Weil er zu uns gehört - Jessica Martin - E-Book

Weil er zu uns gehört E-Book

Jessica Martin

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Beschreibung

Das Schicksal hat es nicht gut mit Dachdecker Mike gemeint, der sich zusätzlich zu gesundheitlichen Problemen als "Schnellspritzer" rühmen muss. Mit nur einem dieser Handicaps wäre es in der Liebe schon schwierig geworden, mit beiden hat er es fast aufgegeben, seinem Traummann André näherzukommen. Doch André scheint keine Hindernisse zu kennen und aufrichtiges Interesse an Mike zu haben, sodass Mike schon bald das Gefühl hat, zu André und seiner kleinen Familie zu gehören – bis André aus heiterem Himmel Schluss macht…

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Seitenzahl: 409

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Deutsche Erstausgabe (ePub) März 2018

© 2018 by Jessica Martin

Verlagsrechte © 2018 by Cursed Verlag

Inh. Julia Schwenk, Taufkirchen

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,

des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung

durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile,

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit

Genehmigung des Verlages.

Bildrechte Umschlagillustration

vermittelt durch Shutterstock LLC; iStock

Satz & Layout: Cursed Verlag

Covergestaltung: Hannelore Nistor

Druckerei: CPI Deutschland

ISBN-13: 978-3-95823-683-7

Besuchen Sie uns im Internet:

www.cursed-verlag.de

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Klappentext:

Das Schicksal hat es nicht gut mit Dachdecker Mike gemeint, der sich zusätzlich zu gesundheitlichen Problemen als „Schnellspritzer“ rühmen muss. Mit nur einem dieser Handicaps wäre es in der Liebe schon schwierig geworden, mit beiden hat er es fast aufgegeben, seinem Traummann André näherzukommen. Doch André scheint keine Hindernisse zu kennen und aufrichtiges Interesse an Mike zu haben, sodass Mike schon bald das Gefühl hat, zu André und seiner kleinen Familie zu gehören – bis André aus heiterem Himmel Schluss macht…

Kapitel 1

Jetzt bloß keinen Ständer kriegen, den würde die enge Pants niemals verstecken. Das sind die ersten Worte, die mir durch den Kopf schießen, als ich am Mittwochnachmittag meine Wohnungstür öffne. Die nächsten spreche ich auch aus: »Hallo!«

Der durchnässte Hauptdarsteller meiner Träume lächelt mich zaghaft an. »Hi, Mike. Tut mir leid, dass ich hier so unangemeldet reinplatze. Aber, dürfte ich vielleicht in dein Bad?« André ist triefend nass. Draußen tobt gerade ein heftiges Sommergewitter, inklusive Platzregen und Stromausfall. In das ist er anscheinend geraten.

Ins Bad? Verdammt, von da komme ich gerade und ich würde wirklich niemandem empfehlen, da jetzt reinzugehen, zumal ich wegen eben jenem Unwetter das Fenster nicht öffnen konnte. »Sicher«, antworte ich trotzdem, denn ich kann schließlich schlecht Nein sagen, und halte ihm die Tür auf.

Er zieht sich brav vor der Tür die durchweichten Schuhe aus und die Socken gleich mit.

»Ich hole dir mal schnell ein Handtuch!« Mit diesen Worten renne ich ins Badezimmer, versprühe eine ordentliche Dosis Raumduft und eile wieder zurück zur Wohnungstür.

André schält sich gerade aus der grauen Anzugjacke. Ich habe ihn noch nie im Anzug gesehen. Er sieht verdammt heiß aus. Das Grau passt total gut zu dem helllila Hemd, das er darunter trägt und das ebenfalls tropfnass ist.

»Bitte schön.« Ich halte ihm das Handtuch hin und zwinge mich, den Mund zu schließen, als er beginnt, sein Hemd aufzuknöpfen. »Willst du nicht erst mal reinkommen?«

Endlich greift er nach dem Handtuch und sieht sich verstohlen um. Da ich auf dieser Etage jedoch der einzige Mieter bin und im Dachgeschoss wohne, sollte uns niemand behelligen. »Ach, ja, klar. Wollte nur nicht alles bei dir volltropfen.« Er macht zwei Schritte in meine Wohnung.

»Ist doch nur Wasser«, entgegne ich abwinkend und erhasche einen Blick auf seinen Hintern. Seine nasse Hose klebt daran und der Umriss eines knappen Slips zeichnet sich vielversprechend ab. »Das Bad ist den Flur runter links.«

»Okay, danke. Ich muss erst mal telefonieren«, meint er, während er sich zu seiner Laptoptasche runterhockt. »Wie spät ist es?«

»Zwanzig vor fünf.«

André reißt erschrocken die Augen auf und sieht zu mir hoch. »Verdammt!« Er wühlt noch eiliger in seiner Tasche und fördert sein Smartphone zutage. Seine schlanken Finger fliegen über das Display. Er hockt immer noch mit offenem Hemd, barfuß und mit tropfenden Haaren auf dem Handtuch in meinem Wohnzimmer, denn ich habe keinen Eingangsbereich. Wenn man meine Wohnungstür öffnet, steht man gleich im Wohnzimmer mit Küchenzeile. Von dort aus geht ein Flur in Richtung der anderen Räume ab.

André richtet sich zu voller Größe auf, die ich auf etwa einen Meter achtzig schätze. Er ist also nur ein paar Zentimeter kleiner als ich.

»Erik, hey, ich bin es, André. Bist du zu Hause?«, fragt er ins Handy, bevor er das Gesicht verzieht. »Mist. Und Finn? Okay, dann rufe ich ihn an. Danke.« Wieder tippt er auf dem Display rum, dann hält er sich das Telefon erneut ans Ohr und greift mit eisigen Fingern nach meinem linken Handgelenk, um es zu sich zu ziehen und zur Erleichterung meines heftig klopfenden Herzens lediglich auf meine Uhr zu sehen. »Verdammt. Oh, hey, Finn. Erik meint, du wärst zu Hause? Super, kann ich dich um einen riesigen Gefallen bitten? Kannst du die Kinder abholen? Die Kita macht in fünfzehn Minuten zu und das schaffe ich nicht«, rattert André runter, wobei sich seine Stimme beinahe überschlägt. »Im Moment noch in der Innenstadt. Es fährt keine Straßenbahn, ich bin nass bis auf die Haut und tropfe gerade das Wohnzimmer eines netten Mannes voll, den ich erst seit ein paar Wochen kenne«, erzählt er und grinst mich ein wenig verlegen an.

»Hey!«, empört er sich dann und ich kann seinen Gesprächspartner lachen hören. »Die Sitze stehen in der Garage. Du hast was gut bei mir! Ich komme nach Hause, sobald die Bahnen wieder fahren oder ich ein Taxi ergattern kann.«

»Ich kann dich fahren«, biete ich an, nachdem er sich verabschiedet und aufgelegt hat.

André wirft einen Blick zum Fenster, gegen das der Regen unaufhörlich prasselt. Blitze zucken über den Himmel und der Donner grollt beinahe ununterbrochen. »Das wäre furchtbar lieb, aber bei dem Wetter kann ich dir das echt nicht antun.«

»Es hört bestimmt bald auf.« Kaum habe ich ausgesprochen, mischt sich Hagel in den Regen, der gegen die Scheibe hämmert.

André sieht nicht überzeugt aus und blickt an sich runter. »Ich gehe erst mal ins Bad, wenn das okay ist? Hast du vielleicht einen Föhn?«

»Nein«, muss ich zugeben. »Und der Strom ist seit einer halben Stunde weg. Aber ich kann dir ein Shirt und eine Hose von mir geben.«

»Mach dir keine Umstände«, protestiert er leise, aber er kann schlecht in diesen durchweichten Klamotten rumlaufen. Oder nackt. Obwohl...

»Schöne Wohnung. Sorry, dass ich dir die Einweihungsüberraschung verderbe«, reißt André mich aus den schmutzigen Gedanken, die mein Hirn sich gerade zusammenspinnt.

»Danke, aber das war keine Überraschung, ich bin nur nicht eher dazu gekommen, jemanden einzuladen«, sage ich und deute auf das Bad. »Ich bringe dir was zum Anziehen.« Damit verschwinde ich ins Schlafzimmer und suche mein engstes T-Shirt und eine Jeans raus, die ich schon seit Jahren nicht mehr zubekomme. Ein Paar Socken dazu und Pants, da André es anscheinend auch lieber eng anliegend mag. Mir selbst ziehe ich trotz der tropischen Temperaturen hier im Dachgeschoss auch eine Jeans über, damit ich ihm nicht länger halb nackt gegenüberstehe, was sich als sehr, sehr, sehr gute Entscheidung entpuppt, denn als ich vorsichtig die Badtür aufschiebe, steht André lediglich in einem winzigen, weißen, durchnässten und somit durchsichtigen Slip vor mir, während er sich mit dem Handtuch die Haare trocken rubbelt.

»Ähm...« Das ist alles, was mein Hirn zustande bringt. Oh mein Gott!

André lächelt und dreht sich zu mir um. »Danke. Das ist so nett von dir. Ich gebe dir die Sachen gewaschen zurück!«

»Nicht nötig«, sage ich und zwinge mich, den Blick von seinem Schritt zu reißen. Mein Blick wandert über seinen flachen Bauch hinauf zu zwei kleinen, harten Nippeln. Ob er mir erlaubt, mit meiner Zunge darüberzufahren?

Er nickt. »Doch, doch, natürlich.«

Mir ist bewusst, dass er das Waschen der Klamotten meint, aber das Kopfkino läuft! »Ich lass dich dann mal allein«, sage ich widerwillig.

»Danke, bist echt ein Schatz«, flötet er.

»Möchtest du was Warmes trinken? Tee vielleicht?«, frage ich durch die geschlossene Tür.

»Ich dachte, der Strom ist weg«, kommt die Antwort.

»Schon, aber der Gasherd funktioniert.«

»Dann wäre ein Tee super.«

»Kräuter oder Früchte?«

Die Tür geht ein Stück weit auf und André steckt seinen hübschen Kopf durch den Spalt. »Kräutertee, aber ohne Pfefferminz, wenn du hast? Und hättest du vielleicht noch eine Plastiktüte?«

Es scheint ihm nicht aufgefallen zu sein, dass sich ein Spiegel an der gegenüberliegenden Wand befindet, aus dem mir sein nackter Allerwertester entgegenblitzt. Meine Hose wird extrem eng.

»Tüte, kein Pfefferminz«, wiederhole ich blinzelnd. »Tee.« Ich muss mich regelrecht zwingen, André ins Gesicht zu sehen.

»Geht es dir gut?«, will er berechtigterweise wissen und guckt mich fragend aus blauen Augen an. Ein paar noch nasse, dunkelblonde Strähnen fallen ihm in die Stirn und ich muss meine Hände in meine Hosentaschen schieben, weil ich sie ihm sonst aus dem Gesicht streiche.

Ich nicke und deute hinter ihn. »Sicher. Falls... also, falls du noch ein Handtuch brauchst, die liegen in dem hohen Spiegelschrank.«

André blickt über seine Schulter und reißt entsetzt die Augen auf. Dann schließt er eilig die Tür. »Oh Gott«, höre ich ihn stöhnen und muss grinsen.

Zehn Minuten später kommt er in die Küche. Seine Wangen färben sich rot, als er mit verwuschelten Haaren auf mich zukommt. Meine Sachen sitzen zu locker und stehen ihm so gar nicht. Normalerweise trägt er eher hautenge Jeans in allen Farben des Regenbogens und dazu passende Shirts. Besonders gefielen mir die hellgrünen Jeansshorts vom letzten Wochenende, die er mit einem schwarzen Oberteil mit ebenfalls hellgrünen Streifen an den Ärmeln kombiniert hat. Sah verdammt heiß aus.

Der Tee ist mittlerweile fertig, sodass ich André die Tüte reiche, in die er seinen Anzug samt Hemd und weißem Stofffetzen stopft, bevor ich ihn zur Couch dirigiere, vor der unsere Tassen schon auf dem Tisch stehen. Der Regen hat ein wenig nachgelassen, trotzdem wären wir auf dem Weg zum Auto wieder total nass.

»Danke schön«, sagt er, als er sich auf eines der beiden Sofas fallen lässt, die ich über Eck gestellt habe, damit man von beiden aus gut auf den Fernseher an der Wand blicken kann.

Ich setze mich auf das andere Sofa und lächle. »Kein Problem.«

Für einen Moment breitet sich ein unangenehmes Schweigen aus.

»Die Wohnung ist schön«, sagt André plötzlich.

»Danke.« Ich weise ihn nicht darauf hin, dass er das schon mal gesagt hat, denn er scheint die Stille ebenfalls nicht zu mögen. »Ist nicht viel, aber für mich allein reicht es und die Lage ist super.«

»Ja, stimmt.« André nickt, obwohl er das nicht so meinen kann, denn soweit ich weiß, wohnt er in einem kleinen Häuschen am Stadtrand. »Sehr zentral.«

»Ja. Man kommt überall schnell hin.« Oh Gott, das ist die schlimmste Unterhaltung, die ich je geführt habe.

»Mhm...«, stimmt André mir zu und nippt am Tee. »Der schmeckt gut.«

»Freut mich.« Scheiße, Mike, lass dir was Intelligentes einfallen! »Ist so eine Kräutermischung, aber ohne Pfefferminz. Mag ich auch nicht.« Na, das war doch mal was. Informativ und persönlich, aber nicht zu persönlich.

André nickt wieder. »Sollte ich auch mal kaufen. Kiki trinkt auch nur Tee.«

»Deine Nichte, oder?«, frage ich, weil wir genug über Tee geredet haben.

»Genau«, bestätigt er lächelnd.

»Und wie heißt ihr Bruder noch gleich?«

André scheint sich zu entspannen, denn er lehnt sich ein Stück zurück und nippt wieder an der Tasse. »Titus. Er ist sechs und ein richtiger Wirbelwind. Seine Schwester ist eher ruhig. Aber sie sind beide ganz liebe Kinder.«

»Das mit deiner Schwester und deinem Schwager tut mir leid«, sage ich ehrlich. Ich kannte seine Schwester noch aus Schulzeiten und auch wenn wir nie im gleichen Freundeskreis waren, war ich ziemlich schockiert, als ich von dem Unfall gehört habe, bei dem Verena und ihr Mann Oliver ums Leben gekommen sind. Es ist zwar schon über vier Jahre her, doch bisher hatte ich noch nicht die Gelegenheit, André mein Beileid auszudrücken, da ich erst seit ein paar Wochen wieder in der Stadt wohne.

André blinzelt ein paar Mal, dann lächelt er gepresst. »Danke.«

»Kiki ist ein ungewöhnlicher Name«, sage ich, um ihn von seiner Trauer abzulenken.

Jetzt lacht er. »Sie heißt eigentlich Viktoria. Wir haben sie aber immer Vicki genannt. Das konnte sie nicht aussprechen, sondern hat immer Kiki gesagt, also sind wir dabei geblieben. Viktoria heißt sie nur noch, wenn sie was angestellt hat.«

Ich grinse. »Verstehe. Aber Titus ist sein richtiger Name, oder?«

»Ja. Den hat sein Vater ausgesucht und irgendwie passt er gut zu ihm«, erzählt André, der die Kinder zu sich genommen hat und großzieht. Ich bewundere ihn dafür, doch er scheint in der Ersatzvaterrolle echt aufzugehen. Seine Augen leuchten, sobald er von den Kindern erzählt, und seine ganze Körperhaltung entspannt sich.

»Und wer holt sie jetzt von der Kita ab?«, frage ich neugierig, weil ich weder einen Erik noch einen Finn kenne.

»Mein Nachbar von gegenüber. Finn und Erik haben bereits dort gewohnt, als wir eingezogen sind, und wir haben uns sofort verstanden. Die zwei haben einen Jungen adoptiert und wir wechseln uns mit Babysitten ab, damit jeder mal ein bisschen Freizeit hat, und helfen uns, falls Not am Mann ist«, erzählt er.

»So wie heute?«

André nickt. »Genau.«

Ich lächle. »Das ist doch schön. Ist sicher nicht einfach, alleinerziehend mit zwei kleinen Kindern, oder?«

André lacht laut. Dabei zeigt er gerade, weiße Zähne und einen schlanken, sehnigen Hals. Gott, wie gern ich da mal dran knabbern würde. Also am Hals, nicht an den Zähnen. »Du machst dir keine Vorstellungen! Es ist der reinste Affenkäfig. Und zu allem Überfluss gibt's dann Tage wie heute. Ein spontaner Termin beim Kunden und das Auto ist in der Werkstatt. Ist ja klar, dass dann noch ein Unwetter dazukommt und alle Taxis ausgebucht sind.«

»Was machst du denn beruflich?«, frage ich interessiert.

»Ich bin selbstständiger Grafikdesigner. Normalerweise arbeite ich von zu Hause aus, aber der Kunde heute wollte unbedingt ein paar Entwürfe vor Ort sehen und hatte tausend Vorschläge zu Bannern und dem Layout der Homepage. Total nervig so was.« Er stellt seine leere Tasse auf den Tisch und wirft einen Blick zum Fenster, hinter dem es zwar immer noch gießt, aber auch langsam heller wird. Der Strom ist zwischenzeitig wiedergekommen, sodass ich davon ausgehe, dass wir bald aufbrechen können.

Ich nicke, auch wenn ich keine Ahnung habe, wovon er redet. Ich bin Dachdecker und nachdem mir in meiner vorherigen Firma sowohl aus nachvollziehbaren als auch weniger nachvollziehbaren Gründen nahegelegt wurde, zu gehen, hat mein Vater mich gebeten, wieder in seine Firma zurückzukommen. Und da ich die irgendwann übernehmen soll, habe ich zugesagt und fange nächste Woche an.

»Meinst du, wir können es wagen? Ich will Finn die Kinder nicht länger als nötig aufbürden«, fragt André zögerlich.

Der Regen ist in ein Nieseln übergegangen, also nicke ich. »Ich muss nur noch mal kurz für kleine Jungs, dann kann es losgehen«, verspreche ich und flitze ins Bad.

Als ich wiederkomme, finde ich André an der Spüle. Er hat unsere Tassen abgewaschen und räumt sie gerade in den Schrank. Sein Blick bleibt an einer Tasse hängen, die mit einem großen, schwarzen Rechteck bedruckt ist, und er nimmt sie tatsächlich aus dem Schrank, um sie genauer zu betrachten. Als er mich entdeckt, hält er sie in die Höhe.

»Ich bin neugierig. Ist das so eine Tasse, bei der das Bild erst zum Vorschein kommt, wenn man was Heißes einfüllt?«

Ich spüre, wie ich rot anlaufe, und schlucke. »Ähm... ja. Wollen wir dann?«, frage ich schnell und greife nach dem Autoschlüssel am Haken neben der Tür.

»Gleich.« Er nimmt den Topf mit dem heißen Wasser vom Herd. »Darf ich?«

»Ähm... also«, stottere ich, doch da kippt er das Wasser schon in die Tasse. Von unten nach oben wandelt sich das Schwarz in ein Bild mit zwei nackten Männern in Neunundsechziger-Stellung.

»Oh ho!«, platzt es aus André heraus und er reißt die Augen auf. »So eine will ich auch!«

»Bestimmt nett, so auf dem Frühstückstisch vor den Kindern«, werfe ich ein, woraufhin er schallend lacht und das Wasser in den Ausguss kippt. Das Bild wird dunkler und die Männer verschwinden wieder ins Verborgene.

»Ist die Tasse ein Spaßgeschenk gewesen?«, will er wissen. Dabei schnappt er sich seine Klamottentüte und die Laptoptasche vom Boden.

Ich weiß, worauf er anspielt, und es ist nicht so, als würde ich ein großes Geheimnis daraus machen, schwul zu sein. Nur bisher kam es nie zur Sprache und im Gegensatz zu ihm, der es mit Regenbogenaufkleber auf dem Auto und auffallend bunten Klamotten förmlich herausschreit, bin ich da eher zurückhaltend. Seit ich wieder in der Stadt bin, war es nicht nötig, es irgendwem zu erzählen, und da ich nicht weiß, wie die Leute, mit denen ich mich gerade wieder neu anfreunde, es aufnehmen, halte ich mich dahingehend noch zurück. Obwohl mir langsam die Vorwände ausgehen, warum ich nicht mit in einen Hetenclub gehen will.

»Also?«, hakt André nach.

»War ein Weihnachtsgeschenk von einem Ex«, antworte ich schließlich. Der Typ ist schon seit Jahren Vergangenheit, aber die Tasse steht fast jeden Morgen auf dem Tisch und versüßt mir das Frühstück.

»Tatsächlich?« André zieht überrascht die Augenbrauen hoch. »Ist das ein Geheimnis?«

»Nicht wirklich. Aber bisher gab es noch keine Gelegenheit für ein Outing«, antworte ich, während wir in den Hausflur raustreten.

»Carsten gegenüber wäre ich an deiner Stelle vorsichtig. Bei mir reißt er sich nur zusammen, weil Juliane Olis Schwester ist und ich somit zur Familie gehöre. Da hat er wohl Angst, dass sie ihn nicht mehr ranlässt«, warnt mich André und schlüpft in seine nassen Schuhe. »Keine Ahnung, was passiert, sollte ich mal mit ihm allein sein.«

Ich blicke alarmiert auf. »Hat er dich bedroht?«

Er schüttelt sofort den Kopf. »Nein, das nicht. Aber wenn Blicke töten könnten...«

»Okay. Aber wenn er dich anfassen sollte, sag Bescheid, ja?«, bitte ich eindringlich.

Jetzt lächelt André. »Du bist süß. Aber ich glaube nicht, dass er mir eine reinhauen würde.«

Hat er mich gerade als süß bezeichnet? Ich folge ihm die Treppe runter und wir gehen ein Stück die Straße entlang zu meinem Auto. Auf dem Weg in seine Wohngegend unterhalten wir uns über meinen Umzug und nach zwanzig Minuten Fahrt, nachdem wir wegen überfluteter Straßen zweimal eine Umleitung fahren mussten, halten wir in seiner Straße.

»Vielen Dank!«, sagt André und hält sein Handy in die Höhe. »Du hast mir noch gar nicht gesagt, wie die Teemischung heißt. Wenn ich dir meine Nummer gebe, könntest du mich später anrufen.«

Ich nicke und ziehe mein Handy aus der Hosentasche hervor. »Klar.« Und dabei an Herzrasen sterben.

Nachdem ich seine Nummer in mein Telefon gespeichert habe, bedankt er sich noch mal artig und steigt dann aus. Keine Ahnung, ob ich mich wirklich traue, ihn anzurufen. Aber ich habe seine Nummer und seinen nackten Po gesehen, mein Tag und meine Nacht sind gerettet. Mit einem dümmlichen Grinsen auf den Lippen starte ich das Auto und mache mich auf den Weg zu meinen Eltern, bei denen ich zum Abendessen eingeladen bin.

***

Er hat bisher nicht angerufen. Okay, Mike hat meine Nummer erst seit vierzehn Stunden, aber, na ja, ich hatte gestern Abend schon sehr gehofft, seine sexy, tiefe Stimme noch mal hören zu dürfen. Bestimmt hat er mich vergessen. Vielleicht will er aber auch gar nicht anrufen. Oder vielleicht habe ich seinen Anruf verpasst?

Ein Blick auf mein Handy bestätigt mir, dass dem nicht so ist. Lediglich Finn hat mir eine Nachricht geschrieben. Ich bin bei den beiden zum Frühstück eingeladen und ob ich Brötchen, Milch und ein Paket Kaffee mitbringen kann. Hach ja, ich liebe meine Freunde.

Auf dem Rückweg von der Kita, bei der ich meine beiden Racker für die nächsten acht Stunden in die Obhut der liebevollen Pädagoginnen gegeben habe, hole ich mein Auto aus der Werkstatt und halte dann kurz beim Bäcker meines Vertrauens, um Brötchen und ein Dinkeltoast zu erstehen. Der Dinkeltoast ist für Finn, weil er allergisch auf Weizen ist und von den Brötchen irgendwelche Verdauungsbeschwerden bekommt. Ihm geht's da vermutlich ähnlich wie Kiki und Titus, die beide keinen einzigen Tropfen Milch vertragen, weil ihre Körper Milchzucker nicht verdauen können. Deswegen koche ich auch alles für sie frisch. Fertigpizza, Dosensuppen oder Nudeln aus der Tüte? Pustekuchen, da ist überall Milchzucker zugesetzt. Nicht mal Kuchen vom Bäcker kann ich kaufen. Dafür bin ich mittlerweile ein Profi, was das Kochen und Backen angeht.

Weil ich keine Lust habe, auch noch einkaufen zu fahren, borge ich Milch und Kaffee bei meinen Eltern, was sich als Fehler herausstellt, denn meine Mutter ist zu Hause und lässt mich erst nach einer Viertelstunde und dem Versprechen, Sonntag mit den Kindern zum Essen zu kommen, wieder gehen. Da wäre ich im Supermarkt doch schneller gewesen. Und hätte den Sonntag freigehabt.

Nachdem ich das Auto vor unserem Haus abgestellt habe, sprinte ich über die Straße und um das Haus meiner Freunde rum. Auf der Terrasse angekommen, stelle ich beruhigt fest, dass die zwei sich die Zeit durchaus zu vertreiben gewusst haben, denn Finn drückt einen stöhnenden Erik an die Hauswand, während seine Hand in dessen Shorts steckt.

»Guten Morgen«, grüße ich und lege die Brötchen und den Toast auf den gedeckten Frühstückstisch.

Finn grinst mich kurz an, während er an Eriks Hose zerrt. Da er es sicher auch ohne meine Hilfe schafft, Erik nackig zu machen, gehe ich ins Haus und setze Kaffee auf. Ich schnappe mir noch eine Banane und schlendere wieder ins Freie, wo Finn Eriks Schwanz mittlerweile den Garten zeigt. Ich setze mich auf einen der Stühle und schäle mein Obst.

»Oh Himmel, bitte, Finn, fick mich«, keucht Erik laut. »Jetzt!«

»Kein Gleitgel«, murmelt sein Mann und hilfsbereit, wie ich nun mal bin, reiche ich ihm ohne Umschweife die Butter rüber.

Erst guckt Finn ein wenig irritiert, doch dann steckt er seinen Finger hinein, während Erik mit roten Wangen und lustverhangenen Augen aus den Shorts steigt. Kurzerhand hebt Finn ihn hoch und Erik schlingt die Beine um seine Hüften, während ich meine Banane verspeise. Ich gehe davon aus, dass die zwei schneller fertig sind, als der Kaffee durchgelaufen ist, daher warte ich mit dem Frühstück auf sie.

»Verdammt«, grummelt Finn plötzlich. »André, kannst du mal?«

»Hm?« Ich sehe rüber und stehe neugierig auf. Finn hat die Finger der rechten Hand voller Butter und hält Erik mit der linken fest. Allerdings hat er ein entscheidendes, bei ihm ganz und gar nicht so kleines Detail vergessen.

Ich bin so nett und mache ihm die Hose auf. Anschließend befreie ich seinen Ständer, ziehe die Vorhaut zurück und verteile etwas Butter auf seiner Spitze. Finn bedankt sich artig und drückt mir einen Kuss auf die Lippen. Dann schiebt er seinen großen Schwanz in Eriks Körper. An Finn ist so ziemlich alles groß. Er misst fast zwei Meter, hat ein Sixpack und Brustmuskeln, von denen ich nur träumen kann, einen Hintern aus Stahl und unglaublich definierte Oberschenkel, von den Armmuskeln ganz zu schweigen. Erik und ich können da absolut nicht mithalten. Seit wir regelmäßig zusammen schwimmen gehen, zeigt sich zwar ein Ansatz von Bauch- und Brustmuskeln und auch die Oberarme weisen ein paar mehr Wölbungen auf, doch alles in allem sind wir mit unseren dreiunddreißig Jahren in die Jahre gekommene Twinks.

Zum Glück ist dieser Teil der Terrasse für die Nachbarn nicht einsehbar, denn die Show, die die zwei liefern, wäre sicher nicht für alle Leute in unserer Straße so prickelnd wie für mich gerade. Hoffentlich lassen sie mir noch was für später übrig, denn ich hatte nicht vor, nach Hause zu gehen, ohne wenigstens einen der beiden in mir gehabt zu haben.

»Gleich«, keucht Erik nach wenigen Minuten. »Ja, ja!« Im selben Moment stöhnt Finn und verharrt in Eriks Körper. Keuchend und lächelnd klammern die zwei sich aneinander, bevor sie sich voneinander lösen können. Finn sagt irgendwas leise auf Italienisch und küsst Erik sanft. Finn ist Halbitaliener und hin und wieder unterhalten sich die zwei in der Fremdsprache, was frustrierend ist, weil ich kein Wort verstehe.

Finn gibt Erik frei und verschwindet ins Haus. »Guten Morgen.« Erik lächelt mich an, als er nur in T-Shirt und mit erschlaffendem Penis auf mich zukommt, bevor er mir ein Küsschen gibt. »Wir sind gleich bei dir. Ich bringe dir einen Tee mit.« Mit diesem Versprechen verschwindet er ebenfalls.

Während ich auf die beiden warte, hole ich mein Handy aus der Tasche, doch noch immer kein Lebenszeichen von meinem Traummann. Wahrscheinlich arbeitet er gerade, denn es kann sich ja nicht jeder seine Arbeitszeit so frei einteilen wie ich. Finn und Erik haben diese Woche Urlaub, nur deswegen können sie morgens schon vor acht Uhr an der Hauswand vögeln.

»Danke für den Kaffee«, sagt Finn, als er auf die Terrasse tritt und die Kanne auf den Tisch stellt.

Ich winke ab und lege mein Handy neben meinen Teller, falls Mike doch noch anruft. Ich weiß, dass ich mir wahrscheinlich umsonst Hoffnungen mache, doch so bin ich nun mal, rettungslos romantisch und grenzenlos optimistisch.

»Hast du den Kaffee und die Milch mitgebracht, André?« Erik stellt eine Tasse vor mir ab und wedelt anschließend mit dem Milchkarton in seiner Hand.

»Sollte ich doch«, sage ich leicht verwirrt.

Erik sieht zu Finn hinüber und schüttelt missbilligend den Kopf. »Also ehrlich, Finn, das macht man nicht. Du kannst doch André nicht für uns zum Einkaufen schicken«, schimpft er seinen Partner aus.

Finn guckt ein bisschen geknickt, daher winke ich schnell ab. »War doch kein Problem«, versichere ich.

Erik scheint trotzdem nicht zufrieden zu sein, denn er wirft Finn noch mal einen bösen Blick zu, woraufhin dieser sich tatsächlich entschuldigt und verspricht, mir das Geld dafür zu geben, was mich wiederum zum Lachen bringt.

»Ihr könnt es auch abarbeiten«, biete ich zwinkernd an.

Jetzt grinsen die zwei. »Nach dem Frühstück, okay?«, verspricht Erik. »Ich muss mich erst stärken, wir wollen doch nicht, dass ich zwischendrin schlappmache.«

»Als ob dir das passieren würde«, entgegne ich lächelnd und nehme mir endlich ein Brötchen. »Wo ist Tobias? Ferienspiele im Hort?«, frage ich, nachdem ich großzügig Nutella auf meinem Weizenteilchen verstrichen habe. Den Schokoaufstrich gibt es bei uns nämlich nicht, dafür unzählige Sorten Marmelade.

»Mit unserem Chef und seiner Patentochter im Zoo«, antwortet Finn.

»So früh schon?«

»Die drei wollten vorher noch ins Eierkuchenhaus zum Frühstück. Tobi liebt das Frühstücksbuffet dort, aber Finn kann da nichts essen. Er war total aus dem Häuschen, als Alex gefragt hat, ob er mitwill«, erzählt Erik. »Wie war dein Morgen? War Kiki wieder sehr anhänglich?«

Ich nicke seufzend. »Ja. Die Erzieherin musste sie wieder von meinem Arm pflücken. Dabei erzählt sie mir jeden Nachmittag, wie toll es war.«

»Wird auch wieder besser«, versucht Finn offensichtlich, mich zu beruhigen, woraufhin ich ihn dankbar anlächle, bevor ich zum gefühlt hundertsten Mal auf das Display meines Handys schaue.

»Erwartest du einen Anruf?«, will Erik prompt wissen.

Ich nehme einen Schluck Tee, um die Antwort auszusitzen, denn wenn ich jetzt ein falsches Wort sage, hat er binnen Minuten alles über Mike aus mir rausgepresst, und so weit bin ich noch nicht und eigentlich gibt es nichts zu erzählen. Außer, dass mein Herz jedes Mal sein Tempo verdoppelt, wenn ich Mikes Stimme höre, und ich mir gestern Nachmittag beinahe vor Aufregung in die Hose gemacht habe, als ich an seiner Haustür geklingelt habe. Vor allem, als er dann in nichts weiter als einer engen schwarzen Pants und einem schwarzen Achselshirt vor mir stand. Am liebsten wäre ich an ihm hochgeklettert und hätte ihm meine Zunge in den Hals gesteckt. Dann noch zu erfahren, dass er schwul ist, hat mein Herz so richtig zum Rasen gebracht. Und mich vor allem unglaublich erleichtert, denn ich habe mich noch nie in eine Hete verknallt und schon an meiner Zurechnungsfähigkeit gezweifelt. Dabei weiß ich gar nicht, ob er überhaupt an mir interessiert ist. Mein schweigendes Handy ist vermutlich ein latenter Beweis dafür, dass dem eher nicht so ist.

»André?«, reißt Finn mich aus meinen Gedanken.

»Hm?«

Jetzt grinst er. »Wo warst du denn gerade?«

»Tut mir leid, ich habe nur über den Termin beim Kunden gestern nachgedacht«, schwindele ich.

»Wie jetzt? Du sitzt hier mit uns heißen Männern und denkst an deinen Kunden?«, empört sich Erik. »Dagegen müssen wir was tun, Finn! Zieh dich aus!«

Finn lacht laut und zerrt sich das T-Shirt über den Kopf. »Zufrieden?«

Erik beobachtet mich abwartend, sodass ich nicht widerstehen kann und anfange, von den widersprüchlichen Wünschen meines Kunden zu erzählen.

»Die Hose auch, schnell«, wendet sich Erik mit gespielter Panik und großen Augen an seinen Ehemann. »Am besten gleich alles!«

Finn steht auf und guckt sich kurz um, denn seinen Platz kann man durchaus vom Nachbargrundstück aus einsehen. Dennoch zieht er sich die Hose runter. Dann kommt er um den Tisch und stellt sich hinter mich.

»Wie ist es jetzt?«, fragt er in mein Ohr, während er seine Hände auf meine Schultern legt und sie anschließend über meine Brust gleiten lässt.

Ich grinse zu ihm hoch. »Schon besser, aber ich glaube, so richtig vergessen kann ich meine Arbeit erst, wenn Erik sich auch auszieht.«

Sekunden später werde ich von einem nackten Erik auf die Füße gezogen. Gleich darauf beginnen die beiden, an meinen Klamotten zu zerren, und nachdem ich sie losgeworden bin, stolpern wir uns küssend und aneinander reibend ins Haus. Im Schlafzimmer angekommen schubst man mich aufs Bett und gleich darauf schiebt Finn mir seinen Penis in den Mund, während Erik an meiner Härte saugt.

»Oh Gott, ihr zwei macht mich verrückt«, keuche ich, als sie mich kurz darauf auf den Bauch drehen und über meine Kehrseite herfallen. Zwischenzeitig spüre ich vier Finger in mir und muss mich arg zurückhalten, meine Erregung nicht jetzt schon über das Bettlaken zu spritzen.

Mit den beiden ist es immer absolut geil. Anfangs hatte ich die Befürchtung, das fünfte Rad am Wagen zu sein, doch genau das Gegenteil ist der Fall. Beide gehen total auf mich ein und stellen meine Lust jedes Mal in den Mittelpunkt. Und ich revanchiere mich natürlich so gut es geht.

»Himmel, Finn, er ist so heiß«, flüstert Erik und als Finn zustimmend brummt, wird mir ganz warm im Bauch. Meine Hüften werden ein wenig angehoben und schon spielen geschickte Finger mit meinen Eiern und meinem Schwanz, sodass ich mich kaum beherrschen kann.

»Bitte!«, keuche ich. »Nehmt mich in die Mitte.«

»Willst du oder darf ich?«, höre ich Finn fragen.

»Du«, antwortet Erik sofort und im nächsten Moment landet er neben mir, zerrt mich förmlich auf sich, während Finn ein Kondom über mein Glied rollt. Dann dirigiert er meinen Schwanz an Eriks Eingang. Als ich in ihn eindringe, taucht Finn neben uns auf. Er gibt jedem von uns einen Kuss und lehnt sich dann zum Nachtschrank rüber. Als er nach ein wenig Suchen ein für sich passendes Kondom gefunden hat, sind Erik und ich bereits voll dabei. Mein Schwanz kribbelt und Eriks Keuchen und Stöhnen nach zu urteilen, ist er auch schon ziemlich nah dran.

»Hey, wartet auf mich«, protestiert Finn und rollt sich eilig das Gummi über. Dann schmiert er mich ordentlich mit Gel ein, bevor er mich ein Stück weiter auf Erik drückt, sodass dieser die Knie weit anziehen muss, was ihn laut stöhnen lässt.

Gleich darauf füllt Finns Schwanz mich auch schon aus. Er hält mich an den Hüften fest und arbeitet sich mit gleichmäßigen Stößen immer tiefer in mich. Es ist so geil. Ich schließe die Augen, während ich Finns Stöße direkt an Erik weitergebe.

Vor meinem inneren Auge taucht das Gesicht meines Traummannes auf und ich stelle mir vor, dass es seine Hände sind, die über meine Brust und meinen Bauch gleiten, dass es seine Zunge ist, die meinen Mund erobert, während wir uns lieben und unsere Lust immer weiter steigern. Meine Hoden prickeln fast unerträglich heftig, als sie sich fest an meinen Unterleib ziehen. Mein Körper beginnt zu zittern und die Vorstellung, wie Mike hinter mir kniet und sich wieder und wieder in mich schiebt, lässt mich in einen heftigen Orgasmus stürzen. Vier Arme umfangen mich, halten mich fest, während ich um Atem ringe und nur langsam ins Hier und Jetzt zurückschwebe.

Als ich die Augen öffne, fällt mir auf, dass ich gar nicht mitbekommen habe, wie die zwei gekommen sind, doch meine feuchte Brust und das gefüllte Kondom, das neben meinem mit einem unerotischen Geräusch auf dem Boden landet, genügen mir als Beweis.

Ich rolle mich auf den Rücken und lege meinen Kopf auf Finns Brust, während Erik seinen blonden Schopf auf meine Oberschenkel bettet. Mit geschlossenen Augen genieße ich die Stille, bis ich bemerke, dass die zwei unnatürlich ruhig sind. Ich hebe den Blick, um zu sehen, ob sie mal wieder lautlos kommunizieren. Das können sie nämlich ausgezeichnet.

Finns grüne Augen begegnen mir und sehen mich eindringlich an. »Wer ist Mike?«

Ich spüre, wie meine Augen riesig werden und schlucke. »Woher...«

»Du hast seinen Namen gestöhnt, als du so heftig gekommen bist, wie ich es noch nie bei dir gesehen habe. Ich dachte, du wirst jeden Moment ohnmächtig«, sagt Erik, ehe ich ausreden kann.

Oh mein Gott, das ist ja gemein! »Oh Mann, das tut mir leid. Seid ihr mir böse?«, frage ich beschämt.

Erik lächelt zu mir hoch, während er über Finns Oberschenkel streichelt. »Nein, aber uns würde schon interessieren, wer der vierte Mann in unserem Bett war. Hast du auf seinen Anruf gewartet?«

Ich seufze resigniert und erzähle ihnen von meiner Schwärmerei, unseren bisherigen Treffen im Freundeskreis und wie sexy Mike gestern aussah, als er mir nur in Unterwäsche die Tür geöffnet hat. Als ich erwähne, dass er bisher noch nicht angerufen hat, drückt Erik mitfühlend meine Hand, während Finn schnaubt.

»André«, mahnt er. »Er hat deine Nummer seit nicht mal fünfzehn Stunden und arbeitet wahrscheinlich gerade.«

Ich weiß, dass Finn irgendwie recht hat und doch wächst meine Enttäuschung von Minute zu Minute, obwohl ich die Hoffnung noch nicht aufgeben will, dass er jeden Moment anruft. Vielleicht sollte ich doch lieber in der Nähe meines Handys bleiben.

Erik scheint meine Gedanken gelesen zu haben, denn er lacht leise und steht vom Bett auf. »Ich stelle die Milch in den Kühlschrank und hole dein Handy her«, verspricht er.

»Danke«, antworte ich, während Finn einen Arm um mich schlingt.

»Warum rufst du ihn nicht an?«, will er wissen, als Erik zur Tür rausgeschlüpft ist.

Ich kuschle mich etwas fester in Finns Brusthaare und seufze. »Hab seine Nummer nicht.«

Kaum ausgesprochen, werde ich in den Hintern gekniffen, was echt wehtut und mir bestimmt einen blauen Fleck beschert.

»Feigling!«, grummelt Finn, ehe ich fragen kann, wofür das war.

Ja, natürlich könnte ich ohne Probleme Mikes Nummer rauskriegen, aber da bin ich halt ein Romantiker. Ich will erobert werden. Außerdem geht mir tatsächlich die Muffe, wenn ich nur daran denke, Mikes Nummer zu wählen.

Finn drückt mir sanft die Lippen auf die Schläfe. »Wird schon noch anrufen«, brummt er. Das ist Finns Art, mir zu sagen, dass er mich gernhat und mir beisteht. Meine beiden Nachbarn könnten unterschiedlicher nicht sein und das nicht nur vom Äußerlichen her. Erik quasselt ununterbrochen, während Finn zwar nicht mehr so wortkarg ist wie damals, als wir uns kennengelernt haben, aber dennoch ist er eher ruhig und sparsam damit, seine Gefühle zu zeigen. Aber beide sind auf ihre ganz eigene Art liebenswert und ich bin so froh, sie als Freunde zu haben.

Ich seufze wieder und hebe den Kopf, als Erik grinsend ins Zimmer kommt und mit meinem Handy wedelt. »Drei Anrufe in Abwesenheit!«

»Oh nein, bitte sag nicht, ich habe ihn verpasst, während wir gevögelt haben!« Panisch schnappe ich mir das Telefon.

»Langsam nehme ich das persönlich«, schimpft Finn.

»Tut mir leid«, murmle ich, während ich enttäuscht feststelle, dass es nur der Kunde von gestern war. Sicher hat er ein paar Farbvorschläge und noch mehr Ideen für das Logo. Keine Ahnung, wozu der mich engagiert hat, wenn er doch alles besser weiß. Frustriert lasse ich das Handy sinken und schlinge meine Arme um Finns Bauch, der mich gleich an sich drückt. Erik kuschelt sich an meinen Rücken und gibt mir einen Kuss in den Nacken.

»Er ruft bestimmt noch an, Hase, und dann fragst du ihn nach einem Date. Wir passen auch auf die Kinder auf«, beschließt Erik.

»Ihr seid die Besten«, flüstere ich mit Tränen in den Augen. »Hab euch lieb.«

»Wir dich auch«, kommt es einstimmig.

Kapitel 2

Mit rasendem Herzen und schweißnassen Fingern lausche ich dem Tuten meines Handys. Ich habe ungefähr fünfundzwanzig Mal Andrés Nummer aufgerufen, bis ich mich getraut habe, auch den Anrufknopf zu drücken. Die ganze Nacht habe ich vor Nervosität kaum ein Auge zu bekommen und dafür den Vormittag verpennt. Jetzt ist es kurz vor zwei Uhr nachmittags und ich habe keine Ausreden mehr, warum ich ihn nicht anrufen sollte. Die Teepackung steht bereit, sodass ich, sollte es ganz blöd laufen, ihm einfach den Namen vorlesen und wieder auflegen kann. Mein Darm grummelt schon wieder, aber der muss jetzt warten, denn es hat mich zu viel Überwindung gekostet, den Knopf zu drücken, als dass ich jetzt auflegen werde.

»Lux Werbe- und Grafikdesign. André Lux. Schönen guten Tag«, ertönt Andrés Stimme und ich hätte vor Schreck beinahe das Handy fallen gelassen. »Hallo?«

»Ähm, ja, hallo! Mike hier! Ich rufe an«, stottere ich drauf los. Oh shit, wie peinlich. »Hallo.«

»Hi«, flötet André.

»Hi. Ähm... also, du, ähm... wegen dem Tee«, stottere ich weiter. Warum kommt kein vernünftiger Satz aus meinem Mund? Der hält mich doch gleich für einen totalen Deppen.

»Warte mal kurz.« Ich höre ihn tippen, dann kurz Stille. »So, jetzt. Tut mir leid, ich musste nur mal schnell meinen Entwurf abspeichern.«

»Oh, klar, kein Problem. Für den Kunden von gestern?«, frage ich und atme erst mal tief durch.

André lacht. »Ja, genau. Der ruft den ganzen Tag schon an und ich dachte, ich schicke ihm erst mal was, damit er ein wenig Ruhe gibt.«

»Tut mir leid, ich wollte nicht stören«, sage ich schnell. Mist, hätte ich mir denken können, dass er arbeitet und keine Zeit hat.

»Nein, schon gut. War eh Zeit für eine Pause. Bist du für heute schon fertig?«

»Womit?«, frage ich überrascht.

Jetzt lacht er wieder. »Arbeiten?«

»Ach so, nein. Ich hab heute und morgen noch frei«, antworte ich und entspanne mich etwas.

»Da hast du es ja gut«, kommt es fröhlich von ihm.

»Sind deine Kinder zu Hause?«, frage ich, um das Gespräch von mir abzulenken.

»Nein. Das würdest du hören und ich nicht arbeiten können.«

»Ja, klar.« Mein Hirn ist anscheinend noch zu sehr damit beschäftigt zu begreifen, dass ich tatsächlich mit ihm spreche. »Wann holst du sie denn?«

»Gegen drei. Also bald«, antwortet André noch immer fröhlich. »Wir wollen heute Nachmittag zum Einkaufen in die Stadt. Kiki braucht einen neuen Badeanzug und ein Kleid für die Einschulung und für Titus habe ich bisher auch nur das Hemd. Mit ihm Hosen zu kaufen, ist in etwa so spaßig wie eine Wurzelbehandlung beim Zahnarzt.«

»Na, da hast du ja noch volles Programm«, bemerke ich.

»Stimmt. Hast du auch was Schönes vor?«

»Nein«, gebe ich zu. »Ich packe noch die letzten Kartons aus, dann treffe ich mich mit Carsten und den anderen Jungs.«

»Das klingt doch auch nett. Ich kann vor Samstag leider nicht dabei sein«, entschuldigt er sich. Sonst scheint er es mindestens einmal die Woche einrichten zu können, sich mit uns zu treffen. Die meisten von uns wohnen direkt in der Innenstadt, sodass wir uns jeden Abend nach Ladenschluss auf dem Parkplatz eines Supermarkts treffen und ein wenig quatschen. Es ist kein fester Termin, aber drei oder vier Leute sind immer da. Das ist ganz nett und besser, als jeden Abend allein in der Bude zu sitzen.

»Macht doch nichts. Ich freu mich, dass du es Samstag schaffst«, sage ich ehrlich.

»Hast du Lust, morgen Abend mit uns einen Film zu gucken?«

Überrumpelt öffne und schließe ich ein paar Mal den Mund, bevor ein Ton rauskommt: »Bei euch zu Hause?« Kino wäre ganz schlecht.

»Ja. Also, nur wenn du magst. Wir gucken einen Kinderfilm und tragen Pyjamas, aber... ach nee, vergiss es, war blöd, darauf hast du bestimmt keine Lust.« Er klingt ein bisschen atemlos und das finde ich süß. Fast so, als wäre er auch aufgeregt.

»Nein! Also, doch. Ja, gern«, sage ich schnell. »Also, nur wenn du wirklich willst, dass ich komme. Dabei bin, meine ich.« Mein Herz rast und in meinem Bauch kribbelt es heftig.

»Ja, auf jeden Fall. Tobias, der Kleine von meinen Nachbarn, schläft bei uns und ich habe eine Pyjamaparty mit Popcorn versprochen«, erzählt André.

Ich bin gerührt, wie begeistert er klingt, und muss lächeln. »Wann fangt ihr an?«

»Gegen sieben, sonst wird es für Kiki zu spät. Kannst aber auch später kommen, wenn du vorher noch was vorhast«, plappert er in beeindruckendem Tempo.

»Nein, sieben passt«, versichere ich. »Kann ich noch was mitbringen?«

»Also, wir haben Popcorn und Chips, alkoholfreies Bier, Orangensaft und Cola für die Erwachsenen, sonst noch Tee und Wasser«, zählt er auf.

»Okay, klingt gut«, sage ich und mache mir die gedankliche Notiz, noch was für mich zum Knabbern zu kaufen.

»Wunderbar!«

»Und ist der Pyjama Pflicht?«, hake ich vorsichtshalber nach.

»Schon.«

»Okay, dann... okay.« Dann muss ich wohl noch einen kaufen.

Jetzt lacht André schallend. »War nur Spaß. Zieh an, was du magst. Du musst nicht im Schlafzeug durch die Stadt fahren.«

»Im Sommer schlafe ich meist nackt«, kommt tatsächlich aus meinem Mund. »Oh mein Gott, habe ich das gerade laut gesagt?« Warum tut mein Hirn mir das an? Warum muss es immer in den wichtigen Momenten Pause machen? Ich könnte vor Scham im Erdboden versinken.

André lacht laut. »Ja.«

»Darf ich auflegen?«, frage ich verzweifelt.

Wieder lacht mein Traummann. »Nur, wenn du versprichst, uns morgen trotzdem Gesellschaft zu leisten.«

»Mach ich. Ich zieh auch was an«, versichere ich kleinlaut.

»Dann bis morgen«, verabschiedet sich André, wobei das Lachen immer noch deutlich in seiner Stimme mitschwingt.

»Bis dann.« Ich lege schnell auf, ehe ich mich noch mehr blamieren kann, und begebe mich dann ins Bad. Die viele Aufregung ist ganz und gar nicht gut für mich und meinen überempfindlichen Bauch. Ich leide seit vierundzwanzig Jahren am Reizdarmsyndrom, das durch Stress und Aufregung noch verstärkt wird. Es fing mit ungefähr vierzehn Jahren an und bestimmt seitdem so ziemlich mein Leben. Mit mir was essen zu gehen, ist ein Ding der Unmöglichkeit, und generell kann man sich darauf verlassen, dass mein Darm sich in den ungünstigsten Momenten meldet.

Ich habe gelernt, damit zu leben, auch wenn es ziemlich belastend ist. Meine gehäuften, unfreiwilligen Pausen während der Arbeitszeit, vor allem nach dem Essen, waren der nachvollziehbare Grund, warum mein letzter Arbeitgeber mir empfohlen hat, zu gehen. Der nicht nachvollziehbare war mein Coming-out gegenüber einem Kollegen, von dem ich geglaubt habe, dass er kein Problem damit hätte. Tja, falsch gedacht. Er hat sich geweigert, weiterhin mit mir zusammenzuarbeiten, und da ich sowieso der Sonderling mit dem Drang, Baustellenklos von innen zu besichtigen, war, musste ich gehen. Die Abfindung, die sie mir gezahlt haben, damit ich die Klappe halte, war allerdings ganz nett.

Nachdem ich im Bad fertig bin, wage ich mich in den Supermarkt auf der anderen Straßenseite. Dort erstehe ich eine Packung Salzstangen, die ich meist problemlos vertrage. Da sich mein Unterleib scheinbar beruhigt hat, mache ich noch einen Abstecher in das nahe gelegene, große Klamottengeschäft, in dem ich eine lange, blau-weiß-karierte Pyjamahose kaufe, die ich einfach mit einem dunkelblauen T-Shirt aus meinem Schrank kombinieren werde.

»Die verkaufen wir im Sommer nicht so oft«, bemerkt die zierliche Kassiererin lächelnd, als sie mein Geld nimmt.

»Aha.« Ich zucke mit den Schultern.

»Ich wollte damit nur sagen, dass Sie Glück haben, dass wir sie noch dahaben. Normalerweise haben wir jetzt nur Shortys im Sortiment«, erklärt sie.

»Shortys sind nichts für mich«, entgegne ich, auch wenn ich keine Ahnung habe, warum wir diese Unterhaltung führen.

Ihr Blick wandert einmal über meinen Körper. »Oh, darauf wette ich«, raunt sie anschließend. »Viel Spaß mit der Hose«, wünscht sie mir, während ich das Wechselgeld einstecke.

Ich nehme die Tüte vom Tresen und sehe sie irritiert an. »Ähm... danke?«

»Sollte sie nicht passen, können Sie sie innerhalb von achtundzwanzig Tagen umtauschen.«

»Okay. Danke.«

»Lassen Sie beim Anprobieren zu Hause bitte die Schilder dran«, fährt sie fort, sodass ich mich noch mal umdrehe, weil ich schon dabei war zu gehen. »Nur für den Fall.«

»Für welchen Fall?«, frage ich verwirrt.

»Dass sie zu eng sitzt.« Ihre Stimme klingt heiser und mir schwant, ich werde gerade angeflirtet.

»Keine Sorge.« Ich zwinkere ihr zu. »Mein Freund mag es eng.«

Das scheint ihr den Wind aus den Segeln zu nehmen, denn das Lächeln verschwindet. »Na dann.«

»Auf Wiedersehen und vielen Dank für Ihre Beratung«, sage ich höflich.

»Ja, Wiedersehen«, grummelt sie.

Grinsend verlasse ich das Geschäft und mache mich auf den Weg in meine Wohnung. Dort angekommen, probiere ich die Hose an. Sie sitzt locker und da ich sowieso noch eine Pants unterziehe, wird sich nichts darunter abzeichnen. Nachdem ich sie in die Waschmaschine geworfen und diese angestellt habe, widme ich mich den letzten Kartons, deren Inhalt es noch nicht in die Schränke geschafft hat.

Mit großen Augen stehe ich am nächsten Abend in meiner neuen Pyjamahose staunend vor Andrés Haus. Als ich ihn am Mittwoch hier abgesetzt habe, habe ich überhaupt nicht auf das Haus geachtet. Jetzt stehe ich davor und bin sprachlos.

Ich weiß gar nicht, wie ich das Gebäude beschreiben soll. Es sieht ein bisschen aus wie ein auf der Seite liegender Dominostein. Als wäre da noch eine Lücke gewesen und jemand hätte ein Haus reingequetscht. Es ist frei stehend und richtig schmal. Etwa dreimal so lang wie breit und dreistöckig. Es sieht aus, als würde es bei Sturm einfach zur Seite kippen. Es hat ein Flachdach, was das seltsame Aussehen noch unterstützt. Zudem ist es in Schwarz, Dunkelgrau und Hellgrau gestrichen, wobei es von Etage zu Etage nach oben hin heller wird.

Zwischen Haus und Fußweg befindet sich ein kleiner Parkplatz, auf dem ich mein Auto abgestellt habe. Ein Weg führt zum Hoftor, das das Haus und eine Garage, die in den gleichen Farben gestrichen ist, miteinander verbindet.

Ich schaue noch einmal am Haus empor und entdecke André, der mit einem kleinen Mädchen am Fenster im Erdgeschoss steht und winkt. Dann deutet er nach links zum Tor, das er mir auch sogleich öffnet.

»Hallo«, grüßt mein Traummann.

»Hi«, grüße ich zurück und lächle erst ihn, dann das kleine, dunkelhaarige Mädchen an, das sich an seine Schulter drückt. »Du bist bestimmt Kiki.«

»Genau. Kiki, das ist Mike. Sagst du Hallo zu ihm?«, fragt André sie.

Kiki guckt mich kurz an, dann schüttelt sie den Kopf und vergräbt das Gesicht in der Halsbeuge ihres Onkels.

Ich zucke mit den Schultern. »Dann vielleicht später.«

»Sie weiß eigentlich, wie sie sich zu benehmen hat«, entschuldigt André sich sichtlich geknickt.

»Da bin ich mir sicher. Ist wirklich nicht schlimm. Sie kennt mich nicht, da ist es verständlich«, versuche ich, ihn zu beruhigen.

André lächelt und bedeutet mir reinzukommen, wobei er die Kleine auf seinen anderen Arm hievt. Dabei mustere ich sein Outfit. Er trägt ein weißes Shirt und dazu tatsächlich eine lange, babyblaue Pyjamahose mit vielen kleinen, rosa Flamingos drauf. An jedem anderen Mann würde die Hose wahrscheinlich total lächerlich wirken, aber er sieht damit fast schon sexy aus. Auf jeden Fall steht sie ihm.

Wir gehen über den mit Kreide bemalten Hof in den kleinen Vorflur des Hauses, wo ich meine Schuhe ausziehe, ehe ich den beiden auf Socken in ein breites Treppenhaus folge, bei dem mir der Mund offen stehen bleibt.

André lacht leise. »So guckt jeder, der hier zum ersten Mal reinkommt.«

Ich komme mir vor wie in einem Kindergarten. Links unter der Treppe ist ein riesiges Regal eingebaut, das von unten bis oben mit Turnschuhen, Sandalen, Hausschuhen, Gummistiefeln, Badelatschen, und was der Schuhladen sonst noch so hergibt, bestückt ist. Dabei scheint es von unten nach oben nur die Einteilung Kiki, Titus, André zu geben, denn ansonsten herrscht buntes Durcheinander.

Auf der anderen Seite hängen Kindertaschen, größtenteils in Rosa, aber auch zwei Rucksäcke mit Superheldenaufdrucken. Der Kleine scheint sowohl auf Batman als auch die Avengers zu stehen.

Als wir die Treppe zum ersten Stock raufgegangen sind, stehen wir vor einem Zaun. Kniehoch und mit in den unterschiedlichsten Farben angemalten Sprossen. Das ist aber noch nicht das Kurioseste an diesem Treppenhaus, dessen Wände in hellem Gelb gestrichen sind, denn am Rand der Treppe schlängelt sich eine hellblaue Rutsche an der Wand entlang. Sie scheint aus dem Stockwerk darüber zu kommen.

André beobachtet offenbar amüsiert, wie ich das Treppenhaus auf mich wirken lasse.

»Hast du das selbst gemacht?«, frage ich geplättet.

Er grinst. »Na ja, entworfen habe ich es. Mein Vater und Emmett haben alles gebaut.«

Emmett ist sein jüngerer Bruder. Er müsste jetzt so fünfundzwanzig sein, wenn ich mich recht erinnere. »Unglaublich.«

»Onkel André, wir wollten doch den Film gucken«, flüstert Kiki kaum hörbar.

»Gleich, Schätzchen. Möchtest du solange zu den Jungs gehen, während ich Mike unser Haus zeige?«, fragt er leise.

Sie blickt mich an, dann schüttelt sie den Kopf und lehnt ihn wieder gegen seine Schulter.

»Okay, wir fangen ganz oben an«, beschließt André und ich folge ihm die Treppe rauf in die dritte Etage.

Dort befinden sich die Kinderzimmer sowie ein kleines Bad. Hier scheint sich mal ein Treppengitter befunden zu haben, wurde aber offenbar mittlerweile abgebaut, da Kiki die Stufen sicher allein überwinden kann. Oder sie rutscht nach unten, denn hier oben scheint der Start zu sein.