Weniger Zeug, mehr Freiheit - Angela Straßburger - E-Book

Weniger Zeug, mehr Freiheit E-Book

Angela Straßburger

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Beschreibung

Nach einem langen Tag heimzukommen und nicht nur ein geordnetes Zuhause, sondern auch innere Ruhe zu finden, klingt wie ein Traum? Mit der Methode von Angela Straßburger wird dieser Traum Realität. Unordnung ist nicht nur ein äußeres Problem – sie spiegelt oft inneren Stress und mentale Belastung wider. Mit psychologischen Erkenntnissen, praktischen Tools und motivierenden Übungen zeigt die Aufräum-Expertin, wie du die Stress-Chaos-Spirale durchbrechen und negative Glaubenssätze loslassen kannst. Ihr Raum-für- Raum-System und klare Schritt-für-Schritt-Anleitungen helfen dir, Blockaden zu überwinden und deine vier Wände in eine Wohlfühloase zu verwandeln. Ein ganzheitlicher Ansatz, um Ordnung, Leichtigkeit und inneren Frieden zu finden – denn echte Veränderung beginnt im Inneren. - Mehr als nur Aufräumen: Es geht um mentale Belastung, Stressursachen, Motivation und bewussten Konsum. - Strukturierter Leitfaden: Raum-für-Raum-Anleitungen helfen, Ordnung nachhaltig zu schaffen. - Loslassen lernen: Praktische Strategien, um sich von überflüssigem Ballast zu befreien. - Innere & äußere Ordnung: Tipps zur langfristigen Veränderung von Gewohnheiten und Denkmustern. Das Buch richtet sich an alle, die ihr Zuhause vereinfachen, Stress reduzieren und ein Leben mit mehr Freiraum und Klarheit führen möchten.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
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Seitenzahl: 285

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Angela Straßburger

@seideinzuhause

Weniger Zeug

Die Schritt-für-Schritt-Anleitung für ein aufgeräumtes und organisiertes Zuhause mit hilfreichen Strategien zur Stressbewältigung

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­bibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar.

Für Fragen und [email protected]

Originalausgabe

2. Auflage 2025

© 2025 by mvg Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Türkenstraße 89

80799 MünchenTel.: 089 651285-0

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Wir behalten uns die Nutzung unserer Inhalte für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.

Redaktion: Iris Rinser

Umschlaggestaltung: Sonja Stiefel

Umschlagabbildung und Illustrationen: Celine Wagner, shutterstock.com/jacobhenry7055, shutterstock.com/Olive Kitt

Layout: Sonja Stiefel

Satz: Christiane Schuster | www.kapazunder.deeBook: ePUBoo.com

ISBN Print 978-3-7474-0677-9

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-98922-100-0

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.mvg-verlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

Inhalt

Einleitung
Kapitel 1: Warum überhaupt ausmisten und organisieren?
Mental Load
Stresshormone
Schlaf
Soziale Interaktionen
Die Stress-Chaos-Spirale
Innere Ruhe finden, äußere Ordnung erschaffen
Stressfreie Ordnung
Visualisiere dein Wohlfühlzuhause
Kapitel 2: Loslassen
Loslassen kommt von innen
Es liegt in deiner Macht
Die fünf Schritte des Loslassens
Kapitel 3: Motivation
Was ist Motivation wirklich?
Einfach mal dranbleiben?
Blockaden
Der Filter im Gehirn
Muster verändern
Die Motivation konstant halten
Kurzfristige Motivation: Nutze deine Körperprozesse
Alltagstaugliche Methoden zum langfristigen Antrieb
Just do it
Mit Rückschlägen im Prozess umgehen
Die Familie motivieren: Geht das?
Bonus: Kickstarter-Ausmistchallenge
Kapitel 4: Aussortieren und organisieren
Schritt für Schritt
Grundprinzipien des Aussortierens
Die vier Schritte des Aussortierens
Wohin mit dem aussortierten Zeug?
Ausmisten versus Organisieren
Grundsätze des Organisierens
Kapitel 5: Raum für Raum zu einem wohnlichen Zuhause
Vom Plan zur konkreten Durchführung
Der Flur
Das Wohnzimmer
Die Küche
Von schmutzig nach sauber: Müll, Putzzeug und Wäschepflege sinnvoll organisieren
Das Badezimmer
Das Schlafzimmer
Das Büro
Das Kinderzimmer
Der Keller
Kapitel 6: Ordnung halten im Alltag
Kauf und Konsum
Psychischer Faktor: Die Wunschvorstellung
Die Gefühle hinter dem Konsumverhalten reflektieren
Kognitive Verzerrung
Emotionale Trigger
Sich selbst kennenlernen
Bewusster Konsum
Unterstützende Tools
Konsum reduzieren, Lebensqualität erhöhen
Die Entwicklung der seideinzuhause-Methode
So funktioniert die seideinzuhause-Methode
Durch kleine Gewohnheiten konstant dranbleiben
Tipps für alltägliche Gewohnheiten
Schau mal zurück
Deine nächsten Schritte
Danke
Über die Autorin
Quellen

Einleitung

Ich warne dich vor: Es geht in diesem Buch gar nicht per se um Ordnung!

Weil es nie um die Ordnung an sich geht. Es geht auch nicht um das Ausmisten, Aufräumen oder Loslassen von materiellem Besitz an sich. Ja, wir werden hier ausmisten: Ich werde dir in diesem Buch zeigen, wie du dich von materiellem Ballast befreien und dir ein Zuhause in Einfachheit schaffen kannst. Dabei entsteht ein Freiraum, der im Alltag viel leichter zu organisieren ist und dir täglich ein Lächeln ins Gesicht zaubern wird.

Doch trotzdem geht es hier nicht um diesen Akt an sich.

Es geht um deine darunterliegenden Bedürfnisse, die du dir durch das Ausmisten, den Freiraum und die Ordnung erfüllen möchtest. Bedürfnisse wie innere Ruhe, mehr freie Zeit und Wohlbefinden.

Die meisten von uns haben leider nie gelernt, ein Alltagsleben zu führen, das einfach und übersichtlich ist und in dem es freie Zeit gibt, die sinnvoll für den eigenen Energiehaushalt genutzt werden kann. Stattdessen haben wir gelernt, dass Haushalt nervig ist, eine Belastung darstellt und uns auf ewig das Gefühl vermittelt, »es einfach nicht zu schaffen«. Dieser Kampf führt dauerhaft zu Erschöpfung und Selbstabwertung.

Du merkst es schon, richtig? Dieses Buch ist nicht ein weiteres in der Reihe »Wie miste ich meine Wohnung aus?«. Es geht viel tiefer, denn es wird dir wertvolle Einblicke in generationsübergreifende Prägungen, alte Glaubensmuster und tradierte Verhaltensweisen geben. Nur wenn du diese hinterfragst, wirst du deinen persönlichen Weg finden, egal, wo du gerade stehst, und egal, wie sehr du das Gefühl hast, dich immer nur im Kreis zu drehen.

Bewusstsein ist der erste Schritt zur Veränderung. Dieses Buch wird dich durch diesen Prozess begleiten: Vom Erkennen der eigenen Blockaden, unbewussten Überzeugungen und Muster über das Loslassen von materiellem und mentalem Ballast bis hin zum Finden deiner persönlichen inneren und äußeren Ordnung – und natürlich auch zur direkten Umsetzung.

Ausmisten ist mehr als irgendein Projekt in deinem Zuhause.

Ausmisten und Organizing ist eine neue Lebensanschauung, die uns weg von Überfluss und unachtsamem Kauf- und Konsumverhalten bringen soll – hin zu einem achtsamen Leben des Weniger: weniger Zeug, weniger Chaos, weniger Unordnung und dafür mehr Freiraum, Leichtigkeit und Wertschätzung für die Dinge, die wir wirklich brauchen und gerne um uns haben.

Erstrebenswert ist nicht mehr, sich mit materiellem Besitz zu schmücken, Dinge anzusammeln und für jedes Worst-Case-Szenario etwas parat zu haben, sondern ein vereinfachtes Zuhause zu gestalten, das zu innerer Zufriedenheit führt. Wir lernen, wie man das erarbeitete Geld nicht mehr gegen Gegenstände eintauscht, sondern gegen qualitativ wertvolle Zeit: Erlebnisse mit der Familie, Urlaube und Auszeiten.

Aus meiner Erfahrung weiß ich allerdings, dass nur die wenigsten das tatsächlich umgesetzt bekommen. Nur einem geringen Anteil der Menschen, die ich täglich in meiner Arbeit als Ordnungscoach sehe, fällt es leicht, sich von all dem angesammelten Zeug zu trennen. Dem Großteil der Menschen fällt es unheimlich schwer, Materielles loszulassen. Und dann kommt meistens auch noch der Alltag dazwischen. Alle sorgfältig gehegten Pläne, sich wirklich diesen einen Nachmittag ums Ausmisten zu kümmern, werden meist schneller, als die Polizei erlaubt, über den Haufen geschmissen, um sie dann die nächsten zwei Wochen hin- und herzuschieben, bis sie entweder in Vergessenheit geraten oder endgültig ad acta gelegt werden.

Ausmisten fühlt sich für die meisten Menschen an wie ein riesengroßer, unerklimmbarer Berg.

Was dabei häufig auch noch vergessen wird: Das Ausmisten allein ermöglicht noch keine anhaltende Ordnung. Dazu braucht es eine funktionale Organisation der Gegenstände, die den Alltag tatsächlich erleichtert und sich im Alltagsstress aufrechterhalten lässt.

Ich werde dich in den folgenden Kapiteln an die Hand nehmen und dich mitnehmen auf eine Reise: eine Reise in dein Inneres, das sich im Außen spiegelt. Ich werde dir helfen, dich mental und materiell zu befreien, damit Leichtigkeit in dein Leben und in dein äußeres und inneres Zuhause einziehen kann. Denn nur, wenn du dein eigenes Zuhause bist, wird dein Zuhause im Außen auch das sein können, was du dir wünschst. Erst dann wirst du dich wirklich wohlfühlen.

Bitte gehe achtsam in diesen Prozess, mache ihn in deinem Tempo. Dein Weg wird nicht perfekt sein. Und das soll er auch gar nicht! Nimm die Gefühle, die auftauchen werden, an, nimm dir Zeit für dich und deinen Prozess, reflektiere, setze um und kehre zurück.

Und vergiss nicht: Ich bin hier mit dir, auf jedem Schritt deines Weges. Jedes Wort dieses Buches ist mit so viel Liebe, Bedacht und Wertschätzung geschrieben. Danke, dass du hier bist. Ja: du. Ich sehe dich.

 

Lass uns losgehen.

 

Nur Liebe,

Angela

Kapitel 1: Warum überhaupt ausmisten und organisieren?

Du kommst nach einem langen, anstrengenden Tag nach Hause und statt dich über die wohltuende Erholung zu freuen, die dir dein Zuhause bescheren sollte, ist das, was du in der Realität spürst, etwas ganz anderes. Die Gewissheit des Chaos, das dort drin auf dich wartet, wiegt schwer auf deinen Schultern und verengt deine Brust. Der Gedanke an die Geschirrberge an der Spüle, die verhindern, dass du dir schnell ein genussvolles Abendessen gönnen könntest. Die Kommode, von deren Oberfläche man durch die Türmchen von Liegengelassenem kaum etwas sieht. Die Pseudo-Briefablage in der Kramschublade, die sich im Übrigen seit Langem kaum mehr ohne Stopfen schließen lässt. Der mit Kleidung eingedeckte Badewannenrand, der dir rät, den Akt des heißen Schaumbades doch nicht mehr auf dich zu nehmen, trotz des schmerzenden Rückens. Das durchwühlte Sofa und der krümelige Boden, der danach schreit, gesaugt zu werden. Der nach dir schreit und dir gleichzeitig schmerzhaft zur Schau stellt, was du alles »mal wieder nicht geschafft« hast. Nun kommen Selbstvorwürfe in dir hoch: »Ich bin so faul. Ich schaffe es einfach nicht. Ich ziehe nichts durch.« Dann wirfst du dir resigniert eine Fertigpizza in den Ofen und schmeißt dich vor den Fernseher, in der Hoffnung, dass morgen alles anders wird.

Kennst du dieses Szenario? Das tust du, nicht wahr? Und damit bist du nicht allein. Es geht unwahrscheinlich vielen Menschen so, und wen wundert das, bei dem, was unser Alltag uns abverlangt? Der allgemeine Standard heute ist, dass wir jeden Tag so viele Aufgaben haben, die unseren Kopf füllen und ein Knäuel aus Chaos und Stress in uns entstehen lassen.

Deine To-do-Liste ist ellenlang und deine Zeit begrenzt. Du fühlst dich an den meisten Tagen der Woche überfordert und gestresst. Und genau hier kann die Ordnung dein Verbündeter werden, denn ein Zuhause, das weniger Dinge enthält und dafür mehr Ordnung, ermöglicht dir eine ruhige, wohltuende Atmosphäre, in der du den Überblick behältst.

Ich wäre nicht ich, wenn ich dir das Ganze nicht auch noch tiefgreifender erklären würde, denn ich bin der Meinung, dass du erst dann die Möglichkeit hast, etwas richtig zu greifen und für dich selbst anzuwenden, wenn du es auch verstanden hast. Wissen ist nicht nur Macht, sondern schafft Bewusstsein – und sich über etwas bewusst zu sein, ist immer der erste Schritt zur Veränderung. Du kannst schlicht nichts verändern oder verbessern, was du nicht auch erkennst. Also, lass mich einmal einige Fakten auf dem Tisch ausbreiten.

Mental Load

Ein unaufgeräumtes Zuhause kann zu Überwältigung führen, weil das Gehirn Schwierigkeiten damit hat, den Fokus bei dieser Auswahl an möglichen visuellen Ablenkungen auf einer Sache zu halten. Die Arbeit, die das für unser Hirn und für unser Nervensystem bedeutet, wird leider immer noch oft unterschätzt oder erst gar nicht als solche identifiziert. Hinzu kommen all die Aufgaben, um einen stressigen Alltag zu organisieren. Mental Load kann rasch zu einer immensen Belastung führen. Leider ist es immer noch unsere Realität, dass Frauen ganz besonders davon betroffen sind, weil sie immer noch den Großteil der Care-Arbeit und der Koordination in der Familie übernehmen: Welche Erledigung steht nächsten Dienstag an, was muss dafür noch vorbereitet werden? Welche Kleidergröße haben die Kinder, was muss für die kalte Jahreszeit neu gekauft werden? Wohin fahren wir in den Urlaub? Was muss ich für Schwiegermamas Geburtstag kaufen? Wann schreibt unser Sohn einen Mathetest und welchen Kuchen backen wir fürs Schulfest? Wann muss eigentlich dieser Vertrag gekündigt werden und wie viele Male habe ich ihn schon daran erinnert, das zu tun, weil der Vertrag auf seinen Namen läuft? Das sind nur einige Beispiele der nicht sichtbaren, aber dafür ständig präsenten Aufgaben, die Mental Load hervorrufen.

Es ist einfach ein nicht kleinzuredender Fakt, dass in den allermeisten Beziehungen und Familien die Frau für all diese »Hintergrundarbeit« zuständig ist, weil sie das Gefühl hat, dass es nicht erledigt wird, wenn sie es nicht erledigt oder zumindest 13,5-mal daran erinnert. Hier braucht es dringend eine Veränderung in den Köpfen der Menschen. Die meisten Männer sagen nämlich zu allem Übel: »Ich würde ja helfen. Du musst mir nur sagen, was ich für dich tun kann.« Und obwohl das mit Sicherheit freundlich gemeint ist, ist genau das Teil des Problems.

Ich sage meinen Klient*innen dazu: »Das ist eure gemeinsame Platte. Eure Familie, eure Beziehung, eure Kinder, euer Haushalt, eure Verträge, eure Termine. Du musst ihr nichts von dieser ›Aufgaben-Platte‹ abnehmen, denn es ist gar nicht ihre. Es ist eure. Ihr solltet die Platte gemeinsam tragen und zu gleichen Teilen Aufgaben davon herunternehmen. Beide, selbstwirksam, in Absprache und ohne, dass der eine Part sich dazu gezwungen fühlt, ständig darauf aufmerksam zu machen.« 

Natürlich ist das Ganze historisch so gewachsen. Vor wenigen Generationen noch war es eine Selbstverständlichkeit, dass der Mann zur Arbeit ging und die Frau alles andere gemanagt hat, selbst wenn auch sie arbeitete. Die klassische Rollenaufteilung eben. Doch es ist an der Zeit, dass wir anerkennen, dass unsere Lebensgestaltung, unsere Ansichten und Perspektiven sich verändert haben. Für viele Familien sieht der Alltag so aus, dass beide Partner arbeiten gehen und dennoch die Frau den Großteil der Care-Arbeit übernimmt.

Eine Studie des University College London aus dem Jahr 2019 hat sogar ergeben, dass Frauen, auch wenn sie gleichermaßen Vollzeit berufstätig sind, 93 Prozent mehr Hausarbeit verrichten als Männer.1 Und dass Frauen durchschnittlich 7,5 Stunden mehr pro Woche mit Hausarbeit verbringen als ihre männlichen Partner. Das ist mehr als die doppelte Belastung und zeigt die immer noch anhaltende Ungleichheit der Verteilung von Verantwortung auf.

Natürlich ist der Großteil unseres Mental Loads auf systemische Probleme zurückzuführen. Doch was wir in unserem kleinen Rahmen, in unserer eigenen Welt, in unserem Zuhause tun können, wird das Leben nachhaltig zum Positiven verändern. Das gilt insbesondere auch für Singles oder Partnerschaften ohne Kinder. Auch sie haben häufig eine enorme mentale, zeitliche und organisatorische Belastung im täglichen Leben. Sie profitieren genauso von der Erleichterung, die uns ein aufgeräumtes und organisiertes Zuhause im Alltag schenkt.

Unser Hirn hat es gerne ordentlich. Das erleichtert ihm das Setzen von Prioritäten, was wir brauchen, um in uns Ruhe zu spüren. Fühlst du dich innerlich zerstreut, gestresst und hast »Chaos im Kopf«, hast du keinen mentalen Platz mehr, einen klaren Gedanken zu fassen. Stattdessen fängst du irgendwas an, wirst nicht fertig und rennst, ohne Plan, ständig einem To-do nach dem nächsten hinterher. Ordnung, freie Flächen und Organisation beruhigen das Nervensystem und schenken Klarheit. Mehr Freiraum im Kopf führt zu mehr Freiraum im Leben.

Stresshormone

Es gibt zahlreiche Studien über die Auswirkungen von Unordnung und Gerümpel auf die mentale Gesundheit, den Stresspegel und das allgemeine Wohlbefinden. Zum Beispiel hat die University of California, Los Angeles (UCLA), herausgefunden, dass Frauen, die ihr Zuhause als voll, chaotisch und unordentlich empfinden, tagsüber einen deutlich erhöhten Cortisolspiegel aufweisen.2 Damit fühlten sich die Teilnehmerinnen deutlich gestresst und unter Druck in ihrem Zuhause. Hier sehen wir wieder die Auswirkungen der gesellschaftlichen Erwartungshaltungen in Bezug auf Frauen.

Doch nicht nur Frauen sind betroffen. Das Princeton Neuroscience Institute hat herausgefunden, dass visuelle Unordnung die Fähigkeit des Gehirns, sich zu konzentrieren und Informationen zu verarbeiten, beeinträchtigt, was zu erhöhtem Stress führt und das Wohlbefinden mindert.3 Das betraf, geschlechterunabhängig, sowohl Männer als auch Frauen. Es lässt sich also durchaus sagen, dass Unordnung und Chaos die meisten Menschen negativ beeinflusst, zu mehr Stress führt und die allgemeine Zufriedenheit und Lebensqualität mindert.

Cortisol ist unser Stresshormon und spielt die zentrale Rolle im Stressreaktionssystem unseres Körpers. Wenn wir uns gestresst fühlen, wird Cortisol ausgeschüttet. Unser Körper versucht uns damit auf Überlebensreaktionen vorzubereiten, die wir im Fall der Fälle brauchen könnten. Dieses System ist im wahrsten Sinne des Wortes steinalt. Für die Menschen in der Steinzeit war dieser Mechanismus überlebenswichtig, denn im Ernstfall, wenn der Säbelzahntiger um die Ecke kam, musste man schnell reagieren können, um fliehen oder kämpfen zu können. Cortisol bindet damit die Energie und passt Körperfunktionen in Notsituationen an. Dadurch beeinflusst es beispielsweise auch unseren Stoffwechsel, indem es den Blutzuckerspiegel erhöht, damit wir genug Power für eine rasche Reaktion haben.

Das Ganze ist natürlich unheimlich wichtig für uns und grundsätzlich ein wunderbares System, das dazu dient, unser Überleben zu sichern. Doch es wird zum Problem, wenn wir nicht nur in einer akuten Gefahrensituation erhöhte Cortisolwerte haben, sondern diese uns als »Grundeinstellung« unseres Körpers tagtäglich begleiten. Das führt über kurz oder lang zu Gesundheitsproblemen. Leider stellt dieser Dauerstress keinen Einzelfall dar, sondern ist zur Norm geworden.

Schlaf

Eng verbunden mit unserem Stresshormon ist auch beeinträchtigter Schlaf in einer unordentlichen Schlafatmosphäre. Ein unaufgeräumtes Schlafzimmer kann die Schlafqualität unmittelbar beeinflussen. Eine Studie der St. Lawrence University, Canton, New York, aus dem Jahr 2017 zeigt, dass Menschen, die einem ordentlichen und sauberen Schlafzimmer schlafen, eine deutlich bessere Schlafqualität haben, was wiederum ein Gefühl von Ruhe fördert, das den Schlaf unterstützt.4 In einem Schlafzimmer, das unaufgeräumt ist, wirst du automatisch an alle unerledigten Aufgaben erinnert. Kein Wunder, dass das ein Gefühl von Unruhe und Enge in dir auslösen kann. Wer soll sich da entspannen?

Auch im Feng-Shui, das die Harmonisierung von Energieflüssen in Räumen zum Ziel hat, gilt Unordnung im Schlafzimmer als Blockierer von Qi, der Lebensenergie, was das Wohlbefinden und die Schlafqualität negativ beeinflusst. Ein aufgeräumter, geordneter Schlafraum ist also bereichernd für die Qualität des Schlafes, für das Level an Erholung und damit für deinen Energiehaushalt an jedem Tag.

Soziale Interaktionen

Deine größte Horrorvorstellung ist es, dass es unerwartet an der Tür klingelt? Kennst du die Panik, die in deinen Kopf zieht und dein Herz für eine Millisekunde zum Stehen bringt, wenn spontan jemand bei dir vorbeikommt? Gedanken wie »Mist, wie konnte ich nur vergessen, dass der Handwerker kommt?«, während der nette Herr durch deine ganze Wohnung läuft, um die Zähler an den Heizkörpern abzulesen? Die Scham, die dich wünschen lässt, das ganze Prozedere so schnell wie möglich zu beenden, um dann den Kerl nie wieder sehen zu müssen? Und die Verärgerung über deine »Unfähigkeit«, ein ordentliches Zuhause zu schaffen?

Dieses Beispiel zeigt, dass soziale Interaktionen durch Unordnung und Chaos stark beeinträchtigt werden können. Das obige Szenario ist weitverbreitet und auch total verständlich. Natürlich bedeutet das nicht, dass jeder Besuch bei dir zu Hause zu ähnlichen Gefühlen bei dir führt. Wenn beispielsweise deine Schwester vorbeikommt und bei dir sieht’s aus wie bei Hempels unterm Sofa, wird dir das vermutlich eher egal sein, als wenn die nette Mama aus dem Kindergarten deiner Tochter plötzlich vor der Tür steht.

Auch wenn jemand angekündigt kommt, kann das Stresspotenzial erheblich sein: Wahrscheinlich legst du dann eine mehrstündige Komplett-Aufräum-und-Putz-Aktion ein, die dich für diesen einen Tag zufrieden mit deinem Zuhause sein lässt, selbst wenn du die herumliegenden Sachen einfach in den Kleiderschrank gestopft hast. Aber das wird ja der Besuch nicht erfahren.

Aber warum haben wir überhaupt so ein Problem damit, wenn andere sehen, dass es bei uns unordentlich ist? Zunächst ist es wichtig, dass du dir bewusst machst, dass nicht alles, was wir als problematisch empfinden, auch faktisch ein Problem ist. Ich bin mir sicher, dir ist klar, dass dir nichts passiert, wenn jemand zu dir nach Hause kommt und sich denkt: »Wie sieht’s denn hier aus?« Du wirst es überleben, es ist faktisch nicht schlimm. Aber es fühlt sich so an. Das liegt, zum einen, an antrainierten Gedanken, die du als bare Münze nimmst, weil sie dir wieder und wieder so eingeredet wurden. Man sei faul und unfähig, wenn man es nicht hinbekommt, ein ordentliches Zuhause zu haben. Diese Gefühle und Glaubensmuster lösen Scham und Schuld in dir aus. Mach dir bewusst, dass faktisch gar kein Problem vorliegt, denn noch einmal: Dir geschieht nichts, egal, was jemand denkt. Es fühlt sich nur gefährlich an. Das heißt, auch wenn du seit drei Monaten nicht aufgeräumt hättest und dann einen Tag der offenen Haustür veranstalten würdest, würden deine Gäste am Ende gehen und du wärst immer noch da. Es ist dann also ein erdachtes Problem, das im Grunde keines ist.

Auf der anderen Seite kann das unzufriedene Gefühl, das du gegenüber deinem Zuhause hast, auch ein starker Indikator dafür sein, dass dein Zuhause nicht deine inneren Werte widerspiegelt. Dir ist Ruhe, Einfachheit, Leichtigkeit und Wohlbefinden eigentlich sehr wichtig, aber dein Zuhause ruft laut »Chaos, Unordnung, Stress und Enge«. Das, wonach du leben möchtest, erfüllt dein Zuhause nicht, und das sorgt für Unzufriedenheit und einen Wunsch nach Veränderung.

Von zehn Menschen, die dieses Buch lesen, werden zehn Menschen unterschiedliche Einstellungen und Ansichten diesbezüglich haben. Genauso, wie jeder Ordnung anders wahrnimmt. Für jemanden, der Minimalismus liebt, bedeutet eine aufgeräumte Wohnung, dass so wenig wie möglich herumstehen darf. Während jemand, dem Struktur wichtig ist, unter Ordnung versteht, dass jedes Ding an seinem Platz ist. Wieder andere brauchen für ihr Wohlbefinden passende Deko und Accessoires. Aufräumen ist also sehr individuell.

Deshalb ist es wichtig, dass du dich auf diesem Weg mit deinen eigenen Gedanken und Mustern auseinandersetzt und für dich herausfindest, was es ist, das dich dazu antreibt, dein Zuhause zu verändern. Genauso auch wahrzunehmen, was davon vielleicht dein Leben lang präsent war, was jetzt aber nicht mehr auf deinem Weg mitgehen darf.

Es geht nicht und niemals darum, was irgendjemand über dein Zuhause denkt, sondern immer nur darum, dass du das Heim hast, das sich für dich richtig anfühlt und in dem du dich wohlfühlst.

Die Stress-Chaos-Spirale

Wie im Tunnel scrollst du auf Social Media, während im Hintergrund die Netflix-Serie läuft. Gedankenlos knabberst du an deinen Nägeln, machst im Vorbeigehen den Kühlschrank auf oder schiebst dir eine Nuss nach der anderen zwischen die Backen. Wobei ertappst du dich immer wieder? Dieses Verhalten wird auch Autoregulation genannt und ist eine Reaktion unseres Nervensystems auf Dysregulation.

Ich erinnere mich an eine liebe Kundin, wir nennen sie hier Maria, die ich über mehrere Wochen intensiv begleitet habe. In einer unserer ersten Coaching-Sessions kamen wir auf das Thema Stress, und ich versuchte, durch gezielte Fragen herauszufinden, wie sich der Stress in ihrem Alltag sichtbar machte. Zunächst erzählte sie mir von Verspannungen im Nacken und häufigen Rückenschmerzen, dann von ihrem angespannten Kiefer und ihrem Zähne-Aufeinanderbeißen, und schließlich filterten wir ihr immer gleiches, routiniertes Muster am Abend heraus. Maria arbeitete Teilzeit außer Haus und hatte zwei Kinder, die sie am Nachmittag nach ihrem Arbeitstag vom Kindergarten abholte. Zu Hause versuchte sie, entspannt Zeit mit ihren Kindern zu verbringen, den Haushalt zu schmeißen und Abendessen zu kochen, bis sie die beiden ins Bett brachte. Nach dem Zubettbringen setzte sie sich aufs Sofa und fing an, auf ihrem Smartphone herumzudaddeln. An diesem Punkt fühlte sie sich fast schon taub und wusste sonst nichts weiter mit sich anzufangen. Wie gelähmt, merkte sie irgendwann, dass sie durstig war, und empfand es doch als Unmöglichkeit, sich aufzuraffen und sich aus der Küche etwas zu trinken zu holen, geschweige denn auf die Toilette zu gehen. Selbst rechtzeitig ins Bett zu gehen, fiel ihr ungemein schwer, nicht weil sie nicht müde gewesen wäre, sondern weil der Weg ins Badezimmer sich anfühlte, als ob sie den Himalaja besteigen müsste. Und so ging sie fast jeden Abend zu spät ins Bett, schlief unruhig und war am nächsten Tag wieder müde.

Eigentlich hatte sie doch ganz andere Wünsche für ihren Abend. Sie wollte gerne routiniert die Küche aufräumen, damit sie den nächsten Morgen mit mehr Leichtigkeit starten könnte, bei einem wärmenden Tee ein gutes Buch lesen und dann, mit dem Gefühl, sich um sich gekümmert zu haben, ins Bett gehen, um sich im Schlaf zu erholen. Und doch wiederholte sich allabendlich dieselbe Schleife, aus der sie so gerne ausbrechen wollte. Was passierte da bei ihr?

Maria drehte sich in der Stress-Chaos-Spirale. Mit diesem Begriff beschreibe ich den Kreislauf des Einflusses von Stress auf das Zuhause und andersherum von unserem Zuhause auf unseren Stresspegel. Maria hatte mit ihrer Arbeit und den häuslichen Verpflichtungen viele Stressfaktoren in ihrem Alltag. Sie hatte das Gefühl, überhaupt keine Zeit für sich zu haben und sich in einem endlosen Hamsterrad abzustrampeln. Regelmäßig geriet sie an die Grenzen ihrer Belastbarkeit, war bereits einige Male Burn-out-gefährdet und spürte sehr oft Unzufriedenheit gegenüber sich selbst und ihren Verhaltensweisen. Tagein, tagaus verrichtete sie ihre Arbeit, versorgte ihre Familie und versuchte, ein schönes Zuhause herzustellen, in dem sich alle wohlfühlen konnten. Ordnung und Sauberkeit waren ihr eigentlich sehr wichtig, und sie wusste, dass ein aufgeräumtes und sauberes Zuhause, das gut riecht und gemütlich ist, sich positiv auf ihr Wohlbefinden auswirken würde. Umso größer wurde mit der Zeit ihr Frust gegenüber ihrer eigenen Unfähigkeit, an Routinen und Vorhaben dranzubleiben, wie sie es betitelte.

Kennst du das auch von dir? Der Stress, den du den Tag über spürst und den du nicht lösen kannst, saugt deine Energie aus, bis du am Abend nur noch völlig ausgelaugt in ein tiefes Loch fällst? Dann befindest du dich in der Stress-Chaos-Spirale. Durch den Stress des Alltags entsteht Unordnung und Chaos, weil du es vor Ermüdung nicht schaffst, aufzuräumen und Routinen einzuhalten. Durch die Unordnung und all die visuell sichtbaren unerledigten Aufgaben, die dir das Chaos vorhält, machst du dir wieder Druck, der dich ermüdet und die Unordnung noch größer werden lässt – eine nie enden wollende Spirale entsteht.

»Ist es die Henne oder das Ei, was zuerst da war?«, könntest du dich jetzt fragen. Was ist der Ursprung? Die Unordnung oder der Stress? Was ist der eigentliche Verursacher dieser ganzen Thematik und wo ist damit der erste Ansatz, um aus diesem Teufelskreis auszubrechen?

Ich möchte dir die Antwort in Form einer anderen Perspektive auf das Ganze geben. Stelle dir einmal folgendes Szenario vor: Das Erste, was Maria macht, wenn sie am Morgen aufsteht, ist, sich selbst einige tiefe Atemzüge zu schenken und dann im Badezimmer ihrer achtsamen fünfminütigen Gesichtspflege-Routine nachzugehen, um sich für den Tag frisch zu machen. Im Anschluss geht sie in die Küche, trinkt ein Glas warmes Wasser mit einigen Spritzern Zitronensaft und bereitet sich einen duftenden Kaffee vor, den sie dann in ihrem Lieblingssessel genießt. Anschließend holt sie die vorbereiteten Brotdosen aus dem Kühlschrank, räumt schmutziges Geschirr in die Spülmaschine, packt die Taschen der Kinder und geht die beiden langsam wecken. Während der Arbeit nimmt sich Maria immer wieder kleine Pausen, um bei sich einzuchecken, bewusst zu entschleunigen und aufgekommenen Stress, wo es eben geht, zu lösen. Bevor sie ihre Kinder vom Kindergarten abholt, gönnt sich Maria täglich noch drei Minuten im Auto vor der Kita, die sie nutzt, um sich auf den kommenden Nachmittag mit ihren Kindern einzustellen und den Arbeitstag loszulassen. Als sie nach Hause kommt, spielt sie mit ihren Kindern, macht etwas Haushalt und bereitet dann das Abendessen zu. Nach dem Abendessen bereitet sie die Brotdosen für den nächsten Tag vor und räumt die Küche auf, bevor sie sich noch einmal in Ruhe mit ihren Kindern hinsetzt, um ein paar schöne Kinderbücher zu lesen und dann mit ihnen das Kinderzimmer aufzuräumen. Nachdem die Kinder schlafen, kocht Maria sich einen Tee, setzt sich mit einem Buch auf die Couch oder schaut eine Folge ihrer aktuellen Lieblingsserie. Bevor sie ins Bett geht, legt sie noch die Sofadecke zusammen. Am nächsten Morgen wartet ein aufgeräumtes, gemütliches Zuhause und ein Morgen in Leichtigkeit auf sie.

Aus diesem Beispiel-Szenario kannst du erfahren: Die Ordnung kommt immer aus uns heraus, nicht aus dem Raum an sich. Wenn Maria auf sich achtet und wahrnimmt, was sie braucht, um sich gut und energiegeladen zu fühlen, dann wird sie die innere Ruhe haben, um klar und strukturiert zu denken und Routinen einzuhalten. Das Wichtige dabei ist, sich selbst nicht zu vergessen und bewusst Momente im Alltag zu schaffen, um seine Bedürfnisse wahrzunehmen und diese zu erfüllen. Sei es, um das Glas Wasser zu trinken, den Körper zu bewegen oder sich einfach mal kurz hinzusetzen und durchzuatmen.

Natürlich ist nicht jeder Tag gleich. Das Leben lebt. Unsere Pläne werden durchkreuzt, das Kind wird krank, ein Termin muss eingeschoben werden und so weiter. Wir können niemals davon ausgehen, dass alles immer ge­nau so läuft, wie wir uns das vorstellen. Vielleicht braucht es hier die Flexibilität, genau das von vornherein einzuplanen. Manchmal ist es leichter, sich Zeit für sich zu nehmen, und manchmal weniger leicht. Doch es braucht gar nicht so viel, wie du jetzt vielleicht denkst. Es reicht bereits, sich gedanklich selbst zur Priorität zu machen: Nimm deine Bedürfnisse wahr und versuche, sie so gut es eben gerade geht zu erfüllen.

Meist sind es schon die Grundbedürfnisse, die im Alltag aufgeschoben werden. Du kennst das bestimmt: Du willst wirklich nur noch diese Aufgabe fertig machen und dann trinkst du etwas, »wirklich«! Zwei Stunden später meldet sich ein unbändiger Durst und sagt dir, dass du immer noch nichts getrunken hast. Was ich damit sagen will: Achte auf die vermeintlich kleinen Dinge. Nimm dir Zeit, um zu trinken, zu essen, auf die Toilette zu gehen, frische Luft zu schnappen. Und zwar gleich – nicht erst Stunden später! Auch das hilft dir, um nicht übermäßig in Stress zu geraten.

Innere Ruhe finden, äußere Ordnung erschaffen

Nun stellst du dir sicher die Frage: »Wie befreie ich mich von diesem Stress?«

Lass mich dich, um dir die Frage zu beantworten, durch drei Schritte führen, die den Prozess herunterbrechen:

Schritt 1: Deine Prägungen

Sehen wir uns zunächst die tiefste Schicht in uns an, um wirklich an den Ursprung deiner bisherigen Schwierigkeiten und Blockaden zu gelangen, die dich bisher immer wieder davon abgehalten haben, Stress zu lösen. Es sind die Prägungen, die du aus deiner frühsten Kindheit bis heute in dir und mit dir herumträgst.

Kinder sind wie Schwämme. Alles, was die »allwissenden« Erwachsenen sagen, saugen sie auf, ohne in der Lage zu sein, zu filtern, was stimmt und was falsch sein könnte. So kommt es auch, dass sie über sich selbst das annehmen, was sie über Worte oder Gefühle von Erwachsenen gespiegelt bekommen. Hört ein Kind beispielsweise immer wieder, dass es zu laut sei und nerve, wird es genau das über sich selbst annehmen und in den meisten Fällen als Überzeugung mit ins Erwachsenenalter tragen: »Ich bin nicht richtig, so wie ich bin.« So wird man sein Leben lang vom Gefühl begleitet, etwas Falsches getan oder gesagt zu haben; man wird sich ständig entschuldigen und sich verstellen, aus Angst, aufzufallen und bewertet zu werden. Denn negative Bewertungen fühlen sich dann an wie das verletzliche Offenlegen der eigenen Überzeugung, in seinem eigenen, natürlichen Sein falsch zu sein.

Das Gefühl, nicht richtig zu sein, wird in unserer Leistungsgesellschaft zusätzlich gefördert, indem wir Kindern in der Schule vorgeben, welche Antworten oder individuellen Ansichten falsch sind, dick und fett mit Rot markiert. Ich bin nicht hier, um über das Schulsystem zu sprechen, sondern um aufzuzeigen, welche Folgen aus gewissen Strukturen innerhalb des Systems für das eigene Selbstbild resultieren können. Du hast das Gefühl, nie genügen zu können. Du verknüpfst deine erbrachte Leistung unmittelbar mit deinem eigenen Wert. Du fühlst dich weniger wertvoll, wenn du meinst, nicht gut genug gehandelt und geleistet zu haben. Und das stresst enorm.

99 Prozent aller Menschen, die zu mir kommen, leben in diesem Strudel der Leistungsabhängigkeit und sind sich dessen überhaupt nicht bewusst. Der Ursprung ist das immerwährende Gefühl von »Ich bin nicht genug« und das Jagen danach, endlich genug zu sein. Und dieses Ziel soll nun mal die erbrachte Leistung erfüllen.

Solange du deinen Wert von deiner Leistung abhängig machst, wirst du deine Stimmung und die Verbindung zu dir selbst immer davon abhängig machen, wie viele Aufgaben du am jeweiligen Tag von deiner To-do-Liste streichen konntest, statt in innerer Ruhe, Klarheit und in liebevoller Kommunikation mit dir selbst zu denken und zu handeln. Selbstverständlich geht es hier nicht darum, keine Ziele mehr zu haben. Sondern darum, sich mit sich selbst sicher und verbunden zu fühlen, ganz egal, was man erledigt hat und was nicht.

Du bist gut genug. Dein Wert ist völlig unabhängig von deiner Leistung. Du bist wertvoll aufgrund deiner puren Existenz, und nichts und niemand kann daran etwas ändern.

Schritt 2: Deine Bedürfnisse

Wie schaffe ich es, mich klar und bewusst im Alltag um meine Bedürfnisse zu kümmern? Die meisten nehmen an, dass mit Selbstfürsorge das wöchentliche heiße Schaumbad, der Thermengang und die Gesichts­packung gemeint ist – und haben dann trotzdem den Eindruck, dass sie nie Zeit haben, sich um sich selbst zu kümmern. Wir glauben, wir müssten immer irgendetwas tun, wobei es doch eigentlich die Ruhe ist, die unsere Energiespeicher auffüllt. Das Stehenbleiben im Alltag, das Bei-sich-Ein­checken, den eigenen Körper wahrnehmen, präsent werden und sich fragen »Wie fühle ich mich? Was brauche ich gerade?« ist das, was dir den Raum gibt, auf deine Bedürfnisse einzugehen, auch im vollen Alltag.

Wir fühlen uns an kaum einem Tag gleich. Selbst innerhalb eines Tages verändert sich unser Energiehaushalt, denn unser Körpersystem ist stetig am Arbeiten, in einem Wechselspiel aus Anspannung und Entspannung, wie ein Pendel, das hin- und herschwingt und niemals stehen bleibt. Das hängt mit deinem Nervensystem zusammen: Sympathikus (Anspannung) und Parasympathikus (Entspannung) sind die zwei großen Gegenspieler deines Nervensystems, die sich gegenseitig brauchen, um gesund zu funktionieren. Wir benötigen beide Pole in unserem Leben, denn ohne Anspannung ist keine Bewegung möglich, so wie ohne Entspannung keine Erholung möglich ist und somit keine Kraft.

Problematisch wird es dann, wenn du dich dauerhaft im Bereich der Anspannung befindest, denn was dann passiert, ist genau das, was du bereits von dir kennst: Du bist den ganzen Tag unter Strom, nimmst deinen Körper und deine Bedürfnisse kaum wahr, spürst dich nicht und bist von dir abgetrennt, um dann am Abend zu Hause auf das Sofa zu fallen und, wie versunken in einem tiefen Loch, nicht mehr hochzukommen. Statt dich im natürlichen Pendel-Flow von der Anstrengung zu erholen, staut sich die Stressenergie in dir und du gerätst so in die Starre, genauer gesagt in das Freeze-Überlebensmuster, also in einen Zustand der Taubheit und Bewegungslosigkeit, wie eingefroren eben. Ohne bewusst den Stress zu lösen und in die Erholung zu kommen, wird die Anspannung in deinem Körpersystem verharren und kann so verschiedene Symptome auslösen wie Nackenverspannungen, Schulterschmerzen, Rückenprobleme, Gereiztheit, Enge in der Brust, angespannter Kiefer und Zähneknirschen, Kopfschmerzen, Migräne, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Verdauungsprobleme, Schlafstörungen, Gewichtszunahme oder -verlust durch unbewusstes Essverhalten, Schwierigkeiten bei der Konzentrationsfähigkeit und Prokrastination, Depression, Angststörungen und Burn-out.

Genau diese körperlichen Symptome verbinden die meisten Menschen mit dem Wort »Stress«, wobei Stress nicht unbedingt etwas Negatives sein muss. Herausforderungen und kurzzeitige Belastungen sind normal und gehören zum Leben dazu.

Die wenigsten haben allerdings gelernt, den Stress auf einem gesunden Level zu halten und ihn durch Erholung zu lösen. Genauso wie Bewegung ist also Erholung ein Bedürfnis, dem im viel beschäftigten Alltagsleben nicht ausreichend Raum gegeben wird. Und Erholung schaffen wir durch zwei Dinge: erstens Stille und einfach mal nichts tun; und zweitens, indem wir unsere Grundbedürfnisse erfüllen. Daher ist es wichtig, im Alltag immer wieder zu entschleunigen und sich zu fragen: »Was brauche ich gerade?« Um sich im Anschluss das jeweilige Bedürfnis zuzugestehen und zu stillen.

Es braucht also nicht erst den Termin bei der Massage, um deine Batterien wieder aufzuladen, sondern es sind hauptsächlich die kleinen Momente, die du dir jeden einzelnen Tag bewusst gönnen darfst, damit dein Glas dauerhaft gefüllt bleibt. Natürlich darfst du weiterhin fernsehen, durch Social Media scrollen oder Onlineshopping machen – und einen Wellnesstag einlegen. Mir ist es nur wichtig, dass du bewusst und klar mit deiner Zeit umgehst und dem, was du in dir spürst, nachgehst: deinem Bedürfnis.

Oft sagen mir Leute dann: »Ja, aber … Bei mir geht das nicht, weil ich kann mich ja nicht einfach auf der Arbeit hinlegen, wenn ich spüre, dass ich gestresst bin und Entspannung brauche!« Wenn ich dir nur einen Satz zu dieser Frage und allen ähnlichen, deren Antwort du mit »Ja, aber …« beginnst, geben könnte, dann wäre es folgender:

Es gibt immer Optionen, die jetzt gerade in diesem Moment, für dich passen.