Wenn die Blüten blühen - G. A. HARDER - E-Book

Wenn die Blüten blühen E-Book

G.A. HARDER

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Beschreibung

Obwohl Daria und Bastian sich nur selten sehen können, da Bastian in Amerika sein Zuhause findet, entflammt mit den Jahren zwischen ihnen eine tiefe Liebe, die sie beide nicht mehr ignorieren können. Doch ihre Beziehung wird auf eine harte Probe gestellt, als Daria zu Besuch in die Vereinigten Staaten fliegt. Die lange Distanz und die Unsicherheit, was die Zukunft bringt, stellen Daria und Bastian vor große Herausforderungen. Gemeinsam müssen sie Wege finden, ihre Liebe aufrechtzuerhalten und mit den Schwierigkeiten umzugehen, die das Leben mit sich bringt. Daria lernt in dieser Zeit, dass das Leben nicht nur aus Abschieden und Einsamkeit besteht, sondern auch schöne Momente bereithält. Sie entdeckt, dass Blüten nicht nur fallen, sondern auch wieder blühen können, wenn man die Ungewissheit und die Entfernung überwindet. Eine bewegende Geschichte über eine tiefe Freundschaft, die sich zu einer großen Liebe entwickelt und den Glauben an das Gute im Leben wieder entfacht.

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Seitenzahl: 214

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Anmerkung der Autorin
Triggerwarnung
WAS GESCHAH 2018 -2023
KAPITEL 1
KAPITEL 2
KAPITEL 3
KAPITEL 4
KAPITEL 5
KAPITEL 6
KAPITEL 7
KAPITEL 8
KAPITEL 9
KAPITEL 10
KAPITEL 11
KAPITEL 12
KAPITEL 13
KAPITEL 14
KAPITEL 15
KAPITEL 16
KAPITEL 17
KAPITEL 18
KAPITEL 19
KAPITEL 20
KAPITEL 21
KAPITEL 22
KAPITEL 23
KAPITEL 24
KAPITEL 25
KAPITEL 26
KAPITEL 27
KAPITEL 28
KAPITEL 29
EPILOG
Danksagung
G. A. HARDER

WENN DIE

BLÜTEN

BLÜHEN

G. A. HARDER

WENN DIE BLÜTEN BLÜHEN

BLÜTEN-DILOGIE

TEIL 2

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

© 2024 G. A. Harder

IMPRESSUM

Herausgeber:

Gina Aurelie Harder

Box 750 – Loma Plata

Kolonie Menno– Paraguay

[email protected]

www.gaharder.jimdofree.com

Autor:

G. A. Harder

Coverdesign:

Datei: Gina Harder

Zeichnung: Rebekka Wiebe

Lektorat:

Michèle Keller – Ljuba Keller

Korrektorat:

Michèle Keller – Ljuba Keller

Anmerkung der Autorin

Lieber Leser*innen

Zum einen - ein herzliches Dankeschön an alle, die mich bei diesem Werk unterstützen. Sei es durch den Kauf, die Bearbeitung oder zur seelischen Unterstützung.

Zum anderen möchte ich darauf hinweisen, dass dieses Projekt ein absolutes Herzens- sowie Low Budget Projekt ist. Neben fiktiven Aspekten wurde zum Teil auch meine Lebensgeschichte aufgeschrieben, die mich einige Tränen, Emotionen und Ängste aus der Vergangenheit gekostet haben.

Ein besonderer Dank geht an Ljuba und Michèle Keller. Sie sind zwar kein professionelles Lektorat, dennoch steckt in jeder Zeile Blut und Schweiß. Gemeinsam haben wir das Buch so gut wie wir es konnten mehrfach überarbeitet und viel Liebe in diese Geschichte investiert.

Für konstruktive Kritik bin ich jederzeit offen. Ich würde mich dennoch darüber freuen, wenn man es mir ein wenig nachsieht, dass Deutsch nicht meine Muttersprache ist und ich das Werk soweit als dieses lassen wollte, was es nun mal ist.

Denn dieses Buch ist ganz anders als alles, was ich bisher geschrieben habe. Manchmal ist es mir ziemlich schwergefallen. Es gab Tage, an denen ich mir die Frage stellte: »Warum habe ich nicht einfach wieder einen Roman voller Farben geschrieben?«

Die Antwort lautet schlicht: Weil es im Leben auch um das Düstere, Unschöne und das Traurige geht. Um das Schwarz zwischen den Farben. Und auch wenn wir vor solchen Dingen in aller Regel lieber die Augen verschließen, verschwinden sie dadurch nicht.

Ich persönlich möchte daher einen Teil meines Lebens für euch veröffentlichen und euch einen Einblick gewähren. Nicht nur, um die Qualen in der Vergangenheit zu beschreiben, sondern auch, um zu einer Diskussion einzuladen und zu ernsthaftem Nachdenken anzuregen.

„Wenn die Blüten blühen” ist der zweite Teil meiner Blüten-Dilogie und reißt schwierige Themen an, die bei einigen Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, unangenehme Reaktionen auslösen könnten. Ich bitte euch, hierzu die Triggerwarnung auf der nächsten Seite zu beachten.

Aber ihr werdet auch einige sehr positive Dinge in diesem Buch finden, versprochen!

Die Rede ist von Liebe, Freundschaft und Humor.

Daher hoffe ich, dass ihr Daria willkommen heißt und sie kennenlernt.

Triggerwarnung

Um euch selbst zu schützen und eure Grenzen nicht zu überschreiten, bitte ich euch diese Triggerwarnung ernst zu nehmen, falls ihr mit folgenden Themen nicht umgehen könnt. In diesem Buch geht es um Depressionen, Suizidgedanken, Panikattacken, Angststörungen und Alpträume.

Jedes dieser Themen kann negative Empfindungen oder Erinnerungen hervorrufen. Bitte seid euch dieser Verantwortung bewusst.

Eine persönliche Anlaufstelle oder Hilfe für solche Themen, zb Depressionen oder Suizidgedanken, findet ihr hier:

PARAGUAY

ZP30 Seelsorge Abteilung: +595984 777 707

Sanatorium Eirene: +595981567238

DEUTSCHLAND

Hilfetelefon Seelsorge: 0800 111 0 111 - 0800 111 0 222

Hilfetelefon Depression: 0800 33 44 5 33

Hilfetelefon Gewalt: 0800 0 116 016

www.telefonseelsorge.de

Für alle,

die trotz allem an die Liebe glauben.

Lasst die Blüten in eurem Leben blühen und auch wenn sie eines Tages fallen, dann gebt die Hoffnung nicht auf, weil jeder neue Frühling auch neue Blüten mit sich bringt.

In Gedenken an all die Seelen, die dem Schmerz dieser Welt ausgesetzt waren und zu früh gegangen sind. ✞

Some promises are meant to break, some Hands are meant to let go and maybe we meet again when we've both healed inside.

G. A. HARDER

WAS GESCHAH 2018 -2023

Dank vieler Gebete und großer Unterstützung von Darias Eltern, brachte sie einen gesunden Jungen auf die Welt. Daria war mehr als erleichtert darüber, obwohl sie sich auch während der letzten Schwangerschaftsmonaten immer wieder einredete, dass sie dieses Kind auch mit Behinderung lieben würde. Dass die medikamentöse Chemotherapie keine Folgen hinterlassen würde, hatte sie nie ganz geglaubt und sich mit allem darauf vorbereitet, dass ihr Kind möglicherweise nicht ganz perfekt auf die Welt kommen würde.

Doch sie wusste, für sie würde dieses Kind immer perfekt sein.

Dass er also ein kerngesunder Junge wurde, machte Daria umso glücklicher. Sie hatte nie gedacht, dass sie so viel Liebe für ein Kind empfinden konnte, das in einer so kaputten Welt entstanden war, wo es nur Streit, toxische Beziehungen und so viele negative Dinge gab. Doch dieses Kind würde ihr Ein und Alles sein. Das wusste sie, seitdem sie das erste Mal seine kleinen Hände hielt und seinen Atemzug an sich spürte. Er würde ihr Anker sein, für dieses Leben.

Auch Daria hatte sich nach der Behandlung schnell erholt, und als ihre Haare irgendwann so lang waren, dass sie sich einen guten Haarschnitt machen konnte, wurde sie wieder selbstbewusster.

Doch das Mitleid der Menschen konnte sie von Anfang an nicht ertragen, weshalb sie auch niemandem von der Krebserkrankung und der Behandlung erzählte. Sie erzählte anderen, dass ihre Haare durch einen Haarverlust in der Schwangerschaft so kurz geschnitten wurden. Eine Lüge, die ihr das Mitleid der Mitmenschen ersparte. Krebs war ein mächtiges Wort, doch Daria fand, dass das, was sie als Krebs erlebt hatte, nicht zu vergleichen war mit dem, was andere mit Krebs durchmachen mussten. Viele kämpften um ihr Leben, dabei hatte sie gerade mal mit Haarverlust, Geschmacksverlust und Übelkeit zu kämpfen gehabt. Das war nicht vergleichbar. Daher wollte sie auch nicht durch andere damit in Verbindung gebracht werden. Sie wollte kein Mitleid.

Und diese Lüge ersparte ihr das Mitleid anderer.

Sie wusste, dass sie schwer in dieser traditionell gepflegten Menschheit ihren Platz finden würde. Doch sie fühlt täglich die Freiheit in ihrem Heimatland.

Als sie dann auch einen Job fand, kam sie endlich wieder an. Sie konnte nicht nur zuhause sein, auch wenn sie ihren Sohn noch so sehr liebte. Sie musste zur Arbeit gehen. Niemals wollte sie Hausfrau und Mutter sein. Sie hatte großen Respekt vor solchen Müttern und wusste selbst, wie schön es war, wenn die Mutter da war. Ihre Mutter war immer bei Daria und ihrem Bruder gewesen. Sie hatte sich immer die Zeit für sie genommen.

Aber Daria konnte das nicht. Sie brauchte einen Job, um mehr Sinn im Leben zu finden. Das war nur machbar mit der Unterstützung ihrer Eltern. Denn diese organisierten ein Kindermädchen für Darias Sohn und somit hatte sie die Chance, ihrem Beruf nachzugehen.

Der Kontakt zu Bastian war kaum mehr da. Zur Geburt hatte er Glückwünsche gesendet und sonst bekam sie nur Weihnachten oder an den Geburtstagen von Daria und ihrem Sohn eine Nachricht von ihm. Es schmerzte sie, doch sie wusste auch, dass er Zeit brauchte und dass ihre Freundschaft wohl nie mehr ganz so sein würde, wie sie davor war.

Doch dann kam 2020… Ein Jahr, das viele Verluste und viel Angst brachte.

Eine Pandemie breitete sich aus und das Covid-19 Virus bescherte für viele weltweit einen Alptraum.

Bastian war zu dieser Zeit in Johannesburg, Südafrika stationiert. Doch im April bekam Daria plötzlich eine Nachricht von ihm, dass er auf dem Weg nach Deutschland war. Seine Großmutter lag auf der Intensivstation und er musste sich von ihr verabschieden. Nur 3 Tage später lag auch sein Vater im Krankenhaus. In dieser Zeit der Angst kam auch die Zeit, sich von der Großmutter zu verabschieden. Daria hatte sie zwar nur kurz kennengelernt und gesehen, doch sie fühlte die Trauer. Bastians Vater erholte sich schnell.

Als alle dachten, das Schlimmste wäre vorbei, hatten Bastian und Daria bereits wieder täglichen Kontakt. Doch diese Ruhe hielt nur kurz, denn im Mai bekam Daria eine Nachricht von Bastians Mutter, dass er mit Atemnot ins Krankenhaus gebracht wurde. Noch am gleichen Tag wurde er auf die Intensivstation gebracht und intubiert. Für Daria ein Schrecken, der ihr den Boden unter den Füßen wegriss.

Zwei Wochen voller Angst und flehenden Gebeten ließen die Welt nur langsam vorbeiziehen. Und als dann endlich die Nachricht kam, dass Bastian wieder aus der Intensivstation entlassen wurde, fühlte Daria eine Dankbarkeit und Erleichterung. Es war auch während dieser Zeit, in der sie lernte, dass ihre Gefühle für Bastian immer noch in ihr ruhten.

Doch statt es zu akzeptieren, kämpfte sie täglich dagegen an.

Für Bastian kam eine Zeit voller Frustration. Die zwei Wochen auf der Intensivstation hatten ihn deutlich geschwächt und er brauchte Zeit, um seine Kraft wiederzuerlangen. Das bedeutete auch, dass er nicht sofort wieder in Einsätze einsteigen konnte. Darum widmete er sich Ende 2020 komplett seinem Flugschein für den Kampfhubschrauber, den er Ende 2018 begonnen hatte.

Immer wieder sprach er davon, den Weg seiner Vorfahren zu folgen und in die Vereinigten Staaten zu gehen. Denn dort lebten einst seine Urgroßeltern auf einem schönen Landstück, das seine Großmutter dann Ende 1980 verkaufte. Seine Urgroßmutter heiratete einen Amerikaner, nachdem sie Österreich im Jahre 1938 als Jüdin entflohen war.

Nachdem ihr Mann 1956 verstorben war, verkaufte sie das Land und zog mit ihrer Tochter - Bastians Großmutter - zurück nach Österreich.

Bastians Traum war es, vielleicht irgendwann der amerikanischen Air Force beizutreten, was für ihn auch große Chancen bot. Mit seinen Vorfahren hatte er auch große Chancen, dort eines Tages einzutreten.

Der Kontakt zwischen Bastian und Daria war nun täglich. Die Freundschaft wuchs wieder und obwohl Daria gerne wissen wollte, wie Bastians Gefühle zu ihr waren, vermied sie dieses Thema anzusprechen.

Daria wusste mittlerweile auch, dass ihr Heimatort die richtige Entscheidung für ihren Sohn war. Obwohl sie diesen Ort liebte, fühlte sie sich fremd in der Gesellschaft. Wie ein falsch platzierter Stein mitten in einer Steinmauer. Sie war nicht das, was diese Gesellschaft von ihr erwartete. Und genau das setzte sie unter Druck.

Doch sie versuchte ihr Bestes zu geben und obwohl es Tage gab, die sie nur mit Kummer, Tränen und der Sehnsucht nach Ankommen verbrachte, akzeptierte sie, dass dieser Ort ihre Zukunft sein würde.

Mit der Zeit folgte dann auch der Traum vom eigenen Zuhause. Dass dies ebenfalls ein steiniger Weg und eine Herausforderung werden würde, wusste sie. Doch 2021 erfüllte sich dieser endlich und auch hier hätte sie es ohne ihre Eltern nicht geschafft.

Genau das war es auch, womit Daria Tag täglich kämpfte. Sie schuldete ihren Eltern so viel und auch wenn sie versuchte, jedes Geldstück abzuzahlen, so würde sie diese Dankbarkeit nie ausgleichen können. Es war etwas, das stets an ihr nagte.

Doch zu dieser Zeit fühlte sie sich bereits wohl, wieder in Paraguay und ihrer kleinen Heimatstadt zu leben. Das verdankte sie ihrer Familie und ihren unglaublich tollen Freunden.

KAPITEL 1

Mittwoch, 14. Juni 2023

Glücklich sein bedeutet...

Ich starrte auf die 3 Wörter vor mir und tippte ungeduldig mit den Fingern neben der Tastatur. Seit Monaten hatte ich keinen neuen Blogeintrag gemacht und ich musste endlich wieder aktiver werden. Ich konnte es mir selbst nicht erklären, warum ich ausgerechnet diesen Beitrag schreiben wollte?

Nervös löschte ich die 3 getippten Wörter und ersetzte sie mit „Das Glück ist...“. Doch nachdem ich weitere Sekunden einfach darauf starrte, löschte ich sie erneut.

Was war denn das Glück? Für mich bedeutete es jedenfalls nicht dasselbe, wie glücklich sein. Nein, denn das Glück bekam man immer unerwartet. Doch um glücklich zu sein, musste man selbst dafür sorgen. Aber wie sollte ich meinen Lesern erklären, was Glücklich sein überhaupt bedeutet?

Ich stützte meinen Kopf in meine Hände und atmete tief ein, während ich mich innerlich damit konfrontierte, dass ich selbst nicht zufrieden mit meinem Leben war. Ich hatte alles, was mich glücklich stimmen sollte, denn beklagen konnte ich mich auf keinen Fall. Ich hatte mein eigenes Haus, Essen, Kleidung, einen tollen Job, einen Freund, einen wunderbaren Sohn und dazu unendliche Freiheit die daraus bestand, die weite Landschaft des Chacos zu genießen und Zeit mit Freunden zu verbringen. All das sollte doch ein erfülltes Leben haben?

In meinem Inneren suchte ich nach Antworten und durchwühlte alles, was in den letzten Jahren geschehen war. Bereits fünf Jahre waren vergangen, seitdem ich Deutschland verlassen hatte. Fünf ganze Jahre, in denen ich mein Leben in meiner alten Heimat investiert hatte. Und ganze 58 Monate, die ich mit Toni, meinem kleinen Wunder verbringen durfte. Mein Sohn, der Gottes größtes Geschenk für mich war.

Vor etwas über einem Jahr hatte ich mir eines meiner größten Träume erfüllt: mein eigenes Zuhause zu erschaffen. Ich hatte einen wunderbaren Ort erschaffen, an dem ich meinen Sohn erziehen würde. Dazu hatte ich auch einen großartigen Job.

Und was ich noch immer nicht fassen konnte, war, dass ich nach den vielen Jahren als alleinerziehende Mama, den Schritt wieder in eine Beziehung gewagt hatte. Nun, gewagt war etwas mutig ausgedrückt, denn dank zweier lieben Mädels wurde ich regelrecht in diese Beziehung hinein gedrängt, was am Ende aber genau das war, was ich gebraucht hatte. Einen Sprung ins kalte Wasser. Manchmal muss man eben geschubst werden, wenn man selbst nicht mutig genug ist, den Schritt zu wagen.

Und auch wenn diese Beziehung erst frisch war, so fühlte es sich richtig und gut an.

Instinktiv wanderte mein Blick auf das Foto neben meinen Computer. Dort auf dem Bild, das vor 6 Jahren gemacht wurde, lächelte mich eine junge Frau an, die wirklich glücklich zu sein schien. Aber das war sie nicht. Das wusste ich, denn diese Maske, die mein 24-Jähriges Ich auf dem Bild trug, hatte ich höchstpersönlich und meisterhaft erschaffen. In dem Moment, als das Bild entstanden war, war ich für eine kurze Zeit glücklich gewesen. Doch ich wusste genau, wie ich mich den Rest dieser Zeit gefühlt hatte. Ich war kurz davor gewesen, mein Leben zu beenden. Hatte geglaubt, dass mein Leid nie enden würde.

Dabei wusste ich heute, wie sehr ich mich geirrt hatte. Mein Leben war nicht perfekt, doch ich hatte gelernt, mit gewissen Situationen besser klarzukommen. Ich hatte gelernt, Dinge zu akzeptieren, die sein müssen und einfach das Beste aus manchen Situationen zu machen.

Vor fünf Jahren hatte ich mir geschworen, meine Masken abzulegen, um ich selbst sein zu können. Allerdings passierte genau das Gegenteil. Meine Maskerade wurde immer größer und ich bekam immer mehr Schwierigkeiten, sie aufrecht zu erhalten. Ich wollte immer alles perfekt machen und es selbst auch sein. Dennoch kannten zu viele Menschen mein wahres Ich und glaubten zu wissen, wie ich war, aber nicht sein wollte. Keiner sollte hinter meine Fassade sehen können…

Das Display meines Handys leuchtete auf und ich warf einen kurzen Blick auf die Nachricht.

BASTIAN:

Hallo mein Liebling. Hast du Zeit für einen Anruf?

Lächelnd wanderte mein Blick erneut auf das Bild vor mir. Dort, neben meinem glücklichen Ich, war Bastian zu sehen. Sein Blick wanderte mit einem verschmitzten Lächeln in die Kamera.

Bastian, mein bester Freund seit so vielen Jahren.

Bastian, derjenige, der mein Leben gerettet hatte.

Bastian… der nun mein fester Freund war.

In den letzten vergangenen Jahren hatte er mich nie aufgegeben. Zwar verlief der Kontakt bis 2020 nur spartanisch und meist nur an Tonis Geburtstagen oder Weihnachten, doch seit COVID hielten wir den Kontakt wieder verstärkt. Er hatte sich viel um Toni und mich gesorgt. Obwohl ich gedacht hatte, dass seine Gefühle für mich bereits verschwunden waren, gestand er 2021, dass er noch immer etwas für mich empfand.

Ich hatte mich lange dagegen gewehrt, das zu akzeptieren und sah auch keine Chance für uns. Dass ich ebenfalls Gefühle für ihn hatte, verbarg ich vor jedem. Ich wollte es mir selbst nicht eingestehen. Es war schwer genug als alleinerziehende Mutter und geschiedene Frau in dieser Gesellschaft. Wie hätten die Leute erst reagiert, wenn sie wüssten, dass ich verliebt war?

Und dann war da auch noch sein Beruf. Wie sollte ich jemanden lieben, der nie da war. Der viel zu oft in Situationen war, in denen ich um sein Leben fürchten musste.

Doch nachdem ihm mitgeteilt wurde, dass er aufgrund eines Unfalls keine Auslands-Einsätze mehr machen könnte, um das Risiko für eine posttraumatische Belastungsstörung vorzubeugen, beschränkte ihn sein Beruf nur noch darauf, vor Ort zu bleiben.

Das brachte mich auch dazu, es dieses Jahr endlich eine Beziehung mit ihr zu wagen. Ich hatte mich so lange gefragt, was andere dazu sagen würden. Hatte mich immer verschlossen, nur um für andere zu leben und mein eigenes Glück komplett ignoriert.

Doch dann war ich ins kalte Wasser gesprungen und war nun dankbar dafür, diesen Schritt gemacht zu haben. Natürlich waren lange nicht alle in meiner Gesellschaft und meiner Familie damit einverstanden, doch ich hatte auch erstaunlich viele Menschen um mich, die es guthießen und mir dieses Glück auch gönnten.

DARIA:

Hi, ja klar.

tippte ich und klappte daraufhin den Laptop zu. Es war schlimm genug, dass ich meine Zeit damit verschwendete, vor meinem PC zu sitzen, wenn ich doch nichts schreiben konnte.

Ich eilte noch schnell zu Tonis Schlafzimmer und öffnete die Tür einen Spalt, um zu sehen, ob bei ihm noch alles in Ordnung war. Friedlich schlief er in seinem Bett und ich lächelte erleichtert. Er war alles, was ich mir erträumt hatte. Auch wenn ich meine Tage oft mit Verzweiflung verbrachte, indem ich an meiner Erziehungsmethode zweifelte, war ich dankbar und glücklich.

Er war gesund und wohlauf. Er war ein Geschenk Gottes, mein Geschenk. Mein Zeichen, dass Gott mich nicht im Stich gelassen hatte. Dass er mir das größte Geschenk von allem gegeben hatte.

KAPITEL 2

Bastian

Mittwoch, 14. Juni 2023

Die Sonne tauchte langsam hinter dem Horizont auf und färbte den Himmel blutrot. Beim Anblick der Berge, die am Horizont zu erkennen waren, musste ich an Afghanistan denken. Dort waren die Sonnenuntergänge genauso rot und die Berge färbten sich in einem Pechschwarz.

Mein Blick blieb auf den Horizont gerichtet, die Sonne fest im Blick. Der Sonnenuntergang war eines der Dinge, die ich immer als Erinnerung an Afghanistan halten wollte. Zusammen mit dem warmen Sand, der sich in jedem Schuh und jeder Uniform seinen Weg suchte.

Stattdessen blitzten alte Bilder von Kabul in meinem Kopf auf. 20 Jahre war ich mittlerweile im Dienst und obwohl ich alles Mögliche in meinen Einsätzen erlebt hatte, blieb mir der Einsatz am Flughafen von Kabul im Jahr 2021 am meisten im Gedächtnis.

„Hey Bro! Siehst du Geister?“ Jack rief mich von der anderen Seite des Black Hawks Hubschraubers zu, wo er bereits dabei war, einen der Rotoren zu sichern.

Ich nahm meinen Helm ab und befestigte ihn am Bund meiner Hose.

„Wenn du die Sonne als Geist siehst, Jack, dann ja.“ Ich wandte mich wieder dem Black Hawk zu und strich mit der Hand über den Rumpf. Eben noch hatten wir dieses zehn Tonnen schwere Metallgefährt in der Luft gebändigt. Nun stand es verlassen da und wartete nur darauf, gesichert zu werden. Ich nahm aus dem Innenraum eine Befestigung und warf sie über einen der Rotoren.

„Afghanistan oder Irak?“, fragte Jack und befestigte den letzten der vier Rotoren.

„Afghanistan“, antwortete ich.

„Also doch Geister. Wenn du den Sonnenuntergang in Verbindung mit deinen Einsätzen bringst, dann siehst du Geister.“

„Wenn du es sagst, muss es wohl so sein.“ Dabei warf ich ihm seine halb leere Wasserflasche zu, die er im Innenraum hatte liegen lassen.

„Ich habe fünf Jahre mehr drauf als du. Also ja, ich weiß, dass man manchmal Dinge sieht, die an ehemalige Einsätze erinnern. Geister eben!“ Er nahm einen Schluck, während ich aus meinen Handschuhen schlüpfte und den Black Hawk noch einmal betrachtete. „Kabul?“

Ich sah ihn an und nickte leicht. „Früher war es immer Kandahar. Die Sonnenuntergänge erinnerten an schöne Tage.“ Ich zog meine Feldmütze aus der Hosentasche und setzte sie auf, bevor wir zum Hauptgebäude gingen. „Seit 2021 führen jedoch all meine Erinnerungen nur noch nach Kabul.“

„Das war dein zweitletzter Einsatz, oder?“

„Ja. Mein letzter war ja auch nicht gerade der Beste.“ Dabei wies ich mit dem Zeigefinger auf die Narbe links unten am Hinterkopf. Eine Erinnerung an einen Absturz, der vor 9 Monaten geschah. Zu dieser Zeit war ich in Syrien stationiert. Antonio, einer meiner Mitbewohner, war ebenfalls dort stationiert und sollte dort auch seinen Flugschein mit dem Black Hawk verbessern. Seine noch nicht allzu lange Erfahrung als Pilot und ein Sandsturm verhinderten jedoch eine ruhige Landung, und der Riesenvogel stürzte mit vier Besatzungen ab. Niemand hatte schwere Verletzungen davongetragen und bei mir wurden nur zwei Rippenbrüche erkannt. Hätte ich gewusst, dass ich meinen Hinterkopf unterhalb des Helms doch mehr gestoßen hatte als gedacht, dann hätte ich Schlimmeres verhindern können. Doch was sich am Anfang nur als leichte Prellung anfühlte, wurde schon schnell zu einer Gefahr für mich.

Nur wenige Tage danach wurde ich nach Deutschland ins Landstuhl Regional Medical Center gebracht. Dort wurde festgestellt, dass das Hämatom innerlich einen Druck aufgebaut und zu einer innerlichen Blutung geführt hatte. Durch eine OP wurde der Druck entfernt und eine Drainage angelegt, die ich 24 Stunden tragen musste.

Danach war ziemlich schnell klar, dass mir weitere Einsätze abgesagt werden würden. Dass ich vier Monate lang nur Physiotherapie machen musste, um meine körperliche Kraft wieder zurückzuerlangen, war ein Alptraum für mich gewesen. Doch ich kämpfte, in der Hoffnung, wieder ganz auf die Beine zu kommen und vielleicht doch wieder einen Einsatz zu kriegen.

„Verstehe. Du hattest doch aber vor, dass Syrien dein letzter Einsatz war, oder? Wegen deiner Freundin?“

Ein Lächeln bildete sich auf meinen Lippen. Ja, Syrien sollte mein letzter Einsatz werden. Nach 5 Jahren voller Verliebtheit in Daria, war ich bereit, alles für sie aufzugeben. Ich wusste, dass sie meinen Beruf gar nicht guthieß. Aber am schlimmsten davon fand sie meine Einsätze.

„Ja, so in etwa.“ Ich holte tief Luft, um meine Gedanken zu unterdrücken.

„So in etwa? Was liegt dir auf dem Herzen? Komm schon, du weißt, wie es in unserem Team heißt: Reden statt schweigen, denn schweigen kann …“

„… Töten. Ja, ich weiß.“ Das Motto, das wir im Dienst und sowie in der Freizeit uns sehr zu Herzen nahmen. Denn zu oft schwiegen Soldaten und glaubten, allein mit ihren inneren Kriegen fertig zu werden. Doch leider endete das oft in Selbstmord. Zu oft. Ich seufzte leicht, denn eigentlich schwieg auch ich gern über meinen Kummer. „Ich wollte, dass es mein letzter Einsatz wird, da ich diese Karriere nicht mit Kabul schließen wollte. Ein letztes Mal wollte ich einen Einsatz in Kameradschaft in Erinnerung halten, ohne Verluste und Syrien sollte ein guter Abschluss sein. Stattdessen lief alles schief und anders als gedacht. Natürlich sollte es auch eben wegen einer größeren Chance mit Daria mein letzter Einsatz sein. Aber größtenteils für mich selbst.“

„Verstehe. Allerdings hattest du auch in Deutschland schon einige Einsätze, bei denen du verwundet wurdest. Bei drei Schusswunden, dem Einsatz in Kabul und dem Absturz jetzt, ist es nur zu Recht, dass man dich für weitere Einsätze verwiesen hat. Das ist eine reine Vorsichtsmaßnahme für deine psychische Gesundheit.“

„Das weiß ich und verstehe ich ja. Immerhin habe ich auch, wie es das Protokoll vorschreibt, jede Therapiestunde genutzt.“

„Nun, vielleicht bekommst du ja dann wieder eine Zulassung.“

„Naja“, ich zögerte kurz, da ich bisher noch niemandem davon erzählt hatte. „Ich habe die Zulassung vorgestern bekommen. Man erlaubt mir, mich wieder für offizielle Einsätze anzumelden.“

„Das sind ja Neuigkeiten!“ Jack klopfte mir auf die Schultern. „Und hast du schon überlegt, ob du’s machst? Du hast ja nicht lange Zeit, schließlich gehst du ja auch schon auf die 40 zu.“

„Ich habe kaum etwas anderes in den letzten zwei Tagen gemacht. Ich glaube, ich muss irgendwo einen Abschluss finden, denn ich weiß, dass meine Karriere in gewisser Art und Weise mit 40 endet. Darum möchte ich gern einen Abschluss-Einsatz machen. Nur noch ein einziges Mal.“

Wir betraten den Essens Saal, wo noch weitere Kollegen gerade ihre Freizeit nutzten.

„Hey! Wir gehen zum Feierabend ins Logan’s. Kommt ihr auch?“ Jason, der jeden Feierabend dazu nutzte ihn mit Kollegen oder Freunden zu verbringen, war wieder einmal bei zu guter Laune. Dass er dabei oftmals die Vorschriften vergaß, wusste jeder bereits.

Ich warf ihm einen kurzen und doch ernsten Blick zu, den er sofort zu verstehen gab.

„Chief Master Sergeant Russell. Master Sergeant Lorbach.“ Dabei stand er jetzt genauso kerzengerade wie die anderen drei, die bereits bei unserem Eintritt ihren Respekt zeigten.