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Ein berührender Debütroman über Liebe, Trauer und das Leben im digitalen Zeitalter. Jades Leben liegt in Scherben, seit ihre Schwester Iris mit 33 Jahren an Krebs starb. Auch Smith, Inhaber einer maroden New Yorker PR-Agentur, hat mit dem Verlust zu kämpfen. Noch immer schreibt er seiner verstorbenen Assistentin Iris E-Mails, so sehr fehlt ihm ihre humorvolle Art. Als Smith herausfindet, dass Iris bis kurz vor ihrem Tod einen Blog über ihre Krankheit geschrieben hat, setzt er alles daran, ihn zu veröffentlichen und kontaktiert ihre Schwester - Jade jedoch vermutet, er wolle lediglich Geld machen, um seine Agentur zu retten. Kann es ein Happy End für zwei Menschen geben, die schon vor langer Zeit aufgehört haben, an ein Happy End zu glauben?
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Seitenzahl: 308
Veröffentlichungsjahr: 2019
Mary Adkins
Roman
Jade Massey hat eine gescheiterte Ehe hinter sich und eine Karriere als Sterneköchin in einem der besten New Yorker Restaurants. Seit ihre Schwester Iris vor ein paar Monaten an Krebs starb, liegt ihr Leben endgültig in Scherben.
Ein paar Blocks weiter führt Smith Simonyi eine PR-Agentur, die ihre besten Tage hinter sich hat. Er schlägt sich mit exzentrischen Künstlern herum und mit seinem nicht weniger exzentrischen Praktikanten Carl. Seit seine Assistentin Iris gestorben ist, hat Smith wieder mit dem Glücksspiel begonnen, und hin und wieder schreibt er an Iris’ Mail-Adresse, so sehr fehlt ihm ihre humorvolle Art.
Als Smith herausfindet, dass Iris bis zu ihrem Tod einen Blog über ihre Krankheit geschrieben hat, setzt er alles daran, ihn zu veröffentlichen. Er glaubt, es sei Iris’ letzter Wunsch gewesen, und kontaktiert ihre Schwester. Jade hingegen vermutet, er wolle bloß Geld machen, um seine marode Agentur zu retten. Erst als sie Smiths tiefsinnige Nachrichten im Postfach ihrer Schwester entdeckt, lässt sie sich auf einen Austausch ein. E-Mail für E-Mail kommen die beiden sich näher. Aber kann es ein Happy End für zwei Menschen geben, die schon vor langer Zeit aufgehört haben, an ein Happy End zu glauben?
Mary Adkins studierte Jura, arbeitete lange als Anwältin und unterrichtet heute Storytelling in New York. Sie ist preisgekrönte Autorin diverser Theaterstücke und hat für zahlreiche Zeitungen, u.a. die New York Times, geschrieben.
Die Originalausgabe erschien 2019 unter dem Titel «When you read this» bei HarperCollins, New York.
Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, März 2019
Copyright © 2019 by Rowohlt Verlag GmbH, Hamburg
«When you read this» Copyright © 2019 by Mary Adkins
Redaktion Susann Rehlein
Umschlaggestaltung any.way, Barbara Hanke/Cordula Schmidt, nach der Originalausgabe von Hodder & Stoughton, UK
Umschlagabbildung Nomoco
ISBN 978-3-644-30042-2
Schrift Droid Serif Copyright © 2007 by Google Corporation
Schrift Open Sans Copyright © by Steve Matteson, Ascender Corp
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Für Lucas und Finn
Trauer googeln
Die Gedichte über Trauer
stimmen nicht.
Meine Trauer ist das
Gegenteil
eines Couplets.
Sie ist nicht hübsch.
Sie schafft keinen Raum
für Reime.
Hier ist mein Gedicht
über Trauer:
Das also ist Schmerz.
Ist es
die ganze Zeit gewesen.
Jade Massey
Simonyi Brand Management
96 Morton Street, 8. Etage
New York, NY 10014
18. Juni
Sehr geehrter Mr. Simonyi,
ich bin beim Karriereplanungsforum der Stanford University auf Ihr Unternehmen gestoßen, wo Sie von ehemaligen Praktikanten positiv bewertet werden. Grace Wang (16) schrieb, sie habe einen wunderbaren Sommer lang mit Ihnen und Ihrer Kollegin Iris zusammengearbeitet. Zwar ist «wunderbar» eine reichlich schwammige und nichtssagende Formulierung, aber insgesamt wird schon deutlich, was sie meint. Sie haben noch keinen Bewerbungstermin für eine Praktikantenstelle im Herbst genannt, trotzdem möchte ich hiermit mein Interesse an einem Praktikum bei Ihnen ab September bekunden.
Ich stehe vor dem vierten Studienjahr; mein intensives und anhaltendes Interesse für PR und Kommunikation begann im zarten Alter von dreieinhalb, als ich meine erste Werbekampagne für eine von meinem Vater, Carl van Snyder Jr., entworfene Spielzeugserie ankurbelte. Mein Beitrag bestand darin, in der Kindertagesstätte auffällig mit den entsprechenden Teilen (die später unter dem Markennamen ToddleGenius preisgekrönt wurden) zu spielen, so wie ich es von meinem Vater zu Hause vorgeführt bekommen hatte.
Seither habe ich eine belegbare Erfolgsbilanz von Projekten im PR-Bereich vorzuweisen. Als jüngstes Mitglied aller Zeiten wurde ich von meiner Studentenverbindung mit der Koordination sämtlicher sozialer Aktivitäten beauftragt und habe in dieser Eigenschaft im vergangenen Frühjahr für den Bereich Palo Alto die Veranstaltung Langlauf gegen Alzheimer organisiert, wobei mehr als 100000 Dollar für den Verein Vergesst uns nicht zusammenkamen. Ich bin außerdem Schwarzgurtträger in Krav Maga, landesweit gelisteter Schachspieler (Altersgruppe 12–15) und Gründer des Online-Magazines SHAVED, das sich Themen wie persönlicher Hygiene und den fließenden Konturen maskuliner Existenz widmet (Was ist «Männlichkeit»?).
Ich wäre hingerissen, als Herbstpraktikant bei Simonyi Brand Management in New York City arbeiten zu können; verfügbar bin ich ab dem 24. August. Im Übrigen bedarf es keiner Entlohnung, da dieses Praxissemester nur gegen entsprechende Punkte aufgerechnet werden darf.
Anbei finden Sie meinen Lebenslauf. Ich habe der Gründlichkeit den Vorzug vor Kürze gegeben. Bitte lassen Sie mich wissen, falls Sie ein Seitenlimit haben, ich werde mein Bestes tun und ihn zurechttrimmen (obwohl dann eine kleinere Schrifttype zum Einsatz kommen mag, was für reifere Augen eine Herausforderung darstellen kann).
Mit freundlichen Grüßen,
Carl Van Snyder III
Wenn ihr von einem Roboter erfahren möchtet, dass ihr bald sterben werdet, habe ich eine Empfehlung: Dr. Hsu vom New Yorker Presbyterian Hospital verkündet Todesurteile mit dem Mitgefühl eines Salamanders.
Ich hätte nichts anderes erwarten sollen, nachdem er mir vor zwei Wochen mitgeteilt hatte, beim CT seien Auffälligkeiten in meiner Lunge festgestellt worden, und dann hinzufügte: «Das muss nicht unbedingt heißen, dass Sie Krebs haben.»
Ich erklärte Dr. Hsu, dass die Auskunft, es müsse nicht unbedingt Krebs sein, nur für solche Menschen eine gute Nachricht ist, die schon befürchten, Krebs zu haben. Für diejenigen unter uns, die sich für gesund halten, wäre die korrekte Formulierung: «Ich habe schlechte Nachrichten.»
Er dankte mir für den Vorschlag.
Und so ist es heute abgelaufen: Ich kam, wie üblich vor meinem Chef, gegen halb neun ins Büro. Las online Nachrichten. Die NASA teilt mit, dass fünfundzwanzig Millionen Amerikaner Schusswaffen als Vorbereitung auf den Weltuntergang horten. Ein Mann hat sich für hunderttausend Dollar zu einer lebendigen Ken-Puppe umoperieren lassen. Mein Handy summte, und zack, auf einmal habe ich Lungenkrebs.
Laut Dr. Hsu verweisen die Veränderungen in meiner Lunge nicht nur auf Krebs, sie bedeuten auch, dass ich vermutlich schon bald sterben werde. Er sprach von Chemo, man könne es probieren und sehen, was passiert. Aber mein Krebs ist etwas Besonderes. Er wird nicht wie andere Krebsarten in Stadien eingeteilt, sondern tritt nur in zwei Varianten auf: begrenzt und großflächig. Meiner ist von der üblen Sorte.
«Ich möchte ehrlich zu Ihnen sein. Die Prognose ist nicht gut», sagte er. Ich dankte ihm für seine Ehrlichkeit, weil das erwartet wird, wenn jemand eigens darauf hinweist, dass er ehrlich ist.
«Um den Tod kommt keiner von uns herum», fuhr er fort, «doch Ihnen steht er aller Wahrscheinlichkeit nach binnen sechs Monaten oder auch schon früher bevor» – als wäre das Ende meiner Existenz ein heranreifendes Baby oder die Liebe meines Lebens. Ein halbes Jahr. Vierundzwanzig Wochen. Noch vor dem Sommer.
Das Gespräch war kurz, wir vereinbarten nur noch einen Termin für Mittwoch. Irgendwann zwischendurch kam mein Chef herein, und ich merkte, dass mein 98-Cent-Kaffee umgekippt war. Die Pfütze tropfte vom Schreibtisch auf den Fußboden. «WIR SIND FÜR SIE DA», versprach der Pappbecher aus der Seitenlage.
Ich erzählte Smith, dass ich noch sechs Monate zu leben habe, und lachte dabei, als wäre das ein Witz. Ist es einer?
Er nahm mich in die Arme. Ich weiß nicht mehr, ob ich die Umarmung erwiderte. Er roch nach dem Eau de Cologne von Ralph Lauren, das ich ursprünglich für Daniel gekauft, nach irgendeiner unserer zahllosen Streitereien dann aber Smith geschenkt hatte. Erzählt man seinem Exverlobten, dass man bald sterben muss? Was gehörte sich in solch einem Fall? Meine Mutter wüsste die Antwort. Irgendwo in Virginia steht in einem Regal ein zerlesenes Buch mit einem Abschnitt zu dem Thema, wie viel Höflichkeit Exliebende einander bezüglich der Bekanntgabe tödlicher Erkrankungen schulden.
Smith zuliebe – er sah aus, als stünde er kurz vor einer Herzattacke – redete ich weiter, zählte die zunehmend verdächtigen Vorfälle auf, die zu diesem Morgen geführt hatten. Zu Anfang die Schmerzen in der Brust, dann das CT, dessen Ergebnisse erst nach Weihnachten vorlagen. Dann die Biopsie. Es war, als spräche jemand anders über mich. Die eigentliche Iris war geflüchtet. Sie ist schon lange nicht mehr da.
Er fragte, seit wann «das» schon so gehe. Inzwischen weiß ich, dass er die Untersuchungen meinte – meine Entdeckung der Krankheit, nicht so sehr die Krankheit selbst. Aber ich verstand ihn falsch.
«Wer weiß?», gab ich zurück.
Erst auf der Zugfahrt nach Hause wurde mir klar, dass seine Frage bedeutete: Warum hast du mir nichts davon gesagt?
Natürlich deshalb, weil die Leute, wenn man ihnen etwas erzählt, es als real betrachten. Ich aber hatte das Beste gehofft. Ich war schon immer eine Optimistin.
Keiner von uns beiden wusste, was ansteht, wenn man erfahren hat, dass es Krebs ist und man daran wahrscheinlich sterben wird. Bestimmt nicht weitermachen wie gehabt. Also kehrte ich zurück in meine Wohnung, was ich jetzt bereue. Vielleicht fahre ich doch wieder zur Arbeit. Dann hört er wenigstens auf, mich dauernd anzufunken, ob ich zurechtkomme.
Läuft das so? Dass man vermeidet, mit dem frisch entdeckten Krebs allein zu sein? Ich könnte mich bei Jade melden, aber die steckt sicher in der Küche und ihr Handy irgendwo im Schrank. Einen meiner drei Anrufe pro Jahr bei Mom damit zu füllen, dass ich ihr erzähle, ich hab Krebs, kommt mir grausam vor. Und ich bin nicht in Stimmung für die Babymamas. (Das sind meine Freundinnen aus unserer Zeit mit Anfang zwanzig, die mit Anfang dreißig Kinder bekamen und seitdem über nichts anderes mehr reden können als über ihre Kinder. Außerdem ist unsere gemeinsame Freundin Sabine, die uns zusammengehalten hat, nach Kalifornien gezogen.)
Ich habe eine Vorwarnung, volle sechs Monate Vorsprung. Ich setze mich mit meinem bevorstehenden Tod zu einem Kaffee, damit wir Pläne schmieden können.
Offen gesagt wundert es mich, dass aus dieser Website etwas geworden ist. Vor ungefähr einem Jahr kamen die beiden Gründer zu uns, wollten Unterstützung bei der Markenentwicklung im Austausch gegen Anteile an ihrem Startup, das eine Plattform für «graphisches Geschichtenerzählen» schaffen will. Laut Todd und … Chad? Ethan? Laut Ethan/Todd/Chad sind sowohl Menschen mit tödlichen Erkrankungen wie auch Vollzeitmütter ganz wild darauf, mit Dreiecken, Pfeilen und farbenfrohen Balkendiagrammen zu bloggen. Die zwei hatten eine bunte Mappe mit demographischen Untersuchungen zu Ziel- und Nischengruppen dabei, und anfänglich war Smith sehr angetan (ich nicht – sie waren beide eine Spur zu braungebrannt und redeten über die Zukunft wie über eine Lotterie, an der sie ein bisschen gedreht hatten). Ursprünglich wollten sie es «d-log» nennen («drawing log», so wie «vlog» für «video blog»), aber das kam bei den Fokusgruppen nicht gut an. Während der Präsentation kämpften Smith und ich beide gegen einen Lachanfall.
Und jetzt stehe ich da, ein lebendig gewordener Datenpunkt. Bravo, Chad.
Was einem zum Thema Sterben nicht in den Sinn kommt, bis es so weit ist: Ich kann meinen Mietvertrag nicht rechtzeitig kündigen.
Ich war Assistentin und habe gespart, um eine Bäckerei aufzumachen, wozu es nie kam. Ich hätte auch gern eine Familie gehabt, so viel dazu. Ich wurde dünn, dann dick und dann wieder dünn. Ich habe geraucht und dann aufgehört.
Sie war eine Verwaltungsangestellte, die dünn, dann dick und dann wieder dünn wurde.
Über eins muss ich mir klarwerden. Die ganze Zeit dachte ich, mein richtiges Leben hätte noch gar nicht angefangen. Jetzt stellt sich raus: Das hier war mein Leben. Mir bleiben ungefähr sechs Monate, um damit irgendwie ins Reine zu kommen.
DyingToBlogTeam: Willkommen! Wie wir sehen, fängst du schon an, deine Erlebnisse zu teilen. Denk daran: Wenn du die Exit Posts von anderen Usern kommentierst, besuchen mehr Leute deine eigene Seite. Dying To Blog ist eine Gemeinschaft, deren Mitglieder vor der gleichen Herausforderung stehen, und wir möchten, dass du den Maximalen Abgangswert für dich herausholst!
BonnieD: hi ich bin Bonnie. ich mag dein Blog, aber du musst mehr grafiken benutzen, weil das hier ist eine grafiksite und posts wie deiner schaffen es nie, wahrgenommen zu werden. nimms mir nicht übel, aber es sieht aus wie ein word dokument. aber ich bin auf dich gestoßen und mag dich also folge ich dir trotzdem.
IrisMassey: Danke, Bonnie. Hast du ein Blog hier?
BonnieD: nein. meine mom hatte eins.
BonnieD: das war echt gut aber sie haben es auf die Afterlife Seite verschoben, in den gedenkzustand.
BonnieD: das müssen sie machen sonst hast du da bloß nochn haufen blogs von toten, und das wär deprimierend lol
IrisMassey: Tut mir leid.
BonnieD: passiert eben
IrisMassey: Danke für den Tipp.
Jan10101010101: Viagra kaufen römischen Penis groß kaufen nicht hier kaufen danke für deine hervorragenden Beiträge
Freitag, 28. August
Liebe Rosita,
deine Nachricht habe ich bekommen und verstehe deine Betroffenheit, vor allem nachdem wir, wie du schreibst, so viel Zeit aufgewandt haben, um die U-Bahn-Reklame noch weiter zu vervollkommnen, und ich bin dir weiterhin dankbar für deine Geduld und deine Liebenswürdigkeit während des Shootings – zugegeben, er war nicht der professionellste Fotograf (nochmals Entschuldigung für das Fingernägelschneiden vor Ort), und ich weiß, du fandest es nicht prickelnd, dass ich ihn über diese Jobbörse an Land gezogen habe, aber das ändert nichts daran, wie sehr ich dich sowohl als Kundin wie auch als meine Zahnärztin schätze.
Vergiss nicht, dass vor einem Jahr noch niemand wusste, wer du bist und dass Paula Abdul als Kind grauenhafte Zähne hatte. Doch dank dieses mutigen Reporters von der Post haben wir alle erfahren, dass du in deiner Praxis Paula quasi einen neuen Mund geschenkt hast, ein neues Ich. Das ist eine absolute Großtat, und es freut mich, dass du endlich die Anerkennung bekommst, die du verdienst. Seit der Artikel rauskam, haben wir (wenn ich das mal so sagen darf) ganze Arbeit geleistet, um aus der ersten Publicity eine persönliche Marke zu entwickeln. Die Interviews, der Buchdeal, dazu die Promi-Werbeverträge. Da das Buch nun bald erscheint und unsere Kampagne, die auf Pendler in der Region abzielt, endlich angelaufen ist, muss ich dich warnen: Ruhm hat seinen Preis. Er zieht Hass auf sich. Das ist unvermeidlich. Meine Kunden lesen keine Kommentare, keine Blogs und keine Klatschzeitungen. Und – was deinen Fall betrifft – sie ignorieren ein bisschen Graffiti auf ein paar Reklameplakaten in der U-Bahn.
Als wir beschlossen, die Plakate in New Yorker U-Bahn-Stationen zu platzieren, war uns klar (mir zumindest, und vielleicht hätte ich das deutlicher machen müssen), dass es Beschädigungen geben würde. Wer in dieser Stadt viel mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist, dem fällt auf, dass keine Anzeige vor einem Schnurrbart hier oder einer billigen Schmiererei da gefeit ist. Ich würde sagen, über solche Aktionen sollte man sich nicht beschweren. Im Gegenteil, sie erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass den Menschen dein strahlendes Lächeln auffällt und im Gedächtnis bleibt. Dr. med. dent. Rosita de Santiago!
In diesem Stadium sollte man Aufmerksamkeit aller Art willkommen heißen.
Du schreibst von deiner Verachtung für den m.E. durchaus schätzenswerten Dr. Zizmor, der es als erster New Yorker Mediziner mit In-Motion-2D-Kampagnen in U-Bahn-Waggons versucht hat. Klar, mit seinen Anti-Pickel-Plakaten hat er sich zur Zielscheibe des Spotts gemacht – und er besitzt mittlerweile eine Yacht sowie insgesamt drei Häuser in zwei verschiedenen Küstenregionen.
Relativ gesehen würde ich sagen: F-A-K-E, hübsch ordentlich auf deine oberen vier Schneidezähne geschrieben, ist vergleichsweise harmlos.
Herzlich,
Smith S. Simonyi
Präsident
Simonyi Brand Management
Von: YOPLAY <[email protected]>
Datum: Fr, 28. August um 11:34
Betreff: SO EIN B WIE BULL + S WIE SATIRE
NOPE.
NOPE NOPE NOPE.
NICHT SCHON WIEDER.
JASCHON WIEDER.
GEH AUF YOUTUBE
GIB MEINEN NAMEN PLUS RAPPER EIN SONST KRIEGST DU DIESEN TYPEN MIT DEM JOJO-TRICK
KLICK AUF DAS ERSTEIT’S NOT EASY HAVING GREEN – ORIGINAL VIDEO
ÜBERRASCHUNG!
ES IST AM ENDEdoch nichtMEIN ORIGINAL-VIDEO. DIE LADIES SIND DURCH MUPPETFIGUREN ERSETZT, WAS SO VIEL HEISST WIE ICH HABE ANSCHEINEND EINEN TIERFETISCH WOBEI ES SICH UM STOFFTIERE HANDELT
WEITERE ANMERKUNG: DIE MUPPETS, DIE ICH IN DIESER «PARODIE» MEINES RAPS «KÜSSE», SIND ALLE «MÄNNLICH», DABEI HAT DUMMY KERMIT GLATT AUSGELASSEN
SCHWACHKOPF
UND WAS WOLLEN SIE DAMIT JETZT SAGEN – DASS ICH FÜRKINDERPERFORME?
SMITH, ICH BINS LEID. DIESES. DRAMA.
NACH «RAIN ON ME, SIR JESUS» – ok GOSPEL WAR EINE BLÖDE IDEE NICHT SO MEINE STÄRKE – HABE ICH DARUM GEKÄMPFT MICH ALS KÜNSTLER VON RANG ZU ETABLIEREN TROTZ DRUCK DER MASSEN DIE MICH UNBEDINGT EINER ANERKANNTEN KATEGORIE ZUORDNEN WOLLEN. SCHÄTZE MEIN KLEINER ABSTECHER RICHTUNG COUNTRY NEULICH HAT DIE SACHE NICHT BESSER GEMACHT. MEINEN DIE LEUTE, ICH KÖNNTE MICH NICHT ENTSCHEIDEN, ZU WELCHEM GENRE ICH GEHÖRE?
ABER ICH BIN KÜNSTLER, UND KÜNSTLER:
EXPERIMENTIEREN
GEHEN DAVON AUS, DASS MAN NICHT IN EINE KATEGORIE GESTOPFT WIRD, BLOSS WEIL MAN EXPERIMENTIERT
STEHEN SO UNTER BEOBACHTUNG DASS SICH GELEGENTLICH EINER WAS ANTUT
ICH TU MIR NICHTS AN, ABERja, ICH EXPERIMENTIERE, UND AN DIESEM PUNKT IN MEINER KARRIERE HABE ICH KEINERLEI INTERESSE DARAN SO ZU TUN, ALS GÄBE ES NUR EINE FORM, MICH AUSZUDRÜCKEN, BLOSS UM MEIN «Markenimage» ZU SCHÜTZEN UND WEIL ICH SONST OHNE MEINE FANS DASTEHE UND MEINE KARRIERE ZU ENDE IST BEVOR ICH KLAPPRIG UND ZU NICHTS MEHR NUTZE BIN, ALSO UNGEFÄHR MIT 45.
ICH BIN TAUFRISCHE 32 JAHRE ALT. ABER ALS NICHT HOCHGEWACHSENER WEISSER RAPKÜNSTLER, DER EINEN HÜGEL HINAUFSTEIGT, WERDE ICH MÜDE.
SEIT ICH VOR VIER JAHRENSARAN WRAP’S FREESTYLE SHOWDOWNGEWONNEN UND FÜRDON’T WHIZ ON MEMEINEN ERSTEN PLATTENVERTRAG ABGESCHLOSSEN HABE, GIBT ES WELCHE, DIE MICH AUF DEM KIEKER HABEN UND GERN HÄTTEN, DASS ICH ZUSAMMENSCHRUMPFE WIE DER SACK VON EINEM MANN IM SCHNEE.
ES WIRD ZEIT, DIESEN KINDISCHEN ANGRIFFEN AUF MEINE MUSIKALISCHEN GENRE-ERKUNDUNGSTOUREN EIN FÜR ALLE MAL EIN ENDE ZU SETZEN. WOMIT SCHLAGEN WIR ZURÜCK?
DO IT YOURSELF
TU ES SELBST
TU DIR
NICHTS
AN
BITTE UM RAT,
YO-PLAY/Phil
Von: [email protected]
An: YOPLAY <[email protected]>
Datum: Fr, 28. August um 12:04 Uhr
Betreff: Re: SO EIN B WIE BULL + S WIE SATIRE
Ich verstehe, dass du frustriert bist, wirklich. Unter meinen Kunden schätze ich niemanden mehr als dich, und ich sage dir immer aufrichtig, was ich denke.
Meiner Meinung nach sollten wir das Video ignorieren. Es ist ein Fliegenschiss. «Zurückzuschlagen» oder sonst wie zu reagieren, könnte auf Dünnhäutigkeit schließen lassen. Du möchtest doch als jemand mit Sinn für Humor wahrgenommen werden, richtig? Als so verspielt wie deine Musik? Lass es auf sich beruhen.
Und zum Schluss: Weißt du noch, was man über schlechte Presse sagt?
SS
Guten Morgen Chef!
Tagesplan heute:
10- Leah Rollins Loebel (Potentielle Kundin), Ernährungswissenschaftlerin für Stars (Sorry – schon vorbei)
13- Telefonat mit Phil Gergel (alias Yo-Play)
15:30- Vorschlag zu einem Meeting mit Carl, also mir, zu folgenden Aktionspunkten:
a. Ist es möglich, mir mehr Aufgaben zuzuweisen, die meine Stärken zum Einsatz bringen, statt immer nur solche, die auch ein Schimpanse erledigen könnte?
b. Wie organisiert man eine Lesereise, wenn einem das Buch grundsätzlich widerstrebt?
Außerdem habe ich mir erlaubt, in meinem Schreibtisch ein bisschen auszumisten; es war noch das eine oder andere in den unteren Schubladen, die ich für meine Sportsachen etc. brauche. Ich nehme an, die Sachen gehörten einer Angestellten, die vor meiner Amtszeit hier bei Simonyi Brand Management beschäftigt war. Vieles kann wohl in den Müll (Quittungen, Papierschnipsel, To-do-Listen), aber ich habe bisher nichts weggeworfen, weil auch noch anderes dabei war – ein Glätteisen, Lipgloss, ein paar Ratgeber, ein aus einer Zeitschrift herausgerissener Artikel mit der Überschrift: Das Beste aus sich machen (insgesamt: Was für ein trostloser Beleg für den Druck, unter dem Frauen stehen; vielleicht sollte ich dieses Sammelsurium mal in einer Kurzgeschichte verwenden).
Ich habe alles in Kartons verpackt, die unten im Eingangsbereich standen, also falls der Hausmeister klopf-klopf macht, schuldig im Sinne der Anklage. Die Kartons sind hinter dem Konferenztisch verstaut.
Ach ja, und dann war da noch ein Ausdruck, offenbar von einem Blog, mit dem Titel Mein Leben im Rohentwurf: Ein Blog, das zum Buch wurde, von Iris Massey. Anscheinend sollen Sie das veröffentlichen. (Nebenbei bemerkt: Aus dem aufgeklebten Post-it habe ich geschlossen, dass die Frau, die zuletzt an diesem Schreibtisch saß, gestorben ist? Wann genau? Denn, zu Ihrer Information, das ist etwas, an dem ich eine Weile zu kauen haben werde …)
Ab zum Mittagessen,
Carl Van Snyder
Associate
Simonyi Brand Management
Carl,
danke, aber ein Tagesplan wäre sehr viel nützlicher, wenn Sie ihn zu Beginn des Arbeitstages senden würden statt erst gegen Mittag.
Außerdem sind Sie kein Associate, also entfernen Sie das bitte aus Ihrer E-Mail-Signatur.
Und was hat es mit Iris und diesem Blog auf sich? Ich sehe nichts davon auf Ihrem Schreibtisch …
Danke,
SS
Wie viele Leute wohl anderen, die gestorben sind, weiterhin Mails schreiben? Das wäre eine interessante Geschichte fürs Radio. Oder auch bloß eine deprimierende.
Seit dieser Woche habe ich einen neuen Praktikanten, Carl. Er hat sich aus heiterem Himmel im Juni hier gemeldet, und Richie hat mich überredet, ihn zu nehmen, weil es schon fast vier Monate her ist und ich es immer noch nicht über mich gebracht habe, Ersatz für dich zu suchen. Er ist einundzwanzig und strotzt vor Tatkraft. Ich dachte mir, es wäre nett, jemanden um mich zu haben.
Unterdessen hat Phil – der einzige Kunde, der mir zurzeit Geld einbringt – einen Monat nach seinem spektakulären «Rap-Begräbnis» beschlossen, zum Rap zurückzukehren. Ihm ist aufgegangen, dass Country doch mehr an «Singstimme» verlangt, als er bieten kann. Und natürlich ist die Wandlung von «Yo-Play» zu «Phil Gergel» den Boulevardblättern nicht entgangen. Jetzt ist er fertig mit Country und wieder beim Rap. Er tut so, als hätte er die Rapszene nie verlassen, und wir tun weiterhin so, als wäre er hetero.
Sein «Begräbnis», deine dem Cannabis geschuldete Idee (ich bin in Versuchung, darüber zu witzeln, dass dein Tod es dir erspart hat, die Ausführung miterleben zu müssen), machte deiner ursprünglichen Vision spektakuläre Konkurrenz. Die Webster Hall war rappelvoll. Sechs Bodybuilder in weißen Smokings trugen seinen Sarg herein, dazu sang ein Gospelchor einen Trauermarsch. Zwerge mit Partyhüten verteilten aus Papier gefaltete Einhörner, die mehr nach Pferden mit Ku-Klux-Klan-Hauben aussahen, weil das Papier sich nicht gut zu Hörnern formen ließ. Phil fand deine Idee der «Wiedergeburt» toll und entstieg mittels einer Seilaufhängung dem Sarg, wie beim Höhepunkt einer Laienspielaufführung von Peter Pan, und das Publikum war begeistert. Ich fand es anstrengend und viel weniger unterhaltsam, als wenn du dabei gewesen wärst.
Es erschreckt mich, wie sehr ich dich vermisse.
Jeden Tag wusste ich beim Hereinkommen, dass du da sein würdest, und jeden Tag machten wir uns über unsere absurde Karriere lustig.
Als ich dir den Job anbot, war ich mir sicher, du würdest nach sechs Monaten wieder gehen, spätestens. Das dachten wir wohl beide. Dieser Job war deine Brücke in die Zukunft.
Aber dann verging ein Jahr, und noch eins … Hätte ich dich drängen sollen, zu gehen? Ich tat es nicht, weil ich dich gern um mich hatte. Ich war selbstsüchtig.
Iris, ich habe keinen Schimmer, warum du so lange hiergeblieben bist. Dich zum Lachen zu bringen, war jeden einzelnen Tag mein Ziel, unbewusst, aber es war so.
Bei unserem letzten Gespräch ging es um Richie, wie glücklich du mit ihm warst. Du klangst direkt aufgekratzt. Dann hast du noch gesagt, am Abend zuvor wärst du mit deiner Schwester tanzen gegangen. Das schienen mir gute Zeichen zu sein.
Ich fragte, ob du irgendwas bräuchtest.
«Erzähl mir was Lustiges», hast du geantwortet; also habe ich dir erzählt, dass Phil ein Meerschweinchen adoptiert und es Abraham Lincoln getauft hat. Dein Lachen ging in Husten über. Und dann legten wir auf, aber vorher sagte ich dir noch, dass du mir fehlst. Du mir auch, hast du erwidert. Wahrscheinlich haben wir uns beide gefragt, ob das unser Abschied war. Hättest du doch nur erlaubt, dass ich dich besuche, aber für mich ergab das keinen Sinn. Du warst mit meinem Freund zusammen! Und gingst tanzen!
Ich wartete auf deine Rückkehr. Vergeblich.
Ich stecke tief drin, Iris. Ganz tief. Ich halte alles mit einer Schnur zusammen, und es wird auseinanderfallen, sobald ich die Hand öffne.
Carl,
ich darf Sie daran erinnern, dass die Mittagszeit eine Stunde beträgt. Und was für ein Post-it?
Danke,
SS
Carl,
ich habe überall gesucht und keinen Papierausdruck von irgendwas gefunden. Ich weiß, wir haben noch nicht ausdrücklich darüber gesprochen, aber ich nutze die Gelegenheit, um klarzustellen, dass sämtliche Akten und sonstigen Dokumente, die mit der Arbeit zu tun haben, hier im Büro bleiben sollen.
Noch etwas: Ich nehme nicht an, dass die Ihrem Gefühl nach eintönigen Aufgaben, die Ihnen bisher zugewiesen wurden, Sie aus der Stadt getrieben haben. Darum lassen Sie es mich wissen, wenn Sie vorhaben, mitten an einem Werktag für mehr als drei Stunden abwesend zu sein.
Im Übrigen vielen Dank dafür, dass Sie die Sachen aus dem Schreibtisch so ordentlich verpackt haben.
Hello Smith!
Hoffe, im Big Apple ist alles so weit gut. Sie verpassen einen schönen Herbstanfang hier draußen! War gestern mit Ihrer Mutter spazieren, um den Sonnenschein zu genießen. Zurzeit ist sie nicht sonderlich scharf drauf, ihr Zimmer zu verlassen, deshalb war es ein ziemlicher Kraftakt, sie in den Rollstuhl zu verfrachten. Ehrlich, sie macht sich steif wie ein Kleinkind. Meistens lasse ich ihr ihren Willen, sonst pöbelt sie mich an. Redet von «Gefängnis». Sie wissen ja, wie sie sein kann. Sie hat einen wirklich erstaunlichen Humor!
Ich habe mir gedacht, wenn Sie einmal zu Besuch kämen, hätte sie wieder einen Grund sich zu freuen. Aber ich weiß ja, dass Sie sehr beschäftigt sind.
Jillian hat mich gebeten, Sie daran zu erinnern, dass die Zahlung für August noch aussteht. Ich habe ihr gesagt, Sie bräuchten sicherlich keine Erinnerung und würden den Betrag zusammen mit dem für September überweisen. Ihre Mutter lässt Sie grüßen.
Wally
Hey Richie,
könnte ich mir vielleicht zwei Riesen von dir leihen, damit ich diesen Monat die Miete für meine Mom zahlen kann? Ich find’s scheußlich, dich darum zu bitten, nachdem ich dir schon so viel schulde, aber ich hab im Juli zwei Kunden an eine größere Firma verloren, an einen von diesen Giganten. Hab seit sechs Monaten niemanden mehr unter Vertrag genommen. Ich arbeite dran. Jedes Mal, wenn ich mich hinsetze, um einem potenziellen Kunden eine Mail zu schreiben, fühlt es sich an, als hätte ich Sand im Hals, aber ich arbeite dran. Wenn es für dich okay ist, diesen Posten auf meine Rechnung zu setzen, zahle ich zurück, sobald ich kann. Später noch auf ein Bier?
Ich wollte auch fragen, ob du mir Kontakte zu irgendwelchen kleineren Kunden von dir verschaffen könntest, zum Beispiel dem Typen in Downtown, der so viel Furore mit seiner Quiche gemacht hat, die Wehen auslöst? Den Namen von seinem Café habe ich vergessen.
Du weißt, dass ich mich nicht an dich wenden würde, wenn ich nicht alle anderen denkbaren Möglichkeiten schon ausgelotet hätte.
Später noch auf ein Bier?
Danke, Alter,
Smith
Hi Smith,
Glückwunsch, Sie haben Ihren Eintrag Schöne Zweizimmerwohnung mit Balkon in der Upper West Side erfolgreich reaktiviert. Ab morgen, Samstag, den 29. August, ist er wieder online, Ihr Eintrag findet sich unter den Suchergebnissen, und Traveller können sich an Sie wenden.
Bezüglich der Verfügbarkeit ist jederzeit eingetragen, sie gilt als unbegrenzt. Um die Sichtbarkeit Ihres Eintrags zu verändern oder ihn erneut zu deaktivieren, gehen Sie auf Einträge Verwalten.
Danke,
das Airbnb-Team
Hab grade die Überweisung gesehen. Danke, dass du das so schnell gemacht hast. Bier? Wann passt es?
Lieber Smith,
klar verstehe ich, dass die Mittagszeit keine drei Stunden dauert! Und LOL von wegen «aus der Stadt getrieben». Keine Sorge, so leicht wird man mich nicht los. Ich tippe das hier auf meinem Smartphone – bin schon so gut wie im Büro.
Warum ich so lange weg war? Einer Dame wurde das Handy geklaut, und ich habe den Dieb endlos weit Richtung Norden verfolgt. Zum Glück ist einer von uns beiden (und zwar nicht er) vier Jahre lang in der Schulmannschaft auf Landesebene gelaufen (Goldmedaillen 2011, 2012 und 2013). Trotzdem sprintete er wie ein Kenianer. Als ich ihn endlich einholte, lehnte er an der Wand eines spanischen Deli, um zu verschnaufen. Ich machte formelle Meldung bei einem unbeschäftigten Cop, der sein Riesensandwich sausen ließ, um das Handy ohne großes Trara an sich zu nehmen. Natürlich wollte ich einen Farbigen nicht mit einem Cop allein lassen, auch wenn er eindeutig der Täter war. Ich blieb, um sicherzugehen, dass alles seine Richtigkeit hatte.
Ehrlich gesagt wurmt mich eine Sache doch ziemlich: Die Besitzerin des Handys hat sich kaum bei mir bedankt. Offenbar hatte sie den Eindruck, der Polizeibeamte hätte mehr mit der Rettungsaktion zu tun gehabt, obwohl doch ich mal eben vom West Village bis Midtown gestürmt bin. Vielleicht wollte sie ohnehin ein neues Handy.
Bah. Es ist schon fast fünf. Ich muss schleunigst los, sonst schaffe ich es nicht mehr zu meinem Hot-Yoga-Kurs um sechs, der um acht wurde nämlich abgesagt. Es dauert länger, als ich dachte, von unserem Büro nach Brooklyn zu fahren, wo ich mit drei Studenten der New York University zusammenwohne, die ihre Hauptfächer selbst erfinden – O Mann! – und nichts vom Putzen halten. Ich darf kein Desinfektionsmittel benutzen, damit sie von den giftigen Dämpfen keine schweren Schäden davontragen. Aber Staubmilben und Rattenköttel sind ganz sicher voll in Ordnung.
Ich lege Ihnen das Buch/Blog/was auch immer auf meinen Schreibtisch, weil ich eben erst ins Büro gekommen bin und Sie offenbar gerade mit irgendwas schwer beschäftigt sind. Ich habe es versehentlich in meine «Mittagspause» mitgenommen (als hätte ich Zeit zum Essen gehabt). Bei meinem uneigennützigen Losspurten ist meine Limo umgefallen und hat das Post-it besudelt, das Iris aufs Deckblatt geheftet hat. Es ist … trotzdem noch einigermaßen lesbar? Hm. Vielleicht auch nicht. Für diesen Fall hier das, was ursprünglich draufstand:
Smith,
wenn du meinst, dass das hier irgendwas taugt, steht es dir frei, es zu veröffentlichen. Kein Stress, bloß weil ich tot bin.
Iris
Das fand ich total süß! Kein Stress, bloß weil ich tot bin!
Ich muss los, damit ich nicht den Scheißplatz neben dem riechenden, haarigen Typen kriege (wobei – gut für ihn, dass er Yoga macht, ganz echt jetzt) und/oder die Pranayama-Tiefenatmung verpasse.
Namaste,
Carl
Wie wir hörten, hatten Sie gerade ziemliches Pech!
Schon klar – es ist mies, zu verlieren. Aber wie Thomas Edison so klug bemerkte: «In der Geschichte sind viele Fehlschläge auf Menschen zurückzuführen, denen, als sie aufgaben, nicht klar war, wie dicht sie vor dem Erfolg standen.»
Um Sie wieder ins Spiel zu bringen, belohnen wir Sie mit 25000 naoPoints. Diese können Sie verwenden, um neue Spiele freizuschalten oder strategische Hinweise einzusehen.
Von: AnonymeSpieler.org
Datum: Fr, 28. Aug., 17:29 Uhr
Betreff: Wir vermissen Sie bei den Anonymen Spielern
Laut Aussage des Psychiaters und Psychologen Leonard Higgenbottom geben wir uns dem Glücksspiel unter anderem deshalb hin, weil wir glauben, dass wir verlieren können, verlieren werden und vermutlich verlieren sollten.
Trifft das auf Sie zu?
Finden Sie sich wieder bei den Anonymen Spielern online ein, wo unsere Gruppe aus Männern und Frauen es mit unserem gemeinsamen Problem aufnimmt, jeden Tag aufs Neue. Zusammen können wir das erreichen, was wir allein nicht schaffen.
BonnieD: :-O!
ArduousArdvark:LOL scheißkomisch das mit Photos Warehouse
BonnieD: hey arduous hier lesen kids mit, bitte halt die seite sauber
ArduousArdvark: so wer wie ich, meinst du? Ich bin dreizehn, bitch
BonnieD: und. ich bin sechzehn.
ArduousArdvark: scharf
BonnieD: pass auf was du sagst bitte danke
ArduousArdvark: was denn, ich sterbe auch bald? und denke nein, werde ich nicht? aber DANKE.
IrisMassey: Hey. Unterstützt einander, ja, Leute?
ArduousArdvark: LOL stimmt
AMAZON-Rezension (neueste von insgesamt 141) zu iRelaxx 100 % authentischer Bademantel aus Satin in frühlingshaftem Lavendel
28. August, 04:40 Uhr – Bestätigter Verkauf
Jade R Massey: Vier Sterne
Ich habe ein bisschen was auf den Hüften und dieses Modell deshalb in Größe M gekauft.
Im Gegensatz zu anderen habe ich kein Problem mit den aufgerissenen Säumen oder den fehlenden Schlaufen. Es ist schließlich ein Scheißbademantel für bloß 17 Dollar 99. Da muss man ein paar Abstriche machen. Außerdem hat er innen noch einen Kordelzug, damit er nicht aufgeht, deshalb hat der Gürtel außenrum ohnehin nicht so besonders viel zu tun. Die Kordel hält, wenn ich sie zur Schleife binde. Ein einfacher Knoten löst sich halt wieder. Das ist für mich eine Frage von gesundem Menschenverstand, deshalb bin ich anders als Sharon M. nicht der Meinung, dass das dem Bademantel anzulasten ist. Ich glaube, es geht hier um Physik.
Noch etwas: Der Stoff ist tatsächlich dünner, als ich erwartet hätte – und wie es die meisten der 140 Leute, die diesen Artikel ebenfalls bewertet haben, anmerkten. Anders als viele von ihnen bin ich jedoch momentan nicht an irgendwelchen Verführungsaktionen interessiert. Egal, man hängt gemütlich rum in dem Ding, und es klebt einem nicht allzu sehr am Körper.
Von: [email protected]
Datum: Fr, 28. Aug., 05:30 Uhr
Betreff: Wie brand-EI-lig ist es uns mit Ihrer Zukunft?
Liebe Jade,
vor neun Monaten haben Sie zuletzt EGG FREEZING 101: Verantwortung für die eigene Fruchtbarkeit übernehmen besucht. Wir wüssten gern, wie der aktuelle Stand Ihrer Planung ist.
Lassen Sie es mich wissen, wenn Sie einen weiteren Termin mit unserem In-Vitro-Koordinatoren ausmachen möchten.
Mit freundlichen Grüßen,
Karen Waterson
Marketing Director
Reproductive Medical Partners of New York
Von: [email protected]
Datum: Fr, 28. Aug., 05:37 Uhr
Betreff: Aktueller Stand Ihrer E-Mail-Einstellungen
Sie haben sich von unserer Mailingliste abgemeldet.
Wir sind immer bestrebt, unseren Service zu verbessern. Sollten Sie uns die Gründe für Ihre Abmeldung mitteilen wollen, antworten Sie bitte auf diese E-Mail.
Von: [email protected]
Datum: Fr, 28. Aug., 05:46 Uhr
Betreff: Re: Aktueller Stand Ihrer E-Mail-Einstellungen
Ich habe mit einem Todesfall in der Familie zu tun, deshalb steht mir momentan der Sinn nicht danach, meine Eizellen einzufrieren.
Kostenloser Hinweis: Frauen, die Ihr Seminar besuchen, sind sich dessen bewusst, dass unser Fortpflanzungssystem altert. Meine Eizellen sind jetzt 37, letztes Jahr, als ich an Ihrem Seminar teilnahm, waren sie 36, beides ist mir klar. Wenn ich mich nicht bei Ihnen melde, dann darum, weil bei mir die Kacke am Dampfen ist oder weil ich augenblicklich nicht in der Lage zu irgendwelchen Versuchen bin, meine Fruchtbarkeitsfrist zu verlängern.
Bitte behandeln Sie die Frauen, die Ihre potenziellen Kundinnen sind, mit etwas mehr Respekt. Wir sind erwachsen und imstande, mit Ihnen Kontakt aufzunehmen, wenn wir für einen weiteren Schritt bereit sind.
Lieber Marcus,
während meiner Abwesenheit hatte ich Gelegenheit, über unsere Menüfolge nachzudenken, und nun, da ich wieder da bin, kann ich mit ein paar Ideen aufwarten. Bitte um Applaus.
Mit der Wende zum thematischen Menü habe ich mich schwergetan. Du kennst meine Vorbehalte gegen solche Menüs, die ich zutiefst undemokratisch finde. Aber ich habe mitgemacht und das Konzept voll und ganz unterstützt, und natürlich sieht es nach den ersten Bewertungen so aus, als hättest du recht. Für uns war es eine Wende zum Guten.
Doch insbesondere seit der Beschwerde eines Stammgasts gestern Abend habe ich das Gefühl, dass wir – wenn wir denn bei dem thematischen Menü bleiben – den letzten Gang wegfallen lassen müssen. Ein thematisches Menü schlägt einen Bogen. Es erzählt eine Geschichte. Wozu das Ganze sonst?
Das Hundstage-Motiv, das du während meiner Abwesenheit kreiert hast, ist sehr hübsch. Zum größten Teil. Der seidige Frischkäse aus Vermont. Die Flunder: eine Eins mit Sternchen. Mein Favorit ist der Balut im Teigmantel, kein Wunder – der größte Erfolg in meiner Karriere, denke ich mal. Doch als Schlusspunkt dieser so harmonischen wie schwelgerischen und überraschungsreichen Abfolge wird den Gästen was präsentiert: Ein Eiscreme-Sandwich?