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Beschreibung

Witzig, absurd und ungewöhnlich: wissenschaftliche Kuriositäten, die uns die Welt aus neuer Perspektive zeigen. Wie lange kann man nur von Bier leben? Warum ist es am Südpol kälter als am Nordpol? Wie viele Organismenarten leben auf dem menschlichen Körper? Und 98 Fragen mehr, deren Antworten Sie verblüffen werden. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

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Seitenzahl: 272

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Wie dick muss ich werden, um kugelsicher zu sein?

101 Antworten auf Fragen, die uns alle beschäftigen

Herausgegeben von Mick O’Hare / New Scientist

Aus dem Englischen von Sebastian Vogel

FISCHER Digital

Inhalt

Einleitung1. Unser Körper2. Pflanzen und Tiere3. Wissenschaft im Haushalt4. Unser Universum5. Unser Planet6. Wundersames Wetter7. Verkehr verquer8. Vom Rest das Beste

Einleitung

Im Jahr 1994 brachte das Wissenschaftsmagazin New Scientist erstmals »The Last Word« heraus, eine wöchentliche Kolumne zu wissenschaftlichen Fragen aus dem Alltag, in der sowohl die Fragen als auch die Antworten von Lesern stammten. Damals wurden wir von einem Redakteur der Zeitschrift gefragt, wie lange sich die Kolumne nach unserer Schätzung halten würde. Die Schätzungen reichten von zwölf Monaten bis zu fünf Jahren. »Wenn wir zehn Jahre schaffen, wäre ich wirklich erstaunt«, meinte einer. »Das wären über fünfhundert Wochen mit Fragen – so viele gibt es da draußen einfach nicht.«

Elf Jahre später haben Sie Wie dick muss ich werden, um kugelsicher zu sein? in der Hand, eine Sammlung geistreicher und manchmal auch abgehobener Fragen aus einer Kolumne, die durch nichts erkennen lässt, dass ihr die Luft ausgehen würde. In den letzten fünf Jahren haben Leser uns erklärt, wie dick man sein muss, um kugelsicher zu werden, warum dunkle alkoholische Getränke einen stärkeren Kater verursachen als helle, wie man die Regenmenge in einer Wolke abschätzen kann und warum es unter Umständen regelrecht gefährlich ist, grüne Kartoffeln zu essen.

Außerdem gab »The Last Word« sogar den Anlass zu einem Forschungsprojekt und einem wissenschaftlichen Aufsatz in der Fachzeitschrift Physica A. Eine Gruppe spanischer und amerikanischer Forscher war so gefesselt von unserer Frage, warum Tia Maria und Sahne in derart auffällige Wechselwirkungen treten, dass sie sich daran machten, die Antwort zu finden. Was sie entdeckten, steht auf Seite 108.

Warum also hat die Kolumne entgegen allen Erwartungen ein so langes Leben? Nun ja, die Kollegen meinen oft, ich hätte bei der Zeitschrift den einfachsten Job. »The Last Word« lebt ausschließlich von der Begeisterung der New Scientist-Leser. Ohne ihre unermüdliche Mitarbeit gäbe es die Kolumne nicht, und Sie könnten dieses Buch nicht lesen. Jede Woche wird unser kleines E-Mail-System von neuen Fragen der Leser überschwemmt, und fast ebenso schnell folgen die Antworten anderer Leser. Dieses Buch ist ein Ergebnis ihrer Bemühungen.

Und wenn Ihnen das Lesen Spaß macht, können Sie sich beteiligen: Kaufen Sie die Wochenzeitschrift oder besuchen Sie http://www.newscientist.com/lastword.ns. Dort können Sie eigene Fragen stellen oder andere beantworten. Aber bedenken Sie:

»The Last Word« ist den kleinen Fragen des Lebens gewidmet. Das Rätsel, welchen Sinn unser Dasein hat, können wir nicht lösen, aber wir können Ihnen sagen, warum der Tee seine Farbe ändert, wenn man Zitronensaft zugibt. Ob es Leben in anderen Galaxien gibt, wissen wir nicht, aber wir wissen, wie die Blasen in Ihren Schokoriegel kommen. Unsere Domäne ist das Triviale.

Damals, 1994, versprach der skeptische Redakteur, er werde eine große Party geben, wenn »The Last Word« 2004 noch existiere. Und wie ich vergeblich darauf warte, dass die Kolumne erste Anzeichen des Schwächelns zeigt, so warte ich auch bis heute auf die Party. Ich möchte dazu alle einladen, die »The Last Word« zu einem so großen Erfolg gemacht haben.

Mick O’Hare

 

Der Herausgeber dankt insbesondere Jeremy Webb, Lucy Middleton, Alun Anderson sowie den Redaktions- und Herstellungsteams von New Scientist; sie haben dieses Buch viel besser gemacht, als es ohne sie geworden wäre.

1. Unser Körper

Wenn Glas zerspringt

Mein Freud Paul und ich können gleich gut einen Ton halten, aber wenn er singt, klingt es wie Bryn Terfel, bei mir hört es sich eher nach einem verwundeten Nilpferd an. Welche anatomischen Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit jemand eine angenehme Singstimme hat?

Chris Newton

Die Qualität einer menschlichen Stimme hängt wie bei allen Musikinstrumenten vor allem von der Resonanz ab. Ein großer italienischer Tenor erteilte einmal die Genehmigung, nach seinem Tod den Kehlkopf genau zu untersuchen. Als man Luft zwischen seinen herausgetrennten Stimmbändern hindurchblies, entstand das gleiche Geräusch (eine Mischung aus verärgertem Zischen und dem Klang eines Furzkissens) wie bei anderen, musikalisch unbekannten Leichen.

Ihren opernhaften Glanz bekommen die Grundschwingungen der Stimmbänder durch zusätzliche, erwünschte Obertöne. Manche davon entstehen auf Grund unveränderlicher anatomischer Eigenschaften wie der Form und Dichte von Zähnen, Kiefer und Stirnhöhlen, andere erzeugt der Sänger selbst, indem er die Form seines Rachens verändert. Letzteres kann man glücklicherweise trainieren und verfeinern. Eine »angenehme Singstimme« entsteht also vermutlich durch das glückliche Zusammentreffen eines geeigneten Knochenbaus und einer günstigen Rachenform.

David Williams

 

Stimmlaute entstehen in dem Luftstrom, der durch den Kehlkopf gepresst wird. Die Vorderseite des Kehlkopfes hat vor allem bei Männern häufig eine charakteristische Form und wird dann als Adamsapfel bezeichnet. Im unteren Teil des Kehlkopfes befinden sich die Stimmbänder, zwei Falten, die im Wesentlichen aus Muskeln bestehen. Ihre Dicke, Fläche, Form und Spannung können wir bewusst verändern. Beim Atmen sind die Stimmbänder geöffnet, aber wenn wir einen Laut hervorbringen wollen, rücken sie sehr eng zusammen, und unter ihnen baut sich ein Druck auf, bis sie auseinander geschoben werden, Nachdem der Druck mit einem plötzlichen Luftstoß abgebaut wurde, schließen sich die Stimmbänder wieder. Durch mehrfache Wiederholung dieses Vorganges ergibt sich ein pulsierender Luftstrom, dessen Frequenz über die Tonhöhe des Geräusches bestimmt.

Worte, ob gesprochen oder gesungen, entstehen durch Abwandlung dieses Luftstromes. Die meisten Konsonanten zerhacken ihn in einzelne Blöcke, Vokale sind die Töne zwischen diesen Blöcken. Zwischen diesen beiden Extremen liegen die Buchstaben w, y, l und r: Sie engen den Luftstrom ein und verändern so seine akustischen Eigenschaften. Vom Kehlkopf strömt die Luft durch den Rachen in den Mund. Zusammengenommen kann man diese Körperteile mit dem Rohr eines Blechblasinstruments zwischen dem Mundstück (den Stimmbändern) und dem Trichter (den Lippen) vergleichen. Wie in jedem Rohr, so hat die Luft auch hier bestimmte Resonanzfrequenzen, die als Formante bezeichnet werden. Die niedrigste derartige Frequenz liegt bei einem erwachsenen Mann etwa bei 500 Hertz. Ändert man die Form des Rohres, indem man die Zunge biegt, den Kiefer öffnet, die Form der Lippen oder die Lage des Kehlkopfes verändert, steigt oder sinkt die Frequenz der Formante. Bis zu einem gewissen Grade tun wir das unbewusst, ein Sänger kann aber lernen, diese Körperteile bewusst einzusetzen.

Bei Sängern findet man einen weiteren Formant; er entsteht wahrscheinlich durch eine stehende Welle in dem kurzen Rohrabschnitt zwischen den Stimmbändern und der Stelle, wo der relativ enge Kehlkopf in den weiteren Rachen übergeht. Mit Begriffen aus der Akustik ausgedrückt, ergibt sich an dieser Verbindungsstelle ein Impedanzunterschied, sodass ein Teil der Schallenergie zu den Stimmbändern zurückgeworfen wird. Beim normalen Sprechen ist dieser Effekt nur schwach, weil das Rohr sehr kurz ist, und bei einem ungeübten Sänger verkürzt es sich unter Umständen noch weiter, weil der Kehlkopf sich hebt, wenn man lauter und in höherer Stimmlage singen will. Beim ausgebildeten Sänger dagegen senkt sich der Kehlkopf, das Rohr wird länger, sodass der Effekt verstärkt wird. Er macht die Stimme klarer und tragfähiger, und ist die Ursache für ihren »Wohlklang«. Aus diesem Grund spricht man vom Sängerformant. Er liegt bei einem Bass bei ungefähr 2400 Hertz und steigt beim Sopran bis auf 3200 Hertz oder noch höher an.

Der pulsierende Luftstrom hat eine Grundfrequenz und eine Reihe von Obertönen. Deren Stärke wird bei der Erzeugung der Vokale durch den Formant verändert. Die Kunst des Singens besteht darin, einerseits das Gleiche zu tun wie alle Menschen, dabei aber andererseits einen angenehmen Klang zu erzeugen und mit seiner Hilfe eine Melodielinie hervorzubringen, in der sorgfältig gesteuerte Lautstärkeschwankungen Gefühl und Ausdruck vermitteln.

Um ein guter Sänger zu werden, muss man sich eine ebenso ausgefeilte Technik aneignen wie beispielsweise ein Konzertpianist. Allerdings ist die menschliche Stimme ein relativ empfindliches Instrument, das früher oder später verschleißt.

Dass jemand nicht gut singt, obwohl er Töne der richtigen Höhe hervorbringt, kann viele Ursachen haben. Vielleicht passt das Spektrum der von den Stimmbändern erzeugten Frequenzen nicht zu den Formanten, beispielsweise wenn eine Bassstimme sich mit den Formanten eines Baritons verbindet. Manch einer erlangt vielleicht auch keine ausreichende Kontrolle über Rachen und Zunge, um die Formante zu verändern. In anderen Fällen erzeugen die Stimmbänder unregelmäßige Schwingungen. Manchmal schließen sie sich auch nicht richtig, oder sie sind so trocken, dass sie nicht ordnungsgemäß funktionieren: Alkohol und Zigarettenrauch lassen die Schleimhaut austrocknen, die sie normalerweise ausreichend feucht hält.

Richard Holroyd

*
Konfusion bei der Kontusion

Warum nimmt ein Bluterguss nacheinander verschiedene Farben an, bevor er verblasst? Dass er rot oder bläulich wird, kann ich verstehen, aber wie kommt die gelblichgrüne Färbung zustande? Und warum dauert es häufig ein bis zwei Tage, bevor sie auftritt? Zur Schädigung und Blutung kommt es doch sicher zum Zeitpunkt der Verletzung.

Rick Rossi

Ein Bluterguss entsteht, wenn kleine Kapillarblutgefäße unter der Haut platzen. Das Hämoglobin in dem austretenden Blut ist für die klassische bläulichrote Farbe verantwortlich. Dann zieht der Organismus weiße Blutzellen hinzu, die den Schaden an der Verletzungsstelle beheben, und im Laufe dieses Vorganges werden die ausgetretenen roten Blutzellen abgebaut. Die dabei frei werdenden Substanzen sind die Ursache der Farbveränderung.

Die Abbauprodukte des Hämoglobins sind das grüne Biliverdin und das gelbe Bilirubin. Später werden die Trümmer von der Verletzungsstelle abtransportiert, und die Farbe verblasst.

Durch den gleichen Vorgang werden rote Blutzellen auch nach Ablauf ihrer Lebensdauer beseitigt. Weiße Blutzellen, die man als Makrophagen bezeichnet, bauen in Milz, Leber, Knochenmark und anderen Geweben die ausgedienten roten Blutzellen ab. Das Bilirubin wird von der Leber aufgenommen, zu Gallenflüssigkeit verarbeitet und zur Nahrungsverdauung eingesetzt. Das Bilirubin verleiht auch dem Stuhl seine charakteristische Farbe.

Claire Adams

 

Bilirubin, ein Abbauprodukt des Hämoglobins, ist gelb. Es wird normalerweise als Bestandteil der Gallenflüssigkeit aus dem Organismus ausgeschieden. Die Gallenflüssigkeit selbst dient dazu, Fette zu verdauen – ein Beispiel für ein höchst effizientes Recycling.

Bei bestimmten Krankheiten, beispielsweise einer Hepatitis, reichert sich das Bilirubin im Körper an und verleiht der Haut ein gelbliches Aussehen, weshalb man auch von Gelbsucht spricht. Das Gleiche kann man manchmal auch bei Neugeborenen beobachten.

Die gelb verfärbte Haut juckt, weil Bilirubin als Reizstoff wirkt. Unter anderem deshalb sind Blutergüsse auch berührungsempfindlich. Ultraviolettes Licht fördert den Bilirubinabbau und wird auch zur Behandlung gelbsüchtiger Babys eingesetzt.

Frankie Wong

 

Manchmal dauert es lange, bis sich ein Bluterguss bildet, weil sich die Schadstelle unter Umständen tief im Körpergewebe befindet. Der Körper ist unter der Haut natürlich keine formlose Masse: Er besteht aus einzelnen Muskeln und Organen, die durch faserige Bindegewebsschichten getrennt sind (was man beim Metzger an zusammenhängenden Fleischstücken gut erkennen kann). Diese Gewebeschichten hindern ausgetretenes Blut häufig daran, schnell zur Hautoberfläche vorzudringen; manchmal dauert es auch einfach nur eine gewisse Zeit, bis es in das Unterhautgewebe hineindiffundiert ist.

Die faserigen Gewebehüllen sind auch eine Erklärung, warum Blutergüsse manchmal ein Stück von der ursprünglichen Verletzungsstelle entfernt entstehen: Das ausgetretene Blut sickert unter dem Fasergewebe hindurch und kommt erst an dessen Ende zur Oberfläche.

Stewart Lloyd

*
Kongeniale Kongenere

Kürzlich fiel mir eine Broschüre des nationalen schottischen Gesundheitsdienstes in die Hände. Darin stand, je dunkler ein alkoholisches Getränk sei, desto schlimmer würde der Kater. Whisky, Rotwein oder Brandy hätten demnach am Morgen danach eine stärkere Wirkung als Wodka oder Weißwein, weil die dunklen Getränke so genannte Kongenere enthalten. Nach einigen Selbstexperimenten muss ich sagen, dass es zu stimmen scheint. Aber liegt es an den Kongeneren? Und wenn ja, was ist das und welche Wirkung haben sie?

Richard King

Die meisten Menschen konsumieren alkoholische Getränke wegen ihres Ethanolgehalts. Viele solche Produkte enthalten aber außerdem auch andere biologisch aktive Substanzen, und die bezeichnet man als Kongenere. Dazu gehören kompliziert gebaute organische Moleküle wie die Polyphenole, andere Alkohole wie Methanol, und auch das Histamin. Sie entstehen während der Gärung oder Reifung des Getränks zusammen mit dem Ethanol.

Kongenere tragen nach heutiger Kenntnis zur berauschenden Wirkung des Getränks und auch zum nachfolgenden Kater bei. Wer Wodka und ähnliche Getränke mit fast reinem Ethanol trinkt, leidet nachweislich an weniger Katersymptomen als jemand, der dunklere Getränke wie Whisky, Brandy und Rotwein bevorzugt, denn diese haben einen wesentlich größeren Anteil an Kongeneren.

Das Kongener, das die Hauptursache des Katers darstellt, ist das Methanol. Es wird im Organismus auf ganz ähnlichen Wegen abgebaut wie das Ethanol, dabei entsteht aber ein anderes Endprodukt. Ethanol wird zu Acetaldehyd umgesetzt, beim Abbau von Methanol dagegen entsteht als Hauptprodukt das Formaldehyd, das giftiger ist als Acetaldehyd und in höherer Konzentration zu Blindheit oder sogar zum Tode führt. Ethanol hemmt den Methanolabbau; das dürfte der Grund sein, warum ein Gläschen am Morgen danach die Symptome des Katers lindern kann.

Wie sich in wissenschaftlichen Untersuchungen herausgestellt hat, nehmen die Katersymptome nach verschiedenen Getränken in folgender Reihenfolge ab: Brandy, Rotwein, Rum, Whisky, Weißwein, Gin, Wodka und reiner Alkohol.

Eric Albie

*
Gift in der Literatur

Ich habe ein Buch namens Deadly Doses: A Writer’s Guide to Poisons gelesen. Dabei stellten sich für mich zwei Fragen. In der Schule sagte unser Biologielehrer, man könne Schlangegift trinken, ohne daran zu sterben, weil es ein Protein sei, das bei der Verdauung abgebaut wird. In dem Buch stand jedoch, Schlangengift sei bei oraler Verabreichung tödlich. Wer hat Recht? Und kann man wie in dem Buch Starkes Gift von Dorothy Sayers eine Toleranz gegen Arsen entwickeln, sodass man eine ansonsten tödliche Dosis überlebt?

Darren Fowkes

Hier sei darauf hingewiesen, dass in der Frage, was ungefährlich ist, keine Einigkeit besteht. Nur eines ist sicher: Solche Substanzen sind gefährlich; man sollte sie mit äußerster Vorsicht handhaben und auf keinen Fall einnehmen. – Red.

 

Ich habe selbst zugesehen, wie der Schlangenexperte Major Alick Chanda in Sambia das Gift aus einer lebenden Puffotter (Bitis arietans) in ein Weinglas fließen ließ und trank. Es hatte keinerlei unangenehme Wirkungen.

Schlangengift ist ein kompliziertes Proteingemisch, das bei jeder Schlangenart eine andere Zusammensetzung hat. Man kann drei große Gruppen solcher Gifte unterscheiden: Vipern und Ottern produzieren cytotoxische Gifte, die Zellen und Gewebe angreifen. Die Nervengifte der Kobras und Mambas schädigen das Nervensystem. Und die hämotoxischen Gifte der Baumschlangen und Baumnattern beeinträchtigen die Blutgerinnung. Alle Gifte wirken nur dann, wenn sie ins Blut gelangen – deshalb beißen die Schlangen mit nadelspitzen Giftzähnen zu. Wenn man das Gift schluckt und im Magen-Darm-Trakt keine Verletzungen hat, werden die Proteine in harmlose Aminosäuren gespalten und wie die Produkte jeder Proteinverdauung resorbiert.

Beim Arsen liegen die Dinge ganz anders. Es ist ein chemisches Element und verändert sich durch die Verdauung nicht. Schon eine Dosis von 65 Milligramm ist giftig; zur Vergiftung kann es sowohl durch eine große Dosis als auch durch viele kleine Mengen kommen, zum Beispiel wenn man arsenhaltige Gase einatmet oder vergiftetes Wasser trinkt.

Es gibt verschiedene Berichte über Menschen, die durch häufig eingenommene kleine Dosen eine Toleranz gegen Arsen entwickelten. Im zweiten Jahrhundert v. Chr. soll der König Mithridates IV. diese Methode mit so großem Erfolg angewandt haben, dass sein Versuch, sich nach der verlorenen Schlacht von Pompeji mit Gift das Leben zu nehmen, misslang – man musste ihn schließlich erstechen. Und Rasputin schluckte das Zeug angeblich regelmäßig, um sich vor Anschlägen zu schützen.

Die physiologischen Ursachen einer solchen Toleranz wurden jedoch nie mit Sicherheit festgestellt, und außerdem ist bekannt, dass Arsen in geringen Mengen Krebs erzeugt. Man braucht sich nur anzusehen, wie sich kleine Arsendosen auf die unglückseligen Einwohner von Bangladesh auswirken, wo die Brunnen damit verunreinigt sind; dann erkennt man sofort, wie gefährlich und letztlich tödlich es ist.

Alistair Scott

 

Hier in den Vereinigten Staaten gab es an den Straßen und in Vergnügungsparks früher viele Schlangendompteure, die mit giftigen Reptilien umgingen. In einer besonders berüchtigten Vorstellung molk Ross Allen aus Florida mehrere Klapperschlangen; er ließ das Gift in ein Glas fließen und trank es aus. Erkennbare Wirkungen hatte das Gift nie, aber er erklärte, er könne nach der Einnahme eine Zeit lang »nicht gut pfeifen«.

Im Tierversuch können sehr hohe oral verabreichte Giftdosen dennoch tödliche Folgen haben. In einem solchen Experiment muss die Giftmenge aber so groß sein, dass sie den Magen fast völlig füllt. Intravenös verabreicht, würde dies einem Vieltausendfachen der LD50 entsprechen, das heißt der Dosis, bei der die Hälfte eine Gruppe von Versuchstieren stirbt. Auch bei oraler Einnahme ist die tödliche Wirkung auf das Gift selbst und nicht auf eines seiner Abbauprodukte zurückzuführen: Gibt man Antiserum, ist das Tier gerettet.

Professor Joseph F. Gennaro, Jr. (im Ruhestand)

 

Man kann eine Toleranz gegen Arsen aufbauen und dann eine normalerweise tödliche Dosis überleben.

Arsen ist giftig, weil es im Stoffwechsel an lebenswichtige Proteine bindet und sie inaktiviert. Enzyme einer besonderen Gruppe, die Metallothionine, können es jedoch im Organismus unschädlich machen, und Arsen regt die Leberzellen an, diese Enzyme in größeren Mengen zu produzieren. Nimmt man über längere Zeit kleine Arsenmengen zu sich, wird die Enzymproduktion häufiger stimuliert, sodass die Metallothionine ständig in höherer Konzentration vorhanden sind.

Ein ganz ähnlicher Mechanismus ermöglicht auch Alkoholikern den Genuss von Mengen, die einen Abstinenzler umbringen würden.

Craig Fitzpatrick

 

Nur ein Idiot würde Schlangengift trinken, denn schon durch kleine Verletzungen in der Schleimhaut des Verdauungstraktes könnte eine tödliche Dosis ins Blut gelangen.

Viele Schlangengifte enthalten Enzyme, die das Gewebe schädigen und das Gift eindringen lassen; die Giftwirkung der Proteine ist sicher stärker, wenn man sie injiziert, aber eine gewisse Menge durchdringt auch die Darmwand. Dieser Faktor ist bei Kleinkindern von besonders großer Bedeutung, aber auch Erwachsene können sterben, wenn sie sehr starke Gifte wie Ricin schlucken. Die Verdauungsenzyme bauen manche besonders gefährlichen Gifte so langsam ab, dass sie keinen großen Schutz bieten, und viele Schlangengifte hemmen die Proteasen im Verdauungstrakt oder widerstehen ihnen völlig.

Bei den Berichten über Toleranz gegen das anorganische Arsen gehen Reisemärchen, Quacksalberei, schlecht definierte Mixturen und individuelle Unterschiede wild durcheinander. Unter anderem hängt die Giftwirkung von der chemischen Form ab (Arsenite sind giftiger als beispielsweise Arsenate oder Schwefelverbindungen), und schwer lösliches Material mit grobkörniger Konsistenz wird vom Darm schlechter absorbiert. Das lösliche Arsen erzeugt in kleinen Mengen keineswegs eine Toleranz, sondern seine Wirkung summiert sich und wird dann gefährlich.

Die Geschichte von Dorothy Sayers über das Marmeladenomelette war scharfsinnig, aber bevor ein Mörder in spe mit dieser Methode jemanden umbringen könnte, wäre er wahrscheinlich selbst gestorben.

Jon Richfield

*
Haarig

Warum haben die Menschen Augenbrauen?

Ben Holmes

Mein Vater leidet an Haarausfall und hat deshalb keine Augenbrauen. Wenn es warm ist, läuft ihm der Schweiß in die Augen und brennt; und bei Regen muss er sich immer wieder das Wasser aus den Augen wischen. Die Augenbrauen lenken also Schweiß- und Regentropfen ab, sodass sie nicht unmittelbar in die Augen laufen können. Ohne sie wäre das Leben sehr unangenehm.

Valerie Higgins

 

Mit unseren außerordentlich beweglichen Augenbrauen teilen wir anderen unsere Gefühle mit. Ihre Haltung betont den Gesichtsausdruck und vermittelt anderen ein genaues Bild von unserer Stimmungslage. Damit geben sie einen guten Hinweis, ob das Gegenüber freundlich gesonnen ist oder ob die Annäherung gefährlich sein kann.

Es gibt viele Formen des Lächelns, vom Ausdruck der Fröhlichkeit oder Zufriedenheit bis zur Boshaftigkeit, einfältigem Grinsen und sogar Verärgerung. Die Haltung der Augenbrauen liefert einen visuellen Anhaltspunkt für die wahren Gefühle eines Menschen.

Wie wichtig die Augenbrauen als Stimmungsindikator sind, wurde mir deutlich, als eine Bekannte sich Botox in die Falten auf der Stirn spritzen ließ und die Augenbrauen weder heben noch senken konnte. Das Gespräch mit ihr wurde zu einem beunruhigenden Erlebnis – die untere Gesichtshälfte war nach wie vor beweglich, aber die Augenbrauen rührten sich nicht. Ich konnte ihre Stimmung nicht mehr zuverlässig am Gesicht ablesen und musste auf andere Anhaltspunkte zurückgreifen, insbesondere auf ihr Verhalten und ihre Worte.

Alison Venugoban

 

Die Augenbrauen sind wichtig, wenn wir Gefühle ausdrücken wollen. Vielleicht am bekanntesten ist das »Brauenzucken«, ein schnelles Auf und Ab der Augenbrauen, das Erkennen und Zustimmung signalisiert. Die Fähigkeit, freundliche Absichten über größere Entfernungen zu signalisieren, war für unsere Vorfahren zum Überleben natürlich sehr hilfreich.

Mit den Augenbrauen die verschiedensten Signale zu übermitteln, ist auch bei Primaten eine verbreitete Verhaltensweise, aber nur bei den Menschen sind die Augenbrauen durch den Kontrast zur hellen Haut besonders hervorgehoben. – Red.

*
Leben aus dem Glas

Wie lange kann ein Mensch überleben, wenn er ausschließlich Bier zu sich nimmt? Versprechen verschiedene Biersorten – Helles, Dunkles, Export oder Pils – bessere oder schlechtere Überlebenschancen?

John Eden

Bier steht seit der Antike in dem Ruf, ein Grundnahrungsmittel zu sein; häufig wurde es auch als »flüssiges Brot« bezeichnet. Im alten Ägypten erhielten die Arbeiter einen Teil ihres Lohns in Form von Bier, und Gleiches galt auch für die Hofdamen der englischen Königin Elizabeth I. Im Jahr 1492 war eine Gallone Bier pro Tag die Standardration für die Seeleute in der Marine Heinrichs VII.

Diesen guten Ruf genießt das Bier, weil es aus dem vitaminreichen Gerstenmalz hergestellt wird. Auch heute ist es nicht anders. Wie man schon bei einem kurzen Blick auf eine Nährwerttabelle erkennt, liefert ein halber Liter Bier bereits mehr als fünf Prozent der täglich empfohlenen Menge mehrerer Vitamine, darunter B9, B6 und B2. Andere Vitamine allerdings, darunter A, C und D, fehlen.

Mit einem Experiment zu untersuchen, ob jemand ausschließlich von Bier leben kann, wäre ethisch natürlich nicht zu vertreten. Aber während des Siebenjährigen Krieges von 1756 bis 1763 führte der britische Marinearzt John Clephane eine klinische Studie durch. Drei Schiffe wurden von England nach Amerika geschickt. Eines davon, die Gramphus, hatte viel Bier an Bord, die beiden anderen namens Daedalus und Tortoise dagegen dienten als Kontrolle und führten nur die übliche Menge an alkoholischen Getränken mit. Die Reise dauerte wegen schlechten Wetters ungewöhnlich lange. Als sie zu Ende war, mussten 112 Männer von der Daedalus und 62 von der Tortoise ins Krankenhaus. Auf der Gramphus dagegen waren es nur 13 – zweifellos ein eindeutiges Ergebnis.

Natürlich ist die Tagesration der Seeleute – acht pints oder rund viereinhalb Liter – mit den heute üblichen Maßstäben eines mäßigen Alkoholkonsums nicht mehr vereinbar. Über den Zustand ihrer Leber kann man nur Vermutungen anstellen. Ausschließlich von Bier zu leben, erscheint manch einem vielleicht erstrebenswert, aber ein Weg zu einer gesunden Lebensweise ist es wohl kaum.

C. Walker

 

Wie lange ein Mensch ausschließlich von Bier leben kann, weiß ich nicht, aber die entscheidenden Faktoren dürften vermutlich Leberzirrhose und Vitaminmangel sein. Genauer erkundigen könnte man sich wahrscheinlich bei Mönchen. Bayerisches Bock- und Dunkelbier wird schon seit Jahrhunderten mit Klöstern in Verbindung gebracht, wo es insbesondere zur Fastenzeit gebraut wurde. Dort spricht man häufig von flüssigem Brot. Das vielleicht berühmteste derartige Bier ist das »Salvator« der Paulaner-Brauerei, das mit seinem Alkoholgehalt von 7,5 Volumenprozent sicher vom Hunger ablenken kann.

Neil Watt

 

Vielleicht kann ich die Antwort geben: Ich bin 39 und lebe noch.

Chris Jack

 

Einmal habe ich eine Bier- und Kohl-Diät gemacht. Ich kann bestätigen, dass ich Gewicht, Freunde und die Kontrolle über meinen Darm verloren habe, oftmals alles zur gleichen Zeit.

Bill Coppock

*
Kugeln im Fett

Wie dick müsste man sein, damit Schüsse einem nichts anhaben können, weil Kugeln aus einer normalen Handfeuerwaffe keine lebenswichtigen Organe mehr erreichen? Kürzlich habe ich gelesen, man müsse dazu 500 Kilo wiegen, aber das kann ich kaum glauben.

Ward von Nostrom

Welchen Schaden eine Kugel anrichtet, bemisst sich an zwei Faktoren: an der Eindringtiefe und am Umfang der Gewebeschädigung je Zentimeter des Geschosskanals. Um diese Zahlen zu ermitteln, feuert man normalerweise Salven auf Blöcke aus einem dicken, viskösen Gel ab, das angeblich auf Grund seiner Konsistenz die gleichen physikalischen Eigenschaften (zum Beispiel Viskosität und Dichte) hat wie menschliches Gewebe.

Ein Geschoss aus einer 9-Millimeter-Pistole – dem verbreitetsten Waffentyp – ist nach Angaben des Werkes Compendium of Modern Firearms von K. Dockery und R. Talsorian (Games, 1991) in der Lage, etwa 60 Zentimeter tief in menschliches Gewebe einzudringen, bevor es zum Stillstand kommt. Dabei schädigt es je Zentimeter Eindringtiefe etwa einen Kubikzentimeter Gewebe. In der Praxis ist die Eindringtiefe häufig viel geringer, weil das Geschoss auf Knochen trifft oder das Ziel einfach durchschlägt. Grundlage der Daten ist außerdem ein Körpergewebe von durchschnittlicher Dichte. Da Fett etwa zehn Prozent weicher und weniger dicht ist als Muskelgewebe, dürfte die Angabe von 60 Zentimetern zu niedrig liegen.

Kugelsicher zu sein, mag sich nach einem Vorteil anhören, aber wer eine 60 Zentimeter dicke Fettschicht mit sich herumschleppt, hat sicher mit anderen Gesundheitsgefahren zu kämpfen.

Thomas Lambert

 

Völlig kugelsicher kann ein menschlicher Körper niemals sein, wenn man alle Gewebe und Anhangsgebilde wie Hände, Füße, Augen, Ohren und die männlichen Geschlechtsorgane berücksichtigt. Selbst wenn die Haut so dick wäre, dass sie eine Kugel aufhalten könnte, würde die Druckwelle zu schweren Schäden an inneren Organen und dem Nervengeflecht unter der Haut führen, ein Effekt, den man mit Schrotschüssen ausnutzt. Schrotkugeln können einen Menschen töten, ohne die Haut zu durchdringen.

Wie tief eine Kugel in den Körper eindringt, hängt von mehreren Faktoren ab, unter anderem von Energie, Durchmesser, Masse, Form und Material des Geschosses. Gewehr- und Pistolenkugeln haben einen Durchmesser zwischen 5 und 15 Millimetern, und ihre Energie liegt zwischen 70 und 7000 Joule. Ein Geschoss aus einer typischen Polizeipistole hat einen Durchmesser von neun Millimetern und eine Anfangsenergie von 500 Joule. Die Eindringtiefe ermittelt man mit einem Gelatineblock: In ihn dringt die Polizeikugel ungefähr 30 Zentimeter weit ein, wenn sie aus einer Entfernung von fünf Metern abgefeuert wird.

Wenn man abschätzen will, wie viel eine solche Fettschicht wiegt, kann man von der Oberfläche des »darunter« befindlichen Menschen ausgehen. Zur Berechnung der Körperoberfläche gibt es mehrere Methoden. Ich bediene mich hier der Mosteller-Formel: Danach ist die Körperoberfläche in Quadratmetern die Quadratwurzel des Produkts aus der Körpergröße in Zentimetern und dem Gewicht in Kilogramm, dividiert durch 60. Für einen 175 Zentimeter großen, 75 Kilo schweren Mann gelangt man damit zu einer Körperoberfläche von 1,91 Quadratmetern. Um über diese Fläche eine 30 Zentimeter dicke Fettschicht mit einer Dichte von einem Gramm je Kubikzentimeter zu bedecken, bräuchte man mindestens 573 Kilo Fett. Nimmt man dann noch das eigentliche Körpergewicht hinzu, müsste ein kugelsicherer Mensch ungefähr 650 Kilo wiegen.

Hans-Ulrich Mast

*
Fossilwerdung

Ich würde nach meinem Tod gern zu einem Fossil werden. Kann ich irgendetwas tun, um meine Chancen in dieser Hinsicht zu verbessern, und wo sollten meine sterblichen Überreste am besten bestattet werden? Wie schnell kann ich zu einem Fossil werden?

D.J. Thompson

Sie wollen also zu einem Fossil werden? Das ist sehr lobenswert, jedoch haben Sie von vornherein schlechte Karten. Mit einem harten, mineralisierten Außenskelett und dem Meer als Lebensraum wären Ihre Aussichten viel besser. Aber fangen wir mit dem an, was Sie haben: ein Innenskelett und darum herum ein paar Weichteile.

Das weiche Gewebe können Sie in der Regel vergessen. Wenn Sie beim Bergsteigen oder Skilaufen in eine Gletscherspalte fallen, werden Sie vielleicht zu einer verschrumpelten Mumie, aber das ist keine echte Fossilbildung, sondern der Abbau kommt nur eine Zeit lang zum Stillstand. Wenn Sie wirklich die Wirrungen der erdgeschichtlichen Zeiträume überstehen wollen, müssen Sie sich auf Zähne und Knochen konzentrieren. Dort werden bei der Fossilbildung zusätzliche Mineralien eingelagert, also sollten Sie vielleicht ein wenig vorausdenken und bei der Ernährung anfangen: Käse und Milch steigern den Calciumgehalt der Knochen. Und achten Sie vor allem auf Ihre Zähne, denn die bieten die beste Gewähr für eine langfristige Zukunft. Also suchen Sie sich einen guten Zahnarzt und halten Sie dort die Termine ein.

Danach geht es nur noch um drei Dinge: die richtige Stelle, die richtige Stelle und die richtige Stelle. Sie müssen sich zum Sterben einen Platz aussuchen, wo Sie anschließend lange Zeit ungestört bleiben. In manchen Fällen hat es mit Höhlen gut geklappt, also sollten Sie es vielleicht mit Höhlenforschung versuchen und Orte in Ihrer näheren Umgebung auskundschaften, aber vergessen Sie nicht das richtige Training!

Als Alternative kommt ein schnelles Begräbnis infrage. Damit meine ich nicht den Eilservice eines Bestattungsinstituts aus dem Telefonbuch, sondern etwas Natürliches, Dramatisches – so etwas, dem das entfernte Grummeln eines Vulkans und eine unvollendete Frage nach dem Motto »Was war …« vorausgeht.

Um die richtige natürliche Gelegenheit zu finden, müssen Sie unter Umständen eine Reise unternehmen. Kurz vor Beginn der Regenzeit in einem ausgetrockneten Flussbett in der Wüste zu zelten, wäre sicher eine ganz gute Idee. Auch lange Spaziergänge in den Überschwemmungsebenen tropischer Flüsse können Sie an den richtigen Ort führen: Dort werden Sie in feinem, sauerstofffreiem Schlamm begraben. Oder wie wäre es mit einem tollkühnen Picknick am Abhang eines aktiven Vulkans? Aber lassen Sie sich vorher geologisch beraten – schließlich wünschen Sie sich ein Begräbnis in einem hübschen Ascheregen und keine Einäscherung durch glühende Lava.

Wo wir gerade beim Picknick sind: Fossiler Mageninhalt kann wichtige Erkenntnisse über die Paläo-Ernährung liefern, deshalb wäre eine handfeste letzten Mahlzeit nicht schlecht. Und ich meine wirklich handfest. Pizza oder Hamburger halten sich nicht, aber Muscheln oder Früchte mit großen Kernen (die Sie schlucken müssten) werden die Wissenschaftler der Zukunft faszinieren.

Und schließlich sind auch fossile Spuren (Zeichen im Gestein, die auf das Verhalten von Tieren schließen lassen) immer sehr willkommen. Schön wäre beispielsweise eine hübsche Reihe von Fußabdrücken, die zu Ihrem letzten Aufenthaltsort führt. Gehen Sie am besten gleichmäßig, ohne zu hüpfen oder zu springen, denn das würde die Analyse Ihres Bewegungsablaufes nur erschweren.

Natürlich ist die Chance auf einen Sechser im Lotto größer als die, zu einem Fossil zu werden. Aber wenn Sie auf einen Platz in der Erdgeschichte aus sind, lassen Sie von sich hören. Die Geologen sind immer auf der Suche nach interessanten neuen Funden, also teilen Sie uns mit, wo Sie sich aufhalten werden. Wir können es einrichten, dass Sie beispielsweise in einer Million Jahren ausgegraben werden.

Tony Weighell

 

Die Antwort auf diese Frage bekam ich vor 50 Jahren, als ich an der University of St Andrews in Schottland Geologie studierte. Der Name des Dichters und der Titel sind mir leider entfallen. Ich zitiere den nachfolgenden Text aus dem Gedächtnis, ein paar Wörter könnten also falsch sein.

Dave Duncan

Elegie für Professor Buckland

Wo sollen wir unsern Professor begraben,

Damit seine Knochen in Frieden ruh’n?

Wenn wir eine Felsgruft gehauen haben,

Steht er auf, um was mit den Steinen zu tun.

Schon bald hat er dann jede Schichtung zerhackt

Weil unter der Erde stets Ehrgeiz ihn packt.

Heben wir aber mit Schaufeln und Händen

Eine Grube im Alluvialboden aus,

Wird er sofort das Werkzeug entwenden

Aus dem eigenen geologischen Haus.

Eine junge Schicht ist dem Professor zuwider,

Also betten wir dort seine sterblichen Glieder,

Dazu die Tropfen einer kalkharten Quelle,

Und bald wächst ein Stalaktit an der Stelle.

Nach Oxford wird der versteinerte Weise gebracht

Sobald die Krusten ihn hart gemacht;

Bei Mammuts und Krokodilen im Schrank

Mag er steh’n als Denkmal von eigenem Rang.

In dem Gedicht, an das Dave Duncan sich nach 50 Jahren noch erinnerte, brauchten wir nur wenige Worte zu korrigieren. Der Ratschlag, den Stalaktiten die Arbeit des Einbalsamierens zu überlassen, findet sich in der zweiten Hälfte der »Elegie für Professor Buckland«, die Richard Whately 1820 verfasste. William Buckland (1784–1856) lehrte an der Universität Oxford und war einer der berühmtesten Geologen seiner Zeit. Er war allgemein als Exzentriker bekannt und behauptete, er habe schon Tiere aus allen systematischen Gruppen des Tierreiches verspeist. Sein Zeitgenosse Augustus Hare berichtete, wie Buckland an einer Urne vorüberkam, in der das Herz eines verstorbenen französischen Königs aufbewahrt wurde: »Er rief aus: ›Ich habe schon die seltsamsten Dinge gegessen, aber das Herz eines Königs habe ich noch nie probiert‹, und bevor ihm irgendjemand Einhalt gebieten konnte, hatte er es verschluckt. Die kostbare Reliquie war für immer verloren.«

 – Red.

 

Sie haben nur sehr geringe Chancen, zu einem Fossil zu werden, aber Sie können die Aussichten deutlich verbessern, wenn Sie eine Seebestattung wählen. Sie müssen allerdings dafür sorgen, dass das Wasser sehr tief ist. Flache Meere sind nämlich aufgewühlt und voller Lebewesen, die Ihre sterblichen Überreste nur allzu gern verzehren. Landflächen neigen zur Erosion, und deshalb bestehen selbst dann, wenn Ihre Leiche begraben wird, nur geringe Chancen einer Fossilbildung. In der Tiefsee dagegen gibt es nur wenig Leben, und noch weniger Lebewesen sind im Meeresboden zu Hause, wo Sie vielleicht im Sediment begraben werden. Achten sie darauf, dass der Ort der Bestattung sich nicht in der Nähe einer tektonischen Subduktionszone befindet, denn dort wird die Erdkruste abgebaut, und Sie würden sehr schnell zusammen mit ihr im Magma verschwinden.

Der feine Schlick wird dazu beitragen, Ihren Körperbau zu erhalten, und die Fossilbildung könnte fortschreiten, bis Sie nur noch eine Silhouette aus Kohlenstoff und versteinerten Körperflüssigkeiten sind. Dies liegt vor allem daran, dass Schlamm sich über Ihnen ablagert und mit seinem Gewicht alles zusammendrückt. Dafür sollten Sie ungefähr 200000 Jahre einkalkulieren.

Die besten Aussichten auf eine gute Erhaltung bestehen natürlich, wenn Sie in Bernstein eingeschlossen werden, aber dann müssten Sie es auch so einrichten, dass der Bernstein in einem stabilen Umfeld eingebettet wird, was für einen Verstorbenen nicht so einfach ist.

Und schließlich sollten Sie einen goldenen Gegenstand mit Ihrem Namen bei sich tragen, damit man Sie identifizieren kann. Dieses Objekt wird wahrscheinlich länger erhalten bleiben als Ihre sterblichen Überreste.

Jon Noad

 

Wir danken dem naturhistorischen Museum der Universität Oxford, das ausführlicher über Bucklands Leben berichtet.

 – Red.

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