WEG-Recht - Oliver Elzer - E-Book

WEG-Recht E-Book

Oliver Elzer

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Beschreibung

Das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz von 2020 (WEG-Reform) hat das WEG von Grund auf geändert. Der Fachexperte Oliver Elzer fasst in diesem Buch alle wichtigen Urteile seit der WEG-Reform zusammen und kommentiert sie. Er stellt die Entscheidungen so dar, dass sie auch für juristische Lai:innen verständlich sind. Er benennt das Problem und zeigt, wie es gelöst wurde und wie die Aussagen des Gerichts einzuordnen sind. Als aktuelles Nachschlagewerk für die tägliche Verwaltungsarbeit ist dieser Band ein unverzichtbarer und verlässlicher Begleiter. Inhalte: - Zusammenfassung aller wichtigen WEG-Urteile der vergangenen Jahre im Überblick - Mit den amtlichen Fundstellen und sofort einsetzbaren, bewährten Praxis-Tipps - Zahlreiche Praxisfälle, die die Umsetzung der Rechtslage zeigen - Rechtssicherheit für die Verwalter:innenpraxis - Umfangreiches GlossarDigitale Extras: - Zahlreichen Checklisten - Musterbeschlüsse und Gesetze

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[7]Inhaltsverzeichnis

Hinweis zum UrheberrechtImpressumVorwort1 Allgemeine Fragestellungen1.1 Werdender Wohnungseigentümer1.2 Vereinbarungen der WEG und Folgen der WEG-Reform1.2.1 Auslegung nach dem 1.12.2020 (Beschlussfähigkeit I)1.2.2 Auslegung nach dem 1.12.2020 (Beschlussfähigkeit II)1.2.3 Inhaltskontrolle 1.2.4 Was ist ein Haustier?1.3 Beschlüsse und Beschlusskompetenz 1.3.1 Beschlusskompetenz 1.3.2 Bestimmtheit1.3.3 Beschluss außerhalb einer Versammlung1.3.4 Zweitbeschluss1.3.5 Grundlose Wiederholung1.4 Mehrhausanlagen 1.4.1 Verständnis der Gemeinschaftsordnung1.4.2 Anrecht auf Schlüssel?1.5 Öffentliches Recht1.5.1 Haftung des Wohnungseigentümers neben Gemeinschaft der Wohnungseigentümer?1.5.2 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer: Drittbetroffener? 1.5.3 Vorgehen gegen Baugenehmigung2 Sachenrecht (§§ 2 bis 9 WEG)2.1 Teilungserklärung2.2 Genehmigungsvorbehalt2.3 Umfang von Wohnungseigentum3 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (§§ 9a, 9b WEG)3.1 Umsatzsteuer bei Wärmelieferung?3.2 Kann eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Verbraucherin sein?3.3 Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer (§ 9a Abs. 2 WEG)3.3.1 Entstörung des gemeinschaftlichen Eigentums3.3.2 Keller wird bewohnt/umgebaut: Wer kann dagegen vorgehen?3.3.3 Schadensersatz für die Entfernung von Pflanzen3.3.4 Kaufrechtliche Mängelansprüche des Erwerbers von Wohnungseigentum3.3.5 Schadensersatzansprüche der Wohnungseigentümer gegen den Verwalter3.3.6 Mängelrechte gegen Bauträger3.3.7 Öffentlich-rechtliche Nachbaransprüche der WEG3.3.8 Verkehrssicherung3.4 Die verwalterlose Gemeinschaft als Beklagte3.5 Die verwalterlose Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Klägerin3.6 Betretungsrechte 3.7 Aufwendungsersatz (§ 9a Abs. 4 WEG)3.7.1 Ex-Wohnungseigentümer3.7.2 Zerstrittene Zweiergemeinschaft3.8 Rauchwarnmelder4 Veräußerungsbeschränkung (§ 12 WEG)4.1 Nachweis der Bestellung4.2 Klage auf Zustimmung5 Gebrauch und Nutzungen (§§ 13 bis 16 WEG)5.1 Wohnungseigentum5.1.1 Pflege kranker Menschen5.1.2 Störung durch Zigaretten5.2 Teileigentum5.2.1 Wohnen im Teileigentum I5.2.2 Wohnen im Teileigentum II5.2.3 Wohnen im Teileigentum III5.2.4 Laden5.2.5 Keller5.3 Vermietetes Sondereigentum5.3.1 Haftung des vermietenden Wohnungseigentümers5.3.2 Zustimmung zur Vermietung5.3.3 Einwirkung auf Mieter6 Sondernutzungsrecht6.1 Eintragung6.2 Entstörung6.3 Umfang des Benutzungsrechts6.4 Vermietung7 Umlageschlüssel (§ 16 WEG)7.1 Änderung7.2 Umdeutung 8 Heizkosten und ihre Abrechnung8.1 Verbundene Anlagen8.2 Kürzungsrecht8.3 Schätzungen8.4 Unverhältnismäßig hohe Kosten9 Verwaltung (§§ 18, 19 WEG)9.1 Veräußerungsverlangen (§ 17 WEG)9.1.1 Hausgeldschulden 9.1.2 Verwirkung 9.2 Begriff der Verwaltung9.3 Einsichtnahme (§ 18 Abs. 4 WEG)9.3.1 Auskunft trotz Einsichtnahme? 9.3.2 Klage auf Einsicht9.4 Benutzungsbeschluss (§ 19 Abs. 1 WEG)9.4.1 Verbot der Benutzung?9.4.2 Verbot von Elektroautos?9.4.3 Verbot von Standheizungen? 9.5 Einzelne Verwaltungsmaßnahmen (§ 19 Abs. 2 WEG)9.5.1 Erhaltung (§ 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG)9.5.2 Wohnungseigentum und Gebäudeversicherung (§ 19 Abs. 2 Nr. 3 WEG)9.6 Datenschutz9.6.1 Legionellenbefall 9.6.2 Mieter schwärzt Mieter an: Auskunft?9.6.3 Videoüberwachung9.7 Folgenbeseitigungsanspruch 10 Bauliche Veränderungen und ihre Kosten (§§ 20, 21 WEG)10.1 Anspruch auf bauliche Veränderung10.1.1 Lademöglichkeit für E-Autos10.1.2 Klimaanlage10.2 Verlegung Müllplatz10.3 Kosten einer privilegierten baulichen Veränderung10.4 Störungen: Sondereigentum11 Versammlung (§§ 23 bis 25 WEG)11.1 Einberufung (Ladung)11.1.1 Was gilt, wenn der Falsche lädt? (I)11.1.2 Was gilt, wenn der Falsche lädt? (II)11.1.3 Irreführung der Wohnungseigentümer11.1.4 Bezeichnung der Gegenstände I11.1.5 Bezeichnung der Gegenstände II11.2 Stimmrecht11.2.1 Mehrere Wohnungseigentumsrechte11.2.2 Stimmverbot I11.2.3 Stimmverbot II11.2.4 Majorisierung 11.3 Elektronische Kommunikation11.4 Niederschrift: Berichtigung12 Verwalter (§§ 26, 27 WEG)12.1 Bestellung12.1.1 Verflechtungen und Ordnungsmäßigkeit12.1.2 Versendung von Alternativangeboten?12.2 Abberufung12.3 Faktischer Verwalter12.4 Rechte und Pflichten12.4.1 Kompetenzschutzklage I12.4.2 Kompetenzschutzklage II12.5 Aufwendungs- und Bereicherungsansprüche12.6 Vergleich mit Gemeinschaft der Wohnungseigentümer12.7 Verwaltervertrag: Staffelklausel13 Wirtschaftsplan, Sonderumlage, Jahresabrechnung und Hausgeldschuldner (§ 28 WEG)13.1 Wirtschaftsplan (§ 28 Abs. 1 WEG)13.1.1 Anspruch auf Vorschuss13.1.2 Beschlussfassung 13.2 Jahresabrechnung (§ 28 Abs. 2 WEG)13.2.1 Darstellung der Kostenpositionen13.2.2 Mängel des Nachschuss-Beschlusses13.2.3 Gegenstand der Beschlussfassung 13.2.4 Ausreichende Tatsachengrundlage 13.2.5 Klage auf Jahresabrechnung14 Verwaltungsbeirat (§ 29 WEG)14.1 Entlastung?14.2 Bestellung eines Nichteigentümers?14.3 Kompetenzschutzklage15 WEG-Verfahrensrecht (§§ 43 bis 45 WEG)15.1 Falsche Rechtsmittelbelehrung15.2 Zuständigkeit15.2.1 Prüfung15.2.2 Ausgleichsanspruch15.2.3 Vollzug eines Teilungsvertrags15.3 Probleme der Beschlussklagen 15.3.1 Anfechtungsklage und Rechtsschutzbedürfnis15.3.2 Anfechtungsklage: Anfechtungsbefugnis15.3.3 Beschlussersetzungsklage 15.4 Hausgeldklagen15.5 Selbstständiges Beweisverfahren15.5.1 Möglichkeit eines selbstständigen Beweisverfahrens15.5.2 Grenzen des selbstständigen Beweisverfahrens16 Übergangsvorschriften (§ 48 WEG)16.1 Störungsabwehr I16.2 Störungsabwehr II16.3 Beschlussersetzungsklage 16.4 Schadensersatz gegen den Verwalter17 COVID-19-Pandemie17.1 Versammlung17.1.1 Versammlung unter 2 G+-Bedingungen?17.1.2 Anspruch auf Versammlung17.1.3 Vollmachtsversammlung 17.1.4 Anspruch auf Absage17.2 Schutz- und Hygienekonzepte GlossarÜbersicht: Gemeinschaftliches Eigentum und SondereigentumAbkürzungsverzeichnisStichwortverzeichnisDer AutorDigital Extras
[1]

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Dafür vielen Dank!

Haufe Lexware GmbH & Co KG

[6]Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de/ abrufbar.

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ISBN 978-3-648-14914-0

Bestell-Nr. 06729-0153

Dr. Oliver Elzer

WEG-Recht

4., aktualisierte und erweiterte Auflage, November 2022

© 2022 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg

www.haufe.de

[email protected]

Bildnachweis (Cover): red GmbH Krailing

Produktmanagement: Jasmin Jallad

Lektorat: Ursula Thum, Text+Design Jutta Cram, Augsburg

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, des auszugsweisen Nachdrucks, der Übersetzung und der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, vorbehalten. Alle Angaben/Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit.

Sofern diese Publikation ein ergänzendes Online-Angebot beinhaltet, stehen die Inhalte für 12 Monate nach Einstellen bzw. Abverkauf des Buches, mindestens aber für zwei Jahre nach Erscheinen des Buches, online zur Verfügung. Ein Anspruch auf Nutzung darüber hinaus besteht nicht.

Sollte dieses Buch bzw. das Online-Angebot Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte und die Verfügbarkeit keine Haftung. Wir machen uns diese Inhalte nicht zu eigen und verweisen lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung.

[13]Vorwort

Das vorliegende Werk versucht, die jüngere, deutsche WEG-Rechtsprechung zusammenzufassen. Es berichtet im Kern über die wichtigsten, in den Jahren 2020 bis 2022 veröffentlichten Entscheidungen. Dadurch entsteht eine Lücke: Denn die Darstellung in der vorherigen 3. Auflage endete mit dem Jahr 2017. Wir haben uns dennoch für diesen Weg entschieden, weil am 1.12.2020 eine umfassende Reform des WEG in Kraft getreten ist. Das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) vom 16.10.2020 (BGBl. I S. 2187) hat das WEG von Grund auf geändert. Die Entscheidungen der Jahre 2018 und 2019 sind damit häufig nicht mehr relevant. Wenn wir vereinzelt dennoch Entscheidungen zum »Altrecht« aufgenommen haben, haben wir diese dem neuem Recht angepasst, jedenfalls aber umfassende Hinweise gegeben, was aktuell gilt. Im Übrigen werden Sie überall im Buch von der Zeit vor dem 1.12.2020 und nach dem 30.11.2020 lesen können.

Beim Stoff haben wir wieder versucht, aus der Fülle das Wichtigste herauszufiltern. Es ging außerdem darum, die Entscheidungen so darzustellen, dass grundsätzlich jeder verstehen kann, welches Problem vorlag, wie es gelöst wurde und wie die Aussagen des Gerichts einzuordnen sind. Dazu haben wir den Sachverhalt und die Entscheidung auf das Notwendigste verkürzt. Anschließend haben wir versucht, die angesprochenen Probleme einzuordnen.

Zum besseren Verständnis bietet das Werk an vielen Stellen einen Überblick über die jeweilige Problematik oder Systematik. Außerdem werden Checklisten, Arbeitshilfen bzw. Muster angeboten – Letztere sind jeweils an die Bedürfnisse der jeweils konkreten Wohnungseigentumsanlage anzupassen. Das Werk wird durch ein Glossar und einen Index abgerundet.

Ich danke Herrn Harald Reicke für die umsichtige, mehrfache und gründliche Durchsicht des Manuskripts und seine Anmerkungen. Auch Frau Thum gilt mein Dank für die sehr sorgfältige Lektorierung und kritische Durchsicht des Textes.

Berlin, im Oktober 2022

Dr. Oliver Elzer

[15]1Allgemeine Fragestellungen

Gegenstand dieses Abschnitts sind Entscheidungen, die für alle Bereiche des Wohnungseigentumsrechts eine große Bedeutung haben, aber nicht an einem konkreten Platz im Gesetz verortet sind. Von zentraler Bedeutung sind vor allem solche Entscheidungen, die Begriffe klären oder sich mit der Frage beschäftigen, wie Beschlüsse und Vereinbarungen zustande kommen, welche Mängel sie haben können und wann ein Recht der Wohnungseigentümer besteht, sich der einen oder anderen Form zu bedienen.

1.1Werdender Wohnungseigentümer

BGH, Urteil v. 26.2.2021, V ZR 33/20

Bei einer Aufteilung durch einen Teilungsvertrag gem. § 3 WEG a. F. kann derjenige, der sein Wohnungseigentumsrecht von einem der teilenden Eigentümer erwirbt, als werdender Wohnungseigentümer anzusehen sein; das kommt jedenfalls dann in Betracht, wenn aus objektivierter Erwerbersicht eine strukturelle Vergleichbarkeit mit einer einseitigen Aufteilung gem. § 8 WEG a. F. durch einen Bauträger gegeben ist, weil das Gebäude seitens der teilenden Eigentümer errichtet oder grundlegend saniert und zumindest ein Teil der Wohnungseigentumsrechte im Zuge der Aufteilung veräußert werden soll.

Sachverhalt

K, eine GmbH, und ihre Schwestergesellschaft S mit demselben Geschäftsführer erwerben im Jahr 2013 gemeinsam ein Grundstück. K soll insgesamt 43 Wohneinheiten, 52 Tiefgaragenplätze, 2 Kellerräume sowie eine Gewerbeeinheit errichten. Im Jahr 2015 wird das Grundstück gem. § 3 WEG a. F. aufgeteilt, wobei S die Gewerbeeinheit und K die übrigen Einheiten zum Eigentum erhält.

Nach Vollzug der Aufteilung im Grundbuch errichtet K das Gebäude und veräußert sämtliche Einheiten. S bleibt Eigentümerin der Gewerbeeinheit. Im Jahr 2018 findet eine Versammlung statt. Zu diesem Zeitpunkt sind bereits einzelne Erwerber als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen, und die Übereignungsansprüche der übrigen sind durch Vormerkungen gesichert. Zu der Versammlung eingeladen sind sämtliche Erwerber sowie K und S. Unter Mitwirkung der Erwerber werden sieben Beschlüsse gefasst.

K ist der Ansicht, den noch nicht in das Grundbuch eingetragenen Erwerbern habe kein Stimmrecht zugestanden. Das LG sieht das anders und meint daher, K sei nicht einmal befugt anzufechten.

[16]Entscheidung

Der BGH sieht das auch so: Die Erwerber seien als werdende Wohnungseigentümer anzusehen. Bei einer Aufteilung durch Teilungsvertrag gem. § 3 WEG a. F. könne derjenige, der sein Wohnungseigentum von einem der teilenden Eigentümer erwerbe, als werdender Wohnungseigentümer anzusehen sein. Das komme jedenfalls dann in Betracht, wenn aus objektivierter Erwerbersicht eine strukturelle Vergleichbarkeit mit einer einseitigen Aufteilung gem. § 8 WEG a. F. durch einen Bauträger gegeben sei, weil das Gebäude seitens der teilenden Eigentümer errichtet oder grundlegend saniert und zumindest ein Teil der Wohnungseigentumsrechte im Zuge der Aufteilung veräußert werden soll.

Zwar könnten bilaterale Vereinbarungen den Erwerberschutz gewährleisten. Die Anfangsphase einer Wohnungseigentümergemeinschaft unterscheide sich aber von einer vollständig und rechtlich in Vollzug gesetzten Gemeinschaft strukturell. Insbesondere wegen der Geltendmachung von Mängelrechten bestünden typischerweise gegenläufige Interessen des teilenden Eigentümers einerseits und einer Mehrzahl von Erwerbern andererseits. Angesichts dieser »Lagerbildung« wiesen von dem Veräußerer abgeleitete Rechte entscheidende Schutzlücken auf.

Hinweis für die Verwaltungspraxis

Wohnungs- oder Teileigentümer ist, wer zu Recht im Wohnungs- oder Teileigentumsgrundbuch eingetragen ist; dies kann auch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer – selbst in einer anderen Wohnungseigentumsanlage – sein. Wohnungseigentümer ist ferner, wer durch Erbfall oder durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung Wohnungseigentum erwirbt. Steht ein Wohnungs- und/oder Teileigentum mehreren zu, ist nach h. M. jeder i. S. d. Gesetzes Wohnungseigentümer.

Teilungserklärung

Wer einen durch Vormerkung im Grundbuch gesicherten Anspruch auf Übertragung von Wohnungseigentum gegen den teilenden Eigentümer hat, gilt gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und den anderen Wohnungseigentümern anstelle des teilenden Eigentümers als Wohnungseigentümer, sobald ihm der Besitz an den zum Sondereigentum gehörenden Räumen übergeben wurde.

Teilungsvertrag

Bei einem Teilungsvertrag ist es grundsätzlich anders. Denn dort geben mehrere Personen gegenüber dem Grundbuchamt eine Erklärung ab. Ist die Erklärung wirksam, werden die Grundbuchblätter in der Regel zeitgleich angelegt. Die Aufteiler werden damit auch zeitgleich Wohnungseigentümer. Einen Zeitraum, in [17]dem ein Besteller/Erwerber zu schützen wäre, ist eigentlich nicht vorstellbar. Im Einzelfall kann es aber anders sein. Im entschiedenen Fall lässt sich beispielsweise nur schwer erklären, warum die von der K Erwerbenden weniger schutzbedürftig wären.

Die Entscheidung ist allerdings zum Recht ergangen, das bis zum 30.11.2020 galt! Ob sie für das neue Recht Bedeutung hat und ob also § 8 Abs. 3 WEG entsprechend angewandt werden kann, ist noch offen. Dies wäre möglich, wenn es entgegen der Gesetzgebung bei § 3 WEG ein »Demokratisierungsinteresse« gäbe und die Voraussetzungen einer Analogie vorlägen (verneinend Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 293; bejahend Reif, ZWE 2021, S. 35, 36).

DIGITALE EXTRAS

Muster: Vollmacht

Ich erteile Herrn und Frau … [Name und Adresse] eine Vollmacht, meine sämtlichen Rechte als Wohnungseigentümer in der Wohnungseigentumsanlage … [Adresse] und der dortigen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und in der Wohnungseigentümergemeinschaft in meinem Namen wahrzunehmen.

[Datum, Unterschrift]

1.2Vereinbarungen der WEG und Folgen der WEG-Reform

1.2.1Auslegung nach dem 1.12.2020 (Beschlussfähigkeit I)

AG Mettmann, Urteil vom 16.4.2021, 26 C 1/21

Wenn nach der Gemeinschaftsordnung eine Beschlussfähigkeit der Versammlung vom Erreichen von mehr als 50 Prozent der MEA abhängig ist, gilt dies wegen der Vermutung des § 47 WEG nicht mehr seit 1.12.2020.

Sachverhalt

Nach der Gemeinschaftsordnung einer Wohnungseigentumsanlage mit 150 Wohnungen ist die Versammlung beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte der Stimmen, gerechnet nach der Größe der Miteigentumsanteile, vertreten ist. Ist die Versammlung hiernach nicht beschlussfähig, so hat der Verwalter eine zweite Versammlung mit gleichem Gegenstand einzuberufen. Diese ist dann in jedem Fall beschlussfähig. Hierauf ist in der Einladung besonders hinzuweisen.

Mit Schreiben vom 16.11.2020 lädt der Verwalter zu einer Versammlung am 16.12.2020 in das Verwalterbüro ein (dort haben nur 20 Personen Platz). Der Verwalter bittet die Wohnungseigentümer dringend, nicht persönlich zu erscheinen, sondern eine weisungsgebundene Stimmrechtsvollmacht zu erteilen. In der Versammlung wird die [18]Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 5 WEG a. F. genehmigt. Gegen diesen Beschluss geht Wohnungseigentümer K vor. Er hält die Ladung schon für formal nicht ordnungsmäßig. Im Übrigen sei die Versammlung nicht beschlussfähig gewesen.

Entscheidung

Die Anfechtungsklage hat Erfolg. Zwar sei die Versammlung nach § 47 WEG beschlussfähig gewesen.

§ 47 WEG Auslegung von Altvereinbarungen

Vereinbarungen, die vor dem 1. Dezember 2020 getroffen wurden und die von solchen Vorschriften dieses Gesetzes abweichen, die durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz vom 16. Oktober 2020 (BGBl. I S. 2187) geändert wurden, stehen der Anwendung dieser Vorschriften in der vom 1. Dezember 2020 an geltenden Fassung nicht entgegen, soweit sich aus der Vereinbarung nicht ein anderer Wille ergibt. Ein solcher Wille ist in der Regel nicht anzunehmen.

Die dringende Bitte, nicht persönlich zu erscheinen, sondern eine weisungsgebundene Stimmrechtsvollmacht zu erteilen, und das Abhalten der Versammlung in einem Raum, der nur für den Aufenthalt von 20 Personen bei einer Gemeinschaft mit 150 Eigentümern geeignet war, führe aber zur Annahme eines formalen Beschlussmangels. Zwar unterfalle die Auswahl und Festlegung des Versammlungsortes und der Versammlungsstätte bei Fehlen einer Vereinbarung dem Ermessen des Einberufenden. Jedoch müssten Versammlungsort und -stätte so beschaffen sein, dass eine ordnungsgemäße Durchführung gewährleistet und allen Wohnungseigentümern die Teilnahme möglich sei (Hinweis auf Hügel/Elzer, WEG 3. Aufl., § 24 Rn. 19). Letzteres könne nicht angenommen werden. Der Verwalter habe nicht nur von der persönlichen Teilnahme abgeraten, sondern die persönliche Teilnahme sei allen Wohnungseigentümern allein schon aufgrund der Auswahl des Versammlungsortes gar nicht möglich gewesen. Es gelte hier die Vermutung, dass ein Beschluss auf einem formalen Mangel beruhe. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass K bei Durchführung einer Präsenzveranstaltung mit einem Hinweis darauf, die Jahresabrechnung sei rechnerisch nicht schlüssig gewesen, andere Wohnungseigentümer zu einem anderen Abstimmungsverhalten veranlasst hätte.

Hinweis für die Verwaltungspraxis

Im dargestellten Fall geht es zum einen um eine Vereinbarung zur Beschlussfähigkeit der Versammlung und die Frage, ob diese Vereinbarung noch anwendbar ist. Zum anderem geht es um die Frage, wie angesichts der COVID-19-Beschränkungen zu laden ist.

[19]Vereinbarungen zur Beschlussfähigkeit

Eine Vereinbarung, die nach altem Recht getroffen wurde und die von den aktuellen Vorschriften abweicht, stellt an die Beschlussfähigkeit der Versammlung besondere Anforderungen. Sie ist daher, wie es das AG zu Recht entschieden hat, nicht anwendbar, sofern nicht zweifelsfrei feststeht, dass die Vereinbarung bestehen bleiben soll. Das ist hier nicht anzunehmen, denn die Vereinbarung wiederholt wörtlich § 25 Abs. 3, Abs. 4 WEG a. F. Diese lauteten: Die Versammlung ist nur beschlussfähig, wenn die erschienenen stimmberechtigten Wohnungseigentümer mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile, berechnet nach der im Grundbuch eingetragenen Größe dieser Anteile, vertreten. Ist eine Versammlung nicht gemäß Abs. 3 beschlussfähig, so beruft der Verwalter eine neue Versammlung mit dem gleichen Gegenstand ein. Diese Versammlung ist ohne Rücksicht auf die Höhe der vertretenen Anteile beschlussfähig; hierauf ist bei der Einberufung hinzuweisen.

Versammlung während der COVID-19-Pandemie

Die COVID-19-Pandemie ist kein Grund, keine Versammlung abzuhalten. Ob der Verwalter zu einer Versammlung einladen muss und nach Ablauf der Jahresfrist einem Ersuchen der Wohnungseigentümer oder des Verwaltungsbeirats nachkommen muss, richtet sich allein danach, ob eine Einladung rechtlich und tatsächlich möglich ist. Was gilt, kann sich von Landkreis zu Landkreis unterscheiden. Der Verwalter ist gehalten, sich über die Rechtslage für jede Wohnungseigentümergemeinschaft angemessen zu informieren. Verbietet das öffentliche Recht Versammlungen, darf der Verwalter keine anberaumen. In diesem Fall darf und muss er alle Verwaltungsentscheidungen nach § 27 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 WEG selbst treffen. Erlaubt das öffentliche Recht Versammlungen, sind diese abzuhalten. Dies gilt auch dann, wenn sich nicht sämtliche Wohnungseigentümer versammeln dürfen.

Ferner ändern die bis zum 31.8.2022 geltenden Bestimmungen des Gesetzes über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (COVMG) zum Wirtschaftsplan und zur Weiterbestellung des Verwalters nichts. Die Verlängerung der Verwalterbestellung nach § 6 Abs. 1 COVMG macht eine Versammlung, auf der über die Verwalterneubestellung entschieden werden soll, mithin nicht entbehrlich. Ist eine Versammlung möglich, obliegt es dem Ermessen des Verwalters, wann, wo, zu welchem Zeitpunkt, an welchen Ort und in welche Stätte er die Versammlung einberuft. Um den besonderen Anforderungen der COVID-19-Pandemie zu begegnen, kann es im Einzelfall z. B. richtig sein, eine Versammlung auf einem zur Wohnungseigentumsanlage gehörenden Spielplatz durchzuführen, wenn der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit gewahrt bleibt. Es ist [20]unzulässig, Versammlungen dahin gehend zu beschränken, dass lediglich eine Teilnahme einzelner Personen gewährleistet wird und die übrigen Eigentümer Vollmachten zu erteilen haben oder gar von vornherein lediglich zu Vertreterversammlungen geladen wird, bei denen sich die Eigentümer nur vertreten lassen können (LG Frankfurt a. M., Urteil v. 17.12.2020, 2-13 S 108/20).

Bei der Einladung zu einer Vertreterversammlung ist daher große Vorsicht geboten. Der Verwalter darf den Wohnungseigentümern zwar die Möglichkeit einer Vollmacht vorstellen. Er darf insoweit aber keinen – auch nur mittelbaren – Zwang ausüben. Weist der Verwalter die Wohnungseigentümer in seinem Einladungsschreiben beispielsweise darauf hin, dass wegen der COVID-19-Pandemie sein Büro für den Publikumsverkehr geschlossen sei und Versammlungen mit Anwesenheit wegen der Kontaktsperre nicht stattfinden könnten, fordert er die Wohnungseigentümer ferner auf, ihm eine Vollmacht zu erteilen und auf einem beigefügten Protokoll ihre Abstimmungswünsche anzukreuzen, und fordert er dann die Wohnungseigentümer noch auf, nicht persönlich zur Versammlung zu erscheinen, liegt hierin der Sache nach eine »Ausladung« vor, und auf einer solchen Versammlung gefasste Beschlüsse sind wenigstens anfechtbar (siehe AG München, Urteil v. 29.10.2020, 483 C 8456/20 und AG Lemgo, Urteil v. 24.8.2020, 16 C 10/20).

1.2.2Auslegung nach dem 1.12.2020 (Beschlussfähigkeit II)

AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 28.5.2021, 980a C 1/21

Nach § 47 WEG ist eine Vereinbarung, nach der die Versammlung nur beschlussfähig ist, wenn mindestens drei Wohnungen von fünf Wohnungen vertreten sind, nicht mehr anwendbar.

Sachverhalt

Nach einer Vereinbarung ist die Versammlung nur beschlussfähig, wenn »mindestens drei Wohnungen vertreten sind«. Fraglich ist, ob diese Vereinbarung noch anzuwenden ist, wenn auch vereinbart ist, dass sich »Das Verhältnis der Eigentümer untereinander […] nach den Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes vom 15.03.1951 in seiner jeweils gültigen Fassung [bestimmt], soweit diese Erklärung nichts Abweichendes bestimmt«. Ferner ist fraglich, welche Wirkungen der bis zum 31.8.2022 geltende § 6 COVMG für den Verwalter hatte, dessen Amt am 29.2.2020 endete.

Entscheidung

Das AG meint, die Vereinbarung sei nicht mehr anzuwenden. Die Gemeinschaftsordnung werde von der seit dem 1.12.2020 geltenden (Neu-)Regelung in § 25 Abs. 1 WEG »überlagert«, wonach jede Versammlung – im Grundsatz ohne Rücksicht auf bestimm[21]te Quoren – beschlussfähig sei. Dies folge aus § 47 WEG. Das Gericht könne der Gemeinschaftsordnung keinen Versteinerungswillen entnehmen, der eine Anwendbarkeit des neuen Rechts auf die Frage der Beschlussfähigkeit ausschließe.

Der Kläger habe »in Abkehr von der gesetzlichen Vermutung in § 47 Satz 2 WEG nicht dargetan, dass sich aus dem Gesamtgefüge der in Rede stehenden Vereinbarung selbst« ergebe, dass die Eigentümer an der Regelung für alle Zeit festhalten wollten. Deren Abweichung von der früheren Rechtslage sei »in ihrer Zielrichtung nicht wesensverschieden«, sondern habe für die Frage der Beschlussfähigkeit lediglich eine andere Berechnungsgrundlage angeordnet. In Bezug auf den Verwalter ist das AG der Ansicht, dessen Amt sei am 29.2.2020 beendet gewesen.

Die Regelung in § 6 Abs. 1 COVMG führe nicht dazu, dass ein Verwalter, dessen Amtszeit abgelaufen war, wieder ins Amt gesetzt worden sei. Dagegen spreche schon der Wortlaut der Vorschrift. § 6 Abs. 1 COVMG solle zwar nach der Intention des Gesetzgebers auch für den Fall gelten, dass die Amtszeit des Verwalters zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Norm bereits abgelaufen ist (Hinweis auf BT-Drs. 19/18110, S. 31). Dieser Wille komme in dem Wortlaut der Vorschrift aber nicht zum Ausdruck und wäre auch verfassungsrechtlich höchst bedenklich.

Hinweis für die Verwaltungspraxis

Im Fall geht es erstens um die Frage, ob eine Vereinbarung über die Beschlussfähigkeit noch anwendbar ist. Zweitens ist zu fragen, welche Wirkungen der bis zum 31.8.2022 geltende § 6 Abs. 1 COVMG hatte. Dieser zweiten Frage wird hier nicht nachgegangen, da das COVMG nicht mehr in Kraft ist.

Auslegung von Altvereinbarungen

Vereinbarungen, die vor dem 1.12.2020 getroffen wurden und die von solchen WEG-Vorschriften abweichen, die durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) vom 16.10.2020 (BGBl. I S. 2187) geändert wurden, stehen nach § 47 Satz 1 WEG der Anwendung dieser Vorschriften in der vom 1.12.2020 an geltenden Fassung nicht entgegen, soweit sich aus der Vereinbarung nicht ein anderer Wille ergibt. Ein solcher Wille ist nach § 47 Satz 2 WEG in der Regel nicht anzunehmen.

Im Fall geht es um eine Vereinbarung, die von § 25 Abs. 3 WEG a. F. abweicht, der durch das WEMoG geändert wurde. Nach § 25 Abs. 3 WEG a. F. war die Versammlung nur beschlussfähig, wenn die erschienenen stimmberechtigten Wohnungseigentümer mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile, berechnet nach der im Grundbuch eingetragenen Größe dieser Anteile, vertreten. Anstelle dieser Regelung knüpft die Vereinbarung nicht an die Anzahl der vertretenen Miteigentumsanteile, sondern an die Anzahl der vertretenen Wohnungen an.

[22]Ich meine, dass damit deutlich geworden ist, dass die Vereinbarung weiterhin gelten soll. Für diese Annahme spricht im angeführten Fall, dass nach der Präambel gerade zwischen der »jeweils gültigen Fassung« des WEG und anderen Bestimmungen unterschieden ist.

1.2.3Inhaltskontrolle

BGH, Urteil vom 20.11.2020, V ZR 196/19

Von dem teilenden Eigentümer vorgegebene Bestimmungen in der Gemeinschaftsordnung, die in einem spezifischen Zusammenhang mit der einseitigen Aufteilung stehen, unterliegen einer Inhaltskontrolle im Hinblick auf einen Missbrauch der einseitigen Gestaltungsmacht; diese Inhaltskontrolle richtet sich unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls am Maßstab von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB aus.

Enthält die Gemeinschaftsordnung für die Versammlung die Regelung »Für die Ordnungsmäßigkeit der Einberufung genügt die Absendung an die Anschrift, die dem Verwalter von dem Wohnungseigentümer zuletzt mitgeteilt worden ist«, so setzt die Ordnungsmäßigkeit der Einberufung nicht den Zugang, sondern lediglich die rechtzeitige Absendung der Ladung an die Wohnungseigentümer voraus; dies bezieht sich auf alle Wohnungseigentümer und nicht nur auf diejenigen, die einen Wohnsitzwechsel nicht mitgeteilt haben. Eine solche Regelung ist wirksam.

Sachverhalt

Wohnungseigentümer K geht gegen einen Beschluss vor, mit dem der Verwalter wiederbestellt worden ist. K moniert, nicht zur Versammlung geladen worden zu sein. AG und LG sehen in der behaupteten Nichtladung einen relevanten Beschlussmangel. Die Beweislast für den rechtzeitigen Zugang trügen die Beklagten. Da diese lediglich den Beweis für die rechtzeitige Absendung der Einladung angetreten hätten, sei der Beweis nicht geführt. Aus der Gemeinschaftsordnung ergebe sich nichts anders. Zwar heiße es dort wie folgt:

»Für die Ordnungsmäßigkeit der Einberufung genügt die Absendung an die Anschrift, die dem Verwalter von dem Wohnungseigentümer zuletzt mitgeteilt worden ist.«

Diese Klausel regele aber nur bei einem Adresswechsel eine Zugangsfiktion.

Entscheidung

Dies sieht der BGH anders. Nach der Klausel sei die rechtzeitige Absendung einer Ladung für die Ordnungsmäßigkeit einer Einberufung ausreichend. Die Klausel sei so auszulegen, dass sie sich auf alle Wohnungseigentümer bezieht und nicht nur auf die[23]jenigen, die einen Wohnsitzwechsel nicht mitgeteilt hatten. Die Klausel sei auch wirksam. Prüfungsmaßstab sei § 242 BGB und nicht die entsprechende Anwendung der §§ 307 ff. BGB. Denn wegen der unionsrechtlichen Vorgaben aus der Klausel-Richtlinie könne die Heranziehung des AGB-Rechts nur ganz ausnahmsweise geboten sein. Dies sei dann der Fall, wenn die Gemeinschaftsordnung vorschreibe, dass die Wohnungseigentümer als Verbraucher bestimmte Verträge mit Dritten abschließen müssten. Richtig sei allerdings, dass der teilende Eigentümer Regelungen in der Gemeinschaftsordnung vorgeben könne, die ihn – ähnlich wie einen Verwender unangemessener AGB – insbesondere in der Aufteilungsphase einseitig begünstigten. Aus diesem Grund unterlägen von ihm vorgegebene Bestimmungen in der Gemeinschaftsordnung, die in einem spezifischen Zusammenhang mit der einseitigen Aufteilung stünden, einer Inhaltskontrolle. Diese habe sich unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls am Maßstab von Treu und Glauben gem. § 242 BGB auszurichten. Nach diesem Maßstab sei die Klausel wirksam. Ein spezifischer Zusammenhang mit einer einseitigen Aufteilung sei nicht erkennbar. Die Klausel greife auch nicht in schwerwiegender Weise in das Teilnahme- und Mitwirkungsrecht als unverzichtbares Mitgliedschaftsrecht ein und verstoße damit nicht i. S. v. § 134 BGB gegen ein gesetzliches Verbot.

Hinweis für die Verwaltungspraxis

Das Gesetz sieht vor, dass die Einberufung in Textform ausgesprochen werden muss, wobei die Frist, sofern nicht ein Fall besonderer Dringlichkeit vorliegt, gem. § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG mindestens drei Wochen betragen soll. Da nach der BGH-Rechtsprechung § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB entsprechend anzuwenden ist, ist für die fristwahrende Ladung nicht die Absendung, sondern der Zugang bei den jeweiligen Wohnungseigentümern maßgeblich. Ist die Ladung einzelnen Wohnungseigentümern infolge von Postversehen nicht zugegangen, kann die Anfechtung hierauf allerdings nur dann gestützt werden, wenn sich dies auf das Abstimmungsergebnis ausgewirkt haben kann. Teilt ein Eigentümer seine Anschrift nicht oder nicht rechtzeitig mit, führt diese Obliegenheitsverletzung dazu, dass die Anfechtung von vornherein nicht auf die fehlende Ladung gestützt werden kann.

Ladungsfiktionen

Von dieser Rechtslage abweichende Vereinbarungen in der Gemeinschaftsordnung sind weit verbreitet und nach einhelliger Auffassung im Grundsatz zulässig. Die im Fall verwendete Formulierung wurde bislang unterschiedlich ausgelegt. Die weit überwiegende Ansicht entnimmt ihr, dass allgemein der Nachweis der rechtzeitigen Absendung für die Ordnungsmäßigkeit der Einberufung ausreichend ist, und hält dies auch für wirksam. Eine Gegenauffassung legt die Klausel einschränkend aus und misst ihr nur im Fall einer nicht angezeigten Adressänderung Bedeutung bei. Der Senat hält die h. M für zutreffend. Bei unbefangener Betrachtung des Wortlauts enthalte die Klausel (nur) zwei Voraussetzungen für [24]eine ordnungsmäßige Einberufung. Es genüge (erstens) die Absendung, und zwar (zweitens) an die Anschrift, die dem Verwalter von dem Wohnungseigentümer zuletzt mitgeteilt worden sei. Eine dritte Voraussetzung, wonach es einen Wohnsitzwechsel gegeben habe, enthalte die Klausel nicht.

Ort einer Inhaltskontrolle

Der BGH klärt mit dem Fall im Übrigen einen Streit, der seit den 1970er-Jahren tobte – und grundsätzlich bedeutungslos ist. Im Ergebnis kann es nämlich keine Rolle spielen, ob sich eine Inhaltskontrolle (nur) an § 242 BGB ausrichtet oder an den §§ 307 ff. BGB. Denn die §§ 307 ff. BGB sind nur eine besondere Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Die Ergebnisse müssen daher grundsätzlich identisch sein. Dennoch ist jetzt klar: Es gibt eine Inhaltskontrolle. Diese ist anhand von § 242 BGB, aber auch anhand von §§ 134, 138 BGB zu unternehmen.

1.2.4Was ist ein Haustier?

AG Konstanz, Urteil vom 10.2.2022, 4 C 397/21 WEG

Der Begriff »Haustier« in einer Gemeinschaftsordnung ist zu unbestimmt.

Sachverhalt

Nach der Gemeinschaftsordnung ist die Haustierhaltung, soweit gesetzlich zulässig, verboten. Ungeachtet dessen erwerben die Wohnungseigentümer B1 und B2 als Welpe eine Flat-Coated-Retriever-Hündin. Dieser Hund wird von ihrer 10-jährigen Tochter in der Wohnung gehalten. Die Wohnungseigentümer ermächtigen den Verwalter, außergerichtlich und gerichtlich gegen die Hundehaltung vorzugehen. Der Verwalter fordert daraufhin B1 und B2 vergeblich auf, den Hund zu entfernen.

Nun klagt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K, B1 und B2 sollen den Hund entfernen und künftig seine Haltung und/oder Unterbringung unterlassen. K behauptet, der Hund verursache Lärm durch Bellen sowie Dreck und führe zu Geruchsbelästigungen, insbesondere wenn das Tier nass sei. Auch seien die allergenen Hundehaare nicht hinzunehmen. Es hätten sich schon Drittnutzer beschwert.

B1 und B2 behaupten, ihre Tochter habe durch einen Umzug, zwei Schulwechsel sowie die Corona-Isolation Ängste und Depressionen sowie Symptome einer Computerspielsucht. Der Hund sei von einer Fachärztin für Psychotherapie als Therapiehund empfohlen worden. Er habe dazu geführt, dass es ihrer Tochter besser gehe. Würde ihr das Tier wieder weggenommen werden, sei ein gravierender Rückschritt der psychischen Gesundheit des Kindes die Folge. Eine konkrete Belästigung gehe von dem Tier nicht aus. Das Tierhalteverbot in der Gemeinschaftsordnung verstoße gegen Treu und Glauben, auf jeden Fall dessen konkrete Durchsetzung.

[25]Entscheidung

Die Klage hat keinen Erfolg. Da K keine Verhaltensweisen des Hundes behaupte, die über ein »normales Hundeverhalten« hinausgingen, könne sie seine Entfernung und eine Unterlassung künftiger Hundehaltung nur aus der Gemeinschaftsordnung i. V. m. § 1004 Abs. 1 BGB herleiten.

Die einschlägige Regelung der Gemeinschaftsordnung sei jedoch unwirksam. Ein eindeutiger Inhalt, was Haustierhaltung angehe, sei nicht zu finden. Die Regelung bleibe unbestimmt, d. h. sie sei nicht klar und eindeutig, und das Verbot sei daher unwirksam (Hinweis u. a. auf BGH, Urteil v. 9.12.2016, V ZR 124/16). Bei der Suche nach der Bedeutung des Wortes »Haustierhaltung« sei über Folgendes nachzudenken: § 833 Satz 2 BGB, wonach Haustiere Nutztiere seien, spiele keine Rolle. Dies sei ein althergebrachtes Verständnis und wohl nur Juristen wüssten von dieser speziellen Einordnung. Sie sei daher nicht naheliegend. Gleiches gelte für die Tiere, die nach tierschutzrechtlichen Bestimmungen in einer Wohnung (artgerecht) gehalten werden dürften. Was darunter falle, sei den meisten Menschen auch unbekannt. Es sei vom Sprachgebrauch naheliegend, dass alle Tiere, die jemand bewusst in seiner Wohnung aufgenommen habe, Haustiere seien.

Noch weiter gehe die Definition in Wikipedia, wonach Haustiere Tierarten seien, die durch Domestikation aus Wildtierarten hervorgegangen seien. Auch sei naheliegend, dass in Terrarien gehaltene Tiere wie giftige Skorpione oder Vogelspinnen noch Haustiere seien, da sie ein Hobby ihres Eigentümers sein könnten. In einem Aquarium gehaltene Fische seien für den einen noch Haustiere und für den anderen nicht. Es könne ebenfalls als naheliegend angesehen werden, dass Haustiere nur diejenigen Lebewesen seien, die ein Fell hätten, sodass der Mensch sie streicheln wolle und könne. Dies seien die »klassischen« Haustiere. Gewiss bestehe Einigkeit, dass nicht bissige und ungefährliche Hunde wie jener von B1 und B2 unter den gängigen Haustierbegriff fielen. Dies helfe K jedoch nicht. Auch wenn das AGB-Recht nicht anzuwenden sei, so gelte trotzdem regelmäßig der Ausschluss der geltungserhaltenden Reduktion. Es genüge also nicht, dass nach jeder nächstliegenden Auffassung ein Streichel-Hund ein Haustier sei.

Hinweis für die Verwaltungspraxis

Im Fall geht es nach den Feststellungen des AG um einen Hund, der nicht durch sein Verhalten stört. Andernfalls müsste sein Eigentümer auf ihn einwirken und z. B. übermäßiges Bellen unterbinden. Eine Hundehaltung ist aber dennoch unzulässig, wenn die Wohnungseigentümer das so bestimmt haben. Dazu stehen ihnen zwei Wege offen: ein Beschluss und eine Vereinbarung. Im Fall geht es um eine Vereinbarung. Für diese kann man fragen, ob sie überhaupt wirksam ist. Dies verneint das AG.

[26]Unbestimmte Vereinbarungen

Eine Vereinbarung ist unwirksam und von der Verwaltung und den Wohnungseigentümern nicht zu beachten, wenn sie zu »unbestimmt« ist. Ebenso wie ein Beschluss muss eine Vereinbarung klar und eindeutig bestimmen, was sie regeln und was ihr Anwendungsbereich sein soll. »Klassiker« in diesem Bereich sind Umlagevereinbarungen. Eine Umlagevereinbarung muss klar und eindeutig ihrem Inhalt nach feststellbar sein. Unklare und/oder undurchführbare Umlageschlüssel ändern § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG nicht ab und sind unwirksam.

Im Fall geht es um den Begriff »Haustier«. Zu fragen ist, ob klar ist, was der Begriff meint. Das AG ist der Ansicht, er sei unscharf. Es stellt dazu dar, welche Quellen es zurate gezogen hat. Ich war insoweit zunächst verblüfft, denke aber, dem AG ist zuzustimmen. Welche Tiere »Haustiere« sind, ist wirklich nicht ganz klar. Ist es auch der Goldfisch in einem Glas, sind es Ameisen in einem Terrarium oder ein Kanarienvogel?

Allerdings gibt es einen Kernbereich, der unstreitig ist. Dies sind zweifellos »normale« Hunde und Hauskatzen. Ich schreibe »normale« Hunde, weil es auch Hunde gibt, die nach ihrem Wesen und/oder ihrer Erziehung nicht in Wohnungen gehalten werden sollten und eigentlich kein Haustier sind. Das AG sieht das auch so, meint aber, man könne die Vereinbarung, die Haustiere verbietet, insoweit nicht einschränkend auslegen. Es benutzt dazu den Begriff aus dem AGB-Recht, den der »geltungserhaltenden Reduktion«. Der passt aber nicht, da Vereinbarungen der Wohnungseigentümer nicht nach den §§ 305 ff. BGB (= dem AGB-Recht) geprüft werden. Ich denke aber wie das AG, dass die »Idee« passt. Diese besteht darin, dass man nicht im Wege der Auslegung einen Begriff auf seinen noch zulässigen Inhalt zurückführen darf. Ist eine Vereinbarung nach einer Auslegung unklar, ist sie unwirksam – auch dann, wenn es Bereiche gäbe, in der sie wirksam wäre. Wichtiger noch: Was wäre der Inhalt?

Andere Ansicht

Der Innsbrucker Prof. Häublein sieht die Rechtslage anders. Der These, die Verwendung des Begriffs »Haustier« mache eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer mangels Bestimmtheit nichtig, sei »vehement zu widersprechen« (Häublein, ZWE 2022, S. 272). Die damit verbundene Beschränkung der Privatautonomie sei »inakzeptabel«. Das Gericht sei der Versuchung erlegen, eine – aus welchen Gründen auch immer – für unbillig gehaltene privatautonom getroffene Regelung für nichtig zu erklären, weil sie Auslegungsbedarf hervorrufe. Da bei Vereinbarungen keine Anfechtungsmöglichkeit bestehe und diese als vertragliche Regelungen eine »höhere Dignität« besäßen als Beschlüsse, könne ihre Nichtigkeit nur die Folge eines Bestimmtheitsdefizits sein (Häublein, ZWE 2022, S. 272, 273). Nur dann, wenn es auch im Wege (normativer) Auslegung nicht gelingen [27]könne, einen Regelungsgehalt festzulegen, sei die Vereinbarung nichtig. Davon könne nicht die Rede sein. Selbstverständlich gebe es Tiere, insbesondere Hunde, die ohne Zweifel zum Kreis der Haustiere zählten. Dass der Begriff jenseits dieses Begriffskerns beispielsweise in Bezug auf Tiere, die in Aquarien oder Terrarien leben, nicht eindeutig sei, dürfte stimmen, besage aber nichts über die Wirksamkeit der Regelung (Häublein, ZWE 2022, S. 272, 273). Diese Ansicht lässt aber im Ergebnis dann doch offen, welche Tiere von der Vereinbarung gemeint sind.

1.3Beschlüsse und Beschlusskompetenz

1.3.1Beschlusskompetenz

1.3.1.1Stilllegung von Schwimmbad und Sauna

AG Hamburg-Altona Urteil vom 11.1.2022, 303 C 10/21

Der Beschluss, ein im gemeinschaftlichen Eigentum stehendes Schwimmbad und eine im gemeinschaftlichen Eigentum stehende Sauna stillzulegen, entspricht nicht ordnungsmäßiger Verwaltung.

Sachverhalt

Die Wohnungseigentümer beschließen, das im gemeinschaftlichen Eigentum stehende Schwimmbad und die im gemeinschaftlichen Eigentum stehende Sauna stillzulegen. Dagegen geht Wohnungseigentümer K vor. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer meint, der Stilllegungsbeschluss könne als Grundlagenbeschluss über eine bauliche Veränderung verstanden werden.

Entscheidung

Die Anfechtungsklage hat Erfolg. Die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer setze voraus, dass die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums nicht durch eine Vereinbarung geregelt seien. Dies sei aber der Fall. Die Gemeinschaftsordnung mache das Schwimmbad und die Sauna zu Einrichtungen des gemeinschaftlichen Eigentums. Sie seien daher beschlussfest.

Bereits für das bis zum 30.11.2020 geltende Recht sei entschieden worden, dass die Nichtinbetriebnahme einer in der Gemeinschaftsordnung als instand zu halten genannten Einrichtung eine bauliche Veränderung darstelle, die nicht mehrheitlich beschlossen werden könne (Hinweis auf OLG Saarbrücken, Beschluss v. 29.11.2006, 5 W 104/06, und AG München, Urteil v. 11.1.2017, 485 C 12234/16). Wenn B darauf abstelle, der BGH habe unter Hinweis auf diese Entscheidungen nur geurteilt, dass die Nutzung nicht durch Mehrheitsbeschluss verboten werden dürfe, wenn dadurch die Nutzung [28]des Sondereigentums zu dem vereinbarten Zweck erheblich beeinträchtigt werde und eine solche Sachverhaltskonstellation hier nicht vorliege, sei darauf hinzuweisen, dass die Existenz eines Schwimmbads die Kaufentscheidung erheblich beeinflussen könne und die Nutzung einer Wohnung durch den Wegfall des im selben Gebäude liegenden Schwimmbads (oder einer Sauna) erheblich beeinträchtigt werde.

B könne sich auch nicht auf § 20 Abs. 1 WEG berufen. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob die Stilllegung einer Einrichtung als bauliche Veränderung i. S. d. Gesetzes angesehen werden könne. Auch eine Beschlussfassung über bauliche Veränderungen dürfe einer Vereinbarung nicht widersprechen. Das folge aus dem Zusammenspiel der beiden Vorschriften. Es wäre widersinnig, die schwereren Eingriffe, wenn sie gegen Vereinbarungen verstoßen, zuzulassen, während geringfügigere Eingriffe durch Mehrheitsbeschluss nicht möglich wären. Denn beide Vorschriften dienten dem Interessenausgleich der Wohnungseigentümer.

Hinweis für die Verwaltungspraxis

Im Fall geht es um die Frage, ob es eine Beschlusskompetenz gibt, eine Anlage oder Einrichtung, die im gemeinschaftlichen Eigentum steht, stillzulegen. Daneben wird auch gefragt, ob es bei einer baulichen Veränderung anders wäre.

Stilllegungen

Das AG hat Recht, soweit es keine Beschlusskompetenz in § 19 Abs. 1 WEG entdeckt. Denn in einer andauernden Benutzungsuntersagung liegt keine bloße Verwaltung i. S. v. § 18 Abs. 1 WEG. Es ist kein Gegenstand der Verwaltung, das gemeinschaftliche Eigentum aufzugeben (Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 18 Rn. 10). Bei der Bestimmung, gemeinschaftliches Eigentum nicht mehr zu benutzen, z. B. einen Personenaufzug (das war der vom AG zitierte Fall OLG Saarbrücken, Beschluss v. 29.11.2006, 5 W 104/06 NJOZ 2007 S. 1109), einen Müllschlucker (OLG Frankfurt a. M., Beschluss v. 30.8.2004, 20 W 440/01, NZM 2004 S. 910) oder eine Heizungsanlage, handelt es sich jeweils um einen totalen Gebrauchsentzug und damit um eine Änderung dessen, was allen Wohnungseigentümern nach § 16 Abs. 1 Satz 3 WEG zum Mitgebrauch zur Verfügung stehen soll.

Bauliche Veränderung

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hatte argumentiert, ihr seien die Stilllegungen als bauliche Veränderungen erlaubt. Dem stellt sich das AG zu Recht entgegen. Auch eine bauliche Veränderung steht nämlich richtigerweise unter dem Vorbehalt, dass nichts anderes vereinbart ist. Selbstverständlich steht ein Beschluss nach § 20 Abs. 1 WEG unter dem Vorbehalt einer entgegenstehenden Vereinbarung und ist nichtig, wenn er diese dauerhaft ändern will (Dötsch, ZWE 2021, S. 341, 347; a. A. Häublein/Jacoby/Lehmann-Richter/Wobst, ZWE 2021, S. 27, 28).

[29]1.3.1.2Sondereigentum

AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 22.10.2021, 980b C 26/18

Es besteht keine Beschlusskompetenz, Angelegenheiten der Sondereigentümer im Zusammenhang mit der Erfassung von Mängeln am Sondereigentum zu regeln.

Sachverhalt

Die Wohnungseigentümer entlasten den Verwalter unter TOP 3 für das Jahr 2017. Unter TOP 6 wird der Verwalter beauftragt, die Wohnungseigentümer anzuschreiben, um Mängel im Sondereigentum zu erfassen (mit der Liste soll versucht werden, sich mit dem Bauträger zu vergleichen). Und zu TOP 8 stellen die Wohnungseigentümer fest, dass ein Regenfallrohr nicht ordnungsmäßig verbaut und am Ende des Ablaufs verschlossen worden sei. Der Ablauf soll daher »unterhalb der Treppe« geführt und instand gesetzt werden. Hierfür sollen Angebote eingeholt werden. Sollte die Ausführung »schwierig« sein, soll hingegen versucht werden, die Leitung beim »linken Nachbarn anzuschließen«.

Gegen diese Beschlüsse geht Wohnungseigentümer K vor. Er meint, die Entlastung (TOP 3) sei fehlerhaft, weil der Verwalter die Beseitigung der Mängel am gemeinschaftlichen Eigentum nicht durch Vorbereitungsmaßnahmen – nämlich durch eine Bedarfs- und Kostenermittlung sowie Beschlussanträge – gefördert habe. Der Beschluss zu TOP 6 sei nichtig, weil die Wohnungseigentümer keine Beschlusskompetenz in Bezug auf das Sondereigentum hätten. Auch der Beschluss zu TOP 8 sei für ungültig zu erklären. Denn der Anschluss des Regenwasserfallrohrs am Fallrohr des Nachbargebäudes widerspreche den anerkannten Regeln der Technik und den baurechtlichen Vorschriften.

Entscheidung

Das AG unterscheidet hier: Es meint, der Beschluss, den Verwalter zu entlasten, entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung. Etwas anderes müsse zwar gelten, wenn Ansprüche gegen die Verwaltung in Betracht kämen und kein Grund ersichtlich sei, auf diese zu verzichten. Im Fall seien solche Ansprüche aber nicht erkennbar.

Der Beschluss zu TOP 6 widerspreche hingegen ordnungsmäßiger Verwaltung. Denn es bestehe keine Beschlusskompetenz, die Angelegenheiten der Sondereigentümer im Zusammenhang mit der Erfassung von Mängeln am Sondereigentum zu regeln. Ein Anschreiben an die Wohnungseigentümer, Mängel des Sondereigentums zu erfassen, betreffe aber eine solche Angelegenheit. Auch der Beschluss zu TOP 8 widerspreche ordnungsmäßiger Verwaltung. Denn K habe bewiesen, dass eine Entwässerung über das Regenrohr auf der Straßenseite nicht ordnungsmäßig sei. Mithin entspreche es weder ordnungsmäßiger Verwaltung, einen Ablauf des Rohrs »unterhalb der Treppe« entlangzuführen und dafür Angebote einzuholen, noch entspreche es ordnungsmäßi[30]ger Verwaltung, das Rohr beim Nachbarn anzuschließen; in beiden Fällen sei ein Abtransport des Wassers nicht ausreichend sichergestellt.

Hinweis für die Verwaltungspraxis

Im Fall muss das AG drei Beschlüsse auf ihre Ordnungsmäßigkeit prüfen. Beim Beschluss zu TOP 8 geht es um eine Tatfrage, die wohnungseigentumsrechtlich nicht wirklich interessiert. Hier muss man nur wissen, dass eine Mangelbeseitigung natürlich so ausgeführt werden muss, damit sie geeignet ist, einen Mangel auch zu beseitigen. Dies ist selbstverständlich nicht der Fall, wenn der Mangel nicht in der Führung eines Rohres, sondern in seiner Dimensionierung besteht.

Von näherem Interesse sind hingegen die anderen beiden Beschlüsse, also der zur Entlastung der Verwaltung sowie der zur Verwaltung des Sondereigentums.

Entlastung der Verwaltung

Nach h. M. sind die Wohnungseigentümer befugt, der Verwaltung nach § 19 Abs. 1 WEG eine Entlastung zu erteilen. Der Beschluss nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG ist hingegen nicht so zu verstehen. Eine besondere Mehrheit ist für den Entlastungsbeschluss nicht erforderlich – auch dann nicht, wenn »aus guten Gründen« auf Ansprüche verzichtet wird. Ein Entlastungsbeschluss entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn keine Schadensersatzansprüche absehbar sind. Er widerspricht ihr hingegen, wenn gegen den Verwalter Ansprüche in Betracht kommen und kein Grund ersichtlich ist, auf diese Ansprüche zu verzichten.

Die Entlastung wird für Ansprüche der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer erteilt, nicht für Ansprüche der einzelnen Wohnungseigentümer. Eine Beschlusskompetenz, im Namen eines Wohnungseigentümers eine Entlastung zu erteilen und ihm damit individuelle Ersatzansprüche zu nehmen, besteht nicht. Dies gilt für Ansprüche in Bezug auf das Sondereigentum, aber auch für solche in Bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum. Die Entlastung ist der Sache nach ein negatives Schuldanerkenntnis. Dieses erfasst vor allem etwaige, nicht aus einer Straftat herrührende Ersatzansprüche der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegen den Verwalter aus den §§ 280, 812 ff., 823 ff. BGB, soweit sie den Wohnungseigentümern bekannt oder für sie bei sorgfältiger Prüfung der Vorlagen und Berichte erkennbar waren.

Gerichte und Schrifttum unterscheiden zum Teil, auf welche Art und Weise die Entlastung beschlossen wurde. Man meint, in der Regel betreffe eine gesondert beschlossene Entlastung die gesamte Tätigkeit des Verwalters, also nicht nur einzelne Tätigkeiten, in Bezug auf die gemeinschaftliche Verwaltung bis zur Beschlussfassung. Dem ist in dieser Art und Weise nicht zu folgen. Welche An[31]sprüche von einer Entlastung umfasst sein sollen, ist das Ergebnis des durch Auslegung zu ermittelnden Willens des Entlastenden.

Beschlusskompetenz zur Verwaltung des Sondereigentums

Die Wohnungseigentümer haben nach § 19 Abs. 1 WEG keine Beschlusskompetenz, Entscheidungen über die Verwaltung des Sondereigentums zu fällen. Tun sie es dennoch, überschreiten sie ihre Kompetenzen und der Beschluss ist nichtig.

Im Fall geht es allerdings nicht um die Verwaltung des Sondereigentums, sondern um die bloße Sammlung von Informationen. Die Wohnungseigentümer sollen gebeten werden, der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Mängel, für die wohl noch der Bauträger verantwortlich ist, zu benennen. Sollten die Wohnungseigentümer im Zusammenhang mit den Mängeln stehende Ansprüche der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer abtreten, könnte die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ihre Verhandlungsposition gegenüber dem Bauträger verbessern. Der Beschluss ist daher nicht nur nicht nichtig, sondern entspricht – anders als es das AG annimmt – ordnungsmäßiger Verwaltung.

1.3.1.3Vermietung

AG Essen, Urteil vom 9.12.2021, 196 C 73/21

Die Wohnungseigentümer haben keine Beschlusskompetenz, einen Zustimmungsvorbehalt für die Vermietung des Sondereigentums zu bestimmen.

Sachverhalt

Die Wohnungseigentümer beschließen, bei einer Neuvermietung solle »ein Zustimmungsvorbehalt der Eigentümergemeinschaft« gelten. Der vermietende Eigentümer habe die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer außerdem »über den Namen, Beruf, Familienstand und Wohnanschrift des Mietinteressenten sowie die Zahl der einziehenden Personen vor Vermietung zu informieren«. Damit soll sichergestellt werden, dass keine Personen in die Gemeinschaft aufgenommen werden, die von den anderen Eigentümern aus berechtigten Gründen nicht akzeptiert würden. Der Verwalter hat die Zustimmung unter Beachtung der Eigentümerrückmeldungen schriftlich auszusprechen oder zu versagen.

Gegen diesen Beschluss geht Wohnungseigentümer K vor. Er hält ihn nicht für ordnungsmäßig.

Entscheidung

K hat Erfolg: Der Beschluss ist nach Auffassung des AG in Ermangelung einer Beschlusskompetenz nichtig. Gem. § 13 Abs. 1 WEG dürfe jeder Wohnungseigentümer, [32]soweit nicht das Gesetz entgegenstehe, mit seinem Sondereigentum nach Belieben verfahren, insbesondere dieses bewohnen, vermieten, verpachten oder in sonstiger Weise nutzen, und andere von Einwirkungen ausschließen.

Ein Wohnungseigentümer benötige keine Zustimmung des Verwalters, bevor er sein Wohnungseigentum vermiete. Es sei zwar allgemein anerkannt, dass die Wohnungseigentümer die Vermietung/Verpachtung von der Zustimmung eines Dritten entsprechend § 12 WEG abhängig machen könnten. Allerdings könne das Recht auf Vermietung des Sondereigentums nur durch die Gemeinschaftsordnung, d. h. eine Vereinbarung, eingeschränkt werden (Hinweis auf OLG Frankfurt a. M., Beschluss v. 15.6.2005, 20 W 63/05). Ein Beschluss, der eine Vermietung und/oder Verpachtung untersage oder wesentlich einschränke, wie das hier der Fall sei, sei hingegen nichtig (Hinweis auf Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 13 Rn. 28).

Da auch ein nichtiger Beschluss angefochten werden könne und auf denselben Lebenssachverhalt gestützte Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe nach h. M. insoweit keine unterschiedlichen Streitgegenstände beträfen, weil Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage materiell dasselbe Ziel verfolgten und einen einheitlichen Streitgegenstand hätten, nämlich die Vernichtung eines konkreten Beschlusses, habe das Gericht auch ohne entsprechenden Antrag die Nichtigkeit des angefochtenen Beschlusses festzustellen.

Hinweis für die Verwaltungspraxis

Nach § 13 Abs. 1 WEG kann jeder Wohnungseigentümer mit den in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nach Belieben verfahren, insbesondere diese vermieten. Die Wohnungseigentümer können dieses Recht einschränken. Sie können z. B. das Recht zur Vermietung des Sondereigentums eines Wohnungs- oder Teileigentums im Wege einer Vereinbarung untersagen (absolutes Vermietungsverbot) und/oder einschränken (relatives Vermietungsverbot). Ein relatives Vermietungsverbot liegt beispielsweise in der Vereinbarung, dass eine Vermietung nur mit Zustimmung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder des Verwalters erlaubt sein soll (Zustimmungsvorbehalt). In der Entscheidung stellt sich die Frage, ob man einen solchen Zustimmungsvorbehalt auch beschließen kann.

Beschlusskompetenz

Die Wohnungseigentümer können über einen Gegenstand beschließen, wenn ihnen das Gesetz oder eine Vereinbarung eine Beschlusskompetenz einräumt. Im Fall scheint es keine Vereinbarung gegeben zu haben (das wäre eine Öffnungsklausel i. S. v. § 23 Abs. 1 Satz 1 WEG).

[33]Also kommt es auf das Gesetz an. Das räumt den Wohnungseigentümern für einen Zustimmungsvorbehalt aber keine Beschlusskompetenz ein. Man könnte zwar argumentieren, dass es sich um einen Beschluss nach § 19 Abs. 1 WEG handele. Soweit die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und die Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums nicht durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer geregelt sind, können danach die Wohnungseigentümer eine ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung beschließen. Grenzen nennt die Norm nicht. Dennoch sind sich alle, die sich in der Literatur dazu äußern, – bislang – einig, dass § 19 Abs. 1 WEG enger als sein Wortlaut zu verstehen ist. Warum, ist allerdings nicht ganz deutlich.

Streitgegenstand

Das AG meint, Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe beträfen keine unterschiedlichen Streitgegenstände. Dieses Denken entspricht der h. M., ist aber nicht unumstritten. Einigkeit besteht darin, dass der Streitgegenstand durch den (Wider-)Klageantrag bestimmt wird, in dem sich die vom Kläger geltend gemachte Rechtsfolge konkretisiert, und durch den Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet. Streitig ist aber, was als »Lebenssachverhalt« anzusehen ist. Nach hier vertretener Ansicht ist der Lebenssachverhalt der Beschlussklagen der Weg, der zu einem Beschluss führt, nicht aber der Mangel, der dem Beschluss anhaftet. Nach einer neuen Ansicht wird der Lebenssachverhalt durch den konkreten Beschlussmangel bestimmt (Lehmann-Richter/Jacoby ZMR 2021, S. 273, 274).

1.3.1.4Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums

LG Lüneburg, Urteil vom 30.6.2020, 3 S 59/19

Es besteht keine Beschlusskompetenz, den Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums vollständig zu untersagen.

Sachverhalt

Die Wohnungseigentümer bestimmen durch Beschluss, dass der individuelle Gebrauch der Gemeinschaftsflächen bis zum Beschluss einer Gebrauchs- und Nutzungsordnung grundsätzlich untersagt sein soll. Zulässige legitime Nutzungen sind mindestens zwei Tage vorab anzumelden. Gegen diesen Beschluss geht Wohnungseigentümer K vor.

Entscheidung

K hat Erfolg: Der Beschluss sei in Ermangelung einer Beschlusskompetenz nichtig. Der angefochtene Beschluss enthalte nicht nur eine Benutzungsregelung. Eine Benutzungsregelung läge nur vor, wenn ein Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums [34]durch die Wohnungseigentümer überhaupt vorgesehen wäre. Dies sei nicht der Fall, weil nach dem Beschluss der individuelle Gebrauch der Gemeinschaftsflächen insgesamt untersagt werde und damit Gegenstand des Beschlusses ein Ausschluss des Mitgebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums sei.

Hieran ändere auch der Umstand nichts, dass der Ausschluss des Mitgebrauchs mit einer Art Öffnungsklausel versehen sei. Abgesehen davon, dass schon unklar sei, bei wem die Nutzung vorher angemeldet werden solle, und abgesehen davon, dass die Regelung ersichtlich unpraktikabel sei, wenn jeder einzelne Wohnungseigentümer eine von ihm beabsichtigte Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums, zu dem auch Zufahrt, Zuwege, Treppenhaus oder der Abstellplatz der Mülltonnen zählten, zwei Tage vorher anmelden solle, ändere dies nichts daran, dass der Beschluss einen Nutzungsausschluss bzw. eine unter Vorbehalt gestellte Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums enthalte. Für so einen Beschluss gebe es keine Beschlusskompetenz. Der Umstand, dass der Beschluss nur vorläufigen Charakter haben solle, weil er nur »bis zum Beschluss einer Gebrauchs- und Nutzungsordnung« gelte, ändere daran nichts.

Hinweis für die Verwaltungspraxis

Ein Benutzungsbeschluss kann eine nach §§ 13 Abs. 1, 16 Abs. 1 Satz 3 WEG i. V. m. §§ 903, 1004 BGB grundsätzlich erlaubte Benutzung jederzeit einschränken, konkretisieren oder ändern. Ein möglicher Benutzungsbeschluss ist daher beispielsweise die Bestimmung, den Gebrauch eines im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Raums oder einer Fläche zu ändern, z. B. die Umwidmung eines allen Wohnungseigentümern für allgemeine Zwecke dienenden Raums in ein Archiv oder die Bestimmung, einen Stellplatz künftig als Grillplatz zu gebrauchen. Denn in diesen Fällen besteht jeweils weiterhin eine Gebrauchsmöglichkeit, wenn auch eine geänderte.

Ein Benutzungsbeschluss darf eine vom Gesetz oder einer Vereinbarung erlaubte Benutzung hingegen nicht vollständig verbieten bzw. ausschließen oder eine Benutzung erlauben, die von Gesetzes wegen oder aufgrund einer Vereinbarung verboten ist. Eine solche Bestimmung änderte der Sache nach das Gesetz und/oder die Vereinbarung ab und wäre in Ermangelung einer Beschlusskompetenz nichtig. Eine Benutzungsbestimmung durch Benutzungsbeschluss setzt also stets den Mitgebrauch weiterhin voraus.

1.3.2Bestimmtheit

LG Berlin, Urteil vom 19.3.2021, 85 S 30/20 WEG

Soll ein bestimmter Vertrag gekündigt werden, darf es im Beschluss nicht heißen, es seien mehrere Verträge zu kündigen – auch dann, wenn es tatsächlich nur einen Vertrag gibt.

[35]Sachverhalt

Die Wohnungseigentümer beschließen, »alle mit der S-GmbH abgeschlossenen Verträge zu kündigen und die S-GmbH als Verwalterin abzuberufen«. Fraglich ist, ob nur ein Baubetreuungsvertrag gekündigt wurde. Die Wohnungseigentümer sehen es so, da es zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und der S-GmbH keine anderen Verträge gebe.

Entscheidung

Das LG sieht das anders: Es hält den Beschluss für zu unbestimmt. Lese ein Dritter den Beschluss, so müsse er zu der Einsicht gelangen, dass mehrere Verträge gekündigt worden seien. Dass es nur einen Vertrag gibt, könne man nur anhand aller seit der Teilungserklärung im Jahre 1999 geschlossenen Verträge ermitteln, da die Beschluss-Sammlung nicht vollständig sein müsse und im Fall auch nicht sein könne.

Hinweis für die Verwaltungspraxis

Im besprochenen Fall geht es um das Standardproblem, dass ein Beschluss »bestimmt« sein muss. Die Frage wird anhand eines in Bezug auf Verträge mehrdeutigen Beschlusses aufgeworfen.

Grundsatz der Bestimmtheit

Beschlüsse müssen »bestimmt« genug formuliert sein. Dies ist der Fall, wenn ein Beschluss aus sich heraus genau, klar, eindeutig und widerspruchsfrei erkennen lässt, was gilt. Einem Beschluss fehlt hingegen Bestimmtheit, wenn er keine sinnvolle, in sich geschlossene und verständliche Regelung enthält. Damit ein Beschluss »bestimmt« ist, muss er so ausführlich wie nötig beschreiben, was gelten soll. Er muss – gegebenenfalls durch Verweisung – sein Regelungsproblem (den Anlass seiner Entstehung) vollständig lösen. Außerdem muss er so formuliert werden, dass er in sich nicht widersprüchlich ist. Lässt sich ein Gegenstand im Beschlusstext selbst nur schlecht oder gar nicht oder nur ungenau oder nur widersprüchlich darstellen, bedarf es für eine Herstellung von Bestimmtheit in der Regel einer Beschlussanlage. Ein Beschlusstext kann auch aus diesem Grund selbst kurz sein und zur näheren Erläuterung auf eine Anlage Bezug nehmen. Eine solche Beschlussanlage kann z. B. ein Gutachten, ein Bild, eine Zeichnung, eine Baubeschreibung, ein Leistungsverzeichnis, ein Bauplan, eine Skizze etc. sein.

Im Fall wendet das LG den Grundsatz der Bestimmtheit meines Erachtens zu eng an. Gibt es nur einen Vertrag, kann für niemanden ein Zweifel bestehen, auch wenn es im Beschlusstext »alle« heißt. »Alle« ist eben auch ein Vertrag.

[36]Teilunwirksamkeit nach § 139 BGB

Die Wohnungseigentümer wollen im Zweifel keine rechtswidrigen Beschlüsse fassen. Diese Auslegungsregel gilt aber nur bei Zweifeln. Sollte sich ein Beschluss nach seinem eindeutigen Inhalt teilweise als rechtswidrig erweisen, entscheidet sich nach den Vorgaben von § 139 BGB, ob er im Übrigen aufrechterhalten werden kann. Nach dieser Vorgabe ist es meines Erachtens schwer vertretbar, auch die Abberufung für unwirksam zu halten.

1.3.3Beschluss außerhalb einer Versammlung

1.3.3.1Grundsätze

LG Bremen, Urteil vom 2.10.2020, 4 S 188/19

Stimmen nicht alle Wohnungseigentümer einem Beschluss außerhalb der Versammlung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 WEG zu, handelt es sich um einen wirkungslosen Nichtbeschluss.

Sachverhalt

Am 28.9.2016 genehmigen die Wohnungseigentümer nach § 28 Abs. 5 WEG a. F. den Einzelwirtschaftsplan der Teileigentümerin B für das Jahr 2017. Danach schuldet B monatlich 601 EUR. Da B zu dieser Versammlung versehentlich aber nicht geladen worden war und außerdem gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit verstoßen wurde, initiiert der Verwalter einen Beschluss außerhalb der Versammlung. Dort genehmigen die Wohnungseigentümer nochmals den Einzelwirtschaftsplan. Mindestens ein Wohnungseigentümer stimmt dem Beschluss allerdings nicht zu. B meint, für das Jahr 2017 kein Hausgeld zu schulden, da der Beschluss außerhalb der Versammlung nicht einstimmig gefasst worden sei. Ferner sei mittlerweile Abrechnungsreife eingetreten. Das AG gibt B Recht. Das Gericht könne dem wechselseitigen Vortrag schon nicht zweifelsfrei entnehmen, ob der Verwalter den Beschluss festgestellt und verkündet habe. Jedenfalls sei der Beschluss nicht zustande gekommen, da ihm nicht alle Wohnungseigentümer zugestimmt hätten.

Entscheidung

Das LG sieht es nicht anders: Nach einer Ansicht sei ein solcher Beschluss zwar nur anfechtbar (Hinweis u. a. auf LG Hamburg, Urteil v. 12.7.2017, 318 S 31/16, ZWE 2018 S. 28). Dem sei aber nicht zu folgen. Die Allstimmigkeit sei eine zwingende Voraussetzung für einen Beschluss außerhalb der Versammlung. Daher erscheine die Gleichstellung des Falles, in dem die Allstimmigkeit verfehlt werde, mit dem Fall, dass in einer Versammlung überhaupt keine Abstimmung stattfinde, zutreffend. Für sich betrachtet seien nämlich sowohl das Erreichen der Allstimmigkeit als auch die Feststellung und [37]Verkündung des Beschlussergebnisses lediglich notwendige, nicht aber hinreichende Bedingungen der Beschlussfassung.

Im Ergebnis seien Beschlüsse, die außerhalb der Versammlung ohne Zustimmung aller Eigentümer gefasst würden, als Nichtbeschlüsse anzusehen, da die Mindestanforderungen an die Willensbildung der Eigentümer nicht gewahrt seien. Ferner liege ein »Nicht-Beschluss« vor, weil es an der konstitutiven Feststellung und Verkündung des Beschlussergebnisses fehle. Wegen der konstitutiven Wirkung der Verkündung komme auch im schriftlichen Verfahren ein Beschluss erst mit der Feststellung und einer an alle Wohnungseigentümer gerichteten Mitteilung des Beschlussergebnisses zustande (Hinweis u. a. auf BGH, Beschluss v. 23.8.2001, V ZB 10/01, NJW 2001, S. 3339).

Da es nur um eine entsprechende Anwendung der Regeln zur Beschlussfeststellung und -bekanntgabe in der Versammlung gehen könne, sei dies nicht i. S. d. Zugangs der Mitteilung bei jedem einzelnen Eigentümer zu verstehen. Es genüge jede Form der Unterrichtung (beispielsweise durch einen Aushang oder ein Rundschreiben), die den internen Geschäftsbereich des Feststellenden verlassen habe und bei der den gewöhnlichen Umständen nach mit einer Kenntnisnahme durch die Wohnungseigentümer gerechnet werden könne. Selbst eine solche Bekanntmachung liege aber nicht vor.

Hinweis für die Verwaltungspraxis

Auch ohne Versammlung ist ein Beschluss nach § 23 Abs. 3 Satz 1 WEG gültig, wenn alle Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zu einem Beschlussantrag in Textform erklären. Gegenstand des Beschlusses kann jede Maßnahme sein, für die es eine Beschlusskompetenz gibt. Die Zustimmung muss dem Beschluss selbst, aber auch der Verfahrensweise gelten. Nicht ausreichend ist es also, dass zwar sämtliche Wohnungseigentümer dem Verfahren als solches zustimmen, der Beschlussantrag aber nur mehrheitlich angenommen wird. Verfehlt ein Beschlussantrag die Zustimmung aller Stimmberechtigten, ist zu verkünden, dass ein Beschluss nicht zustande gekommen ist. Verzählt sich der Initiator oder bewertet er Stimmen falsch und stellt er einen positiven Beschluss fest und verkündet ihn, ist streitig, was gilt. Das LG meint, es handele sich um einen Nichtbeschluss. Im aktuellen Recht ist aber wohl das Gegenteil richtig.

Initiative

Ein Beschluss außerhalb der Versammlung setzt eine Initiative und damit das Bewusstsein der Wohnungseigentümer voraus, einen verbindlichen Beschluss zu fassen. Die Initiative kann von jedem Wohnungseigentümer, aber auch vom Verwalter und sogar von jedem beliebigen Dritten ausgehen. Die Initiative muss [38]unmissverständlich sein. Notwendig, aber auch ausreichend ist dazu, dass jedem Stimmberechtigten erkennbar und klar ist, dass seine Äußerung zu einer Entscheidung gefragt ist und nicht lediglich eine unverbindliche Meinungsäußerung herbeigeführt werden soll. Einem Beschluss außerhalb der Versammlung müssen sämtliche Wohnungseigentümer zustimmen, mithin auch die Wohnungseigentümer, die in der Versammlung vom Stimmrecht ausgeschlossen wären. Haben die Wohnungseigentümer indessen vereinbart, dass für bestimmte Angelegenheiten nur ein Teil von ihnen stimmberechtigt ist, ist es für einen schriftlichen Beschluss notwendig, aber auch ausreichend, wenn nur die durch die Vereinbarung Bestimmten mit »Ja« stimmen.

Beschlussantrag vorformulieren und zur Abstimmung stellen

Damit ein Beschluss außerhalb der Versammlung entsteht, muss der Initiator einen Beschlussantrag vorformulieren und zur Abstimmung stellen. Die Abstimmung kann in der Weise geschehen, dass jeder Wohnungseigentümer auf einem gesonderten Blatt dem Beschlussantrag zustimmt. Vorstellbar ist aber auch, dass sämtliche Wohnungseigentümer ihre »Zustimmung« auf ein und demselben Blatt erklären, dieses also unterschreiben, und das von allen Wohnungseigentümern unterzeichnete Blatt im Umlaufverfahren als Zirkularbeschluss dem Initiator wieder zugeht; die Verfahren lassen sich auch kombinieren. Der Initiator muss den Abstimmenden für die Antwort eine Frist setzen. Gehen Zustimmungen zu spät und nach Ablauf der Frist ein, sind sie nicht zu berücksichtigen. Der Initiator kann das Verfahren aber neu beginnen, wenn absehbar ist, dass bei einer erneuten Fristsetzung alle Wohnungseigentümer mit Ja stimmen werden. Ein Beschluss außerhalb der Versammlung kommt dann mit seiner Feststellung und einer an alle Wohnungseigentümer gerichteten Mitteilung des Beschlussergebnisses (Verkündung) zustande. Die Feststellung darf nicht unter einer Bedingung stehen. Die Anforderungen »Feststellung« und »Verkündung« sind insoweit wie in der Versammlung der Eigentümer zu verstehen. Im Fall hat der Verwalter diese Grundsätze nicht beachtet.

1.3.3.2Absenkungsbeschluss

AG Essen, Urteil v. 2.11.2021, 196 C 50/21

Ein Beschluss nach § 23 Abs. 3 Satz 2 WEG muss erkennen lassen, für welche Gegenstände die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügen soll.

Sachverhalt

Die Wohnungseigentümer beschließen am 12.1.2021 zu einem TOP 1 wie folgt:

»Die Eigentümerversammlung beschließt – unter Vorbehalt der positiven Prüfung – dass an allen Einheiten Balkone Richtung Hinterhof angebaut werden. Im Rahmen [39]der Dachsanierung soll geprüft werden, ob Balkone angebaut werden können. Soweit ein Anbau von Balkonen möglich ist und eine entsprechende Baugenehmigung hinreichend wahrscheinlich ist, sollen konkrete Angebote und Fördermöglichkeiten eingeholt werden. Die Angebotsauswahl, das weitere Vorgehen, die Einschaltung von Beratern sowie die Erhebung eines Regieaufwands der Hausverwaltung und eine mögliche Sonderumlage kann per Umlaufverfahren beschlossen werden. Hierfür gilt Stimmmehrheit nach § 23 Abs. 3 Satz 2 WEG.«

Zu TOP 2 beschließen sie ferner, dass »finale Beschlüsse im Rahmen der Angebotsauswahl für die Modernisierung der Stromzähler, vgl. TOP 10 ETV vom 5.10.2020, über Mehrheitsbeschluss im Umlaufverfahren nach § 23 Abs. 3 Satz 2 WEG gefasst werden können«.

Im März 2021 initiiert der Verwalter auf diesen zwei Grundlagen Beschlüsse außerhalb der Versammlung, die jeweils eine Mehrheit finden. Er verkündet im Anschluss folgende Entscheidungen:

Zu TOP 1.1 An die Einheiten Nr. 3, Nr. 4 und Nr. 5 werden Balkone (ca. 5 m2) angebaut. Für die Einheiten Nr. 1 und Nr. 2 wird ein Sondernutzungsrecht für entsprechend große Abschnitte im Gemeinschaftsgarten zur separaten Terrassennutzung (ca. 8 m2) eingeräumt.

Zu TOP 2.1 Im Rahmen der Modernisierung der Stromzähler wird der Sicherungskasten der Einheit Nr. 1 innerhalb des Sondereigentums verlegt. Da es sich hierbei um Sondereigentum handelt, sind die Kosten durch Wohnungseigentümerin K zu tragen.

Zu TOP 2.2 Wohnungseigentümer X wird aufgrund seiner fachlichen Kenntnisse sowie freiberuflichen Tätigkeit als Ingenieur mit der baubegleitenden Qualitätssicherung beauftragt. Für die Tätigkeiten erhält er eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 555 EUR (5 Prozent der veranschlagten Aufwendungen).

Gegen diese drei Beschlüsse wendet sich Wohnungseigentümerin K. Sie meint vor allem, dass alle Wohnungseigentümer den Beschlüssen hätten zustimmen müssen.

Entscheidung

Teilweise hat K Erfolg: Der Beschluss zu TOP 2.1 habe nicht mehrheitlich gefasst werden können. Denn der Beschluss nach § 23 Abs. 3 Satz 2 WEG habe es nur erlaubt, ein Angebot auszusuchen. Auch der Beschluss zu TOP 1.1 habe nicht mehrheitlich gefasst werden können. Er befasse sich mit einer Abänderung der Balkonanzahl und gehe damit über den Beschluss vom 12. Januar 2021 hinaus. Der Beschluss zu TOP 2.2 sei hingegen nicht zu beanstanden. Der Beschluss vom 12. Januar 2021 habe die Auswahl des Miteigentümers Z als Baubegleiter eingeschlossen.

[40]Hinweis für die Verwaltungspraxis

Die Wohnungseigentümer können einen Beschluss in der Versammlung fassen. Sie können einen Beschluss aber auch außerhalb der Versammlung fassen. Gleichsam ein »Zwitter« ist ein Beschluss außerhalb der Versammlung, dem aber nur die Mehrheit der Wohnungseigentümer zustimmen muss. Denn er ist in der Regel erst möglich, nachdem die Wohnungseigentümer dazu in einer Versammlung die Grundlagen gelegt haben.

§ 23 Abs. 3 Satz 2 WEG

Die Wohnungseigentümer können beschließen, dass für einen einzelnen Gegenstand die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügt.

Möglichkeiten der Beschlussfassung

Angelegenheiten, über welche die Wohnungseigentümer nach dem WEG oder nach einer Vereinbarung durch Beschluss entscheiden können, werden gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 WEG durch Beschlussfassung in einer Versammlung der Wohnungseigentümer geordnet (Versammlungsbeschluss). Daneben besteht die Möglichkeit, nach § 23 Abs. 3 Satz 1 WEG einen Beschluss zu fassen (Beschluss außerhalb der Versammlung).