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Niemand weiß, wo sie herkommt: Die Floskel von den "ersten 100 Tagen", die in der ersten Führungsposition etwas ganz besonderes sind. Manche hoffen, dass in dieser Startphase so etwas wie Welpenschutz gilt. Viele Berichte neu ernannter Vorgesetzter vom "Stoß ins kalte Wasser" widersprechen dem. Andere wollen gar keinen sanften Einstieg und betonen, wie wichtig ein Kickstart sei. Es gebe keine zweite Chance für den ersten Eindruck - und als "neuer Besen" habe man eine besonders große Chance, "alte Zöpfe" abzuschneiden. So oder so: Die erste Zeit einer neuen Führungsposition - und insbesondere wenn es sich um die erste Personalverantwortung überhaupt handelt - sollte gut vorbereitet und klug gestaltet werden ...
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Seitenzahl: 51
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Für alle Menschen, die noch motiviert sind, als Führungskräfte eine wichtige Verantwortung zu tragen.
1.
Die Floskel der „ersten 100 Tage“
2.
Hilfreiche psychologische Kenntnisse für neue Vorgesetzte
3.
Die Phasen des Führungs-Einstiegs
4.
Tipps für die ersten 100 Tage – praktisch erklärt
5.
Sinnvolle Unterstützung für neue Führungskräfte
6.
Ausblick
Die Autorin
Mehr Titel der Autorin
Niemand weiß, wo sie herkommt, doch sie hält sich hartnäckig: die Floskel der „ersten 100 Tage“, die in einer neuen Führungsposition etwas ganz Besonderes sind. Manche erwarten oder hoffen, dass in dieser Startphase so etwas wie Welpenschutz gilt und die Stakeholder Gnade vor Recht ergehen lassen. Die vielen Berichte neu ernannter Vorgesetzter vom „Stoß ins kalte Wasser“ widersprechen dem.
Andere wollen gar keinen sanften Einstieg und betonen, wie wichtig ein Kickstart sei. Schließlich gebe es keine zweite Chance für den ersten Eindruck, und das Überraschungsmoment könne helfen, als „neuer Besen“ den einen oder anderen „alten Zopf“ abzuschneiden.
Die angenommene Dauer der Startphase von 100 Tagen mag lapidar darauf zurückzuführen sein, dass sich die Tage der ersten drei Monate auf knapp 100 addieren. Wer es tiefgründiger will, kann sich auf die psychologische Annahme berufen, dass das menschliche Gehirn 21 Tage brauche, um eine neue Verhaltensweise einzuüben und dann weitere 90 Tage, um daraus eine Gewohnheit zu machen. Ob nach diesen rechnerisch 111 Tagen auch die neue Führungsposition zum Normalzustand geworden ist, darf bezweifelt werden. In unserer wettbewerbs-, krisen- und veränderungsintensiven Arbeitswelt sind dauerhafte Agilität und lebenslanges Lernen gefordert.
Dennoch: Die erste Zeit in einer neuen Führungsposition – und insbesondere, wenn es die erste Personalverantwortung überhaupt ist – ist von höchster Bedeutung. Es lohnt sich, sie unter die Lupe zu nehmen.
Auf eine Führungslaufbahn arbeitet man in der Regel längerfristig hin. Es gibt eine Zeit, in der man noch keine Personalverantwortung trägt, sich aber für das Thema interessiert. In dieser Phase ist es hilfreich, Führung im Job-Alltag zu erproben und sich Feedback zu holen (z.B. Projekt/Teilprojekt-Leitung, Patenschaft für Praktikanten/Trainees, Stellvertretung für die eigene Führungskraft).
Parallel dazu lohnt es sich, grundlegende psychologische Kenntnisse aufzubauen. Bausteine aus der Persönlichkeits-, Kommunikations-, Gruppen-, Arbeits- und Organisationspsychologie fügen sich für neue Führungskräfte zu einem soliden Stamm- und Wurzelwerk aus Theorie, das später Früchte in Form kluger Praxis-Entscheidungen trägt.
Zu all den hier genannten Themen gibt es zahlreiche Publikationen, daher werden lediglich Überschriften und Literaturquellen genannt:
Persönlichkeits-Psychologie:
Entstehung und Wirkung der eigenen Persönlichkeit
Stressmanagement
Resilienz und mentale Gesundheit bei sich und anderen
Literatur: Heimsoeth, Antje: Kopf gewinnt! Der Weg zu mentaler und emotionaler Führungsstärke. Springer-Verlag 2022; Rusch, Stephan: Stressmanagement. Ein Arbeitsbuch für die Aus-, Fort- und Weiterbildung. Springer-Verlag 2019; Wellensiek, Sylvia: Resilienztraining für Führende. Beltz-Verlag 2017
Kommunikations-Psychologie:
Wirkmacht/ Exponiertheit der Führungskraft, Vorbildfunktion
Persönliche Wirkung und Kommunikationsstil, Charisma
Kommunikation als Führungsinstrument
Literatur: Benien, Karl; Schulz von Thun, Friedemann: Schwierige Gespräche führen, Rowohlt-Verlag 2003; Hossiep, Rüdiger: Mitarbeitergespräche. Hogrefe-Verlag 2020; Jachtchenko, Wladislaw: Rhetorik Kommunikation Körpersprache. Remote-Verlag 2023; Schulz von Thun, Friedemann: Miteinander reden. Kommunikationspsychologie für Führungskräfte. Rowohlt-Verlag 2023
Gruppen-Psychologie:
Gruppendynamik
Teambuilding
Konfliktmanagement
Literatur: Jiranek, Heinz; Edmüller, Andreas: Konfliktmanagement: Konflikten vorbeugen, sie erkennen und lösen (Haufe Fachbuch). Haufe-Verlag 2021; König, Oliver; Schattenhofer, Karl: Einführung in die Gruppendynamik. Carl-Auer-Verlag 2022; Kurp, Harald; Hoefs, Dagmar: Teamentwicklung mit Systemischer Autorität. Carl-Auer-Verlag 2023; Seliger, Ruth: Das Dschungelbuch der Führung. Carl-Auer-Verlag 2023
Arbeits-Psychologie:
Auswirkung von Führung auf Motivation/Frustration
gesundheitsorientierte Führung, betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM)
Zusammenhang zwischen Führung und Leistungs-/ Innovationsklima
Literatur: Peters, Theo; Ghadiri, Argang: Neuroleadership. Springer-Verlag 2014; Purps-Pardigol, Sebastian: Führen mit Hirn. Campus-Verlag 2015; Sprenger, Reinhard: Radikal führen. Campus-Verlag 2023; Strauss, Nicole: Gesund führen. Leistung und Lebensfreude für Chefs und Mitarbeiter. BoD 2013
Organisations-Psychologie:
Transformations- und Change-Prozesse; Führen in der Krise
Führen in der hybriden, digitalisierten Arbeitswelt
generationen- und gendersensible Führung
Literatur: Buhr, Andreas; Feltes, Florian: Revolution? Ja, bitte! Wenn Old-School-Führung auf New-Work-Leadership trifft. Gabal-Verlag 2018; Doppler, Klaus u. a.: Unternehmenswandel gegen Widerstände. Campus-Verlag 2013; Kopp, Lorelei: Die Zukunft der Arbeit ist hybrid, LUVE-Verlag 2022; Kugel, Janina: It's now: Leben, führen, arbeiten – Wir kennen die Regeln, jetzt ändern wir sie. Heyne-Verlag 2023; Laloux, Frederic: Reinventing Organizations. Vahlen-Verlag 2016
Unternehmen, die aus den eigenen Reihen Führungsnachwuchs entwickeln und/oder für extern rekrutierte Personen attraktiv sein wollen, sollten dieses Knowhow in ihren Aus- und Weiterbildungskonzepten berücksichtigen.
Eine der größten Herausforderungen in den ersten 100 Tagen als neue/erstmalige Führungskraft ist die Überfülle an Informationen und Eindrücken. In einem komplexen Stakeholder-Geflecht prasseln Angebote und Erwartungen von Vorgesetzten, Kollegen, eigenen Teammitgliedern, internen und externen Schnittstellen bzw. Kunden, Fachabteilungen, Regulierungsbehörden, der interessierten Öffentlichkeit usw. auf die Führungskraft ein.
Vieles davon wird explizit kommuniziert. Anderes ist implizit (Andeutungen, ungeschriebene Gesetze, Gepflogenheiten, Unternehmenskultur, Gewohnheitsrecht, Prämissen usw.). Die Führungskraft befindet sich auf einer Gratwanderung zwischen Zuhören, Aufnehmen, Lernen auf der einen Seite und Initiative, Innovation, Positionierung auf der anderen Seite.
Um gekonnt zu navigieren, ist es hilfreich, die erste Zeit im neuen Job in vier Phasen zu unterteilen. Phase 1 ist noch vor dem Stellenantritt angesiedelt und umfasst auch die Schlussphase des Bewerbungsprozesses. Phase 2-4 sind „on the job“, aber nicht strikt voneinander getrennt. Sie gehen fließend ineinander über bzw. verlaufen in Iterationen. Die Umsetzungsphase dauert länger als 100 Tage, sie ist der Übergang in den Normalbetrieb.
Abb. 1: Die vier Phasen bei der Übernahme einer neuen Führungsverantwortung (eigene Darstellung)
Die Antrittsrede
Besonders wichtig in Phase 2 ist die Antrittsrede vor dem Team. Kommunikationspsychologische Leitsätze wie „Man kann nicht kommunizieren.“ und „Es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck.“ unterstreichen die Bedeutung dieser ersten „Duftmarke”. Wenn eine neue Führungskraft ein Team übernimmt, kommen zwei Aspekte zusammen, die die menschliche Aufmerksamkeit wie nichts anderes zu fesseln vermögen:
a) ein anderer (neuer) Mensch tritt auf den Plan und
b) eine gewohnte Situation verändert sich.