Wilde Magie - Christine Feehan - E-Book
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Wilde Magie E-Book

Christine Feehan

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Beschreibung

Magisch, erotisch, wild!

In ihrer neuen, atemberaubenden Saga entführt die „New York Times”-Bestsellerautorin ihre Leser in den Urwald von Borneo und erweckt ein ganz besonderes Volk zum Leben: Halb Mensch, halb Tier, können sie sich in gefährliche Raubtiere verwandeln. Doch dann dringt eine junge Frau in ihr Revier ein, und es beginnt ein gefährliches Spiel mit wilder Sinnlichkeit und animalischer Erotik ...

Die schöne Rachel Lospostros ist auf der Flucht vor der eigenen Vergangenheit. Nur knapp entkommt sie einem Anschlag und wird daraufhin von einem geheimnisvollen Fremden gejagt. Sie flieht von Kontinent zu Kontinent, bis sie schließlich die undurchdringlichen Tiefen des Dschungels von Borneo erreicht. Hier hofft sie, endlich den langersehnten Schutz und Frieden mit sich selbst zu finden. Schon bald stößt sie auf den jungen Rio Santana, einen wilden Eingeborenen, der selbst Träger eines dunklen Geheimnisses ist. Dieser hält sie jedoch für einen Feind und greift sie an. Im Kampf wird Rachel von seinem Hausleoparden schwer verletzt, aber anstatt sie zu töten, kümmert sich Rio um die sinnliche Fremde und pflegt sie hingebungsvoll gesund. Getrieben von einem unstillbaren erotischen Verlangen zueinander, ahnen Rachel und Rio mehr und mehr, dass sie eine ganz besondere Gabe eint ...

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Seitenzahl: 791

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Titel der amerikanischen OriginalausgabeFEVER
Redaktion: Sabine KranzowCopyright © 2006 by Christine FeehanCopyright © 2009 der deutschsprachigen Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,Neumarkter Str. 28, 81673 München.Umschlaggestaltung: Nele Schütz Designunter Verwendung von shutterstock/Arthur-Studio10 (Pärchen),PurzleBird (Planzen)
ISBN 978-3-641-04861-7V004
www.heyne-magische-bestseller.de
www.penguinrandomhouse.de
Inhaltsverzeichnis
 
DAS BUCH
Widmung
Danksagung
 
ERSTER TEIL – Erwachen
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
 
ZWEITER TEIL – Fieber
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
 
Die Autorin
Copyright
DAS BUCH
Verfolgt von einem Unbekannten aus ihrer dunklen Vergangenheit, der ihr über Kontinente hinweg auf den Fersen bleibt, flieht die schöne Rachael Lospostos nach Borneo und hofft, in den grünen Tiefen des Urwalds endlich Schutz und den Frieden mit sich selbst zu finden. Dort stößt sie auf Rio Santana, einen wilden Eingeborenen und Gestaltwandler, dessen Nebelparder die junge Frau schwer verletzt. Anstatt sie jedoch zu töten, was mit Eindringlingen eigentlich zu geschehen hat, kümmert sich Rio um die sinnliche Rachael und pflegt sie hingebungsvoll gesund. Rachael spürt die Gefahr, die von Rio ausgeht, fühlt sich jedoch unwiderstehlich zu ihm hingezogen …
 
DIE LEOPARDENMENSCHEN-SAGAErster Roman: Wilde Magie Zweiter Roman: Magisches Feuer
 
DIE AUTORIN
Christine Feehan ist in Kalifornien geboren, wo sie auch heute noch mit ihrem Mann und ihren elf Kindern lebt. Sie begann bereits als Kind zu schreiben und hat seit 1999 zahlreiche Romane veröffentlicht, für die sie mit mehreren Literaturpreisen ausgezeichnet wurde. Mit über sieben Millionen Büchern weltweit zählt sie zu den erfolgreichsten Autorinnen der USA.
 
Weitere Serien von Christine Feehan bei Heyne:
Der Bund der SchattengängerDie geheimnisvollen Drake-Schwestern
 
Mehr über Autorin und Werk unter:
www.christinefeehan.com
Für meinen Sohn Mark, der so clever war, mir meine wunderschöne Enkeltochter Erin und meinen wundervollen Enkel James zu schenken.
Mein besonderer Dank gilt der wunderbaren Schriftstellerin Lisa Cach, die mir bei der Recherche geholfen hat, und Brian Feehan, der stets zu Diskussionen über Kampfszenen im Urwald bereit war!
ERSTER TEIL
Erwachen
1
 
 
Der sanfte, warme Wind trug die Botschaft durch die üppige Vegetation des Regenwalds, bis hoch hinauf in das dichte Blätterdach, das die Geheimnisse des Dschungels hütete. Direkt unterhalb der Baumkronen, außer Reichweite der meisten anderen Tiere, bauten wilde Honigbienen an ihren Waben. Hörten sie den Wind auch wispern, so achteten sie nicht auf das, was er erzählte und arbeiteten emsig weiter. Doch die unzähligen Vögel, Papageien in bunt schillerndem Gefieder, Schildschnäbel und Falken griffen die Kunde auf und verbreiteten sie auf raschen Schwingen freudekreischend im ganzen Wald. Das wiederum drang durch den Lärm der langschwänzigen Makaken, Gibbons und blätterkauenden Affen an deren Ohr. Schnatternd vor Aufregung hüpften sie ausgelassen von Ast zu Ast. Nur die Orang-Utans, die auf der Suche nach reifen Früchten und essbaren Blättern und Blumen bedächtig umherstreiften, bewahrten in all dem Aufruhr die Ruhe. Es dauerte nicht lang, bis die Nachricht die Runde gemacht hatte, denn hier im Wald hatte man kaum Geheimnisse voreinander, und auf diesen Augenblick hatten sie alle gespannt gewartet.
Die Neuigkeit erreichte ihn, lange bevor er ihren Geruch wittern konnte. Brandt Talbot kauerte sich in das Dickicht, den ganzen Körper in so angespannter Erwartung dass ihm plötzlich das Atmen schwerfiel. Endlich war sie da. Auf seinem Territorium. In seiner Reichweite. Fast wäre es ihm nicht gelungen, sie aufzuspüren, doch nun wurde seine ausdauernde Jagd belohnt. Er hatte einen Köder ausgelegt, um sie in sein Reich zu locken, und sie hatte angebissen. Sie war so nah, dass er sich eisern beherrschen musste, sich nicht zu rasch zu bewegen und sich so zu verraten. Er durfte sie nicht verschrecken, sonst merkte sie womöglich, dass das Netz sich um sie zusammenzog. Hauptsache, es gab kein Entkommen mehr, sobald sie ins Zentrum seines Reviers gebracht wurde, musste jeder Fluchtweg abgeschnitten sein.
Er hatte sein Vorgehen über Jahre geplant, dazu hatte er schließlich reichlich Zeit gehabt. Während er die ganze Welt nach ihr absuchte und sich dabei auf jeden einzelnen Hinweis stürzte wie auf eine Beute. Als er sicher war, die richtige Frau gefunden zu haben, die eine Frau, hatte er seinen Plan umgesetzt und sie mit Hilfe seines Anwalts in den Regenwald gelockt, in sein Revier.
Geschmeidig schlich er durch die dichte Flora, schnell, aber lautlos, und sprang auf seinem Weg zum äußeren Rand des Dschungels mühelos über die umgestürzten Bäume. In der Nähe grunzte ein Nashorn. Das Wild ergriff ängstlich die Flucht, als es ihn witterte. Kam er näher, so liefen die kleineren Tiere hastig vor ihm fort und die Vögel verstummten. Die Affen zogen sich in die oberen Bereiche des Blätterdachs zurück, doch auch sie verhielten sich ruhig, solange er unter ihnen vorbeilief, sie wagten es nicht, seinen Zorn zu erregen.
Der Wald war sein Reich, und er demonstrierte seine Macht nur selten, doch dass in diesem Fall keine Einmischung geduldet wurde, war jedem seiner Bewohner klar. Ohne seine ständige Wachsamkeit und seine unablässige Fürsorge war ihre Welt verloren. Er wachte über sie und bot ihnen Schutz, wofür er kaum eine Gegenleistung forderte. Aber nun verlangte er absoluten Gehorsam. Wer es wagte, sich ihm zu widersetzen, würde einen schnellen, lautlosen Tod sterben.
 
Von dem Augenblick an, in dem Maggie Odessa den ersten Fuß in den Dschungel setzte, sollte alles anders sein. Sie war anders. Sie spürte es genau. Während die Hitze an der Küste drückend, ja erstickend gewesen war, schien die gleiche Hitze im Wald sie in eine seltsam duftende Welt voller verschiedener Gerüche einzuhüllen. Mit jedem Schritt, den sie tiefer in den Dschungel eindrang, wurde ihre Wahrnehmung schärfer. Aufmerksamer. Als ob sie aus einem Traum erwachte. Sie war viel hellhöriger, konnte verschiedenste Insektenlaute unterscheiden, das Trillern von Vögeln und das Kreischen der Affen. Selbst das Wispern des Windes in den Zweigen und das Rascheln der kleineren Tiere in den Blättern hoch oben entgingen ihr nicht.
Als Maggie zum ersten Mal von ihrer Erbschaft erfahren hatte, wollte sie das Haus zunächst verkaufen, ohne es sich überhaupt anzusehen – aus Respekt vor ihrer Adoptivmutter. Jayne Odessa hatte Maggie das Versprechen abgenommen, den Regenwald niemals aufzusuchen. Schon allein die Vorstellung ängstigte Jayne derart, dass sie Maggie mehrfach gebeten hatte, sich dieser Gefahr nie auszusetzen. Maggie liebte ihre Adoptivmutter sehr und wollte sie nicht enttäuschen, doch nach Jaynes Tod hatte sich ein Rechtsanwalt bei ihr gemeldet und ihr eröffnet, dass ihre leiblichen Eltern wohlhabend gewesen waren – Naturforscher, die gewaltsam zu Tode gekommen waren, als Maggie noch klein war – und dass sie ihr ein Haus tief im Regenwald von Borneo hinterlassen hatten. Diese Versuchung war zu groß, um ihr zu widerstehen. Trotz der Versprechen, die Maggie ihrer Adoptivmutter gegeben hatte, war sie um die halbe Welt gereist, um mehr über ihre Vergangenheit zu erfahren.
Nach der Landung auf einem kleinen Flughafen hatte sie sich mit den drei Männern getroffen, die der Rechtsanwalt geschickt hatte, um sie in Empfang zu nehmen. Zusammen waren sie eine Stunde lang mit einem allradgetriebenen Geländewagen auf der Hauptverkehrsstraße geblieben, dann abgebogen und einer Reihe von unbefestigten Wegen tiefer in den Wald gefolgt. Maggie kam es so vor, als wären sie dabei über jedes einzelne Schlagloch und jede Fahrspur gerumpelt. Am Ende hatten sie das Auto abgestellt, weil es angeblich nur noch zu Fuß weiterging, eine Vorstellung, die Maggie nicht sonderlich behagte. Da es sehr schwül war, knotete sie ihre Khakibluse um den Rucksack, ehe sie ihren Führern tiefer in den Wald folgte.
Die Männer wirkten ausgesprochen kräftig und schienen auf alles bestens vorbereitet zu sein. Sie waren gut gebaut, verloren kein Wort während des gesamten Marsches, und waren stets auf der Hut. Anfangs war Maggie ziemlich nervös, doch das änderte sich völlig, sobald sie tiefer in den Dschungel gelangten: Sie hatte das Gefühl, nach Hause zu kommen.
Während sie ihren Führern auf dem gewundenen Pfad in das dämmrige Waldinnere folgte, nahm sie ganz bewusst jede Bewegung ihres Körpers wahr. Das Zusammenspiel ihrer Muskeln, die Geschmeidigkeit und Leichtigkeit bei jedem Schritt, fast im Rhythmus. Kein Stolpern, kein unnötiges Geräusch. Ihre Füße schienen auf dem unebenen Boden wie von allein Halt zu finden.
Maggie fühlte sich plötzlich ganz als Frau. Kleine Schweißperlen rannen in das Tal zwischen ihren Brüsten und ließen das T-Shirt feucht auf ihrer Haut kleben. Ihr auffallend langes, dichtes Haar lag schwer und heiß auf Nacken und Rücken, und als sie es anhob wirkte diese simple Bewegung mit einem Mal äußerst sinnlich. Dabei wölbten sich ihre Brüste und die Brustspitzen drückten sich sanft in das dünne Baumwollshirt. Gekonnt drehte Maggie sich das Haar zu einem dicken Zopf, den sie mit einer edelsteingekrönten Nadel am Kopf feststeckte.
Eigenartig, dass sie sich in der Hitze des Urwalds plötzlich so ihres Körpers bewusst wurde. Die Art, wie sie ging, wie sie sich in den Hüften wiegte, war beinahe einladend, so als wüsste sie, dass ihr jemand zusah, jemand, den sie reizen wollte. Sie hatte nie gern geflirtet oder kokettiert, doch nun konnte sie der Versuchung kaum widerstehen. Als wäre sie hier, an diesem düsteren, mit Ranken und Blättern und allen nur vorstellbaren Pflanzen überwucherten Ort, erst zum Leben erwacht.
Die kleinen Bäume wetteiferten mit den größeren um das Sonnenlicht. Sie waren von Lianen und Schlingpflanzen in verschiedensten Grüntönen überwuchert. Wilde Orchideen hingen über ihrem Kopf und manche Rhododendren waren hoch wie Bäume. Pflanzen wuchsen in voller Blüte auf den Baumstämmen und reckten sich nach dem Sonnenlicht, das einen Weg durch das dichte Blätterdach fand. Farbenprächtige Loris und andere Vögel schwirrten umher. Das aufreizende Sirren von Insekten erfüllte den Wald mit lautem Summen. Die Luft war schwer vom betörenden Duft der Blumen. Und Maggie wusste, dass sie hierhergehörte, in diese exotische wie erotische Umgebung.
Mit einem leisen Seufzer legte sie den Kopf in den Nacken und wischte sich den Schweiß vom Hals. Ihr Unterleib fühlte sich mit jedem Schritt schwerer an, in Aufruhr versetzt. Voller Verlangen. Ihre Brüste waren angeschwollen und spannten. Ihre Hände bebten. Sie war so seltsam erregt, das Leben pulsierte in ihren Adern. Es war wie ein Erwachen.
Da erst fiel Maggie auf, dass die Männer sie beobachteten. Ihre brennenden Blicke, die jeder ihrer Bewegungen folgten: Wie sie ihre Hüften schwang, und wie sich ihre wogenden Brüste im Auf und Ab unter dem T-Shirt abzeichneten, während sie den engen Pfad entlanggingen. Normalerweise wäre ihr diese Art der Aufmerksamkeit peinlich gewesen, doch nun fühlte sie sich übermütig, fast wie eine Exhibitionistin.
Als sie sich ihrer Gefühle bewusst wurde, war Maggie schockiert. Sie war geradezu erregt. Dabei hatte sie sich immer für so etwas wie asexuell gehalten. Nie war sie an Männern besonders interessiert gewesen, wie etwa ihre Freundinnen, nie hatte sie sich ernsthaft angezogen gefühlt. Und nachgelaufen waren ihr die Männer auch nicht gerade. Aber mit einem Mal war sie sich nicht nur ihrer eigenen Sexualität sehr bewusst, sondern genoss es sogar, wie aufreizend sie wirkte. Diese Gefühle waren ganz neu und brachten sie zum Grübeln. Irgendetwas schien nicht zu stimmen. Ihre Erregung hatte nichts mit den Männern in ihrer Begleitung zu tun, sondern schien tief aus ihrem Innern zu kommen, aus einer ihr rätselhaften Quelle.
Maggie marschierte weiter, sie fühlte die bewundernden Blicke der Männer auf ihrem Körper ruhen, bekam mit, wie deren Atem immer schwerer wurde, je tiefer sie in den dunklen Wald eindrangen. Der Dschungel schien sich gleich hinter ihnen wieder zu schließen, Schlingpflanzen und Sträucher wucherten über den Weg, sobald sie ihn passiert hatten. Ein Wind kam auf, so stürmisch, dass er Laub und Zweige abriss. Blütenblätter, Ranken und sogar ein paar kleinere Äste fielen und bedeckten den Boden, so dass es aussah, als sei schon seit undenkbarer Zeit niemand mehr vorbeigekommen.
Maggie sah alles viel deutlicher, entdeckte kleinste Bewegungen, die sie sonst nie wahrgenommen hätte. Es war so aufregend. Selbst ihr Geruchssinn schien feiner zu werden. Sie versuchte, nicht auf jene wunderschönen weißen Pflanzen zu treten, die sich wohl überall entlangrankten. Sie sonderten einen stechenden Geruch ab. »Was ist das da am Boden?«, fragte sie neugierig.
»Eine Art Pilz«, erwiderte einer der Männer knapp. Er hatte sich nur kurz als Conner vorgestellt. »Die Insekten sind ganz wild darauf. Sie verbreiten ihre Sporen in alle Himmelsrichtungen.« Er räusperte sich, schaute zu den anderen Männern und dann wieder zu Maggie hinüber. »Was machen Sie in der Stadt, Miss?«
Maggie war überrascht, dass er sie überhaupt etwas fragte. Bislang hatte keiner der Männer Interesse an einer Unterhaltung gezeigt. »Ich bin Tierärztin, spezialisiert auf exotische Tiere, insbesondere Katzen.«
Maggie hatte sich schon immer von der Wildnis angezogen gefühlt, hatte alles gelesen und studiert, was immer ihr über den Regenwald und seine Flora und Fauna zwischen die Finger kam. Sie hatte hart gearbeitet, um sich als Tierärztin auf exotische Arten zu spezialisieren und dabei gehofft, eines Tages im Urwald praktizieren zu können. Doch Jayne hatte nichts davon hören wollen und alles daran gesetzt, sie in ihrer Nähe zu behalten, so dass Maggie sich schließlich damit zufriedengegeben hatte, für den Zoo zu arbeiten. Dies hier war ihre große Chance, jene Welt kennenzulernen, nach der sie sich immer gesehnt hatte.
Schon als Kind hatte sie vom Regenwald geträumt. Nie hatte sie wie andere kleine Mädchen mit Puppen gespielt, nur mit Plastiktieren: mit Löwen, Leoparden, Tigern – eben allen Großkatzen. Mit den echten Tieren fühlte sie sich irgendwie verbunden und sie spürte instinktiv, ob die Tiere Schmerzen hatten oder nur aufgebracht oder vielleicht traurig waren. Und die Katzen reagierten tatsächlich besonders auf sie, so dass sie schnell in dem Ruf stand, gut mit Raubkatzen umgehen zu können.
Die Männer wechselten einen schnellen Blick, den Maggie nicht deuten konnte. Aus irgendeinem Grund machte diese Reaktion sie nervös, doch da sie nun endlich einen Einstieg gefunden hatte, versuchte sie beharrlich, die Konversation fortzuführen. »Ich habe gelesen, dass es hier Nashörner und Elefanten gibt. Stimmt das?«
Derjenige, der sich Joshua nannte, nickte abrupt und nahm ihr wortlos den Rucksack ab, als hielte dessen Gewicht sie auf. Maggie blieb keine Gelegenheit zum Widerspruch, weil der Mann einfach weitermarschierte. Sie gingen jetzt schneller.
»Kennen Sie sich gut aus? Gibt es in der Nähe wirklich ein kleines Dorf, das bewohnt ist? Ich möchte nicht gern allein zurückbleiben, ohne dass mir jemand helfen kann, falls ich von einer Schlange oder etwas Ähnlichem gebissen werde.« War das ihre Stimme, die so kehlig und heiser klang? Das hörte sich gar nicht nach ihr an.
»Ja, Miss. Es gibt da ein Dorf und auch Vorräte«, erwiderte Conner knapp.
Maggie lief ein Schauer über den Rücken. Sie bemühte sich, ihre Stimme in den Griff zu bekommen, damit sie wieder nach ihr klang. »Es gibt doch sicher noch eine andere Möglichkeit, ins Dorf zu gelangen, als zu Fuß zu gehen, oder? Wie kommen denn die Vorräte dorthin?«
»Auf Maultieren. Und nein, um ihr Haus und das Dorf zu erreichen, muss man laufen.«
»Ist es im Wald immer so dunkel?«, bohrte Maggie weiter. Woran orientierten sich die Männer nur? Es gab so viele Bäume. Aus Eisen- und Sandelholz, Ebenholz und Teak. Lauter unterschiedliche Arten. Am äußeren Waldrand waren auch zahlreiche Obstbäume mit Mangos und Orangen zu sehen gewesen, dazu Kokosnusspalmen und Bananenstauden. Sie konnte die verschiedenen Sorten zwar auseinanderhalten, doch wie die Männer ihren Weg fanden, blieb ihr trotzdem schleierhaft. Wie in aller Welt konnten sie sagen, welche Richtung sie gerade einschlugen oder wie sie ihren Weg entsprechend zurückfänden? Maggie war fasziniert – und gleichzeitig ein bisschen eingeschüchtert.
»Das Sonnenlicht schafft es kaum durch die dicken Äste und Blätter«, lautete die Antwort. Niemand verlangsamte den Schritt, niemand sah sie auch nur an.
Maggie begriff, dass die Männer sich nicht unterhalten wollten. Sie waren zwar nicht unbedingt unhöflich, doch sie merkte, dass es ihnen unangenehm war, wenn man sie direkt ansprach. Sie zuckte gleichmütig die Achseln. Egal, sie brauchte keine Konversation. Stets war sie sich selbst genug gewesen, und im Wald gab es so viel Interessantes zu sehen. Sie erhaschte einen Blick auf eine Schlange, die fast so dick war wie der Arm eines kräftigen Mannes. Ein kleiner leuchtend bunter Farbtupfer auf einem Baum entpuppte sich als ein Frosch unbekannter Art. Und Unmengen von Eidechsen. Eigentlich hätte sie diese Art Kreaturen kaum zu entdecken vermocht, schließlich verschmolzen sie optisch fast mit ihrer Umgebung, doch aus irgendeinem Grund fielen sie ihr auf. Es war eben fast so, als verändere sie der Dschungel, indem er ihre Sinne schärfte: Sehen, Hören, und auch ihr Geruchssinn waren weitaus besser als sonst.
Urplötzlich schien der Urwald den Atem anzuhalten. Die Insekten stoppten ihr endloses Summen, die Vögel brachen ihre Gesänge ab. Selbst die Affen hörten auf zu zetern. Die Stille irritierte Maggie und ließ einen Schauer über ihren Rücken rieseln. Ein einzelner Warnruf erklang hoch oben im Blätterdach. Gefahr drohte, und zwar ihr, das begriff sie auf der Stelle. Ihre Nackenhaare sträubten sich, und sie schaute misstrauisch von einer Seite zur anderen, spähte unablässig in das dichte Grün, an dem sie vorüberging.
Ihre Anspannung musste sich auf ihre Führer übertragen haben. Sie rückten näher zusammen und einer ließ sich ganz zurückfallen, um sie von hinten zur Eile anzutreiben.
Maggie pochte das Herz immer schneller, ihr Mund wurde trocken. Sie spürte, wie sie zu zittern begann. Tief im Blattwerk lauerte etwas, etwas Gewaltiges, ein muskulöser Schatten im Dunkeln. Irgendetwas schlich neben ihnen her. Sie ahnte es mehr, als dass sie es wirklich sehen konnte. Es musste wohl eine riesige Raubkatze sein, die auf ihrer Fährte war, ohne einen Laut von sich zu geben. Sie fühlte, wie der konzentrierte Blick ihr folgte, das unverwandte Starren eines Jägers. Irgendetwas hatte sie ins Visier genommen. Etwas Wildes.
»Sind wir hier sicher?«, fragte sie leise, während sie näher an ihre Führer heranrückte.
»Natürlich sind wir sicher, Miss«, erwiderte der dritte Mann, ein großer Blonder mit dunklen Augen, die sie nachdenklich musterten. »Eine so große Gruppe wird nicht angegriffen.«
Doch so groß war die Gruppe gar nicht. Sie bestand aus nur vier Personen, die auf einem eigentlich nicht vorhandenen Weg mit unbekanntem Ziel unterwegs waren. Allzu sicher fühlte Maggie sich nicht. Den Namen des dritten Mannes hatte sie vergessen. Das störte sie mit einem Mal. Und zwar sehr. Was, wenn der Mann sich im Falle eines Angriffs schützend vor sie stellte, und sie kannte nicht einmal seinen Namen?
Maggie blickte hinter sich. Der Pfad war beim besten Willen nicht zu erkennen. Sie reckte das Kinn, als ein weiterer Schauer sie durchrieselte. Irgendetwas beobachtete sie und wartete nur auf den geeigneten Augenblick. Liefen sie etwa in einen Hinterhalt? Sie kannte keinen ihrer Führer. Sie hatte einem Anwalt vertraut, von dem sie kaum etwas wusste. Selbstverständlich hatte sie seine Legitimation überprüft, doch das hieß noch lange nichts. Am Ende hatte man sie reingelegt, und schließlich verschwanden täglich irgendwo Frauen.
»Miss Odessa?« Das kam von dem großen Blonden. »Machen Sie nicht so ein ängstliches Gesicht. Ihnen wird nichts geschehen.«
Maggie brachte ein unsicheres Lächeln zustande. Seine beruhigenden Worte nahmen ihr zwar nicht die Angst vor dem Unbekannten, doch sie war dankbar, dass er so aufmerksam war und es zumindest versucht hatte. »Danke. Der Wald wurde plötzlich so still, und da dachte ich, wir wären in …« Gefahr. Das Wort spukte in ihrem Kopf herum, doch sie wollte es nicht laut aussprechen und ihm Raum geben. Stattdessen passte sie ihre Schrittlänge der des Blonden an. »Bitte sagen Sie ruhig Maggie zu mir. Ich habe es nicht so mit Förmlichkeiten. Und wie heißen Sie?«
Der Mann zögerte und spähte seitlich ins Gebüsch. »Donovon, Miss … äh … Maggie. Drake Donovon.«
»Waren Sie schon oft im Dorf?«
»Ich wohne da«, gab er zu. »Wir alle leben dort.«
Eine Woge der Erleichterung überrollte Maggie, und ihre Anspannung ließ ein klein wenig nach. »Wie beruhigend! Ich dachte schon, ich hätte eine winzige Hütte mitten im Wald geerbt oder irgendein Baumhaus.« Sie lachte leise. Es klang heiser. Beinahe verführerisch.
Maggie kniff schockiert die Augen zusammen. Da war es wieder. Sonst redete sie nie so, doch nun klang sie schon zum zweiten Mal wie ein Vamp. Sie wollte nicht, dass Drake Donovon den Eindruck bekam, dass sie mit ihm flirtete. Was zum Teufel war in sie gefahren? Irgendetwas geschah mit ihr, etwas, das ihr ganz und gar nicht behagte. Sie wusste, dass etwas nicht stimmte, alles an ihr stimmte irgendwie nicht, doch anscheinend gehorchte ihr Körper einem ganz ursprünglichen Instinkt, einem drängenden Bedürfnis.
Brandt, der ihr in einigen Metern Entfernung durch das Dickicht folgte, ergötzte sich an ihrem Anblick. Die Frau war sogar noch schöner, als er erwartet hatte. Nicht sehr groß, aber das wusste er bereits. Sie hatte eine sinnliche Figur mit vollen Brüsten und Hüften, eine schmale Taille und kräftige Beine. Ihr dichtes, üppiges Haar glänzte wie rotgoldene Seide. Ihre Brauen waren rötlich, die Augen so grün wie die Blätter an den Bäumen. Die Lippen sündhaft verführerisch.
Es war drückend heiß, und Maggie schwitzte, ihr durchtränktes T-Shirt klebte V-förmig an ihrem hohen, festen Busen. Ein feuchter Strich zog sich über ihren Rücken und lenkte Brandts Aufmerksamkeit auf ihre Rückenlinie und die Rundung ihrer Hüften. Ihre Jeans saßen so tief, dass verlockend viel Fleisch zu sehen war und ein Bauchnabel, den er äußerst sexy fand. Er sehnte sich danach, sie auf der Stelle zu entführen, sie den anderen Männern zu entreißen und sie für sich zu beanspruchen. Sie zu finden hatte viel zu lange gedauert, nun stand das Han Vol Don kurz bevor. Das wusste er. Und die anderen wussten es auch. Sie versuchten, die Frau, die ihm gehörte, nicht anzusehen, doch sie war so natürlich sinnlich, so anziehend und faszinierend, dass die Männer den gleichen wilden Hunger verspürten wie er selbst. Brandt fühlte mit ihnen. Sie taten ihm einen Gefallen, trotzten der Gefahr, die ihre schwer zu bändigenden Gefühle für sie alle bedeuteten. Er war bei ihrer Ankunft hinter Wilderern her gewesen, und die Männer hatten sich an seiner statt aufgemacht, um Maggie abzuholen.
Der Regen setzte ein, ergoss sich in langen Schleiern durch das dichte Blattwerk über ihnen und trieb die Feuchtigkeit weiter nach oben. Der Schauer tauchte den Wald in schillernde Farben, brach das Licht in sämtliche Spektralfarben und krönte die grün berankten Bäume mit bunten Regenbögen. Die Frau, seine Gefährtin, Maggie Odessa, blickte erfreut auf. Statt zu meckern oder zu stöhnen hob sie in stummer Dankbarkeit die Arme und ließ das Wasser über ihr Gesicht rinnen. Sie wurde klatschnass. Die Regentropfen liefen ihr über Gesicht und Wimpern. Alles, woran Brandt denken konnte, war, dass er am liebsten jeden einzelnen Tropfen abgeleckt hätte. Ihre seidenweiche Haut unter dem lebensspendenden Wasser liebend gern geschmeckt hätte. Plötzlich war er durstig, seine Kehle wie ausgedörrt. Sein Körper fühlte sich schwer an und schmerzte, und ein merkwürdiges Rauschen machte sich in seinem Kopf bemerkbar.
Die plötzliche Sintflut hatte Maggies T-Shirt mit einem Schlag durchnässt und es beinahe durchsichtig werden lassen. Ihre üppigen, aufreizenden Brüste waren deutlich zu sehen, prall und verlockend, und ihre Nippel zeichneten sich dunkler ab, ragten einladend unter dem Stoff hervor. Die Schönheit ihres kaum verdeckten Körpers zog Brandt wie magnetisch an. Fesselte seinen Blick. Hypnotisierte ihn. Sein Mund wurde trocken, und sein Herz hämmerte wie wild.
Drake warf einen Blick auf Maggie und ließ seine Augen einen heißen, spannungsgeladenen Augenblick lang auf ihrem wogenden Busen ruhen.
Ein warnendes Knurren kam tief aus Brandts Kehle. Es war sehr leise, doch in der Stille des Waldes trug es meilenweit. Brandt gab das charakteristische, heisere Husten von sich, wie es seiner Art eigen war. Es war eine Drohung. Ein Befehl. Drake richtete sich schnell auf, riss den Kopf herum und spähte nervös um sich ins Gebüsch.
Maggie folgte seinem Blick und versuchte, etwas zu erkennen. Dem Geräusch nach war eindeutig eine Großkatze in der Nähe.
Drake warf ihr den Rucksack zu. »Ziehen Sie sich etwas über.« Sein Ton war knapp, beinahe feindlich.
Überrascht riss Maggie die Augen auf. »Haben Sie das nicht gehört?« Sie drückte den Rucksack an sich, um ihre Brüste zu verdecken, völlig schockiert, dass die Männer offenbar mehr an ihrem Körper interessiert waren als an der lauernden Gefahr. »Sie müssen das doch gehört haben. Da ist ein Leopard, ganz nah, wir sollten sehen, dass wir hier wegkommen.«
»Ja. Da ist ein Leopard, Miss Odessa. Aber Weglaufen hilft nichts, wenn er sich Sie zum Abendessen ausgesucht hat.« Er wandte ihr den Rücken zu und fuhr sich mit der Hand durch das nasse Haar. »Ziehen Sie sich schnell etwas über, dann ist alles in Ordnung.«
»Stehen Leoparden etwa auf halbnackte Frauen?«, scherzte Maggie, während sie hastig ihre Khakibluse überstreifte. Sie musste die Situation ins Lächerliche ziehen, sonst geriet sie womöglich in Panik.
»Ganz genau. Die sind immer erste Wahl – merken Sie sich das«, erwiderte Drake. Da lag ein Unterton von Heiterkeit in seiner Stimme. »Sind Sie jetzt anständig angezogen?«
Maggie knöpfte die Khakibluse über ihrem klatschnassen T-Shirt bis obenhin zu. Die Luft war drückend, der Duft der vielen Blumen beinah unerträglich in der feuchten Schwüle. Maggies Strümpfe waren nass geworden, und ihre Füße taten weh. »Ja, Sie können wieder herschauen. Sind wir bald da?« Sie wollte sich nicht beschweren, doch ganz plötzlich wurde ihr alles zu viel.
Drake drehte sich nicht um. »Ein kleines Stück müssen wir noch. Brauchen Sie eine Pause?«
Maggie merkte genau, wie ihre Führer das Unterholz argwöhnisch musterten. Ihr stockte der Atem. Sie hätte schwören können, dass nur wenige Meter entfernt die schwarze Spitze eines Schwanzes zuckte, doch einen Wimpernschlag später sah sie an derselben Stelle nur noch dunkle Schatten und Farn ohne Ende. Sosehr sie sich auch anstrengte, sie konnte im tiefen Dickicht nichts weiter ausmachen, doch der Eindruck, in großer Gefahr zu schweben, wollte einfach nicht weichen.
»Ich würde lieber weitergehen«, gab sie zu. Sie fühlte sich nicht gut. Gerade wollte sie die Männer noch verführen, und im nächsten Moment hätte sie sie am liebsten angefaucht und sich wütend auf sie gestürzt, um sie zu verjagen.
»Dann also weiter.« Drake winkte seinen Leuten, und sie setzten sich wieder in Marsch. Jeder der drei Männer trug ein Messer im Gürtel und dazu ein Gewehr, achtlos über die Schulter gehängt. Keiner von ihnen hatte nach einer Waffe gegriffen, nicht einmal in dem Augenblick, als die große Raubkatze sich bemerkbar gemacht hatte.
Die Männer gaben ein mörderisches Tempo vor. Maggie war müde, durchnässt, verschwitzt und überhitzt, und was noch schlimmer war, ihr taten die Füße weh. Ihre Wanderschuhe waren von guter Qualität, doch noch nicht so gut eingelaufen, wie sie es sich gewünscht hätte. Sie spürte Blasen an ihren Fersen. Vor lauter Hunger hielt sie es fast nicht mehr aus, doch sie wollte sich nicht beklagen. Ihr war klar, dass die Männer sie nicht drängten, weil sie etwa grausam waren oder ihre Ausdauer testen wollten, sondern um sie in Sicherheit zu bringen. Sie gab sich große Mühe, in der brütenden Hitze so gut es ging mit ihnen Schritt zu halten. Warum nur schien ihr der Dschungel immer näher und wohin war überhaupt der Pfad verschwunden?
2
 
 
Das Haus war erstaunlich groß, ein geräumiges, dreistöckiges Gebäude mit einer breiten Veranda ringsherum, das versteckt inmitten einer dichten Baumgruppe stand. In den oberen Etagen gab es reich verzierte Balkone – jemand hatte mit künstlerischer Begabung wunderschöne Wildkatzen in das Holz geschnitzt. Durch das dichte Geflecht von Ästen, das sich um das ganze Haus rankte, war es fast nicht zu sehen. An jeden Balkon reichte mindestens ein Ast heran, der das Geländer berührte oder ihm so nah kam, dass eine Brücke zu den eng stehenden Baumkronen gebildet wurde, ein Zugang hoch über dem Boden. Schlingpflanzen wanden sich um die Bäume und hingen in langen, dicken Lianen daran herab.
Maggie war fasziniert davon, wie das Haus als ein Teil des Dschungels erschien. Seine hölzernen Wände waren naturbelassen und verschmolzen mit den Stämmen der Bäume. Eine Fülle von Orchideen und Rhododendren und mindestens dreißig andere Pflanzen- und Blumensorten überzogen die Bäume und die Wände des Hauses.
Es regnete weiter vor sich hin, der gleichmäßige Monsun benetzte Pflanzen und Bäume. Und obwohl der Regen warm war, stellte Maggie fest, dass sie zitterte. Sie hob den Kopf und sah einzelne Tropfen wie schimmernde Silberfäden vom Himmel auf die Erde fallen.
»Maggie, im Dschungel wird es rasch dunkel, und dann streifen die wilden Tiere umher. Wir sollten ins Haus gehen«, riet Drake.
Trockene Kleidung war Maggie mehr als willkommen. Oder am liebsten gar keine Kleidung – der Gedanke kam ihr, ohne es zu wollen. Für einen Augenblick schloss sie die Augen vor dieser Fremden in ihr, diesem Teil ihrer Persönlichkeit, den der Dschungel offenbar nach und nach zum Leben erweckte. Diese Seite ihres Charakters, diese sinnliche, hemmungslose Frau, die das Objekt männlicher Begierde sein wollte, gefiel ihr nicht. Diese Frau wollte anziehend sein. Verlocken. Verführen. Aber nicht diese Männer hier. Ihr war nicht ganz klar, wen genau, sie wusste nur, dass in ihrem Körper ein gewisses Bedürfnis erwacht war, etwas ganz Ursprüngliches, ein Verlangen, mit dem sie nicht umzugehen wusste.
Zur Beruhigung holte Maggie einmal tief Luft und zwang sich, ihre Umgebung genauer zu betrachten, um sich endlich auf etwas anderes zu konzentrieren als auf das Kribbeln in ihrem Körper.
»Maggie?«, drängte Drake noch einmal.
»Sind Sie sicher, dass meine Eltern hier gewohnt haben?«, fragte sie, während sie die Bauweise erneut bestaunte. Die Art und Weise, wie das Haus mit den Bäumen, Pflanzen und Blumen verschmolz, machte es nahezu unsichtbar, wenn man nicht direkt davorstand oder ganz genau wusste, wo man es suchen musste. Es war geschickt als ein Teil des Dschungels konzipiert.
»Es ist schon seit Generationen in Familienbesitz«, erwiderte Drake.
Im schwindenden Tageslicht war nicht viel zu erkennen, trotzdem hatte Maggie den Eindruck, als gäbe es längs über das Dach verteilt einige flache Tritte, fast wie Wege. Das Dach war sehr steil und hatte Gauben mit kleinen Balkonen. »Gibt es auch einen Dachboden?« Das Haus hatte ja schon insgesamt drei Etagen. Es war schwer zu glauben, dass es auch noch einen Dachboden haben sollte, der sich über die ganze Länge erstreckte, doch die Fenster deuteten darauf hin. »Und was sollen diese Tritte auf dem Dach?«
Drake zögerte, dann zuckte er leichthin die Achsel und schloss die Haustür auf. »Das Dach ist an manchen Stellen abgeflacht, damit man darauf besser laufen kann, sollte es als Fluchtweg dienen müssen. Es gibt auch noch einen Keller mit einem Tunnel. Und ja, das Haus hat einen Dachboden.«
Maggie stand auf der Schwelle und sah Drake fragend an. »Wofür brauche ich einen Fluchtweg? Vor wem oder was sollte ich fliehen?«
»Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Wir werden alle auf Sie aufpassen. Das Haus ist vor mehr als hundert Jahren gebaut worden und sehr gut in Schuss. Es ist nach und nach modernisiert worden, doch einiges von damals wurde beibehalten, wie etwa die Fluchtwege.«
Maggie kniff die Augen zu und legte schützend die Hand an die Kehle. Drake log sie an. Sie erkannte es an seinem Tonfall. Ihr neues, empfindliches Gehör registrierte sein Unbehagen ganz deutlich, die plötzliche Anspannung. Für einen kurzen Augenblick wich sein Blick ihrem aus, und er ließ ihn über den Dschungel schweifen, das reichte ihr, um sicher zu sein, dass er nicht die Wahrheit sagte. Ihr lief ein Schauer der Angst über den Rücken, der ihr durch und durch ging.
Zögernd trat Maggie über die Schwelle, wie magisch angezogen von der einzigartigen Schönheit und extravaganten Erscheinung des Hauses, von dem Geheimnis ihrer eigenen Vergangenheit. Sie wusste nur sehr wenig von ihren Eltern. Um sie war etwas Geheimnisvolles, und die Aussicht, mehr über sie in Erfahrung zu bringen, hatte sie unwiderstehlich angelockt. Ihre Erinnerungen waren bruchstückhaft, nichts als vage Eindrücke: zorniges Geschrei, das Blitzen von Taschenlampen, Arme, die sie fest umschlungen hielten. Ein Herzschlag, der wie wild in ihren Ohren dröhnte. Etwas, das sich wie Fell auf der Haut anfühlte. Manchmal kamen ihr die Erinnerungen wie Alpträume vor, dann wieder konnte sie sich an Augen erinnern, die so liebevoll und stolz auf sie herabblickten, dass ihr Herz zerspringen wollte.
Sie stand mitten in der Diele und warf Drake einen unsicheren Blick zu, während Conner und Joshua jeden Raum im Haus auf ungebetene tierische Gäste untersuchten. »Wissen Sie bestimmt, dass das Dorf hier in der Nähe ist?« Gerade eben hatte sie noch allein sein wollen, um auszuruhen und sich von der langen Reise zu erholen. Sie war völlig erschöpft, schließlich war sie schon stundenlang unterwegs und litt sehr unter dem Jetlag. Doch nun hatte sie Angst davor, in dem großen Haus allein zurückzubleiben.
»Es liegt gleich hinter diesen Bäumen«, versicherte ihr Drake. »Das Haus hat fließendes Wasser und am Fluss gibt es ein kleines Elektrizitätswerk. Strom ist also meistens vorhanden, nur ab und zu fällt er mal aus. Wenn das passiert, keine Panik, für den Notfall sind Kerzen und Taschenlampen in den Schränken. Vorräte sind auch da, Sie müssten also alles haben, was Sie brauchen.«
Maggie sah sich in dem Haus um. Die Räume waren bestens in Ordnung gehalten, es gab weder Staub noch Schimmel. Trotz der Feuchtigkeit wirkte alles blitzblank. »Wohnt hier irgendjemand?«
Drake zuckte die Achseln. »Brandt Talbot hat sich in all den Jahren um das Haus gekümmert. Wenn Sie irgendetwas benötigen, fragen Sie ihn. Er hat hier gewohnt, doch von nun an wird er im Dorf bleiben. Er ist Ihnen bestimmt gern behilflich.«
Irgendetwas an der Art, wie er den Namen des Hauswarts aussprach, ließ Maggie sofort aufhorchen. Sie schaute zu Drake auf und ein ängstliches Beben ging durch ihren Körper. Brandt Talbot. Wer war der Mann, dessen Namen Drake nur flüsternd aussprach? Er hatte sich angehört, als müsse er auf der Hut sein und dabei unaufhörlich mit seinen Augen das dichte Blätterdach abgesucht.
Die anderen Männer ließen Maggies Gepäck in der Diele zurück, winkten ihr zum Abschied kurz zu und machten sich eilig davon. Drake folgte ihnen in wesentlich gemächlicherem Tempo. An der Tür blieb er noch einmal stehen und schaute sich zu Maggie um. »Legen Sie an den Türen und Fenstern die Riegel vor und laufen Sie nachts nicht draußen herum«, warnte er sie. »Die Tiere hier sind wild.« Dann lächelte er plötzlich, und alle Spuren von Argwohn verschwanden aus seinem freundlichen Gesicht. »Alle hier sind gespannt darauf, Sie kennenzulernen. Sie werden sich schnell bei uns einleben.«
Maggie stand unsicher auf der schattigen Veranda ihres Elternhauses und sah schweren Herzens zu, wie Drake sie allein ließ. Alles war genauso, wie sie es sich vorgestellt hatte, und doch ganz anders. Sie befand sich an einem geheimnisvollen, unbekannten Ort, der tief in ihrem Inneren dieses grundlegende Bedürfnis, etwas Wildes und sehr Sinnliches, weckte.
In den Bäumen hoch über ihrem Kopf raschelten die Blätter, und Maggie schaute auf. Irgendetwas bewegte sich, etwas Gewaltiges, jedoch bewegte es sich ohne jeden Laut. Sie starrte in das dichte Blattwerk und versuchte, einen Umriss, einen Schatten auszumachen. Irgendetwas, das in der stillen Nachtluft Blätter zum Rascheln bringen konnte. War es eine große Schlange? Ein Python vielleicht – die konnten riesig werden.
Maggie ahnte, dass Gefahr im Verzug war, irgendetwas Gefährliches war hinter ihr her. Verfolgte sie. Belauerte sie mit dem starren Blick eines Raubtiers. Abwehrend legte sie ihre Hand an die Kehle, als wollte sie sich vor dem Biss eines Leoparden schützen, der drohte, ihr die Luft abzudrücken. Vorsichtig, ohne den Blick von dem Baum über ihrem Kopf zu lassen, wich sie einen Schritt zurück in die Sicherheit des Hauses.
Da zerrte der Wind an den Bäumen und ließ die Blätter tanzen. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie dem hypnotischen Blick des Raubtiers begegnete. Von Großkatzen war sie schon immer fasziniert gewesen, doch bislang hatte jeder Kontakt unter strengen Sicherheitsbedingungen stattgefunden. Dieser Leopard, ein seltener schwarzer Panther, war frei, wild und auf der Jagd. Das Starren seiner Augen war beunruhigend, furchteinflößend. Unerschrocken und von goldener Farbe verrieten sie Stärke und Klugheit. Maggie konnte nicht wegschauen, so fest hielt sie der konzentrierte, unverwandte Blick. Aus ihrer reichen Erfahrung mit exotischen Katzen wusste sie, dass Leoparden die geschicktesten und intelligentesten Raubtiere des Dschungels waren.
Ein einziger Laut entschlüpfte ihr, ein leiser, ängstlicher Seufzer. Sie streckte die Zunge vor und leckte über ihre plötzlich trocken gewordenen Lippen. Maggie wusste, dass sie jetzt nicht weglaufen durfte – sie wollte keinen Angriff provozieren. Sie trat noch einen Schritt zurück und tastete, ohne das Tier aus den Augen zu lassen, nach der Tür. Der Panther wandte den Blick nicht ein einziges Mal ab, er war ein begnadeter Jäger, ein schneller, höchst effizienter Killer, der seine Beute gezielt angriff. Und die Beute war sie. Sie hatte die Gefahr längst erkannt.
Er konnte ihr Herz schlagen hören, wie es raste und so ihre große Angst verriet. Sie war blass, ihre weit aufgerissenen Augen starrten in seine. Als sie mit der Zunge über ihre volle Unterlippe fuhr, war er nahe daran, vom Baum zu fallen. Beinah konnte er ihre Gedanken lesen. Sie glaubte, dass er ihr nachstellte, sie jagte. Sie glaubte, er sei hungrig. Und das war er auch. Er wollte, nein, er musste von ihr kosten. Nur nicht ganz so, wie sie sich das vorstellte.
Maggie flüchtete ins Haus und schlug fest die Tür zu. Brandt hörte, wie sie den Riegel vorlegte. Er blieb ganz still liegen, sein Herz pochte laut vor Freude. Nun gehörte sie ihm. Es war nur noch eine Frage der Zeit. Ihn überraschte selbst, wie groß sein Verlangen nach ihr war. Der Instinkt, eine Gefährtin zu finden, war weit stärker als alles, was er bisher kennengelernt hatte.
Die Nacht brach herein. Seine Zeit. Sie gehörte ihm und den Seinen. Er lauschte dem Flüstern, mit dem seine Welt zum Leben erwachte. Er hörte selbst den leisesten Laut, kannte jedes Lebewesen, sogar jedes einzelne Insekt. Er wusste, wer dazugehörte und wer nicht. Das Leben ging seinen Rhythmus, und er befand sich mitten in einer Phase der Veränderung. Für ihn war das beunruhigend und verstörend, aber er hatte fest vor, sich zu beherrschen und alles so anzugehen, wie er es immer tat, mit eiserner Disziplin.
Brandt erhob sich und ließ die starken Muskeln unter dem dichten Fell spielen, während er lautlos über den breiten Ast schlich, in der Absicht, Maggie von Raum zu Raum zu folgen. Er konnte die Augen nicht von ihr lassen, verschlang sie förmlich mit Blicken und setzte seinen Körper und all seine Sinne dieser Qual aus. Sie bedeutete ihm mehr als irgendetwas anderes auf der Welt. Raubte ihm den Atem und versetzte seinen ganzen Körper in einen heißen Rausch der Vorfreude.
Außer seiner Ehre stand nichts zwischen ihnen. Nur seine eigenen Regeln. Sonst nichts. Weder Zeit noch Raum. Mit klugem Verstand hatte er diese Hindernisse aus der Welt geschafft. Er hob den Kopf und zwang sich, tief Luft zu holen, die Witterung aufzunehmen, um sich in der Nacht zurechtzufinden. Er musste sich vergewissern, dass er trotz der Aufregung Herr seiner Sinne war. Sein Körper fühlte sich anders an als sonst. Voller Begehren, Begierde und Qual. Jeder Nerv zum Zerreißen gespannt. Jede Zelle in Bereitschaft. Ausgehungert. Sein Kopf dröhnte und schmerzte, ein unangenehmer Zustand für jemanden, der sonst immer so gesund und diszipliniert war.
Maggie lehnte lange Zeit an der Tür. Wie verrückt von ihr, an diesen entlegenen Ort zu kommen, wo an jeder Ecke Gefahren lauerten. Ihr Herz raste, und das Blut rauschte wie wild durch ihren Körper. Doch trotz des Adrenalins, das sie durchströmte, brachte ihr Mund ein kleines Lächeln zustande. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie sich jemals zuvor so lebendig gefühlt hätte. Sie war sich nicht einmal sicher, ob sie gerade vor lauter Aufregung überhaupt Angst verspürt hatte. Es kam ihr so vor, als wäre sie bislang mit geschlossenen Augen durchs Leben gegangen, blind gegenüber ihren Möglichkeiten. Jetzt, hier im Urwald, war jeder ihrer Sinne hellwach und geschärft.
Sie trat von der Tür zurück und schaute nach oben zu den Ventilatoren und den breiten Balken an der Decke. Dieses Haus gefiel ihr, mit seinen weitläufigen Räumen und interessanten Schnitzereien. Im Vertrauen darauf, drinnen keine wilden Tiere vorzufinden, begann sie mit einem Rundgang. Was für ein befreiendes Gefühl, jede Gefahr ausgeschlossen, auf der anderen Seite der Tür gelassen zu haben. Sie nahm ihr Gepäck und sah sich im Erdgeschoss um. In den geräumigen Zimmern mit den hohen Decken gab es nur wenige Möbel, die ausschließlich aus hartem, dunklem Holz bestanden. Seltsamerweise entdeckte sie in zwei Schlafzimmern Kratzspuren, so als ob eine sehr große Katze die Wand in der Nähe der Decke bearbeitet hätte. Verblüfft fragte sich Maggie, wie die Kratzer wohl dort hingekommen sein mochten.
An dem kleinen Kühlschrank in der weitläufigen Küche fand sie einen Notizzettel, auf dem in einer maskulinen Handschrift erklärt wurde, wie das Licht funktionierte und wo sie all das finden konnte, was sie in der ersten Nacht in ihrem Elternhaus womöglich benötigte. Auf dem Tisch stand eine Schale mit frischen Früchten, und sie biss dankbar in eine saftige Mango, ein süßer Genuss für ihren ausgetrockneten Hals. Mit einem wortlosen Dankeschön strich sie sanft über die großen, ausladenden Buchstaben auf dem Notizzettel, seltsam angezogen von der Handschrift. Immer wieder drehte sie den Zettel um, dann hielt sie ihn an die Nase. Sie konnte ihn wahrhaftig riechen. Brandt Talbot, den Mann, der die Notiz geschrieben und in ihrem Haus gewohnt hatte.
Seine Duftmarken waren überall. Er schien überhaupt allgegenwärtig. Sobald ihr das bewusst geworden war, entdeckte sie Talbots Handschrift in jedem Detail. Schließlich hatte er in diesem Haus gelebt. Das polierte Holz und die glänzenden Kacheln mussten sein Werk sein. Und die Schnitzereien, die ihr so gefielen, stammten sicher ebenfalls von ihm.
Die Treppe war breit und wand sich in einem ausladenden Bogen zur nächsten Etage empor. An den Wänden hingen großartige Fotos von jedem nur erdenklichen Wildtier, selten schöne Aufnahmen. Der Fotograf hatte die Quintessenz ungezähmter Natur eingefangen; außergewöhnliche Schnappschüsse von Tieren wechselten mit wunderbaren Stillleben von Pflanzen. Bei manchen Aufnahmen konnte man selbst den Tau auf den Blüten sehen. Maggie ging näher heran, obwohl sie schon ahnte, wer die Bilder gemacht hatte. Jedes Foto zierte unten in der Ecke ein vierzeiliges Gedicht. Beim Entziffern der Worte kam es ihr vor, als wäre sie dem Dichter aus Versehen zu nahegekommen. Jeder dieser Vierzeiler war in einer ausladenden maskulinen Handschrift geschrieben und erzählte nachdenklich von wunderschönen, ja sogar romantischen Gefühlen. So konnte nur einer schreiben – Brandt Talbot hatte offenbar das Herz eines Poeten. Er musste ein ungewöhnlicher Mann sein, und sie war sehr gespannt darauf, ihn kennenzulernen.
Als sie die Stufen hinaufging, holte sie tief Luft und atmete dabei bewusst seinen Körpergeruch ein. Er schien hierhin zu gehören. In dieses Haus. Und auch in ihre Lungen. Dieser mysteriöse Brandt Talbot mit seiner unglaublichen Begabung als Fotograf, seiner Liebe zu Holz, zur urwüchsigen Natur und zu schönen Worten. Er hatte so sehr die gleichen Interessen wie sie, dass es ihr vorkam, als würde sie ihn bereits kennen.
Vor lauter Müdigkeit fielen ihr fast die Augen zu. Während Maggie in den ersten Stock emporstieg, wurde ihr bewusst, wie unwohl sie sich in ihrer Haut fühlte. Sie war klatschnass und verschwitzt. Am Ende des Flurs fand sie ein Schlafzimmer, ganz nach ihrem Geschmack. Das Bett war einladend hergerichtet, die Ventilatoren liefen bereits und gleich angrenzend gab es ein großes Badezimmer.
Sie stellte ihr Gepäck auf die Kommode, und nahm so wortlos den Raum in Besitz. In der Ecke über dem Bett entdeckte sie Kratzer, die tief ins Holz gekerbt waren. Sie erschauerte. Ihre Augen unverwandt auf die Spuren gerichtet warf Maggie die khakifarbene Bluse beiseite und schälte sich aus dem feuchten T-Shirt. Es war so angenehm, die durchweichten Sachen nicht mehr auf der empfindlichen Haut zu spüren.
Nur mit ihrer tief sitzenden Jeans bekleidet stand Maggie mitten im Zimmer und seufzte vor Erleichterung. Mit den nassen, klebrigen Sachen auf dem Körper hatte sie sich eigenartig gefühlt, als ob etwas unter ihrer Haut schlummerte, das für einen Moment zum Leben erwachte und versuchte, ihre Poren zu durchdringen, sich dann aber wieder beruhigte und sie nervös und überempfindlich zurückließ, in einem Zustand äußerster Anspannung.
Als Nächstes zog sie die Stiefel aus, dann die Strümpfe. Mit nackten Füßen über die kühlen Holzdielen zu laufen war himmlisch. Wesentlich entspannter sah sie sich nun in aller Ruhe in dem großen Zimmer um. Dieses Schlafzimmer war geräumig, mit breiten Balken und wenigen Möbeln. Das riesige Bett hatte vier mit Schnitzereien verzierte Pfosten, die fast bis zur Decke emporragten. Über ihrem Kopf kreisten mehrere Ventilatoren, die ihr eine willkommene kühle Brise zufächelten. Wieder fiel ihr Blick auf jene seltsamen Kratzer, schweifte ab, und kehrte, wie von einer unsichtbaren Kraft angezogen, zu den Spuren zurück.
Sie ging durch das Zimmer, um sie sich näher anzusehen, stieg schließlich sogar aufs Bett und streckte sich, um sie zu berühren. Legte ihre Fingerspitzen in die Kratzspuren und zeichnete sie nach. Das Holz war gesplittert, so tief hatten die Klauen sich eingegraben. Ob sie von einem früheren Haustier stammten? Oder von einem wilden Tier, das sein Territorium markiert hatte?
In dem Moment, da ihr dieser unerwartete Gedanke kam, erbebte sie, die Einkerbungen begannen zu brennen und versengten ihre Fingerkuppen. Hastig zog sie die Hände von der Wand zurück. Erstaunt betrachtete sie ihre schmerzenden Fingerspitzen, doch da waren keine Wunden zu sehen. Maggie steckte die Finger in den Mund, um die empfindlichen Nervenenden mit der Zunge zu beruhigen.
Sie ging durch den Raum zurück und trat an die Fensterfront. Die Scheiben erschienen ihr überproportioniert, groß genug, um hindurchklettern zu können, falls nötig. Alle Zimmer hatten diese großen Fenster mit dem obligaten Balkon ringsherum. Gitterstangen schützten jedes einzelne von ihnen, was ihr stets bewusst machte, dass sie sich in der Wildnis befand.
Maggie stand am Fenster und schaute hinaus in die Nacht, in Regen und Wald. Beobachtete, wie die Blätter an den Bäumen wogten und tanzten, sobald der Wind an Stärke zunahm. Müde bis in die Knochen begann sie, sich langsam aus ihrer Jeans zu schälen, die nass vom tropischen Regen an ihr klebte. Sie wollte duschen, sich hinlegen und dann so lange wie möglich schlafen. Und nicht mehr darüber nachdenken, was für eine Wildnis sie umgab und wie sehr sie sich hier verändert hatte. Nicht mehr spüren, wie sehr die Schwüle und die ständige Gefahr all ihre Sinne reizten. Unfähig den Blick abzuwenden stand sie nackt am Fenster und starrte in die Dunkelheit.
Das Glas warf ihr Bild zurück wie ein Spiegel. Die seltsame Schwere kehrte wieder, dieses schwelende Verlangen, das sich ungewollt in ihrem Körper breitmachte und drängte, befriedigt zu werden. Diesmal sogar noch nachdrücklicher als beim letzten Mal, wie ein Anfall von sexuellem Hunger, der unbedingt gestillt werden wollte. Maggie trat näher an das Fenster heran, um ihr Spiegelbild genauer betrachten zu können. Ihre Haut war makellos, weich und verlockend.
Brandt, nur durch eine dünne Glasscheibe von ihr getrennt, stockte der Atem. Er war fasziniert von dieser Frau mit den unschuldigen Augen und den sinnlichen Lippen. Ihr Körper war wie gemacht dafür, berührt zu werden und Freude zu schenken. Wie gemacht für ihn. Sein Herz pochte immer schneller, und sein Körper bebte vor Vorfreude.
Fast konnte er schon schmecken, wie zart und appetitlich ihre Haut war. Er wusste genau, wie ihre Körper sich miteinander vereinigen würden, in wilder Hitze, im hungrigen Sturm der Leidenschaft. Jede ihrer Bewegungen war eine verführerische Einladung, ihre vollen Brüste zogen seinen brennenden Blick magisch auf sich. Da war ein dünner Schweißfilm auf ihrer Haut, so dass sie glänzte wie Blütenblätter nach dem Regen. Brandt hielt sich mühsam zurück, nicht gleich durchs Fenster zu springen, um jeden Zentimeter ihrer bloßen Haut abzulecken. Er wollte sich an ihrem üppigen Busen laben, das Feuer ihrer Hitze spüren. Wollte tief in ihr begraben sein. Er konnte sich so viel vorstellen, das eine erotischer als das andere, und während er Maggie betrachtete, schwor er sich, sie auf jede erdenkliche Weise zu nehmen. Unwiderstehlich angelockt vom Anblick ihres nackten Körpers pirschte er sich noch näher heran, seine goldenen Augen glühten in der Dunkelheit.
Merkwürdigerweise ahnte Maggie, dass sie beobachtet wurde. Der Eindruck war so stark, dass sie noch dichter ans Fenster trat. Sie bezweifelte, dass irgendein menschliches Wesen sich bei diesem Regen draußen auf dem Balkon herumtrieb, insbesondere wenn ein Panther in der Nähe war. Trotzdem spürte sie ganz deutlich, dass ihr Liebhaber gekommen war und auf sie wartete. Wie er sie begehrte. Sich nach ihr verzehrte. Das Gefühl war so stark, so überwältigend, als könnte sie den Heißhunger, mit dem er sie ansah, selbst empfinden. Brandts Augen liebkosten jeden Zentimeter ihres Körpers.
Maggie ließ die Hände über ihren schmalen Oberkörper wandern, auf genau dem Weg, den ihr Liebhaber nehmen sollte. Dann wog sie ihren Busen in den Händen, ein Angebot, eine unverhohlene Aufforderung. Sie konnte nicht anders, sie musste sich vorstellen, wie er ihn berührte, wie seine Daumen ihre Brustwarzen hart werden ließen. Maggies Haut war heiß und gerötet, ihr Körper lechzte nach Erlösung. Sie setzte das sinnliche Zusammenspiel von Muskeln und Kurven fort, ihre Hände folgten den Linien ihres Körpers, immer in Richtung des feurig erregten, gelockten Dreiecks zwischen den Beinen zu.
Ihre Schenkel waren glatt, die Hüften rund. Sie sehnte sich danach, dass ihr Liebhaber sie fand, zu ihr kam, sie berührte und die verborgensten Stellen ihres Körpers erkundete. Ihr langes Haar umhüllte sie wie ein seidener Mantel, und wenn sie sich bewegte, fielen Strähnen über ihre Brüste und streichelten Busen und Po. Ihr Körper krampfte sich zusammen, ihr Blut geriet in Wallung, und sie begann zu stöhnen.
Maggie presste die Hände gegen die Glasscheibe. Dieses Verlangen. Dieser Hunger nach ihm. Nach wem genau, wusste sie nicht. Sie nahm nur dieses überwältigende Gefühl in sich war. Und es war alles andere als schön oder angenehm. In ihrem Kopf sah sie Bilder, lauter Bilder von hartem, forderndem Sex, nicht etwa mit einem sanften, rücksichtsvollen Liebhaber, sondern mit einem, der im wilden Rausch der Lust wie eine Urgewalt über sie herfiel.
Verstört wandte Maggie sich vom Fenster ab und tappte barfuß in die Dusche. Sie hoffte, die seltsamen Anwandlungen und Gefühle einfach fortspülen zu können. Sie war völlig unvorbereitet auf das, was der tropische Regenwald in ihr auslöste, und wünschte nur noch, dass alles ein Ende hatte.
Das Wasser war kühl auf der Haut. Maggie schloss die Augen und genoss das Gefühl, wie es scheinbar in jede Pore drang. Sie war erschöpft und wollte eigentlich nur noch schlafen, doch ihr Blut war zu sehr in Wallung. Wie eine Naturgewalt. Sie lehnte sich an die Wand der Dusche, damit das Wasser auf ihre Brüste traf und so dieses entsetzliche Verlangen wegmassieren konnte. Wenn sie wirklich in diese wilde, primitive Welt gehörte, hieß das, dass sich ihr Körper jetzt permanent so anfühlen, immer so reagieren würde? Maggie tupfte sich ab, ließ aber noch etwas von dem kühlenden Wasser auf der Haut, um es unter den Ventilatoren trocknen zu lassen.
Im Dunkeln legte sie sich auf das Bett und lauschte dem Regen. Draußen vor dem Fenster hörte sie den Wind rauschen, und ungewohnte Geräusche drangen aus dem Dschungel durch die Wände des Hauses. Maggie lag ganz still, während ihr Herz im Rhythmus des Regens klopfte. Sie spürte das Laken unter sich und merkte, wie sich ihre Haut daran rieb. Sie wollte den Stoff überall an ihrem Körper spüren. Sie wand und räkelte sich verführerisch, erhob sich auf Hände und Knie und streckte den Po in die Höhe. Ihr war immer noch so heiß, und sie wurde ständig feucht, doch nichts, was sie tat, konnte ihr Erleichterung verschaffen.
Brandt sah zu, wie Maggie sich wand, gefangen in jenem Sextrieb, der so typisch für ihre Art war. Sie war das sinnlichste Wesen, das er je gesehen hatte. Sein Körper verzehrte sich vor Leidenschaft, während sie sich auf den Laken wälzte. Er beobachtete, wie ihre Finger über die Haut glitten, die ihm gehörte. Stellen berührten, die für ihn gemacht waren. Ein Fauchen entfuhr ihm, ein leises, hungriges Knurren. Die Paarungslust, der Sexualtrieb wurde so stark, dass er nicht mehr an Ehre oder Zukunft dachte. Er würde sie heute Abend nehmen. Jetzt gleich. Er konnte nicht länger warten.
Da vergrub Maggie das Gesicht im Kissen und begann, herzzerbrechend zu weinen. Das ernüchterte Brandt auf der Stelle. Er starrte sie an, die Dunkelheit war für ihn leicht zu durchdringen, und spürte ihre Angst, ihre Einsamkeit. All die Verwirrung und Beschämung über Ereignisse, die sie weder kontrollieren noch verstehen konnte. Er hatte sich keine Gedanken gemacht, was dieser drastische Wechsel in ihrem Leben für sie bedeutete, hatte nur an sich gedacht. Brandt duckte sich auf den Balkon und lauschte, während Maggie sich in den Schlaf weinte. Erstaunlicherweise brach es ihm fast das Herz.
3
 
 
Maggie träumte von einer tröstenden Männerstimme. Von liebevollen Armen. Von einem weichen Fell, das sinnlich ihre Haut streifte und über sie hinwegglitt. Davon, auf allen vieren durch den dunklen Wald zu laufen. Sich verführerisch auf den Boden zu werfen und sich aufreizend zu räkeln, um einen Mann anzulocken. Sie träumte von blitzenden Taschenlampen und Gewehrschüssen. Von einem Mann, nach dessen Körpergeruch sie sich verzehrte.
Als sie am späten Nachmittag erwachte, lag sie nackt auf dem zerwühlten Laken, die Erinnerung an die seltsamen, zusammenhanglosen Träume noch deutlich im Gedächtnis. Als Erstes meldete sich ihr Tastsinn, danach das Gehör. Sie registrierte das lärmende Vogelgeschrei. Das Summen der Insekten. Das Kreischen der Affen. Den Regen.
Es war schon wieder schwül, und die Ventilatoren kreisten, was die drückende Luft zumindest etwas leichter erträglich machte. Maggie schaute zum Fenster und stellte erstaunt fest, dass ein Moskitonetz ihr Bett umgab. Noch nicht ganz wach hob sie träge die Hand und schob es beiseite. Blinzelnd blickte sie in die unwiderstehlichsten, faszinierendsten Augen, die sie je gesehen hatte. Augen aus flüssigem Gold. Glühend. Hypnotisch.
Ihr Herz setzte einen Schlag aus, dann begann es, vor Aufregung wie wild zu klopfen. Maggie biss sich auf die Unterlippe. »Was machen Sie hier?«, brachte sie hervor. Der Mann, der vor ihrem Bett stand, wirkte furchtbar einschüchternd, nie hatte sie solch einen muskulösen Körper gesehen. Maggie lag da wie gelähmt, unfähig, sich zu bewegen. Sie konnte ihn nur hilflos anstarren, während sich ihr Schock mit einer seltsamen Erregung mischte.
Brandt zog das Netz zur Seite und ließ seinen Blick besitzergreifend über Maggies Körper gleiten. Sie war so in ihr zerknülltes Laken gewickelt, dass es weit mehr zeigte als es verbarg. Ihr seidenes Haar lag auf dem Kissen ausgebreitet wie gesponnenes Gold, ebenso rötlich schimmernd wie das lockige Dreieck, das er im Schatten ihrer Schenkel ausmachen konnte. Sein Mund fühlte sich mit einem Mal ganz trocken an. »Ich wollte mich vergewissern, dass alles in Ordnung ist. Mir ist eingefallen, dass es keine gute Idee war, Sie in einem fremden Haus mitten im Regenwald allein zu lassen, deshalb wollte ich nach Ihnen sehen. Ich bin Brandt Talbot.« Sosehr er sich auch bemühte, sich zu beherrschen, er konnte seinen brennenden Blick kaum von den aufreizenden Rundungen ihrer Brust lösen.
Das hitzige Verlangen, mit dem er ihren Körper betrachtete, brannte wie Feuer auf Maggies Haut. Erschrocken setzte sie sich auf und schlang das Laken um sich herum. »Großer Gott, ich hab ja gar nichts an!«
Brandts perfekt geschwungener Mund verzog sich ganz langsam zu einem kleinen Lächeln. »Das habe ich bemerkt.«
»Sollten Sie aber nicht.« Während Maggie sich das Laken mit einer Hand bis zum Kinn hochzog, wies sie mit der anderen gebieterisch zur Tür. Brandt war der attraktivste Mann, den sie je gesehen hatte. Sein Haar war lang und dicht, pechschwarz und so glänzend, dass sie am liebsten mit den Fingern hindurchgefahren wäre. Nach dem zu urteilen, wie es ihr in der letzten Nacht ergangen war, wusste sie nicht genau, ob der Mann sich in ihrem Schlafzimmer sicher fühlen konnte. Insbesondere wenn sie nackt war. »Ich ziehe mir etwas an, und wir treffen uns unten in der Küche.«
Sein Lächeln verbreiterte sich zu einem unwiderstehlichen Grinsen. »Ich habe Ihnen etwas zu essen nach oben gebracht.« Er nahm ein Silbertablett von der Kommode und stellte es aufs Bett. »Dass Sie … äh … nichts anhaben, macht mir nichts aus. So kommt wenigstens Leben ins Haus.«
Maggie stieg die Röte ins Gesicht. Auf dem Tablett waren Obst, ein Glas eisgekühlter Fruchtsaft, ein Becher mit heißem Tee und dazu eine farbenprächtige Orchidee arrangiert. Die Blume war frisch. Und exquisit. Was war das nur für ein Mann, der ihr beim ersten Erwachen im Regenwald etwas so Wunderschönes brachte? Maggie blickte vom Tablett hoch und bewunderte die Schönheit seines männlichen Körpers. Er hatte kräftige Arme und breite Schultern, überall schien er aus Muskeln zu bestehen. Seine faszinierenden Augen musterten sie mit so glühender Intensität, dass Maggie in dem Moment, in dem ihre Blicke sich trafen, verloren war. Nie zuvor hatte sie einen Mann mit derartigen Augen gesehen. Es waren die eines Dschungelwesens, eines Jägers, der auf seine Beute konzentriert ist. Und doch hatte er daran gedacht, ihr eine Blume auf das Silbertablett zu stellen.
Hastig wandte Maggie den Blick ab, bevor sie sich für immer in den geheimnisvollen Tiefen seiner Augen verlor. Auf ewig verloren in diesem faszinierenden Kontrast zwischen dem Räuber und dem Dichter in ihm.
»Ich glaube nicht, dass dieses Haus noch mehr Leben braucht«, erwiderte sie leise, während sie versuchte, Brandt nicht weiter anzustarren. Sie konnte schlecht splitterfasernackt im Bett Obst essen, während er mit diesen sündhaften Augen dabei zusah. Er raubte ihr die Sprache. Den Atem. Den Verstand. Ihr ganzer Körper erwachte zum Leben, jetzt, da er im Zimmer war. Die Situation war einfach zu gefährlich. »Ernsthaft, warten Sie bitte unten. Ich komme gleich.«
Seine Augen glitten über ihren Körper. Feurig. Besitzergreifend. Sie hielt den Atem an. Schon allein bei seinem Anblick schmolz sie dahin.
Ein raubtierhaftes Grinsen ließ Brandts weiße Zähne aufblitzen. »Ich werde warten, Maggie«, sagte er leise, ehe er das Zimmer verließ. Seine Stimme war tief und so verführerisch, dass sie anscheinend durch ihre Poren drang, um ihr Blut noch mehr in Wallung zu bringen. Alles an Brandt, seine Stimme, sein Körper, seine Augen und sein Mund, war sündhaft sinnlich. In ihrem augenblicklichen Zustand fürchtete sie, seiner unwiderstehlichen Anziehungskraft auf der Stelle zu erliegen. Glücklicherweise hatte er ein klein wenig zu aggressiv geklungen. Zu arrogant. In seinem Ton lag etwas Herrisches, das ihr nicht behagte. Fast so, als hätte er ihr Fell gegen den Strich gebürstet.
Über diese Vorstellung musste Maggie laut lachen. Kaum war sie einen Tag im Dschungel, war sie schon ganz eins mit der Wildnis. Sie warf das Laken zur Seite und lief ins Badezimmer. Brandt Talbot besaß die Schlüssel zu jeder Tür in ihrem Haus. Auch der Riegel an der Haustür hatte ihn nicht aufhalten können. Sie sollte eigentlich dankbar sein, dass dieser Mann so besorgt um sie war. Er hatte bei ihr im Haus geschlafen.
Ob er in der Nacht in ihr Zimmer gekommen war? Ob es seine Wahnsinnsstimme gewesen war, die sie in ihren Träumen gehört hatte? Sie versuchte, sich an die Traumfetzen zu erinnern, doch alles, woran sie denken konnte, war ihre Gier nach Sex, wie sehr sie sich danach gesehnt hatte, berührt und gestreichelt zu werden. Hatte er sie etwa so gesehen? Diese Vorstellung ließ sie am ganzen Körper erröten.
Sie schaute sich im Spiegel an und versuchte zu ergründen, ob ihr eine Veränderung anzusehen war. Zum ersten Mal in ihrem Leben fiel ihr auf, wie unglaublich groß ihre grünen Augen waren. Im Tageslicht hatten ihre Pupillen sich zu stecknadelkopfgroßen schwarzen Punkten verengt, um ihre Augen vor der gleißenden Helligkeit zu schützen, die auch bei bedecktem Himmel herrschte. Verwundert registrierte sie das Strahlen ihrer leuchtend grünen Augen, während sie Zahnpasta auf die Bürste drückte. Als ihre kleinen weißen Zähne zum Vorschein kamen, setzte ihr Herz einen Schlag aus. In ihrem zarten Gesicht blitzten scharfe Fangzähne auf.