Wie Bienen und Menschen zueinanderfanden - Lotte Möller - E-Book

Wie Bienen und Menschen zueinanderfanden E-Book

Lotte Möller

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Beschreibung

Dominante Königinnen, streitbare Benediktinermönche, Pu der Bär und Honig-Sommeliers: Lotte Möller schildert, weshalb Bienen die Menschen seit jeher faszinieren; und weshalb sie für uns weit wichtiger und wertvoller sind, als wir gemeinhin annehmen. Die schwedische Journalistin und Hobbyimkerin nimmt uns mit auf eine Reise durch die Jahreszeiten und Jahrhunderte. Ein hinreißender Band mit mehr als 200 Abbildungen, der ein Streifzug durch die Natur und durch die Kulturgeschichte ist - aber auch eine Liebeserklärung an eine vor dem Aussterben bedrohte Tierart.

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Seitenzahl: 250

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LOTTE MÖLLER

Wie Bienen und Menschen zueinanderfanden

Ein Streifzugdurch Jahrhunderte und Jahreszeiten

Aus dem Schwedischenvon Thorsten Alms

 

Die schwedische Originalausgabe erschien 2019 unter dem Titel »Bin och människor. Om bin och biskötare i religion, revolution och evolution samt många andra bisaker« bei Norstedts, Stockholm.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

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Copyright © der Originalausgabe 2019 by Lotte MöllerCopyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2019 by btb Verlagin der Verlagsgruppe Random House GmbH,Neumarkter Str. 28, 81673 MünchenCovergestaltung: semper smile, München,nach einem Entwurf von NorstedtsCovermotiv: Science Source/New York Public Library,Tacuinum Sanitatis, Beekeeping, 11th Century;Shutterstock/Hein NouwensSatz: Uhl + Massopust, AalenISBN 978-3-641-25768-2V001

www.btb-verlag.dewww.facebook.com/btbverlag

INHALT

VORWORT

Einleitung

ERSTER TEIL

JANUAR

Eine Wintererinnerunggefolgt von einer Beschreibung der Feinde der Bienen damals und heute

FEBRUAR

Eine Erinnerung an ein Frühlingszeichengefolgt von älteren Beschreibungen des Reinigungsflugs sowie der Reaktionen der Nachbarn

MÄRZ

Die Erinnerung an einen kalifornischen Imker mit einem lockeren Finger am Abzuggefolgt vom neuesten Stand zum Vordringen der Mörderbiene

APRIL

Erinnerungen an unterschiedliche Gäste am Bienenstockgefolgt von einer Übersicht all dessen, was man im Laufe der Zeit von den Bienen meinte lernen zu können

MAI

Eine Erinnerung an einen Besuch bei Lennart und seinen Mädchengefolgt von Antworten auf die Fragen, warum Bienen stechen, wie Bienenstiche zu behandeln sind und ob Schutzkleidung nötig ist

JUNI

Die Erinnerung an einen Schwarm, der für Aufregung sorgte,gefolgt von Schilderungen von Streitigkeiten zwischen Nachbarn und dem, was man in früheren Zeiten mit Schwärmen anfing

JULI

Die Erinnerung an eine Wanderung in Yorkshiregefolgt von einem Vergleich von Heidehonig mit Kastanienhonig

AUGUST

Eine Erinnerung an eine Honigprobe und einen Honigvortraggefolgt von einer Beschreibung der heutigen Honigpanscherei

SEPTEMBER

Eine Erinnerung an eine knifflige Fragegefolgt von wiederholten Versuchen, Rudolf Steiners Bienenlehre zu verstehen

OKTOBER

Erinnerungen an Bruder Adamgefolgt von seinem Nachruhm und dem Skandal, den er nicht erleben musste

NOVEMBER

Eine Erinnerung an Parisgefolgt von einem Bericht aus Älghult

DEZEMBER

Eine Erinnerung an einen mystischen Honiggefolgt von der Kunst, den Unterschied zwischen Honig und Honig zu schmecken

ZWEITER TEIL

Beecome, Beesiness und Beedealismus

Der Bienenkrieg von Læsø

Natürliche oder artgerechte Imkerei?

NACHWORT

Zur Autorin

Bienenmuseen und Honigläden

Literatur

Register

Bildnachweis

 

Bienen zu hüten ist,

wie Sonnenstrahlen zu lenken.

Henry David Thoreau (1817–1862)

DAS WUNDER MIT DER OBLATE IM BIENENSTOCK

In den meisten älteren Kulturen ist die Biene mit der Religion und der Göttlichkeit in Verbindung gebracht worden. Im mittelalterlichen Katholizismus war sie ein Symbol für die Jungfräulichkeit. Man glaubte, die Bienen würden jungfräulich geboren, und viele erbauliche Legenden brachten sie mit der heiligen Jungfrau Maria in Verbindung. In einer dieser Legenden schluckte eine Bauersfrau die Oblate, die der Priester ihr während des Abendmahls gegeben hatte, nicht herunter, sondern versteckte sie unter der Zunge, nahm sie mit nach Hause und legte sie in einen Bienenstock in der Hoffnung, mehr Bienen und damit auch mehr Honig und mehr Wachs zu bekommen. Als aber ihr Mann und sie den Bienenstock später öffneten, stellte sich heraus, dass die Oblate sich wundersamerweise in Maria mit dem Jesuskind verwandelt hatte.

VORWORT

DIE MEISTEN VON UNS WISSEN, dass es den Bienen schlecht geht und dass die Bedrohung ihrer Art auch für unser Schicksal ernste Folgen haben kann. Aber wie war es früher? Dieses Buch handelt davon, was Menschen im Wandel der Zeiten über die Bienen gedacht haben und wie sie mit ihnen umgegangen sind sowie von vielen anderen Dingen. Zum Beispiel von Nachbarschaftsstreitigkeiten, in die auch Bienen verwickelt waren.

Das Gerüst des ersten Teils besteht aus Monatstexten, die ich in den Achtzigerjahren geschrieben habe, als ich selbst Bienen hielt. Jetzt bilden sie die Ausgangspunkte für Ausflüge in Kulturgeschichte und Literatur, Vergangenheit und Gegenwart. Im zweiten Teil des Buchs beleuchte ich die zeitgenössische Imkerei aus unterschiedlichen Perspektiven. Das Bienensterben ist ein großes Problem, aber längst nicht das einzige, mit dem Imker zu ringen haben.

Im Schwedischen sind die Begriffe biskötare (Bienenhüter) und biodlare (Bienenhalter) im Gebrauch. Den moderneren Begriff biodlare mag ich nicht, denn er suggeriert eine Übermacht des Menschen. Bienen kann man allerdings nicht zähmen. Sie folgen ihren Instinkten, nicht unseren Wünschen. Dagegen gefällt mir das respektvolle, altertümliche Wort biskötare. In der schwedischen Ausgabe dieses Buchs verwende ich beide Begriffe, da das moderne biodlare kaum zu vermeiden ist. Wie viel einfacher ist es doch hier in der deutschen Ausgabe, in der wir das Wort Imker verwenden können! Es schließt alles ein, was wir mit Bienen tun können: sie hüten, sie vermehren, sie züchten und sie halten, weil sie als Bestäuber und Honigproduzenten so nützlich sind. Oder aus purem Vergnügen.

Dabei interessiert die Frage, wie man diejenigen nennt, die sich mit Bienen beschäftigen, eigentlich nur Sprachwissenschaftler und nerdige Autoren. Für die Bienen ist sie ohne jede Bedeutung. Den deutschen Bienen geht es noch schlechter als den schwedischen, auch wenn sie Imker haben. Was uns jedoch alle angeht, ist unsere Sicht auf die Bienen. Sind sie manipulierbare Produktionseinheiten oder ein Wunderwerk der Schöpfung? Die Antwort auf diese Frage kann entscheiden, wie die Zukunft der Bienen aussieht und auch unsere eigene.

BIENENHÜTER- UND HALTER1949 konnte man sich noch biskötare (Bienenhüter) nennen, aber als der Schwedische Reichsimkerbund immer größer wurde, setzte sich biodlare (Bienenhalter) zunehmend als gängige Bezeichnung durch.

SAMUEL LINNÆUS – DER SMÅLÄNDISCHE BIENENKÖNIG

Ihren lateinischen Namen Apis mellifera, der so viel bedeutet wie »die Honig tragende Biene«, bekam die Biene von Carl von Linné. Sein elf Jahre jüngerer Bruder Samuel wies darauf hin, dass die Biene keinen fertigen Honig nach Hause trug, sondern Nektar, der anschließend weiterverarbeitet wurde. Daher sollte ihr Name Apis mellifica, »die Honig machende Biene«, lauten, doch aufgrund der Nomenklaturregeln war diese Korrektur nicht mehr möglich.

Samuel Linnæus wurde 1718 in Stenbrohult geboren. Nach dem Tod des Vaters übernahm er dessen Pfarrstelle, wurde nach einer Weile zum Propst ernannt und war ein Pionier der schwedischen Imkerei. Als sein Buch Kort men Tillförlitelig Bij-Skjötsel på egen förfarenhet och anställte försök, efter bijens egenteliga natur och egenskaper, grundad och inrättad (Kurze, aber zuverlässige Bienen-Pflege anhand eigener Erfahrung und durchgeführter Versuche, begründet und eingerichtet nach der eigentlichen Natur der Bienen) im Jahr 1768 erschien, hatte er die Bienen dreißig Jahre lang studiert. Das Buch fand großen Widerhall und ist nach wie vor lesenswert.

BIENEN IN ÄGYPTENIn der ägyptischen Mythologie entstanden die Bienen aus den Tränen des Sonnengottes Ra, die in den Wüstensand gefallen waren. Folgt man den griechischen und römischen Autoritäten, darunter Vergil, entstanden sie im Körper verwesender Stiere. Dieser Glaube wurde Bugonie genannt und hat sich bis weit über das Mittelalter hinaus gehalten. Erst im 18. Jahrhundert erkannte man, dass die Bienenkönigin sich paarte und anschließend Eier zu legen begann.

EINLEITUNG

Der Sinn der Bienen sind die Bienen.Wie das Leben. Dessen Sinn ist das Leben.

aus Bi-dur von Carl Magnus von Seth

DER RÖMER PLINIUS MEINTE, die Honigbienen seien die einzigen Insekten, die für den Menschen geschaffen worden seien, eine Ansicht, die lange Bestand hatte und auf die man gelegentlich heute noch stößt. Die Bienen gäben uns nicht nur Honig und Wachs, darüber hinaus seien sie ein Vorbild, was Fleiß, Selbstlosigkeit und effektiven Staatenbau betreffe. »Die beflügelten Äolsharfen können uns in müßigen Stunden eine vergnügliche Gesellschaft sein, führen sie uns doch zu edler Gemütsstimmung und nützlichen Betrachtungen«, schrieb der Propst Fredrik Thorelius Mitte des 19. Jahrhunderts ganz im Geiste seiner Zeit. Ebenso typisch, allerdings für eine spätere Epoche, sind die Ausführungen des Schriftstellers Jørgen Steen Nielsen aus dem Jahr 2016:

Wir bilden uns ein, dass wir die intelligentesten Wesen seien. Aber Intelligenz besteht aus vielen verschiedenen Faktoren, unter anderem der Fähigkeit, das Überleben und die Stabilität einer Gesellschaft zu sichern, indem man zuhört, zusammenarbeitet und das gemeinsame Wohl in den Mittelpunkt stellt. Wenn wir nicht in der Lage sind, in dieser Hinsicht von den Bienen zu lernen, die darin so viel mehr Erfahrung haben, verlieren wir zuerst die Bienen und dann uns selbst.

IMKEREI AUF DEM LANDDie Imkerei war früher ein natürlicher Teil der Selbstversorgung auf dem Land. Karl-Bertil und Anna Lovisa Johansson in Södra Vi bedeckten traditionsgemäß ihre Stroh-Bienenkörbe mit Hauben aus Kiefernrinde, um sie vor Regen und Unwetter zu schützen.

Die Bienen sind ebenso wenig für den Menschen erschaffen worden wie alles andere in der Natur. Allerdings haben wir uns von ihnen abhängig gemacht. Ohne ihre Produkte kommen wir notfalls aus, aber der Großteil unserer Nahrung wird aus Feldfrüchten hergestellt, die von Insekten bestäubt werden, unter anderem von Honigbienen. Trotzdem haben wir es geschafft, sie an den Rand des Aussterbens zu bringen. Wie ist es dazu gekommen?

Früher war der Landbau vielfältig und die Natur artenreich, und wohnte man auf dem Land, gehörte die Imkerei schlicht zum Alltag. Aber je mehr Heideflächen, Weiden, Ansammlungen von Preiselbeersträuchern und Siedlungen durch Fichtenplantagen ersetzt wurden, je mehr blütenreiche Wiesen unter den Pflug genommen wurden oder verbuschten, desto weiter gingen auch reiche Nektar- und Pollenquellen zurück. Das Land wurde entvölkert, die Zahl der Imker sank.

Die derzeit gängigen Monokulturen, insbesondere der Rapsanbau, geben während weniger Wochen jede Menge Nektar und Pollen, aber nichts, wovon die Bienen den Rest des Sommers leben könnten. Die chemischen Bekämpfungsmittel, die in der Landwirtschaft eingesetzt werden, erledigen nicht nur Unkraut, Pilze und Schadinsekten, sondern auch Bienen, Hummeln, Schmetterlinge und andere Kriechtiere und damit auch die Vögel, die sich von Insekten ernähren. Der Drang nach Rentabilität hat für großes Unheil gesorgt – für uns selbst wie für vieles andere, nicht zuletzt die Bienen.

Aber es regt sich Widerstand. Das Bewusstsein für die Verwundbarkeit der Bienen – und unsere eigene – ist gewachsen, unter anderem dank Maja Lundes Die Geschichte der Bienen. Das Imkerwesen hat sich in den letzten Jahren radikal verändert. Frauen, Jugendliche, Akademiker, Einwanderer – sie alle beschaffen sich Bienen in einem Umfang, der vor dreißig, vierzig Jahren, als die Imkerei alles andere als populär war, undenkbar schien. Imkerei-Anfängerkurse sind ausgebucht. Die immer beliebter werdende Stadtimkerei löst zwar das Bestäubungsproblem der Landwirtschaft und des Obstbaus nicht, erzeugt aber Interesse und Wissen. Auch haben sich Alternativen zu den gängigen Formen der Bienenhaltung entwickelt, die nicht die Honigerzeugung in den Vordergrund stellen, sondern das Überleben und Wohlergehen der Bienen. Es ist auf eine ganz neue Weise wichtig und spannend geworden, sich mit Bienen zu beschäftigen.

Dass ich in den Achtzigerjahren zur Imkerin wurde, lag allerdings weder am Honig noch an der Bestäubungsarbeit oder der Erhaltung der Bienen. Die Bienen kamen einfach zu mir. Es begann damit, dass ich als freie Radioredakteurin einen Beitrag liefern sollte, der zum Mittsommer passte. Also warum nicht etwas über Imker machen? Meine Freundin Annicka Lundquist hatte sich im Jahr zuvor für ihr Sommerhaus in Småland Bienen zugelegt und war damit die erste Imkerin in meinem Bekanntenkreis. Damals galt die Imkerei als pittoreskes Hobby, dem sich ältere Herren auf dem Land und in Kleinstädten widmeten – pensionierte Lehrer, Genossenschaftsvorsitzende, Bauern und Bahnhofsvorsteher. Imkerinnen schienen so selten wie Feuerwehrfrauen. Meine Vorstellung war, die Pionierin Annicka sowie einige Imker der traditionellen Schule zu interviewen und im Hintergrund ein bisschen Gesumm einzublenden.

Jemand gab mir den Tipp, mich an John Larsson in Klagshamn zu wenden. Jedes Mal, wenn die Polizei in Malmö alarmiert wurde, weil sich ein Bienenschwarm auf einem Balkon oder einem anderen ungeeigneten Platz niedergelassen hatte, rief der Wachhabende ihn an, und er rückte aus und kümmerte sich darum. Ich bekam John Larssons Telefonnummer, und er versprach, mich anzurufen, wenn es wieder einmal so weit war.

Das erste Mal begegnet sind wir einander auf dem Parkplatz vor dem Einkaufszentrum Mobilia. Er stand mit aufgekrempelten Hemdsärmeln und einer Baskenmütze auf dem kahlen Schädel im gleißenden Sonnenlicht und bugsierte, unterstützt von seiner Frau Inga, einen Bienenschwarm von einer Parkuhr in einen Strohkorb, und dabei erzählte er eine fantastische Geschichte nach der anderen, über Schwärme, die sie in Schornsteinen, auf Bootsmasten und in Fahnenstangen gefangen hatten. Um die beiden herum, allerdings in gebührendem Abstand, hatten sich Schaulustige versammelt.

»Stechen sie nicht?«, fragte einer der Hinzugekommenen.

»Nein«, sagte John, »Bienen und Polizisten sind die nettesten Wesen, die es gibt – solange man sie nicht reizt.«

Auf seinen Armen, am Hals, im Gesicht und sogar in den Ohren wimmelte es von Bienen, aber das schien ihm nichts auszumachen. Am wichtigsten, sagte er, sei es, die Königin in den Korb zu bekommen. Dann kämen alle anderen schnell nach.

John Larssonwar nicht nur ein Könner, was das Einfangen von Bienenschwärmen betraf. Er war auch ein großartiger Entertainer.

»Woran erkennen Sie sie?«, fragte ein keckes kleines Mädchen.

»An der Krone«, antwortete er, woraufhin Inga ihn am Ohr zog.

»Man darf doch keine Kinder an der Nase herumführen! Nein, eine Königin erkennt man an ihrem langen Hinterleib.«

Was für eine Show. Das Tonbandgerät lief, und soweit ich mich erinnere, wurde das Ganze ein gelungener Radiobeitrag, nicht zuletzt dank des Ehepaars Larsson.

Auch der Schriftsteller Lars Norén hat dazu beigetragen, mich zur Imkerin zu machen, nämlich mit seinem Roman Die Bienenväter. Der handelt zwar nicht von Bienen, sondern vom Leben in Stockholms Unterwelt, aber irgendwie bekam ich es unter einen Hut. Und mein Kontakt zu John und Inga blieb erhalten, nachdem der Beitrag gesendet worden war. Zu Lars Norén allerdings nicht, falls das jemanden interessiert.

An einem Junimorgen im Jahr darauf rief John mich an und sagte, dass ich einen Bienenkorb abholen könne, den er für mich gebaut habe.

»Bienen sind auch drin.«

Hilfe! Es waren schließlich die Imker und nicht die Bienen, die mich interessiert hatten, als ich den Beitrag zusammenstellte. Ihre Fachausdrücke – Zargen, Bruträume, Weiselkäfige, Nachschwärme, Fluglöcher – waren so schön und magisch, und sie hatten eine so wunderbare Art, über ihre summenden Freunde zu sprechen. Ich erklärte, dass ich das Geschenk unmöglich annehmen könne und dass ich im Grunde Angst vor Bienen hätte. Aber John lachte nur und meinte, dass ich ganz bestimmt von den Bienen gestochen würde, wenn der Bienenstock erst einmal in meinem Garten installiert sei. Inga und er würden mir zeigen, wie man sich um die Bienen kümmere, und wenn es Probleme gebe, brauche ich sie nur anzurufen.

Ich hatte keine Wahl. Ich fuhr nach Klagshamn und holte den Bienenstock mit seinen Zehntausenden Bewohnern, und später im selben Sommer bekam ich noch einen zweiten dazu, ebenfalls mit Bienen. Ein ganz neues Kapitel in meinem Leben nahm seinen Anfang, und obwohl ich manchmal Angst hatte, bin ich John auf ewig dankbar. Was ich alles gelernt habe! Wie man mit einem Smoker umgeht, wie man die Zellen von Königinnen, Drohnen und Arbeiterinnen unterscheiden kann, woran man merkt, dass ein Volk kurz vor dem Ausschwärmen steht, wie man die Waben entdeckelt, wie man den Honig schleudert, wie man Mittelwände montiert und einwintert.

Ich durfte auch lernen, wie Blumen und Bienen miteinander leben, und begann meinen Garten und die Umgebung mit anderen Augen zu sehen: mit dem Pollen- und dem Nektarblick. Ahorn: gut. Linde und Robinie: sehr gut. Himbeeren und Johannisbeeren: gut. Weiden und Haselbüsche: gut. Salweiden, Thymian und Lavendel: super. Perfekte Rasenflächen: wertlos, aber eine Wiese mit viel Klee und anderen sogenannten Unkräutern ist eine ganz andere Sache. John hatte recht. Meine Bienosphäre (tut mir leid, aber das musste jetzt sein) wurde erweitert, und sich aus nächster Nähe mit den Bienen zu beschäftigen wurde zu einer spannenden, wenn auch kribbeligen Erfahrung.

»Du musst sie auf dir herumkrabbeln lassen, damit sie deinen Geruch kennenlernen, dann stechen sie nur, wenn sie stecken bleiben«, ermahnte mich John.

Das wagte ich natürlich nicht. Meine Schutzausrüstung in dem Frühsommer bestand aus einem alten Bademantel, einem Imkerhut mit Schleier und Gummihandschuhen. Später besorgte ich mir einen weißen Overall, der etwas professioneller aussah.

Aber auch andere Bieneninteressierte kennenzulernen verlieh meinem Leben neue Dimensionen. Sie wissen ja, wie das ist. Hat man sich einen steifen Nacken oder einen Fersensporn zugezogen, ist die Welt plötzlich voller Leidensgenossen. Sobald das erste Enkelkind da ist, wimmelt es plötzlich um einen herum von frischgebackenen Großeltern. In meinem Fall gab es mit einem Mal überall Imker, oder zumindest Kinder oder Frauen oder Bekannte von Imkern. Gespräche, ganz gleich, ob mit Bekannten oder Fremden, landeten unweigerlich irgendwann bei Bienen oder Honig.

Meine kleine Imkereimit den Bienenkästen, die John Larsson gebaut hat.

Ich stellte fest, dass sich die Imker – ähnlich den Bienen, die sich in Völkern organisieren – in Vereinen zusammenschließen. Ich selbst trat der Södra Sveriges Biodlares Förening (SSBF, Südschwedischer Imkerverein) bei, aus dem einfachen Grund, weil auch Larsson dort Mitglied war. Der Verein war eine Abspaltung des mächtigen Sveriges Biodlares Riksförbund (SBR, Schwedischer Reichsimkerbund), gegründet aus Protest gegen die Forderung des SBR, dass der gesamte Honig aller Mitglieder im Land zu einer zentralen Abfüllstation in Mantorp, Östergötland, geschickt und dort zu einem einheitlichen schwedischen Normalhonig verrührt werden sollte. Der dunkle, kräftige Heidehonig, der weiße, feste Rapshonig, der an Pfefferminze erinnernde Lindenhonig, der cremige Himbeerhonig und der öländische Thymianhonig sollten also ihre Eigenarten nicht behalten dürfen, sondern in ein anonymes Standardprodukt verwandelt werden. Das war ungefähr genauso pfiffig, als wollte man sämtliche Weine Frankreichs – von Bordeaux bis zur Bourgogne, von der Loire bis zur Rhône – zu einem standardisierten Vin Français verschneiden.

Die Begründung des SBR lautete, dass es die Kunden verwirren könne, wenn Honige unterschiedlich aussähen und schmeckten. Der SSBF hielt dagegen, dass es ja gerade einer der Vorzüge des Honigs sei, dass er unterschiedlich schmecken und aussehen könne, je nachdem, wo die Bienen ihren Nektar geholt hätten. Außerdem sollte der gesamte Honigverkauf über den Reichsimkerbund laufen, was der SSBF als schweren Eingriff in die persönliche Freiheit betrachtete. So standen Bürokraten gegen Individualisten.1

Aus dem Protokoll der Gründungsversammlung des Südschwedischen Imkervereins im November 1955. Es wurde gefordert, dass der Schwedische Reichsimkerbund seinen Mitgliedern das Recht geben solle, ihren Honig selbst zu verkaufen und das Geld zu behalten.

Als ich Mitglied wurde, hatte der SBR in der Frage des Sortenhonigs allerdings schon ein gutes Stück nachgegeben, und der SSBF hatte seine besten Tage hinter sich. Ein paar der alten Mitglieder hatten den Verein, nachdem die Felder um ihre Bienenstöcke herum besprüht worden und ihre Bienen eingegangen waren, verlassen. Es kamen nur wenige Neue hinzu, und bei jeder Jahreshauptversammlung stieg die Anzahl der Schweigeminuten für verstorbene Mitglieder. Am Ende starb der ganze Verein, weil nicht mehr genug Mitglieder auftauchten, um die Beschlussfähigkeit der Versammlung zu gewährleisten.

Unter den Verstorbenen war auch John Larsson. Es war sehr traurig, und nicht nur seine Familie und seine zahlreichen Freunde schienen um ihn zu trauern, sondern auch meine Bienen. Es war eine alte Sitte, es den Bienen zu erzählen, wenn ihr Imker gestorben war – ansonsten würden sie widerspenstig, hieß es, oder gar selbst sterben. Ich hätte meinen Bienen sagen sollen, dass John fort war. Sie waren seine Besuche gewohnt, und tatsächlich wirkten sie unruhiger und reizbarer. Wenn ich den Rasen mähte, drehten sie durch, und an ihren Honig zu kommen war die reinste Qual.

Nach zehn Jahren gab ich die Bienen weg. Ich begann, wöchentlich zwischen Lund und Stockholm zu pendeln, und das war mit der Verantwortung für die Bienen nicht zu vereinbaren. In gewisser Weise war es der richtige Augenblick. Die widerliche Varroamilbe, Varroa destructor, die bei befallenen Bienen zu verkrüppelten Flügeln und Hinterleibern führt und damit ein ganzes Volk ausrotten kann, war noch nicht in Schweden angekommen, aber bereits mit voller Fahrt auf dem Weg hierher. Um diese Geißel musste ich mir keine Sorgen mehr machen, zumindest nicht für den eigenen Bestand. Es war schön, wieder ohne Bienen zu leben. Zumindest für eine Weile.

Irgendwann begann mir im Garten etwas zu fehlen, und ich war froh, als Rolf und Margrethe Jönsson vom Blumenladen gegenüber mich fragten, ob sie zwei Bienenstöcke bei mir aufstellen dürften, weil ihr Stand bereits voll sei. Jetzt konnte ich die Bienen beobachten, ohne die Verantwortung für sie zu tragen! Aber nach ein paar Jahren starben beide Völker, und es war vorbei mit dieser Freude. Erneut vermisste ich das Summen um die Bienenstöcke, die leuchtenden Pollenkörbchen, die die Bienen nach Hause brachten, die Freude, wenn sie am ersten Frühlingstag aus dem Flugloch kamen. Sollte ich vielleicht doch wieder mit eigenen beginnen? Es gibt eine neue Art von Beute, die Top-bar hive oder Oberträgerbeute, die jetzt, da ich nicht mehr so schwer heben kann, gut zu mir passen würde. Aber nein. Das würde nicht funktionieren. Der Verkehr vor meinem Grundstück hat in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen, und wenn schwere Fahrzeuge vorbeifahren, vibriert der Boden. Das mögen Bienen nicht. Vielleicht sind Jönssons Bienen ja deswegen eingegangen.

Stattdessen begann ich mich in die Geschichte und Kulturgeschichte der Bienenhaltung einzulesen, was sich als mindestens ebenso spannend erwiesen hat wie die Imkerei selbst, wenn natürlich auch auf andere Weise. Und was es alles gab! Schon die alten Griechen und Römer hatten über Bienen geschrieben. Die heilige Birgitta, Olaus Magnus und Carl von Linnés kleiner Bruder Samuel haben es getan, ebenso Voltaire, Réaumur, Shakespeare und Selma Lagerlöf. Und viele dieser alten Texte, nicht zuletzt die Handbücher, sind mit so viel Gefühl, Staunen und in so bildreicher Sprache verfasst, dass sie sich lesen wie reine Poesie.

»Der Weisel (=Bienenkönigin) ist eine schöne und stattliche Creatur.«

Allein eine solche Formulierung kann einem den ganzen Tag versüßen! Man findet sie in dem Gnädigen Traktat über Bienen von Mårten Triewald (1691–1747), einem der Gründer der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften, der die Dampfmaschine in Schweden eingeführt hat und ein großer Bienenkenner war.

Obwohl ich nur einen Bruchteil all dessen gelesen habe, was über Bienen geschrieben worden ist, kam ich mir nach einer Weile selbst wie eine Arbeitsbiene vor, deren Magen prall gefüllt ist. Sie fliegt nach Hause in den Stock, damit das Resultat ihres Sammeleifers zu Honig umgewandelt werden kann – ich habe mich an den Computer gesetzt, um dieses Buch zu schreiben.

ERSTER TEIL

Mittelalterliche Bienenfeinde.Manche davon sind immer noch eine Bedrohung, die Kröten allerdings kaum. Vielleicht weil sie selbst so selten geworden sind. Aus Konrad von Megenbergs Buch der Natur von 1481.

JANUAR

Eine Wintererinnerung

gefolgt von

einer Beschreibung der Feinde der Bienen damals und heute

ES SCHNEIT, und ich frage mich, wie es meinen Bienen in ihren Stöcken geht. Ist noch etwas von ihrem Winterfutter übrig? Können sie die Wärme halten? Man hat immer ein bisschen Angst. Und so ist es jedes Jahr. Der Winter ist entweder zu lang oder zu kurz. Zu mild oder zu kalt. Hört man Imkern zu, die schon lange dabei sind, gibt es an jedem Winter etwas auszusetzen. Ebenso wenig scheint es einen guten Frühling oder guten Sommer zu geben. Die sind entweder zu warm und zu trocken oder zu feucht und zu kühl.

Aber vielleicht ist das ja der Witz an der Hobbyimkerei: dass man sich immer wegen irgendetwas Sorgen machen muss, wenn auch nicht zu sehr? Das hält die wirklichen Probleme auf Abstand. Wie steht schon im Stora biboken (Das große Bienenbuch)? »Hat man Sorgen, Beschwernisse und andere Verdrießlichkeiten, dann vergisst man sie schnell, wenn der Bienenstand und dessen Pflege die volle Aufmerksamkeit verlangen.« Birgitta Stenberg ist auf derselben Spur. »Manchmal, wenn die großen Ungerechtigkeiten der Welt aus dem Fernsehen und dem Radio auf mich zustürzten, halfen mir die Bienenvölker. Ich linderte meine Qual, indem ich zu den Stöcken mit ihren Bienenreichen hinausging.«

BIRGITTA STENBERG (1932–2014)

ist vor allem bekannt für ihre gewagten autobiografischen Bücher. Aber sie hielt gemeinsam mit ihrem Mann Håkon auf der Insel Åstol auch Bienen und schrieb darüber ein höchst persönliches und zugleich lehrreiches Buch, Allt möjligt om bin (Alles Mögliche über Bienen), das mit ihren eigenen Zeichnungen illustriert ist.

Aber noch ist es zu früh im Jahr, um die Bienenstöcke zu öffnen. Es wäre eine Katastrophe für die Bienen, die sich zu einer rotierenden Traube versammelt haben, um die Wärme zu halten. Wenn sie in Unruhe versetzt werden, können sie Durchfall bekommen. Es gilt also, die eigene Angst auf andere Weise zu kanalisieren.

Zum Beispiel kann man Kohlmeisen füttern. Diese ansonsten so entzückenden Vögel können nämlich großes Unheil anrichten, wenn sie hungrig sind. Finden sie einen Bienenstock, setzen sie sich vor das Flugloch und pochen dagegen, bis ein paar schlaftrunkene Wächterbienen herauskommen, um zu sehen, was los ist. Zack, werden sie gefressen! Und so geht es immer weiter, tock, tock, mampf, mampf. Auf diese Weise kann sich die Traube auflösen, und das ganze Volk kann an Durchfall und Wärmeverlust zugrunde gehen.

Also gilt es, die Vögel mit Hilfe von Körnern und Meisenknödeln satt zu halten – sofern das denn reicht. Vielleicht finden sie die Bienen auch so lecker, dass sie nicht widerstehen können, egal, wie üppig man sie gefüttert hat.

Die Natur ist manchmal seltsam und vor allem vollkommen unsentimental.

Wie überlistet man eine listige Kohlmeise?

Kohlmeisen gehören nicht zu den großen Problemen der heutigen Imker. Vielleicht waren sie früher zahlreicher? In älteren Bienenhandbüchern gibt es viele Beschreibungen ihrer rücksichtslosen Vorgehensweise und Ratschläge, wie sie am besten aufzuhalten seien. Aber nur ein Autor, der unglaublich gelehrte Däne Esaias Fleischer aus dem 18. Jahrhundert, erwähnt die Fütterung. Ein Kasten mit ein wenig Fleisch oder Talg neben den Bienenstöcken locke »diese gierigen und frechen Vögel« mit Leichtigkeit zu sich, schreibt er. Das nächste Problem sei allerdings, sie wieder loszuwerden. In der Nähe der Bienenstöcke zu schießen empfehle sich nicht, bemerkt Fleischer.

Kohlmeisen erschießen! Aber Fleischer hatte auch einen menschlicheren Vorschlag: Wenn man einen Stofffetzen in Scharlachrot oder einem anderen kräftigen Rotton über dem Flugloch befestigt, wagt sich keine Kohlmeise dorthin. Und hier noch ein weiterer dänischer Ratschlag:

Die KohlmeiseSüß, aber hinterhältig. Zumindest aus Sicht einer Biene.

Kohlmeisen sind bei den Bienen verhasst. Sie setzen sich vor die Öffnungen der Bienenkörbe und picken mit dem Schnabel. Sofort eilen einige Bienen dorthin, worauf die Kohlmeisen eine nach der anderen schnappen. Dann fliegen sie zum nächsten Korb und verzehren die Bienen dort. Angewöhnt haben sich die kleinen Vögel diese Unsitte, indem sie die toten Bienen aufpickten, die von den lebenden hinausgeworfen worden waren. Deshalb ist es ratsam, unter den Bienenstöcken stets alles gründlich sauber zu halten.

Aus En nyttig bog om bier (Ein nützliches Buch über die Bienen) von Hans Herwigk, 1649

In Selma Lagerlöfs Saga von Gösta Berling findet sich eine wunderbare Beschreibung über das Unwesen, das die Kohlmeisen im Herbst und Winter trieben. Offenbar wusste sie sehr viel über Bienen.

Drüben, am Einflugloch des Bienenkorbs, saß eine Kohlmeise und schickte sich an, zu einer wahrhaft teuflischen List zu greifen. Sie wollte sich natürlich ein Mittagessen beschaffen und klopfte deshalb plötzlich mit ihrem kleinen, scharfen Schnabel gegen das Einflugloch. Im Inneren des Bienenkorbs aber hingen die Bienen in einer großen, dunklen Traube. Alles ist strengstens geordnet, die Proviantmeister teilen Essensrationen aus, die Mundschenke eilen mit Nektar und Ambrosia von Mund zu Mund. Die Bienen, die zuinnerst hängen, tauschen unter ständigem Krabbeln den Platz mit den äußeren, damit Wärme und Bequemlichkeit gleichmäßig verteilt werden.

Dann aber hören sie das Klopfen der Kohlmeise und der ganze Bienenkorb surrt vor Neugier. Ist das ein Freund oder ein Feind? Ist es eine Gefahr für das Volk? Die Königin hat ein schlechtes Gewissen. Sie kann nicht seelenruhig abwarten. Sind es womöglich die Geister ermordeter Drohnen, die da draußen spuken?

›Geh hinaus und sieh nach, was das ist!‹, befiehlt sie der Schwester Torwache. Und sie geht. Mit einem ›Lang lebe die Königin!‹ stürzt sie hinaus und hoppla!, da hat sie die Kohlmeise auch schon erwischt. Mit vorgerecktem Hals und eifrig vibrierenden Flügeln packt der Vogel sie, zermalmt sie, frisst sie und niemand überbringt der Königin die Nachricht von ihrem Schicksal. Die Kohlmeise aber klopft von Neuem und die Bienenkönigin fährt fort, ihre Torwachen hinauszuschicken, die allesamt verschwinden. Keine kehrt zurück, um zu berichten, wer geklopft hat. Hu, es wird gruselig in dem dunklen Bienenkorb! Rachsüchtige Geister treiben da draußen ihr Unwesen. Hätte man doch bloß keine Ohren! Könnte man doch aufhören, so neugierig zu sein! Könnte man doch einfach in Ruhe abwarten!

Kohlmeisen sind längst nicht die einzigen Tiere, vor denen die Imker in der älteren Literatur gewarnt werden. Man sollte sich auch vor Schwalben, Mauerseglern, Spechten, Enten, Truthähnen, Pfauen, Wespen, Hummeln, Grashüpfern, Ameisen, Libellen, Wachsmotten, Nachtfaltern, Totenkopfschwärmern, Spinnen und Raubbienen hüten. Wuchs hohes Gras unter den Bienenstöcken, konnten dort Frösche und Kröten sitzen, die die Bienen wahlweise mit ihrem Atem vergifteten oder mit der Zunge einfingen.

Unter den Säugetieren waren Bären und Mäuse als notorische Schädlinge bekannt, aber auch Dachse und Füchse konnten zum Ärgernis werden, wenn sie Körbe umstießen.

Werden Bienen von Wespen angegriffen, lassen sie ein jammerndes Geräusch hören, als wollten sie ihrem Herrn ihre Not klagen.

Samuel Linnæus

In der Zeit der Aufklärung, im 18. Jahrhundert, kam in der Literatur ein weiterer Bienenfeind hinzu, der noch weitaus schlimmer war als alle anderen: der Mensch. Im Nya svenska economiska dictionnairen (Neues schwedisches ökonomisches Wörterbuch) aus dem Jahr 1779 wird dargelegt, dass viele Imker »teils durch nachlässige Pflege (…), teils durch ein unbarmherziges Töten und Schlachten Zeugnis ihrer Undankbarkeit gegenüber dem nützlichsten aller Insekten ablegen.« Was mit dem »unbarmherzigen Töten und Schlachten« gemeint war, ist im Lantmännens uppslagsbok (Das Nachschlagewerk des Landwirts) von 1923 nachzulesen:

Die bislakt (Bienenschlachtung) ist die barbarische Methode, nach der unsere Vorväter und einige Bienenhalter noch bis vor kurzer Zeit mit den Bienen verfahren sind. Wenn der Herbst kam, wurde ein Teil der Völker zum Tode verurteilt. Man hob eine Grube aus, legte Schwefel hinein und zündete ihn an, und schließlich wurde der Korb daraufgestellt. Sobald das Volk tot war, wurde der Korb wieder weggenommen und der Inhalt geerntet, verunreinigt mit Larven, Pollen, Bienen und den Exkrementen, die sie in ihrer Todesangst auf die Waben und in den Honig gelegt hatten. War der Korb darüber hinaus von außen und innen mit Kuhdung gespachtelt, dürfte dies den Appetit auch nicht erhöht haben.