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Einfühlsam und hochromantisch entführt Elle Ellis ihre Leser*innen auf eine abgelegene Atlantikinsel und erzählt eine Liebesgeschichte, die jedes Herz zum Schmelzen bringt. Nie hätte Grace damit gerechnet, dass ihr Podcast über Cosy Island einmal über die Grenzen der kleinen Insel hinaus gehört werden würde. Doch inzwischen hat ihr Herzensprojekt so viele Fans, dass sich große Firmen darum reißen, von ihr beworben zu werden. Grace' Freude könnte nicht größer sein, wäre da nicht Jackson. Denn der attraktive Inselarzt ist nicht nur ihr Boss, sondern auch der Mann, der ihr immer wieder dieses verdammte Herzrasen beschert. Aber für ihn ist eine Beziehung am Arbeitsplatz ein absolutes No-Go, weshalb Grace ihre Gefühle tief in sich vergräbt. Zumindest bis Jackson ihr vorschlägt, ihre Stelle als Arztassistentin aufzugeben und sich ganz dem Podcast zu widmen. Bevor sie sich jedoch näherkommen können, erfährt Grace etwas, das alles für sie verändert … Persönliche Leseempfehlung: "Winter In Your Soul ist der perfekte Abschluss einer ganz besonderen Wohlfühlreihe. Knisternd, gemütlich und aufregend." - Jannik von @readandfit //Dies ist der vierte und letzte Band der gefühlvollen Slow Burn-Romance-Reihe »Cosy Island«. Alle Bände der New Adult Romance bei Impress: -- Autumn In Your Eyes (Cosy Island 1) -- Spring In Your Heart (Cosy Island 2) -- Summer In Your Dreams (Cosy Island 3) -- Winter In Your Soul (Cosy Island 4) Diese Reihe ist abgeschlossen.//
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Veröffentlichungsjahr: 2023
Impress
Die Macht der Gefühle
Impress ist ein Imprint des Carlsen Verlags und publiziert romantische und fantastische Romane für junge Erwachsene.
Wer nach Geschichten zum Mitverlieben in den beliebten Genres Romantasy, Coming-of-Age oder New Adult Romance sucht, ist bei uns genau richtig. Mit viel Gefühl, bittersüßer Stimmung und starken Heldinnen entführen wir unsere Leser*innen in die grenzenlosen Weiten fesselnder Buchwelten.
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Elle Ellis
Cosy Island 4: Winter In Your Soul
Einfühlsam und hochromantisch entführt Elle Ellis ihre Leser*innen auf eine abgelegene Atlantikinsel und erzählt eine Liebesgeschichte, die jedes Herz zum Schmelzen bringt.Nie hätte Grace damit gerechnet, dass ihr Podcast über Cosy Island einmal über die Grenzen der kleinen Insel hinaus gehört werden würde. Doch inzwischen hat ihr Herzensprojekt so viele Fans, dass sich große Firmen darum reißen, von ihr beworben zu werden. Grace’ Freude könnte nicht größer sein, wäre da nicht Jackson. Denn der attraktive Inselarzt ist nicht nur ihr Boss, sondern auch der Mann, der ihr immer wieder dieses verdammte Herzrasen beschert. Aber für ihn ist eine Beziehung am Arbeitsplatz ein absolutes No-Go, weshalb Grace ihre Gefühle tief in sich vergräbt. Zumindest bis Jackson ihr vorschlägt, ihre Stelle als Arztassistentin aufzugeben und sich ganz dem Podcast zu widmen. Bevor sie sich jedoch näherkommen können, erfährt Grace etwas, das alles für sie verändert …
Buch lesen
Vita
Playlist
Danksagung
© privat
Elle Ellis kann sich ein Leben ohne Bücher nicht mehr vorstellen. Am liebsten trinkt sie Eiskaffee, während sie an ihren Geschichten schreibt und sich zwischen den Worten verliert. Neben dem Schreiben teilt sie Leseempfehlungen und vieles mehr auf Instagram unter dem Namen @thebookelle. Zusammen mit ihrem Freund und den beiden Katzen Tabby und Malu lebt sie zwischen all ihren Büchern.
Für alle, die Cosy Island in ihr Herz geschlossen haben. Dieses Buch ist für jeden Einzelnen von euch. Danke, danke, danke.
Taylor Swift – Shake It Off
Dean Lewis – Small Disasters
MIIA – Dynasty
Seafret – Oceans
Kodaline – High Hopes
David Kushner – Miserable Man
BANNERS – Perfectly Broken
Dean Lewis – Into The Breeze
Imagine Dragons – Boomerang Dermot
Kennedy – Lost
Emmit Fenn – Yellow
Taylor Swift – Snow On The Beach (feat. Lana Del Rey)
Dermot Kennedy – Better Days
The Fray – Look After You
BANNERS – Start A Riot
Vance Joy – Missing Piece (Acoustic)
Sleeping At Last – Turning Page
Hollow Coves – The Woods
Kodaline – In The End
Oktober
Schweiß mit einer Mischung aus Parfüm und Alkohol kitzelt in meiner Nase. Überall schmiegen sich Körper aneinander und bewegen sich zum Takt der Musik. Keine Ahnung, woher Summer diesen Club kennt, aber die Liedauswahl des DJs gefällt mir. Die Stimme von Taylor Swift dringt als Nächstes an meine Ohren und lässt mich diesen Ort noch mehr mögen. Mein Blick schweift über die dunkle Wandverkleidung bis zu den unzähligen Neonröhren, die an ihr befestigt sind und die größer werdende Menschenansammlung in ein buntes Licht tauchen.
»Das wird immer voller«, rufe ich Summer über Shake It Off hinweg zu.
»Ich weiß.« Ihre Augen glitzern mit ihrem Kleid um die Wette und ich bin tatsächlich etwas stolz, es geschafft zu haben, sie in diesem Outfit herzuschleppen. Ohne meine Überredungskünste wäre sie sicherlich in ihrem liebsten Oversize-T-Shirt mitgekommen.
Bei dem Gedanken daran, was für Augen Travis nachher machen wird, wenn er uns abholt, muss ich schmunzeln. Seit letztem Sommer sind die beiden unzertrennlich. Bei jedem Streit lag so viel Knistern in der Luft, da war es nur eine Frage der Zeit, bis mehr zwischen ihnen passiert.
Ich schüttle den Kopf und versuche meine beiden Freunde daraus zu vertreiben. Was nicht so wirklich gut funktioniert, denn prompt macht sich wieder einmal der Wunsch bemerkbar, selbst so was Besonderes zu haben wie die zwei.
»Hey – Wir sind hier, damit du dich ablenkst«, brüllt mir Summer passenderweise zu. Sie nimmt meine Hand und zieht mich über den schwarzen Marmorboden hinter sich her. Ihr Lachen ist ansteckend und kurz darauf finde ich mich an der Bar wieder, wo wir uns weitere Drinks bestellen.
»Wir dürfen nur die letzte Fähre nicht verpassen.«
Sie winkt ab. »Darum können wir uns später einen Kopf machen.«
Im nächsten Moment schiebt uns der Barkeeper über die schwarze Hochglanztheke unsere Cocktails zu.
Wir stoßen an und die Kombi aus fruchtig und herb rinnt meine Kehle hinunter.
»Konntest du dir deinen verbotenen Arzt schon aus dem Kopf schlagen?«
Und da ist er. Der Knoten in meinem Magen. Schnell nehme ich einen weiteren Schluck von meinem Cocktail, bevor ich mechanisch nicke. Seit zweieinhalb Jahren wird das Kribbeln, das ich empfinde, wenn ich an Jackson denke, stärker. Und es will sich partout nicht vertreiben lassen, obwohl ich weiß, dass er Privates und Berufliches in dieser Hinsicht niemals vermischen würde.
Ich stoße ein tiefes Seufzen aus und Summers wissender Blick trifft meinen.
»Du bist eine schlechte Lügnerin.« Sie schenkt mir ein kurzes aufmunterndes Lächeln, ehe sie nach meiner Hand greift. »Denk an unser eingeübtes Mantra …« Ihre Miene fordert mich auf, die einstudierten Worte zu wiederholen.
»Jaja, ich weiß.«
»Saaaag es«, lässt sie nicht locker.
»Na gut«, murmle ich brummend vor mich hin, was sie über den Bass der Musik hinweg wahrscheinlich gar nicht hört. »Er sieht zwar gut aus …«
»Aaaaaber?« Wenn mir die Sache nicht so nah gehen würde, könnte ich bei ihrem Gesichtsausdruck beinahe anfangen zu lachen.
»Er ist mein Boss und deshalb verboten.«
Mit einem stolzen Nicken drückt sie kurz meine Hand und ein weiteres Mal wird mir bewusst, wie froh ich bin, endlich jemandem von meinen Gefühlen für Jackson erzählt zu haben.
»Und jetzt lass uns wieder tanzen gehen.«
Zusammen quetschen wir uns an den wartenden Menschen vorbei, bevor ich hinter ihr in die feiernde Masse hineinschreite. Meinen Cocktail umklammere ich dabei fester als nötig. Das Gesicht meines Gegenübers will ich mir gar nicht vorstellen, wenn …
Schwungvoll dreht sich ein Typ in meine Richtung und schon passiert es. Prompt prallt er gegen mich. Der Inhalt meines Glases landet geradewegs auf seinem weißen T-Shirt. Mist.
Mit glühenden Wangen hebe ich den Blick und sehe in das grinsende Gesicht eines schwarzhaarigen Kerls, der ungefähr in meinem Alter sein müsste.
»Wäre das nicht der perfekte Start für eine Serie?«, witzelt er und bringt mich trotz des schlechten Witzes zum Schmunzeln.
Summer beugt sich zu mir vor und nimmt mir das leere Glas ab. »Das brauchst du dann wohl nicht mehr«, flüstert sie und macht ein paar Schritte zurück. Sie schneidet eine Grimasse, die mir wahrscheinlich verraten soll, wie heiß der Typ ist. Mein Blick fällt zurück auf ihn. Aber das Einzige, woran ich denke, ist, wie sehr seine Gesichtszüge mich an die erinnern, die ich eigentlich hier vergessen wollte. Diese vollen, geschwungenen Lippen. Die blauen Augen, die allerdings einen Tick zu dunkel sind, und der markante Kiefer …
Um mich abzulenken, sage ich das Erstbeste, was mir einfällt. »Ich habe Taschentücher.«
Hinter ihm verdreht Summer die Augen.
Was denn?, teile ich ihr stumm mit. Als ob ihr was Besseres eingefallen wäre.
Ich versuche sie zu ignorieren, ziehe aus meiner schmalen Umhängetasche ein paar und reiche sie ihm.
»Genau das wäre in der Serie jetzt wahrscheinlich auch passiert.« Würde sein Grinsen mir nicht verraten, wie lustig er seine eigenen Sprüche findet, hätte ich schon längst das Weite gesucht.
»Was Originelleres hast du nicht auf Lager?«, erwidere ich also.
Unbeholfen tupft er mit zwei Taschentüchern auf seinem T-Shirt herum, das nun stellenweise komplett durchtränkt ist. Das kann ich mir nicht länger ansehen. Ich mache einen Schritt vor und drücke das letzte, was ich noch in der Hand hatte, gegen seine Brust.
»Hat anscheinend funktioniert.« Er zwinkert mir zu.
Normalerweise würde ich auf so einen Flirtversuch nicht anspringen, aber seine Gesichtszüge setzen irgendetwas bei mir in Gang, das ich nicht gewohnt bin.
»Ach, meinst du?«, erwidere ich und blinzle ihn durch meine Wimpern hindurch an. Meine Hand liegt dabei immer noch auf seiner Brust.
Er beißt sich auf die Unterlippe, ohne den Blick von mir zu lösen. »Komm, ich lad dich auf einen neuen ein.«
In linse über seine Schulter zu Summer. Mit ihrer Hand fordert sie mich auf zuzusagen. Ein schlechtes Gewissen macht sich in mir breit, was sie offensichtlich bemerkt und ihre Geste wiederholt.
Auf andere Gedanken kommen, formt sie lautlos mit den Lippen, bevor sie einen Schritt auf mich zumacht. »Travis findet mein Kleid übrigens super, hab ihm ein Foto geschickt und seine Antwort bestand aus drei Wörtern: Bin gleich da.«
Okay, sage ich lautlos.
Heiß, gibt sie genauso zurück und deutet zu dem Kerl, auf dessen Brust immer noch meine Hand liegt.
Rasch ziehe ich sie fort.
»Und schon vermisse ich deine Berührung«, kommentiert er.
Ich verdrehe die Augen. »Na komm. Ich lasse mir von dir einen Cocktail spendieren, wenn du dann mit diesen schlechten Sprüchen aufhörst.«
»Deine Wünsche sind mir Befehl. Nathan.«
»Nathan?«
»Mein Name.«
Ich deute ein Nicken an. »Grace.«
»Freut mich, Grace. Also, lass uns deinen Cocktail ersetzen, bevor er noch seine Rache plant.«
Gemeinsam gehen wir zur Bar, wo er mir ein neues Getränk bestellt. Kurz darauf lehne ich mit einem kalten Glas in der Hand gegen den Tresen und schaue zu ihm hinüber. Kurz bleibt mein Blick an seinen vollen Lippen hängen, ehe ich mich zwinge hochzusehen.
»Also Grace, was machst du hier?«
Ich zucke mit den Schultern und hebe mein Glas. »Cocktails trinken und auf ein weiteres Lied von Taylor Swift warten. Eins ist definitiv zu wenig für diesen Abend.«
»Gut, dass du in so netter Gesellschaft bist, da lässt sich das Warten besser aushalten, nicht?«
Ich unterdrücke ein Lachen und nehme einen Schluck von meinem Cocktail. »Kannst du eigentlich auch etwas anderes als nur solche Sprüche von dir geben?«
»Hi, ich bin Nathan, komme eigentlich aus Seattle und bin nur auf der Durchreise hier. Ich mag Game of Thrones – ja, sogar die letzte Staffel –, höre gerne Hip-Hop, weshalb ich nicht so erfreut über Taylor Swift wäre und schlafe gerne laaaange aus.«
Ich drücke mich von der Theke ab und bedeute ihm den Rückzug anzutreten.
»Hey, was hast du vor?«, fragt er mit gekräuselter Stirn.
»Ich halte Abstand zu Leuten, die Taylor nicht mögen.« Dabei muss ich die Lippen zusammenpressen, der Ausdruck auf seinem Gesicht würde mich sonst zum Lachen bringen.
Lässig lehnt er sich zurück und reckt das Kinn. Mit einem Schlag ist der verwirrte Ausdruck verschwunden. »Wann habe ich behauptet sie nicht zu mögen? Bad Blood ist echt cool!«
Mit einem zufriedenen Grinsen gehe ich zurück und lehne mich wieder an meinen Platz. »Noch mal gerettet.«
Seine Mundwinkel wandern nach oben und er beginnt über einen Club in Seattle zu schwärmen, der den ganzen Abend nur Musikwünsche der Gäste spielt. Irgendwann ist mein Cocktail leer und ich bestelle mir einen neuen. Wir unterhalten uns weiter über belanglose Themen und ich genieße es, nicht mit Details aus meinem Leben herausrücken zu müssen. Für einen Abend kann ich all dem entfliehen und stattdessen den Mann vor mir beobachten, während er munter die nächste unterhaltsame Geschichte zum Besten gibt. Ich betrachte seine blauen Augen, die kleinen Fältchen, die bei jedem Lachen entstehen und seine Lippen, die sich dabei verziehen. Immer wieder drohen meine Gedanken dabei zu jemand anderem abzudriften, doch ich schaffe es mit aller Kraft, denjenigen aus meinem Kopf zu vertreiben.
Irgendwann lasse ich mich von Nathan zur Tanzfläche führen, wo wir uns passend zur Musik bewegen, ehe wir aneinanderrücken und ich mich mit schwingenden Hüften an ihn schmiege. Und einige Minuten später liegen seine Hände genau auf diesen. Ich genieße die Berührung. Genieße das berauschende Gefühl, was sie in mir auslösen.
Es dauert genau vier Songs, da liegen seine Lippen auf meinen. Ich vergrabe die Hände in seinen Haaren und heiße das verlangende Prickeln willkommen, das sich in mir ausbreitet.
Kurz darauf beuge ich mich zu ihm vor. »Jetzt wäre der Moment gekommen, mich mit einem deiner Sprüche zu fragen, ob ich mit zu dir will«, hauche ich ihm zu.
»Ich glaube, das brauche ich gar nicht fragen, oder? Du bist bestimmt viel zu neugierig auf das schicke Hotel, in dem ich schlafe.«
Als Antwort presse ich meinen Mund auf seinen. Kurz gebe ich mich diesem intensiven Kuss hin. Das aufregende Prickeln wird stärker und gleichzeitig genieße ich die gewollte Ablenkung, die er in mir auslöst.
»Und wie«, antworte ich ihm.
November
Grace: »Okay, Leute. Hiermit kommen wir zum Ende unserer heutigen Cosy-Talk-Folge. Falls es jemand von euch letzte Woche nicht mitbekommen hat: Zum Abschluss habe ich einen Gast eingeladen. Vielleicht kennt ihn schon jemand, es ist nämlich der krasse, talentierte und mega bekannte Superstar Saaaaaam …«
Sam: »Übertreib nicht, Grace. Aber freut mich hier sein zu dürfen.«
Grace: »Wir haben zu danken, dass du in deinem vollen Terminkalender noch einen Slot freischaufeln konntest.«
Sam: »O ja, das ist mir wirklich schwergefallen. Ich musste extra einen Flug nach Los Angeles dafür absagen, wo ich gerade für einen Award nominiert bin.«
Grace: »Okay, jetzt wird’s unlustig. Das kauft uns niemand ab.«
Sam: »Claire hat mir zum Geburtstag einen gebastelt.«
Grace: »Mit Chase’ Hilfe. Leute, ich poste euch ein Foto davon auf meiner Podcast-Seite, dann könnt ihr dieses wundervolle Kunstwerk betrachten.«
Sam: »Keine Ahnung, wieso oben unbedingt gebastelte Katzenohren dran mussten, aber das gehört wohl dazu.«
Grace: »Mich hat’s nicht gewundert. Also, möchtest du dich nicht einmal vorstellen, für die, die dich noch nicht kennen, auch wenn das ziemlich unwahrscheinlich ist?«
Sam: »Klar. Hey, Leute, ich bin Sam, mir gehört zusammen mit meinem Kumpel Travis die Surfschule auf Cosy Island.«
Grace: »Uuuuuund?«
Sam: »Und vor zwei Monaten wurde eine Mini-Serie darüber gedreht.«
Grace: »Eine Art Dokumentation, richtig?«
Sam: »Richtig.«
Grace: »Und wann kann man die Folgen sehen? Wir warten doch alle gespannt darauf.«
Sam: »Anfang nächsten Jahres.«
Grace: »Das wird so cool!«
Sam: »Ich hoffe es.«
Grace: »Aber erzähl doch mal, wie war es für dich, gefilmt zu werden?«
Sam: »Nicht so schlimm wie für Travis. Er ist nämlich kein Fan davon, vor der Kamera zu stehen und musste dann anders als geplant trotzdem für eine kleine Szene dabei sein.«
Grace: »Aber wenn ich das richtig mitbekommen habe, hat er sich gut geschlagen.«
Sam: »Ja, das muss man ihm lassen.«
Grace: »Was wurde denn alles gedreht?«
Sam: »Eine Führung durch die Surfschule, einzelne Sessions, so was halt. Chase, auch ein Freund von uns, hat über den Vorfall beim Surfevent letztes Jahr gesprochen. Ich glaube, darüber hattest du bereits eine Folge, oder?«
Grace: »Richtig. Die meisten sind dadurch auf meinen Podcast gestoßen.«
Sam: »Ach ja, stimmt. Und um zurück zu den Filmaufnahmen zu kommen: Zum Schluss sind wir ein paar Orte der Insel abgefahren, wo hin und wieder einzelne Bewohner und Bewohnerinnen interviewt wurden.«
Grace: »Die … die das alle nicht so toll fanden, stimmt’s?«
Sam: »Grace, hör auf zu lachen! Die Standpauke von Mr Lewis werde ich so schnell nicht vergessen. Er ist ebenfalls ein Bewohner von Cosy Island.«
Grace: »Weil du ihm erklären wolltest, was ein Streamingdienst ist, meinte Travis zu mir. Ist doch klar, dass er so was kennt.«
Sam: »Du kannst deine Ironie ruhig ausstellen.«
Grace: »Quatsch. Also, ich war mir da sicher. Oder, Mr Lewis, falls Sie uns zuhören: Mir ist klar, was für ein fitgebliebener, hipper Kerl Sie sind.«
Sam: »Okay, ich glaube, das ist mein Stichwort, um mich zu verabschieden. Darf ich noch jemanden grüßen?«
Grace: »Ähm, das hat mich noch niemand gefragt … aber wieso nicht?«
Sam: »War nur ein Spaß. Ich wollte bloß dein Gesicht sehen.«
Grace: »Haha, du Scherzkeks. Also dann Leute, macht’s gut.«
Sam: »Bis zur nächsten Welle.«
Grace: »Beim Cosy Talk!«
Ich stoppe die Podcast-Folge und ziehe vorsichtig die Kopfhörer aus meinen Ohren, um sie danach in den Beutel fallen zu lassen, der an meinem Stuhl baumelt. Seufzend wechsle ich von meinem Schnittprogramm rüber zu meinem E-Mail-Dienst, in dem Dutzende ungeöffnete Nachrichten darauf warten, von mir gelesen zu werden. Noch nie war ich für einen Samstag so dankbar. Jackson bei Untersuchungen zu unterstützen, die Blutabnahmen und der ganze Papierkram, den so eine Arztpraxis mit sich bringt, fordern normalerweise meine ganze Aufmerksamkeit. Unter der Woche kann ich also höchstens abends oder nachts am Podcast arbeiten und da schaffe ich nicht mal ansatzweise so viel wie am Wochenende.
Zum Glück hat die Aufnahme mit Sam vorhin so gut geklappt, weshalb es nicht viel zum Schneiden gibt. Außerdem lässt sich das in so einer gemütlichen Umgebung wie dem Cat’s Coffee entspannter erledigen.
Meine Hände schließen sich um das heiße Porzellan der Schneeflockentasse und ich nehme einen Schluck. Glücklicherweise hat Claire heute eine Ausnahme gemacht und mir ihren Pumpkin Spice Latte zubereitet.
»Sag es nicht weiter, sonst besteht Mr Lewis auch auf einen.« Verschwörerisch funkelt sie mich an. Ihre Hände sind im Spülbecken versenkt, die Ärmel ihres beigefarbenen Strickkleides bis zum Ellenbogen hochgeschoben. Bis auf das Plätschern des Wassers und die leise Musik aus den Lautsprechern an der Decke ist nichts weiter zu hören. Denn ich bin die einzige Kundin in ihrem Café, was wahrscheinlich nicht nur an der späten Uhrzeit liegt. Außerhalb der Hauptsaison fehlt von den Touristen und Touristinnen jede Spur.
»Warum machst du ihm nicht einfach einen Pumpkin Latte, wenn er den so gerne trinkt?« Ich nehme einen weiteren Schluck.
Über die Theke beugt sie sich zu mir vor und kneift ihre Augen ein wenig zusammen, ehe sie leicht den Kopf neigt. »Wir haben November, Grace. November. Muss ich dem noch etwas hinzufügen?«
Ich zucke mit den Schultern. »Selbst im Frühling würde ich deine Kreation nicht ablehnen.«
Prustend rutscht sie zurück und schüttelt den Kopf. »Kannst du knicken.«
»Was kann sie knicken?«, ertönt es da von der Küche her. Im nächsten Moment wird die Schwingtür aufgestoßen und die Dritte unserer Freundesclique kommt ins Café gerauscht. In der Hand einen Teller voll köstlich aussehender Cupcakes.
»Also, worauf musst du verzichten?«, fragt Autumn in meine Richtung und schenkt mir ein Lächeln. »Und kann die mal einer von euch probieren? Ich bin mir so unsicher mit der Creme.« Sie platziert den Teller zwischen Claire und mir auf der Theke.
»Claire will ihren Pumpkin Spice Latte nicht im Frühling machen, dabei sind Mr Lewis und ich große Fans«, erkläre ich augenzwinkernd, bevor ich meinen Kaffee zur Seite stelle und mir eins der süßen Gebäckstücke schnappe, die aus einem schokoladigen Teig mit einem orangefarbenen Topping bestehen. »Sind das deine Pumpkin Cupcakes?«
»Wo denkst du hin? Es ist November.«
»Aber das Orange …«
»Karotte.« Ihre Lippen verziehen sich zu einem breiten Lächeln. »Neues Rezept.«
Ich linse zu Claire, die mich mit einem Blick beäugt, der mir wahrscheinlich verraten soll: Ich hab’s dir doch gesagt. Sie ist die Erste, die einen Bissen nimmt. Im Bruchteil einer Sekunde verzieht sich ihr Gesicht, sie dreht sich um, hebt den Deckel vom Mülleimer und befördert den Inhalt ihres Mundes hinein.
»O Gott. So schlimm?« Mit geweiteten Augen wechselt der Blick von Autumn zwischen mir und Claire hin und her. Sie streicht ihre schulterlangen braunen Haare zurück und macht einen ziemlich betretenen Eindruck.
Claires Mundwinkel zucken, ehe sie ein leises Lachen von sich gibt. »Ich glaube, du hast Salz mit Zucker vertauscht.«
»Verflucht. Das ist mir noch nie passiert.«
Claire tänzelt auf sie zu und legt den Arm um ihre Schultern. »Mach dir nichts draus, so was musste früher oder später kommen. Wenn man hier arbeitet, muss man sich einen Gebäck-Patzer leisten.«
»Ich könnte dich jetzt an deine erinnern, Claire, aber …«
»Wag es ja nicht!« Aus zusammengekniffenen Augen funkelt sie mich an.
Ich unterdrücke ein Schmunzeln und wende mich an Autumn. »Mein Grandpa würde jetzt sagen, du bist halt einfach verliebt.«
Sie zuckt mit den Schultern, allerdings erkenne ich sofort, wie sich der Ausdruck in ihren Augen aufhellt. »Oder es liegt an den neuen Boxen, die ich seit letzter Woche für meine Gewürze habe. Ich hätte echt welche nehmen sollen, die sich leichter unterscheiden lassen.«
»Habe ich dir gleich gesagt«, schiebt Claire dazwischen.
Ich stelle mein Gebäck zurück auf den Teller und ziehe die Ärmel meines braunen Pullovers ein Stück über die Hände. »Vielleicht wären Pumpkin Cupcakes doch besser gewesen«, versuche ich Claire zu ärgern. Mir auf die Unterlippe beißend unterdrücke ich ein Prusten.
»Werd nicht frech, sonst nehm ich dir den Kaffee wieder weg.«
Ich hebe beide Hände in die Luft.
Mit zwei Fingern bedeutet mir Claire, mich im Auge zu behalten. Trotzdem sehe ich ihre Mundwinkel verräterisch zucken.
»Dann muss ich die wohl alle entsorgen.« Autumn greift nach dem Teller und hält ihn über den Mülleimer.
»Stopp!« Mit einer flinken Bewegung zieht Claire diesen an sich. »Mir fällt bestimmt etwas ein, wie ich damit Chase eins auswischen kann.«
»O nein!« Entschieden schüttelt Autumn den Kopf und reißt den Teller wieder an sich. »Du wirst nicht meine Backkünste benutzen, um mit deinem Freund irgendein merkwürdiges Spiel zu spielen.«
Bevor sie etwas einwenden kann, befördert Autumn alle Cupcakes in den Müll.
»Grace. Hilf mir doch«, wendet Claire sich an mich.
»Nope. Ich sehe euch beiden lieber zu.« Ein breites Grinsen stiehlt sich auf meine Lippen. Außerdem ist es sowieso bereits zu spät.
»Das wäre die perfekte Rache für letzte Woche gewesen.« Frustriert lässt sie sich mit dem Rücken gegen die hintere Theke fallen.
»Die Burger-Aktion hättest du damit trotzdem nicht übertrumpfen können.« Ich greife zu meiner Tasse und nehme einen Schluck von meinem Pumpkin Latte.
»Das war nicht lustig, sondern einfach nur ekelhaft!« Sie schüttelt sich. Wahrscheinlich durchlebt sie den Augenblick letzte Woche im Diner ihres Freundes noch einmal, als ihr klar wurde, was da unter ihrem Salat war. Chase hat nämlich ein wenig Chili dort versteckt, womit sie echt nicht gerechnet hat, bei den grandiosen Burgern, die er eigentlich zaubert. Natürlich nicht so viel, dass es gefährlich geworden wäre!
»Also, dein Gesicht war schon witzig.« Autumn plustert ihre Wangen auf und versucht so unsere Freundin nachzuahmen.
»So sah ich ganz bestimmt nicht aus!«
»Na ja …« Ein Lachen kommt über meine Lippen. »Ein bisschen Ähnlichkeit hat das schon. Schade, dass Summer und Travis nicht dabei waren.«
»Chase kann froh sein, sich bloß für eine milde Sorte entschieden zu haben.« Mit zwei Schritten ist Claire wieder beim Spülbecken und macht da weiter, wo sie vorhin aufgehört hat.
»Das wäre sonst auch Körperverletzung gewesen und kein Spaß mehr«, schiebe ich ein.
»Und so was würde er dir nicht antun.« Autumn reicht den Teller Claire, die diesen ins Wasser taucht. Anschließend greift sie nach einem Tuch und beginnt die erste Tasse abzutrocknen.
In der Zeit beschließe ich mich wieder meinem Laptop zu widmen. Bei dem Gedanken, wie viele E-Mails noch darauf warten, von mir gelesen und beantwortet zu werden, ist die heitere Stimmung von gerade schlagartig verschwunden.
Selbst eine Stunde später hocke ich immer noch im Cat’s Coffee und klicke mich durch meine Mails. Bloß eine Sache hat sich geändert, ich bin nicht mehr der einzige Gast. In der hintersten Ecke sitzt Margret, eine alte Freundin von Autumns verstorbener Granny, die ab und an vorbeikommt, um einen von ihren Cupcakes zu essen. Seitdem sie hier ist und von Claire versorgt wurde, ist sie in ihre Zeitschrift vertieft. Ich höre sie lediglich ihren Kaffee schlürfen, während ich in meine Arbeit vertieft bin.
Auf dem Bildschirm meines Laptops reiht sich eine Mail nach der anderen und alle haben einen ähnlichen Betreff. Anfrage für eine Kooperation. Kooperation mit … Buchung für einen Platz in einer Ihrer Folgen …
Seit ich im Frühling letzten Jahres über den Zwischenfall beim Surfwettbewerb gesprochen habe, ist mein gesamter Account am Explodieren. Plötzlich findet jeder das Leben auf Cosy Island interessant, möchte mich dabei begleiten, wie ich meinem Häuschen ein Makeover verpasse oder sie wollen wissen, welche Filme ich mir in unserem Kino ansehe. Natürlich inklusive meiner Meinung dazu.
Folge dieser wachsenden Aufmerksamkeit sind jedoch diese vielen Anfragen unterschiedlichster Marken, deren Produkte ich in meinen Folgen bewerben soll. Managements schreiben mich an, um einen freien Platz in meinen Folgen zu buchen, damit ich Interviews mit Schauspielern, Sängern oder anderen Künstlern und Künstlerinnen führe. Wir reden über ihre neuen Filme, ihr neues Album oder eine Tour, die bald startet.
Keine Frage, das alles ist wie ein wahrgewordener Traum. Besonders die Sache mit den Bands, wobei ich immer noch auf eine E-Mail der Snowsideflakes hoffe. Zumal das alles mit einer harmlosen Folge über ihr neustes Album Anfang letzten Jahres begonnen hat.
Mein Blick fällt auf den Sticker meiner Lieblingsband, der unter der Tastatur meines Laptops klebt. Die kleinen Schneeflocken glitzern mir entgegen und erinnern mich an den Moment beim Surfwettbewerb, als ich sie getroffen habe. Scotty, der Leadsänger, hat mich anschließend eingeladen bei ihren Proben zuzusehen. Ich kann es immer noch nicht glauben, auch wenn es mittlerweile über eineinhalb Jahre her ist.
Langsam fahre ich mit dem Zeigefinger über den erhabenen Schriftzug, ehe ich am Touchpad stoppe. Mit einem Wisch aktiviere ich das Display, das sich mittlerweile dunkel verfärbt hat, und öffne die neuste E-Mail.
Sehr geehrte Miss Fields,
wir sind mit Freude auf Ihren Podcast und die dazugehörige Instagram-Seite aufmerksam geworden. Ihre aktuellen Themen sowie die Interaktion mit Ihren Zuhörern und Zuhörerinnen gefällt uns außerordentlich gut. Daher sind wir der Meinung, unsere Marke würde sich perfekt für Ihren Podcast eignen. Im Anhang finden Sie sämtliche Infos unserer Brand und ein erstes Briefing, was wir von Ihnen erwarten würden, sowie unser Budget-Angebot. So können Sie sich einen groben Überblick darüber verschaffen.
Wir freuen uns von Ihnen zu hören.Ihr Crunchstill Snack Team
Ich klicke mich durch den Anhang. Anscheinend verkauft die Firma einen Müsliriegel, der durch seine kleingeschroteten Nüsse besonders leise beim Kauen ist, was man von den üblichen Marken nicht gewohnt ist. Deshalb auch der Name. Ein kleines Grinsen schleicht sich auf meine Lippen. Clevere Marketingstrategie! Und die Bezahlung wäre der Wahnsinn. Pro dreißigsekündigem Werbeauftritt würden sie mir fünfhundert Dollar bezahlen. Das ist doppelt so viel wie das, was ich von den anderen Firmen bekomme, mit denen ich zusammenarbeite.
Sofort tippe ich eine Antwort, in der ich ein erstes Probepaket anfordere. Bevor ich die Sachen nicht getestet habe, werde ich meinen Zuhörern und Zuhörerinnen nicht davon erzählen. So bin ich einfach nicht, da könnten sie mir noch so viel Geld anbieten.
Die nächste E-Mail hat allerdings nichts mit einer Kooperation zutun. Sobald ich den Absender sehe, halte ich kurz den Atem an, ehe ich geräuschvoll ausatme. Die New York Times?
Ist das fake?
Mein Blick schießt nach oben, weil ich sofort Claire und Autumn davon erzählen möchte, allerdings liegt die Theke vor mir verlassen da und ein Blick über die Schulter verrät mir, dass sie auch nicht bei den Tischen sind. Wahrscheinlich erledigen sie irgendwas in der Küche. Also beschließe ich meine Aufregung später mit ihnen zu teilen. Vermutlich ist es sowieso besser, die Mail erst mal zu lesen, vielleicht ist meine Freude gerade umsonst und es geht um etwas Belangloses. Aber etwas Belangloses und die New York Times …?
Ohne weiter darüber nachzudenken, ob da nicht doch eine Spam-Mail in den falschen Ordner gerutscht ist, öffne ich die Mail. Aber auf den ersten Blick macht alles einen seriösen Eindruck. Unten ist das Logo der größten Zeitung von New York abgebildet und bei der Anrede steht mein Name … meiner.
Liebe Miss Fields,
schon lange bin ich ein großer Fan Ihres Podcasts. Ihre Art, die Zuhörer und Zuhörerinnen mitzureißen, ist unbeschreiblich. Besonders die vielfältigen Themen und Ihre Erzählungen über den Alltag auf Cosy Island gefallen mir ziemlich gut. Daher wäre es mir ein Herzensanliegen, eine Artikel-Reihe über Sie und Ihre Arbeit für unsere Zeitung zu verfassen. Der erste Artikel würde in der dritten Dezember-Ausgabe erscheinen. Allerdings gäbe es da ein Problem. Da dies relativ kurzfristig ist, müsste ich bereits nächste Woche anreisen, um Sie ein wenig in Ihrem Alltag zu begleiten, damit der Artikel möglichst authentisch ist. Wäre dies möglich?
Ich freue mich von Ihnen zu hören.Mit den besten GrüßenMalia Raynolds
Fassungslos starre ich auf die Zeilen und lese sie noch einmal. Und ein drittes Mal. Hin und wieder haben kleinere Magazine oder Klatsch-Seiten nach einem kurzen Interview gefragt, aber nie so was Großes wie die New York Times. Ich meine – Es ist die New York Times.
Jetzt stellt sich mir nur die Frage, wie ich das zeitlich mit meinem Job in Jacksons Praxis hinbekommen soll. Trotzdem schicke ich meine Zusage sofort ab. Wer weiß, wann sich wieder so eine Chance ergibt.
Malias Antwort folgt umgehend und wir verabreden uns für einen Donnerstagmorgen im Ocean Sleep, wo sie sich ein Zimmer buchen lassen will. Da wird sie keine großen Schwierigkeiten bekommen. Zu dieser Jahreszeit ist es da nicht gerade ausgebucht. Eher im Gegenteil.
Am liebsten würde ich mich länger darüber freuen, diese Möglichkeit zu bekommen. Doch die kleine Anzeige meines Postfaches erinnert mich daran, dass noch etliche Nachrichten beantwortet werden wollen. Also klicke ich mich durch die nächsten zwei Mails. Die vorgestellten Produkte sprechen mich nicht an, weshalb ich gleich darauf mit einer Absage antworte. Für einen Proteinshake ist der Sportmuffel in mir zu groß und auf eine Saftkur habe ich keine Lust. Dafür sind die nächsten drei genau meins. Eine Hörbuch-App, eine Band, die einen kurzen Clip als Werbung für ihre Tour einsprechen möchte und eine Online-Seite für Pflanzen. Wäre meine Katze Snowflake nicht überaus interessiert an den grünen Gewächsen, stünde mein Haus weiterhin voll davon. Aber seit sie zu meinem Leben gehört, musste ich mich von den meisten leider verabschieden. Glücklicherweise hat der Online-Anbieter auch ungiftige Pflanzen im Sortiment und bietet mir sogar noch etwas mehr Geld als die Firma mit dem Müsliriegel.
Aber wie zur Butterblume soll ich das zeitlich alles unter einen Hut bekommen? Eine gute Balance zwischen dem Job in der Arztpraxis und allem, was mit dem Podcast zusammenhängt, zu finden, ist schon seit den ersten Folgen eine Herausforderung gewesen. Doch nun beginnt sie mich langsam immer mehr und mehr zu überfordern. Zumal ich es eben auch liebe, bei Jackson zu arbeiten. Als ausgebildete Krankenpflegerin fühle ich mich in der Praxis wohl und mache den Job super gerne.
Ein lautes Seufzen entfährt mir und dadurch bemerke ich erst verspätet, dass Claire in diesem Moment durch die Schwingtür zurück ins Café tritt.
Verzweifelt fahre ich mir übers Gesicht und bette meinen Kopf anschließend gestützt von meinen Armen auf die Theke.
»Mittlerweile machst du jede Woche diesen Eindruck.«
»Was für einen Eindruck?«, murmle ich und blinzle zu ihr auf.
»Wieso kündigst du nicht endlich?«, flüstert sie.
Ich werfe einen Blick über meine Schulter, aber bis auf Margret, die weiterhin in ihre Zeitung vertieft ist, sind wir allein. Claire steht einfach auf Dramatik, was mich jetzt zum Grinsen bringen würde, wenn ich nicht so durcheinander wäre.
»Ich kann Jackson nicht hängen lassen.« Bei dem Klang seines Namens zucke ich innerlich zusammen. Schiebe dieses Gefühl aber gleich darauf von mir. Lasse es nicht zu, genauso wie in den letzten zweieinhalb Jahren seit ich bei ihm arbeite.
Wenn Dr. Lopez oder Roy, wie er eigentlich meist nur genannt wird, immer noch zusammen mit Jackson in der Praxis arbeiten würde, wäre das Ganze wahrscheinlich einfacher. Aber leider ist Roy bereits ein halbes Jahr nach meiner Ankunft auf Cosy Island in den Ruhestand gegangen und ab da wurde die Freundschaft zu Jackson tiefer und meine Gefühle stärker. Doch irgendwie funktioniert es immer. Irgendwie gelingt es mir, diese Gefühle zu verstecken, sie zu ignorieren, auch wenn dabei mein Herz jedes Mal einen Riss bekommt. Mittlerweile müsste es eigentlich in tausend Teile zerbrochen sein. Doch ich bin daran gewöhnt.
Denn wie hätte ich weiterhin mit ihm zusammenarbeiten können, wenn er mir mitgeteilt hätte, nichts als Freundschaft für mich zu empfinden? Wie hätte ich mit ihm arbeiten sollen, wenn er mir verständlich gemacht hätte, sich keine Ablenkung erlauben zu wollen? Den Ausdruck, den er dabei wahrscheinlich in seinen Augen gehabt hätte, will ich mir gar nicht vorstellen. Und jetzt … jetzt sind wir so ein eingespieltes Team, ich könnte es nicht übers Herz bringen, ihn im Stich zu lassen.
Um all die wirren Gedanken zur Ordnung zu rufen, stoße ich ein tiefes Seufzen aus und sehe zu Claire.
»Er würde es verstehen«, sagt sie leise.
Ich deute ein Nicken an. Das ist mir genauso bewusst wie ihr, schließlich ist Jackson der mitfühlendste und verständnisvollste Mensch, den ich kenne. Bei der Erinnerung, wie er sich bei einer Studienkollegin Rat geholt hat, als Claires Katzen ihre Kitten bekommen hatte, wird mir ganz warm. Er hat sich von ihr erklären lassen, worauf er achten muss, wie er sie impft und untersucht, bis sie alt genug sind, um mit der Fähre zum Tierarzt auf dem Festland zu fahren.
»Ja, würde er wohl«, gebe ich meine Zustimmung deshalb noch mal laut ab.
»Also, was hält dich davon ab?«
Bevor ich ihr antworten kann, lässt mich das Läuten der Türglocke über die Schulter schauen. Kalte Luft weht ins Innere des Cafés und lässt mich kurz frösteln. Und dann macht mein Herz einen Hüpfer, ehe es von einem Ziehen in seine Schranken gewiesen wird.
Wie immer.
Wie immer, sobald ich Jackson sehe.
Sein Blick gleitet über Margret hinweg zu Claire und mir. Sofort hellt sich sein Gesicht auf und seine eisblauen Augen lassen die Kälte, die er gerade eben mit hereingebracht hat, verschwinden.
»Perfektes Timing«, zischt Claire leise.
Ich reiße die Augen auf und schüttle den Kopf. »Nicht jetzt.«
»Jackson, welch eine Ehre«, begrüßt ihn Claire mit einem übertriebenen Singsang.
Ich ignoriere sie und zwinge meine Mundwinkel nach oben. Mein Lächeln fühlt sich verkrampft an.
»Grace – Claire.« Mit großen Schritten kommt Jackson zu uns und setzt sich in einer fließenden Bewegung genau neben mich. Er streift seinen Parka ab und zieht die braune Baumwollmütze von seinem Kopf.
»Warst du wieder bei Macy?«, fragt Claire und deutet auf seine schwarzen Haare.
»Jap.« Jackson nickt und streift sich mit der Hand über den Hinterkopf. Ich beobachte seine Bewegung und unterdrücke den Gedanken, das an seiner Stelle tun zu wollen.
»Sie verkauft nicht nur die besten Möbel auf Cosy Island, sondern bekommt meine Haare genauso kurz, wie ich sie möchte.« Er stützt sich mit den Armen auf der Theke ab.
Natürlich hat er wieder mal eins seiner Holzfällerhemden an. Heute ist es das braune, was ich am liebsten mag. Dazu kitzelt der vertraute Duft nach hoffnungslosen Gefühlen mit einer süßen Note nach Sandelholz in meiner Nase.
Ignorieren, Grace. Ignorieren.
Genauso wie die eisblauen Augen, mit denen er zu mir sieht und auf den Laptop deutet, der mittlerweile zurück in den Sperrbildschirm gewechselt ist. »Wie immer?«, fragt er. Der warme Klang seiner samtigen Stimme lässt mein Herz einen Hüpfer machen. Ignorieren … IGNORIEREN!
Wie hypnotisiert bewegt sich mein Kopf auf und ab. Wie kann dieses Blau überhaupt nicht kalt wirken? Wie können sie so voller Leben, Wärme und Vertrauen sein?
Ein Räuspern von Claire erinnert mich daran, was ich gerade mache. »Jackson, das Gleiche wie jedes Mal, oder?«
Meine Wangen werden warm. Schnell starre ich auf meinen Laptop und drücke irgendwelche Tasten, damit er zum Leben erwacht. Genauso wie ich.
Du arbeitest für Jackson, rufe ich mir in Erinnerung. Er ist genau genommen mein Boss. Nicht nur genau genommen. Jackson ist mein Boss. Niemals würde er meine Gefühle erwidern. Das signalisiert mir sein freundschaftliches Verhalten und das geschäftliche in der Praxis immer wieder. Außerdem ist er viel zu gewissenhaft, sich auf etwas einzulassen, was ihn von seiner Arbeit ablenken könnte.
Routiniert versuche ich all diese Gefühle zu ignorieren und rutsche auf meinem Hocker hin und her, bis ich eine bequemere Position gefunden habe. Ich werde es nie schaffen, über ihn hinwegzukommen. Mittlerweile habe ich mich damit längt arrangiert, auch wenn es verflucht wehtut.
Ich linse zur Seite und begegne Jacksons Blick. Fragend hat er die rechte Augenbraue hochgezogen.
»Hm?«, murmle ich.
Seine Mundwinkel verziehen sich. Ich starre auf seine vollen Lippen. Wegsehen. Wegsehen.
Ich zwinge mich, zu meiner Tasse zu schauen, merke allerdings, wie Hitze meinen Hals hinaufkriecht. Hastig trinke ich in einem Rutsch meinen zweiten Latte aus.
Aus den Augenwinkeln bekomme ich mit, wie Claire ihm sein Getränk reicht. Anschließend lehnt sie sich mit den Ellbogen auf den Tresen und beobachtet uns, als würden wir uns in einer von ihren Trash-TV-Sendungen befinden. Dabei weiß sie nicht mal von meinen Gefühlen für ihn, sondern bloß von meinem Podcast-Arztpraxis-Chaos. Was würde sie wohl für Augen machen, wenn sie das erfahren würde? Wahrscheinlich säße sie dann mit Popcorn und Cheerleader-Pompons vor uns.
»Wie immer überschwemmt von E-Mails?«, wiederholt Jackson nun die Frage, die ich offensichtlich nicht mitbekommen habe, weil mein Kopf damit beschäftigt war, sich über ihn Gedanken zu machen.
Ich winke ab. »Geht schon.« Automatisch huscht mein Blick zu Claire, die mir mit ihren leicht zusammengekniffenen Augen irgendwas mitteilen will. Ermutigend nickt sie zu Jackson.
Jetzt?, frage ich lautlos. Sie kann doch nicht wirklich meinen, das wäre der perfekte Zeitpunkt, ihm zu beichten, keine Zeit mehr für die Arztpraxis zu haben.
Ihr Nicken wird stärker.
Unauffällig versuche ich den Kopf zu schütteln.
»Jack, was hältst du eigentlich davon, wenn …«, beginnt sie.
Ich reiße die Augen auf. Hastig hopse ich vom Hocker. »Also, ich muss«, plappere ich dazwischen und fuchtele hilflos mit den Händen in der Luft herum.
Ausgerechnet in dem Moment dreht sich Jackson mit seiner Tasse zu mir und mein Ellenbogen stößt genau dagegen. Der ganze Kaffee ergießt sich über sein Baumwollhemd.
»Nein«, flüstere ich langgezogen und reiße die Augen auf. Ist das gerade wirklich passiert? »Tut mir leid«, hasple ich.
Jackson winkt ab und stellt die jetzt leere Tasse zurück auf die Theke. »Passiert.«
»Gut, dass es bloß Eiskaffee war.« Ich linse zu Claire, die einen äußerst amüsierten Eindruck macht. Sie sieht aus, als würde sie jeden Moment einen Lachanfall bekommen. Mit einer schwungvollen Bewegung greift sie nach einem Stapel Papiertücher. Ich beuge mich zu ihr vor und nehme sie entgegen.
»Hast du wirklich gedacht, ich hätte es ihm einfach gesagt?«, flüstert sie mir zu.
Ich zucke mit den Schultern, aber ihr anschließender Blick lässt mich entschuldigend das Gesicht verziehen. Claire würde mich nie einfach so verraten. Was habe ich mir bloß dabei gedacht?
Ich wende mich Jackson zu, der mir dankend die Papiertücher aus den Händen nimmt. Anschließend fange ich an die Eiswürfel von seiner Hose zu sammeln.
»Ähm, Grace …«, beginnt Jackson, doch ich unterbreche ihn sofort, um mich überschwänglich zu entschuldigen. Hastig pflücke ich weiterhin das Eis auf.
Immer ein Würfel nach dem anderen. Die Dinger sind ganz schön glitschig und rutschen mir immer wieder von den Fingern zurück in seinen Schoß … In seinen Schoß …
Mit aufgerissenen Augen wird mir bewusst, wo ich da gerade eigentlich rumfummle. Ich sehe zu Claire, die einen ziemlich amüsierten Eindruck macht.
Hitze schießt mir ins Gesicht – erneut. Sofort ziehe ich meine Hände zurück und würde am liebsten im Erdboden versinken.
Jackson allerdings wirkt genauso belustigt wie Claire.
»Danke für deine Hilfe, aber ich glaube, das schaffe ich allein«, witzelt er, wohingegen ich mir wünschte, auf einem anderen Kontinent zu sein.
Grinsend drückt er mit den Tüchern auf seinem Hemd herum und fischt mit ihnen anschließend die übrig gebliebenen Eiswürfel von seiner Hose. Er setzt an, etwas zu sagen, wird jedoch von einem lauten Klingeln unterbrochen.
Mit einer entspannten Geste zieht er sein Smartphone aus der Jackentasche seines Parkas, der neben ihm auf dem freien Stuhl liegt. Seine Lässigkeit ist jedoch genauso schlagartig verschwunden wie bei allen Bewohnern und Bewohnerinnen von Cosy Island, sobald sich Mr Lewis mal wieder über eine Neuerung auf der Insel beschwert.
Er drückt auf dem Display herum und das Klingeln verstummt. Kurz wirkt er erleichtert, ehe es keine zwei Sekunden später von Neuem losgeht.
»Da scheint ja jemand dringend etwas von dir zu wollen«, kommentiert Claire, die seinen Gesichtsausdruck von ihrer Position aus nicht erkennen kann.
Mit einem genervten Seufzen nimmt er den Anruf entgegen und hält sich das Smartphone ans Ohr. »Ich muss dann mal«, murmelt er an mich gerichtet. »Bis dann.« Er sieht mich ein letztes Mal an, bringt allerdings nur ein schwaches Lächeln zustande. Mit einer schnellen Bewegung übergibt er die nassen Tücher Claire, hängt sich seinen Parka über den Arm und ist innerhalb von ein paar rasenden Herzschlägen aus der Tür verschwunden.
»Spannender als jede Serie.«
Ich werfe Claire einen finsteren Blick zu und lasse mich zurück auf den Hocker sinken.