Wie man in Paris mit fünfzig die Liebe findet (und andere wichtige Fragen) - Pascal Morin - E-Book

Wie man in Paris mit fünfzig die Liebe findet (und andere wichtige Fragen) E-Book

Pascal Morin

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Beschreibung

Das Begräbnis der polnischen Einwanderin endet in einem Fiasko: Die übergewichtige Tote passt in ihrem ausladenden Sarg nur hochkant durch die Tür zur Grabkammer und muss die ewige Ruhe deshalb in aufrechter Haltung finden ... Catherine Tournant wohnt der Beerdigung voller Mitgefühl bei. Sie unterrichtet Natacha, die Tochter der Toten, und will die Achtzehnjährige davon abbringen, die Schule vor dem Abitur abzubrechen. Doch ihre Fürsorglichkeit wird Catherine schlecht gedankt: Nach Natachas Besuch bei ihr kursiert plötzlich das Gerücht, die Lehrerin mache sich an ihre Schülerinnen heran. Catherine lässt sich empört krankschreiben und zuhause erst einmal ihr Bad neu kacheln. Als der senegalesische Klempner mit der Arbeit beginnt, ist das wie der berühmte Flügelschlag des Schmetterlings: Wenn das Bad fertig ist, wird Catherines Leben ein anderes sein - ebenso wie das von Natacha, die ihren eigenen Weg zum Glück entdeckt.

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www.bloomsbury-verlag.de

Für Emmanuel

Übersetzung aus dem Französischen von Claudia Steinitz

Vollständige E-Book-Ausgabe der im Bloomsbury Verlag erschienenen Buchausgabe

1. Auflage 2014

ISBN 978-3-8270-7759-2

Die Originalausgabe erschien unter dem Titel „Comment trouver l‘amour à cinquante ans quand on est Parisienne (et autres questions capitales)“ 2013 bei Éditions du Rouergue

© 2013 Éditions du Rouergue

Für die deutsche Ausgabe © Berlin Verlag in der Piper Verlag GmbH, Berlin 2014

Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur, München

Datenkonvertierung: Greiner & Reichel, Köln

»Wenn er nach Zeit und Umständen sein Wesen änderte, würde sich sein Glück nicht ändern.«

Niccolò Machiavelli, Der Fürst (deutsch von Ernst Merian-Genast)

ERSTER TEIL

Sie mussten den Sarg auf die Kante stellen. Waagerecht passte er nicht durch die gemauerte Tür der Grabkammer, die in der hohen Betonwand der »Sektion für Bedürftige« für sie reserviert war. Die Verstorbene war zu dick.

Catherine Tournant, die ernst und schwarzgekleidet danebenstand, wurde angesichts dieser grotesken Situation vom Grauen gepackt. Eben noch hatte sie in Gedanken über den Tod von Sylvia Jackowska, Mutter ihrer Schülerin Natacha, gespottet, nun stellte sie sich das Innere der Holzkiste vor und bremste den Strom sarkastischer Gedanken, die in ihrem Geist aufblitzten. Unter anderen Umständen hätte sie sich darauf konzentriert, eine lapidare Bemerkung mit roter Tinte für den Seitenrand der Szene zu formulieren, die sie gerade erlebte. Allzu gern ließ sie dieser reinsten Manifestation einer Berufskrankheit freien Lauf. An diesem Tag jedoch erlaubte sie es sich nicht.

»Das ist ja eklig!«, sagte sich indessen Natacha Jackowska. Ihre Mutter würde also nicht wie eine anständige Leiche mit über dem Bauch verschränkten Händen auf dem Rücken ruhen. Nein, ihre Lage würde auf ewig demütigend bleiben. Ihre Mutter war sowieso nie wie die anderen gewesen. Sie war riesig. Ein Phänomen. Der Sarg, die größte verfügbare Größe im städtischen Depot, war mit ihrem Körper gefüllt, aber nicht wie ein Bett, sondern wie ein Bottich. Ihre Mutter lag sogar im Tod außerhalb der Norm. Das hatte Natacha immer schon gewusst. Bereits als Kind hatte sie es begriffen. Und Natacha Jackowska, Schülerin der zwölften Klasse des literarischen Zweigs im Lycée Saint-John-Perse von Aulnay-sous-Bois, wo sie für magere Ergebnisse mächtig ackern musste, Natacha Jackowska, Tochter dieser polnischen, von ihrem eigenen, unförmig gewordenen Leib erstickten Emigrantin, seit nunmehr zweiundsiebzig Stunden Waise, zeigte zum ersten Mal seit langer Zeit ein kleines Lächeln.

Catherine bemerkte es. Sie fragte sich, was in so einem Moment die Ursache dafür sein mochte. Trotz der konkreten Unterstützung, die sie ihr gegeben hatte, indem sie sie zum Rathaus begleitete, um die nötigen Schritte beim Bestattungsdienst zu unternehmen, und indem sie einen Termin mit einer Sozialarbeiterin für sie vereinbarte, hatte sie sich nicht wirklich für Natacha interessiert. Sie verpasste sich in Gedanken die Randbemerkung: »Muss aufmerksamer für andere werden.« Außerdem hätte sie nur allzu gern gewusst, worüber sich das Mädchen in all seinem Elend amüsierte.

Natacha beherrschte sich sogleich wieder und setzte die reglose Miene des traurigen Kindes auf, die sie stets wie eine Maske getragen hatte. Sie war seit zwei Monaten volljährig, war im Juli achtzehn geworden. In der Fünften war sie einmal sitzengeblieben, aber seitdem nie mehr. Allerdings schaffte sie die nächste Klasse immer nur mit Hängen und Würgen. Den literarischen Zweig hatte sie nicht aus Lust, sondern aus Berechnung gewählt: In Mathe war sie völlig aufgeschmissen, und sie sprach Polnisch. Diese beiden Tatsachen hatten auch ihre Lehrer bewogen, sie auf diesen Weg zu lenken, von dem sie nicht wusste, wo er sie hinführen sollte. Sie las nicht gern, schrieb nicht gern und ertrug die endlosen Philosophiestunden nur, indem sie sich in eine Fantasiewelt absoluter Freiheit und brutaler Abrechnung flüchtete, immer blieb sie stumm und ausdruckslos, unauffällig. Sie verstand nicht so richtig, warum sich Madame Tournant um sie kümmerte.

»Ich bin volljährig und geimpft«, sagte sich Natacha Jackowska wieder und wieder.

Sie zählte die Leute. Vierzehn. Kein Familienangehöriger. Fünf Mitarbeiter der Stadtverwaltung. Madame Tournant, trocken und würdevoll. Cindy Pruvot, ihre einzige Freundin, mit ihrem ewig gleichen dicken Pullover aus bunter Wolle. Sieben andere Klassenkameraden, die das Begräbnis als Vorwand nutzten, um einen Vormittag lang den Unterricht zu schwänzen. Das war ihre Welt. Und nun war ihre Mutter tot, die nie einen Mann gehabt hatte, keinen Mann jedenfalls, der Natacha Jackowska als Vater hätte dienen können. Und kein weiteres Kind.

»Was hast du jetzt vor?«, fragte Madame Tournant gleich nach dem Ende der Beisetzung besorgt. Sie versuchte, die Rolle der erfahrenen, aufmerksamen und menschlichen Vertrauten besonders überzeugend auszufüllen, weil sie sich Vorwürfe machte, sie nicht früher eingenommen zu haben.

Erst als Natacha diese Frage hörte, begriff sie, dass die Zeremonie schon vorbei war. Sie sah, wie die Kammer mit einem Zementdeckel verschlossen wurde, wie man mit der Kelle den Sarg einmauerte, der für alle Zeiten auf der Kante stand. Natacha war felsenfest überzeugt, dass sie nie wieder auf diesen Friedhof kommen würde. Sie fühlte sich von einer Last befreit und konnte nicht anders, als Madame Tournant diesmal ganz unverhohlen anzugrinsen.

»Keine Ahnung«, antwortete sie unbekümmert.

Sie lehnte die Einladung der Lehrerin zum Mittagessen höflich mit der Behauptung ab, sie habe alles Nötige zuhause und wolle jetzt allein sein, winkte Cindy kurz zu und wandte sich ab.

Catherine Tournant ging zum Bahnhof. Sie war gleichzeitig entsetzt von dieser Beisetzung, der sie in Gedanken das Prädikat »unglaublich« gab, und besorgt um ihre Schülerin. »Ich kenne sie so schlecht«, sagte sie sich. »Wie kann ich ihr nur Trost spenden?«

Wenige Tage zuvor hatte sie ihrer Klasse, der 12L, erklärt, man brauche immer einen »Auslöser«, um eine Geschichte zu erzählen:

»Nach der Vorstellung einer Ausgangssituation, zum Beispiel ›Es waren einmal ein armer Fischer und seine Frau‹, muss etwas passieren: ›Eines Tages fing er einen goldenen Fisch‹.«

Man musste die Glückseligkeit durch einen Zwischenfall unterbrechen, die Einsamkeit durch eine Begegnung stören, den Überfluss durch eine Katastrophe beenden. Man hatte die Wahl, und die Autoren hatten alle möglichen Strategien ausprobiert, aber es war fast unmöglich, von diesem Prinzip abzuweichen. Man ging vom Zustand zur Aktion über, von der Beschreibung zum Erzählen, vom imparfait zum passé simple, und zwar mit dem Adverb »plötzlich«.

Wie schon oft in den letzten Monaten war Catherine beim Reden in Gedanken zwischen den mit Misteln bedeckten Pappeln herumgewandert, die sie durch das Fenster in der Ferne sah. Sie wusste, dass sie den Canal de l’Ourcq säumten, auch wenn sie sich nie so weit gewagt hatte. Seit siebzehn Jahren arbeitete sie jetzt schon am Lycée Saint-John-Perse, es war ihre dritte Stelle. Ein Schuljahr jagte das andere, mehrere Tausend Schüler der zehnten, elften und zwölften Klasse zogen vorbei, denen sie geduldig die Kenntnisse zu vermitteln suchte, die man normalerweise schon in der sechsten erwarb. Sie hatte aufgehört, sich über die Komplexität der Lehrpläne, die Verflachung der Texte durch die Analyse und die Vernichtung der Lesefreude den Kopf zu zerbrechen, und war einer zunehmenden Betäubung verfallen. Catherine Tournant fühlte sich nur wohl, wenn sie in Gedanken hinter dem Schulzaun bei den Pappeln war. Sie unterrichtete, ohne dabei zu sein, diskret und unauffällig, für alle tadellos.

Vor dem Ende der Stunde hatte sie die Anwesenheit in das dafür bestimmte Heft eingetragen. Natacha Jackowska fehlte, und Catherine hatte ihre Schüler gefragt, ob sie krank sei und ob sie etwas von ihr wüssten.

»Sie ist nicht krank«, hatte Cindy Pruvot geantwortet, die sonst neben Natacha saß. »Es ist wegen ihrer Mutter. Sie ist gestorben.«

Nach dem ersten Schock über diese Mitteilung hatte sich Catherine inmitten der spontanen Stille, die sich in Raum 221 ausgebreitet hatte, sofort gefragt, wie sie ihrer Schülerin helfen könne. Unter diesen Umständen wollte sie keinesfalls die anonyme Lehrerin bleiben. Sie hatte ihre Prinzipien und versuchte immer daran zu denken, dass sich hinter jedem Gesicht ein Schicksal verbarg. Eine Persönlichkeit. »Etwas Menschliches.«

Gewiss. Aber an diesem Morgen Ende September, wenige Tage vor der grotesken, glanzlosen Beisetzung von Sylvia Jackowska, erkannte sie inmitten der blassen Reihe identischer Tage in diesem Ereignis keinen der »Auslöser«, die ihre Schüler in fiktionalen Texten erkennen sollten. Wenn man ihr gesagt hätte, dass sie sich noch vor Ende dieses Schuljahres verlieben würde, hätte sie es nicht geglaubt. Und dennoch würde die unglaubliche Veranstaltung auf dem Friedhof ebenso wie der berühmte Flügelschlag des Schmetterlings unerwartete Folgen haben.

Nach der Beisetzung ging das Leben wieder seinen gewohnten Lauf, und nach kaum zwei Wochen hatte Catherine dieses Ereignis an seinen Platz und ins Präteritum verwiesen. Es war Montagabend, sie saß an ihrem Schreibtisch und korrigierte sorgfältig einen Stapel Klassenarbeiten, die sie ihren Schülern am nächsten Tag zurückgeben würde. Sie wollte die lästige Pflicht hinter sich bringen und hatte sich darauf eingestellt, den Abend zu opfern, um fertigzuwerden. Natürlich hätte sie lieber ferngesehen, aber sie wollte auf keinen Fall so werden wie manche Kollegen, die schriftliche Arbeiten ohne Gewissensbisse Wochen später oder unter dem Vorwand, sie seien so schlecht, gar nicht mehr austeilten, anstatt das Ausmaß ihrer eigenen Faulheit zuzugeben.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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