht, meine Lieben«, flüsterte sie. Sie liebte ihre Puppen, sie waren ein Teil von ihr. Auch sie waren ihre Kinder.

Eine Sturmböe riss ihr die Tür aus der Hand, als sie in den Garten hinaustrat, sie schlug krachend an die Holzwand. Helga kämpfte gegen den Wind an, während sie versuchte, sie zu packen und zu schließen. Der Regen peitschte ihr ins Gesicht. Geduckt stapfte sie durch das nasse Gras in Richtung Haus.

Der Sturm zerrte an ihrer Kleidung und an ihren Haaren, zerzauste die Blumen auf den Beeten, die die Terrasse säumten. Die Tür zur Küche war verschlossen. Sie läutete Sturm und hoffte, so schnell wie möglich eingelassen zu werden. Im letzten Sommer hatte Manfred eine Klingel installiert, nachdem sie einige Male ausgesperrt und in ihrem Puppenhaus vergessen worden war. Zusammen mit der Klingel hatte er auch eine Stromleitung vom Haus zur Hütte hinübergelegt, dadurch konnte sie auch in den Wintermonaten, wenn es früh dunkel wurde, an ihren Puppen arbeiten und sogar einen kleinen Heizofen einschalten.

Uli schickte sich an, ihr zu öffnen, doch er kam nur ganz gemächlich durch die Küche getrottet und ließ sich Zeit.

»Ist Monika im Badezimmer?«, fragte Helga, während sie eintrat.

»Nein, das ist Gaby. Sie will noch mal weg heut abend.« Uli grinste. »Hat ein Raunde-Wuz, glaube ich.« Er sprach das Wort absichtlich falsch aus, um zu demonstrieren, wie wenig ernst er seine ältere Schwester nahm.

Helga warf einen Blick auf die Uhr, es war kurz vor sechs. Wo blieb Monika nur so lange? Eigentlich hätte ihre Älteste längst zu Hause sein sollen.

Im Spülbecken in der Küche schrubbte sie sich die Hände. Die Knetmasse haftete hartnäckig an ihren Fingern, sie war trocken und bröckelig geworden. Anschließend ging sie ins Schlafzimmer und bürstete sich vor dem großen Spiegel das Haar. Da es nass war, wirkte es um einige Nuancen dunkler als gewöhnlich. Die kleinen blonden Locken kringelten sich noch krauser als sonst, selbst dann noch, als sie versuchte, sie wieder straff zurückzubürsten und mit einer Spange im Nacken zusammenzufassen. Nachdenklich betrachtete sie sich im Spiegel. Eigentlich war sie doch noch immer recht hübsch und attraktiv, fand sie, obwohl sie vor zwei Monaten schon ihren achtunddreißigsten Geburtstag gefeiert hatte. Sie hatte drei Kinder zur Welt gebracht, und das sah man ihr wahrhaftig nicht an. Drei hübsche, gescheite Kinder. Auch wenn sie sich im Augenblick nicht gerade sehr gescheit benahmen, sondern in der Diele laut zeternd stritten. Als sie die Tür öffnete, stolperte sie über Ulis Rucksack.

»Mein Gott, was soll denn das nun wieder«, beschwerte sie sich ärgerlich. Sie stieg über das Hindernis hinweg und rief auf dem Weg zur Küche: »Monika?«

»Ich hab dir doch gesagt, dass sie noch nicht da ist«, brummte Uli, und Gaby, die inzwischen das Badezimmer geräumt hatte und mit schwarz umränderten Augen und rot glänzenden Lippen herumtänzelte, meinte: »Sie wird sich mit ihrem Macker getroffen haben.«

Helga wurde hellhörig. »Mit ihrem Macker?«

»Naja, mit dem Schirrmann.« Gaby spreizte die Finger, damit der Nagellack trocknete und lächelte geheimnisvoll.

»Mit welchem Schirrmann?« Der Gedanke, dass Monika mit einem der Schirrmann-Kinder näher befreundet sein könnte, war ihr nicht gerade angenehm. Diese Familie lebte mit einer Herde Kinder am anderen Ende der Stadt in einem heruntergekommenen Haus und war nicht unbedingt das, was man einen guten Umgang nannte. So dumm konnte Monika doch nicht sein.

»Mit dem Jochen. Dem Jocky«, klärte Gaby sie auf. »Der hat mit ihr zusammen das Abi gemacht.«

Helga wunderte sich. »Bist du sicher, dass wir von den gleichen Leuten sprechen?«

»Klar, von den Schlamper-Schirrmanns aus der Brunnenstraße. Aber Jocky ist anders, der sieht super aus, und er hat auch immer ganz tolle Klamotten an. Ich glaube, jetzt arbeitet er sogar in einer Bank. Er ist mächtig in Moni verknallt.«

»Und sie?«

»Sie in ihn natürlich auch.«

Wenn das stimmt …, dachte Helga. Vielleicht sollte sie mal mit Manfred darüber reden, er hatte einen guten Draht zu Monika.

Sie klatschte in die Hände. »Auf, Kinder, wir fangen an zu essen. Wer weiß, wann es der Lady beliebt, nach Hause zu kommen. Solange können wir nicht warten.« Sie begann, den Tisch zu decken. »Komm, Gaby, hilf mir mal.«

Das Mädchen zierte sich, immer noch mit gespreizten Fingern. »Ich kann nicht. Außerdem hab ich keinen Hunger.«

»Du kannst! Dein Nagellack ist längst trocken. Und gegessen wird auf alle Fälle was, bevor du aus dem Haus gehst.«

Gaby maulte und verteilte in Zeitlupe Teller und Besteck auf dem Tisch. Uli saß als erster auf seinem Platz, Messer und Gabel hielt er wie Waffen in den Händen.

»Die braucht nichts zu essen«, meinte er sarkastisch, »bis sie das ganze Zeug von den Lippen geschleckt hat, ist sie auch satt.«

Es gab Spaghetti und Haschee. Helga hatte, wie gewöhnlich, im Laufe des Tages für den Abend vorgekocht. Auf diese Weise konnte sie sich für den Vormittag etwas vornehmen, in Ruhe einkaufen und schließlich kochen, wenn es ihr zeitlich am besten passte. Die Kinder kamen unterschiedlich aus der Schule, und auch Manfred gefiel es, abends, wenn er aus dem Betrieb kam, eine warme Mahlzeit vorgesetzt zu bekommen. Heute würde es allerdings später werden bei ihm, weil wieder einmal der monatliche Kollegen-Stammtisch stattfand.

Uli langte kräftig zu, es war erstaunlich, was dieser kleine Kerl in sich hineinstopfen konnte. Kein Wunder, dachte Helga, während sie ihn amüsiert aus den Augenwinkeln beobachtete, er war ein Hans-Dampf-in-allen-Gassen. Ein quirliges Etwas, das keine fünf Minuten lang zur Ruhe kam.

Gaby stocherte in ihrem Teller herum und gab sich Mühe, jeden Bissen unbeschadet an ihrem Lippenrot vorbeizuschleusen. »Das nächste Mal solltest du dich vielleicht erst nach dem Essen um deine Kriegsbemalung kümmern«, schlug Helga vor. »Außerdem hätte es ruhig ein bisschen dezenter sein können.«

»Das verstehst du nicht«, maulte Gaby.

»Nein, wie sollte ich. Dazu bin ich natürlich viel zu alt.«

Ihre Tochter warf ihr einen trotzigen Blick zu. »Ja, ganz recht.«

Uli kicherte heiser.

In diesem Augenblick klingelte das Telefon. Die Kinder sahen einander an, doch keiner von beiden bequemte sich, aufzustehen. Helga war ärgerlich, legte das Besteck aus der Hand und lief zum Apparat, der im angrenzenden Wohnzimmer in der Schrankwand stand.

»Rieger«, meldete sie sich, während sie die Reste ihres letzen Bissens hinunterschluckte.

»Frau Rieger, bitte erschrecken Sie nicht«, sagte jemand. »Mein Name ist Schubert, Polizeiwachtmeister Schubert. Ihre Tochter Monika …«

»Oh mein Gott, was ist mit ihr?« fragte sie erschrocken.

»Sie dürfen sich nicht aufregen, Frau Rieger. Ja, sie hatte einen Unfall. Sie liegt im Krankenhaus. Im St. Johannes.«

»Was ist passiert? Mein Gott, ist es schlimm?«

»Das kann ich nicht beurteilen, Frau Rieger. Aber sie lebt, und das ist doch die Hauptsache. Die Ärzte werden bestimmt ihr Bestes tun.«

»Ja.« Helga zitterte am ganzen Leib. Die Kinder waren inzwischen schweigend aufgestanden und drängten sich betroffen um sie. Das leuchtende Rot des Lippenstiftes wirkte grotesk in Gabys wachsbleichem Gesicht. Ulis rechtes Auge zuckte leicht, wie immer, wenn er aufgeregt war.

»Haben Sie jemanden, der sie hinfahren kann?« fragte der Polizist. »Ist Ihr Mann zu Hause?«

»Ja …, nein …, ja. Ich werde ein Taxi nehmen«, stammelte Helga.

»Bleiben Sie ganz ruhig, Frau Rieger. Setzen Sie sich hin, und atmen Sie tief durch. Ich werde mich um ein Taxi für Sie kümmern. In Ordnung?«

»Ja. Danke.« Helga setzte sich, noch immer den Telefonhörer in der Hand, obwohl die Stimme des Polizisten längst verklungen und nur noch das monotone »Tut-tut-tut-tut…« zu hören war. Gaby nahm ihn ihr aus der Hand und legte ihn zurück auf den Apparat.

»Was ist mit Moni?« fragte sie leise.

»Ein Autounfall?« krächzte Uli, und sein Augenlid zuckte. Helga nickte und vergrub ihr Gesicht in den Händen. Die beiden Kinder nahmen sie schweigend in den Arm, – Gaby von der einen und Uli von der anderen Seite. Und so verharrten sie, bis sich das Taxi meldete.

… und bei den Berghöfers im Fontanering …

Seit fast einer halben Stunde saß Jochen Berghöfer regungslos an seinem Schreibtisch und starrte in den grauen Himmel hinaus. Es goss in Strömen und die Windböen rüttelten an den Fenstern. Wie mit karminrotem Lack überzogen glänzten die Dachziegeln des gegenüberliegenden Hauses. Die Wipfel der Bäume, die er durch sein Fenster im zweiten Stock gerade noch sehen konnte, tanzten hin und her, beugten sich, sodass sie aus seinem Blickfeld verschwanden und tauchten, sich wiegend, wieder auf. Ursprünglich hatte er seine Post erledigen wollen, noch immer hielt er ein Schreiben seiner Krankenversicherung in der Hand, doch er konnte sich nicht konzentrieren. Es gab so vieles, was ihm durch den Kopf ging.

In der Wohnung unter ihm schlug eine Tür zu, das brachte ihn in die Wirklichkeit zurück. Er richtete sich auf und schaute auf seine Armbanduhr. Anne war vor knapp drei Stunden zum Zahnarzt nach Wilsingen gefahren, und eigentlich hätte sie längst wieder zurück sein müssen. Wenn nicht … Sein Herz begann, wie wild zu klopfen.

Er stand auf und holte sich eine Flasche Mineralwasser aus der Abstellkammer. Die Küche war sauber und aufgeräumt. Anne verließ niemals die Wohnung, ohne vorher alles in Ordnung zu bringen. Er öffnete eine Schranktür und nahm ein Glas heraus, blieb aber mit dem Ärmel am Knauf hängen, so dass es ihm aus der Hand rutschte. Klirrend schlug es auf dem Fliesenboden auf und zersprang in tausend Scherben.

Danach war es einen Augenblick lang so still, dass er das Ticken der Uhr hören konnte. Nie zuvor war ihm aufgefallen, wie laut sie tickte. Er trat einen Schritt zurück, die Scherben knirschten unter seinen Sohlen.

»Verdammt …«, murmelte er. Ratlos schaute er sich um, fand einen Besen und kehrte umständlich die Glassplitter zusammen. Er war sich seiner Unbeholfenheit durchaus bewusst, doch Hausfrauenarbeiten gehörten nun einmal nicht zu seinem Aufgabenbereich. Es gab wichtigere Dinge für einen Mann, der das Geld nach Hause brachte. Das meiste Geld jedenfalls. Er war Beamter. Zwar kein Spitzenverdiener, aber mit dem, was Anne dazuverdiente, kamen sie ganz gut über die Runden und konnten sich ab und zu auch mal etwas außer der Reihe leisten. Ein paar Urlaubstage zum Beispiel, den kleinen gebrauchten Fiat für Stephan, nachdem er den Führerschein gemacht hatte … Nein, sie konnten sich wirklich nicht beklagen. Schließlich würde er im Alter seine Pension haben und brauchte sich, finanziell gesehen, um seine Zukunft keine Sorgen zu machen. Natürlich hatte es Zeiten gegeben, in denen er sich wünschte, seine Laufbahn wäre ein bisschen steiler nach oben verlaufen. Gleich nach seiner Ausbildung war er einige Jahre in der Stadtverwaltung beschäftigt gewesen, war dort aber mit den Kollegen nicht gut zurechtgekommen. Als einziger Beamter war er bei den Angestellten seiner Abteilung nicht gerade beliebt gewesen. Man hatte ihm vorgeworfen, zu pingelig zu sein. Einen Pfennigfuchser hatte man ihn genannt, einen Korinthenkacker!

Er atmete schnaubend aus. Schließlich vertrat man als Beamter die Interessen des Staates und konnte, seiner Meinung nach, gar nicht penibel genug sein! Nun, er hatte die Konsequenzen daraus gezogen und sich um die ausgeschriebene Stelle in der Kämmerei des Landratsamts beworben. Zwar war ihm ein anderer zuvorgekommen, doch ersatzweise hatte man ihm einen Platz im Hauptamt angeboten. Im Materiallager, für das er heute noch zuständig war. Nun schon seit über fünfzehn Jahren. Kein schlechter Job, dachte er im Nachhinein. Zumindest war er sein eigener Herr, und niemand machte ihm Vorschriften, solange er die Hand auf das Budget hielt und aufpasste, dass sich der Verbrauch an Materialien aller Art in Grenzen hielt.

Er setzte sich wieder an seinen Schreibtisch und schenkte sich ein Glas Mineralwasser ein. Gedankenverloren beobachtete er die winzigen aufsteigenden Bläschen. Anne fiel ihm wieder ein. Bei diesem Wetter war es gefährlich, mit dem Auto unterwegs zu sein. Durch die Windböen konnte man leicht von der Straße abkommen, wenn man zu schnell fuhr. Im allgemeinen fuhr sie sehr vernünftig, aber …

Berghöfer spürte Unruhe in sich aufsteigen. Das Kribbeln der Schweißtropfen, die sich auf seiner Stirn bildeten, fühlte sich an wie Ameisen. Er zerrte an seinem Kragen und öffnete die oberen Knöpfe seines Hemdes. Gewöhnlich trug er zu Hause bequemere Kleidung. Einen Jogging-Anzug oder ein T-Shirt und Jeans, – vielleicht wäre das auch heute angebracht gewesen. Im Dienst dagegen waren Anzug und Krawatte ein Muss für ihn.

Plötzlich klingelte das Telefon.

Er zuckte zusammen und stellte das Glas so heftig ab, dass der Inhalt überschwappte. Hastig griff er nach dem Hörer, ungeachtet der kleinen Pfütze, die langsam in Richtung Versicherungsschreiben kroch. In letzter Sekunde zog er es zur Seite.

»Berghöfer«, meldete er sich. Es klang heiser, fast hätte ihm die Stimme versagt.

»Wie bitte? Wer ist da?« fragte jemand in forschem Ton.

Er räusperte sich kurz. »Berghöfer«, wiederholte er noch einmal. Diesmal klar und deutlich. Sein Herz hämmerte in seiner Brust. Seine Hand, die mechanisch mit dem Taschentuch die Mineralwasserlache auftunkte, zitterte.

»Oh, Entschuldigung. Da habe ich mich wohl verwählt.«

Er brauchte eine Weile, um zu begreifen.

»Bitte«, murmelte er, doch der Fremde am anderen Ende der Leitung hatte schon wieder aufgelegt.

Berghöfer schloss einen Augenblick lang die Augen. Seine Hand zitterte jetzt so stark, dass er sie kaum mehr in Zaum halten konnte. Er lehnte sich in seinen Sessel weit zurück und versuchte, tief und gleichmäßig zu atmen. Tief und gleichmäßig! –Tief und gleichmäßig!

Er sollte an etwas anderes denken, sagte er sich. An etwas Schönes, Erfreuliches. Lorena kam ihm in den Sinn, – gleich darauf fuhr ihm ein Stich in den Magen. Um Gottes Willen, nur jetzt nicht an Lorena denken! Er hielt sich die Ohren zu, als könnte er dadurch unerwünschte Gedanken verdrängen. Von Unruhe getrieben stand er wieder auf und lief im Zimmer auf und ab, rückte die Gegenstände zurecht, die auf dem Tisch und auf dem Schrank standen, ohne zu wissen, was er tat. Vor dem Regal blieb er stehen und zog am Ende einer akkurat ausgerichteten Reihe von Büchern ein Fotoalbum heraus. Irgendwo schlug er es auf: Urlaub in Rimini. Buntes Sommerkleid, Shorts, lachende Gesichter … Daneben das Foto eines Ehepaares aus Remscheid, das sie im Hotel kennengelernt hatten. – Mein Gott, wie lange das schon her war!

Das Telefon klingelte erneut. Das Album fiel zu Boden, als er den Hörer von der Gabel riss.

»Ja?« fragte er.

»Papa?« Stephans Stimme klang verwundert. »Was ist los, Papa? Du klingst so seltsam.«

»Wieso seltsam?«

»Ich weiß nicht, sonst meldest du dich ganz anders.«

»Das ist ja wohl egal, wie ich mich melde, oder?« Berghöfer war ärgerlich. Und beruhigt zugleich. Ärgerlich, weil Stephan das Telefon blockierte, beruhigt, weil es guttat, seine vertraute Stimme zu hören. So, als ob alles in Ordnung wäre.

»Reg dich nicht auf«, beschwichtigte ihn Stephan, »ich wollte euch nur sagen, dass es heute abend etwas später wird. Ich gehe noch ins Kino. Keine Ahnung, ob wir vielleicht hinterher noch was trinken gehen.«

»In Ordnung.« Berghöfer nickte. Er war froh, dass sich Stephan gemeldet hatte, so brauchte er sich um ihn keine Sorgen zu machen.

Der Sturm blies inzwischen noch heftiger. Berghöfer stand auf und sah zum Fenster hinaus. Scheußliches Wetter. Allerdings kam es ihm nicht ungelegen, gestand er sich ein. Dunkle Wolkenfetzen fegten über den grauen Himmel. Die Straßenlaternen brannten bereits, und auch hinter einigen Fensterscheiben sah man schon Licht. Es wurde früh dunkel an einem Abend wie diesem.

Und plötzlich wieder das Telefon!

Berghöfer stand da und schaute auf den Apparat hinunter. In der nächsten Sekunde wusste er, dass es genau dieser Anruf war, der sein Leben verändern würde. Er ließ es fünf- oder sechsmal klingeln. Eine eisige Ruhe hatte ihn erfasst, und ganz langsam hob er den Hörer ab.

»Berghöfer«, meldete er sich.

»Herr Berghöfer?« fragte jemand.

»Ja.«

»Hier ist die Polizeidienststelle von …« Er verstand den Namen der Ortschaft nicht.

»Ja?«

»Herr Berghöfer, es tut mir leid, ich habe eine schlimme Nachricht für Sie.« Die Stimme schwieg einen Augenblick. Auch Berghöfer schwieg. Er wusste, was geschehen war.

»Sind Sie noch dran, Herr Berghöfer?«

»Ja«, antwortete er leise.

»Ihre Frau. Sie ist mit dem Wagen verunglückt.«

»Verunglückt?«

»Ja. In der Kurve beim Aussiedlerhof. Es sieht nicht gut aus …« In der Kurve beim Aussiedlerhof, dachte Berghöfer, und seine Knie begannen nachzugeben.

»Hören Sie, am besten fahren Sie ins St. Johannes-Krankenhaus. Dort kann man Ihnen Genaueres sagen.«

»Ja.«

»Können Sie fahren, Herr Berghöfer? Soll Sie jemand abholen? Oder haben Sie jemanden, der Sie hinbringt?«

»Ja, ja. Es geht schon«, sagte er und legte auf.

Anne! Jetzt war es also wirklich passiert! Anne war tot.

Vier Tage später …

Die Beerdigung fand in aller Stille statt, Anne hatte es so gewollt. Irgendwann hatten sie einmal ausführlich darüber gesprochen, was in einem solchen Fall zu tun war.

Dem Regen und dem Sturm der letzten Tage war blauer Himmel und strahlender Sonnenschein gefolgt. Die feuchte dunkle Erde neben dem offenen Grab roch würzig und kräftig, vermischt mit dem süßlichen atemberaubenden Duft der Blüten in den Kränzen und Gestecken. Vögel zwitscherten in den Ästen der alten Buchen entlang der Friedhofsmauer. Es hätte ein schöner Tag sein können.

Außer einiger namenloser alter Damen, die kaum eine Beerdigung ausließen, waren nicht sehr viele Leute gekommen.

Neben zwei Nachbarinnen hatte sich eine Handvoll von Annes Kollegen eingefunden. Der Personalleiter, Herr Baumgärtner, drückte Berghöfer und seinem Sohn im Namen der Firma Simag mitfühlend die Hand und sprach ihnen das Beileid aus.

Roswitha Weber hatte den Beginn der Trauerfeierlichkeiten verpasst und versuchte, während der Kirchenchor sang, sich möglichst unauffällig unter die Trauergäste zu mischen. Ein wenig abseits stand Ruth Wendlandt, die eigens aus Berlin angereist war. Ein kurzer schwarzer Schleier verdeckte ihre verweinten Augen. Berghöfer wusste, wie sehr sie litt. Annes Tod war für sie, als hätte sie eine Schwester verloren.

Außer Ehemann und Sohn gab es keine Verwandten. Anne selbst hatte keine Geschwister, und die Eltern starben schon, bevor sie zwanzig war. Auch von der Berghöfer’schen Seite war niemand gekommen. Zwar existierten zwei Brüder von Jochen, doch zu ihnen hatten sie keinen Kontakt gehabt.

Der Pfarrer, ein blasser Mann mit rötlichen schütteren Haaren, war erkältet und musste die Aussegnung mehrfach durch Hustenattacken unterbrechen. Er hatte Anne nicht gekannt, dennoch beschrieb er sie, wie sie wirklich gewesen war: Eine fürsorgende Ehefrau und Mutter, eine Frau, die niemals im Mittelpunkt stehen wollte, die ohne zu klagen ihre Arbeit verrichtet und ohne großen Federlesens das getan hatte, was getan werden musste. Eine Frau, die man mochte, weil sie nett und hilfsbereit war und freundlich zu jedermann. Gott hatte sie zu sich genommen, er hatte bestimmt, dass dieses Leben nun zu Ende war.

Jochen Berghöfer senkte den Kopf und schluckte. Stephan trug eine schwarze Twillhose und ein gleichfarbenes T-Shirt, darüber eine schwarze Jeansjacke, die er sich von einem Freund geliehen hatte. Während der Pfarrer seine Grabrede hielt und noch einmal Annes Bild heraufbeschwor, kämpfte er gegen die Tränen an. Auf der einen Seite glaubte er, mit achtzehn Jahren erwachsen genug zu sein, um seine Gefühle in Zaum halten zu können, auf der anderen Seite wäre er gern noch das Kind gewesen, dem man Tränen zugestand. Am liebsten hätte er sich in eine Ecke verkrochen und richtig geheult.

Wie sein Vater, so hielt auch er eine rote Rose in den Händen. Als er sie ins Grab warf, als er das dumpfe hohle Geräusch vernahm, mit dem die kleine Schaufel Erde auf dem Holz des Sarges aufschlug, konnte er seine Tränen nicht mehr zurückhalten. Sein Vater legte den Arm um seine Schultern und drückte sie wortlos.

1

Artikel in der Morgenpost vom Samstag, 15. Mai 1999: Gestern in den frühen Abendstunden kam ein Pkw in Höhe des Aussiedlerhofes von der Fahrbahn ab und prallte mit einem entgegenkommenden Fahrzeug zusammen. Die 50jährige Fahrerin des Unglückswagens starb noch am Unfallort. Die Fahrerin des entgegenkommenden Wagens musste bewusstlos in ein Krankenhaus eingeliefert werden. Der Unfallhergang ist noch ungeklärt.

Irgendwann tauchten Lichter auf. Es waren helle Flecken hinter ihren Lidern, und sie wusste, dass sie nur die Augen zu öffnen brauchte, um zu erkennen, was sie zu bedeuten hatten. Doch noch waren ihre Lider schwer wie Blei. Mit Mühe schaffte sie es, sie einen Spaltbreit zu heben und zu blinzeln. Durch den Schleier ihrer Wimpern erkannte sie zwei Lampen. Lange rechteckige Deckenlampen. Auch die Töne waren seltsam, ein leises monotones Surren und ein regelmäßiges, rhythmisches Piepen waren zu hören. Sie versuchte, die Augen etwas weiter zu öffnen und den Kopf zu drehen. Ein Gewirr von schnurartigen Kabeln führte von ihrem Körper hinter das Kopfende des Bettes, in dem sie lag. In ihrem rechten Handrücken steckte eine Infusionsnadel. Ohne den Sinn zu begreifen, folgte ihr Blick dem dünnen Schlauch bis zu einer Plastikflasche, die über ihr hing. Sie beobachtete, wie die klare Flüssigkeit unaufhaltsam im Sekundentakt in einen kleinen durchsichtigen Kolben tropfte.

Urplötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen und sie erschrak: Sie war krank! Sie befand sich in einem Krankenhaus! Es musste das St. Johannes sein, sie erkannte es an den hohen Fenstern mit den niedrigen Gitterstäben davor. In dieser Klinik hatte sie vor achtzehn Jahren ihren Sohn Stephan zur Welt gebracht. Warum war sie jetzt hier? Sollte der Frauenarzt beim letzten Termin etwas festgestellt haben, was eine Operation erforderlich gemacht hatte? Sie hatte sich immer ein bisschen vor den Ergebnissen der Routineuntersuchungen gefürchtet, immerhin war sie schon fünfzig. Angst kroch in ihr hoch. Sie musste herausfinden, ob es irgendwo einen Verband oder ein Pflaster gab.

Als sie die Hand hob, um die Bettdecke ein wenig zur Seite zu schieben, bemerkte sie an ihrem linken Arm einen Gipsverband. Das war die Erklärung, sie musste einen Unfall gehabt haben. Doch was genau war passiert? Krampfhaft versuchte sie, sich zu erinnern. Ganz unvermittelt fiel ihr Roswitha ein. Sie waren zusammen im Roxy gewesen und hatten einen Film mit Mel Gibson angesehen. Und danach? Richtig, das ›Café Roseneck‹. Dort hatten sie zusammen einen Kaffee getrunken, und Roswitha hatte ihr erzählt, dass sie in der Manteltasche ihres Mannes zwei Theaterkarten gefunden hatte und nun davon ausging, dass er sie betrog. Arme Roswitha.

Das war am Dienstag gewesen, schon seit Jahren trafen sie sich regelmäßig jeden zweiten Dienstagnachmittag.

Am Mittwoch hatte sie bei Frau Hoffmann vorbeigeschaut, um der alten Dame ein bisschen zur Hand zu gehen. Sie war schon siebenundachtzig und hatte keine Verwandten. Es war nicht viel, was sie für sie tun konnte, denn neben ihrer Halbtagsarbeit in der Firma Simag war ja auch noch der eigene Haushalt zu versorgen. Nach dem Besuch bei Frau Hoffmann hatte sie zu Hause gekocht. Kohlrouladen, zwölf Stück. Jochen und Stephan konnten was verdrücken, wenn sie hungrig waren. Sie musste lächeln, wenn sie daran dachte, wie sie sich darüber hergemacht hatten.

Am nächsten Tag war Himmelfahrt, sie waren zu Hause geblieben. Jochen hielt nicht viel von Vatertagsausflügen, er hatte sich um ihr Auto gekümmert, an dem, wie er sagte, etwas nicht ganz in Ordnung gewesen war. Nur Stephan war mit seinen Freunden losgezogen.

Am Freitagvormittag hatten sich Thea Albany und Anke Haussmann, zwei ihrer Kolleginnen, im Büro heftig gestritten. Es ging um einen Fehler bei der Berechnung von Überstunden. Beide versicherten, unschuldig zu sein, und jede wollte der anderen die Schuld in die Schuhe schieben. Es hatte sie einige Mühe gekostet, die beiden Streithähne zu beschwichtigen. Für den Nachmittag stand ein Termin bei Dr. Wohlfarth, ihrem Zahnarzt in Wilsingen, an. Routineuntersuchung. Bis auf ein bisschen Zahnstein war alles in Ordnung gewesen. Auf dem Parkplatz hatte sie eine Nachbarin getroffen und ein paar Worte mit ihr gewechselt. Nur kurz, denn es regnete in Strömen, und der heftige Sturm rüttelte an ihren Schirmen und versuchte, sie umzustülpen. Auch an die Heimfahrt konnte sie sich erinnern, daran, dass die Scheibenwischer auf Hochtouren liefen, an so starke Böen, dass man Mühe hatte, den Wagen auf der Straße zu halten. – Sie überlegte. War das alles, was sie vom Freitag noch wusste? Hatten Jochen und Stephan schon auf sie gewartet, als sie nach Hause kam? Kam sie überhaupt nach Hause? War es der Freitag, an dem der Unfall passiert war? Und überhaupt, wann war Freitag? – Gestern? Vorgestern? Oder vor einer Woche? Wie lange lag sie schon hier im Krankenhaus?

Sie schaute zum Fenster hinüber, – und in diesem Augenblick sah sie die fremde Frau.

Sie saß, den Kopf an die Wand gelehnt, auf einem Stuhl neben der niedrigen Fensterbank und schien zu schlafen. Anne beobachtete sie. Es war eine hübsche blonde Frau zwischen fünfunddreißig und vierzig. Ihre Atemzüge gingen ruhig und gleichmäßig. Wer war sie? Eine Krankenschwester oder eine Ärztin? Sie trug keinen weißen Kittel, sondern Jeans und einen dunkelblauen kurzärmeligen Pullover mit einem applizierten Segelschiff auf der Brust. War sie beauftragt worden, bei ihr Wache zu halten? Hatte es so schlimm um sie gestanden, dass ständig jemand bei ihr sitzen und aufpassen musste?

Während sie sie noch beobachtete, öffnete die Fremde plötzlich die Augen und schaute zu ihr herüber. Sekundenlang starrten sie einander an, hielten sich ihre Blicke fest, ohne dass sich eine von beiden rührte. Dann sprang die Frau auf, stürzte auf das Bett zu und ging davor in die Knie.

»Monika!« flüsterte sie mit erstickter Stimme und streichelte sie.

»Moni!« Liebevoll strich sie ihr das Haar aus der Stirn, drückte die Hand mit der Infusionsnadel an ihre Wange und küsste sie. Ihr Blick war voller Zärtlichkeit. Doch auch durchlebte Angst und Sorge war darin zu lesen, und die Hoffnung, dass nun endlich alles wieder gut werden würde.

»Meine Moni«, flüsterte sie mit Tränen in den Augen, »Gott sei Dank, du bist aufgewacht.«

Anne war erschrocken und verwirrt.

»Nein, nein«, wehrte sie ab, »ich bin nicht Monika.« Ihre Stimme war rau und heiser.

Die blonde Frau hielt betroffen inne.

»Moni, ich bin’s, deine Mama!«

Ein heftiges Kopfschütteln antwortete ihr.

»Nein, so schauen Sie mich doch an! Ich bin nicht Monika. Ich bin nicht Ihre Tochter.«

Der Frau war alles Blut aus dem Gesicht gewichen. Mit aufgerissenen Augen starrte sie die Patientin an. Anne starrte zurück. Voll Entsetzen. Angst schnürte ihr die Kehle zu, sie glaubte fast, zu ersticken. Was, um alles auf der Welt, war passiert, dass diese Frau sie für ihre Tochter hielt? Was hatte man mit ihr gemacht? Ihr Herz begann wie wild zu klopfen, und auch das Piepen im Hintergrund wurde hastiger und schneller. Sie fragte sich, wo Jochen war. Hätte er nicht da sein müssen, wenn sie krank war?

»Wo ist Jochen?« fragte sie in Panik und versuchte, sich aufzurichten. »Ich will mit ihm reden. Ich will, dass Jochen kommt.«

Auch in den Augen der blonden Frau stand Panik. Mit zitternder Hand griff sie nach dem Klingelknopf, der neben der Infusionsflasche hing.

»Jochen? – Ja, natürlich, Moni. Wenn du ihn sehen willst, werde ich dafür sorgen, dass er dich besuchen kommt. Ich verspreche es.«

Eine Schwester kam eilig herein.

»Hallo, die junge Dame ist aufgewacht?« fragte sie erfreut. Sie warf einen schnellen routinemäßigen Blick auf die Kontrollgeräte, ohne die kritische Situation gleich zu erfassen.

»Wie fühlen Sie sich, Mädchen?«

Anne war noch immer verwirrt. »Wo ist mein …«, begann sie.

Sie wollte noch einmal nach Jochen fragen, doch die Schwester schien ihr nicht zuzuhören, weil sich die blonde Frau an ihren Arm klammerte und mit zitternder Stimme sagte:

»Sie erkennt mich nicht. Sie weiß nicht, dass ich ihre Mutter bin.«

Die Schwester schaute die Patientin prüfend an und streichelte ihren Arm. »Verraten Sie mir ihren Namen?«, fragte sie ruhig.

»Anne Berghöfer«, war die Antwort. Und mit einem schwachen Lächeln ergänzte sie: »Genaugenommen Marianne Berghöfer.«

Man sah der Krankenschwester nicht an, was sie dachte.

»Und wo wohnen Sie?«

»Fontane-Ring 13, hier in …«

Die ernste, verschlossene Miene der Schwester und das Aufschluchzen der blonden Frau ließen sie verstummen.

»Berghöfer sagen Sie?«

»Ja.«

»Wie alt sind Sie, Frau … Berghöfer?«

»Fünfzig«, antwortete Anne.

»Oh, mein Gott!« rief die blonde Frau. Ihre Stimme klang jetzt hoch und schrill. Auch die Schwester war blass geworden. Sie rang sich zu einem beruhigenden Lächeln durch und tätschelte der Patientin noch einmal den Arm.

»Bitte, regen Sie sich nicht auf und haben Sie keine Angst«, sagte sie beschwichtigend. »Ich habe Dr. Schmittlein, dem Oberarzt, versprochen, ihn zu benachrichtigen, sobald Sie aufgewacht sind. Ich bin in einer Sekunde wieder bei Ihnen, dann wird sich alles klären.«

Sie sah sich nach der blonden Frau um, ergriff sie am Ellenbogen und drängte sie zur Tür.

»Kommen Sie, Frau Rieger, warten Sie einen Augenblick draußen, wir werden sofort mit Dr. Schmittlein reden.«

Schwester Elfriede berichtete Dr. Schmittlein ausführlich, was sich im Krankenzimmer abgespielt hatte. Schweigend hörte er zu, während er nachdenklich durch das Fenster in den kleinen Park hinausschaute. Dann ließ er sich die medizinischen Daten der Patientin geben. Bisher hatte er die kleine Rieger für einen Glückspilz gehalten. In der Zeitung war ein Foto des Unfallwagens abgebildet gewesen, und es erschien ihm wie ein Wunder, dass das Mädchen relativ unversehrt davongekommen war. Da die Untersuchungen ergeben hatten, dass keine inneren Verletzungen vorlagen, hatte er von vornherein angenommen, dass er das Mädchen ohne bleibende Schäden nach einer angemessenen Beobachtungszeit nach Hause schicken konnte. Nun war er, aufgrund des Berichtes der Schwester, doch ziemlich beunruhigt. Unfallfolgen dieser Art waren nicht alltäglich, deshalb suchte er in seinem Gedächtnis nach Krankengeschichten, die möglicherweise ähnlich verlaufen waren.

»Danke, Elfriede«, sagte er und erhob sich, »ich werde sie mir ansehen und mit ihr reden.«

Die Schwester hielt ihn zurück.

»Herr Doktor, Sie sollten sich vielleicht zuerst eine Minute Zeit für die Mutter des Mädchens nehmen«, schlug sie vor. »Sie wartet draußen, sie ist total aufgelöst.«

Dr. Schmittlein hielt inne. »Ja, natürlich. Schicken Sie sie herein.«

Helga Rieger war bleich, als sie sein Dienstzimmer betrat. Er schob ihr einen Stuhl vor seinen Schreibtisch und bat sie, Platz zu nehmen. Ihr »Danke« war kaum zu hören. Ihre Hände, die verschränkt auf ihrem Schoß lagen, zitterten.

»Frau Rieger, ich verstehe sehr gut, dass Sie beunruhigt sind, weil Ihre Tochter Sie nicht erkannt hat«, begann er nun, als die blonde Frau zusammengesunken vor ihm saß. »Doch obgleich ihre körperlichen Verletzungen nicht so gravierend sind, darf man nicht vergessen, dass sie einen sehr schweren Unfall überstanden hat. Sie war vier Tage lang ohne Bewusstsein. Auch wir Ärzte können oft nicht voraussagen, wie sich der Zustand eines Patienten nach einem Koma entwickeln wird. Die Körperfunktionen Ihrer Tochter sind aber durchaus normal. Von den kleinen Verletzungen und dem angeknacksten Arm, und sogar von der leichten Gehirnerschütterung wird sie sich bald wieder erholt haben. Sie hat wirklich großes Glück gehabt, die Sache hätte sehr viel schlimmer ausgehen können.«

Helga Rieger nickte fast unmerklich.

»Ich denke, was Sie am meisten ängstigt«, fuhr er fort, »ist, dass sie im ersten Augenblick glaubte, eine andere Person zu sein, nicht wahr? Eine gewisse Marianne Berghöfer.«

Helga Rieger nickte wieder. Ihre Augen hingen ängstlich an seinen Lippen, als fürchte sie sich davor, eine schlimme Wahrheit hören zu müssen.

Er räusperte sich. »Nun, es mag für Sie vielleicht absonderlich klingen, bei schweren Unfällen ist es durchaus möglich, dass ein Verletzter, trotz seiner Bewusstlosigkeit, sehr wohl mitbekommt, was in seiner Umgebung geschieht. Er nimmt Worte auf, die geredet werden, wie die Anweisungen des Arztes, die Unterhaltung der Sanitäter, oder auch Namen, die genannt werden. Jene Marianne Berghöfer ist die Frau, die bei dem Unfall ums Leben kam. Das Unterbewusstsein Ihrer Tochter mag diesen Namen aufgeschnappt haben. Es wäre sogar denkbar, dass sie sich schuldig fühlt, den Unfall verursacht zu haben, und dass sie sich nun mit dem Opfer identifiziert.«

»Wird sie denn wieder ganz gesund werden?«

Er hob die Schultern.

»Das weiß ich nicht, Frau Rieger«, räumte er ein. »Ich werde mir ihre Tochter jetzt gleich einmal ansehen und mit ihr reden. Und morgen früh erfolgt dann eine sehr gründliche Untersuchung durch unser Team. Wobei wir selbstverständlich auch einen Neurologen hinzuziehen werden. Erst dann werden wir Genaueres wissen. Bitte haben Sie bis dahin Geduld.«

Helga Rieger war bemüht, ihre Tränen zurückzuhalten.

»Ja«, brachte sie leise hinter der Hand hervor, mit der sie versuchte, sich Augen und Wangen trockenzureiben.

»Es wäre vielleicht besser«, fuhr Dr. Schmittlein behutsam fort, »Sie gingen heute nicht mehr zu ihr hinüber …«

»Aber ich …«

Er fühlte mit dieser Frau, spürte, wie sehr sie litt. Auch er hatte Kinder. Wie wäre ihm zumute, fragte er sich, wenn einem seiner drei Mädchen etwas derartiges zustoßen würde?

»Ich weiß, wie schlimm es für Sie sein muss, Frau Rieger. Aber bitte, lassen Sie ihr Zeit, sich wieder zu fangen«, schlug er vor. »Am besten sprechen wir morgen noch einmal darüber, wenn alle Untersuchungen abgeschlossen sind und uns erste Ergebnisse vorliegen. Sicher weiß ich dann mehr. Und anschließend dürfen Sie sie auch wieder besuchen.«

Sie bewegte ihre Lippen, aber eine Antwort war nicht zu hören.

»Sagen wir …« Er schaute in seinen Kalender, »… am besten kommen Sie morgen gegen halb zwölf wieder zu mir. Wäre Ihnen das Recht?«

»Ja.«

Er notierte sich den Termin und erhob sich. Auch sie stand auf und streckte ihm zaghaft ihre Hand entgegen.

»Danke, Herr Doktor«, sagte sie mit erstickter Stimme. Nun konnte sie ihre Tränen nicht länger zurückhalten. Dr. Schmittlein nahm ihre dargebotene Rechte in beide Hände und drückte sie.

»Geben Sie die Hoffnung nicht auf, Frau Rieger. Wir werden alles Menschenmögliche tun, damit Ihre Tochter wieder gesund wird.«

Als die Schwester gegangen war, gelang es Anne, die Bettdecke zurückzuschlagen und mit den aus dem Gips herausragenden Fingern über ihre Brust und ihren Leib zu tasten. Entsetzt stellte sie fest, dass sie abgenommen hatte. Nicht nur ein paar Pfunde, es mussten Kilos sein. Ihre Hüften waren ungewöhnlich schmal, ihr Bauch flach und fest, und auch ihr Busen war nur noch halb so groß. Sie fühlte, wie sich Schweißperlen auf ihrer Stirn bildeten, und vorsichtig hob sie die Hand mit der Infusionsnadel, um sie wegzuwischen. Bei dieser Bewegung streifte sie ihr Haar. Bestürzt packte sie eine Strähne und zog sie in ihr Blickfeld: Krausgelocktes blondes Haar. Warum war es blond? Mit zitternden Fingern tastete sie über ihren Kopf. Schon seit Jahren trug sie ihr dunkles glattes Haar kurz geschnitten. Das stand ihr, und das war praktisch. Nun war es krausgelockt, blond und so lang, dass man es ihr im Nacken zusammengebunden hatte.

Das Herz klopfte ihr bis zum Halse. Warum, um alles auf der Welt, hatte man ihr eine Dauerwelle verpasst und das Haar blondiert! Warum? Sie fragte sich, wie lange sie schon hier liegen musste, wenn es inzwischen schulterlang hatte wachsen können. Das konnte nur ein Traum sein, ein schrecklicher Albtraum, und sie wollte so schnell wie möglich daraus erwachen. Verzweifelt kniff sie die Augen zusammen und öffnete sie wieder. Aber nein, es war kein Traum, sie war wach. Hellwach! Und sie begriff, dass etwas Unfassbares mit ihr geschehen sein musste. Etwas, das sie nicht verstand, und das ihr Angst machte.

Noch einmal tastete ihre Hand über ihren flachen Bauch. Sollte sie etwa doch ernsthaft krank sein? Hatte sie vielleicht sogar Krebs? Oder stimmte etwas mit ihrem Herzen nicht? War sie durch einen Zuckerschock in ein Koma gefallen? Es gab so viele Fragen, sie musste unbedingt mit einem Arzt reden.

Die Schwester kam gerade rechtzeitig zurück, um sie daran zu hindern, aus dem Bett zu steigen.

»Bitte, Mädchen!« sagte sie bemüht freundlich, doch der Vorwurf in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Trotz ihres Lächelns packte sie sie ein wenig grob an Arm und Oberschenkel und schob sie ins Bett zurück.

»Sie sollten vernünftig sein«, sagte sie ernst, fügte dann aber mit vertraulichem Lächeln hinzu: »Kaum haben wir die Augen aufgeschlagen, schon wollen wir wieder auf Entdeckungsreise gehen, wie?«

Sie deckte Anne zu, zupfte die Bettdecke zurecht und überprüfte die Infusion.

»Dafür sollten Sie sich aber unbedingt noch etwas Zeit lassen. Sie haben sich bei ihrem Unfall eine Gehirnerschütterung zugezogen und waren vier Tage lang bewusstlos. Eine Weile brauchen Sie schon noch absolute Ruhe. In einigen Augenblicken wird Dr. Schmittlein hier sein und Ihnen alles erklären.« Also doch ein Unfall, dachte Anne. Warum dann aber die Dauerwelle und das blondierte Haar?

»Mein Haar! Ich weiß nicht …«

»Kindchen«, antwortete die Schwester und streichelte ihren Arm, »es ist alles in Ordnung. Auch ihr Haar. Ich verstehe ja, dass Sie beunruhigt sind, wahrscheinlich können Sie sich an den Unfall gar nicht mehr erinnern. Aber Gott sei Dank ist ja alles noch einmal gutgegangen. Sie müssen einen Schutzengel gehabt haben. Die andere Frau …« Sie schwieg und warf einen prüfenden Blick auf den Monitor.

»Was ist mit der anderen Frau?« fragte Anne.

Die Schwester sah sie nicht an. »Der geht es nicht so gut wie Ihnen«, wich sie aus.

»Ist sie … tot?«

»Ja.«

Und um schnell das Thema zu wechseln, wies die Schwester auf das Namensschildchen an ihrem hellblauen Kittel und sagte mit gespielter Fröhlichkeit: »Ich bin übrigens Schwester Elfriede. Wenn sie einen Wunsch haben, dann klingeln Sie einfach, und ich werde sofort zur Stelle sein.«

Als sie sich zum Gehen wandte, hielt Anne sie am Arm zurück. »Schwester, bitte …! Haben Sie einen Spiegel?«

Schwester Elfriede lächelte. »Na also, die Lebensgeister melden sich zurück!« meinte sie munter. »Das ist ein gutes Zeichen.«

Sie beugte sich zu Anne hinunter, stützte sich mit beiden Armen auf die Matratze und fügte mit einem Zwinkern hinzu: »Morgen früh werden wir Sie von der Infusionsnadel und allen anderen Anhängseln befreien, Kindchen. Dann dürfen Sie aufstehen und sich erstmals selbst waschen und zurechtmachen. Und dann werden Sie sich davon überzeugen können, wie hübsch sie sind, und dass ihr Haar, um das Sie sich solche Sorgen machen, wunderschön ist.«

»Bitte geben Sie mir einen Spiegel«, bat Anne.

»Sie sollten bis morgen damit warten, dann können Sie …«

»Bitte!« flehte Anne. Der Ausdruck in ihren Augen beunruhigte die Schwester. Sie begriff, dass die Patientin erst Ruhe geben würde, wenn sie ihr Haar im Spiegel begutachtet hatte. In gewisser Weise hatte sie Verständnis dafür, schaute sie doch selbst im Laufe des Tages gern einmal nach, ob noch alles adrett saß. Sie kramte in ihrer Kitteltasche und zog einen kleinen Taschenspiegel heraus. Anne Berghöfer griff danach.

Der Spiegel war nur klein, und sie konnte nicht einmal ihr ganzes Gesicht darin sehen. Aber was sie sah, genügte, um sie erbleichen zu lassen. Das war nicht sie. Das war nicht das Gesicht einer fünfzigjährigen Frau, in dem so manche Höhen und Tiefen ihre Spuren hinterlassen hatten. Das war nicht das Gesicht mit den kleinen Fältchen um die blaugrauen Augen und dem manchmal ein wenig verkniffenen Mund. Das war ein ganz anderer Mund: Voll und hübsch geschwungen. Ganz andere Augen: Groß und rehbraun, unter wohlgeformten Brauen. Das war ein fremdes junges Gesicht, umrahmt von einer Flut wilder blonder Locken. Ein leiser Schrei kam über ihre Lippen. Der Spiegel glitt ihr aus der Hand, fiel zu Boden und schlitterte auf dem glatten PVC unter das Bett. Dann sank sie lautlos in den Kissen zusammen.

2

Auszug aus Hartmanns Lexikon (Wilhelm Hartmann-Verlag, Wien): Metamorphose: Umwandlung in eine andere Gestalt, (griechisch) meta: später, hinterher – morphe: Gestalt

Eine lange Nacht ging zu Ende. Eine Nacht, in der Anne Berghöfer kaum geschlafen, sondern sich wieder und wieder den Kopf zermartert hatte. Erst gegen Morgen war sie in einen leichten Schlaf gefallen, aus dem sie aufschreckte, als die Nachtschwester gegen fünf Uhr die Temperatur und den Puls kontrollierte. Danach war wieder alles still gewesen. Nun sah sie durch die zugezogenen Vorhänge, dass es Tag werden wollte. Schemenhaft erkannte sie die Geräte, die ihre Körperfunktionen überwachten. In der Dämmerung erschienen ihr die beleuchteten Skalen wie hässliches Grinsen und die blinkenden Lämpchen wie die funkelnden Augen böser Geister.

Anne begriff noch immer nicht, was geschehen war. Kaum dass sie nach kurzem Eindösen wieder zu sich gekommen war, glaubte sie, nur geträumt zu haben. Doch mit jeder Berührung der blonden Locken, das Bild vor Augen, das ihr aus dem Spiegel entgegengeschaut hatte, begriff sie, dass es kein Traum sein konnte. Immer wieder hatte sie verzweifelt die Hände vors Gesicht geschlagen, leise gewimmert oder laut geweint, gebetet …, und zum tausendsten Male fragte sie sich, wie es möglich war, dass sie sich so verändert hatte.

Dafür musste es eine Erklärung geben. Eine ganz simple vielleicht. Litt sie an Halluzinationen und bildete sich alles nur ein? Oder hatte man ihr, aus welchen Gründen auch immer, Drogen verabreicht, weil ihre Verletzungen schwerwiegender waren, als es zunächst ausgesehen hatte? Ganz plötzlich fiel ihr eine andere Erklärung ein: Hatte es nicht schon immer Geschichten gegeben von Leuten, die nach einem Unfall behaupteten, ein anderer Mensch zu sein? Allerdings waren die Personen, die sie zu sein glaubten, meistens längst gestorben. – Anne erschrak. Sollte ihr etwas ähnliches passiert sein?

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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