Wenn du mich retten willst - Lena Lou - E-Book
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Wenn du mich retten willst E-Book

Lou Lena

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Beschreibung

Sie hat gelernt, stark zu sein – aber nicht, sich fallen zu lassen.
Sie hat alles verloren – außer der Hoffnung, dass da noch mehr ist.
Nach den erschütternden Ereignissen der Vergangenheit versucht Mira, in einem Alltag anzukommen, der keiner ist. Ihr Herz trägt Narben, die niemand sieht – und sie hat sich geschworen, nie wieder jemanden so nah an sich heranzulassen. Doch als sie auf Julian trifft, einen Mann mit stiller Tiefe und einer zerbrochenen Seele, beginnt sich etwas in ihr zu verändern.
Julian kennt die Dunkelheit – und das Gefühl, sich selbst nicht mehr retten zu können. Doch Mira ist wie Licht in einer Welt, die längst verblasst schien. Zwischen Rückzug und Nähe, Schweigen und Sehnsucht beginnt eine Reise, die nicht nur ihre Vergangenheit, sondern auch ihr Vertrauen auf die Probe stellt.
Wie nah kann man einem Menschen kommen, bevor man sich selbst verliert?
Und was, wenn Liebe nicht heilt – sondern alles aufbricht, was man mühsam verschlossen hat?
„Wenn du mich retten willst“ ist ein intensiver, gefühlvoller Liebesroman über zweite Chancen, gebrochene Versprechen und die zarte Hoffnung, dass selbst aus Scherben etwas Neues wachsen kann.

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Lena Lou

Wenn du mich retten willst

UUID: d58dbe17-909c-46ad-b2d3-60096b5bcf57
Dieses eBook wurde mit Write (https://writeapp.io) erstellt.

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1 – Und dann kam dieser Blick

Kapitel 2 – Wenn alles wieder hochkommt

Kapitel 3 – Dinge, die wir nicht sagen

Kapitel 4 – Wenn Nähe Angst macht

Kapitel 5 – Zwischen uns und damals

Kapitel 6 – Deine Nähe macht mich leise

Kapitel 7 – Zwischen deinen Worten und meinem Herz

Kapitel 8 – Was, wenn wir falsch angefangen haben

Kapitel 9 – Weil Nähe kein Versprechen ist

Kapitel 10 – Wenn wir uns verlieren

Kapitel 11 – Die Stille zwischen uns

Kapitel 12 – Wie viel Nähe verträgt ein Herz?

Kapitel 13 – Weil wir uns nie ganz kannten

Kapitel 14 – Zwei Wahrheiten später

Kapitel 15 – Manchmal reicht es nicht, zurückzukommen

Kapitel 16 – Ein Schritt vor, zwei zurück

Kapitel 17 – Die Leerstelle in mir trägt deinen Namen

Kapitel 18 – Das Echo deiner Schritte

Kapitel 19 – Wir sind nicht mehr dieselben

Kapitel 20 – Die Version von dir, die du mir nie gezeigt hast

Kapitel 21 – Zuviel Vergangenheit für ein Herz

Kapitel 22 – Wie wir lieben, wenn wir fallen

Kapitel 23 – Du mit all deinen Scherben

Kapitel 24 – Dinge, die man nicht zurücknimmt

Kapitel 25 – Nicht alles, was fällt, geht kaputt

Kapitel 26 – Was du nicht siehst

Kapitel 27 – Ich bin nicht heil – aber hier

Kapitel 28 – Was bleibt, wenn alles fällt

Kapitel 29 – So laut wie du schweigst

Kapitel 30 – Ich bin nicht mehr, wer ich war

Kapitel 31 – Die Version von dir, die bleibt

Kapitel 32 – Was bleibt, wenn du loslässt

Kapitel 33 – Wenn dein Name fällt

Kapitel 34 – Die Sprache deiner Stille

Kapitel 35 – Briefe an den Teil von dir, den ich nie ganz hatte

Kapitel 36 – Was, wenn du es bist, der gerettet werden muss?

Kapitel 37 – Wenn ich mir selbst nicht traue

Kapitel 38 – Und trotzdem bleib ich

Kapitel 39 – Die Sekunden dazwischen

Kapitel 40 – Und dann kamst du

landmarks

Titelseite

Inhaltsverzeichnis

Buchanfang

Kapitel 1 – Und dann kam dieser Blick

Der Regen war kalt. Nicht nur nass, nicht nur unangenehm, sondern durchdringend – so wie Gedanken, die man nicht mehr loswird. Jene Art von Regen, der sich durch Kleidung, Haut und Knochen zieht, bis er die Lücken zwischen den Worten füllt, die man nie gesagt hat.

Mira stand unter dem halb zerfallenen Vordach des kleinen Cafés, das sie früher so oft mit ihrer Schwester besucht hatte. Es war nicht geplant gewesen, heute herzukommen. Eigentlich hatte sie nur spazieren wollen. Weglaufen, um genauer zu sagen. Vor sich. Vor dem Anruf. Vor der Stimme ihrer Mutter, die nach Monaten der Funkstille so beiläufig wie möglich mitgeteilt hatte, dass er wieder in der Stadt war.

„ Luca ist zurück. Nur für ein paar Tage, sagt er.“

Miras Herz hatte still gestanden, für einen Moment. Als wäre es sich nicht sicher, ob es weiterschlagen sollte. Luca. Der Name klang wie ein Echo aus einem Leben, das sie nicht mehr leben wollte. Oder durfte.

Sie hatte sich nicht gemeldet, hatte die Nummer gelöscht, die Bilder verbannt, die Nachrichten archiviert wie alte Wunden. Und jetzt stand sie hier, mitten im Regen, im Schatten einer Erinnerung, die nie ganz verblasst war.

Drinnen im Café flackerte Licht. Ein neues Logo prangte über dem Fenster. „Milch & Mut“ stand da jetzt, handgemalt, mit kleinen goldenen Sternen daneben. Früher hieß es „Café Clara“. Sie hatten dort Geburtstage gefeiert, heimlich Hausaufgaben abgeschrieben und sich versprochen, nie auseinanderzugehen. Mira erinnerte sich an den letzten Besuch mit Luca. An den Streit. An sein Schweigen. Und an die Erkenntnis, dass Schweigen manchmal lauter schreit als jedes Wort.

Ein tiefer Atemzug. Sie trat einen Schritt näher an die Tür, fast mechanisch. Ihr Handrücken strich über das kalte Metall der Klinke, als sie plötzlich eine Stimme hörte.

„ Gehst du rein oder wartest du auf ein Zeichen?“

Sie fuhr herum.

Da stand er.

Die Sekunden dehnten sich, wie Gummi, der kurz davor ist zu reißen. Miras Blick blieb an ihm hängen, obwohl alles in ihr schrie, wegzusehen. Er war älter geworden – nicht in Jahren, sondern in Ausdruck. Der Junge, den sie kannte, war irgendwann zwischen damals und jetzt verschwunden. Und an seiner Stelle war ein Mann getreten, mit müden Augen, einem Bartschatten und Schultern, die zu viel trugen.

„ Luca“, sagte sie – leiser, als sie wollte.

Er lächelte nicht. Nickte nur.

„ Ich dachte, du bist in Berlin.“ „Bin ich auch. Eigentlich. Nur für ein paar Tage hier.“

Es folgte eine dieser Pausen, in der alles möglich ist – Wut, Versöhnung, Flucht.

„ Ich hab nicht damit gerechnet, dich zu sehen“, sagte sie.

„ Ich auch nicht. Nicht so. Nicht hier.“

Sein Blick wanderte zu ihrer Hand. Kein Ring. Kein Zögern. Aber auch kein Willkommen.

Mira überlegte, ob sie gehen sollte. Aber ihre Füße blieben, als hätten sie sich mit dem nassen Asphalt verbündet. Ihre Gedanken rasten: Warum bist du hier? Was willst du? Warum jetzt?

Und dann sah er sie an – auf eine Weise, die sie auswendig kannte und gleichzeitig vergessen hatte. Nicht aufdringlich. Nicht mitleidig. Sondern echt. Ein Blick wie früher, als Worte noch nicht ausgereicht hatten und Blicke ganze Gespräche trugen.

„ Du siehst müde aus“, sagte er schließlich.

„ Und du siehst aus, als hättest du Fragen, auf die ich keine Antworten habe.“

Luca nickte. Langsam. „Ich bin nicht gekommen, um dir Antworten zu nehmen. Ich bin hier, weil ich es nicht mehr ertragen habe, nicht zu wissen, ob du… okay bist.“

Ein Windstoß trieb den Regen unter das Vordach. Mira fröstelte. Nicht nur wegen der Kälte.

Okay? Was heißt das schon?

Ihre Stimme zitterte, obwohl sie fest klingen wollte. „Du kannst nicht einfach wieder auftauchen und so tun, als wäre da nichts gewesen.“

„ Ich tu nicht so. Ich weiß genau, was war. Und was ich falsch gemacht hab.“

„ Du hast mich gehen lassen.“

„ Ich hab gehofft, du würdest zurückkommen.“

Mira presste die Lippen aufeinander. Es war zu viel. Und zu wenig. Alles auf einmal.

Sie öffnete die Tür des Cafés – und hielt sie einen Moment offen.

Nur einen.

Luca trat hinter ihr ein. Die Tür fiel ins Schloss. Der Regen blieb draußen.

Und zwischen Kaffeeduft und Erinnerungen begann ein Gespräch, das viel zu lange geschwiegen hatte.

Kapitel 2 – Wenn alles wieder hochkommt

Die Tür fiel hinter ihnen ins Schloss, dumpf wie ein Punkt hinter einem Satz, den keiner mehr lesen wollte. Drinnen roch es nach Zimt und frisch gemahlenem Kaffee. Die Luft war warm, schwer von Musik in Moll und leisen Stimmen, die in Halbsätzen verblassten.

Mira blieb stehen. Zwei Schritte hinter dem Eingang, genau dort, wo der Boden noch feucht vom Regen war und die Entscheidung, zu bleiben, noch nicht endgültig. Ihre Haare klebten an der Stirn, kleine Tropfen perlten über die Wangenknochen. Es war nicht klar, ob es Regen oder etwas anderes war.

Luca sagte nichts. Tat nur das, was er immer getan hatte, wenn sie zu kämpfen versuchte: Er wartete. Und das machte es nur schwerer.

„ Ein Tisch für zwei?“, fragte eine junge Kellnerin, kaum älter als zwanzig, mit einem freundlichen, zu routiniertem Lächeln.

Mira zögerte. Aber dann nickte sie.

Sie setzte sich ans Fenster, wie früher. Luca ließ ihr den Platz, ohne zu fragen – so, als hätte er sich die kleinen Dinge gemerkt, die niemand je wirklich ausspricht. Sie hasste das. Und liebte es.

Der Blick nach draußen war verschwommen vom Regen, als würde die Welt draußen in Tränen zerfließen.

„ Also …“, begann sie.

„ Ich weiß“, unterbrach er sie leise. „Es fühlt sich komisch an. Falsch vielleicht.“

Sie lachte leise, bitter. „Komisch wäre schön. Es fühlt sich an, als würde ich rückwärts in eine offene Wunde laufen.“

Stille.

Die Kellnerin brachte zwei Cappuccinos, ohne dass jemand bestellt hatte. Vielleicht aus Intuition. Vielleicht aus Erfahrung. Vielleicht, weil Mira unbewusst genau denselben Ausdruck trug wie Menschen, die gerade versuchten, nicht zu zerbrechen.

Luca schob seine Tasse leicht zur Seite. „Ich hab nicht geplant, dich zu sehen. Wirklich nicht. Ich dachte, ich komme her, räume ein paar Dinge aus der Wohnung, besuche meine Mutter, fahre zurück.“

„ Und dann?“, fragte sie, die Finger fest um die Tasse geschlossen.

„ Dann hab ich deinen Namen gehört. Jemand sagte, du würdest wieder hier wohnen. Dass du zurück bist.“

„ Nicht für dich“, sagte sie scharf.

„ Das weiß ich. Und trotzdem bin ich hergekommen.“

Sie schüttelte den Kopf. „Warum, Luca? Warum tust du das?“

„ Weil ich es nicht vergessen habe. Nichts davon. Nicht dich. Nicht uns. Und auch nicht den Moment, in dem alles zu kippen begann.“

Sein Blick war ruhig, aufrichtig. Nicht dramatisch. Nicht flehend. Und genau das machte es gefährlich.

Mira legte die Stirn gegen die kühle Fensterscheibe. „Ich wollte es vergessen. Ich habe alles getan, um es zu vergessen. Aber jetzt …“

Sie sah ihn an. Sah das Zittern in seinen Händen. Sah, dass da jemand saß, der nicht nur sie verloren hatte, sondern sich selbst auch ein Stück weit.

„ Es war nicht nur der Streit. Nicht nur, dass wir verschieden waren“, flüsterte sie. „Du hast aufgehört, mich anzusehen, als ob ich es wert wäre, gesehen zu werden.“

Luca schloss kurz die Augen, als würde er jeden Satz einzeln einatmen.

„ Ich hab Angst bekommen“, sagte er. „Ich hab gespürt, wie viel du mir bedeutest. Und ich hatte keine Ahnung, wie man so etwas … hält, ohne es zu zerstören.“

„ Dann hättest du wenigstens den Mut haben müssen, es mir zu sagen.“

„ Ich war feige“, gab er zu. „Ich dachte, wenn ich dich gehen lasse, erspare ich dir etwas.“

Mira schnaubte. „Was denn? Dich? Das war keine Gnade, Luca. Das war Flucht.“

Und da war er wieder, dieser Schmerz. Die alte, rostige Stelle in ihrer Brust, die manchmal heil schien und dann wieder blutete, wenn der Wind nur schief stand.

Sie starrte in den Milchschaum. Irgendwo spielte jemand eine Version von Hallelujah auf Gitarre. Es hätte kitschig sein können. War es aber nicht. Es war ein Song für gebrochene Dinge.

„ Und jetzt?“, fragte sie nach einer Weile. „Willst du zurück, weil du mich vermisst oder weil du mit dir selbst nicht allein sein kannst?“

Luca antwortete nicht sofort. Das gefiel ihr. Keine Lügen. Kein reflexhaftes „Ich liebe dich“, das wie eine Rettungsleine wirken sollte, aber aus alter Seide bestand.

„ Ich bin nicht hergekommen, um dich zurückzubekommen“, sagte er schließlich. „Ich bin hergekommen, um dir zu sagen, dass ich dich nie losgelassen habe. Auch wenn ich es hätte tun sollen. Ich weiß nicht, was du willst. Oder ob du Platz für mich hast. Aber ich halte es nicht mehr aus, so zu tun, als wärst du mir egal.“

Mira schluckte. Langsam. Tief. Und dann hob sie den Blick. Direkt in seine Augen. Da war wieder dieser Blick. Nicht wie früher. Anders. Schwerer. Wahrhaftiger.

Sie flüsterte: „Und was, wenn ich nicht weiß, ob ich gerettet werden will?“

Luca antwortete leise, aber bestimmt: „Dann warte ich. So lange, wie du brauchst. Auch wenn du mich nie bittest, zu bleiben.“

Kapitel 3 – Dinge, die wir nicht sagen

Manchmal sind es nicht die Worte, die fehlen, sondern der Mut, sie auszusprechen.

Mira stand im Badezimmer ihrer kleinen Wohnung und betrachtete sich im Spiegel. Das Licht war hart, fast gnadenlos, und dennoch ließ sie es an. Vielleicht, weil es ehrlicher war als ihr eigenes Lächeln.

Der Kaffee mit Luca am Tag zuvor hatte in ihr etwas aufgewühlt, das sie tief vergraben geglaubt hatte. Eine Erinnerung. Ein Schmerz. Eine Sehnsucht, die nie ganz gestorben war, sondern nur in den stilleren Räumen ihres Herzens gewartet hatte.

Sie fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, band es zu einem lockeren Zopf zusammen und trat ins Schlafzimmer. Auf dem Nachttisch blinkte ihr Handy: Eine neue Nachricht.

Luca:„Ich weiß, es ist früh. Aber wenn du reden willst – ich bin im Park. Da, wo wir früher waren.“

Früher. Ein Wort, das nach Glas schmeckte. Zerbrechlich, scharfkantig.

Sie starrte auf den Bildschirm, bis er schwarz wurde. Dann zog sie sich eine Jacke über, schlüpfte in ihre alten Converse und ging. Ohne zu überlegen. Ohne nach einem Grund zu suchen.

Der Park war leer. Ein paar Tauben pickten im Gras, irgendwo schaukelte eine rostige Schaukel im Wind. Luca saß auf der alten Holzbank unter der großen Kastanie, seine Hände in den Taschen, der Blick nach unten gesenkt.

Er sah auf, als sie näher kam, und lächelte kaum sichtbar.

„ Du bist gekommen.“

„ Ich wollte mir die alte Bank mal wieder ansehen“, sagte sie trocken, setzte sich aber neben ihn. Zwischen ihnen war ein Abstand – nicht groß, aber bedeutsam.

„ Ich habe gestern kaum geschlafen“, begann er nach einer Weile.

„ Ich auch nicht“, erwiderte sie.

Stille. Wind. Vögel.

„ Mira“, sagte er leise. „Ich hab viel nachgedacht. Über uns. Und über all das, was wir nie gesagt haben.“

Sie sah ihn an, schweigend.

„ Es gab so viele Momente, in denen ich dir sagen wollte, wie viel du mir bedeutest. Aber ich dachte, du wüsstest es. Ich dachte, es reicht, wenn ich bleibe.“

„ Aber du bist gegangen.“

„ Weil ich Angst hatte, dass ich dich zerstöre, wenn ich bleibe.“

Mira lachte leise. Es klang bitter. „Und was ist mit dem, was du hinterlassen hast? Denkst du, das hat nichts zerstört?“

Er nickte. Langsam. Wie jemand, der seine Schuld längst kennt, aber immer noch daran trägt.

„ Ich war wütend, Luca. Wochenlang. Auf dich. Auf mich. Auf alles. Aber dann … wurde es still in mir. Und das war schlimmer.“

Sie spürte, wie ihre Stimme zitterte. Nicht vor Wut. Sondern vor Wahrheit.

„ Weißt du, was das Schlimmste war?“, fragte sie. „Dass ich so viele Worte in mir hatte, so viele Dinge, die ich dir sagen wollte – und dass ich sie nicht konnte. Weil du nicht da warst.“

Luca sah sie an. Ganz. Nicht flüchtig. Nicht aus der Ferne. Sondern mit dieser schmerzhaften, ehrlichen Tiefe, die sie einst an ihm geliebt hatte.

„ Dann sag sie mir jetzt“, flüsterte er. „Sag mir alles, was du nicht sagen konntest.“

Mira atmete tief ein. Dann kamen die Worte. Langsam. Zögerlich. Aber sie kamen.

„ Ich habe dich geliebt. Mehr, als ich je jemand anderen geliebt habe. Ich habe mich in deiner Nähe sicher gefühlt, als würde die Welt draußen für einen Moment stillstehen. Und als du gegangen bist, hat alles seinen Halt verloren. Ich habe dir Briefe geschrieben, die ich nie abgeschickt habe. Habe deine alten Pullover getragen, bis ich ihren Geruch nicht mehr ertragen konnte.“

Tränen liefen über ihre Wangen, leise, fast unbemerkt.

„ Ich wollte wissen, warum du es nicht wenigstens versucht hast. Warum du mir nicht zugetraut hast, dass ich mit dir durch deine Dunkelheit gehen kann.“

Luca senkte den Blick. Seine Hände zitterten.

„ Ich hab mich selbst nicht mehr erkannt. Ich war so sehr damit beschäftigt, stark zu wirken, dass ich gar nicht gesehen habe, wie schwach ich war.“

„ Du hättest schwach sein dürfen. Bei mir. Ich hätte dich gehalten.“

Mira spürte, wie etwas in ihr brach. Oder sich löste. Vielleicht beides.

„ Ich bin nicht hergekommen, um eine Entscheidung zu treffen“, sagte sie leise. „Ich weiß nicht, ob wir nochmal eine Chance haben. Aber ich weiß, dass ich dich nicht mehr hassen will. Und dass ich dich sehen will – wirklich sehen.“

Luca nickte. Dann legte er langsam eine Hand auf die Bank, zwischen sie. Nicht fordernd. Nicht bittend. Nur da.

Sie ließ ihre Hand ebenfalls sinken – Zentimeter neben seiner. Noch nicht berührend. Aber nah genug, dass es sich nach einem Anfang anfühlte.

Nach einem der Dinge, die sie nie gesagt hatten, aber vielleicht noch sagen könnten.

Kapitel 4 – Wenn Nähe Angst macht

Manche Berührungen sind lauter als Worte. Und manche Abstände sicherer als jedes Versprechen.

In den Tagen nach dem Treffen im Park fühlte sich Mira wie in einem seltsamen Schwebezustand. Nichts war wirklich geklärt. Nichts war ausgesprochen mit einem Punkt. Aber auch nichts war mehr wie vorher. Zwischen ihr und Luca hing ein unsichtbares Band – gespannt, zart, vibrierend.

Sie hatte ihm erlaubt, wieder in ihrer Nähe zu sein. Aber sie wusste nicht, wie nah „nah“ sein durfte. Und ob sie es überleben würde, wenn es wieder zu nah wurde.

Es war ein Samstagmorgen, grau und regennass. Mira saß mit einer Tasse Tee auf dem Fenstersims und starrte auf die Straße, die glänzend unter dem Nieselregen lag. Die Welt wirkte gedämpft – wie ihr Inneres.

Eine Nachricht blinkte auf.

Luca:„Ich fahr ans Meer heute. Einfach so. Weil ich atmen muss. Willst du mitkommen?“

Mira starrte auf die Worte. Dann stand sie auf. Ohne nachzudenken. Wie jemand, der den Drang zum Rückzug kennt – aber sich dennoch dem Licht zuwendet.

Die Fahrt war still. Luca hatte ein altes Auto, dessen Innenraum nach Pfefferminz und Leder roch. Sie saß auf dem Beifahrersitz, die Hände im Schoß gefaltet. Ihre Knie berührten sich fast. Fast. Und diese „Fast“-Berührung ließ ihren Puls lauter schlagen als jedes Gespräch.

„ Du kannst Musik anmachen, wenn du willst“, sagte Luca schließlich, ohne sie anzusehen.

Sie schüttelte den Kopf. „Ich mag die Stille gerade.“

Er nickte.

Und wieder Stille. Aber diesmal war sie nicht leer. Sondern voll. Gefüllt mit Fragen, die keiner aussprach, und Antworten, die vielleicht nie kommen würden.

Als sie ankamen, war das Meer grau und unruhig. Wellen stürzten gegen den Sand, als wollten sie etwas zurückholen, das längst verloren war.

Mira trat aus dem Auto und zog ihre Kapuze über den Kopf. Luca ging neben ihr, die Hände tief in den Manteltaschen, der Blick auf den Horizont gerichtet.

„ Ich weiß nicht, wie man Nähe richtig macht“, sagte er plötzlich.

Sie hielt inne.

„ Ich war immer besser im Gehen. Oder im Retten anderer. Aber wenn jemand zu mir kam – wirklich nah – dann bekam ich Panik. Nicht, weil ich ihn nicht wollte. Sondern weil ich nicht wusste, ob ich ihn halten kann.“

Mira schluckte. Die Gischt des Meeres wehte in ihr Gesicht. Und doch war es nicht der Wind, der ihre Augen feucht werden ließ.

„ Ich hab es gespürt“, sagte sie. „Deine Angst. Jedes Mal, wenn ich dir zu nah kam, bist du innerlich zurückgewichen. Ich dachte, es liegt an mir.“

„ Es lag nie an dir“, sagte Luca sofort. „Du warst… alles, Mira. Und genau das war das Problem. Ich hatte Angst, dir zu zeigen, wie kaputt ich bin. Dass du mich ansiehst und merkst, dass ich nicht genug bin für dich.“

Sie sah ihn an. Nicht als jemand, der verletzt wurde. Sondern als jemand, der beginnen wollte zu verstehen.

„ Und jetzt?“

Er sah aufs Meer.

„ Jetzt weiß ich, dass ich dich damals weggestoßen habe, weil ich nicht wusste, wie man liebt, ohne sich selbst zu verlieren. Aber ich will es lernen. Mit dir. Wenn du es noch kannst.“

Ihre Finger zitterten. Nicht vor Kälte. Sondern vor der Möglichkeit.

„ Ich habe nie aufgehört, dich zu lieben“, sagte sie leise. „Aber ich habe gelernt, mich selbst wieder zu lieben. Und ich weiß nicht, ob ich es noch einmal überlebe, wenn du mich wieder ausschließt.“

Er nickte. Schwer. Verstanden. Keine Versprechen. Nur Klarheit.

„ Ich will ehrlich sein. Auch wenn’s wehtut. Ich will da sein. Auch wenn es schwer wird. Und ich will mich nicht mehr verstecken. Nicht vor dir. Nicht vor mir.“

Er streckte eine Hand aus. Offen. Ruhig. Kein Ziehen. Kein Fordern. Nur ein Angebot.

Mira zögerte. Nähe bedeutete nicht nur Wärme. Nähe bedeutete Risiko. Schmerz. Rückfall.