Wilde Iris - Louise Glück - E-Book
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Wilde Iris E-Book

Louise Glück

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Beschreibung

Ausgezeichnet mit Literaturnobelpreis 2020

Die 56 Gedichte in diesem Band besingen den unüberwindlichen Gegensatz zwischen dem ewigen Kreislauf der Natur und dem individuellen menschlichen Leben, die Diskrepanz zwischen dem Garten Eden und der Conditio humana. Louise Glück interessiert dabei nicht der Sündenfall. Mit ihrer klaren, scheinbar schlichten Sprache versetzt sie sich mal in eine Pflanze, mal in einen Gärtner, mal in Gott – und erkundet so die Essenz des menschlichen Seins.

Zweisprachige Ausgabe. Ins Deutsche übertragen von Ulrike Draesner.

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Zum Buch

»Was ist die ›Wilde Iris‹ doch für ein erstaunliches Buch, geschrieben in der Sprache der Blumen. Es ist ein Liederzyklus mit all den entsprechenden Trauerklängen, setzt ganz auf die poetische Kraft und bewahrt doch das Bild des alten Troubadours – mit Frühling, den biblischen Lilien auf dem Felde, dem ewigen Kreislauf der Natur.« The New Republic

Die Gedichte in diesem Band besingen den unüberwindlichen Gegensatz zwischen dem ewigen Kreislauf der Natur und dem individuellen menschlichen Leben, die Diskrepanz zwischen dem Garten Eden und der Conditio humana. Louise Glück interessiert dabei nicht der Sündenfall. Mit ihrer klaren, scheinbar schlichten Sprache versetzt sie sich mal in eine Pflanze, mal in einen Gärtner, mal in Gott.

Und natürlich geht es dabei um den Menschen, der hadert und kämpft, der liebt und lacht, verzweifelt ist und sich sehnt, der Ewigkeit will und Endlichkeit hat. Konzepte wie Seele, Liebe, Bewusstsein, Vergessen, Tod und Einsamkeit erhalten eine neue Deutung, der Kontrast zwischen dem Werden und Vergehen der Natur, ihrem unendlichen Kreislauf und dem linearen Dasein, Denken und Planen des Menschen wird von allen Seiten beleuchtet, elegisch, ironisch oder auch wütend, immer von verblüffender, betörender Schönheit.

Zur Autorin

Louise Glück hat bisher zwölf Gedichtbände und zwei Essaysammlungen veröffentlicht. 2020 wurde sie mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet, »für ihre unverkennbare poetische Stimme, die mit strenger Schönheit die individuelle Existenz universell macht«. Glück erhielt u. a. den Pulitzerpreis für Wilde Iris, den Bollingen Prize und den National Book Award. Sie lehrt an der Yale und der Stanford University und lebt in Cambridge, Massachusetts.

Zur Übersetzerin

Ulrike Draesner, geb. 1962 in München, ist Lyrikerin, Romanautorin, Essayistin und Übersetzerin. Nach Jahren in England lebt sie heute in Berlin und Leipzig, wo sie Professorin für literarisches Schreiben ist.

Louise Glück

WILDE IRIS

GEDICHTE

Aus dem Amerikanischen von Ulrike Draesner

Sammlung Luchterhand

Die Originalausgabe erschien 1992 unter dem Titel

The Wild Iris bei The Ecco Press, New York.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Das aktuelle Nachwort der Übersetzerin Ulrike Draesner findet sich unter www.luchterhand-verlag.de/nachwort

Leider ist es aus technischen Gründen nicht möglich, im E-Book die Gedichte der zweisprachigen Ausgabe nebeneinander zu platzieren, daher folgt hier die englische Fassung eines Gedichts stets der deutschen.

Copyright © 1992 Louise Glück

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe

2008 und 2020 Luchterhand Literaturverlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

Umschlaggestaltung: RME Roland Eschlbeck/Ruth BotzenhardtCovermotiv © mauritius images

Umsetzung eBook: Greiner & Reichel, Köln

ISBN 978-3-641-27959-2V001

www.luchterhand-literaturverlag.de

www.facebook.com/luchterhandverlag

Für Kathryn Davis Meredith Hoppin David Langston

Für John und Noah

WILDE IRIS

Am Ende meines Leidens

fand sich eine Pforte.

Hört mir zu: an das, was ihr Tod nennt,

erinnere ich mich.

Über mir Geräusche, schwankende Kiefernzweige.

Dann nichts. Die schwache Sonne

flirrte über der trockenen Fläche.

Es ist furchtbar, als Bewusstsein

zu überleben,

begraben in der dunklen Erde.

Dann war es vorbei: was ihr fürchtet,

eine Seele zu sein und nicht sprechen

zu können, nahm ein jähes Ende, die harte Erde

gab etwas nach. Und was ich für Vögel hielt,

huschte durch niedriges Gebüsch.

Euch, die ihr euch nicht erinnert

an den Übergang aus der anderen Welt,

sage ich, ich konnte wieder sprechen: was immer

zurückkehrt aus dem Vergessen, kehrt zurück,

um eine Stimme zu finden:

aus der Mitte meines Lebens sprang

eine hohe Fontäne, tiefblaue

Schatten auf Meeresazur.

THE WILD IRIS

At the end of my suffering

there was a door.

Hear me out: that which you call death

I remember.

Overhead, noises, branches of the pine shifting.

Then nothing. The weak sun

flickered over the dry surface.

It is terrible to survive

as consciousness

buried in the dark earth.

Then it was over: that which you fear, being

a soul and unable

to speak, ending abruptly, the stiff earth

bending a little. And what I took to be

birds darting in low shrubs.

You who do not remember

passage from the other world

I tell you I could speak again: whatever

returns from oblivion returns

to find a voice:

from the center of my life came

a great fountain, deep blue

shadows on azure seawater.

METTEN

Die Sonne scheint; neben dem Briefkasten die Blätter

der geteilten Birke, gefaltet, wie Flossen plissiert.

Darunter die Hohlstängel der weißen Narzissen, Engelstränen, Osterglocken; des wilden

Veilchens dunkles Blatt. Noah sagt,

Depressive hassen den Frühling, Ungleichgewicht

der inneren und äußeren Welt. Mein Fall

liegt anders – schwermütig ja, doch auf eine Art leidenschaftlich

dem lebendigen Baum zugetan, mein Körper

in den gespaltenen Stamm gerollt, beinah friedvoll, im Abendregen

beinah fähig zu fühlen,

wie Saft schäumt und steigt: Noah sagt, es sei

ein Fehlschluss Depressiver, sich mit einem Baum

zu identifizieren, während das glückliche Herz

durch den Garten wandere wie ein fallendes Blatt, ein Bild

für den Teil, nicht für das Ganze.

MATINS

The sun shines; by the mailbox, leaves

of the divided birch tree folded, pleated like fins.

Underneath, hollow stems of the white daffodils, Ice Wings, Cantatrice; dark

leaves of the wild violet. Noah says

depressives hate the spring, imbalance

between the inner and the outer world. I make

another case – being depressed, yes, but in a sense passionately

attached to the living tree, my body

actually curled in the split trunk, almost at peace, in the evening rain

almost able to feel

sap frothing and rising: Noah says this is

an error of depressives, identifying

with a tree, whereas the happy heart

wanders the garden like a falling leaf, a figure for

the part, not the whole.

METTEN

Unnahbarer Vater, als wir zum ersten Mal

aus dem Himmel vertrieben wurden, machtest du

eine Kopie, einen Ort, der sich vom Himmel

in einer Hinsicht unterschied, ersonnen,

um eine Lektion zu erteilen: im Übrigen

alles gleich – Schönheit hier wie dort, Schönheit,

der keiner entkam – Nur dass

wir nicht wussten, was die Lektion war. Allein gelassen

erschöpften wir einander. Jahre

der Dunkelheit folgten; abwechselnd

bestellten wir den Garten, die ersten Tränen

füllten unsere Augen, als ein Dunst

aus Blütenblättern die Erde umfing, manche

dunkelrot, manche fleischfarben –

Wir dachten nie an dich,

den anzubeten wir lernten.

Wir wussten bloß, dass es der menschlichen Natur widersprach,

nur zu lieben, was Liebe erwidert.

MATINS

Unreachable father, when we were first

exiled from heaven, you made

a replica, a place in one sense

different from heaven, being

designed to teach a lesson: otherwise

the same – beauty on either side, beauty

without alternative – Except

we didn’t know what was the lesson. Left alone,

we exhausted each other. Years

of darkness followed; we took turns

working the garden, the first tears

filling our eyes as earth

misted with petals, some

dark red, some flesh colored –

We never thought of you

whom we were learning to worship.

We merely knew it wasn’t human nature to love

only what returns love.

WALDLILIE

Als ich erwachte, war ich in einem Wald. Das Schwarz

schien natürlich, der Himmel zwischen den Kiefern

von zahllosen Lichtern übersät.

Ich kannte nichts; konnte nur schauen.

Vor meinem Blick verblassten alle

Himmelslichter, verschmolzen in eins, ein Feuer,

das durch die kühlen Föhren brannte.

Da war es nicht länger möglich,

in den Himmel zu starren, ohne vernichtet zu werden.

Gibt es Seelen, die der Gegenwart

des Todes so sehr bedürfen wie ich des Schutzes?

Ich glaube, dass ich, spreche ich lang genug,

diese Frage beantworten werde, ich werde sehen,

was auch immer sie sehen, eine Leiter,

die durch die Föhren reicht, was auch immer

sie auffordert, ihr Leben auszutauschen –

Bedenkt, was ich bereits verstehe.

Nichtsahnend erwachte ich in einem Wald;

bis eben wusste ich nicht, dass meine Stimme,

falls mir eine verliehen würde,

so voller Trauer wäre, meine Sätze

eine Abfolge von Schreien.

Ich wusste nicht einmal, dass ich Trauer fühlte,

bis dieses Wort sich einstellte, bis ich Regen

fühlte, wie er von mir strömt.

TRILLIUM

When I woke up I was in a forest. The dark

seemed natural, the sky through the pine trees

thick with many lights.

I knew nothing; I could do nothing but see.

And as I watched, all the lights of heaven

faded to make a single thing, a fire

burning through the cool firs.

Then it wasn’t possible any longer

to stare at heaven and not be destroyed.

Are there souls that need

death’s presence, as I require protection?

I think if I speak long enough

I will answer that question, I will see

whatever they see, a ladder

reaching through the firs, whatever

calls them to exchange their lives –

Think what I understand already.

I woke up ignorant in a forest;

only a moment ago, I didn’t know my voice

if one were given me

would be so full of grief, my sentences

like cries strung together.

I didn’t even know I felt grief

until that word came, until I felt