Wer wagt, gewinnt? - Laura Martignon - E-Book

Wer wagt, gewinnt? E-Book

Laura Martignon

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Beschreibung

Risikokompetenz ist eine wichtige Grundlage von erfolgreicher Entscheidungsfindung. Kinder und Jugendliche sollten früh lernen, Risiken einzuschätzen und zu vergleichen. Doch wie nehmen sie Risiken wahr? Und mit welchen Instrumenten können Eltern und Lehrer die Risikokompetenz bei Kindern und Jugendlichen fördern? Laura Martignon und Ulrich Hoffrage erörtern anhand konkreter Entscheidungssituationen, bei denen es beispielsweise gilt, Gewinn und Verlust von Ressourcen einzuschätzen, psychologische Aspekte der Risikowahrnehmung bei Kindern. Darauf aufbauend stellen die Autoren erprobte didaktische Ansätze sowie praktische und einfache Instrumente vor, die sich zur Förderung von Risikokompetenz als nützlich erwiesen haben und mit denen Eltern und Lehrpersonen das Risikoverständnis ihrer Kinder und Schüler verbessern können. Dazu wählen sie bewusst einen spielerischen Zugang, der gewährleistet, dass die Leserschaft auf praxiserprobte "Werkzeuge" zurückgreifen kann - wie zum Bespiel auf bekannte Brett- und Kartenspiele. Das Verständnis von Risiko sowie Kompetenzen im Umgang damit können bereits ab dem 9. Lebensjahr gefördert werden. Dies hilft Kindern und Jugendlichen, sich bei Risikoabwägungen von Vorurteilen und Täuschungen freizuhalten. In diesem Buch stellen Laura Martignon und Ulrich Hoffrage den theoretischen Hintergrund und die praktischen Hilfsmittel für eine erfolgreiche Förderung der Risikokompetenz zur Verfügung.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
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Seitenzahl: 408

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Wer wagt, gewinnt?

Laura Martignon, Ulrich Hoffrage

Wissenschaftlicher Beirat Programmbereich Psychologie:

Prof. Dr. Guy Bodenmann, Zürich; Prof. Dr. Lutz Jäncke, Zürich; Prof. Dr. Franz Petermann, Bremen; Prof. Dr. Astrid Schütz, Bamberg; Prof. Dr. Markus Wirtz, Freiburg i.Br.

Laura MartignonUlrich Hoffrage

Wer wagt, gewinnt?

Wie Sie die Risikokompetenz von Kindern und Jugendlichen fördern können

Für Heiner und für unsere Familien

Prof. Dr. Laura Martignon

Institut für Mathematik und Informatik

Pädagogische Hochschule Ludwigsburg

71634 Ludwigsburg

Deutschland

E-Mail: [email protected]

 

Prof. Dr. Ulrich Hoffrage

Universität Lausanne

Faculty of Business and Economics

(Ecole des Hautes Etudes Commerciales; HEC)

Batiment Internef

1015 Lausanne-Chamberonne

Schweiz

E-Mail: [email protected]

 

Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.dnb.de abrufbar.

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Kopien und Vervielfältigungen zu Lehr- und Unterrichtszwecken, Übersetzungen, Mikroverfilmungen sowie die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

 

Anregungen und Zuschriften bitte an:

Hogrefe AG

Lektorat Psychologie

Länggass-Strasse 76

3012 Bern

Schweiz

Tel: +41 31 300 45 00

E-Mail: [email protected]

Internet: http://www.hogrefe.ch

 

Lektorat: Dr. Susanne Lauri

Bearbeitung: Angelika Pfaller, Bad Reichenhall

Herstellung: René Tschirren

Umschlagabbildung: Fotolia/MNStudio

Umschlag: Claude Borer, Riehen

Satz: Claudia Wild, Konstanz

Druck und buchbinderische Verarbeitung: Finidr s.r.o., Český Těšín

Printed in Czech Republic

 

1. Auflage 2019

© 2019 Hogrefe Verlag, Bern

 

(E-Book-ISBN_PDF 978-3-456-95726-5)

(E-Book-ISBN_EPUB 978-3-456-75726-1)

ISBN 978-3-456-85726-8

http://doi.org/10.1024/85726-000

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Diese Bestimmungen gelten gegebenenfalls auch für zum E-Book gehörende Audio­dateien.

Anmerkung

Sofern der Printausgabe eine CD-ROM beigefügt ist, sind die Materialien/Arbeitsblätter, die sich darauf befinden, bereits Bestandteil dieses E-Books.

Inhalt
Geleitwort
Danksagung
Einführung
Teil 1: Die vier Stufen der Risikokompetenz und deren Förderung
1 Risiko und Risikokompetenz
1.1 Vom Paradies zur Risikoanalyse
1.2 Kinder erzählen über Glück, Pech und Risiken
1.3 Die vier Stufen der Risikokompetenz
1.4 Risikokompetenz in der Schule
1.4.1 Motivation und Zielsetzung dieses Buches
1.4.2 Eine Warnung vor Testeritis
1.4.3 Eine Warnung vor intellektueller Frühförderung
2 Unsicherheiten und Risiken erkennen (Kompetenzstufe 1)
2.1 Aufmerksamkeit und Fokus
2.2 Irreführende Stichproben und irregeführte Schätzungen
2.3 Bestätigungsfehler, Echokammern und Filterblasen
2.4 Statistiken erheben und verwenden
3 Analysieren und Modellieren (Kompetenzstufe 2)
3.1 Die Hilfsmittel für die zweite Kompetenzstufe
3.2 Bildgitter und ihre Vorteile
3.3 Bäume und Doppelbäume
3.4 Anteile und der Vergleich von Anteilen
3.5 Absolute und relative Risikoreduktion
3.6 Merkmale im Verbund
3.7 Natürliche Häufigkeiten statt Wahrscheinlichkeiten
3.8 Das Rechnen mit Wahrscheinlichkeiten in der Oberstufe
3.9 Der Werkzeugkasten zur Analyse und Modellierung von Risiken
4 Abwägen und Vergleichen (Kompetenzstufe 3)
4.1 Von mechanischen Waagen zu mentalen Prozessen
4.2 Abwägen und Vergleichen als Grundlage für Entscheidungen
4.3 Abwägen und Argumentieren bei Kindern und Jugendlichen
4.3.1 Viele unbekannte gegen wenig bekannte Fürsprecher
4.3.2 Kleine Streuung gegen große Streuung
4.3.3 Ertrag und Risiko gegen Gesundheit und Umwelt
4.3.4 Eigennutz gegen Gemeinwohl
4.4 Ist bewusstes Abwägen typisch menschlich?
5 Entscheiden und Handeln (Kompetenzstufe 4)
5.1 Intuitives Entscheiden und Bauchgefühle
5.2 Einfache Entscheidungsregeln und Heuristiken
5.3 Komplexe Entscheidungsstrategien und Kalküle
5.4 Bauchgefühle, Heuristiken und Kalküle: Ein Vergleich
6 Spielplätze des Risikos
6.1 Alte und neue Spielplätze
6.2 Würfelspiele
6.2.1 Das Gänsespiel
6.2.2 Mensch ärgere dich nicht
6.2.3 Zwei Würfel
6.2.4 Schweinereien mit dem Schweinwürfel
6.3 Wer ist es? Oder das Risiko, Bits zu verschwenden
6.4 Schach
6.4.1 Zwei einfache Beispiele
6.4.2 Ein etwas komplexeres Beispiel
6.4.3 Risiko, Ressourcen und Persönlichkeit
Teil 2: Psychologie des Risikos und Anwendungsbereiche
7 Risikobereitschaft: Was ist das und wie misst man sie?
7.1 Wie misst man Risikobereitschaft?
7.2 Risikobereitschaft und Persönlichkeit
7.3 Risikobereitschaft in verschiedenen Lebensbereichen
7.4 Risikobereitschaft über die Lebensspanne hinweg
8 Ist Mut männlich und Vorsicht weiblich?
8.1 Risikobereitschaft bei Jungen und Mädchen
8.2 Risikobereitschaft bei Männern und Frauen
8.3 Geschlechtsunterschiede bei der Risikobereitschaft: Erziehung oder Natur?
8.4 Männer wagen, Frauen zagen – und nun?
9 Risiken im Alltag von Kindern und Jugendlichen
9.1 Risiken von Kindern einst und jetzt
9.2 Der digitale Alltag unserer Kinder und Jugendlichen
9.3 Gefahren und Risiken des digitalen Alltags
9.3.1 Das Fegefeuer der Eitelkeiten
9.3.2 Big Brother und Big Data
9.4 Digitalisierte Schule, kognitive Entwicklung und Bildung
9.5 Chancen und Risiken der Digitalisierung – eine Bilanz
Schlussbemerkung
Zu den Materialien
Referenzen
Über die Autoren
Anmerkungen

Geleitwort

„Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ – das ist das Motto der Aufklärung. Der Philosoph Immanuel Kant wollte damit sagen, dass wir Menschen beherzter und furchtloser werden sollten – uns trauen sollten, unseren Verstand ohne Lenkung durch einen anderen zu benutzen. Denn: Wissen ist ein guter Anfang, aber ohne Mut hilft alles Wissen wenig. Mut setzt voraus, dass man Angst hat, etwas zu wagen und etwas zu verlieren. Und damit sind wir beim Thema dieses Buches.

Es gibt viele unterhaltsame Bücher, aber in Wer wagt, gewinnt? kann man etwas Wichtiges fürs Leben lernen: mit Risiken informiert und entspannt umzugehen. Jedes Risiko birgt Gefahren, aber auch Chancen. Und mit diesem Buch kann man lernen, sich nicht verängstigen zu lassen. Nur, wovor soll man sich hüten und wo soll man tatsächlich ein Risiko eingehen? Um das zu bewerten, braucht man zwei Dinge: Neugierde und statistisches Denken. Neugierde ist ein göttliches Geschenk. Statistisches Denken ist eine Kunst, die jeder lernen kann.

Denken mit Zahlen haben jedoch viele Menschen nie gelernt, auch nicht alle Journalisten. So warnte eine spektakuläre Nachricht in Focus online einmal: „Hai-Angriffe: Doppelt so viele Tote wie letztes Jahr!“ Diese Nachricht verängstigte viele Urlauber, die eigentlich entspannte Ferien am Meer verbringen wollten, und sie fragten sich: Sollen die Kinder nicht mehr schwimmen gehen? Kann man es noch riskieren zu surfen? Doch die wirklich interessante Frage ist eine andere: Wie viel ist doppelt so viel? Im Jahr zuvor gab es weltweit sechs tödliche Haiangriffe; dieses Mal waren es zwölf weltweit. Das Risiko, bei der Autofahrt zum Strand zu verunglücken, ist weitaus größer. Medien machen gerne aus Mücken Elefanten (mehr Beispiele bei unstatistik.de).

Viele Deutsche fürchten sich vor Terrorismus und Attentaten. Doch ist es in Deutschland wahrscheinlicher, vom Blitz erschlagen zu werden, als einem Attentat zum Opfer zu fallen. Selbst in den USA ist es wahrscheinlicher, von einem Kleinkind erschossen zu werden als von einem Terroristen. Trotzdem sind viele Menschen bereit, unnötige Überwachung und Einschränkung demokratischer Freiheiten hinzunehmen, nur damit ihr Leben geschützt wird. Die wirklichen Gefahren liegen meist woanders, aber vor ihnen fürchten wir uns oft nicht. So lesen z.B. viele Autofahrer ihre Handynachrichten am Steuer oder schreiben sogar beim Autofahren Nachrichten. Nur weil jemand unbedingt auf seinem Handy etwas nachsehen musste, stirbt in Deutschland jeden Tag ein Mensch auf der Straße. Das Erlernen von digitaler Selbstkontrolle könnte Menschenleben retten.

Laura Martignon und Ulrich Hoffrage legen mit diesem wunderbaren Buch einen Meilenstein für eine neue, risikokompetente Generation. Ein solches Buch gibt es noch nicht. Und es ist ein innovatives Buch. Es erklärt Risikokompetenz anhand von vier Stufen, führt Bildgitter statt Venn-Diagramme ein und zeigt, wie man Bäume und Doppelbäume mit natürlichen Häufigkeiten verwenden kann. Insbesondere möchte ich auch die Ausführungen der Autoren im Schlusskapitel zu Chancen und Risiken digitaler Technologien hervorheben. Wenn sich viele Jugendliche dieses Buch zu Herzen nehmen, werden wir bald eine neue Gesellschaft mit jungen Menschen haben, die kritisch mitdenken und ihr Leben selbst in die Hand nehmen.

Gerd Gigerenzer

Direktor

Harding Zentrum für Risikokompetenz

Max-Planck-Institut für Bildungsforschung

Berlin

Danksagung

Unser erster Dank gebührt Prof. Gerd Gigerenzer. Zum einen gab er durch eine Serie von Studien, die er zusammen mit dem Zweitautor in den 1990ern durchführte, einen wichtigen Anstoß zu den hier vorgestellten Arbeiten. Zum anderen schuf er mit dem von ihm geleiteten Zentrum für Adaptives Verhalten und Kognition am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin eine wunderbare Umgebung, in der der Austausch von Ideen zwischen Psychologen, Ökonomen, Biologen, Mathematikern und vielen anderen gedeihen konnte und in der auch dieses Buch einen seiner Ursprünge hat. Ohne ihn, ohne seine Impulse, und ohne diese von ihm geschaffene Umgebung gäbe es dieses Buch nicht und so gibt es auch keinen besseren Autor für das Geleitwort. Danke, Gerd!

Die Übertragung der Laborexperimente zu den Vorteilen „natürlicher“ Informationsformate in Schulklassen nahm ihren Ausgangspunkt mit einem Projekt, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft innerhalb des BiQua Schwerpunktprogramms finanziert wurde (DFG Ma45-02). Auf der damit geschaffenen Promotionsstelle realisierte Christoph Wassner zwischen 2000 und 2003 unter der Betreuung von Prof. Rolf Biehler (damals Kassel) und der Erstautorin diverse Studien mit Lehrern und Schülern (Kap. 3). Dieses Schwerpunktprogramm der DFG wurde von Prof. Jürgen Baumert koordiniert, damals ebenfalls Direktor am MPI für Bildungsforschung. Allen drei Vorgenannten unseren herzlichen Dank an dieser Stelle.

Im Rahmen eines Teilprojekts im Schwerpunktprogramm „New Frameworks of Rationality“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Ma 45-12; koordiniert von Prof. Markus Knauff) wurde die Erstellung einer dynamischen Webseite zu vereinfachenden Repräsentationen von Information ermöglicht und im Unterricht auf Verständnis getestet. Tim Erickson hat diese Webseite (https://www.eeps.com/projects/wwg/) eigens für dieses Buch konzipiert und programmiert, und Jan Multmeier entwickelte im Rahmen seiner Dissertation als erster kindergerechte Bildgitter (beides in Kap. 3). Im Rahmen dieses Programms wurden auch die Studien über Informationssuche finanziert (Abschnitt 6.3). Prof. Sebastian Kuntze, Kollege der Erstautorin, hat ihr einen Zugang zur modernen Kompetenzforschung vermittelt. Auch hier: allen unseren herzlichen Dank.

Dem Projekt ProCivicStat (Europäisches Erasmus Projekt) und Prof. Joachim Engel, dessen Sprecher und Leiter, verdanken wir die Unterstützung bei Studien und Forschungsaufenthalten der Erstautorin, die im Zusammenhang mit diesem Buch standen. Die Universität Lausanne finanzierte einige der vom Zweitautor hinzugezogenen Korrekturleser. Unseren herzlichen Dank auch an die Gesellschaft der Didaktik der Mathematik, insbesondere dem Arbeitskreis Stochastik, für die Unterstützung des Projekts und für die Verbreitung der Resultate in der Zeitschrift Stochastik in der Schule.

Ein großer Dank gebührt den Schulen, die die Interventionsstudien ermöglicht haben: der Mühlenau Grundschule, der Rothenburg Grundschule und der Wilhelm-Leuschner Schule in Berlin, der Wilhelm Hauff Schule in Stuttgart (namentlich hervorheben möchten wir hier Karin Weißbrod), der Grundschule St.Bernhard in Bad Mergentheim, der Bruckner Schule und der Grundschule Hoheneck in Ludwigsburg, sowie der Eugen Bolz und der Silcher Schule in Kornwestheim. Ein ganz besonderer Dank geht an Tania Vogt, Lehrerin der Grundschule Hoheneck, für die inspirierende Kooperation beim Integrierten Schulpraktikum und an Anne Marie Anestis (ebenfalls Hoheneck), in deren 4. Klasse einige der hier berichteten Experimente und Interventionen realisiert wurden.

Wer es wagt, ein Buch zu schreiben, der gewinnt … leider sehr bald den Eindruck, dass dies den Fehlerteufel herbeiruft, der sich dann überall einschleichen will. Zum Glück konnten wir auf die Unterstützung vieler fleißiger und hoch motivierter Kollegen und Studenten, Freunde und Bekannten zählen, die uns halfen, die Spuren dieses ungebetenen Gastes wieder zu entfernen. Sie haben mit wachem Auge Korrektur gelesen, haben uns auf Tippfehler und stilistische Holprigkeiten aufmerksam gemacht, hatten aber auch einige wichtige Vorschläge für inhaltliche Ergänzungen. Wertvolle Hilfe zu einzelnen (in der Regel mehreren) Kapiteln kam von Hansjörg Albrecher, Rüdiger Blankertz, Berthold Klein, Dirk Laubert, Helga Maaßen, Rui Mata, Gabriele Rexroth, Udo Seeherr, Wolfgang Sichert, Heiner Uhlig, sowie Studenten des Seminars Wahrscheinlichkeiten und Risiken, welches im Wintersemester 2018 an der pädagogischen Hochschule Ludwigsburg stattfand. Besondere Unterstützung bei der Abfassung des Abschnitts über Schach (6.4) wurde uns von Heiner Uhlig zuteil. (Fast) das gesamte Manuskript haben aufmerksam gelesen, korrigiert und mit hilfreichen Kommentaren bedacht Roland Graef, Hartmut Melenk und Yasmin Schwegler. Ihnen allen unseren herzlichen Dank!

Lob und Dank auch an das Team vom Hogrefe Verlag für die gewissenhafte und professionelle Arbeit: an Dr. Susanne Lauri für die Idee zum Buch und die Gesamtleitung, Angelika Pfaller für das Lektorat, Eveline Widmer für die Bearbeitung, Lisa Maria Pilhofer für die Unterstützung bei den Abbildungen und Bildrechten und René Tschirren für die Herstellung.

Ein Buch zu schreiben hat auch seinen Preis, und den mussten nicht nur wir Autoren, sondern auch unsere Partner und Familienmitglieder zahlen, sei es bei der (hierdurch eben doch nicht immer gemeinsamen) Freizeitgestaltung oder bei der Haushaltsführung. Sie hatten allen Grund, auf dieses Buch eifersüchtig zu sein und so danken wir ihnen für ihre Geduld, ihr Mittragen und ihr Verständnis.

Zuletzt – und damit an prominenter Stelle – möchten wir den Kindern danken, mit denen wir zusammenarbeiten durften. Durch ihr Mittun im Unterricht und durch das, was wir daran beobachten konnten, halfen sie uns maßgeblich, die hier vorgestellten Konzepte und Methoden zu validieren und zu verbessern. Vor allem aber motivierten sie uns auch: Ihre Begeisterung, Neugierde und Weltoffenheit war ansteckend. Kinder sind ein Geschenk des Himmels und sie bringen Frische und Freude in die Welt der Erwachsenen. Kinder haben viel zu gewinnen, aber auch viel zu verlieren bei ihrem Gang in diese Welt. Wir Erwachsenen sollten niemals die Verantwortung unterschätzen, die uns auferlegt ist, wenn wir sie dabei begleiten dürfen.

Einführung

Wage ich es, mit dem Skateboard den Hang hinunterzuflitzen? Riskiere ich es, noch schnell in die S-Bahn zu springen, obwohl die Zeit nicht mehr ausreichte, eine Fahrkarte zu lösen? Soll ich der Klasse entgegentreten, wenn sie einen armen Mitschüler mobbt?

In jeder dieser drei Situationen winkt ein Gewinn. Auf dem Skateboard können sich Kinder und Jugendliche, gleich Ikarus, den Traum vom Fliegen erfüllen und können – knapp oberhalb der Asphaltstraße – Gegenwind, Geschwindigkeit und das Gefühl der Freiheit genießen. Durch das Schwarzfahren gewinnt man Zeit, weil man nicht auf die nächste Bahn warten muss, und spart sich obendrein auch noch das Geld für die Fahrkarte. Und einem Schwachen und Bedürftigen beizustehen, hilft nicht nur diesem, sondern es stärkt, ganz nebenbei, auch den, der die Kraft zu diesem Widerstand gegen den Mob aufbringt – gerade so, wie das Stemmen von Gewichten im Fitnesscenter dem Muskelaufbau dient.

Aber in jeder dieser Situationen steht auch etwas auf dem Spiel. Beim Skateboard kann man stürzen und sich verletzen, beim Schwarzfahren kann man erwischt werden, und durch Unterstützung des Gemobbten setzt man sich der Gefahr aus, die Zugehörigkeit zur Gruppe zu verlieren. Kinder und Jugendliche müssen täglich Entscheidungen treffen, bei denen nicht nur ein Gewinn winkt, sondern die mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit auch zu einem Verlust von etwas führen können, das sie schätzen und lieben. Etwas, das man ungerne verlieren möchte, bezeichnen wir als Ressource. Das kann materieller Besitz sein, aber wir möchten auch Immaterielles darunter fassen, wie die eigene Gesundheit, die eigene Ehre, die Anerkennung seitens der anderen, die Zeit, die uns selber zur Verfügung steht, oder die Zeit, die unsere Mitmenschen uns gönnen.

Manchmal hat man Glück im Leben und manchmal Pech. Da kann man oft nichts machen. Doch in der Regel widerfährt einem Glück oder Pech nicht einfach so, sondern in einer bestimmten Situation, und die wiederum hat meist eine Vorgeschichte. Man kann es als Pech bezeichnen, dass das Auto gerade im falschen Moment aus der Querstraße kam. Aber man kann nicht sagen, dass es Pech war, auf dem Skateboard – und womöglich auch noch ohne Helm – den Abhang hinunterzufahren. Das war eine eigene Entscheidung, und die war einfach nur leichtsinnig. In solchen Situationen greift die Frage unseres Titels: Wer wagt, gewinnt? Es ist wohl nicht von ungefähr, dass das Wort „wagen“ mit „Waage“ und mit „wägen“ zusammenhängt. Bei vielen Entscheidungen gilt es, die Vorteile und die Nachteile, die Chancen und die Gefahren gegeneinander abzuwägen.

Können wir das – wir, die Erwachsenen? Wie ist es um unsere Risikokompetenz bestellt? Wann, wie und wo haben wir den Umgang mit Risiken in einer Welt voller Unsicherheit gelernt? Auch wenn wir heute in einem Teil der Welt leben, in dem es womöglich weniger Gefahren für Leib und Leben gibt als früher, so hat die Komplexität doch derart zugenommen, dass wir oft nicht wissen, was nun das richtige, das beste oder zumindest ein vertretbares Vorgehen wäre. Öfter, als uns lieb ist, müssen wir Entscheidungen treffen, ohne auch nur annähernd alle Fakten oder Konsequenzen zu kennen. Hinzu kommt, dass die Konsequenzen vieler unserer Entscheidungen nicht nur uns selber, sondern auch andere betreffen. Das ist bei vielen beruflichen Entscheidungen der Fall, aber es gilt auch für uns als Eltern. Wie soll ich mein Kind ernähren, was soll ich ihm erlauben und verbieten, und wann soll ich ihm ein Mobiltelefon schenken? Soll es ein Smartphone sein oder gerade eben zum Telefonieren ausreichen? Was sind jeweils die Vor- und Nachteile?

Aber ebenso wichtig wie die Entscheidungen, die wir für unsere Kinder treffen, ist – zumindest ab einem bestimmten Lebensalter und auf lange Sicht – wohl die Frage, wie wir genau diese Kinder und Jugendlichen darauf vorbereiten, selber unter Unsicherheit und in riskanten Situationen zu entscheiden. Mit dieser Unterscheidung können wir nun auch die beiden wichtigsten Zielgruppen dieses Buches benennen. Es richtet sich zum einen an Eltern – ja, eigentlich an alle Zeitgenossen, die mehr darüber erfahren wollen, wie sie für sich selber, für ihre Kinder, aber auch zusammen mit diesen Kindern entscheiden sollen, wenn etwas auf dem Spiel steht. Zum anderen richtet es sich an Lehrer und Lehramtskandidaten1, denen es ein Anliegen ist, bei den ihnen anvertrauten Schülern Risikokompetenz aufzubauen. Das kann eigentlich in jedem Fach geschehen, denn der Aufbau einer Kompetenz ist mehr als nur die Vermittlung eines fachspezifischen Wissens. Zum Beispiel kann die realistische Einschätzung der eigenen Fähigkeiten und Grenzen im Sportunterricht erübt werden, aber nicht nur dort, und vom Umgang mit Lampenfieber können sicher die Musiklehrer ein Lied singen, aber nicht nur diese. Insbesondere richten wir uns mit diesem Buch auch an solche Lehrer, die das Thema Risiko in irgendeiner Form explizit im Unterricht behandeln könnten. In der Grundstufe sind das in erster Linie die Klassenlehrer und in der Sekundarstufe die Lehrer der Fächerverbunde, bei denen Mathematik, Biologie und Geografie zusammengefasst werden.

Wie soll man Kindern und Jugendlichen Risikokompetenz vermitteln und wie machen wir dies im vorliegenden Buch? Nun, anders als Daidalos. Der war zwar ein genialer Erfinder, aber als Didaktiker hat er kläglich versagt. Nachdem er für sich und seinen Sohn Ikarus Flügel gebaut hatte, um von der Insel Kreta fliehen zu können, belehrte er ihn, dass er weder zu hoch noch zu niedrig fliegen dürfe, denn sonst würde entweder die Sonne das Wachs schmelzen, mit dem die Flügel festgeklebt waren, oder die Federn würden sich mit Wasser vollsaugen. Dann flog er voraus. Zunächst zwar voller Sorgen, aber nachdem er sich vergewissert hatte, dass der Knabe seinen Anweisungen folgte, beruhigte er sich bald. So bemerkte er gar nicht, dass Ikarus durch den sicheren Flug offensichtlich leichtsinnig geworden war, die Mahnung des Vaters vergessen hatte und sich immer weiter zur Sonne emporschwang. Als Daidalos sich dann doch endlich wieder einmal umdrehte, war es schon zu spät und er konnte nur noch mit ansehen, wie sein Sohn ins Meer stürzte.

Anders als Daidalos werden wir den Leser nicht einfach nur einmal belehren und dann alleine lassen. Vielmehr werden wir ihn auf einem Weg begleiten und dabei eine bunte Mischung von Geschichten, Konzepten, Methoden, Aufgaben, Werkzeugen, Beispielen und empirischen Studien präsentieren.

Im ersten Kapitel des ersten Teils beginnen wir mit den Anfängen der Auseinandersetzung mit dem Thema Risiko. Zum einen fragen wir, wie sich im Abendland das Konzept des Risikos über die letzten Jahrhunderte entwickelt hat, und zum anderen lassen wir Kinder zu Wort kommen, die auf einer Kinderuniversität über Glück und Pech erzählt haben. Sowohl in der Menschheitsgeschichte als auch bei den Kindern werden wir Abstufungen und Fortschritte feststellen können. Ein eher intuitives Erfassen kann durch klare Konzepte abgelöst werden. Den souveränen Umgang mit diesen Konzepten kann man als Kompetenz bezeichnen. Dies führt uns, noch in Kapitel 1, zu unserem Modell der vier Stufen der Risikokompetenz. Die Stufen lauten:

Unsicherheiten und Risiken erkennen (Kompetenzstufe 1)Analysieren und Modellieren (Kompetenzstufe 2)Abwägen und Vergleichen (Kompetenzstufe 3)Entscheiden und Handeln (Kompetenzstufe 4)

In den folgenden vier Kapiteln (2, 3, 4, 5) werden wir diese vier Stufen dann jeweils einzeln besprechen. Ganz ohne Mathematik wird dies nicht gehen, denn wenn man versucht, Risiken zu quantifizieren, wird man sehr schnell auf Statistiken und Wahrscheinlichkeiten stoßen. Aber wir werden die Mathematik auf ein Minimum reduzieren und obendrein auch noch zeigen, wie man bestimmte Dinge viel einfacher darstellen kann als anderweitig oft üblich. Dabei kann, darf und soll der Leser auch selber tätig werden. Diese vier Kapitel enthalten viele Aufgaben, Werkzeuge und Beispiele, die – insbesondere in Kapitel 3 – durch eine Reihe von Apps unterstützt werden. Mit ihrer Hilfe werden verschiedene Sachverhalte visualisiert, bei denen die Parameter mit Schiebereglern dynamisch verändert werden können. Diese Visualisierung von Situationen geschieht anhand verständlicher und auch erheiternder Bilder. Zum Einstieg möge sich der Leser gleich einmal mit der Webseite „Wie lange wirst du leben“ (http://flowingdata.com/2015/09/23/years-you-have-left-to-live-probably/) beschäftigen. Unser Buch enthält also interaktive Teile und Mitmachen ist somit angesagt. Wir glauben, dass diese dynamischen Visualisierungen Eltern, Lehrern und Schülern helfen können, sich schneller mit der Materie vertraut zu machen.

Unser Anliegen ist es, die Risikokompetenz schon im Kindesalter spielerisch zu fördern. Kapitel 6 beschreibt einige „Spielplätze“ des Risikos. Dort werden wir die vier Stufen der Risikokompetenz noch einmal anhand von klassischen Kinderspielen rekapitulieren, z.B. anhand des uralten Gänsespiels, bei dem es darum geht, wer als Erster seinen Stein ins Ziel bringt, oder anhand des immer noch sehr beliebten Mensch ärgere dich nicht. In diesen Spielen begegnen Kinder verschiedenen Gefahren in einer sehr elementaren Form. Unter Anleitung entdecken sie, wie sie ihre Risiken vermindern und damit ihre Gewinnchancen erhöhen können. Risiken erkennen, analysieren, modellieren, abwägen, vergleichen und entscheiden wird erlebbar und spielerisch erlernt. Lustig soll es werden, Freude bereiten und jedes Kind soll es „spielend“ verstehen – vom intuitiven Erfassen bei den ganz Kleinen zum konzeptuellen und analytischen Verständnis bei den Älteren, mit denen man gegebenenfalls auch schon üben kann, riskante Situationen in adäquaten Modellen zu repräsentieren.

Im zweiten Teil des Buches wird die Didaktik ein wenig in den Hintergrund treten, wenn auch nicht ganz verschwinden. In den Vordergrund treten hingegen verschiedene Themen, die für einen kompetenten Umgang mit Risiken ebenfalls von Bedeutung sind. So fragen wir in Kapitel 7, wie man Risikobereitschaft messen kann und inwieweit eine derartige Bereitschaft eher der jeweiligen Situation geschuldet ist oder ob sie eher als Persönlichkeitseigenschaft aufzufassen ist. Kapitel 8 nimmt eine sehr spezielle Persönlichkeitseigenschaft in den Fokus und fragt, ob es systematische Geschlechtsunterschiede bezüglich der Risikobereitschaft gibt. Die Antwort können wir hier bereits vorwegnehmen: Ja, es gibt sie. Doch wir wollen es nicht bei dieser Feststellung belassen, sondern auch mögliche Erklärungen diskutieren. Kapitel 9 bespricht Risiken im Alltag von Kindern und Jugendlichen: Wo lauern heutzutage typische Gefahren und wie kann man ihnen am besten begegnen? Dabei fokussieren wir auf eine sehr aktuelle Entwicklung, nämlich auf den Einzug digitaler Technologie in den Alltag. Zwar stellt unsere Diskussion über Chancen und Risiken der Digitalisierung Kinder und Jugendliche in den Mittelpunkt, doch wir werden auch einen Blick über den Tellerrand des Einzelnen auf die Gesellschaft als Ganzes werfen.

Wie alle Bücher hat auch dieses eine Geschichte und die ist natürlicherweise mit den Autoren verknüpft. Seit vielen Jahren beschäftigen wir uns mit Themen wie Risikowahrnehmung, Urteilen und Entscheiden, Kompetenzerwerb, aber auch mit Geschlechtsunterschieden oder Fragen der Ethik. Insbesondere eine Reihe von Studien, die der Zweitautor und sein Chef, Gerd Gigerenzer, zu der Frage durchführten, wie man Menschen beim Umgang mit Wahrscheinlichkeiten helfen kann, spielten eine wichtige Rolle und fungierten als eine Art Initialzündung. Aber auch andere Studien zu Wahrscheinlichkeiten, Risiken und Entscheidungs-Heuristiken aus dem Zentrum für Adaptives Verhalten und Kognition, an dem wir beide zwischen 1995 und 2003 arbeiteten (zunächst am Max-Planck-Institut für psychologische Forschung in München und dann am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin), flossen in dieses Buch hinein.

Die Erstautorin hat sogleich das Potenzial dieser Studien für eine Verbesserung des Unterrichts an Schulen erkannt und mit dem ihr eigenen Enthusiasmus erste Schritte in dieser Richtung unternommen. Mit ihrer Berufung auf eine Professur für Mathematik und deren Didaktik an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg im Jahre 2003 konnte sie dann ihre Bestrebungen intensivieren, die erlangten Einsichten in die Welt der Mathematikdidaktik einfließen zu lassen. Alleine, aber auch zusammen mit ihren Kollegen Rolf Biehler (früher Kassel, heute Paderborn), Joachim Engel (Ludwigsburg), Stefan Krauss (Regensburg), Sebastian Kuntze (Ludwigsburg), Doktoranden und Lehramtsstudenten realisierte sie sowohl in der Grundschule als auch in der Sekundarstufe zahlreiche Studien, um die erleichternde Wirksamkeit der von uns zuvor entdeckten Methoden auch bei Kindern und Jugendlichen zu testen. Durch diese Arbeiten schälte sich auch langsam das vierstufige Modell zur Entwicklung der Risikokompetenz heraus, welches wir in dieser Form erstmalig in diesem Buch vorstellen. In diesem Zusammenhang hat die Erstautorin auch, zusammen mit Tim Erickson, die dynamische Webseite konstruiert, die wir in Kapitel 3 besprechen werden und die als interaktive Lehrlernumgebung verwendet werden kann – für Leser dieses Buches, aber auch für Schüler im Unterricht. Aus all diesen Aktivitäten entstanden viele Veröffentlichungen, die schließlich zur Einladung des Hogrefe–Verlags führten.

Als Koautor lud die Erstautorin ihren Freund und Kollegen Ulrich Hoffrage ein, seit 2004 Professor für Entscheidungstheorie an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Lausanne (Schweiz). Sie wusste, dass er mit seiner Erfahrung als Psychologe, mit seiner philosophierenden Ader, mit seiner Kreativität und seinem Sinn für Ordnung dem Buch eine gute Struktur, einen roten Faden und Tiefe geben würde. Er hat die Federführung übernommen und dieses Buch in die hier vorliegende Fassung gebracht. Die Erstautorin war von dem Ergebnis begeistert und so sprechen wir mit einer Stimme. Bei der Festlegung der Autorenreihe haben wir beschlossen, der Positionierung dieses Buches im Fachgebiet der Erstautorin und der Vorgeschichte an den Schulen mehr Gewicht beizumessen als dem aktuellen Schreibprozess.

Nun möchten wir diese Einführung mit einer kurzen Antwort auf die Frage beschließen, die wir im Titel dieses Buches gestellt haben: Wer wagt, gewinnt? Das Fragezeichen ist uns wichtig. Ohne dasselbe könnte man meinen, wir wollten zum Draufgängertum aufrufen. Nichts läge uns ferner. Doch auch übertriebene Vorsicht oder gar Feigheit per se halten wir für nicht erstrebenswert. Mit der Zurückweisung der beiden Extreme können wir uns einmal mehr auf die Sage von Daidalos und Ikarus beziehen. Der tollkühne Höhenflug des Ikarus endete tödlich. Aber wäre er umgekehrt zu tief geflogen – etwa in dem Bestreben, der Sonne möglichst fernzubleiben –, so hätte auch dies sein Verderben bedeutet. Für Ikarus kam es also darauf an, die goldene Mitte zu halten (in Kapitel 7 werden wir eine Aufgabe vorstellen, bei der das rechnerisch optimale Ergebnis genau diese Idee widerspiegelt). Aber ist das auch bei jeder Aufgabe so? Und selbst wenn ja, wo genau liegt sie denn dann – die goldene Mitte? Genau hier ist Risikokompetenz gefragt, und dies ist auch schon unsere Antwort auf die Titelfrage. Wir geben sie in Form eines kleinen Merkspruchs zum Besten:

Was soll man machen, bei riskanten Sachen?

Soll man wagen? Soll man zagen? Nun, wir sagen:

Panik vermeiden und kompetent entscheiden.

Und damit wünschen wir den Lesern viele interessante Entdeckungen und viel Vergnügen beim Mitmachen auf unserer Reise durch die Welt des Risikos.

Ulrich Hoffrage und Laura Martignon

Lausanne und Ludwigsburg, Dezember 2018

Teil 1

Die vier Stufen der Risikokompetenz und deren Förderung