Wenn die Maske fällt - Seleni Black - E-Book

Wenn die Maske fällt E-Book

Seleni Black

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Beschreibung

Ben Amstrong ist ein äußerst erfolgreicher Geschäftsmann. Was er angeht, hat Erfolg! Wenn es allerdings um sein Privatleben geht, hat auch er noch einiges zu lernen. Familie und Freunde, sind stehts an seiner Seite. Doch auch ihnen gelingt es nicht immer, Ben dabei zu helfen den richtigen Weg zu seinem Glück zu zeigen. Bis auf Lilli, die eine besondere Art der Freundschaft zu ihm aufgebaut hat. Lilliana liebt ihre Arbeit auf dem Filmgelände von Los Angeles. Doch auch ihr fällt es nicht immer leicht, diese Freude aufrecht zu erhalten, denn ihre Vergangenheit, holt sie immer wieder ein und legte sich wie ein dunkler Schatten über sie. Nachdem sie Ben kennenlernt, wird er zu ihrem Anker und schnell wird Lilli klar, dass sie sich nicht nur Freundschaftlich zu ihm hingezogen fühlt. Doch kann es mit ihrer Geschichte, ein Happy End geben? ------------------------------------------------------------ Es wird empfohlen dieses Buch nicht ohne die vorherigen Bände zu lesen. ------------------------------------------------------------ Diese Geschichte entspricht 203 Taschenbuch Seiten. ------------------------------------------------------------- Dieses Buch enthält Szenen, die nicht von Minderjährigen gelesen werden sollten. ------------------------------------------------------------ Night Rock Reihe: Band 1: Liebe eines Rockstars Band 1.5: Ein neuer Sound Band 2: Finde mich Rockstar Band 2.5: Wenn die Maske fällt

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Copyright © 2021

Seleni Black

Kontakt: [email protected]

Covergestaltung: Copyright © 2021

Seleni Black

Coverbilder: Adobe Stock

Korrektur:

Stefanie Brand

Katharina H. 2021

Beth B.H. 2021

 

Stand: September 2021

 

Deutsche Erste Auflage

 

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne Zustimmung der Autorin nachgedruckt oder anderweitig verwendet werden.

 

Die Ereignisse in diesem Buch sind frei erfunden. Die Namen, Charaktere, Orte und Ereignisse entsprechen der Fantasie der Autorin, oder wurden in einen fiktiven Kontext gesetzt und bilden nicht die Wirklichkeit ab. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder toten Personen, tatsächlichen Ereignissen, Orten oder Organisationen sind rein zufällig.

 

 

Vor fünfzehn Jahren

 

„Macht das Kind eigentlich auch noch etwas anderes, als nur in seinem Zimmer zu sitzen und irgendwelche Spiele zu spielen?“, hörte Ben seinen Vater wie so oft schimpfen.

„Er ist erst dreizehn, lass ihm Zeit“, verteidigte seine Mutter ihn.

„Warum nimmst du ihn immer in Schutz? Er sollte etwas Sinnvolles mit seinem Leben anfangen.“

Ein leises Klopfen lenkte seine Aufmerksamkeit von dem Gespräch weg. Er ging zur Tür, öffnete sie und sah seine kleine Schwester auf dem Gang stehen.

„Darf ich ein bisschen zu dir kommen?“, fragte sie vorsichtig an.

„Klar, komm rein. Wollen wir unser Spiel weiter machen?“ Zustimmend nickte seine sie und setzte sich gleich an den kleinen Tisch, der in seiner Sofaecke stand.

Hingegen der Meinung seines Vaters, spielte Ben nicht nur Konsolenspiele. Vor etwa einem Jahr hatte er bei einem Besuch, im Musikstudio seiner Mutter, einen der vielen Stars dort kennengelernt und dieser hatte ihm Schach beigebracht. Dies wiederum hatte er seiner kleinen Schwester gezeigt, die trotz ihrer zehn Jahre, schon jetzt, das eine oder andere Spiel gewann.

„Glaubst du, er wird an meinem Geburtstag da sein?“, wollte sie wissen.

Auch wenn ihr Vater ein strenger und einstweilen jähzorniger Mann war, wollte sie doch immer, dass er wenigstens an ihrem Geburtstag Zuhause war.

„Ich glaube nicht. Du weißt doch, dass er immer viel zu tun hat“, antwortete Ben ihr.

„Er ist nie da“, erwiderte sie sauer und stellte ihren Bauer auf die erste Position.

„Das ist doch nichts Neues.“ Auch Ben machte seinen ersten Zug. „Wir feiern so wie jedes Jahr zusammen, mehr brauchen wir doch nicht. Außerdem ist Mom noch da und bis jetzt hat sie es jedes Mal hinbekommen, dass die Party ein voller Erfolg war.“

Zustimmend nickte seine Schwester und beide ließen das Thema erst einmal fallen. Auch versuchten sie den Streit, den ihre Eltern mal wieder hatten, auszublenden. Zum Glück schlief ihr kleiner Bruder gerade und bekam von all dem nichts mit. In solchen Momenten war er froh, dass Connor erst drei war und noch seinen Mittagsschlaf hielt.

Ben hasste es, dass seine Eltern sich nie einig waren, egal was es war. Doch er hoffte, dass das irgendwann einmal ein Ende hatte. Solange würde er sich, um seine Geschwister mit kümmern. Das schwor er sich.

 

***

 

Als Shannons Geburtstag kam, war ihr Vater nicht da. Nichts anderes hatte Ben erwartet. Was ihn allerdings störte, war, dass er seine Mutter am Morgen in der Küche erwischt hatte, wie sie weinte. Natürlich versuchte sie, es zu verbergen, doch es war bereits zu spät.

„Kann ich dir helfen?“, wollte er wissen und stellte sich zu seiner Mutter, die am Grill das Fleisch briet.

„Das ist lieb von dir, doch ich komme schon klar. Wärst du aber so nett und schaust nach deiner Schwester und ihren Freundinnen“, dabei deutete sie auf die im Pool schwimmenden Mädchen. „Vielleicht gehst du auch mit Connor etwas Schwimmen. Er freut sich bestimmt, ebenfalls ins Wasser zukommen.“

„Klar“, versicherte er ihr. Seine Schwester konnte zwar schwimmen, doch passieren konnte trotzdem viel. Connor liebte es, auf der Treppe zu sitzen und herum zu planschen. Mit seinen Schwimmflügeln versuchte er sogar schon erste Schwimmbewegungen. Shannon machte sich einen Spaß daraus, sich auf seinen Rücken zu setzen und versuchte dabei, ihn unter Wasser zu drücken. Doch er hielt sich locker oben, warf sie aber im Gegenzug immer wieder ab, was ihr ein Lachen entlockte. Dabei ließ er seinen kleinen Bruder nie aus den Augen.

 

Am Abend veranstalteten sie ein Picknick mit einem Film. Dafür hatte er seiner Mutter geholfen, die Leinwand aufzustellen und den Beamer aufgebaut. Seiner Schwester zuliebe, hatte er sich dazu gesetzt und tat sich den Mädchenfilm an. Es war ihr Tag, deswegen sagte er auch nichts zu dem vielen Gesinge. Er verstand einfach nicht, warum in Filmen gesungen werden musste. Er liebte Musik ohne Frage. Doch das grenzte schon an Folter. Zum Glück war sein Bruder noch da und er lenkte ihn ab.

 

Am Ende der Feier half er seiner Mutter noch beim Aufräumen, bevor er sich in sein Zimmer verzog und noch etwas an den Computer ging. Viele seiner Freunde, verbrachten ihre Freizeit damit, irgendwelche Spiele zu zocken. Doch er liebte es, verschiedene Musikstücke zusammenzustellen und etwas Neues daraus zu machen.

Schon ein paar Mal wurde er von seiner Schule darauf angesprochen und durfte für bestimmte Veranstaltungen ab und an etwas zusammenstellen. Als er seiner Mutter davon erzählt hatte, war ihre Freude ehrlich. Seinen Vater hatte es nicht interessiert. Im Gegenteil, er hatte es abgewunken und als unsinnig abgetan. Ab diesem Zeitpunkt hatte er ihm nie wieder etwas erzählt.

 

 

Vor zehn Jahren

 

„Ich lasse da nicht mit mir reden. Lange genug hast du ihn in Schutz genommen, jetzt wird es Zeit, dass er das Familienunternehmen kennenlernt. Diesen Sommer, wird er mich in die Firma begleiten und sobald er das Studium abgeschlossen hat, steigt er voll mit ein“, verkündete sein Vater und blieb kompromisslos.

„Du treibst ihn eher aus dem Haus! Er will kein Anwalt werden, das hat er dir jetzt schon mehrfach mitgeteilt. Wieso hörst du nie deinen Kindern zu?“

Ein klatschendes Geräusch hallte durchs Haus und genau das war der Moment, wo es Ben reichte. Das Gespräch hatte er auf dem obersten Treppenabsatz verfolgt. Doch nun, fasste er einen Entschluss, der womöglich einiges verändern würde.

Mit schnellen Schritten lief er nach unten und fand seine Mutter auf dem Boden wieder, wie sie ihre Wange hielt. Bevor er begriff, was er da tat, marschierte er auf seinen Vater zu und holte aus. Körperlich gesehen waren sie auf Augenhöhe, was die Kraft angeht, war er sich noch nicht sicher. Trotzdem würde er nicht mehr zulassen, dass sein Vater die Hand gegen seine Mutter erhob.

Ben traf ihn am Kiefer und schaffte es, dass sein Vater einige Schritte zurücktaumelte.

„Wenn du sie noch einmal anfasst, schwöre ich dir, erlebst du den nächsten Tag nicht mehr“, schrie er seinem Vater entgegen.

„Misch dich nicht in Angelegenheiten ein, die dich nichts angehen“, knurrte dieser und kam auf ihn zu.

„Sonst was?“, stellte sich Ben ihm entgegen.

Beide starrten sich an und forderten sich gegenseitig heraus.

„Ich gebe dir mal etwas zum Nachdenken“, bemerkte er. „Was glaubst du, wird passieren, wenn ich gleich die Polizei rufe und eine Anzeige wegen Körperverletzung gegen dich aufnehmen lasse? Wie lange wirst du deine Kanzlei noch aufrechterhalten können, wenn das bekannt wird?“ Das hatte gesessen, denn im nächsten Moment drehte sein Vater sich um, schnappte seine Aktentasche und verließ das Haus.

Nachdem die Tür ins Schloss gefallen war, drehte Ben sich zu seiner Mutter und half ihr beim Aufstehen. Danach ging er zum Kühlschrank und holte eins der Kühlpacks heraus, wickelte es in ein Handtuch und reichte es ihr. Viel zu oft hatte er das nun schon tun müssen.

Es reichte!

„Warum lässt du das immer noch zu?“

„Ben, das ist kompliziert. Mach dir keine Sorgen, ich habe das alles im Griff.“

„Mom, bitte! Das kannst du vielleicht anderen erzählen, aber ich bekomme das alles sehr wohl mit.“

„Du solltest dir um solche Dinge keine Sorgen machen müssen. Konzentrier dich auf dein Studium, alles andere wird sich ergeben.“

Er glaubte ihr kein Wort. Schon zu lange, ließ sie sich das alles gefallen und er konnte sich nicht erklären warum.

„Bleibt es dabei, dass ich dir in der Firma helfe?“, wechselte er das Thema.

„Wenn du das noch möchtest.“

„Ich habe dir doch gesagt, dass ich das will. Du weißt, wie mein Plan ist.“ Er zog den Brief aus seiner hinteren Hosentasche, den er am Morgen vom Postboten abgefangen hatte und reichte ihn ihr.

„Du wurdest angenommen?“, rief sie überrascht aus.

„Ja“, bestätigte er. „Mom, wenn das klappt, kannst du das alles hier hinter dir lassen. Ganz besonders ihn.“ Dabei zeigte er auf die Tür, durch die sein Vater vor nicht allzu langer Zeit gegangen war.

„Ben, es geht hier nicht um mich, sondern um das, was du willst.“

„Das ist es, was ich will! Du und meine Geschwister, ihr seid das wichtigste für mich. Und das eine verspreche ich dir, sobald ich es geschafft habe, wird es dir an nichts mehr fehlen und du wirst nie mehr jemanden brauchen.“ Was genau er wollte? Es ganz nach oben schaffen und so viel Geld verdienen, dass er seine Mutter aus diesem Teil ihres Lebens herausholen konnte.

Andere Achtzehnjährige, dachten nur an Party. Er lernte, so viel er konnte, arbeitete jede freie Minute mit seiner Mutter in ihrem Musiklabel, um das Geschäft kennenzulernen.

Gegen den Plan seines Vaters hatte er sich bereits mit fünfzehn angefangen zu wehren. Anwälte waren steife und langweilige Menschen. Dazu wollte er bestimmt nicht zählen. Doch so sehr er sich auch dagegen gesträubt hatte, trotzdem war das eine oder andere bei ihm hängengeblieben. Allerdings hatte er es sinnvoller angewendet. Er hatte bei verschiedenen Geschäftsterminen mit seiner Mutter, einige Paragrafen aufzählen können, um den Kunden verschiedene Flausen auszutreiben.

Natürlich hatte seine Mom schnell verstanden, dass er ein unglaublich gutes Talent für so etwas hatte und stellte ihm Menschen vor, von denen er noch mehr lernen konnte.

Nun stand er mit achtzehn da und führte schon vereinzelt Vertragsverhandlungen. Das Studium, trat er im Grunde nur an, um seinem Wissen den letzten Schliff zu geben. Verschiedene Studienbücher hatte er sich schon vorweg besorgt und wollte die letzten Seiten in den Sommerferien durchgehen. Natürlich hoffte er, dass es noch viel mehr gab, was er lernen konnte. Aber für den Anfang war das schon nicht schlecht.

„Ich freue mich für dich, Ben. Du machst deinen Weg und egal, wohin er dich führt, ich bin stolz auf dich.“

Sie war ein viel zu guter Mensch und vielleicht war, dass das Problem. Sie dachte erst an andere und zuletzt an sich. Ben beschlich ein Verdacht, warum sie sich nicht von ihrem Mann trennte, doch noch konnte er es nicht mit Sicherheit sagen.

„Danke, Mom“, erwiderte er also und ließ zu, dass sie ihn in den Arm nahm.

 

***

 

Die folgenden Wochen, verbrachte Ben viel Zeit in der Firma. Jede freie Minute, nutzte er, um alles bis ins kleinste Detail kennenzulernen. Natürlich ging er auch auf Partys, doch trotz wenig Schlaf und dem Alkohol, den er getrunken hatte, stand er am nächsten Morgen pünktlich im Büro.

Die freien Abende, verbrachte er mit seinen Geschwistern. Wobei das meist nur Connor war, denn Shannon hatte seit Neustem die Männerwelt für sich entdeckt. Bei sich jeder bietenden Gelegenheit, traf sie sich mit ihren Freunden und feierte stellenweise bis in den Morgen hinein.

Nicht nur einmal hatte er sie abholen müssen, weil sie keine Ahnung hatte, wie sie nach Hause kommen sollte. Und trotz seiner Standpauken ließ sie sich kaum davon abhalten. Er machte sich Sorgen, ihr Verhalten geriet immer mehr außer Kontrolle. Doch was sollte er tun?

 

***

 

Als sein Abreisetag gekommen war, zog er Shannon für einen Moment auf die Seite.

„Tust du mir einen Gefallen?“, bat er sie.

„Worum geht es?“ Ihre Ablehnung konnte man deutlich spüren. Shannon war zu einem richtigen pubertierenden Teeny geworden.

„Würdest du für mich ein Auge auf Mom und Connor haben? Du weißt ja, wie Dad sein kann.“

„Und warum glaubst du, dass ich dagegen etwas machen könnte?“

„Weil du nicht das kleine schwache Mädchen bist, für die dich alle halten.“

Misstrauisch kniff sie die Augen etwas zusammen. „Was meinst du?“

„Ach komm schon Shan, glaubst du ernsthaft, mir ist nicht aufgefallen, dass du kräftiger geworden bist? Dein Training zeigt Erfolg.“

„Woher weißt du das denn nun schon wieder?“

„Unwichtig. Machst du es?“

„Als ob ich eine Wahl hätte“, gab sie schnippisch von sich.

„Die hast du. Doch ich bitte dich für die Familie darum.“

„Ist ja schon gut, ich mach es.“

Ein Schmunzeln konnte er sich nicht verkneifen. Was allerdings danach kam, damit hatte er nicht gerechnet. Shannon trat auf ihn zu und umarmte ihn, fest.

„Ich werde dich vermissen“, flüsterte sie dicht an seinem Ohr.

Nachdem er seine Überraschung überwunden hatte, erwiderte er die Geste. „Ich werde nie weit weg sein“, versprach er ihr. Sie lösten sich voneinander und Shannon ging ohne ein weiteres Wort. Kopfschüttelnd sah er ihr nach, beließ es aber dabei.

 

 

Vor zehn Jahren

 

Mit vierzehn Jahren sollte man sich mit dem Thema Schule und Jungs befassen. Für Lilliana Duran galt das allerdings nicht. Bis auf die Schule gab es so gut wie keine Freizeit für sie.

„Denkst du daran, nach der Schule einkaufen zu gehen?“, wollte ihre Mutter wissen.

„Sicher, Mom. Bist du sicher, dass du nicht mehr brauchst?“

„Schon gut, Lilli. Besorg nur das.“

Sie wusste, dass der Kühlschrank leer war, denn mit dem Geld, das sie gerade in die Hand bekommen hatte, würde sie nichts ausrichten können.

„Denk dran, du musst vor drei zurück sein“, erinnerte ihre Mutter sie.

Als ob sie das je vergessen könnte. Viel zu lange ging das jetzt schon so. „Werde ich nicht“, versprach sie, schnappte sich ihre Tasche und verließ die Wohnung.

 

Es dauerte ewig, bis sie in der Schule ankam, doch das nahm sie gerne in Kauf, wenn so niemand mitbekam, wo sie wohnte. Kaum stieg sie aus dem Bus, schaltete sie gedanklich ihr Privatleben ab und setzte ein Lächeln auf.

„Lill, da bist du ja. Hast du schon gehört.“

„Nein, was denn?“

„Chaise, hat sich von Alex getrennt“, verkündete ihre Freundin Sahra.

„Und warum sollte mich das interessieren?“

„Nun ja, ich bin mir ziemlich sicher, dass er versuchen wird, sich wieder an dich heranzumachen.“

„Kann er ja gerne versuchen. Nur wird es nichts bringen.“

„Gut so! Nach der Scheiße, die er erzählt hat, bin ich froh, dass du so denkst.“

Sahra legte ihr den Arm um die Schultern. Gemeinsam betraten sie die Schule und stellten sich einem neuen Tag.

„Da bist du ja“, erklang eine vertraute Stimme.

„Was willst du, Chaise?“ Lilli lehnte sich gegen ihren Spint und sah den Kerl neben ihr abwartend an.

„Du, ich und heute Abend.“

Sie schlug ihren Spint zu. „Nein!“ Damit drehte sie sich um und ging mit ihrer Freundin zum Klassenzimmer zurück. Sie wollte glauben, dass es damit erledigt war, doch dem war nicht so.

 

In der Mittagspause saßen Sahra und sie zusammen, dabei unterhielten sie sich gerade über die neueste Angewohnheit ihres Lehrers.

„Ich schwöre es dir, wenn er noch einmal an seiner Trinkpackung schlürft, geh ich nach vorne und schieb die ihm in den Hals“, schimpfte Sahra.

„Es ist so richtig nervig. Besonders, wenn sie leer ist und er trotzdem noch daran rumnuckelt.“

Jemand setzte sich zu ihnen an den Tisch und als Lilli nachsah, wer es war, verdrehte sie genervt die Augen.

„Wir zwei, lassen uns heute auf Pols Party sehen“, verkündete Chaise und schien sehr zufrieden mit dieser Aussage.

Anstatt ihm zu antworten, standen sie und ihre Freundin auf und gingen.

„Wo willst du hin?“, rief er ihnen nach.

Sie winkte ab, schwieg aber weiter.

„Warum kapiert er es denn nicht?“, schimpfte ihre Freundin.

„Du weißt doch wie er ist. Ignorier ihn einfach, vielleicht kapiert er es ja doch irgendwann.“

„Und als Nächstes erzählst du mir, dass es Geister gibt.“

Beide mussten sie lachen.

 

Nach Schulschluss verabschiedeten sich Sahra und Lilli. Sie musste sich beeilen, denn ihr Lehrer hatte mal wieder seine Stunde überzogen. Das hatte zur Folge, dass sie nun vielleicht ihren Bus verpassen würde.

So schnell sie konnte, lief sie, bis ein Wagen sie zwang, stehen zu bleiben.

„Komm, ich fahr dich“, rief Chaise vom Fahrersitz.

Sie lief um seinen Wagen herum und flehte insgeheim, dass sie den Bus noch erwischte.

„Was ist dein Problem?“, hörte sie Chaise rufen.

„Du“, antwortete sie ihm, ohne stehen zu bleiben.

 

Kurz vor drei kam sie zu Hause an und räumte alles in die Schränke, bevor sie sich auf ihr Zimmer zurückzog. Es war besser, unsichtbar zu bleiben, wenn ihr Vater nach Hause kam.

Müde ließ sie sich für einen Moment aufs Bett fallen, wollte die letzten Minuten der Ruhe auskosten. Da hörte sie auch schon, wie die Wohnungstür aufging und mit einem lauten Knall zugeschmissen würde. Und schon ging es los.

Schnell suchte sie ihren Kopfhörer, doch bevor sie die Musik anstellen konnte, hörte sie, wie ihre Eltern begannen zu streiten. Das würde nun wieder stundenlang gehen. Ihre Mutter würde nicht zulassen, dass ihr Vater ins Zimmer kam, das tat sie nie. Trotzdem quälte sie das schlechte Gewissen, doch was sollte sie als Mädchen gegen einen erwachsenen Mann ausrichten können?

 

Am späten Abend klopfte es an ihre Tür. Seit etwa einer Stunde hatte sie nichts mehr gehört und war deswegen ins Bett gegangen. Nun aber stand sie auf und ging nachsehen.

Ihre Mutter stand davor und hielt einen Finger an ihre Lippen. Sie schob sich in ihr Zimmer und trat zu ihrem Kleiderschrank. Dort holte sie ihre Reisetasche heraus und begann wahllos irgendwelche Sachen einzupacken. Danach holte sie eine weitere Tasche heraus und warf sie ihr hin.

„Pack ein, was dir am wichtigsten ist“, wies sie sie an.

„Was ist los?“, fragte sie nach.

„Stell deine Fragen später, wir müssen hier weg, solange er noch schläft.“

Zustimmend nickte sie, danach packte sie Bilder, Computer und eben alles, was ihr am Herzen lag und worauf sie nicht verzichten wollte, ein.

 

Zwanzig Minuten später saß sie bei ihrer Mutter im Wagen und sah zu, wie der Mietkomplex allmählich immer kleiner wurde.

„Morgen fahren wir zu deiner Schule und melden dich dort ab. Wir verlassen die Stadt.“

„Mom, was ist mit meinen Freunden?“

„Es tut mir leid Schatz, doch wir müssen hier verschwinden.“

Auf der einen Seite verstand sie es, jedoch würde sie ihre Freundin schrecklich vermissen.

 

 

Vor vier Jahren

 

„Habe ich nach Ihrer Meinung gefragt?“, knurrte Ben den Mann an, der ihm am Konferenztisch gegenübersaß. Als der Mann anfangen wollte zu sprechen, hob er die Hand und verhinderte es. „Sparen Sie es sich, darauf will ich keine Antwort. Wenn Sie Mist bauen, stehen Sie auch gefälligst dazu. Bringen Sie das in Ordnung und jetzt gehen Sie.“

Sofort sprang der Mann auf und verschwand.

Müde strich Ben sich übers Gesicht. Er arbeitete nun seit etwa zwei Tagen durchgehend. Die Kundenaufträge stapelten sich und seitdem er sein Fachgebiet erweitert hatte, bekam er praktisch keinen Schlaf mehr.

Seit er sein Studium begonnen hatte, arbeitete er nebenbei im Studio seiner Mutter. Es war nicht leicht, doch es hatte ihn weitergebracht. Als ihm das irgendwann nicht mehr reichte, fing er in einer PR-Firma an. Dort begegnete er Cassandra Preston. Trotz ihrer jungen Jahre, leistete sie großartige Arbeit. Allerdings hatte sie auch eine ziemlich große Klappe und ließ sich so gut wie nie unterkriegen. Viele stieß das ab, doch ihn nicht. Im Gegenteil!

Als er die Firma verließ, bat er Cassandra, mitzukommen. Zu seinem Leidwesen lehnte sie ab, versprach aber es im Hinterkopf zu behalten, sollten sich die Dinge bei ihr ändern. Damit hatte er leben können und so war er gegangen.

Müde lehnte er sich zurück und schloss nur für einen Moment seine Augen. Er hatte sich ein großes Imperium aufgebaut, doch der Weg dorthin war alles andere als leicht. Sehr oft hatte man ihn nicht ernst genommen, wollte aufgrund seiner Jugend nicht mit ihm zusammenarbeiten. Doch er hatte gekämpft und wenn es sein musste, auch das eine oder andere Mal zu unfairen Mitteln gegriffen.

Das Musiklabel seiner Mutter hatte er so aufgewertet, dass viele bekannte Sänger nun dort unterschrieben hatten. Aber Ben war noch nicht zufrieden. Er wollte etwas Eigenes. Also hatte er mit seiner Mutter gesprochen und erklärt, dass er seine eigene Firma gründen wollte. Sie verstand es und wollte ihn bei allem unterstützen. Die Zeit dazu hatte sie, denn nur noch sein kleiner Bruder war zu Hause und ihr Mann blieb immer öfter und für längere Zeit weg. Scheinbar hatte seine Drohung gewirkt.

Shannon war ausgezogen und zur Army gegangen. Er konnte es immer noch nicht fassen, sie war gerade mal einundzwanzig. Auch wenn er nicht glaubte, dass das etwas für sie war, sagte er nie etwas Negatives dazu.

Aber wie nicht anders von ihr zu erwarten war, überraschte sie alle und legte einen Werdegang hin, der so manchen Mann in den Schatten stellte. Dies war auch einer der Gründe, warum er sie nach einer Verletzung dabei unterstützte, ihre eigene Sicherheitsfirma aufzubauen. Nun arbeiteten sie zusammen und bisher mit vollem Erfolg.

 

„Sir?“ Tommes, sein neuer Butler, trat zu ihm. Er war ein Ende dreißigjähriger Mann. Sah immer top gepflegt aus und hatte sich nicht nur einmal, als treuer Angestellter erwiesen. Nun hielt er mehrere Briefe in der Hand, gab sie ihm allerdings nicht gleich.

„Was gibt es?“

„Zum einen, ist hier Ihre Post.“ Nun überreichte der Mann ihm die Briefe. „Zum anderen, ist Ihr nächster Termin da.“

„Danke, Tommes. Schick ihn bitte rein.“ Er arbeitete gerne von zu Hause aus, da er sich dort frei bewegen konnte. Natürlich hatte er auch ein Bürogebäude mit Hunderten von Angestellten, die sich um alles kümmerten. Aber er ging nur dort hin, wenn Konferenzen anstanden oder andere offizielle Termine.

---ENDE DER LESEPROBE---