What Is It Like to Be a Bat? / Wie ist es, eine Fledermaus zu sein? (Englisch/Deutsch) - Thomas Nagel - E-Book

What Is It Like to Be a Bat? / Wie ist es, eine Fledermaus zu sein? (Englisch/Deutsch) E-Book

Thomas Nagel

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Beschreibung

Radikal, provokativ und erhellend zugleich: Nagels berühmter Essay von 1974 ist einer der am häufigsten zitierten philosophischen Aufsätze des 20. Jahrhunderts:  Fledermäuse haben Erfahrungen von sich und der Welt, die uns Menschen sehr fremd sind. Diese Erfahrungen sind jedoch eine subjektive Realität, die sich nicht vollständig auf objektiv erforschbare Vorgänge in Organismus, Gehirn und Nervensystem reduzieren lässt: Letztlich geht es Nagel in seinem Text also um das sogenannten Leib-Seele- bzw. Gehirn-Psyche-Problem beim Menschen bzw. eine prinzipielle Kritik am neurowissenschaftlichen Reduktionismus.  Der Übersetzer Ulrich Diehl erläutert die besondere Bedeutung und die Wirkungsgeschichte dieses philosophischen Klassikers.

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Thomas Nagel

What Is It Like to Be a Bat?Wie ist es, eine Fledermaus zu sein?

Englisch / Deutsch

Übersetzt und herausgegeben von Ulrich Diehl

Reclam

RECLAMS UNIVERSAL-BIBLIOTHEK Nr. 962203

2016, 2023 Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

 

Der Abdruck des englischen Textes und die Übersetzung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Thomas Nagel und der Zeitschrift The Philosophical Review.

 

Covergestaltung: Cornelia Feyll, Friedrich Forssman

Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Made in Germany 2023

RECLAM, UNIVERSAL-BIBLIOTHEK und RECLAMS UNIVERSAL-BIBLIOTHEK sind eingetragene Marken der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

ISBN978-3-15-962203-3

ISBN der Buchausgabe 978-3-15-014420-6

www.reclam.de

Inhalt

Wie ist es, eine Fledermaus zu sein?

What Is It Like to Be a Bat?

Zu dieser Ausgabe

Nachwort

Zum Autor

Wie ist es, eine Fledermaus zu sein?

[7]Wie ist es, eine Fledermaus zu sein?

Das Thema ›Bewusstsein‹ macht das Leib-Seele-Problem praktisch unlösbar. Vielleicht ist dies der Grund dafür, dass die aktuellen Diskussionen über das Problem ihm so wenig Aufmerksamkeit schenken oder es offensichtlich falsch verstehen. Die letzte Welle reduktionistischer Euphorie hat einige Analysen psychischer Phänomene und psychologischer Begriffe hervorgebracht, die dazu bestimmt sind, die Möglichkeit irgendeiner Spielart von Materialismus, psychophysischer Identifikation oder Reduktion zu erklären.1 Aber die behandelten Probleme sind solche, die dieser und anderen Arten von Reduktion gemeinsam sind; was aber das Leib-Seele-Problem einzigartig macht und von anderen Reduktionsproblemen, wie z. B. von den [9]Reduktionen von Wasser/H2O oder Turingmaschine/IBM-Maschine oder Blitz / elektrische Entladung oder Gen/DNS oder Eiche/Kohlenwasserstoff unterscheidet, wird außer Acht gelassen.

Jeder Reduktionist hat seine Lieblingsanalogie aus der modernen Wissenschaft. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass irgendeines dieser mit dem Leib-Seele-Problem nicht verwandten Beispiele erfolgreicher Reduktion die Beziehung zwischen Psyche und Gehirn erhellen wird. Philosophen teilen jedoch die allgemeine menschliche Schwäche für Erklärungen von etwas Unverständlichem, anhand von Begriffen, die zu dem passen, was vertraut ist und schon recht gut verstanden wird, aber dennoch ganz verschieden ist. Das hat vor allem deshalb zu der Anerkennung fragwürdiger Erklärungen des Psychischen geführt, weil sie vertraute Arten von Reduktion zulassen würden. Ich werde zu erklären versuchen, warum die gewöhnlichen Beispiele uns nicht [436] helfen, das Verhältnis der Seele zum Körper zu verstehen – warum wir gegenwärtig in der Tat keine Konzeption von etwas haben, das eine Erklärung der physischen Natur eines psychischen Phänomens wäre. Ohne das Thema ›Bewusstsein‹ wäre das Leib-Seele-Problem weit weniger interessant. Mit dem Thema ›Bewusstsein‹ scheint es hoffnungslos zu sein. Die wichtigste und charakteristischste Eigenschaft bewusster mentaler Phänomene ist noch sehr wenig verstanden. Die meisten reduktionistischen Theorien versuchen sie nicht einmal zu erklären. Eine behutsame und gründliche Untersuchung wird zeigen, dass keine derzeit verfügbare Konzeption von Reduktion auf sie anwendbar ist. Vielleicht kann zu diesem Zweck eine neue Form von Theoriebildung entwickelt werden; aber [11]eine solche Lösung liegt, falls es sie geben sollte, in einer weit entfernten intellektuellen Zukunft.

Bewusste Erfahrung ist ein weitverbreitetes Phänomen. Sie taucht auf vielen Ebenen tierischen Lebens auf, obwohl wir nicht sicher sein können, ob sie auch schon in einfacheren Organismen vorkommt, und es sehr schwer ist, im Allgemeinen zu sagen, was Indizien für sie liefert. (Einige Extremisten waren bereit, sie sogar bei Säugetieren zu leugnen, die keine Menschen sind.) Zweifellos taucht bewusste Erfahrung in zahllosen Formen auf, die für uns ganz und gar unvorstellbar sind – auf anderen Planeten in anderen Sonnensystemen überall im Universum. Aber ganz gleich wie die Formen voneinander abweichen mögen: Die Tatsache, dass ein Organismus überhaupt bewusste Erfahrung hat, heißt erst einmal, dass es irgendwie ist, dieser Organismus zu sein. Es mag weitere Implikationen in Bezug auf die Form der Erfahrung geben; es mag sogar Implikationen bezüglich des Verhaltens des Organismus geben (obwohl ich es bezweifle). Grundsätzlich hat ein Organismus bewusste mentale Zustände dann und nur dann, wenn es irgendwie ist, dieser Organismus zu sein – wenn es irgendwie für diesen Organismus ist.

Wir können dies den subjektiven Charakter von Erfahrung nennen. Er wird von keiner der vertrauten, neuerdings entwickelten reduktiven Analysen des Psychischen erfasst. Alle diese Analysen sind nämlich mit seiner Abwesenheit logisch vereinbar. Er ist nicht in der Begrifflichkeit irgendeines explanatorischen Systems funktionaler oder intentionaler Zustände analysierbar. Diese Zustände könnten nämlich auch Robotern oder Automaten zugeschrieben werden, die sich wie Menschen verhielten, obwohl sie gar [13]nichts erlebten.2 Er ist [437] aus ähnlichen Gründen nicht in der Begrifflichkeit der kausalen Rolle analysierbar, die Erlebnisse in Beziehung auf typisch menschliches Verhalten spielen.3 Ich leugne weder, dass bewusste psychische Zustände und Ereignisse Verhalten verursachen, noch, dass man sie funktional charakterisieren könnte. Ich leugne nur, dass Derartiges eine vollständige Analyse ergibt. Jedes reduktionistische Programm muss auf einer Analyse dessen beruhen, was reduziert werden soll. Wenn die Analyse etwas auslässt, wird das Problem falsch gestellt sein. Es ist zwecklos, eine Verteidigung des Materialismus auf irgendeine Analyse psychischer Phänomene zu gründen, die es versäumt, sich explizit mit ihrem subjektiven Charakter zu beschäftigen. Es gibt nämlich keinen Grund zu der Annahme, dass eine Reduktion, die plausibel zu sein scheint, solange kein Versuch gemacht wird, Bewusstsein zu erklären, so ausgeweitet werden kann, dass sie Bewusstsein einschließt. Ohne irgendeine Vorstellung davon, was den subjektiven Charakter der Erfahrung ausmacht, können wir nicht wissen, was von einer materialistischen Theorie gefordert wird.

[15]Während eine Theorie der physischen Grundlage der Psyche vieles erklären muss, scheint dies das Schwerste zu sein. Es ist unmöglich, die phänomenologischen Eigenschaften der Erfahrung von einer Reduktion in der gleichen Art und Weise auszuschließen, in der man die phänomenalen Eigenschaften einer gewöhnlichen Substanz von einer physikalischen oder chemischen Reduktion ausschließt – nämlich, indem man sie als Wirkungen auf das Bewusstsein menschlicher Beobachter erklärt.4 Wenn der Materialismus verteidigt werden soll, müssen phänomenologische Eigenschaften selbst materiell erklärt werden. Wenn wir aber ihren subjektiven Charakter untersuchen, scheint so etwas unmöglich zu sein. Der Grund dafür ist, dass jedes subjektive Phänomen mit einer einzelnen Perspektive verbunden ist; und es scheint unvermeidlich, dass eine objektive physikalische Theorie von dieser Perspektive abstrahieren wird.