Wega 4: Feind der Harthäuter - Madeleine Puljic - E-Book

Wega 4: Feind der Harthäuter E-Book

Madeleine Puljic

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Beschreibung

Seit mehr als dreieinhalb Jahrtausenden bereisen die Menschen den Weltraum und erforschen die Wunder des Universums. Sie sind faszinierenden Fremdvölkern begegnet, haben zahlreiche Welten besiedelt und kosmische Geschichte gestaltet. Als die Raumfahrer einst zu den Sternen aufbrachen, war die Wega ihr erstes Ziel. Im Jahr 2059 Neuer Galaktischer Zeitrechnung kehrt Perry Rhodan dorthin zurück, wo er den Schlüssel zur Unsterblichkeit entdeckt hat. Er gerät mitten in einen Krisenherd. Eine unbekannte Macht riegelt das System von der Außenwelt ab. Um die Gegner abzuwehren, müssen Rhodan und seine Gefährten einem neuen Galaktischen Rätsel nachspüren. Dabei werden Reginald Bull und der Mausbiber Gucky, seine beiden alten Freunde, auf eine fremde Welt versetzt. Völlig unbekannt ist dieser Planet allerdings nicht, wie Gucky schnell feststellt. Das weckt traumatische Erinnerungen in ihm – er findet jedoch Hilfe bei einem FEIND DER HARTHÄUTER ...

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Nr. 4

Feind der Harthäuter

Ein Terraner und ein Ilt auf der Suche – sie finden eine unerwartete Verbündete

Madeleine Puljic

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1. Mink

2. Reginald Bull

3. Gucky

4. Mink

5. Gucky

6. Reginald Bull

7. Gucky

8. Reginald Bull

9. Mink

10. Gucky

11. Reginald Bull

12. Gucky

13. Reginald Bull

14. Gucky

15. Taru-215.

16. Reginald Bull

17. Gucky

18. Mink

19. Gucky

20. Reginald Bull

21. Gucky

22.

23. Gucky

Impressum

Seit mehr als dreieinhalb Jahrtausenden bereisen die Menschen den Weltraum und erforschen die Wunder des Universums. Sie sind faszinierenden Fremdvölkern begegnet, haben zahlreiche Welten besiedelt und kosmische Geschichte gestaltet.

Als die Raumfahrer einst zu den Sternen aufbrachen, war die Wega ihr erstes Ziel. Im Jahr 2059 Neuer Galaktischer Zeitrechnung kehrt Perry Rhodan dorthin zurück, wo er den Schlüssel zur Unsterblichkeit entdeckt hat.

Er gerät mitten in einen Krisenherd. Eine unbekannte Macht riegelt das System von der Außenwelt ab. Um die Gegner abzuwehren, müssen Rhodan und seine Gefährten einem neuen Galaktischen Rätsel nachspüren.

Dabei werden Reginald Bull und der Mausbiber Gucky, seine beiden alten Freunde, auf eine fremde Welt versetzt. Völlig unbekannt ist dieser Planet allerdings nicht, wie Gucky schnell feststellt. Das weckt traumatische Erinnerungen in ihm – er findet jedoch Hilfe bei einem FEIND DER HARTHÄUTER ...

Die Hauptpersonen des Romans

Reginald Bull – Perry Rhodans Freund betätigt sich als Robotik-Ingenieur.

Gucky – Der Mausbiber hofft auf eine einzigartige Chance.

Mink – Die Raubkatze will den Tod ihres Jungen rächen.

Genu-8

1.

Mink

Ende der Kaltzeit, Tag

Mink reckte die Nase in den trockenen Wind und schnupperte. Steine, Staub und totes Gras. Und dazwischen, weit entfernt – Leben. Ein Tier, das feuchte Wärme ausatmete, die in der Kälte der Wüste unverkennbar war. Beute.

Gierig leckte sich Mink über die Lefzen. Zu lange schon ernährte sie sich von gepanzerten Kneifwürmern, die sie aus der steinigen Erde grub. Sie waren zäh und brannten ihr im Maul, aber Mink hatte keine Wahl. Die Kaltzeit währte bereits ungewöhnlich lange, und ihr Territorium lag zu weit im Süden. Beute war rar.

Mink hungerte, und ihr Wurf mit ihr. Ihre Milch war versiegt, die Zitzen wund von den Zähnen ihrer Jungen. Das Kleinste hatte sie vor einigen Nächten verloren. Die anderen waren bald darauf gefolgt, eins nach dem anderen. Nur Fauk war ihr geblieben – ihr Kräftigster.

Sie musste fressen, musste sich stärken. Für ihr letztes Junges.

Mink huschte über das Geröll, das dichte Fell zwischen ihren Zehenpolstern schluckte jedes Geräusch ihrer Pfoten. Sie blähte die Nasenflügel, suchte den Geruch ihrer Beute. Schweiß, Fäkalien, Blut ... Sie stieß ein leises Knurren aus. War etwas in ihr Territorium eingedrungen? Machte ihr ein anderer das karge Wild streitig?

Instinktiv plusterte sie ihr Fell auf, sodass das dunkle Unterfell hervortrat und ihrem Tagfell das Leuchten nahm, das das rote Sonnenlicht reflektierte. Ihre Ohren zuckten in die Richtung, aus der die Spur zu ihr wehte. Ein Schnauben und Keuchen war zu hören, trieb ihr den Hunger in die Eingeweide. Mink duckte sich tiefer, bis ihr schuppiger Bauch fast schon über das Geröll schabte und sie mit dem rotbraunen Boden verschwamm. Sie schlich näher.

Als sie den Fuß einer flachen Anhöhe erreichte, wurde der Blutgeruch stärker. Mink öffnete das Maul, atmete tief ein und schnupperte erneut. Sie suchte nach der scharfen Ausdünstung eines Raubtiers, fand jedoch nichts. Das verwundete Tier war ein Pflanzenfresser. Keine Bedrohung. Fressen!

Sie gab ihre Deckung auf. Nur ihr aufgeplustertes Fell schützte sie noch davor, entdeckt zu werden – das und ihre Geschwindigkeit. Mit kräftigen Schritten rannte sie voran, folgte dem Geruch nach Blut. Ihre Pfoten griffen weit aus, die Krallen gruben sich in den Boden. Der Kies raschelte unter ihren Zehen, doch das war ihr egal. Ausgehungert oder nicht, Mink war eine Jägerin, kräftig und schnell – und das Tier, das sie witterte, war verletzt. Endlich würde sie fressen.

In vollem Lauf eilte sie den flachen Hang hinauf, hinter dem sie ihr Futter riechen, hören, fast schon schmecken konnte. Zartes, nährendes Fleisch, gefüllt mit warmem Blut, an dem Mink ihren Durst löschen würde.

Von der Hügelkuppe aus erspähte sie ihr Ziel endlich: ein Grasfresser, kaum so groß wie eins von Minks Jungtieren. Eine nur karge Mahlzeit. Das Beutetier lag auf der Seite, sein Fell rötlich und fast so ausgeblichen wie der Untergrund. Schaum stand vor dem weit aufgerissenen Maul, das nach Luft keuchte. Blut quoll aus einer großflächigen Wunde am Bauch und versickerte im Sand.

Mink zögerte. Ihre Erfahrung mahnte sie, dass etwas diese Verletzung verursacht haben musste.

Vorsichtig umkreiste sie das wunde Beutetier, ihr Schweif peitschte unentschlossen hin und her. Doch sosehr sie lauschte und schnupperte, sie nahm nichts wahr, war ihr gefährlich werden konnte.

Inzwischen hatte der Grasfresser sie entdeckt. Er hob den Kopf und stieß ein panisches Röhren aus, versuchte auf die dünnen Beine zu kommen.

Mink konnte sich nicht länger zurückhalten. Sie sprang vor, drückte das Tier mit ihren Klauen zu Boden und grub die Zähne in den Hals des Grasfressers. Sie tötete ihn mit einem einzigen, kräftigen Biss. Knochen knackten, das Röhren verstummte. Blut quoll Mink in den Rachen. Gierig schluckte sie das heiße Nass, grub die Schnauze tiefer in das warme Fleisch.

Das war der Moment, in dem der Boden unter ihren Pfoten nachgab. Mit einem erschrockenen Fauchen sprang Mink beiseite. Zu spät.

Der Kopf eines Steinkriechers schoss neben ihr aus dem Boden, sein Unterkiefer beinahe so lang wie Minks Schweif. Er schnappte zu.

Mink kreischte, als die Zähne der Echse sich in ihren Hinterlauf bohrten. Sie warf sich herum und schlug mit ausgefahrenen Krallen nach den Augen ihres Gegners. Der ließ jedoch nicht locker, im Gegenteil. Den Körper noch halb im Geröll verborgen, begann er eine tödliche Drehung. Er rollte herum, zog Mink dabei mit sich. Sie schlug, kratzte und strampelte, doch der Biss ihres Jägers war unerbittlich. Voller Verzweiflung hieb Mink ihre Krallen in den schuppigen Leib und versuchte ihrerseits, den Gegner zu verwunden, der sie unter den steinigen Boden zerren wollte.

Endlich fanden ihre Klauen Halt an der zähen Haut des Echsenbauchs. Sie zog sich heran und ignorierte die Schmerzen, die sich dadurch in ihrem Hinterlauf verstärkten. Sie biss in das bittere Fleisch. Die Echse zischte und schnarrte. Dabei lockerte sich der Druck ihres Kiefers.

Rasch zog Mink ihr Bein aus dem Maul des Steinkriechers und sprang zurück. Schon nach dem ersten Schritt gab ihr verletzter Lauf nach. Sie knurrte vor Schmerz. Aber das war es nicht, was sie zurückhielt.

Neben dem bedrohlich aufgesperrten Echsenmaul lag immer noch der Grasfresser. Ihre Beute.

Der Steinkriecher sank ein Stück weit in seine sandige Behausung zurück. Seine Art war plump und auf Angriffe aus dem Hinterhalt angewiesen. Normalerweise hätte er sich bestimmt schon wieder im Sand vergraben, doch Minks Zögern hielt ihn zurück. Er musterte sie aus kalten, lidlosen Stielaugen und lauerte, bereit, jederzeit wieder zuzupacken, sollte sie sich noch einmal in seine Nähe wagen.

Unruhig zuckte Mink mit dem Schweif. Sie brauchte das Futter. Nicht nur für sich, sondern vor allem für ihr Junges. Fauk war kräftig. Vielleicht kräftig genug, um bereits selbst Fleisch zu fressen.

Mink bleckte die Zähne und stieß ein warnendes Fauchen aus. Den Rücken zu einem Buckel gewölbt, hinkte sie auf den Steinkriecher zu. Die Echse schnappte in ihre Richtung. Aber sie wich zurück.

Unter Fauchen und Knurren näherte sich Mink ihrer Beute. Der Steinkriecher ließ sie keinen Moment aus den Augen. Sein weit aufgesperrtes Maul voller stumpfer, schmutziger Zähne folgte ihr unerbittlich. Nur noch drei Schritte trennten sie von dem toten Grasfresser.

Ohne Vorwarnung preschte Mink voran, schlug mit der Pfote nach der Beute und schleuderte sie so aus der Reichweite der Echse. In derselben Bewegung wirbelte sie herum und stieß sich empor.

Die mächtigen Kiefer des Steinbeißers schnappten zu, genau dort, wo eben noch ihr Kopf gewesen war.

Mit weit ausgreifenden Sprüngen brachte sich Mink in Sicherheit. Im Laufen packte sie den Kadaver des Grasfressers und rannte den Hügel hinab.

Ihr Atem ging keuchend. Jeder Schritt sandte einen Sturm aus Schmerzen durch ihr Hinterbein. Aber sie hatte den Steinkriecher besiegt. Sie hatte Beute! Fauk würde nicht hungern.

*

Es kostete Mink große Überwindung, das Fleisch in ihrem Maul nicht selbst hinunterzuschlingen. Der Körper des Grasfressers war längst erkaltet, ihr Bauch krampfte vor Hunger. Aber sie übte sich in Geduld. Erst musste ihr Junges fressen. Danach konnte sie erneut auf die Jagd gehen.

Aber der Weg zurück zu ihrer Wurfhöhle war weit, und Minks Hinterlauf pochte vor Schmerzen. Sie konnte das Bein kaum belasten.

Endlich tauchte die kantige Felsformation auf, an deren Unterseite sie ihre Höhle gegraben hatte. Mit einem erleichterten Grunzen rutschte sie den steinigen Hang hinab. Ohne ihre Beute fallen zu lassen, stieß sie das kehlige Maunzen aus, mit dem sie ihren Jungen wissen ließ, dass ihm keine Gefahr drohte. Sie erhielt keine Antwort.

Ihre Schritte wurden zögerlich. Sie öffnete das Maul, ließ das Futter fallen und rief erneut nach Fauk. Ihre Ohren zuckten im Wind, doch sie fanden nur Stille. War er zu schwach, um ihr zu antworten?

So schnell es ihre Verletzung erlaubte, lief Mink zur Höhle. Das kleine, graue Bündel unweit des Eingangs hätte sie beinahe übersehen.

Fauk!

Abrupt blieb sie stehen. Wieso lag er außerhalb der Sicherheit ihres Unterschlupfs? Hatte er nach Wärme gesucht? Sein Tagfell war noch nicht ausgeprägt genug, um das Sonnenlicht einzufangen.

Und warum rührte er sich nicht? Zögernd trat sie näher, ihre Nasenflügel blähten sich auf, suchten nach dem vertrauten Geruch ihres Jungen. Sie fand ihn ... und noch etwas anderes. Etwas Fremdes.

Minks Fell sträubte sich. Sie schlich näher. Fauk rührte sich nicht. Vorsichtig stupste sie ihn mit der Schnauze an. Sein kleiner Körper war steif. Mink stieß ein verzweifeltes Jaulen aus. Sie legte sich zu ihrem Jungen, drückte ihren Leib wärmend an den ihres Sohns, leckte über sein dunkles Nachtfell.

Sie hatte ihm doch Futter gebracht!

Wieder glitt ihre gespaltene Zunge über sein Fell, wie sie es auch getan hatte, als er nach der Geburt neben ihr gelegen hatte, nass und blind. Doch diesmal öffnete er nicht sein Maul, um sie mit einem leisen Fiepen zu begrüßen. Fauk blieb stumm und kalt.

Mink jaulte erneut, drückte ihre Nase an seinen Bauch. Da roch sie es wieder. Das Fremde, das an diesem Ort nichts zu suchen hatte.

Sie stieß den Körper ihres Jungen abermals an, und da, zwischen den Schuppen an seiner Unterseite, sah sie es: Löcher. Etwas hatte sich in ihn hineingefressen. Doch das waren keine gewöhnlichen Wunden. Sie bluteten nicht. Welches Tier war zu so etwas fähig? Und wieso hatte es Fauk zurückgelassen, statt ihn aufzufressen, wenn es ihn schon erbeutet hatte?

Mink schnupperte, suchte. Die Spur war zu fremd: kein Raubtier, kein Grasfresser. Nichts, das sie aus der Wüste kannte. Und dennoch war der Geruch vage vertraut ...

Harthäuter. Mink knurrte.

Sie hatte ihren Wurf in der Wüste zur Welt gebracht, fernab vom Heilen Land, obwohl es dort weit reichere Beute gegeben hätte. Aber das Heile Land war gefährlich. Es zog nicht nur andere Jäger an – es war auch das Territorium der Harthäuter.

Sie hatte geglaubt, in der Ödnis vor ihnen sicher zu sein. Sie hatte geglaubt, das wäre der beste Ort für ihren Wurf. Doch die Wüste hatte ihren Jungen nur den Tod gebracht.

Mink wandte den Kopf nach Norden. Sie hatte gehungert und gejagt, um ihren Sohn zu ernähren, und die Harthäuter hatten ihn getötet. Ihr Knurren wurde lauter.

Nichts würde ihr ihren Wurf zurückbringen. Aber das war egal.

Sie zerbiss den Grasfresser und schlang das erkaltete Fleisch gierig hinab. Es gab niemanden mehr außer ihr selbst, also fraß sie. Mink musste stark sein, wollte sie den Weg zum Heilen Land schaffen.

2.

Reginald Bull

Unbekannter Planet, 15. Mai 2059 NGZ

»Nein! Nicht hier!«

Besorgt drehte sich Reginald Bull Gucky zu.

Der Mausbiber zitterte am ganzen Leib, und das lag gewiss nicht an der Kälte, die sie umgab. Den Blick in die steinige Wüste gerichtet, schrie Gucky weiter: »Nicht diese Welt. Bitte nicht! Warum tust du mir das an, ES?«

»Was ist los? Was hast du?« Bull versuchte, seinen Freund an der Schulter zu fassen, doch der wich vor ihm zurück.

Immer heftiger schüttelte Gucky den Kopf, dass seine pelzigen Ohren umherflogen. »Nein, nein, nein ...«

Verwirrt sah sich Bull um. Was hatte Gucky dermaßen erschüttert? Wusste der Ilt etwa, wohin der Fiktivtransmitter sie verfrachtet hatte?

Nicht Rhodan und Wetherby hinterher, so viel stand fest. Der Terraner und der Mausbiber allein auf der steinigen Hochebene, auf der sie gelandet waren. Und soweit Bull das überblicken konnte, waren sie auch in weitem Umkreis die einzigen Lebewesen.

Aber das war es wohl kaum, was Gucky zu schaffen machte. Der Ilt war wesentlich Schlimmeres gewohnt, als von einer Superintelligenz irgendwo in eine Einöde versetzt zu werden. Sie hatten geahnt, dass das Abstrahlfeld nicht mehr lange aktiv bleiben würde. Möglicherweise war das alles nichts weiter als ein kleiner Kalkulationsfehler, bedingt durch die bevorstehende Überlastung des Transmitters. Mit etwas Glück befanden sie sich nur ein paar Hundert Kilometer von Perry Rhodan entfernt.

Es musste einen anderen Grund für Guckys extreme Reaktion geben. War es diese Welt an sich? Bull konnte daran nichts Außergewöhnliches feststellen.

Sein Freund hatte sich mittlerweile zu einer wimmernden Mausbiberkugel zusammengekauert. Den Kopf hielt er zwischen den Händen geborgen, den lamellenverstärkten Fortsatz seines Raumanzugs hatte er samt dem darin befindlichen Biberschwanz eng um seinen Körper geschlungen. So wippte er leise jammernd vor und zurück, die Augen fest zusammengepresst.

Irgendwas hatte Bull also übersehen.

Da der Ilt nach wie vor nicht auf ihn reagierte, war es an der Zeit, sich die fehlenden Informationen auf andere Weise zu beschaffen.

Routiniert überprüfte Bull die Funktionen seines Einsatzanzugs. Die Positronik des SERUNS enttäuschte ihn: In den Datenspeichern war kein Planet verzeichnet, dessen Parameter mit ihrer gegenwärtigen Umgebung übereinstimmten, was Luftdruck, Schwerkraft, Zusammensetzung der Atmosphäre oder Krümmung des Horizonts anging. Und um das rötliche Tageslicht zu durchdringen und die Konstellationen der umliegenden Sterne zu analysieren, waren die Sensoren des SERUNS zu schwach.

Immerhin bestätigte die Positronik Bulls Einschätzung hinsichtlich der Temperatur: Es war kalt. Minus fünf Grad Celsius. Sobald die bereits niedrig stehende, rote Sonne endgültig hinter dem Bergkamm verschwand, würde es wohl noch ungemütlicher werden.

Der Rest indes war recht annehmbar. »Eine Sauerstoffwelt«, informierte er Gucky in der Hoffnung, dass die reinen Fakten seinem Freund halfen, aus der Lethargie auszubrechen. »Allerdings nur eine dünne Atmosphäre, wir sollten nicht allzu lange auf unsere Helme verzichten. Die Schwerkraft beträgt bloß ein halbes Gravo ...«

Eine vage Erinnerung regte sich in ihm. Das schwache, rote Sonnenlicht, die steinige Wüste, die dünne, kalte Luft ...

»Es ist Tramp«, presste Gucky hervor.

»Unsinn!«, entfuhr es Bull, ehe er sich den Kommentar verkneifen konnte. Er biss sich auf die Lippe.

Das war nicht der richtige Zeitpunkt, um unachtsame Bemerkungen zu machen. Alles, was der Mausbiber mit seinem Heimatplaneten verband, war traumatisch. Und nun, da Gucky es ausgesprochen hatte, gewann auch Bulls Erinnerung an Klarheit. Ja, diese Welt erinnerte an Tramp.

Kein Wunder, dass ihr Anblick Gucky derart mitnahm. Seine Heimat war vor 3600 Jahren zerstört worden. Genau deshalb konnte das nicht Tramp sein.

»Ich weiß, dass eine gewisse Ähnlichkeit besteht ...«, eine frappierende Ähnlichkeit sogar, »aber du weißt, dass das nicht sein kann.«

Wieder streckte Bull eine Hand nach dem zitternden Ilt aus, doch der sprang auf und stieß ihn zurück, ohne ihn auch nur anzufassen. »Ich weiß, dass es unmöglich ist!«, schrie er. »Aber du kannst mir glauben: Genauso gut weiß ich, dass es stimmt. Ich fühle es bis in die Barthaarspitzen.«

»Gucky ...«

»Hör auf, mich so anzusehen! Ich brauche dein Mitleid nicht!«

Hilflos hob Bull die Hände. »Was brauchst du dann?« Er wollte seinem Freund ja helfen, er wusste nur nicht, wie.

»Ich benötige ...« Heftig keuchend sah sich Gucky um. »Ich ...«

»Was?«, fragte Reginald Bull.

3.

Gucky

Tramp, 15. Mai 2059 NGZ

Gucky teleportierte gut 50 Kilometer weit. Ohne Ziel, einfach nur weg von Bull und dessen Mitgefühl, dessen Zweifeln. Was Gucky brauchte, war Ruhe, um seine Gedanken zu sortieren ... und seine Gefühle. Er wollte allein sein.

Aber schon sprang das Funkgerät seines Einsatzanzugs an.

»Was machst du denn?«, drang Reginald Bulls Stimme aus dem Empfänger. »Komm zurück! Lass mich dir helfen ...«

Mit einem frustrierten Aufschrei unterbrach Gucky die Verbindung. Dann wies er seinen SERUN an, jegliche Positionssignale zu unterbinden. Das Letzte, was er im Augenblick wollte, war, dass sein Freund ihn ortete und ihn mit gut gemeinter Fürsorge verfolgte. Gucky kannte die Einsamkeit. Er kannte Schmerz. Und er wusste nur zu gut, dass selbst Leute mit den besten und tröstlichsten Absichten insgeheim nur darauf warteten, dass man ihnen versicherte, alles wäre prima.

Nur dass es einem ob dieser Fürsorge keineswegs schlagartig besser ging. Im Gegenteil, man fühlte sich bloß noch miserabler, weil man zusätzlich zu seinem Elend gezwungen war, eine fröhliche Miene aufzusetzen, statt die schmerzhaften Gefühle einfach auszuleben.