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JANIS REAMS HUDSON

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Beschreibung

J.D. beendet seine stürmische Liebschaft mit Kat aus Mangel an Vertrauen. Sicher will sie wie all die anderen Frauen nur sein Geld. Kat ist entrüstet - und J.D. begreift, dass er einen großen Fehler gemacht hat!

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MIRA® TASCHENBUCH

Copyright © 2017 by MIRA Taschenbuch in der HarperCollins Germany GmbH

Titel der amerikanischen Originalausgabe: Resist Me If You Can Copyright © 1996 by Janis Reams Hudson erschienen bei: Silhouette Books, Toronto

Published by arrangement with Harlequin Enterprises II B.V. / S. à r. l.

Covergestaltung: büropecher, Köln Coverabbildung: Evdokia Georgieva / Arcangel, prettyboy80 / Thinkstock Redaktion: Maya Gause

ISBN E-Book 9783955766559

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E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

1. Kapitel

Kat Comstock erwartete nicht viel, als sie sich Rangely in Colorado näherte. Zu Hause in Houston hatte ihre Nachbarin und Freundin sie gewarnt, dass es sich nur um eine schmutzige, kleine Ölstadt am Rande des Nichts handelte.

„Wir sind da durchgefahren, als wir im Sommer mit den Kindern im Dinosaurier-Nationalmuseum waren“, hatte Reva mit einer Grimasse verkündet.

„Komm schon, so schlimm kann es doch nicht sein“, entgegnete Kat.

„Nicht, wenn einen der Geruch von Salbei und Erdöl zum Frühstück nicht stört.“

Eigentlich mochte Kat den Geruch von Salbei. Und niemand, der so lange wie sie in Texas gelebt hatte, störte sich an dem Geruch von Erdöl.

„Ich kann es nicht fassen, dass du freiwillig die Stelle an dieser Schule angenommen hast.“

„Ich habe dir doch gesagt, dass ich in einer Kleinstadt leben und unterrichten will.“

„Nun, dein Wunsch wird erfüllt. Herrje, ich verwette meine Diamantohrringe darauf, dass es nicht mehr als dreitausend Leute in der ganzen Stadt gibt. Und Rangely mag zwar in den Rockies liegen, aber nicht im grünen Teil. Du wirst es dort hassen. Vor allem, nachdem du so lange in Houston gelebt hast.“

„Ich habe in Houston nicht so viel Zeit verbracht. Ich bin in meiner Kindheit von Militärbasis zu Militärbasis gezogen.“

„Rangely in Colorado ist nicht mit Westdeutschland zu vergleichen, das kannst du mir glauben.“

„Ich wette, es ist auch nicht mit West-Texas zu vergleichen.“

Reva hatte gegrinst. „Da hast du recht. West-Texas ist flacher.“

Kat lachte sie laut auf. Das Ortsschild, das sie gerade passierte, rühmte sich mit einer Einwohnerzahl von zweitausendsechshundert. Sie musste Reva schreiben, dass sie ihre Diamantohrringe behalten konnte.

Als Kat den letzten Hügel hinauffuhr und auf Rangely hinabblickte, sah sie überraschend viel Grün. Die umliegenden Hügel sowie die Berge, durch die sie während der letzten Stunden gefahren war, bestanden aus sonnengebleichtem Fels. Außer Gräsern und Pappeln am Ufer des White River hatten graugrüner Salbei und Pinien den einzigen Bewuchs dargestellt.

Doch das Erste, was sie von der Gegend um Rangely zu sehen bekam, war ein dichter Blätterwald. Der satte grüne Teppich erstreckte sich vom Fuß des Hügels aus mindestens eine Meile lang und wurde nur von dem breiten Asphaltstreifen der Schnellstraße unterbrochen.

Kat fuhr den Hügel hinab und nahm alles in sich auf. Das Rangely Motel zur Rechten war von farbenfrohen Blumen umgeben. Auf der anderen Straßenseite stand ein Zu-Vermieten-Schild vor einem kleinen Apartmentkomplex. Dann passierte Kat ein Lebensmittelgeschäft, eine Sämerei, ein Café, ein Haushaltswarengeschäft, ein Postamt, das nagelneu aussah, die Stadtverwaltung und die Bibliothek. Die ganze Straße entlang blühten farbenprächtige Blumen in hölzernen Kübeln. Über der nächsten Kreuzung hing die einzige Ampel des Ortes. Einen Block weiter sollte sie links abbiegen, um das Escalante Trail Motel zu erreichen, das sich am westlichen Stadtrand befand.

„Du hast dich gründlich geirrt, Reva. Ich liebe diesen Ort jetzt schon“, murmelte sie vor sich hin.

So sehr Kat auch darauf brannte, ins Motel zu ziehen und dann auf Ortsbesichtigung zu gehen, bog sie an der Ampel auf die Tankstelle ein. Wenn sie den Tank nicht sofort auffüllte, würde sie es später vergessen und irgendwann ohne Benzin dastehen.

Deputy Sheriff J.D. Ryan trat aus der Tür des Verwaltungsgebäudes und nahm die Sonnenbrille aus der Hemdtasche.

Neben ihm stieß sein Vater einen leisen Pfiff aus. „Sieh dir das an! Wundervoll! Absolut wundervoll!“

Mit der Sonnenbrille in der Hand blieb J.D. stehen und folgte der Blickrichtung seines Vaters zu einer schlanken schwarzen 1978er Trans Am bei der Tankstelle auf der anderen Straßenseite. „Ja, so eine wollte ich schon immer haben.“

„Ich auch, mein Sohn, ich auch“, sagte Zach. „Zu meinen Zeiten hätten wir das als ‚schnittiges Fahrgestell‘ bezeichnet.“

„Dad, General Motors bezeichnet diesen Wagen in der Werbung immer noch so.“

Zach blickte J.D. stirnrunzelnd an. „Wagen? Bist du blind, mein Sohn?“ Er schaute erneut über die Straße und seufzte theatralisch. „Ich spreche von der Frau.“

Dann sah J.D. sie neben der offenen Wagentür stehen. Nein, sie stand nicht. Sie rekelte sich. Wie eine träge Katze in der warmen Sonne. Die aufreizenden Bewegungen schnürten ihm die Brust zu. Sie war von durchschnittlicher Größe und schien überwiegend aus Beinen zu bestehen. Derart lange, nackte, seidige Beine verstießen gewiss gegen das Gesetz. Bestimmt existierte eine Landesverordnung über illegale Beine. Er musste es nachprüfen.

Und dabei sollte er auch gleich die Legalität dieser Shorts prüfen. Ihre waren weiß und unterstrichen ihre leichte Sonnenbräune deshalb ganz besonders gut.

Ihr langes blondes Haar wehte sanft im Wind, als sie sich langsam umdrehte und in seine Richtung schaute, so als hätte die Intensität seines Blickes sie angezogen. Sie schien ihn unverwandt anzustarren. Einen Augenblick lang wirkte sie verwirrt. Dann lächelte sie ihm zu.

J.D. konnte den Blick nicht von ihr lösen. Er merkte zwar, dass sein Vater etwas zu ihm sagte, aber er war zu sehr mit der Frau beschäftigt, um darauf zu achten.

Aus Verlegenheit über sein Verhalten zerrte er an seiner Hutkrempe. Seine Hand zitterte. Er unterdrückte einen Fluch. Wann hatte der Anblick einer Frau ihn zum letzten Mal derart berührt?

Er konnte sich nicht erinnern. Wahrscheinlich, weil es nie zuvor geschehen war. Nicht so schnell und auch nicht so heftig.

J.D. glaubte nicht an Schicksal oder Vorsehung. Aber irgendetwas geschah mit ihm, als er diese Fremde anstarrte. Etwas Gewaltiges. Etwas Verwirrendes. Etwas Beängstigendes. Sofern sich diese Frau nicht nur auf der Durchreise befand, würde er noch Probleme bekommen. Große Probleme.

Und wer immer sie auch war, aus welchem Grunde sie auch gekommen sein mochte, J.D. ahnte, dass sie sich eben nicht nur auf der Durchreise befand. Und er schwor sich, ihr aus dem Weg zu gehen.

Im Allgemeinen hatte er gar nichts gegen Frauen. Er kannte vermutlich alle weiblichen Wesen in der Umgebung, war mit vielen befreundet und ging sogar gelegentlich mit einigen aus. Doch er war nicht der Typ, der sich auf eine einzige festlegte. Eine ernste Beziehung kam für ihn nicht in Betracht. Mit seinen achtunddreißig Jahren fühlte er sich zu alt dazu, und außerdem war er mit seinem derzeitigen Leben viel zu zufrieden, als dass er es von einer Frau auf den Kopf stellen lassen würde.

Und die Blondine auf der anderen Straßenseite sah so aus, als ob sie liebend gern das Leben anderer auf den Kopf stellte. Sie sah aus, als wäre sie dazu geboren worden.

Ja, er wollte einen großen Bogen um sie machen. Doch er wusste, dass er in dieser Nacht von ihren langen, gebräunten Beinen träumen würde, falls er überhaupt zum Schlafen käme.

Er war der Mann, von dem sie ihr Leben lang geträumt hatte. Kat erkannte es in dem Moment, als sie ihn erblickte. Sein Blick schien sie zu durchbohren und sandte ein Prickeln bis hinab in die Zehenspitzen. Allein dieser Blick über die breite Straße hinweg erweckte Empfindungen in ihr, die so mancher ihrer Liebhaber nicht zu entfachen vermocht hatte.

Nicht, dass sie zahlreiche Liebhaber gehabt hätte. Eigentlich nur zwei, ihren Exmann mitgerechnet. Doch diesmal war sie sich ganz sicher. Der Mann mit den dunkelbraunen Haaren und dem eindringlichen Blick war der Mann, mit dem sie den Rest ihres Lebens verbringen wollte. Falls er bereits verheiratet war, konnte sie gleich ins Kloster gehen.

Kat war nach Rangely gekommen, um zu unterrichten. Doch das Schicksal schien mehr als nur Kreidestaub und Klassenarbeiten für sie vorgesehen zu haben.

Sie musterte die braune Mütze, braune Hose und Stiefel, das beige Hemd mit dem Stern über der linken Brusttasche. Nein, es war nicht die Uniform, die sie anzog, und auch nicht seine Größe. Vielleicht hatten ja die breiten Schultern und schmalen Hüften etwas damit zu tun, dass ihr der Atem stockte.

Aber nein, das wirklich Beeindruckende an ihm waren seine Augen. Aus der Entfernung konnte sie die Farbe nicht erkennen, und es war ihr auch einerlei. Er war der Mann, von dem sie schon immer geträumt hatte. Sie wusste es ebenso sicher, wie sie ihren eigenen Namen kannte.

Am nächsten Morgen kam die Maklerin wie verabredet ins Motel. Gwen Greene war Ende dreißig und einen halben Kopf kleiner als Kat. Sie hatte wilde kupferfarbene Locken, ein kontaktfreudiges Wesen und ein ansteckendes Lächeln.

„Sind Sie bereit, sich das Haus anzusehen?“

Kat mochte sie auf Anhieb. „Ich kann es kaum erwarten.“ Sie stieg in ihren Wagen und folgte Gwen das kurze Stück zur Morrison Street, an deren einem Ende ein Ölbohrturm in den Himmel ragte und am anderen ein Park mit Kinderspielplatz lag.

Gwen hielt vor einem winzigen blauen Haus. Kat parkte hinter ihr.

Das Haus wirkte kleiner als ihre Garage in Houston, doch das störte sie nicht. Das große Anwesen im Tudor-Stil, das nach der Scheidung ihr allein gehörte, war ihr nie zu einem wirklichen Heim geworden. Bill hatte es ausgesucht, so wie jedes Haus, in dem sie gewohnt hatten. „Immobilien sind mein Beruf, Honey“, hatte er stets gesagt, wenn sie Einwände gegen ein weiteres schönes, aber charakterloses Bauwerk vorgebracht hatte.

Dieses Haus jedoch besaß immerhin einen gewissen Charme. Eine riesige Ulme beschattete das halbe Gebäude und den halben Vorgarten, der von einem weißen Holzzaun umgeben war.

„Nun, was halten Sie davon?“, erkundigte sich Gwen, als sie ausgestiegen waren.

„Ich finde es niedlich.“ Es war kein Haus, mit dem sie angeben konnte, und sie wollte vermutlich nicht den Rest ihres Lebens darin verbringen, aber es gefiel ihr. Und es gehörte ihr, zumindest für die Dauer des Mietvertrages.

Gwen schloss die Tür auf und drängte Kat hinein. „Wohnzimmer, Küche, zwei Schlafzimmer und ein Badezimmer sind oben. Im Erdgeschoss befindet sich ein Arbeitszimmer, ein weiteres Schlafzimmer und ein Duschbad.“

Nach der Hausbesichtigung stellte Gwen sie den Nachbarn vor, Jane Harold auf der Nordseite und Amy Rider auf der Südseite.

Auf der Haube der Trans Am unterzeichnete Kat den Mitvertrag von sechs Monaten und stellte einen Scheck aus.

„Hier ist der Schlüssel für die Garage. Und wenn Sie einen Staubsauger oder Ähnliches brauchen, bevor Ihre Möbel eintreffen, dann sagen Sie es mir.“

Kat lächelte. „Soll das ein Witz sein? Das Haus ist makellos sauber.“

„Das freut mich, aber sagen Sie das nicht so laut. Meine älteste Tochter hat es geputzt. Wenn sie zu viel Lob hört, verlangt sie einen Bonus von mir.“

„Sie hat gute Arbeit geleistet. Wie alt ist sie?“

„Sechzehn, aber schrecklich erwachsen. Sie heißt Jill, und sie kommt vermutlich in Ihre Klasse.“

„Ich freue mich darauf, sie kennenzulernen.“

„Wenn Sie es schaffen, sie lange genug von den Jungen abzulenken, sodass sie auch etwas lernt, bin ich Ihnen sehr dankbar.“

Kat schmunzelte. „Ich werde mein Bestes versuchen.“

Als ein Wagen in die Straße einbog, blickte Gwen sich um und zog die Augenbrauen hoch. „Ich frage mich, was der mitten am Tag hier zu suchen hat.“

Kat folgte ihrem Blick zu dem weißen Ford Explorer mit der Aufschrift „Sheriff“ in schwarzen Lettern. Sie erkannte den Fahrer sofort. Es war wieder er. „Wie heißt er?“

„Oh, nein, nicht Sie auch noch!“, rief Gwen.

Kat blickte sie erstaunt an. „Was meinen Sie damit?“

„Wenn er in Flaschen füllen und verkaufen würde, was immer es sein mag, das die Frauen auf ihn fliegen lässt, dann wäre er Millionär.“

Kat gelang es nicht, ein Lächeln zu unterdrücken. „Sie kennen ihn?“

„Mein Leben lang. J.D. Ryan, Deputy Sheriff, achtunddreißig Jahre alt, ein Meter fünfundachtzig, stahlharte Muskeln, seit zehn Jahren geschieden. Zwei Kinder, die er seit der Scheidung allein erzieht. Der legendäre Frauenheld von Rio Blanco County. Er geht mit jeder ledigen Frau in der Umgebung aus, und alle beten ihn an und stellen ihm nach. Aber seit seine Exfrau Maureen ihn verlassen hat, ist es ihm mit keiner ernst, und er schwört, dass er nie wieder heiraten will. Die letzte Frau, der er nachgestellt hat, war Maureen. Habe ich seine Muskeln schon erwähnt?“

Kat grinste. „Ja, das haben Sie.“

„Wenn ich nicht glücklich verheiratet wäre …“ Gwen seufzte theatralisch. „Er ist ein toller Mann.“

„Da stimme ich zu. Aber warum wundern Sie sich darüber, dass er hier ist?“

Gwen neigte den Kopf und musterte neugierig den langsam vorbeirollenden Wagen. „Ach, eigentlich nur, weil für den Stadtbezirk nicht der Sheriff, sondern die Stadtpolizei zuständig ist.“ Sie blickte vom Deputy zu Kat und wieder zurück. „Sind Sie ihm schon begegnet?“

Kat schüttelte den Kopf. „Ich habe ihn nur von Weitem gesehen. Als ich gestern getankt habe, stand er auf der anderen Straßenseite.“

„Hat er Sie gesehen?“

„Das hat er.“

„Sieh an, sieh an“, murmelte Gwen. „Sie sind erst einen Tag in der Stadt, und er fährt im Schneckentempo an Ihrem Haus vorbei und verrenkt sich den Hals nach Ihnen.“

Kat straffte die Schultern und schaute über die Straße, gerade als der Deputy ihr einen letzten Blick zuwarf, bevor er um die Ecke bog.

„Äußerst interessant“, bemerkte Gwen.

„Du Dummkopf“, schalt J.D. sich, als er von der Morrison Street in die White Avenue einbog. Er konnte es kaum fassen, dass er tatsächlich einen Umweg gefahren war, wenn auch nur einen kurzen, um die neue Lehrerin anzugaffen und sich dabei von Gwen beobachten zu lassen.

Er blickte zur Uhr. Elf. Bis Mittag würde die ganze verdammte Stadt wissen, was er getan hatte.

Aber wer konnte es ihm verdenken? Jeder sprach von der neuen Lehrerin. Niemand kannte ihren Namen genau, aber sie hatte beim Frühstück im Cowboy Corral das heißeste Gesprächsthema geliefert, seitdem das Motel am Highway 64 vor ein paar Jahren abgebrannt war.

Das erklärte aber noch lange nicht, warum J.D. ihr nachstellte. Er fuhr niemals am Haus einer Frau vorbei in der Hoffnung, einen Blick auf sie zu erhaschen. Nicht, seit er das achtzehnte Lebensjahr überschritten und seine Hormone unter Kontrolle hatte. Und er schwor sich, es nicht wieder zu tun.

Doch schon am selben Nachmittag tat er es.

Am selben Nachmittag traf der Möbelwagen mit Kats Besitztümern ein. Ein paar Stunden später stand jedes Möbelstück im richtigen Zimmer, ebenso wie die Kartons, die sie in den folgenden Tagen auspackte.

Das Wochenende über bereitete sie sich auf ihre neue Stelle vor, und ehe sie es sich versah, war es Montagmorgen und an der Zeit, sich in der Rangely High School bei Rektor Bruce Hill einzufinden.

Er war groß, sah aus wie ein Fass mit Beinen und hatte die Angewohnheit, sich über das kahle Haupt zu streichen. Ob es in der Hoffnung geschah, mehr als drei oder vier Haare vorzufinden, oder ob er einfach vergaß, dass keine Haare mehr da waren, in die er die Finger vergraben konnte, vermochte Kat nicht zu sagen. Sein Lächeln verriet ihr, dass er gut mit Menschen zurechtkam und schnell Freundschaften schloss.

„Willkommen an der Rangely High School.“ Sein Händedruck war warm und herzlich.

Während einer kurzen Besprechung lernte Kat mehrere Lehrer, die Sekretärin und zwei Referendare kennen. Dann nahm sie ihre Aktentasche und suchte ihr Klassenzimmer auf. Der Geruch von Kreide erweckte eine Woge der Nostalgie und Vorfreude. Sie schloss die Augen und inhalierte. Es war so lange her, seit sie ihr eigenes Klassenzimmer gehabt hatte. Wusste sie nach fünf Jahren überhaupt noch, was zu tun war?

Ein Anflug von Panik beschlich sie, aber sie verdrängte das Gefühl rasch. Sie war eine gute Lehrerin gewesen und würde es auch wieder sein. Vorfreude und Eifer verdrängten die Nervosität.

Kat stand in der Tür und musterte die ordentlichen Reihen der Schülerpulte, das größere Pult, das für sie bestimmt war, den gewachsten, auf Hochglanz polierten Fliesenboden, der bereits nach dem ersten Schultag mit schwarzen Streifen von unzähligen Schuhen überzogen sein würde. Sie wusste, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte. Sie tat genau das, was sie tun wollte, statt zu tun, was ihre Eltern und Bill für richtig hielten. Es war ein wundervolles Gefühl. Endlich bestimmte sie selbst wieder über ihr Leben.

Kat gehörte einfach in ein Klassenzimmer. Die erste Woche bestätigte dieses Wissen mit jeder Schulstunde. Sie liebte es, junge Menschen zu unterrichten und zu ermuntern, für sich selbst zu denken und ihren Horizont zu erweitern. Sie liebte es, die Geschichte Amerikas lebendig werden zu lassen und auf fesselnde Weise darzustellen. Sie liebte es, die Persönlichkeiten ihrer Schüler kennenzulernen.

Gwen Greene hatte ihre Tochter gut durchschaut. Jill war äußerst gesellig und tatsächlich verrückt nach Jungen, und die meisten Jungen schienen auch verrückt nach ihr zu sein.

Die Ryan-Kinder gehörten ebenfalls zu ihren Schülern. Mike war eine jüngere Version seines Vaters, den sie bislang noch nicht kennengelernt hatte. Der Junge besaß das gleiche dunkelbraune Haar und das eckige Kinn, und seine Augen hatten die Farbe von Bitterschokolade. Er war nicht so eindrucksvoll gebaut wie sein Vater, aber er würde sich noch dahin entwickeln. Er war aufgeweckt und beliebt und stets von Mädchen umringt.

Seine Schwester Sandy hatte ebenfalls dunkelbraune Haare, die beinahe so kurz geschnitten waren wie Mikes. Doch ihre Augen waren von einem leuchtenden Blau. Sie hatte ein jungenhaftes Lächeln, eine kecke Nase und einen scharfen Verstand.

Die Ryan-Kinder gaben Kat ein Rätsel auf. Hatte Deputy Ryan nun braune oder blaue Augen?

Zwei Wochen nach Beginn des Schuljahres stand durch den Tag der Arbeit ein verlängertes Wochenende bevor. Kat konnte die Pause gut gebrauchen. Sie hatte vergessen, wie anstrengend das Unterrichten sein konnte. Abgesehen von der geistigen und emotionellen Anstrengung schmerzten ihre Füße noch lange am Ende eines jeden Arbeitstages. Sie musste sich angewöhnen, mehr zu sitzen und weniger im Raum umherzugehen.

Bislang war sie zu beschäftigt gewesen, um sich einsam zu fühlen. Doch die Vorstellung, dass alle Leute um sie her den Feiertag mit der Familie verbrachten und Picknicks und Ausflüge veranstalteten, erweckte in ihr ein Gefühl der Isolation.

Das war jedoch nichts Neues für sie. In Houston hatte sie zwar viele Bekannte, aber niemanden, mit dem sie die Feiertage hätte verbringen wollen, und das traf auch auf ihre Eltern zu. Sie verübelten ihr immer noch die Scheidung von Bill vor zwei Jahren und hielten es für eine große Dummheit, dass sie ihre Anstellung als Rektorin in Houston aufgegeben hatte, um wieder zu unterrichten.

„Das ist ein Rückschritt“, hatte ihre Mutter erklärt. „Unterrichten ist etwas, von dem man aufsteigen sollte, und dann sollte man nicht wieder darauf zurückkommen müssen.“

Kats Vater störte weniger, dass sie wieder unterrichten wollte. Ihn störte der Ort. „Wenn du unbedingt unterrichten willst, warum musst du dann so weit weggehen? Was gefällt dir denn an Houston nicht?“

„Es ist zu groß“, hatte Kat erklärt. „Ich will in einem Ort wohnen, wo jeder jeden kennt. Ich will ein geruhsameres Leben. Ich will mich auf den Unterricht konzentrieren können, anstatt mich ständig sorgen zu müssen, wie viele meiner Schüler bewaffnet oder drogensüchtig sind.“

Ihre Argumente waren auf taube Ohren gestoßen. Es schockierte ihre Eltern, dass sie ihre Wünsche missachtete. Sie verstanden es nicht und billigten es auch nicht.

Nein, Kat störte sich nicht an der Abgeschiedenheit des Ortes. Dennoch konnte es sich als recht lustig erweisen, am Montag zum Septemberfest im Park am Ende der Straße zu gehen.

Und wenn ihr dort nicht endlich Deputy Sheriff J.D. Ryan über den Weg lief, den sie bislang nur flüchtig von Weitem gesehen hatte, dann musste sie es auf anderem Wege zu einer Begegnung kommen lassen.

2. Kapitel

Das Hufeisen segelte ruhig durch die Luft, traf den Pfosten mit einem befriedigenden Klirren und landete mit einem dumpfen Aufprall im Sand, gefolgt von Applaus und gutmütigem Murren der Gegner.

„Zeig ein bisschen mehr Respekt vor uns älteren Leuten, Junge“, murrte Zach Ryan. „Ich will dieses Turnier gewinnen.“

„Das tust du doch sowieso meistens“, beschwerte sich J.D. „Also helfe ich dir nicht auch noch dabei.“

„Musst du nicht Viehdiebe oder Drogenschmuggler oder so was suchen gehen?“

„Du weißt genau, dass heute mein freier Tag ist. Und du hast bestimmt wieder darum gewettet, wie hoch du mich schlagen wirst.“

Zach errötete schuldbewusst, währen die Umstehenden johlten.

J.D. wandte sich ab, um sein Grinsen vor seinem Vater zu verbergen. Er war ein glücklicher Mann. Die Sonne schien, und die Luft war warm. Er feierte den Tag der Arbeit mit Familie und Freunden im Park, er gewann beim Hufeisenwerfen, und er war völlig genesen von jener seltsamen Verrücktheit, die ihn beim Anblick der neuen Lehrerin befallen hatte. Nachdem er am Tag ihres Einzugs zweimal an ihrem Haus vorbeigefahren war, hatte er sich selbst ins Gebet genommen, und zwar mit Erfolg.

Er war nicht noch einmal in Versuchung geraten, an ihrem Haus vorbeizufahren. Nur mit beiläufigem Interesse hatte er dem Klatsch über sie in der Stadt oder den Schwärmereien seiner beiden Kinder gelauscht. Er warf das nächste Hufeisen und beglückwünschte sich. In seinen Gedanken war sie nicht einmal mehr „die Blondine“, sie war nun schlicht und einfach „die neue Lehrerin“. Er war kuriert.

Dass er in der nächsten Turnierrunde gegen seinen Vater verlor und ausschied, dämpfte nicht seine Laune. Er schlenderte umher und sah Mike beim Volleyball zu. Danach klapperte er die Stände ab, kostete hier und da die Speisen und unterhielt sich mit Freunden. Wenn er den Blick des Öfteren über die Menge schweifen ließ, so tat er das, um Mike und Sandy im Auge zu behalten.

Paul Elams vierjährige Tochter Sherry lief an ihm vorbei, stolperte und fiel. Sofort erhob sie ein schrilles Wehgeschrei.

„Aber, aber, Darling.“ J.D. hob sie hoch und hielt sie in die Luft.

Ihr Geschrei verstummte abrupt.

„Hast du dir wehgetan? Ich sehe keine gebrochenen Knochen. Aber deine Gefühle sind verletzt, stimmt’s?“

Die Kleine schniefte und nickte. Mit schmutziger Hand rieb sie sich die Augen. J.D. stellte sie auf den Boden und hockte sich vor sie. „Bist du jetzt wieder okay?“

„Ich glaube schon.“

„Dann gib mir einen Kuss, Sweetheart.“

Die kleine Sherry schlang beide Arme um seinen Hals und kicherte. Dann gab sie ihm einen lauten Schmatzer auf die Wange.

„Deine Frauen werden von Tag zu Tag jünger, J.D. Nimm sofort die Hände von meiner Tochter.“

J.D. drückte Sherry und blickte zu Paul auf. „Sie ist furchtbar niedlich, Elam. Ich weiß nicht, ob du sie verdient hast.“

„Daddy!“, rief Sherry. „Ich bin hingefallen und Deputy Ryan hat mich aufgehoben.“ Sie kicherte. „Und dann habe ich ihn geküsst.“

Paul stöhnte. „Ich spüre jetzt schon, wie meine Haare grau werden.“

„Warte ab, bis sie älter ist. Du wirst einen Zaun um sie herum errichten müssen.“

Kathy, Pauls Frau, kam hinzu und nahm Sherry bei der Hand. „Komm mit mir, du kleiner Teufel. Du hast genug Schokolade auf dem Gesicht, um daraus einen Kuchen zu backen.“ Sie bückte sich und gab J.D. einen Kuss auf die andere Wange. „Danke, Deputy. Wirst du Paul helfen, wenn er in ein paar Jahren all die Jungen, die ihr nachstellen, mit einem Gewehr verscheucht?“

J.D. schüttelte den Kopf. „Das ist Pauls Problem. Ich habe selbst eine Tochter.“

„Und dein eigenes Gewehr.“

J.D. grinste. „Geladen und entsichert.“

Die Elams lachten und brachten Sherry zurück zu der Decke, die sie unter einem Baum ausgebreitet hatten.

J.D. schlenderte zum Stand der Baptisten und warf ein paar Münzen auf den Tisch. „Gib mir noch eine Limonade, Rowena.“

„Es schmeichelt mir, dass dir meine Limonade so gut schmeckt. Das ist schon der dritte Becher heute Nachmittag.“

„Beim Hufeisenwerfen zu verlieren macht durstig.“

Rowena lachte und servierte ihm das Getränk. „Dann verlier nur schön weiter. Die Kirche braucht das Geld.“

J.D. schmunzelte und spazierte weiter.

„Wow, guck dir bloß die Haare an! Sie hat sie in der Schule nie offen. Ich wollte schon immer wissen, wie lang sie sind. Wow!“

J.D. wandte den Kopf und sah, dass zwei der Gabriel-Jungen zu jemandem hinüberstarrten. Es war … die neue Lehrerin.

J.D. sah sie zum ersten Mal seit zwei Wochen. Wenn sich sein Puls ein wenig beschleunigte, war es nur natürlich. Sie sah wirklich umwerfend aus in blauen Shorts, die ihre endlos langen Beine freiließen. Und dann diese üppigen Haare, in denen der Wind spielte … Die Sonne betonte helle Strähnen in den goldenen Locken, die ihr bis zur Taille reichten.

Er lächelte Gwen an, die neben ihr ging. „Tag, Ladies.“

„Hi, J.D. Habt ihr beide euch schon kennengelernt?“, fragte Gwen die Lehrerin.

Er wusste, dass sie Kathryn Comstock hieß.

„Eigentlich nicht. Wir sind uns noch nicht vorgestellt worden.“