Wer hat dem Hämmelsche de Arsch verbrannt? - Achim Steinheimer - E-Book

Wer hat dem Hämmelsche de Arsch verbrannt? E-Book

Achim Steinheimer

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Beschreibung

Ein kleines Buch mit reichlich privaten Kindheitserinnerungen einer gutbürgerlichen Rheingauer Durchschnittsfamilie in den Wirtschaftswunderjahren dieser Republik, in der die Erinnerung an den vergangenen Weltkrieg und die Währungsreform auch noch bei jungen Eltern präsent war und Kinder der Nachkriegszeit ohne Entbehrungen aufwachsen sollten.

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Seitenzahl: 104

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Ähnliche


Für Marco

Inhaltsverzeichnis

De aahle Woi

Ritter Maus

Autonarretei

Das neue Anzügelchen

Lederhosen, der Jugendtraum …

De neie Lodenmantel

Der Einbrecher

Der offene Wagen

Versteckspiel

Des Fräulein zwerchenibber

Der Melissengeist

Der Hörtest

Der Segen kam von hinten

Wer hot dem Hämmelsche de…

De Onkel Carl

Die Hedwig Tant´

Fassenacht

Fußball WM

Die Katz stinkt

Hurra ein Hund

Tante Sophie

Der neunzigste Geburtstag

Ich werd´ Feuerwehrmann

Der Schwetzinger Schlosspark …

Des Provisorium

Die Kriminalpolizei

Pesto Rosso

Moral ist ……

Vorwort

Dieses kleine Büchlein enthält einige spontan niedergeschriebene Anekdoten des täglichen Lebens einer Deutschen Durchschnittsfamilie, deren bereits etwas reiferer Sohn als bekennender familienpolitischer Blindgänger, also kinderlos, diese Geschichten wenigstens für seinen Neffen erhalten will. Die Geschichten sollen ein klein wenig Heiterkeit ins Leben bringen, den Leser mit einem Schmunzeln einschlafen und ihn nach dem Aufstehen mit einem lächelnden Blick auf das Buch in den Tag starten lassen.

Denn wie Curt Götz in seinem berühmten „Hiob Prätorius“ bereits schrieb, ist Humor eine nicht erlernbare Eigenschaft, die jede Menge Herzensgüte verlangt.

Aber vielleicht lässt sich ja zuweilen hiermit etwas Humor wecken.

Denn wer kennt die täglichen Schrecksituationen nicht.

Ich erinnere mich noch an mein erstes Buch. Spontan und schnell geschrieben, weil die Gedanken nur so in die Finger flossen. Mehrfach Korrektur gelesen und ins Lektorat zur letzten Prüfung. Ab zum Verlag. Ein Korrekturabzug kam nicht, ausgerechnet dieses Buch ging gleich in Druck. Die Leseexemplare kommen und ich schlage auf und sofort fällt mir ins Auge, dass im Vorwort vor einem „und“ bereits eine 2 gedruckt war und dieses zu einem „2und“ verunstaltete. Das führt beim Autor natürlich gleich zu Schnappatmung mit akuter Luftnot. Weitere Fehler, die dann entdeckt wurden, fördern das Bewusstsein, dass vom falschen Datenträger eine nicht lektorierte Datei übertragen wurde und jetzt die komplette erste Auflage „verhunzt“ ist; führen den gestandenen Mann dann kurz vor den Infarkt. Aber wie will ein Autor sich in dieser Situation bei seinen Lesern entschuldigen, außer mit einer korrigierten Auflage und einer Anmerkung im Vorwort? Wird ein Kunde dann dieses Buch noch einmal kaufen. Chancenlos, die Blamage ist geschehen und es ist nur mit Humor und einem Schmunzeln zu ertragen wie der heimliche unkontrollierbare Pups in feiner Gesellschaftsrunde für den niemand verantwortlich zeichnet, den niemand bemerken will und der dann doch die Runde auseinander treibt.

Passiert ist passiert. Also lächeln wir drüber. So manches im Weltgeschehen ist schlimmer zu ertragen, als das, was als Panne in unserem Alltag passiert. Der Rheingauer hat hier ein klassisches Motto: „ Eh isch misch uffresch, iss mers ehnder egal!“ Und sind wir ehrlich, jede noch so schlimme Panne hat irgendwo auch ein entsprechendes Maß an Situationskomik. Take it easy.

Alles Gute un´ viel Humor im Lebe!

Ihne Ihrn

Achim Steinheimer

De aahle Woi

… Anfang der Sechziger geboren zu sein, als Wirtschaftswunderkind, war nicht immer einfach, erst recht nicht das Leben als Erstgeborener einer aufstrebenden Beamtenfamilie. Es war die Zeit, in der der Haushalt modern und perfekt organisiert sein sollte. Die Zeit nach dem Krieg wollte es den jungen Frauen leicht machen.

Die Emanzipation war noch nicht fortgeschritten. Ohne die Zustimmung des Ehemannes war der jungen Ehefrau weder ein eigenes Konto noch eine berufliche Tätigkeit möglich. Kinder, Küche und Kirche waren zuweilen das einzige Glück.

Meiner Mutter widerfuhr gleiches Schicksal. Sie hatte vielleicht noch das große Glück, zur dieser Zeit zwei Berufsausbildungen beendet zu haben, eine als Friseurin und eine als Hauswirtschaftsmeisterin. Der Beruf der Friseurin brachte die Abwechslung, die Hausarbeit und das Kleinkind zuweilen die Anstrengung.

Glücklicherweise wohnten wir zu dieser Zeit bei „Tante Resl“, wie die Vermieterin genannt wurde und der Friseursalon war im Haus nebenan.

Ein gewisses Engagement war den Hausfrauen der damaligen Zeit nicht abzusprechen. Der Haushalt sollte perfekt sein, auch wenn eine Waschmaschine schon ein Luxusgut und eine Spülmaschine fast nicht denkbar war. Das Essen stets frisch und von bester Qualität und vor allem pünktlich auf dem Tisch.

Der Knabe sollte versorgt sein, der Arbeitsplatz musste stundenweise je nach Kundin bedient werden und mein Vater ebenfalls, der morgens alleine sieben Kilometer zum nächsten Bahnhof lief, um dann mit Zug und Stadtbus in der Landeshauptstadt zur Dienststelle zu fahren und des Abends wieder zurück. Nicht jeder Haushalt war zu dieser Zeit bereits mit einem Auto ausgestattet und das Sparen auf ein Eigenheim hatte bei meinem Vater einfach Vorrang.

Das Sparen führte dazu, dass die Töpfe der Mitgift Anwendung fanden und diese, in diesem Falle leider, „gute Nachkriegsware“ waren. Aus den Stahlhelmen der Soldaten gegossen - ohne Wissen über die möglichen chemischen Verbindungen von Edelstahl und Aluminium mit Lebensmitteln.

So gab es einmal Bohnen am Abend. Der verbliebene kleine Rest wurde aufgehoben, um ihn am nächsten Tag zu wärmen, denn der Junge sollte ja besser frisches Gemüse haben statt aus der Konserve, die sich langsam durchsetzte, aber noch immer nicht den heutigen Zuspruch fand. Immerhin wurde darauf geachtet, insbesondere in kleinen Ortschaften, was wer einkaufte und man wollte doch bitte nicht Gegenstand des Dorftratsches sein.

So wurde am nächsten Tag das Bohnengemüse im kleinen Alutopf aufgewärmt und mit frischen Kartoffeln vermischt, damit der kleine Mann auch bestens ernährt war. Proper war er ohnehin und auch das war ein Zeichen des Wohlstandes. Dürre Kinder waren nach dem Krieg unter den Müttern nicht gern gesehen.

Und der Teller wurde immer leer gegessen, egal wie.

Das Aufwärmen von Bohnen im Alutopf ohne Emaillierung führt infolge der Blausäurebildung, die für einen Erwachsenen noch bekömmlich und vertretbar ist, bei einem Kleinkind, das gerade feste Nahrung zu sich nehmen kann, zu extremen Durchfällen, die zu allen Zeiten Mütter in Angst und Schrecken versetzen. So waren meine Durchfälle auch in der Heftigkeit nicht zu überbieten und in der Dauer nicht zu bremsen, sodass auch der örtliche Hausarzt, ein Herr mittleren Alters, der sein Dasein als Landarzt sehr genau nahm, leicht verzweifelte.

Nach einigen Tagen wurde eine Stuhlprobe an ein Labor geschickt.

Nebenan, als Senior der Damen des Frisiersalons in dem kleinen Dorf, wohnte Opa Kreis. Nicht mein wirklicher Opa, aber aufgrund seiner fürsorglichen Art in Verbindung mit seinem Alter und dem Wohlwollen auch meiner Mutter gegenüber, einfach so genannt. Insbesondere zu seiner Freude.

Er hörte sich die geäußerten Sorgen mit Ruhe an und bat, im klassischen Rheingauer Dialekt, „Bring mir den Bub a mo ribber“ (Bitte den Jungen einmal zu mir bringen).

In der Zwischenzeit ging er, mit seinem bekannten ruhigen Gang in seinen Weinkeller, den er als Winzer besonders hütete.

Den Erzählungen zufolge holte er eine besonders alte Flasche Riesling, die er behutsam öffnete und erst einmal atmen ließ.

Aus dem Wohnzimmer, „de gut Stubb´“, holte er einen silbernen Teelöffel, den er eine Weile in kochendes Wasser hielt und dann abkühlen ließ.

Jede halbe Stunde flößte mir dieser sympathische alte Mann einen Teelöffel dieses Rieslings ein. An den Geschmack erinnere ich mich nicht mehr, wohl aber, aufgrund der Erzählungen, immer dankbar an Opa Kreis und an das sich wohl kurzfristig einstellenden Wohlbefinden, das sogar den Hausarzt verblüffte und zu seiner Verwunderung beitrug.

Tage nach der Genesung des kleinen Mannes, zur Freude des gesamten Umfeldes, wurde vom Labor die Blausäurevergiftung bestätigt.

Dieser Laborbericht brachte meiner Mutter neue Töpfe, allesamt innen mit Email beschichtet, damit so etwas nicht wieder passieren konnte.

Ritter Maus vom Backhaus

… Meine Eltern, ein knappes Jahr verheiratet mit einem kräftigen Säugling gesegnet, lebten in einer kleinen Höhengemeinde des Rheingaues über einer Bäckerei. Mitten im Ort, zwischen klassischen kleinen Läden, Gasthäusern und Weingütern. Morgens vom Duft frischer Brötchen und anderen Backwaren geweckt, die Lebhaftigkeit im Haus durch die Kunden und Lieferanten und vor allem das herzliche Verhältnis zu den Vermietern. Später waren diese für mich Tante Hedwig und Onkel Heinz, weil unsere Familie auch so wenig mit dem männlichen Namen Heinz oder Heinrich gesegnet ist.

Es war eine Zeit, in der das Wirtschaftswunder so richtig die junge Republik belohnte und viele Wünsche junger Paare in greifbare Nähe rückten. Die Damen waren auch tagsüber schick und die Herren gingen in modischen Nyltesthemden, einem neuen, rein synthetischen Material der chemischen Industrie, in weiß, maximal gelb ins Büro.

Es war auch die Zeit, in der die Damenwelt diese komischen, orthopädisch nun überhaupt nicht vertretbaren Slipper mit Absatz und nur einem Lederstreifen, verziert mit Schleifchen und Schlöppchen, trugen, die nur durch das Krallen der Zehen am Schuh haften blieben und so den besonderen Gang der holden Weiblichkeit in dieser Zeit formten, sofern die Figur noch keine Wirtschaftswunderfigur war. Dann waren auch diese zierlichen Schlupfdingens nutzlos.

An einem sonnigen frühen Morgen, an dem sich die gute Laune der Natur nicht nur auf den Himmel, sondern auch auf Mensch und Natur erstreckte und jedes Pflänzchen und jede Amöbe zu lächeln schien, ging eine kleine Maus aus der Backstube heimlich auf Wanderschaft in eben diese verlockende Natur.

Im zweiten Stockwerk eines zentral gelegenen Hauses war eine junge Mutter dabei, ihre Hausarbeit zu machen, solange der Wunschknabe gesättigt und gewickelt war und daher ruhig schlief.

Alle Türen und Fenster waren auf, damit die frische Luft die Wohnung und die Gesundheit der Bewohner durchwehte und den Geist für größeres frei machte, wenn da nicht ausgerechnet durch die vielen Öffnungen etwas Kleines den Weg gefunden hätte. Nein, kein weiterer Nachwuchs, sondern die kleine graue Maus aus der Bäckerei, die sich aus dem mehlbestäubten Quartier in die große Welt aufgemacht hatte, um diese mit kleinen braunen Augen zu erkunden.

Kein Kater hatte diesen kleinen Ritter Maus vom Backhaus in seinem Streben nach oben aufgehalten, als dieser unter den Möbeln der sechziger Jahre so einher wanderte, die ja noch auf Füßen standen und seine Informationen durch die kleine Nase und die großen Ohren sammelte.

Bis plötzlich ein, auch für Menschen, ohrenbetäubender, spitzer weiblicher Schrei in einem Diskant durch das Haus ertönte, der an die blutrünstigsten Horrorfilme der damaligen Zeit erinnerte. Denn es gehörte sich so, dass Damen von Welt und solche, die glaubten welche zu sein, sich vor Mäusen zu fürchten hatten.

Das Haus lief zusammen. Der schnellste war Onkel Heinz, in seiner karierten Bäckerhose und dem Handfeger in der Hand, mit dem er die Brote im Backofen mit etwas Wasser zu bestreichen gedachte.

Das Bild das sich ihm bot, ließ ihn erst einmal lachen. Meine Mutter stand, in Kittelschürze über der Tagesgarderobe, in den bereits beschriebenen Slippers, xbeinig mit einem Säugling auf dem Arm zentral in der Küche, auf dem Küchentisch und war kaum zu beruhigen. Dieses klassische „iiiihhhhhh“ der holden Weiblichkeit beim Anblick von Mäusen, insbesondere den allseits bekannten deutschen Riesenexemplaren hat sich bis heute gehalten.

„Eine Maus“ war dann die Erklärung, dramatisch untermalt mit einer Armbewegung in die Richtung, in der unser mutiger Ritter vom Backhaus in Verwunderung verharrte und wohl die Menschen so gar nicht verstand.

Noch in seiner Verwunderung verharrend, ereilte ihn, den kleinen Ritter Maus vom Backhaus, der frühe Forschertod durch einen Handfeger in der Hand des Bäckermeisters, der in unserem kleinen Ritter ja auch nur Ungeziefer sah.

Klassisch über den Müll entsorgt, war jetzt der Zeitpunkt gekommen, dem Schreihals die Hand zu reichen, um diesem samt Nachwuchs über den Stuhl als Tritthilfe aus den höheren Gefilden einer Küche wieder auf den Boden zurückzuholen.

Familienfeiern und Beerdigungen, die in unserer Familie immer die lustigsten Feiern sind, gerade wegen solcher Erinnerungen, halten diese Geschichte auch mehr als fünfzig Jahre danach frisch und jung am Leben. - Nur die arme Maus nicht!

Autonarretei

… Heranwachsende Knaben orientieren sich häufig an ihrem Umfeld oder sind auf Interessen, die irgendwann geweckt werden, geprägt. Üblicherweise kommentiert das Umfeld dieses mit der althergebrachten Weisheit „Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“. Er fällt ja vielleicht nicht weit, aber je nach Nivellierung des Grundstücks kann der Apfel noch ein ganzes Stück als Fallobst rollen.

So ein Kind muss wohl auch ich gewesen sein. Schilderungen zufolge waren „Mama, Papa, Auto“ meine ersten drei Worte. Nur halt in umgekehrter Reihenfolge. Die Prägung erfolgte natürlich schon im frühesten Alter, auch wenn diese nicht immer nachvollziehbar erscheint oder gar offensichtlich wird.

Die Liebe zum Auto jedenfalls kann ich nicht leugnen. Es würde jeder bestätigen, der mein bisher gelebtes Leben kennt und beobachtete.