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Ich hatte den Entschluss gefasst, aus meinen sicheren Job, den ich 10 Jahre lang innehatte, aus persönlichen Gründen auszusteigen. Ich wollte mir eine kurze Auszeit gönnen und dann wieder durchstarten. Der Wechsel ging, wie so oft wenn man konkrete Pläne hat, gründlich schief. Ich habe auf meinem Weg zum neuen Job Erfahrungen und Erlebnisse mit der Agentur für Arbeit zum einen und den Privaten Arbeitsvermittlungen zu anderen gesammelt, die mich und mein Umfeld teils erschreckt und teils sehr belustigt haben. Es gab so eine Fülle seltsamer Ereignisse, dass ich irgendwann begonnen habe, dies aufzuschreiben. Die gesammelten Erfahrungen lassen mich jede Statistik zur realen Zahl Arbeit suchender oder vermittelter Arbeitsloser anzweifeln. Ich habe keine Anklageschrift verfasst, im Gegenteil! Es ist eher eine Motivationsschrift und dazu geeignet, auf einige Dinge nicht hereinzufallen und sich der Funktionalität einer Behörde ja nicht so sicher zu sein! Man darf sich nicht auf die Unterstützung der eigentlich zuständigen Institutionen verlassen. Im Gegenteil: Eigeninitiative und Motivation, Sammeln von Informationen und eine große Portion Zuversicht, Humor und Energie sind die verlässlichsten Verbündeten im Dschungel der schwarzen und weißen Schafe des Arbeitsmarktes.
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Veröffentlichungsjahr: 2014
Wie ein Jobwechsel zum Survivaltraining werden kann
Vorgeschichte
Nach 10 Jahren, in denen ich den Träumen und Zielen meines Arbeitgebers engagiert und ergeben gefolgt war, machte sich eine Art der Abnutzung in mir breit. Warum, war mir anfangs nicht klar – ich schob es schlichtweg auf Überarbeitung.
Immer öfter stellte sich mir aber die Frage: Was war bis hierher? Und: Wohin geht es noch? Gibt es einen Platz zwischen Grenzen und Kraftquellen, Routine und Veränderung? Die eigene Standortbestimmung wird zum Thema. Der Wunsch, dem andauernden Ungleichgewicht zwischen den Leistungsanforderungen an sich selbst / durch die Umwelt, dem eigenen Energiehaushalt zu entfliehen.
War es doch in höchstem Maße unbefriedigend geworden, sich durch die Woche zu kämpfen, am Wochenende konzentriert für die Belange der Familie da zu sein und am Sonntagnachmittag den Montagmorgen schon wieder im Kopf zu haben. Zurück auf Los und wieder an die Arbeit! Ein ewiger, immer gleicher Kreislauf. Würde mich das alles befriedigen, hätte ich kein Problem damit. Aber im Grunde erschöpft es mich nur zusehends und vermittelte das Gefühl, dass daran etwas nicht so richtig stimmte. Um es anders auszudrücken: Ich war gefangen in diesem endlos laufenden Hamsterrad, aus dem es keine Flucht zu geben schien. Das war mir einerseits klar, anderseits aber meine große Befürchtung. Es gab keine einfache Lösung.
Es machte nicht wirklich einen Sinn, sich eventuell ein paar Monate lang intensiv zu erholen, nur um dann so wie vorher weiter zu machen!
Dieser Zustand war nicht nur ein Zeichen des Körpers, sondern auch der Seele. Ein Alarmsignal: Es ist Zeit für eine Veränderung, Zeit, eigene überhöhte Ansprüche an sich selbst zu entdecken, und auf ein gesundes Maß zu reduzieren.
Es wird unterschwellig unterstellt, dass man deswegen ein Rad dieser großen Maschine namens Arbeitswelt ist, um seine Bedürfnisse befriedigen zu können.
Ist dieses Gefüge nur da, damit ich mir Wohnung, Urlaub, Kinder leisten kann? Das konnte nicht alles sein! Wie gesagt, irgendetwas stimmte nicht. Ich hatte das Gefühl, dass mir die Arbeit immer mehr nahm, statt mir etwas zu geben.
Von Beginn an war ich Teil der Entwicklung eines kleinen Privatunternehmens von 3 Mitarbeitern zu einem dynamisch wachsenden mittelständigen Unternehmen von fast 30 Mitarbeitern. Ich war im Laufe dieser rasanten Entwicklung in vorher noch gar nicht abzusehende neue Aufgabenspektren hineingewachsen, hatte 2 völlig verschiedene Arbeitsplätze gleichzeitig und eigenständig ausgeübt, viel Neues und Innovatives gelernt und mitgeschaffen. Ich war Teil einer Entwicklung geworden und auch stolz auf Erreichtes. Aber es wuchs mir über den Kopf. Ich war nicht glücklich, sondern ständig gehetzt, wie auf der Flucht und ständig am Umschalten im Kopf. Die beiden Arbeitsplätze lagen nicht nur inhaltlich und tätigkeitsbezogen auseinander, sondern auch räumlich. Man konnte somit an keiner Stelle für längere Zeit konzentriert arbeiten, da der mobile Funkgong für eintretende Besucher und das Mobilteil des Telefons ständiger Begleiter und ständige Störquelle im Arbeitsfluss und bei der Konzentration auf die Arbeit waren und auch permanent für einen schnellen Ortswechsel sorgten. Das hieß: pausenlos Alarmstufe Rot.
Es gab einen weiteren Punkt, der mir permanent im Kopf herumging - die Firmenphilosophie und Außenwirkung hatten sich total verändert. Hinter vielen Aspekten dieser neuen Entwicklung stand ich nicht mehr und begann mich innerlich davon zu lösen. In den ersten Jahren sprachen die Ergebnisse der manuellen Arbeit und die Kundenzufriedenheit für das Image der Firma. Mittlerweile rückten groß angelegte Marketingaktionen und ausgedehnte Außendienstaktivitäten immer mehr in den Vordergrund. All das sind Dinge, die erst einmal finanziert werden müssen! War das in diesem Umfang überhaupt sinnvoll? Im ländlichen Bereich läuft bekanntlich alles etwas anders ab als auf dem harten Markt der großen Städte.
Das Team, die Basis, die eigentliche Grundlage des Unternehmens rückten oftmals zu sehr in den Hintergrund. Diese Gedanken konnte man natürlich nicht abschalten zu Hause, sie fraßen weiter.
Plötzlich begann ich die Reportagen über die Menschen mittleren Alters, die alles hinter sich ließen und ihr Glück in einer Balinesischen Strandbar oder einem kalifornischen Bikershop suchten, nicht mehr zu belächeln. Nein, ich begann zu verstehen, was diese Menschen trieb. Es war der gleiche Frust, die gleiche Unruhe, die gleichen Gedanken über die nächsten 20 Jahre des Lebens, wenn es eben diese letzten 20 in gut nutzbarem physischem und psychischem Zustand vor der Rente waren.
Ich hatte einen Job, den ich sicher bis dahin hätte behalten können. Aber wollte ich das auch? Ich besaß das (wie er es nannte) Urvertrauen meines Arbeitgebers, aber seltsamerweise bedeutete es mir nichts mehr und immer deutlicher fühlte ich mich am falschen Ort. Meine Familie zog mittlerweile mit vereinten Kräften teils zornig, teils besorgt an der Notbremse. Wenn man monatelang über solch einem Zustand brütet, genügt irgendwann ein kleinerer Auslöser und man ist bereit für den Cut. So war es irgendwann dann auch.
Bewerbungen hatte ich bereits einige Wochen lang verfasst, es gab für mich einen Favoriten und so tat ich etwas, womit zu diesem Zeitpunkt weder mein Chef, noch die Kollegen jemals gerechnet hätten – ich kündigte. Es folgten sehr emotionale Tage, aber irgendwie fühlte es sich richtig an. So viel Zeit, wie in der nächsten Woche hatte ich in den letzten Jahren nicht mit dem Chef verbracht. Er kannte mich zu gut, um nicht zu wissen, wie ernst und durchdacht diese Handlung von mir war. Hatte ich jeden Morgen innerhalb der ersten Sekunden eine grobe Bestandsaufnahme seines seelischen Zustandes beim Betreten der Firma aufnehmen können, kehrte diese Fähigkeit in dieser Woche auch zu ihm zurück. Er wusste, nichts und niemand würde mich umstimmen können.
Und ich ging zuversichtlich und befreit in meine selbst gewählte Auszeit – nicht außer Landes, sondern ….nach Hause.
Dass in meinem Alter sicherlich die Jugend bei der Bewerberauswahl Vorteile genießt, war mir bewusst. Aber ich war eine strukturierte, durchdachte und zielorientierte Arbeitsweise gewöhnt, hatte vielschichtige Erfahrungen sammeln können, war multitaskingfähig und in fast jeder Lebenslage Herr meiner Nerven (wobei sich der Grad der Belastung einem geübten Beobachter nur in gesteigertem Schokoladenkonsum und dem Grad der in Belastungssituationen ausbrechenden subtilen Ironie offenbarte).
Ich war jetzt an dem Aussteigerpunkt angelangt, brauchte Zeit für mich, zum Sammeln und Wiederfinden und um all die Dinge zu tun, die ich schon ewig vor mir her schob.
Dann wollte ich mit frisch gestärktem Selbstvertrauen wieder einsteigen in den Alltag. So der Plan. Mein Plan. Aber eben auch nur mein Plan. Obwohl ich nicht ohne Information und genaues Durchdenken und Abwägen an die Sache herangegangen war, sollte ich mit Situationen und Problemen konfrontiert werden, die meinen Glauben an komplexe Abläufe, Strukturen und menschliche Auffassungsgabe stark erschütterten und die mich oft zwischen erstaunter Ungläubigkeit, belustigtem Kopfschütteln und Fassungslosigkeit schwanken ließen.