Wenn ich dich brauche, um mich selbst zu lieben - Kati Körner - E-Book

Wenn ich dich brauche, um mich selbst zu lieben E-Book

Kati Körner

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Beschreibung

Viele Menschen fühlen sich in ihren Beziehungen nicht lebendig. Eifersucht, Gefühlsausbrüche und Angst vor Intimität bedingen Frust, Trennungen und das Bedürfnis, den Partner auf Abstand zu halten. Dieses Buch ergründet die Ursachen und zeigt Lösungen auf, mit denen Betroffene sich selbst von emotionalen Abhängigkeiten befreien können. Wer in der Partnerschaft feststellt, dass zunehmende Verbindlichkeit Fluchtreflexe auslöst und zeitweilige Abwesenheit Verlustangst erzeugt, sollte dieses Buch lesen.

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EPUB
MOBI

Seitenzahl: 305

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Wenn ich dich brauche, um mich selbst zu lieben

Kati Körner

© 2023 Kati Körner

Softcover: 978-3-384-00745-2

Hardcover: 978-3-384-00746-9

E-Book: 978-3-384-00747-6

Druck und Distribution im Auftrag des Autors:

tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt.

Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich.

Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig.

Die Publikation und Verbreitung erfolgen

im Auftrag des Autors, zu erreichen unter:

tredition GmbH, Abteilung »Impressumservice«,

Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland.

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Vielen Menschen fällt es schwer, eine intime Beziehung aufzubauen, in der sie sich langfristig wohl fühlen. Ihr Wunsch nach Verbundenheit ohne Selbstverlust ist nicht erfüllbar, weil Ängste sie dazu nötigen, ihren Partner auf Abstand zu halten. Ambivalenz, Eifersucht, übermäßiges Klammern, emotionale Ausbrüche, Gleichgültigkeit oder das Gefühl, vereinnahmt zu werden, sind Symptome unsicherer Bindungsstrategien, die aus Anpassungsversuchen an ein familiäres Umfeld entstanden sind, in dem die kindlichen Bedürfnisse unzureichend befriedigt wurden.

Dieses Buch beleuchtet die Ursachen frühkindlicher Traumata und deren Auswirkungen auf unsere Beziehungsfähigkeit. Es zeigt Wege, mit deren Hilfe sich Betroffene von emotionalen Verstrickungen mit ihrem Partner befreien und Ängste im Beziehungskontext lösen können. Wenn die Verbindlichkeit einer Beziehung in dir Fluchtreflexe aktiviert, Veränderungen im Verhalten deines Partners Verlustängste triggern oder das starke Verlangen nach intensiven Gefühlen deine Beziehungen ruiniert, dann solltest du dieses Buch unbedingt lesen.

Kati Körner begleitet Patienten als ganzheitliche Heilpraktikerin seit 2004.

Wenn ich alle die Gefühle und ihren qualvollen Widerstreit auf ein Grundgefühl zurückführen und mit einem einzigen Namen bezeichnen sollte, so wüsste ich kein anderes Wort als: Angst.

Angst war es, Angst und Unsicherheit, was ich in allen jenen Stunden des gestörten Kinderglücks empfand: Angst vor Strafe, Angst vor dem eigenen Gewissen, Angst vor Regungen meiner Seele, die ich als verboten und verbrecherisch empfand.

Hermann Hesse

Inhalt

Cover

Titelblatt

Urheberrechte

VORWORT

KAPITEL 1: EINFÜHRUNG

KAPITEL 2: UNSICHERE BINDUNGSSTILE UND BEZIEHUNGSSTRATEGIEN

KAPITEL 3: DIE WURZELN UNSICHERER BINDUNGSMUSTER

KAPITEL 4: SYMPTOME UND WIRKMECHANISMEN UNSICHERER BINDUNGSMUSTER

KAPITEL 5: DAS JETZT BESTIMMT DIE ZUKUNFT

KAPITEL 6: ANREGUNGEN

KAPITEL 7: WAS ZU SAGEN BLEIBT

Wenn ich dich brauche, um mich selbst zu lieben

Cover

Titelblatt

Urheberrechte

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KAPITEL 7: WAS ZU SAGEN BLEIBT

Wenn ich dich brauche, um mich selbst zu lieben

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Wenn du dich in deinen Beziehungen eingeengt fühlst und glaubst, um die Aufmerksamkeit deines Partners kämpfen zu müssen, wenn du Schwierigkeiten damit hast, einen passenden Partner zu finden, dann könnte dieses Buch für dich eine Schlüsselfunktion in ein tiefes Verständnis deiner inneren Beweggründe haben. Aber nicht nur das: Es wird dir helfen, verloren gegangenen Aspekten deiner Persönlichkeit auf die Spur zu kommen.

Es ist wie für dich gemacht, wenn du in einer Beziehung nie das richtige Maß an Nähe und Distanz finden kannst, wenn du die Abwesenheit deines Partners schwer erträgst oder ein Gefühl der Enge dein Bedürfnis, einem Menschen in einer intimen Beziehung nahe zu sein, regelmäßig zerstört.

Das Buch wird dir dabei helfen, die Bedeutung der Erlebnisse und Erfahrungen deiner Kindheit für dein weiteres Leben besser zu verstehen und sie einzuordnen. Du wirst erkennen, welche Schutzstrategien du entwickelt hast, wozu sie dir einstmals dienten und wie sie sich heute auswirken, indem sie dich immer wieder in ähnliche Beziehungsdynamiken treiben. Du erfährst, wie sich unsicheres Bindungsverhalten zeigt, den Boden für pathologische psychische Störungen ebnet, was Menschen in destruktiven Beziehungsstrukturen miteinander verbindet und wie sich die jeweiligen Denk-, Gefühls- und Verhaltensmuster auf ungesunde Weise gegenseitig am Leben erhalten.

Das Buch wird dir auch zeigen, wie du sichere Bindungsmuster entwickelst, um die Voraussetzung für eine gesunde partnerschaftliche Beziehung zu schaffen.

Mir liegt eine differenzierte Betrachtung des Narzissmus-Begriffs am Herzen. Aufgrund seiner Überbeanspruchung und Mehrdeutigkeit kann er dein Verständnis der Zusammenhänge in Bezug auf unsichere Bindungsmuster erschweren und dich in die Irre führen. Der Begriff ›Narzissmus‹ ist stark emotional belegt und wird oft genutzt, um Menschen zu stigmatisieren. Wir laufen Gefahr, ihn zu einem diskriminierenden Label verkommen zu lassen. In zahlreichen Foren werden leichtfertig Narzissmus-Diagnosen über Ex- oder Noch-Partner abgegeben. Die Verzweiflung vieler Menschen über ihre Beziehung mit einem emotional nicht erreichbaren Partner ist für mich, da ich es selbst erlebt habe, nachvollziehbar. Das Gefühl des Ausgeliefertseins, der Wert- und Hilflosigkeit macht wütend. Doch mit dem Urteil »Er/Sie ist ein(e) Narzisst(in).« begeben wir uns auf dünnes Eis: Schwarz-Weiß-Denken (»Splitting«) ist eine typische Trauma-Folge-Erscheinung. Ohne es zu bemerken, lenken sie sich damit von den eigenen, nicht verarbeiteten Themen ab, die sie in toxischen Beziehungen festhalten und die betrachtet werden wollen. Der Satz »Das ist ein Narzisst« darf uns nicht leichtfertig über die Lippen kommen, schließlich handelt es sich beim pathologischen Narzissmus um eine schwerwiegende, nahezu nicht therapierbare psychische Störung. Sie ist die Spitze des Eisbergs eines breiten Spektrums narzisstischer Beziehungsstrategien, die sehr wohl veränderbar sind.

Inzwischen wird in Fachkreisen anerkannt, dass pathologischer Narzissmus die tragische Folgeerscheinung widriger Bedingungen in der kindlichen Prägungsphase eines Menschen ist. Ich komme später noch genauer darauf zu sprechen. Ein einstmals äußerst effektiver Schutzmechanismus ist bei den Betroffenen zu einer zerstörerischen psychischen Struktur metastasiert. Pathologischer Narzissmus ist ein kompensatorischer Zustand von Scham und Trauer und es ist wahr, dass seine Äußerungsformen die Psyche eines Partners völlig zerrütten können. Der ausbeuterische Charakter pathologischnarzisstischer Verhaltensmuster schließt Beziehungen auf Augenhöhe von vornherein aus und als Partner eines pathologischen Narzissten wirst du dich vergeblich darum bemühen, die Fassade der Überlegenheit und Unverletzlichkeit, die dir entgegengehalten wird, irgendwie zu durchbrechen. Das zwanghafte Bedürfnis eines solchen Menschen nach Oberwasser, die unberechenbaren Gemütsschwankungen, die Abwertungen, seine Kälte und Unerreichbarkeit sind Schutzmechanismen. Hinter ihnen versteckt sich ein schwer traumatisiertes Kind, das emotional nicht ausreifen konnte. Doch sowohl diese krankhafte Form des Narzissmus als auch die verschiedenen unterschiedlich stark ausgeprägten narzisstischen Beziehungsstrategien bindungstraumatisierter Menschen existieren nicht im luftleeren Raum. Ohne die chronischen Ängste, Unsicherheiten und diffusen Grenzen eines ebenso traumatisierten Gegenübers, das gegensätzliche Schutzmechanismen entwickelt hat, würden die destruktiven Muster ihre Existenzgrundlage verlieren. Die Anerkennung dieser Tatsache macht uns wieder handlungsfähig – und darin besteht eine Chance. Wenn wir etwas gegen die ausbeuterischen Züge des pathologischen Narzissmus tun wollen, können wir ihm den Boden nehmen, auf dem er gedeihen kann.

Da sich Narzissmus auf einer Skala von gesund über problematisch bis krankhaft und destruktiv bewegt, wird eine fruchtbare Auseinandersetzung mit dem Thema nur gelingen, wenn wir genau hinschauen und sicherstellen, dass wir in der konkreten Situation über das Gleiche sprechen.

Die Problematik pathologisch-narzisstischer Beziehungsmuster können wir nur durch die Beseitigung der Ursachen lösen und nicht, indem wir Menschen zur Projektionsfläche des Bösen machen. Wenn wir Narzissmus auf eine Art ›Charakterfehler‹ reduzieren, vereinfachen wir fahrlässig komplexe Zusammenhänge und schaffen zusätzliches Elend.

In den vorliegenden Kapiteln werden wir sowohl die Ursachen, den Nährboden und die Wechselwirkungen als auch die Heilungsmöglichkeiten unsicherer Bindungsmuster mit ihren destruktiven Beziehungsstrategien genauer betrachten.

Wenn du selbst schon mal in eine schmerzhafte »toxische« Beziehung geraten bist, an dir auch nur ansatzweise narzisstische beziehungsweise co-abhängige Züge erkennst und bemerkst, dass sich in deinen Beziehungen ein Machtgefälle entwickelt, wird dieses Buch sehr wertvoll für dich sein, denn du kannst gesunde Bindungsmuster entwickeln.

Dieses Buch ist für dich, wenn du …

 … unter Verlustängsten leidest.

Vielleicht wirst du schnell eifersüchtig. Deine emotionale Stabilität ist davon abhängig, wie viel Aufmerksamkeit, Rückversicherung und Zuwendung du von deinem Gegenüber bekommst. Deine Verlustangst zeigt sich in einem flauen Gefühl in der Magengegend, wenn sich dein Partner mal nicht meldet. Aber vielleicht ist es schlimmer und du kennst das vernichtende Gefühl, das im Buch »KPTBS: Vom Überleben zu neuem Leben« von Pete Walker »abandonment melange« genannt wird: ein Gefühlscocktail aus Panik, Wut und Trauer, der sich wie Sterben anfühlt. Vielleicht sind dir auch emotionale Ausbrüche und Dramen nicht fremd, wenn du einen Anlass zur Panik siehst (zum Beispiel weil sich eine alte Freundin deines Partners auf einen Kaffee ankündigt).

 … glaubst, einen Menschen zu brauchen, der dir nicht gut tut.

Vielleicht denkst du, dass das Leben keinen Wert für dich hat, wenn dein Partner nicht mehr in deinem Leben ist. Deine Angst lässt dich dann schier wahnsinnig werden, wenn du nur daran denkst, von ihm verlassen zu werden. Aber wenn du in dieser Beziehung leidest, ist das, was du ›unsterbliche Liebe‹ nennst, genauer betrachtet eine Sucht nach intensiven Gefühlen und eine emotionale Abhängigkeit.

 … vor verbindlichen Beziehungen davonläufst.

Vielleicht triffst du hin und wieder Menschen, mit denen du dir eigentlich etwas Intimeres vorstellen könntest, aber irgendwie funktioniert es dann nicht. In der Rückschau erkennst du vielleicht schon, dass du immer derjenige bist, der den ›Stecker zieht‹ und einen Rückzieher macht. Sobald es verbindlicher wird, beginnst du dein Gegenüber in einem unvorteilhaften Licht zu sehen, weil sich wie von Zauberhand ein Mangel-Fokus einstellt.

 … dich anderen Menschen nicht öffnen kannst.

Vielleicht fühlst du dich unbewusst mit deinen Emotionen nicht wohl und spielst deshalb immer die Rolle des Starken oder Unberührten, aber dann mangelt es deinen Beziehungen an Substanz. Du beginnst damit, herumzutänzeln und unsicher zu werden, sobald Gespräche mit deinem Partner die Oberfläche verlassen. Du spürst den Drang, sie auf sachliche Themen umzulenken. Und erst, wenn es nicht mehr um euch und eure innere Welt geht, empfindest du Erleichterung.

 … starken emotionalen Schwankungen unterliegst.

Vielleicht hast du verinnerlicht, dass Gefühle ein Ausdruck von Schwäche sind. Oder du hast in der Kindheit durch das Vorleben deiner Eltern verinnerlicht, dass Gefühle Schwäche sind und unterdrückt werden müssen. Damals konntest du noch nicht sehen, dass der Grund darin lag, dass sie selbst Schwierigkeiten im Umgang mit ihren Gefühlen hatten. Wenn du heute oft ausrastest, ruhelos, unausgeglichen oder depressiv bist und dann entweder ex- oder implodierst, wirst du in diesem Buch Hilfe finden.

 … ein Verführer, aber kein ›Partner-Material‹ bist.

Vielleicht magst du die Aufmerksamkeit fremder Menschen sehr, aber nicht die Verbindlichkeit, die eine Beziehung mit sich bringen würde. Dein unstetes Beziehungsleben, die Untreue und immer neuen Abenteuer werden von Freunden vielleicht bewundernd kommentiert, sodass du bisher nicht sonderlich motiviert warst, hinzuschauen und zu ergründen, was der Motor deines ›Drangs zu verführen‹ ist. Aber vielleicht wird dir bewusst, dass du andere oft verletzt und dass es auch in dir etwas gibt, das sich nach mehr Substanz und Verbundenheit sehnt, etwas das ankommen will und den ewigen Zyklus von Annäherung und Distanzierung satt hat.

 … immer wieder in konfliktbeladene Beziehungen gerätst.

Vielleicht hast du klare Vorstellungen davon, wie eine intime Beziehung aussehen soll. Du landest dennoch wiederholt in Konstellationen, die dem überhaupt nicht entsprechen. Die Partner, mit denen du anfänglich in Resonanz gehst, entpuppen sich später als Menschen, die ganz andere Prioritäten und Vorstellungen von einer Beziehung haben als du. Für dich wird es sehr interessant sein, mit Hilfe dieses Buches deine Schatten-Aspekte kennenzulernen.

 … dich nach einer Beziehung sehnst, jedoch ›kalte Füße bekommst‹, sobald sich eine Möglichkeit bietet.

Vielleicht bemerkst du, dass du in Panik verfällst und mauerst, wenn dir jemand offensichtliche Avancen macht. Das Paradoxe ist: Wenn du Paare Hand in Hand an dir vorbeischlendern siehst, macht dich das unsagbar traurig. Zwischen deinen bewussten Wünschen und unterbewussten Überzeugungen gibt es einen massiven Konflikt, der gelöst werden will. Ja, da sträubt sich etwas in dir, das nicht zulassen will, dass du dich einer vermeintlichen Gefahr aussetzt.

 … dich schon oft ›unsterblich verliebt‹ hast.

Vielleicht verstehst du nicht, warum du das wunderbare Gefühl, in einer Beziehung endlich angekommen zu sein, nicht halten kannst. Dann ist dir wahrscheinlich noch nicht klar, dass auch du echte Intimität einfach nicht ertragen kannst. Dein Unterbewusstsein zwingt dich dazu, dem Druck, der durch Nähe entsteht, auszuweichen. Es sorgt dafür, dass die Gefühle für deinen Partner erkalten. Auch du wirst mit Hilfe der folgenden Kapitel nicht nur lernen, dich besser zu verstehen, sondern auch erfahren, was du tun kannst, um das zu ändern.

Unsere erwachsenen intimen Beziehungen spiegeln uns nicht nur unsere inneren Überzeugungen. Sie zeigen uns, wo Defizite liegen, weil wir das eine oder andere in unserem kindlichen familiären Umfeld nicht lernen durften. Sie fördern emotionalen Schmerz, den wir verdrängen mussten, weil er uns überfordert hätte, an die Oberfläche.

Deine erste große Liebe hast du noch mit einer gewissen Leichtigkeit und Unbedarftheit erlebt. Doch die Beziehungen, die du knüpfst, gewinnen mit der Zeit an Bedeutung und, wenn du es zulassen kannst, auch an Substanz. Aus den ersten Flirts, romantischen Dates und Liebeleien entwickeln sich verbindlichere Beziehungen. Du möchtest dich auf andere Menschen einlassen, willst ›ankommen‹, dich zuhause fühlen, auf deinen intimen Partner bauen können, mit ihm zusammenziehen und vielleicht eine Familie gründen.

Wenn dir nun nach einer Weile auffällt, dass du dich nicht mehr so recht wohl fühlst, wirst du versucht sein, es auf den unpassenden Partner zu schieben und dir einfach einen anderen suchen. Aber auch der kann dich vielleicht langfristig nicht überzeugen. Auch ihn schickst du letzten Endes weg oder er verlässt dich, weil du dich emotional zurückgezogen hast. Möglicherweise fällt dir nun selbst auf, dass du dich nicht wirklich auf dein Gegenüber einlässt, dass du Schutzwälle auffährst und dich nicht vollständig zeigst. Ein bisschen willst du immer die Kontrolle behalten und dazu musst du ›einen Fuß in der Tür‹ lassen.

Wenn wir unbewusst durchs Leben stolpern, ist es normal, dass wir dazu neigen, unser Gegenüber zu manipulieren und unser Verhalten zu rechtfertigen, weil wir den gedanklichen Geschichten in unserem Kopf Glauben schenken.

Vielleicht lautet dein stillschweigendes Narrativ, dass Menschen nicht vertrauenswürdig sind oder dass dich dein Partner früher oder später verlassen wird. Bisher hast du dir das dann immer wieder bestätigt. Aber bitte habe Mitgefühl mit dir: Um wach zu werden, braucht es für uns meist ein paar Wiederholungen der alten Muster. Zu akzeptieren, dass du deine Beziehungen bisher unterminiert und Entscheidungen getroffen hast, die von innerer Zerrissenheit und Angst geprägt waren, ist nicht leicht. An diesem Punkt ist es wichtig, dass du dir selbst verzeihst, schließlich hast du immer dein Bestes gegeben und entsprechend deines momentanen Bewusstseinsgrads gehandelt.

Der Moment, an dem du stutzig wirst und deine wiederkehrenden Verhaltensmuster realisierst, ist ein erster wichtiger Wendepunkt: Du beobachtest dich vielleicht dabei, wie du immer wieder fremdflirtest, und siehst nun, warum du es tust: Weil du dich dadurch wieder lebendig fühlst. Mit deinem Partner gelingt dir das nicht mehr, weil er dir zu nahe gekommen ist. Vielleicht wird dir jetzt klar, dass du bisher oft aus einem Affekt heraus Schluss gemacht hast, nur um es später zu bereuen. Dass du ganz oft ausrastest, Konflikte provozierst und Dinge sagst, die dir hinterher leidtun, oder dass du bisher jeden Partner durch deinen Mangel an Vertrauen vertrieben hast.

Bisher hat dir der fadenscheinige Grund, dass dich dein Partner ›nervt‹, ausgereicht, um ihn zu vernachlässigen, um dich ihm gegenüber schlecht zu verhalten und ihn emotional verhungern zu lassen. Statt klar zu kommunizieren, was dich stört, hast du dich passivaggressiv zurückgezogen oder ihn provoziert und deinen Groll über oberflächliche Sachthemen ausgetragen. Jetzt sind zwei Dinge wichtig: dass du dir verzeihst und Verantwortung übernimmst.

Ein verbindendes Wir-Gefühl kann in einer Atmosphäre des Misstrauens, der Rivalität und des Versteckspiels nicht wachsen. Wenn wir weiter vor uns selbst flüchten und Zyklen von Eskalation, Vermeidung und Annäherung wiederholen, werden wir wohl irgendwann resignieren, gänzlich auf eine Beziehung verzichten oder uns mit Mittelmaß zufriedengeben.

Wenn du das nicht willst und etwas vom Inhalt der letzten Abschnitte mit dir in Resonanz geht, wenn du etwas davon aus eigenem Erleben kennst oder wenn ein Satz in dir Gefühle des Unmuts oder der Trauer auslöst …

Es wird dir eine enorme Hilfe sein

Du kannst unsichere Bindungsmuster heilen und das Steuer deines Lebens wieder an dich nehmen. Aus meiner eigenen Beziehungsund Heilungsgeschichte weiß ich aber auch, welche Kräfte in uns wirken und dass manche Hürden im Alleingang schwer zu nehmen sind. Suche dir also Unterstützung, wo du sie brauchst.

Meine Ängste haben versucht, mich in meine Bewältigungsstrategien zurückzudrängen. Kein Wunder, denn diese Komfortzone hat mich jahrelang vor meinen kindlichen Nöten, dem allgegenwärtigen Gefühl, nicht zu genügen und nicht gut für mich sorgen zu können, bewahrt.

Auf der anderen Seite hat sie mich daran gehindert, emotional erwachsen zu werden und Verantwortung für mein Leben zu übernehmen. Einfach »per Beschluss« konnte ich sie nicht verlassen. Jeder Versuch hat Widerstände erzeugt, die mir zunächst selbst verborgen geblieben sind.

Meine Bindungsverletzungen sind durch eine zwar liebevolle, aber sehr inkonsistente Zuwendung meiner Eltern entstanden. Es hatten sich zwei Menschen gefunden, die neben der Last ihrer eigenen schwierigen Kindheitserfahrungen viel zu früh Eltern geworden sind. Für meine 17-jährige Mutter, die gerade erst erwachsen werden wollte und noch mitten in der Ausbildung war, bin ich mehr als ein Hindernis gewesen. Sie wurde vom Umfeld im Hinblick auf ihre Schwangerschaft als unverheiratete Minderjährige beschämt. Meine Existenz muss ihren ohnehin schwachen Selbstwert noch untermauert haben. Und mein damals 19-jähriger Vater war als unehelicher Sohn einer deutschen Frau und eines jugoslawischen Kriegsgefangenen durch die widrigen Nachkriegsumstände ohne seine Eltern aufgewachsen. Damals konnte ich nicht erkennen, warum mein Vater so viel Wut in sich trug. Heute verstehe ich, dass er ein Leben lang damit beschäftigt war, das latente Gefühl, nicht gesehen zu werden, loszubekommen und nicht mehr spüren zu müssen.

Wenn ein Kind von seinen Eltern, egal aus welchem Grund, verlassen wird, dann glaubt es, nicht liebenswert zu sein. Mein Vater hat die Welt durch den Schleier seiner stillschweigenden Überzeugung, nicht zu genügen und nicht wichtig zu sein, wahrgenommen. Auf der einen Seite habe ich ihn als charismatischen Mann erlebt, der Anerkennung gesucht und auch reichlich bekommen hat. Auf der anderen Seite war er aber auch leicht zu kränken, schnell aufgebracht und impulsiv, was ihn für mich recht unberechenbar gemacht hat. Meine Eltern waren also aufgrund ihrer eigenen Vergangenheit und Lebenssituation nicht dazu in der Lage, mir die Stabilität und Liebe zu geben, die ich gebraucht hätte, um mich wirklich sicher zu fühlen.

Die Unselbstständigkeit meiner Mutter, die emotionale Instabilität meines Vaters und die wiederholten Kontaktabbrüche gaben mir das Gefühl, der Liebe anderer Menschen nicht wert zu sein. Das machte sich in massiven Selbstzweifeln, sozialer Unsicherheit und Verlustängsten bemerkbar.

Ich wusste, dass sich mein Vater eine starke, selbstsichere Tochter wünschte. Ich wollte ihm so sehr gefallen und konnte es nicht. Sein Missfallen meiner Schüchternheit hat mich sehr traurig gemacht. Jedes Mal, wenn er mich zwang, mit fremden Kindern ins Ferienlager zu fahren, reagierte mein Körper mit Fieber. »Das geht wieder weg. Du hast doch dort nichts auszustehen« war ein Satz, der sich in mir eingebrannt hat und den ich mir heute erklären kann, wenn ich seine Lebensgeschichte in Betracht ziehe.

Aber als kleines Mädchen habe ich ihm eine Bedeutung gegeben, die mein weiteres Leben geformt hat: Ich war sicher, dass mit mir etwas Grundsätzliches nicht in Ordnung ist. Anders konnte ich mir diese heftigen Gefühle nicht erklären, diese furchtbare Angst in meinem Körper, wo sie doch offensichtlich überflüssig war.

Mit diesem Buch möchte ich dir helfen, deinen individuellen Beziehungsproblemen auf die Schliche zu kommen. Du wirst herausfinden, ob es auch bei dir ein paar in den ersten Jahren deines Lebens entstandene stillschweigende Überzeugungen gibt, die heute noch wie Schatten auf deiner Seele liegen und sie verdunkeln. Solange das so ist, wirst du in dir keine Sicherheit, keinen inneren Frieden, keine Mitte finden und in deinen Beziehungen zwischen Anpassung und Rebellion hin und her pendeln. Wenn du einen verzerrten Blick darauf hast, wer du bist, fühlst du dich nicht so recht lebendig, denn die Freude am Leben wird dann durch Angst und Schamgefühle getrübt.

Die gute Nachricht: Es ist möglich, deine Ängste im Beziehungskontext zu lösen und ein stabiles kongruentes Ich zu entwickeln. Wenn du zu spüren beginnst, wer du wirklich bist und dich als Individuum erfährst, das Verantwortung für sich selbst und die eigenen Gefühle übernehmen kann, dann lernst du dich gesund abzugrenzen, ohne deine Flexibilität und Anpassungsfähigkeit zu verlieren. Du kannst nur dann mit einem Partner gemeinsam wachsen, wenn du nicht mehr emotional von ihm abhängig bist.

Irgendwann wirst du dankbar auf deine momentane problematische Beziehungssituation zurückblicken und wissen, dass du all die unschönen, schmerzhaften Erfahrungen gebraucht hast, um die Zusammenhänge zu verstehen, um daran zu reifen und Verantwortung für deine bisher verdrängten Themen übernehmen zu wollen. So war das auch bei mir.

Natürlich wirst du auf dem Weg zu einem sicheren Bindungsverhalten einige Hürden überwinden müssen. Dein Bekenntnis zur Wahrhaftigkeit und Selbstreflexion erfordert (De-)Mut. Aber eins ist sicher: Du wirst mit einer höheren Lebensqualität dafür belohnt. Mit diesem Buch möchte ich meine Erfahrungen der letzten Jahre mit dir teilen. Und wenn du zusätzliche Hilfe brauchst, stehe ich dir an den schwierigen Stellen deines Heilungsprozesses gerne zur Seite, denn manchmal braucht es einen Menschen, der dir einen Raum schafft, in welchem du dich sicher genug fühlen kannst, bisher verdrängte Gefühle zuzulassen, und der dir dabei hilft, deine blinden Flecken zu finden und die Widerstände zu lösen.

Nun wünsche ich dir viele Aha-Momente beim Lesen.

Deine

PS: In diesem Buch wird es häufig um »den Partner« oder »die Freundin« gehen. Der Einfachheit halber werde ich alle diese Ausdrücke in den meisten Fällen in das konventionelle generische Maskulinum setzen, weise aber darauf hin, dass damit stets alle Geschlechtsidentitäten und sexuellen Orientierungen gemeint sind – »der Partner« kann also männlich, weiblich oder nichtbinär sein. Die Namen wurden zum Schutz der Privatsphäre geändert.

KAPITEL 1

EINFÜHRUNG

»Schatz? Wo bist du?«

Linda werden die täglichen Kontrollanrufe ihres Freundes zu viel. Am Anfang der Beziehung war alles fein, aber nach ein paar Monaten fing Elias an, sie ständig zu kontaktieren. Sie kann förmlich darauf warten, dass er sie anruft, wenn sie nicht ganz pünktlich ist und sich um ein paar wenige Minuten verspätet.

Darauf angesprochen beteuert er, dass er sich nur Sorgen um ihre Sicherheit mache. Aber mit der Zeit wird ihr klar, dass das nicht der Wahrheit entspricht. Sie spürt, dass Ängste hinter Elias’ Anrufen stecken. Er macht sich nicht primär Sorgen um sie, sondern kämpft mit seinen inneren Dämonen, die ihm einflüstern, dass Linda Geheimnisse vor ihm hat, sich vielleicht mit anderen Männern trifft oder ihn auf andere Weise hintergeht. Sie bemerkt, dass er sie oft aus den Augenwinkeln beobachtet, wenn sie gerade eine Nachricht auf ihrem Handy empfängt.

In einer anders gelagerten unangenehmen Situation befindet sich Matthias, der von seiner Freundin Alina dazu angehalten wird, »an sich zu arbeiten«. Am Anfang ihrer Beziehung hat sie ihn total angehimmelt. Jetzt fühlt er sich in ihrer Nähe zunehmend unwohl, weil er immer öfter den Eindruck hat, in ihren Augen ein Versager zu sein. Sie scheint sich massiv verändert zu haben.

Das Leben mit ihr wird jedenfalls anstrengend, weil er diese stetig wachsende Unzufriedenheit spürt. Inzwischen ist es schon so, dass er Erleichterung verspürt, wenn sie nicht da ist.

»Man sollte sein Leben doch nicht mit Pizza und Bier auf der Couch verbringen«, rechtfertigt Alina ihre Nörgelei. Bei genauerem Hinschauen ist zu erkennen, dass sie der Fokus auf die Mängel ihres Partners emotional stabilisiert. Sie schützt sich auf diese Weise vor ihrer inneren Leere, weil sie so hart und perfektionistisch im Umgang mit sich selbst ist. Das, was sie sich untersagt, wird ihr auf unerträgliche Weise von Matthias immer wieder vor Augen gehalten.

Auch Bruno und Verena befinden sich seit Jahren in einem Spannungsfeld, in dem sie sich vom anderen nicht gesehen und gehört fühlen. Sie tragen ihren emotionalen Schmerz an der Oberfläche aus, brechen oft einen Streit über Kleinigkeiten vom Zaun und knallen sich Vorwürfe und Unterstellungen an den Kopf. Sie schaffen es einfach nicht, sich gegenseitig Raum zu geben und zuzuhören, die Gefühle des anderen zunächst mal zu validieren, ihre wahren Beweggründe zu zeigen und nach gemeinsamen Lösungen zu suchen.

Auch wenn diese drei Situationen so wirken, als hätten sie nichts miteinander zu tun, könnten sie sich ›unter der Haube‹ nicht ähnlicher sein. In intimen Beziehungen neigen wir in der ersten Phase des Kennenlernens dazu, unser Gegenüber zu idealisieren, doch sobald Verbindlichkeit und Nähe zunehmen, werden verdrängte kindliche Verletzungen, dysfunktionale Bindungsmuster, emotionale Flashbacks und Traumata aktiviert: In den obigen Beispielen haben alle Protagonisten Angst davor, sich ihrem Partner authentisch zu zeigen. Sie sind in sich selbst unsicher und machen ihr momentanes Befinden davon abhängig, wie sich ihr Gegenüber gerade verhält.

Es ist nicht der Partner, sondern die Nähe einer intimen Beziehung, die sie schwer tolerieren. Ihr tief sitzender Glaube, nicht zu genügen, ist es, der ihnen schlechte Gefühle macht. Und um den tatsächlichen Ursachen – der Angst, erkannt zu werden und sich selbst oder den Partner zu verlieren – nicht begegnen zu müssen, haben sie verschiedene Schutzstrategien entwickelt. Wahrscheinlich sind sie ihnen noch nicht bewusst. Sie ahnen nicht, dass sie unverarbeitete schmerzhafte Erfahrungen in sich tragen, die sich wie ein Schleier über ihre Wahrnehmung der Realität legen. In diesem Buch wirst du mehr darüber erfahren, wie diese Schleier entstehen, wie sie sich konkret äußern und wie du sie wieder loswerden kannst, um dein Gegenüber klar zu sehen.

Neben der Betrachtung unsicherer Bindungsstile werfen wir einen Blick auf zwei destruktive Beziehungsstrategien, die aus ihnen erwachsen können und häufig vorkommen: Narzissmus und Co-Abhängigkeit. Die medialen klischeehaften Bilder von Gut und Böse unterschlagen oft, dass dem Narzissmus und der Co-Abhängigkeit, wie allen dysfunktionalen Beziehungsstrategien, unsichere Bindungsmuster zugrunde liegen, die die Folge anhaltender Frustration kindlicher Grundbedürfnisse und unverarbeiteter schmerzhafter Erfahrungen sind.

Egal ob wir ein Verhalten als pathologisch (krankhaft) einordnen oder nicht – ein Mensch mit stark narzisstischen Schutzstrategien braucht ein Gegenüber, an dem er sie ausleben kann, und im Grunde macht ihn das selbst zutiefst co-abhängig. Er ist auf Gedeih und Verderb auf einen in seinen Grenzen schwachen Partner angewiesen, der bereit ist, mit ihm zu verschmelzen, und sich von ihm vereinnahmen zu lassen. Umgekehrt ist ein unterlegener co-abhängiger Partner gezwungen, auf manipulative (egozentrisch narzisstische) Weise für seine Bedürfnisbefriedigung zu sorgen.

Und genau darin liegt die Tragik dieser häufig anzutreffenden Beziehungskonstellation: Zwei Menschen, die ihre kindlich egozentrische Weltsicht nicht ablegen konnten und im negativen Sinne wie Schlüssel und Schloss zusammenpassen, ›unterstützen‹ sich unbewusst gegenseitig dabei, ihre langfristig zerstörerischen Beziehungsmuster auszuleben.

KAPITEL 2

UNSICHERE BINDUNGSSTILE UND BEZIEHUNGSSTRATEGIEN

In diesem Kapitel beleuchten wir nicht nur die drei unsicheren Bindungsstile, sondern auch ein paar besonders destruktive Beziehungsstrategien, die daraus erwachsen können.

Ins Thema einsteigen möchte ich mit der Beobachtung eines interessanten Phänomens: Nicht wenige Frauen machen beim Dating die frustrierende Erfahrung, dass sie immer wieder nur mit zwei Männer-Typen in Resonanz gehen: Sie treffen auf der einen Seite wiederholt auf die geheimnisvollen, maskulin wirkenden, aber emotional nicht erreichbaren ›Mistkerle‹ (Typ 1), und auf der anderen auf die netten zugewandten Männer mit ›Kumpel-Potenzial‹ (Typ 2). So sieht ihre subjektiv erlebte Dating-Realität aus.

Der Typ-1-Mann scheint männlich genug zu sein, um Frauen auf charmante Weise zu erobern, doch das Glück hält nicht lange an. Sobald die Beziehung verbindlicher wird, sieht er sich dazu gezwungen, seine Eroberung vom Podest zu holen, dich durch manipulatives Verhalten zu dominieren und im Machtgefälle nach unten zu zwingen. Nur so kann er seine verdrängten Ängste in Schach halten.

Der Typ-2-Mann braucht den Rausch der verliebten Idealisierung und Eroberung nicht. Er bemüht sich stetig und ernsthaft darum, den Menschen hinter der Frau besser kennenzulernen. Er zeigt sein Interesse mit Ausdauer und Zuverlässigkeit, er kann gut zuhören und ist einfühlsam, auf dem Papier ein wahrer Traum. Praktisch scheint ihm dennoch etwas zu fehlen, denn du fühlst dich zu ihm nicht romantisch hingezogen, sodass er doch nur in der Sparte ›allerbester Freund‹ landen kann. Diesem Typ ist oft gar nicht bewusst, dass ihm der Zugang zu seinen angeborenen männlichen Attributen verloren gegangen ist.

 Anziehung entsteht durch Polarität. Du kannst nicht steuern, was attraktiv auf dich wirkt.

Frauen, die nur diese zwei Typen Männer zu Gesicht bekommen, geben nur scheinbar zuwider jeder Logik Männern mit ausgeprägt narzisstischen Mustern den Vorrang vor den gefühlvollen, verlässlichen Geschlechtsgenossen. Aber dass du beim Dating nur diese zwei Typen triffst, das ist kein Zufall. Es hat etwas mit dir und deinen unbewussten Konditionierungen zu tun.

Wir dürfen also zunächst mal einer bitteren Tatsache ins Auge schauen: Narzissmus wird nicht nur im gesellschaftlichen Kontext, sondern auch in unseren privaten Beziehungen, zumindest kurzfristig, belohnt. Später werden wir genauer betrachten, wie wir das ändern können.

Wenn du die Entscheidung darüber, wer auf dich als Partner anziehend und attraktiv wirkt, nicht bewusst fällst, wer tut es dann? Neben der Polarität zwischen typisch männlichen und weiblichen Attributen gibt es einen weiteren Schlüssel der Anziehung, den deiner unbewussten Schatten. Das sind die Aspekte deiner Persönlichkeit, die du aus einstmals guten Gründen in einer Zeit, in der du von anderen Menschen noch existenziell abhängig warst, unterdrückt, verdrängt oder abgespalten hast.

Einem emotional reifen maskulinen Mann, für den Augenhöhe in einer Beziehung selbstverständlich ist, begegnest du erst, wenn du in dir selbst ruhen kannst und nicht mehr bedürftig bist. Wenn du dich deinen Ängsten gestellt hast, löst sich dein Bedürfnis auf, von einem Mann etwas zu fordern, was er nicht bereit ist, zu geben. Du lernst, Liebe zu empfangen, weil du dich ihrer wert fühlst, und glaubst nicht mehr, um die Erfüllung deiner Wünsche und Bedürfnisse durch Kontrolle und Manipulation kämpfen zu müssen.

 Wenn eine Frau ihre Ängste im Beziehungskontext löst und durch die Integration ihrer bisher vernachlässigten, verletzlichen Aspekte bindungssicher wird, findet sie ihre Weiblichkeit wieder.

Nicht nur bedürftige Kontrolle, sondern auch emanzipierte Pseudo-Stärke ist für einen Mann mit sicheren Bindungsmustern unattraktiv, denn sie äußert sich direkt oder subtil in Verbitterung, Härte, Intoleranz und Arroganz allem Männlichen gegenüber. Welchen Typ Mann zieht eine betont unabhängige, erfolgreiche Karriere-Frau stattdessen an? Sie wird zum Magnet für in sich selbst verunsicherte, entscheidungsschwache Männer mit einer tiefen Mutterwunde, die in einer Partnerin unbewusst die bedingungslos liebende Mutter suchen, die sie nie hatten. Für sie waren mütterliche Fürsorge und Liebe an konkrete Bedingungen geknüpft.

Der verdrängte, verletzliche Anteil einer unabhängigen KarriereFrau sehnt sich oft nach einem Mann, der ihr den Schutz und die Sicherheit bietet, die sie sich von ihrem Vater gewünscht, aber nicht bekommen hat. Solange ihr das nicht bewusst ist, wird sie emotional unreife Männer anziehen und nach einer kurzen euphorischen Verliebtheit krasse Enttäuschungen erleben: Ihr lang ersehnter scheinbarer Retter wird sich als Mann entpuppen, der glaubt, in ihr die Frau gefunden zu haben, die ihm endlich die bedingungslose Zuwendung entgegenbringen wird, die ihm seine Mutter verwehrt hat.

Er übersieht, dass er sich in eine ›Maske‹, den Schutz-Aspekt namens ›starke, unabhängige Frau‹, verliebt hat, nicht in den verletzlichen Schatten-Aspekt, der so sehnlichst in starke Arme genommen und gerettet werden will.

Das Resultat: Beide fühlen sich vom Gegenüber hinters Licht geführt. Dabei fand kein vorsätzlicher Betrug statt, sie erkennen nur nicht, dass es für eine Beziehung, in der sich zwei bindungstraumatisierte Menschen begegnen, selten ein Happy End gibt, weil sie Schatten-Aspekte in sich tragen, die Bedürfnisse haben, derer sie sich nicht gewahr sind.

Auch der ›nette Kerl‹, der sich darüber beklagt, dass Frauen auf Machos stehen und fest daran glaubt, ohne triftigen Grund auf Ablehnung zu stoßen, würde sich seiner Lernaufgabe widersetzen: Bei ihm geht es darum, unterdrückte ur-männliche Eigenschaften wie Durchsetzungsvermögen, Geradlinigkeit und Kraft wiederzuentdecken, sie anzunehmen und zu integrieren.

Dein Bindungsstil beeinflusst die Qualität deiner Beziehungen

Die Entwicklungspsychologin Mary Ainsworth hat sich in den 1970er-Jahren intensiv damit beschäftigt, wie kindliche Prägungsbedingungen langfristig unsere Bindungsfähigkeit beeinflussen. Sie entwickelte mit dem sogenannten »Strange Situation Test« ein Setting zur Erforschung kindlicher Bindungsmuster und erforschte das Verhalten von Kindern in der Interaktion mit ihren Müttern, wenn sie ungewohnten Situationen ausgesetzt waren. Die unterschiedlichen Verhaltens- und Reaktionsweisen wurden von ihr dokumentiert und ausgewertet. Nach diesem Konzept spiegeln sie die individuelle Art der Bindung des Kindes zur Mutter.

Die Definition und Beschreibung der unsicheren Bindungsstile dient dazu, Ursachen und Zusammenhänge besser verständlich und greifbar zu machen. Letztlich ist natürlich jeder Fall einzigartig und individuell zu betrachten, denn Überschneidungen sind keine Seltenheit.

Wenn sich intime Beziehungen wiederholt auf ähnliche Weise schwierig gestalten, lohnt es sich in Betracht zu ziehen, dass das Unterbewusstsein unter Umständen verdrängte schmerzhafte Erfahrungen in der Beziehung zu einem Elternteil in Lösung bringen will. Das tut es, indem es den Bindungsverletzten dazu bringt, sie immer wieder neu zu inszenieren. In der Fachliteratur nennt man das Wiederholungszwang (Repetition Compulsion). Er beschreibt den Versuch, die belastete Beziehung zu einer wichtigen kindlichen Bezugsperson in einer erwachsenen intimen Beziehung zu verändern und dieses Mal einen anderen, positiven Ausgang zu erzielen.

Wenn diese Mechanismen wirken, übernimmt das kleine verletzte Kind in Situationen, die an einen alten Schmerz erinnern, für eine Weile das Steuer. Dieses verletzte innere Kind kämpft um die Erfüllung der Bedürfnisse, die ihm damals verwehrt wurden. Die romantischen Beziehungen werden auf diese Weise zum Spiegel dessen, wie sich der Bindungsverletzte als Kind von einem Elternteil angenommen, gesehen und geliebt gefühlt hat. Unterbewusst sorgt er dafür, dass seine Beziehungen dem verinnerlichten Grundkonzept von Liebe entsprechen.

Wer aufgrund seiner Erfahrungen Liebe unbewusst mit Schmerz und unangenehmen Emotionen verknüpft, wird immer wieder Partner in sein Leben ziehen, die ihm diese stillschweigende Annahme bestätigen, oder er wird den Impuls verspüren, Dinge zu tun, die seine Beziehungen sabotieren, damit er in seiner Komfortzone bleiben kann.

Wer sich dagegen in seinen Beziehungen rundum wohl fühlt, weil er sowohl Freiraum als auch Nähe zulassen und genießen kann, wird davon ausgehen, dass er von seinem Partner um seiner selbst willen geliebt wird. Er kann sich glücklich schätzen, weil dieser Zustand die Grundvoraussetzungen für ein erfülltes Leben und langfristige körperliche und seelische Gesundheit markiert.

Nun hättest du, lieber Leser, dieses Buch aber wahrscheinlich nicht in die Hand genommen, wenn du dich in deinen Beziehungen pudelwohl fühlen würdest. Sei dir sicher, dass es möglich ist, die Voraussetzungen nachträglich zu schaffen.