Wenn Eisblumen knistern und Wichtel flüstern - Maruschya Markovic - E-Book

Wenn Eisblumen knistern und Wichtel flüstern E-Book

Maruschya Markovic

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Beschreibung

Im Winter, ganz besonders in der Adventszeit, liegt ein wunderlicher Zauber über der Erde. Mit genug Fantasie kann so mancher nun Überraschendes erleben! Da kommen übermütige Wichtel aus ihren Verstecken, anmutige Feen tanzen an geheimen Orten im Schnee, die Flügel winziger Elfen glitzern mit Eiskristallen um die Wette. Tiere können in dieser Zeit mit Menschen sprechen, die Luft knistert verheißungsvoll und manchen Geschöpfen wohnen magische Kräfte inne. Doch die Dunkelheit der Wintertage lockt auch finstere Wesen in die Welt der Menschen…. Lass dich ein auf die Geschichten, dann beginnst du eine Reise in eine märchenhafte Welt! Es warten unglaubliche Abenteuer mit allerhand traumhaften Wesen auf dich…

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Seitenzahl: 135

Veröffentlichungsjahr: 2014

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„Wir meinen, das Märchen und das Spiel

gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen!

Also ob wir in irgend einem Lebensalter

ohne Märchen und Spiel leben möchten!“

(Friedrich Wilhelm Nietzsche)

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1 – Ein geheimnisvoller Abend

Kapitel 2 – Die Adventskatze

Kapitel 3 – Gefrorene Töne

Kapitel 4 – In der Fährte des Eiswolfs

Kapitel 5 – Der Schneepfeiffer

Kapitel 6 – Gelbe Blume im Schnee

Kapitel 7 – Der Fund im Moor

Kapitel 8 – Der geklaute Frühling

Ein geheimnisvoller Abend

Ein kalter Windstoß wehte herein, als ein großer Mann im langen schwarzen Wintermantel die Tür aufgerissen hatte und in den kleinen molligen Windfang eintrat. Er klappte sich den hohen Kragen herab, zog die Handschuhe aus und rief laut und polternd: “Moin, Claus! Mensch ist das ein eisiger, schneidender Wind heute! Aber immerhin noch kein Schnee. Na, der wird wohl auch bald kommen, ist ja schon Ende November!“ Dann hängte er seinen Mantel an den Haken und ging weiter, in die heimelige Gaststube hinein.

Der Angesprochene kam ihm schon entgegen und begrüßte ihn mit einem festen Handschlag. „Moin Moin, Heiner, ist ja schön, dass du doch noch den Weg hierher gefunden hast! Die Stammtischrunde wartet schon auf dich.“ Dann geleitete er seinen Gast am knisternden Kamin vorbei zu dem großen Holztisch in der Ecke, auf dem wie immer eine wunderschöne, handbestickte weiße Leinendecke mit weißen Spitzeneinsätzen lag. Heiner nahm die Details der schönen, gemütlichen Atmosphäre um ihn herum gar nicht mehr groß zur Kenntnis, denn er kannte den „Friesenhof“ schon seit langem, und fühlte sich hier einfach immer wohl. Geschnitzten Vitrinen, bequeme altmodische Sofas, die unterschiedlichsten Vasen und Krüge, hohe bunte Tropfkerzen, braunstichige Zeichnungen aus einer längst vergangenen Epoche, mancherlei Ölbilder und Aquarelle von der Küstenlandschaft und vom Haus - all dies trug zu einer einmaligen Wohlfühlatmosphäre bei, so dass man gar hier nicht anders konnte, als sich von der kalten Welt draußen zu entspannen!

So gesellte er sich dann gelöst zu den anderen am Tisch wartenden Männern, die schon die Köpfe über die Speisekarte mit ihren vielen Verlockungen gesenkt hatten. Er nahm auf dem prächtigen, mit rotbraunem Samt bezogenen Sofa mit dem geschwungenen Rücken Platz, die Fenster mit den weißen Sprossen hinter sich, so dass er erst mal nicht mehr den Blick nach draußen in den klaren, kalten Novemberhimmel zu richten brauchte. Im Hinsetzen schüttelte er kurz den Kopf, um das komische Gefühl zu vertreiben, irgendetwas stimme hier heute nicht. Claus, der Wirt des Friesenhofes, blieb neben seinem neuen Gast stehen, und fragte ihn leutselig, ob er denn wohl erst mal einen schönen steifen Grog zum Aufwärmen haben wollte.

„Jou, dat is `ne feine Idee! Aber segg mol, Claus, irgendwat fehlt hier heute! Wenn ik mi hier so umguck, dann seh ik noch so gor nix Wiehnachtliches – keine Tannenzweige, keine Girlanden, keine roten Schleifen, einfach gor nix! Mensch, morgen ist doch de erste Advent! Willst denn gor nix mooken dies Johr? Veel Tied hast ja nu nich mehr…“

Aber Claus schmunzelte nur: “Lass man gut sein, Heiner, ik weet schon, wat Sache is!“ Weiter jedoch ließ er sich nicht auf dies Thema ein. Dann überließ er die Herrenrunde dem Speisekartenstudium und ihren Gesprächen.

Die behagliche Gaststube war an diesem frostigen Samstagnachmittag gut gefüllt, Teller klapperten, Gläser klirrten, überall murmelten Stimmen, angeregte, leise Gespräche von zufriedenen Menschen sorgten für eine harmonische Stimmung. Die Gäste verdrehten immer mal wieder die Köpfe, wenn sie von ihrem Nachbarn oder ihrem Gegenüber auf ein weiteres malerisches Detail der Einrichtung aufmerksam gemacht wurden. In jedem Winkel gab es wunderschönes altes Geschirr, fantasievoll drapierte Trockenblumensträuße, funkelnde Kristallkaraffen, bezaubernde Kerzenhalter zu entdecken. An der hellbraunen Holzdecke wie auch an den eingezogenen dunklen Balken hingen prachtvolle bejahrte Petroleumlampen, hübsche bunte Gießkannen, altmodische Tonkrüge, verzierte Teller aus vergangenen Tagen oder zarte Gebinde aus Getreide und Gräsern. An den Wänden zogen sich schmale Holzkonsolen entlang. Auf einigen standen diverse in Leder gebundene alte Bücher, die sich stützend aneinander lehnten, andere waren von unterschiedlichen Porzellanteilen aus früheren Zeiten geschmückt. Und auf jedem Tisch leuchtete ein Blumenstrauß oder ein frisches Gesteck.

Und es duftete! Nach Gänsebraten und Rotkraut, deftigem Grünkohl, zartem Salzwiesenlamm, zimtigen und fruchtigen Nachspeisen. Darunter mischten sich feine Tee- und Weinaromen. Claus ging ab und zu von Tisch, gab auf seine flotte, geistreiche Art hier eine Geschichte zum Besten, beantwortete dort spritzig und originell eine Frage und ließ auch bisweilen einen plattdeutschen Spruch fallen. Die Stimmung war rundherum bestens, wenn auch im Stillen so mancher, ähnlich wie Heiner, dachte dass Claus doch schwer unter Zeitdruck stehen müsste wegen des morgigen Adventssonntags. Immerhin hatte er noch die umfangreiche Adventsdekoration vor sich! Der Wirt aber sah völlig entspannt aus…

Aus dem Untergeschoß, dem „Störtebekerkeller“, schallten das Gelächter und die Stimmen einer Festgesellschaft herauf. Eine fröhliche Schar aus Kindern, jungen Leuten und Erwachsenen feierten den 80. Geburtstag der Familienältesten. Die niedrigen hölzernen Decken, die dunklen Holzmöbel, die rotgeklinkerten Fachwerkwände mit gerahmten Porträts aus Großmutters Zeiten sowie verschiedene nachgedunkelte Gemälde verliehen dem Raum eine warme Behaglichkeit.

Einzig ein kleines Mädchen schien nicht so recht am Spiel mit den anderen Kindern Gefallen zu finden. Es gab hier viel zu viel zu entdecken, überall, in jedem Winkel versteckte sich eine Geschichte, die darauf lauerte, sich ihr zu offenbaren! Eine Weile kaute sie nachdenklich auf ihrer Unterlippe herum, dann gab es anscheinend einen Sieger im Widerstreit ihrer Überlegungen! Unbemerkt von den anderen stahl sie sich davon, was in dem warmen Dämmerlicht des „Störtebekerkellers“ nicht allzu schwer war.

Zunächst stieg sie leise die Treppe hoch, um aus der Reichweite der Erwachsenen zu kommen. Aber schnell merkte sie, dass sie gar nicht so vorsichtig zu schleichen brauchte, denn die Musik, die gedämpft durch die Räume klang, hätte sowieso ihre Schritte übertönt. Auf der obersten Stufe nahm sie einen kalten Hauch aus dem Windfang wahr, reckte sich vor und drehte sich schnell zum Ausgang um. Vielleicht konnte sie ja die Gelegenheit nutzen, um einen kurzen Erkundungsgang in den wildromantischen Garten zu machen! Da hatte sie vorhin im Vorbeigehen schon so manches gesehen, das sie neugierig gemacht hatte! Eine faszinierende niedrige Mauer aus dicken Felssteinen säumte den Weg – ob sich da wohl Gnome tummelten? Und der Pfad von der Straße zu dem geduckten Reetdachhaus wand sich wie durch einen Tunnel unter jungen Bäumen dahin, die oben spitz zusammenwuchsen. Auch wenn jetzt nur noch vereinzelte welke Blätter daran hingen – sie hatte sich auch unter den kahlen Ast-Spitzbögen wie im Dornröschenschloss gefühlt! Sicher hatte der Garten noch viele verwunschene Winkel und verborgene Plätzchen, die es zu entdecken galt, solange es noch nicht ganz dunkel war…

Einmal noch drehte sie ihren Kopf schnell zurück zur Treppe, so dass ihr bis auf den Rücken hängender dicker blonder Zopf zur Seite flog, dann dachte sie trotzig: „Nein, ich gehe nicht wieder runter! Nein, ich will nicht brav sein, auch wenn Uroma heute Geburtstag hat! Nein, ich will nicht langweilige Spiele mit Puppen mitmachen! Ich bin Nannina, und Mama sagt, das heißt „die Mutige“, und ich geh jetzt auf Entdeckungstour, so!!!“

Sie drückte die offen stehende blaue Bauernhaustür einen Spalt weiter auf und streckte zunächst ihren Kopf hindurch, um sich umzuschauen. Da sah sie links von der Tür einen Mann entlang huschen, zu dem großen Holzstapel an der Hausecke hin! Es war schon leicht dämmrig, und sie konnte ihn nicht genau erkennen, aber er trug irgendetwas vor sich in den Händen. Halb verborgen von der Tür beobachtete sie ihn. Er stellte nun etwas auf den Sims des Sprossenfensters, dann versteckte er etwas anderes halb unter den Holzscheiten. Danach drehte er sich um, ging über den schmalen Weg zur Steinmauer hinüber, und legte einen weiteren Gegenstand oben drauf. Was das wohl bedeutete?

Nannina stahl sich vorsichtig durch die Tür hinaus, schlich an der Hausmauer entlang um nachzuschauen. Sie war viel zu aufgeregt und zu neugierig um den Mann zu bemerken, der den Weg außen an der Mauer entlang zurück gegangen war, und auf einmal hinter ihr stand.

So fuhr sie verschreckt zusammen, als eine tiefe Stimme über ihr sagte: „Na, mien Deern, ist dir denn nicht bös kalt, bloß so in deinem hübschen Pullover, – ohne Jacke?“

Aber sie hatte sich ja vorgenommen, mutig zu sein, also drehte sie sich zu ihm um. Es konnte ihr doch nicht viel passieren, sie war ja dicht beim Haus! Als sie sein Gesicht sah, war sie dennoch erleichtert: vor ihr stand Claus, der kauzige, freundliche Wirt! Der hatte vorhin beim Eintreten so herzlich ihre große Familie begrüßt, dass sie sofort zu ihm Vertrauen gefasst hatte.

Also beantwortete sie bereitwillig seine Frage: „Ach wo, schau, mein Pullover ist doch schön dick, und Mama hat darauf bestanden, dass ich auch eine warme Hose und Stiefel anziehe!“

Der Wirt lächelte sie gutmütig an und reichte ihr galant seinen Arm: „Na dann, mein kleines Fräulein ohne Namen, würden Sie mir die Ehre erweisen und mich ins Haus zurückbegleiten?“ Aber dazu war Nannina nun ganz und gar noch nicht bereit! Energisch schüttelte sie ihren Kopf. Der dicke Zopf flog ihr um die Ohren. „Nein, Claus, das geht nicht! Es gibt doch ein großes Geheimnis hier draußen, da kann ich doch noch nicht reingehen!“

„So, so – ein Geheimnis willst du aufdecken… Wie kommst du denn darauf, dass es hier ein Geheimnis gibt??“

„Na, ich hab doch gesehen, dass du ein paar Sachen versteckt hast. Und verstecken bedeutet immer ein Geheimnis!“

Claus schien zu überlegen, wiegte den Kopf hin und her, und meinte dann: „Ja, weißt du, meine kleine Detektivin, ich kann doch mein Geheimnis nicht jemandem anvertrauen, deren Namen ich nicht einmal kenne.“

„Hm, wenn es nur daran liegt“, gab sein inzwischen doch fröstelndes Gegenüber zurück, „ich heiße Nannina, das heißt „die Mutige“. So, nun kannst du loslegen mit Erzählen!“

Der aufmerksame Wirt hatte wohl gesehen, dass Nannina ein bisschen bibberte, zog seine dicke Jacke aus und legte sie ihr um die Schultern. Dann holte er sichtbar Luft, als ob er sich zu etwas durchgerungen hatte, und winkte ihr, ihm ein Stück weiter zu folgen, wobei er erklärte: „Was ich dir jetzt erzähle, soll niemand hören! Es geht in der Tat um ein wohlgehütetes Geheimnis, welches ein Erwachsener nicht verstehen, und schon gar nicht glauben würde! Nur weil du ein Kind bist, und weil Kinder noch offen sind für die Dinge der Welt hinter den Schleiern will ich es dir erzählen!“

Damit konnte Nannina noch nicht allzu viel anfangen. Sofort hakte sie nach: „Was ist das: die Welt hinter den Schleiern?“

„Das, liebe Nannina, ist die Zauberwelt! Die Welt der Elfen, der Zwerge, der Engel, der Feen! All dies ist nur für Kinderaugen noch sichtbar. Früher konnten alle Menschen, weil sie achtsam mit der Welt um sie herum umgingen, diese staunenswerten Wesen sehen, erhielten ihre Hilfe, standen ihnen auch ihrerseits bei, und lebten friedlich mit ihnen zusammen. Aber die Menschen haben irgendwann begonnen, sich als etwas Besseres zu empfinden, und fingen an, in ihrem Eigensinn und ihrem Hochmut die „Kleinen Wesen“ zu verärgern. Daraufhin haben diese wunderbaren Geschöpfe ihnen dann den Blick in die Anderwelt verdunkelt. Hier jedoch habe ich, wie du sicherlich schon gesehen hast, einen Zaubergarten geschaffen, mit vielen Eckchen und Nischen, wo das „Kleine Volk“ Zuflucht findet und sich unbehelligt wohl fühlen kann.“

Vor Staunen über das, was sie da hörte, hatte Nannina ihren Mund aufgerissen, so dass nun feine weiße Atemwölkchen von ihren Lippen in die kalte Luft aufstiegen. Mit weit geöffneten Augen blickte sie den großen, stämmigen Mann an, dann fragte sie ihn beinahe ehrfürchtig: „Und, hast du denn schon mal einen Zwerg oder eine Elfe gesehen?“

Der herzensgute Wirt hockte sich vor der Kleinen hin, damit sie den Kopf nicht immer so in den Nacken legen musste, und antwortete ihr ernsthaft: „Ja, hab ich. Nicht nur einmal! Wir leben hier friedlich und freundschaftlich zusammen. Und weißt was – so, wie ich dich einschätze, bist du auch feinfühlig und achtsam genug allen Wesen gegenüber, so dass du heute auch noch einen meiner Freunde zu Gesicht kriegen wirst!“

Nannina hüpfte einmal kurz vor ihm auf, so aufgeregt war sie über diese Aussicht. Und als der Wirt meinte, es sei wohl besser, ihren Eltern zu sagen, dass sie unter seiner Aufsicht - und mit der dicken Winterjacke, und mit Mütze und Schal – den sehenswerten Garten besichtigen würde, stimmte sie begeistert zu. Dann bräuchte sie nicht zu befürchten, dass ihre Familie urplötzlich dieses außergewöhnliche, fantastische, einmalige Erlebnis stören und sie hereinholen würde!

Hopsend und leise summend ging sie an der Hand des Wirtes wieder ins Haus.

Unten im „Störtebekerkeller“ erklärte Claus den Eltern, wie gerne Nannina den Garten sehen würde, dass er eine Lampe mitnehmen und die Kleine, dick angezogen natürlich, ein bisschen herumführen wollte. Als das Mädchen hörte, wie ihre Eltern zustimmten, fielen ihr tausend Steine vom Herzen, und sie atmete erleichtert auf.

Die zwei Verschwörer lächelten sich heimlich an, mummelten sich dick ein, und gingen dann gemeinsam wieder hinaus.

Draußen, als sie sicher war dass niemand ihnen mehr zuhören würde, konnte Nannina ihre Neugier nicht mehr bezähmen und bestürmte Claus: „Nun sag doch mal – was hast du denn vorhin da gemacht???“

Mit einer großen alten Stall-Laterne in der Hand führte Claus sie nun zum Fenstersims und zeigte es ihr: da stand ein Schüsselchen mit frischer Sahne. Dann deutete er hinüber zum Holzstoß: „Hier habe ich einen Teller mit Dominosteinen hingestellt!“ Und weiter nahm er sie mit, hinüber zur Steinmauer, wo sie eine große Schüssel mit duftenden Bratapfelstückchen, goldbraunen Rosinen und gebackenen Pflaumen sah.

„Für wen ist das alles?“ erkundigte sie sich.

Mit der größten Selbstverständlichkeit antwortete Claus: „Na, für die Wichtel! Die mögen gerne Leckereien und Naschereien. Das mach ich seit Jahren so im Winter, stell ihnen immer mal was anderes hin, damit sie, wenn es draußen nicht mehr viel für sie zu essen gibt, keinen Hunger leiden. Und hier, in den vielen Winkeln dicht am Haus, auch unter dem Reetdach, können sie die kalte Jahreszeit gut überstehen. Wir sind wirklich Freunde geworden. Ich helfe ihnen, und sie helfen mir!“

Das steigerte nun natürlich noch mehr Nanninas Wissbegier. „Wobei helfen die dir denn? Was können denn so kleine Leute schon groß tun?“

„Oh, im Sommer helfen sie mir, die Blumen und Pflanzen hier zu pflegen und in Ordnung zu halten. Und jetzt, im Winter, halten sie zum Beispiel die Mäuse vom Haus fern. Aber heute Abend und heute Nacht, da haben sie gaaanz viel zu tun, denn jedes Jahr schmücken sie mir begeistert und ganz freiwillig das Haus innen und außen aufs Schönste für die Adventszeit! Deshalb siehst auch jetzt, am Nachmittag noch keinen, weder mich noch einen meiner Angestellten, bei irgendeiner Vorbereitung für die Adventsdekoration!“

Das kleine Mädchen blieb ganz still stehen, vergaß, dass ihre Nase tropfte, und schaute verträumt und doch aufmerksam in den dunklen Garten hinaus. Sie spähte hierhin und dahin in der Hoffnung, einen der kleinen Helfer zu sehen. Aber da grinste Claus, der ihre erwartungsvolle Anspannung sah, sie freundlich an: „Nein, so schnell geht das nicht! Erst müssen wir ihnen Zeit und Ruhe lassen, sich über die Leckereien herzumachen! Wenn sie dann fertig sind, werden sie Energie genug haben, um herum zu wuseln, hierhin und dahin zu flitzen, eifrig anzupacken, zu klettern und zu kriechen, zu schneiden und zu basteln, zu schmücken und zu binden! Wir gehen am besten inzwischen wieder rein, deine Familie bleibt ja mit Sicherheit noch ein paar Stunden hier, denn es gibt ja noch das große abendliche Festessen. Bis dahin hast du noch ganz viel Zeit, um dich in ein Eckchen zu setzen, oder, wenn du willst, auch ein bisschen durchs Haus zu streifen. Halte deine Augen und Ohren weit offen. Ich bin sicher, du wirst sie sehen!!!“

Beglückt stimmte Nannina diesem Plan zu. Hatte sie es doch gleich gespürt – dies war ein wirkliches Zauberhaus!