Wenn mich jemand sucht, ich befinde mich im Wandel - Käthe Lachmann - E-Book

Wenn mich jemand sucht, ich befinde mich im Wandel E-Book

Käthe Lachmann

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Beschreibung

Hitzewellen kann man auch surfen Eine durchgemachte Nacht kam zwar in letzter Zeit öfter vor, aber leider nur allein im eigenen Bett und unfreiwillig. In die Disco konnte Käthe Lachmann nur, wenn sie hinterher drei Wochen Urlaub machte und sie fand auch keine Freundinnen mehr, die mitkamen. Denn die waren zu sehr beschäftigt mit Thermomix-Rezepte tauschen. Warum war sie also von einer Schnapspraline schon sturzbesoffen und weshalb legte sich alles, was schmeckte, sofort wie eine dicke Perserkatze um ihre Körpermitte? Was war nur los mit den weiblichen Wesen in ihrem Alter, einschließlich ihr selbst? Die Lösung für sämtliche, nicht nur körperliche, Ungereimtheiten hatte ihre Ärztin, die sie mit der Diagnose »Wechseljahre« überraschte. Die preisgekrönte Komikerin findet, sie ist zu jung für diesen Scheiß und erzählt mit viel Witz und Charme von der heißen Phase. Um die kommt zwar keine Frau herum, doch Käthe Lachmann hilft, sie ein bisschen cooler zu nehmen. So können uns die Wechseljahre gar nix!

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Seitenzahl: 181

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KÄTHE LACHMANN

Wenn michjemand sucht,ich befinde michim Wandel

KÄTHE LACHMANN

Wenn michjemand sucht,ich befinde michim Wandel

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen

[email protected]

Originalausgabe

1. Auflage 2019

© 2019 by mvg Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Redaktion: Birthe Vogelmann

Umschlaggestaltung: Maria Wittek

Umschlagabbildung: shutterstock.com/ Nadezda Barkova

Satz: Müjde Puzziferri, MP Medien, München

Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

eBook: ePubMATIC.com

ISBN Print 978-3-7474-0067-8

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96121-398-6

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96121-399-3

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.mvg-verlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

INHALT

Vorwort

Ich bin zu jung für diesen Scheiß!

Meine Haut – die trinkt das ja richtig!

Wandern 2.0

Statt Blumen

You've got to fight for your right to paaaaaaaarty!

Lolito

Schaf Nummer eins, Schaf Nummer zwei, Schaf Nummer drei

Von Rausch und Urlaub

Fett, geh weg von die Hüften, du Arsch!

The Circle of Life

Silvester – na und?

Hot, hot, hot!

Ich habe nicht nah am Wasser gebaut, ich wohne auf einem Hausboot!

Im Yoga-Bootcamp

Ich erinnere mich, als wäre es noch gar nicht gewesen

Glück, Spritualität und Alkohol

Ein Grab auf dem Land

Warzenschweine

Hormone! Hormone?

Sportspaß

Sportspaß, die Zweite

Die zweite Welle

Wer verwöhnt hier wen?

Das Kinder-Los

Wo sind sie hin, die Tampontage?

Nicht nur Nadeln können schmerzen

Optimal, optimaler, am optimalsten

Ist das modern oder kann das weg?

Haarakiri

Komm ich heut nicht, komm ich morgen

Nachwort

Über die Autorin

VORWORT

Schlafstörungen, mindestens sieben verschwitzte Blusen am Tag und Tränen wegen eines überquellenden Mülleimers oder ähnlicher brisanter Vorkommnisse – wenn wir Frauen in die Wechseljahre kommen, ist plötzlich nichts mehr, wie es einmal war. Die Kinder sind schon langsam flügge, und wenn die »Erdbeerwochen« ausbleiben, fühlen wir uns nutzlos und unweiblich.

Tataa – das muss nicht sein! Deshalb möchte ich die guten Seiten des »unblutigen Neuanfangs« präsentieren, meine Erfahrungen mitteilen und auf die komischen Aspekte der Hormonachterbahnfahrt hinweisen.

Zum Beispiel sparen wir doch Unmengen Zeit und Geld, wenn wir im Winter auch bei Minusgraden auf die Heizung verzichten können und keine Sauna mehr zum Schwitzen brauchen. Schwitzen ohne Fremdeinwirkung ist sogar noch viel gesünder, fast so gesund wie ein kleines Steak – was auch das Einzige ist, das wir noch essen dürfen. Quatsch! Wir dürfen alles essen, nur eben jeweils an verschiedenen Tagen. Klar brauchen wir nicht mehr so viel Energie, und wir nehmen von einer Praline so zu, als hätten wir uns seit Monaten von nichts anderem als Schokolade ernährt, aber es ist ja auch durchaus von Vorteil, gut gepolstert zu sein, denn wer kennt nicht den Spruch: »Fett oder Falten« – wir haben uns entschieden! Außerdem, geben wir es zu, haben wir wirklich lang genug versucht, uns schlank zu halten, jetzt ist die Zeit, in der wir einfach mal das tun können, worauf wir richtig Lust haben, auch beim Essen. Wer weiß, wie viele Jahre uns noch bleiben? Also: Richtung Genuss geht unser Weg!

Natürlich sind wir auch im Liebesleben viel entspannter – wenn wir einen Mann heiß finden, wissen wir auch um seine Schwachstellen (Prostata, Hängehoden und Extrembehaarung) und müssen uns nicht so viele Gedanken um unsere eigenen machen. Außerdem spielt Verhütung keine Rolle mehr, also ist Spontansex kein Problem und eine Latexallergie nichts, was uns aufhalten kann.

Mädels, jetzt beginnt die schönste Zeit, und wenn wir dünnhäutiger sind als früher, bedeutet das ja auch, dass wir weniger Creme brauchen! (Hä?) Rauf aufs Surfbrett und die perfekte (Hitze-)Welle gesurft!

ICH BIN ZU JUNG FÜR DIESEN SCHEISS!

»Endlich Handtücher Ton in Ton!« Wir hatten einen kleinen Spaziergang hinter uns und waren auf dem Weg ins Café, als mir meine beste Freundin von ihren neuesten Errungenschaften berichtete. Und die hatte sie nicht in einem großen schwedischen Möbelhaus erstanden (von dem wir hier in Hamburg sogar gleich zwei haben), sondern von einem deutschen Frottierwarenhersteller.

»Äh, Steffi, ist das dein Ernst?« Ich konnte nicht glauben, was sie mir da erzählte. »Und die alten Handtücher?«

»Sind alle im Altkleidercontainer. Das sieht jetzt so gut aus im Schrank! Graublau, grau und mintgrau. Richtig edel.«

War das dieselbe Frau, mit der ich zu Schulzeiten die Secondhandshops nach löchrigen Jeans durchforstet hatte und mit der ich mir während unseres Studiums zwei, drei Töpfchen Directions-Colours für unsere Häupter geteilt hatte? Pink und grün und blau? »Und was ist mit deinen Holly-Hobbie-Handtüchern? Die hast du doch hoffentlich behalten!«

»Nein, genauso wenig wie das braun-beigefarbene Katzenhandtuch von meiner Oma!«

Ungläubig schüttelte ich den Kopf. »Aber da hängen doch Erinnerungen dran! Ich sag nur: Nachts nackt baden im Freibad! Wir hatten nur dein Katzenhandtuch! Und wir waren zu viert!«

»Das ist jetzt fast 30 Jahre her! Unsere Handtücher waren wirklich nicht mehr schön. Das beste gehörte Martin, das hatte er 1990 in einer tschechischen Jugendherberge geklaut. Ich denke, das sagt alles über die Notwendigkeit dieses Kaufs.«

»Und das durftest du wegwerfen?«

»Nein, natürlich nicht. Martin weiß es noch nicht. Aber es war an der Zeit, frischen Wind in unsere Schränke wehen zu lassen.«

Oha, das gibt Ärger, dachte ich bei mir und sagte: »Du klingst wie eine Politikerin, Steffi!«

»Was? Seit wann reden die denn von Schränken?«

Weil mir darauf keine Antwort einfiel und weil ich auf einmal fürchterlich müde war, winkte ich nur ab. Farblich zueinander passende Handtücher! Wir waren alt. Mir war ganz komisch. Waren das schon diese Wechseljahre? Fingen die so an? Wie ging das weiter? Wollte sie vielleicht bald auch eine neue Küche?

Als meine beste Freundin aus Kindertagen beim Kaffeetrinken dann auch noch koffeinfreien Kaffee orderte, weil ihr der »besser bekommt«, überlegte ich mir, was uns denn eigentlich noch blieb, wenn wir schon auf unseren jahrzehntelangen Wachmachgaranten verzichteten – und bestellte meinen auch ohne Koffein. Aber immerhin einen Cappuccino. Dazu nahmen wir beide, obschon uns die Nougattorte wesentlich mehr anmachte, eine Fruchtschnitte. Noch während wir bestellten, nahm ich mir vor, zu Hause zu googeln, ob es überhaupt stimmte, dass ein Obstkuchen weniger Kalorien als eine Cremetorte hat.

»Also, neue Handtücher. Was ist noch neu bei euch?« Irgendwie schmeckte der Cappuccino langweilig. Außer uns saßen in dem Café nur hippe junge Leute, die sich gegenseitig irgendetwas auf ihren Smartphones zeigten. Bärtige Männer in Turnschuhen und junge Frauen in Oversize-Pullovern, die keine anderen Probleme hatten, als wer wen jetzt eigentlich gerade süß fand.

Steffi strahlte: »Hab ich dir das schon erzählt? Wir haben jetzt einen Saugroboter! Das ist wirklich ganz wunderbar!«

»Oh, ihr auch?« Mir hatten schon mehrere Freundinnen erzählt, dass sie jetzt einen (oder mehrere) neue elektronische Haushaltshelfer hatten. »Und was ist mit einem Thermomix?«

»Na klar, ich dachte, das wüsstest du schon.« Steffis Wangen glühten, als sie mir erzählte: »Minka fährt total gern mit.« Als ich sie verständnislos anguckte, fügte sie hinzu: »Auf dem Saugroboter. Minka. Unsere Katze!«

»Ach so«, gab ich lahm von mir. Deshalb kaufte man die also, diese Saugroboter!

»Das ist so niedlich! Warte mal, irgendwo habe ich davon ein Video …« Und schon stürzte auch sie sich auf ihr iPhone und durchforstete Filme und Fotos. »Mir war das total wichtig, dass Minka gern mitfährt. Wenn sie jetzt etwa Angst vor dem Ding gehabt hätte, hätte ich es zurückgegeben. Es war Martins Idee, weil er ja bei uns derjenige ist, der staubsaugt. Ich mache den Rest, aber Martin saugt. Und seit wir den Roboter haben, macht er das noch lieber!« Klassische Rollenverteilung, schlimm. Und jetzt machte ihr Mann ja gar nichts mehr!

Endlich hatte sie das Video gefunden, und ich sah eine Katze, Minka, die stoisch auf einer Art fahrendem Stehlampenfuß saß und sich nicht im Geringsten darüber zu wundern schien. Steffi war wesentlich aufgeregter als ihre Katze. »Hahaha, ist das nicht irre witzig? Und sooo niedlich!« Die ersten, sehr coolen Hipster drehten sich schon zu uns um. »Mhm«, machte ich und dachte bei mir: »Wenn wir eine Katze hätten, bräuchten wir vielleicht auch so einen Roboter. Aber sonst?« Laut fragte ich: »Warum braucht ihr sowas? Es ging doch die ganzen Jahre auch ohne! Wieso plötzlich dieser Technik-Irrsinn? Diese komplette Automatisierung! Seid ihr zu alt, um selbst zu saugen?«

Steffi lachte: »Na ja, für Martins Rücken ist das tatsächlich nichts.«

»Macht er nicht Rückentraining? Vielleicht würde er das ja gar nicht brauchen, wenn er sich im Haushalt mehr bewegen würde!«

»Es ist einfach sehr praktisch, sagt Martin. Wegen Minka müssen wir ja oft saugen, und das ist schon toll, wenn das eine Maschine macht.«

»Sitzt Minka auch auf dem Thermomix?«

»Quatsch! Aber der ist erst mal toll! Du kannst alles damit machen: Suppen und Teig und … alles! Und ich bin da im Internet in einem Thermomix-Forum, da bekomme ich ständig neue Tipps, es ist einfach alles so unkompliziert und geht unheimlich schnell, ich kann es wirklich nur empfehlen!«

»Aber Suppe und Teig kann ich doch auch im Topf, beziehungsweise in der Schüssel« – sie unterbrach mich: »Das ist kein Vergleich! Da sind ja unheimlich viele Rezepte drin!«

»In dem Gerät?«, fragte ich verdutzt. Noch nie hatte ich mich eingehender mit diesem Ding auseinandergesetzt, ich rieb noch zwei Feuersteine über trockenen Ästen aneinander und hängte dann den Kochkessel darüber. Ja, ich kochte gern mit herkömmlichem Kochwerkzeug und konnte einer Kochmaschine, es war ja fast ein Kochroboter, nichts abgewinnen.

»Ja, die Rezepte sind drin! Und es ist alles total einfach! Und eine Waage ist auch eingebaut! Ich bin völlig begeistert. Man lädt sich das Rezept runter, das man machen möchte, dann gibt man die Zutaten hinein, und – schwups – ist es fertig! Zum Beispiel Teig. Seit ich den Thermomix habe, backe ich Brot.«

»Mit dem Ding?«

»Ja!«

»Das backt Brot? Du schmeißt alles rein und dann backt es?«

»Nein, es macht den Teig. Und dann kannst du backen.«

»Aber das kann ich doch auch in einer Schüssel!«

»Ja, schon, aber der Thermomix wiegt ja alles ab und rührt. Und das Rezept steht auf dem kleinen Display. Da steht jeder Schritt drauf! Und der Teig geht dann bei der optimalen Temperatur!«

Ich kam mir uralt und, vor allem, altmodisch vor. War es nicht das Besondere am Kochen und Backen, dass man mit den eigenen Händen etwas machte? Teig kneten, zum Beispiel. Dieses Gefühl war doch so gut, so besonders und ursprünglich. Mit den eigenen Händen sein Essen zuzubereiten, das war es doch, was den Genuss noch intensiver machte! Gerade ein Brot. Gab es etwas Besseres als frisch gebackenes Brot mit guter Butter? Wie seltsam musste es sein, wenn C3PO einem das Brot so weit fertigmachte, dass man es nur noch in den Ofen legen musste? Ach.

Und was war eigentlich, wenn man etwas verfeinern wollte, zwischendurch abschmecken, noch eine Knoblauchzehe mehr hinzugeben? Ich war eine große Verfechterin des Röstaromas: Eine gebratene Zwiebel legte doch den Grundstock fast jeder Mahlzeit, außer vielleicht bei Grießbrei – war das denn im Thermomix auch gegeben? Ich fragte nach.

»Na klar, oft kommen auch Zwiebeln rein. Die kannst du ja sogar am Stück hineingeben, der Thermomix zerhackt sie dann!«

Zerhackt. Ich musste schlucken. Da war die Frage meines Mannes dann unnötig, wie grob oder fein die einzelnen Zwiebelstücke denn sein sollten. Kein prüfender Blick von mir, ob die Würfelchen exakt in der richtigen Größe für das jeweilige Gericht waren. Ganz beim Zwiebelschneiden zu sein, alles um sich herum zu vergessen, nur er und die Zwiebel – das fiel dann weg. Stattdessen gefühlloses Plumpsenlassen des glatten, weißglänzenden Gemüses in eine Maschine, die es mit groben Klingen zerhackte. Kein Zwiebelduft, mal sehr scharf, mal nur würzig-zwiebelig, kein prüfender Blick in die schmurgelnde Pfanne, um den genauen Zeitpunkt abzupassen, wann aus glasigen Stückchen knusprig-braune wurden. Stattdessen eine Maschine mit einem Display, aus kaltem Stahl, abweisend, unpersönlich und leblos.

War kochen nicht Lebensfreude, ausprobieren, abschmecken, auch mal etwas versalzen, von vorne anfangen, zufällig Neues entdecken, um dann festzustellen: »Das mache ich jetzt in Zukunft immer so«? Kochen mit dem Thermomix erschien mir wie Fotos mit der Digitalkamera zu machen: Alles war geregelt, ein echter Schnappschuss war gar nicht mehr möglich, »schlechte« Bilder wurden sofort gelöscht, nichts mehr dem Zufall überlassen, dank Filter und Postproduktion. Wenn der Vergleich auch hinkte, so war doch in beiden Fällen die Kunst mit all ihren Unberechenbarkeiten der Maschine zum Opfer gefallen. Ich hatte einen Kloß im Hals.

»Natürlich kann man auch beim Thermomix abschmecken zwischendurch. Gut, es blubbert natürlich kein Soßentopf auf dem Herd – man muss ja schon immer den Deckel draufhaben – aber es ist ja kein Roboter, der alles allein macht.« Steffi klang fast ein wenig beleidigt.

»Braten kann er sowieso nicht, ne?«, fragte ich heiser, obschon ich die Antwort schon kannte. Nein. Nur Kochen, dünsten, Teig kneten. Die hohe Kunst des Bratens war ihm … zu hoch.

Gott sei Dank. Wenigstens konnte er nicht alles. Ob er wirklich eine Hilfe war? Wie konnte man das herausfinden? In unserem Alter gab es ja schließlich nur einen schmalen Grat zwischen »Ich vereinfache mein Leben, indem ich mir von mehr Technik helfen lasse« und »Der ganze Technikkram ist mir zu kompliziert, ich mache es so wie immer«. War das auch ein schmaler Grat zwischen modern und altmodisch? Und wenn ja, was wollte ich sein? Es war auf jeden Fall kompliziert …

MEINE HAUT –DIE TRINKT DAS JA RICHTIG!

Selbstverständlich habe auch ich immer probiert, jung zu bleiben. Und probiere es noch. Also: nicht früh abzuhimmeln und gleichzeitig nicht verlebter auszusehen, als ich es bin. Jahrzehntelang habe ich deshalb immer Kosmetik für junge Haut benutzt. Für richtig junge Haut. Ich sag nur: bebe.

Ich war mir sicher, dass meine Haut mit Produkten für sehr junge Menschen auch jugendlich bleiben würde. Eine Pflege für »reife« Haut zu verwenden, würde meiner Haut ja signalisieren: »Du bist jetzt in einem Alter, in dem du sehr viele verschiedene Wirkstoffe benötigst.« Sie würde erschrecken und nicht zuletzt schon allein wegen des Schrecks wahnsinnig altern. Und auch, weil sie sich bewusst würde: Ach so, ich bin alt. Also immer schön weitergemacht mit der Jugendlinie von bebe.

Irgendwann habe ich mich dann aber von einer besorgt dreinblickenden Kosmetikerin überzeugen lassen, es doch einmal mit einer Creme für reifere Haut zu probieren, und, was soll ich sagen, bislang hat es mir nicht geschadet.

Die Steigerung lasse ich aber erst einmal: Für anspruchsvolle Haut. Für richtig anspruchsvolle Haut. Für extrem strapazierte, wirklich wahnsinnig anspruchsvolle Haut. Für sehr reife, gräuliche Haut, mit Anti-Absackungs-Effekt. Letztere Creme gibt's wirklich! Das ist kaum zu glauben! Und das Schlimme ist: Ich stelle mir da sofort ein Beratungsgespräch in 25 Jahren vor, wenn ich mit meinem Dackel die Drogerie betrete:

Dingdong (die Tür bei Douglas). »Guten Tag!«

»Guten Tag! Wie kann ich Ihnen helfen?«

»Ich suche eine Tagescreme.«

»Für Sie selbst?«

»Nein, für meinen Waldi hier. NATÜRLICH FÜR MICH! WOLLEN SIE MICH VERARSCHEN?«

Oh, meine Fantasie geht mit mir durch, Entschuldigung. Ich komm noch mal rein:

»Guten Tag!«

»Guten Tag! Ich suche eine Tagescreme, für mich.«

»Ah ja, kommen Sie doch mal etwas näher …«, die Verkäuferin dreht meinen Kopf ins Licht. »Sie haben ja eher reife Haut. Also, sehr reife Haut. Und gräulich ist sie, ja, so kann man das wohl, muss man es wohl sagen. In der Tat, sie ist sehr reif und gräulich. Und hier …«, sie zerrt mich mit dem Gesicht vor den Spiegel und kneift mich in die Wange, »hier sackt sie auch schon ziemlich ab. Ihre Haut. Ich empfehle Ihnen die »Golden Age von L'Óreal für sehr reife, gräuliche Haut, die ist mit Anti-Absackungs-Effekt. Toi, toi, toi, sag ich mal …« Mit diesen Worten tunkt sie einen Finger in einen Tiegel und klatscht mir Creme ins Gesicht.

»Meine Haut, die trinkt das ja richtig!«, sage ich erstaunt und verlasse den Laden.

Ich gehe nie wieder zu Douglas.

Wie kann ich meine Haut besser an der Nase herumführen (hihi, das gefällt mir: Organe aneinander herumführen) – indem ich ihr Jahrzehnte lang vorgaukle, dass sie noch jugendlich ist, oder indem ich sie schon in der Jugend so dermaßen mit Nährstoffen für die reife Haut vollpumpe, dass sie gar nicht auf die Idee kommt, älter zu werden und »abzusacken«?

Und: Hilft nicht vielleicht doch Photoshop noch viel besser als irgendeine Creme?

Außerdem hätte mir mal jemand sagen müssen, dass ich die »Maske für einen strahlenden, jugendlichen Teint« nach 20 Minuten wieder abwaschen muss! So war ich als Fiona (von Shrek) einkaufen, zur Erheiterung meiner Nachbarn. Sie fühlte sich so angenehm an auf der Haut, dass ich einfach vergessen habe, sie zu entfernen. Ich bin für Warnhinweise auf (grünen) Masken! Ab jetzt. Und kann mir mal jemand erklären, warum sich die Kosmetikindustrie nicht entscheiden kann, ob sie Produkte für oder gegen etwas macht? Warum ist das eine die Creme für gräuliche Haut, die andere aber für einen rosigen Teint? Ich denke, es gibt niemanden, der gerne die Gesichtsfarbe mit einer Friedhofsmauer teilt, warum heißt es dann nicht grundsätzlich »für« etwas, also etwa einen rosigen Teint?

Aber es verändert sich ja mit den Jahren nicht nur die Gesichtsfarbe – nach einer ziemlich stressigen Zeit habe ich auch meine ersten grauen Haare entdeckt. Nein, keine Nasenhaare oder im Schambereich, auch nicht irgendwo mittendrin neben den blonden Strähnchen, nein, im Kotelett-Bereich. Äh, Koteletten-Bereich. Irgendjemand spricht immer von Kottlehten, mit langem »e«, was ich komisch finde. Im Sinne von lustig. Also, ich habe von einem Tag auf den anderen silberne Kottlehten bekommen. Was soll das? Meine Falten kann ich mit einer grünen Gesichtsmaske verdecken, graue Kottlehten höchstens mit einem Stirnband, oder besser, einem Kottlehtenband. Aber dann höre ich nichts mehr.

Ich glaube, richtig alt ist man erst, wenn man aufhört, sich die Haare zu färben. Natürlich gibt es auch Frauen, die super aussehen mit grauen Haaren, wahrscheinlich würden das sogar die meisten, aber man selbst möchte das nicht. Erst einmal jedenfalls nicht. Dabei ist Grau doch eine edle Farbe, wie majestätisch kommt etwa ein Elefant daher! Wäre er orange oder blau, sähe er längst nicht so würdevoll aus. Der kleine blaue Elefant aus der Sendung mit der Maus ist doch eher putzig als hoheitsvoll, oder? Limousinen, die etwas auf sich halten, sind grau. Silberschmuck hält jung, Goldschmuck macht eher alt. Aus einem grauen Himmel fällt weißer Schnee (damit sind keine Schuppen gemeint), der graue Anzug lässt einen Mann schick erscheinen und kahle (graue) Betonwände sind der heiße Scheiß in der Architektur. Sie stehen für Eleganz, Klasse und Modernität. Bei der Haut ist das anders. Die Korat-Katze mit ihrem silber-blauen Fell gilt in Thailand als Glückskatze! Also, ab dafür! In der Vogue vom Oktober 2018 schreibt ein Hairstylist: »Der Mut zu grauem Haar, sei es natürlich oder gefärbt, zeugt von einer starken Persönlichkeit.« Also! Die Queen ist schließlich auch grau! Und: Je früher wir anfangen, unsere Haare grau zu färben, umso weniger fällt es auf, dass unsere echte Haarfarbe Grau ist. Schon für junge Mädchen ist »Grau der Klassiker der Zukunft« (Vogue), also, warum haben unsere Haare überhaupt Pigmente? Damit man uns unterscheiden kann, ja. Das sehe ich ein. Aber das ist auch das Einzige. Ich plädiere für eine neue Natürlichkeit! Irgendwann.

Jetzt färbe ich erst mal weiter. Und es juckt mich nicht, dass meine Friseurin von Mal zu Mal sagt: »Oh, du bist aber schon wieder grauer geworden!« Das ist mir egal. Schließlich ist grau elegant. Eine edle Farbe. Wie majestätisch kommt etwa ein Elefant daher! Ach so, das hatten wir ja schon …

WANDERN 2.0

Ist das so? Ist das eine natürliche Entwicklung? Dass man erst geboren wird, dann in die Schule kommt, eine Ausbildung oder ein Studium hinter sich bringt, eine Familie gründet und dann anfängt, zu wandern? Ist das wirklich bei jedem so? Oder warum stand ich mit meinem Mann bei Globetrotter vor einem Verkäufer, und wir ließen uns die verschiedenen Zonen einer Wandersocke erklären?

Schon als wir nur vor der Sockenwand, ich möchte fast sagen, mitten im Sockenparadies, standen, war ich gleichzeitig geschockt und hingerissen, und es war mir augenblicklich bewusst, dass wir nie und nimmer ohne professionelle Hilfe den Laden mit einem Paar Wandersocken verlassen würden. Jedes der circa 300 Sockenpaare sah aus wie einer dieser Monitore im Cockpit der Enterprise oder eines x-beliebigen anderen Raumschiffs, mit neongelben oder -grünen Linien, Buchstaben, Kreisen und Punkten, auf denen die Besatzung in einer ungeheuren Geschwindigkeit mit den Fingern drüberflitzte, hier drückte, da ein Quadrat aufzog, was sich akustisch durch unterschiedlich hohes Piepsen, Surren und warnendes Jaulen bemerkbar machte. Konnte man mit den Socken wohl auch Hologramme aufrufen und Ersatztriebwerke anwerfen? Gerade Letzteres wäre für uns eher ungeübte Wandersleut ja ungeheuer wichtig.

Natürlich waren Frauen- und Herrensocken getrennt angeordnet, dazwischen gab es sie auch in unisex, was ich ziemlich fortschrittlich fand.

Der Verkäufer war ein wahrer Kenner seines Fachs, ich bewunderte ihn für Vokabeln wie »gefilzte Wärmezone«, »elastischer Mittelfußbereich« und »hochfunktionelle Silberfunktionssocke«. Aha, damit man die Zonen und Bereiche unterscheiden konnte, gab es wohl die Linien und Kreise! Das waren wahrlich Hightech-Socken!

»Diese zweifädigen Merino-Socken trage ich selbst beim Nachtangeln, die verfilzen sich, also, die luftigen Frotteeschlingen verfilzen sich beim Laufen in den relevanten Zonen. Bei denen haben Sie die bestmögliche Gelenkschonung. Sehen Sie hier die Flachnaht, und, genau wie bei der 2/9er, die ich Ihnen eben gezeigt habe, ist hier an besonders kälteempfindlichen Stellen zusätzlich reine Bio-Schafwolle als Plüsch verstrickt. Was ich besonders gut gemacht finde an der Revolution-Trek-3000 ist natürlich, dass sie mit einem doppelt gelegten Elastikbund abschließt. Dadurch wird die Socke optimal auf mittlerer Wadenhöhe gehalten.«