Wir alten Hasen - Konstantin Wecker - E-Book

Wir alten Hasen E-Book

Konstantin Wecker

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Beschreibung

Prominente Mutmacher in einer inspirierenden Sammlung Unsere Welt könnte so schön sein. Doch Kriege, Krisen, Inflation sowie gesellschaftliche Spannungen im Großen wie im Kleinen belasten uns schwer und wecken Zukunftsängste. Suchen wir Halt in der Informationsschwemme, droht uns diese mitzureißen wie ein gewaltiger Erdrutsch. Wie wohltuend ist da die Vorstellung, schriftliche Mutmacher von denjenigen zu erhalten, die selbst bereits viel erlebt, bewältigt und bewegt haben. Mehr noch: ganz persönliche Worte von unseren "alten Hasen" zu lesen, die in uns durch ihre Werke und ihr Schaffen längst die Sehnsucht nach dem Grundsätzlichen, nach Frieden, Liebe, Zusammenhalt, dem Essenziellen und Echten geschürt haben. Mit ihren Beiträgen vermitteln sie uns Geborgenheit im Leben, lassen uns teilhaben an eigenen Reflexionen, Gedanken und Erfahrungen und machen uns unsagbar viel Mut. - Mit Willy Astor, Nomi Baumgartl, Anne Devillard, Prof. Dr. Gerald Hüther, Michaela May, Isolde Ohlbaum, Dr. Heribert Prantl, Pfarrer Rainer Maria Schießler, Dr. Tilman Spengler und Konstantin Wecker - 1 Euro für einen guten Zweck Für jedes verkaufte Buch und E-Book des Titels "Wir alten Hasen" spenden wir 1 Euro, bei Hörbüchern 10 % der Nettoerlöse. Diese Gelder gehen direkt an gemeinnützige Initiativen und Hilfsprojekte, die von den Autorinnen und Autoren persönlich ausgewählt wurden. So verbindet jeder Kauf Lesegenuss mit Herzensangelegenheit!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
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Seitenzahl: 137

Veröffentlichungsjahr: 2025

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WIR ALTEN HASEN

Mut in bewegten Zeiten

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Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Anna Marguerita Schön (Hrsg.)

Wir alten Hasen

Mut in bewegten Zeiten

E-Book (epub): ISBN 978-3-86374-742-8

(Druckausgabe: ISBN 978-3-86374-740-4, 1. Auflage 2025)

Mankau Verlag GmbH

Pfarrgasse 1 · D-82497 Unterammergau

[email protected]

Im Netz:www.mankau-verlag.de

Soziale Netzwerke:www.mankau-verlag.de/forum

Lektorat: Redaktionsbüro Julia Feldbaum, Augsburg

Endkorrektorat: Susanne Langer-Joffroy M. A., Germering

Cover/Umschlaggestaltung: © Andrea Janas | andreajanas.com

Innenteil (Layout und Satz): Lydia Kühn, Aix-en-Provence, Frankreich

Bilder der Autorinnen und Autoren auf dem Umschlag / im Innenteil:Konstantin Wecker: © Daniela Pfeil; Michaela May: © Christian Weiss; Willy Astor: © Nils Schwarz; Heribert Prantl: © Jürgen Bauer; Tilman Spengler: © Alfons Schön; Isolde Ohlbaum: © Isolde Ohlbaum; Gerald Hüther: © Wolfgang Würker; Rainer Maria Schießler: © Susanne Krauss; Anne Devillard: © Caroline Martin; Nomi Baumgartl: © Christian Pfanzelt / © Constanze Wild

Hase: © Library of Congress (James Conners’s sons, Electrotype Cuts 1888)

Zum Beitrag von Konstantin Wecker: Die Texte »Den Parolen keine Chance«, »Was uns am Leben hält« und »Jeder Augenblick ist ewig« (aus dem Lied »SoScheeSchoA«) wurden von Konstantin Wecker verfasst. © 2017/2021/2011 Sturm & Klang Musikverlag GmbH / Alisa Wessel Musikverlag e.Kfr.

Urheberrechtsvermerk

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Die Urheberrechte (das Copyright) liegen bei den jeweiligen Autorinnen bzw. Autoren. Jede Verwertung, auch auszugsweise, außerhalb des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung unzulässig und strafbar.

Inhalt

Vorwort

Konstantin Wecker

Mut durch Poesie

Michaela May

Genieße den Augenblick

Willy Astor

Der Flirt mit dem Scheitern oder Was heißt es, kreativ zu sein?

Heribert Prantl

Erben der Holzkiste

Tilman Spengler

Nachrichten aus der Hasenschule oder Kleiner Vortrag über den Hasen als Vorbild

Isolde Ohlbaum

Was wäre gewesen, wenn …

Gerald Hüther

Im besten Sinne eigensinnig

Rainer Maria Schießler

Vertrauen ins Leben statt Heldenmut

Anne Devillard

Magic Moments oder Die Liebe zu den kleinen Dingen

Nomi Baumgartl

Licht in die Welt bringen – eine Liebeserklärung

Kurzviten und Spendenprojekte

Vorwort

Eines Nachmittags im Spätherbst saßen wir gemütlich in Konstantin Weckers Wohnzimmer zu unserem wohl dritten oder vierten gemeinsamen Interview beisammen und philosophierten über Gott und die Welt, als er plötzlich aufsprang. »Da hast jetzt was g’sagt!« Er verschwand aus dem Raum, kam zurück, faltete einen handbeschriebenen Zettel auseinander und hob an zu einem Gedicht, das ihm erst wenige Tage zuvor in den Sinn gekommen war.

Draußen trommelte der Regen an die Fensterscheiben und tauchte das Zimmer mit seinem schwarzen Flügel und den gut gefüllten Bücherregalen in ein diffuses Herbstlicht. Und während ich dort saß und lauschte und mich von den Worten berühren ließ, formte sich in mir zum wiederholten Male der Gedanke, ja, wuchs der große Wunsch, etwas von dieser Überzeugung, der Sehnsucht nach dem Grundsätzlichen, nach Frieden, Liebe, Zusammenhalt, nach dem Essenziellen und Echten in Buchform zu bündeln. Diese Lebendigkeit, die ich in solch inspirierenden Gesprächen immer wieder erleben durfte, wollte ich einfangen. Die Kraft und Authentizität, den Mut und Zuspruch, den Humor, die Hoffnung, das Gefühl von Geborgenheit, das wir seit Jahrzehnten in den Werken unserer »alten Hasen und Häsinnen« finden, und das uns doch schon oft genug durch herausfordernde Zeiten tragen durfte.

Es sollte noch etwas Zeit vergehen, bis das Buchprojekt seine konkrete Form annehmen konnte. Jahre, die für mich persönlich sowohl durch Schicksalsschläge und Verlust als auch durch Liebe und Erfüllung geprägt waren, und die für uns alle zudem durch die gesellschaftlichen Nachwirkungen der Corona-Pandemie, den Beginn des Ukraine-Kriegs, die Ausweitung des Nahostkonflikts sowie durch zahlreiche weitere weltpolitische, ökologische und wirtschaftliche Hiobsbotschaften mehr und mehr zur Herausforderung wurden und Ängste in uns schüren.

Beim Entwickeln der Buch-Idee stellte sich mir die Frage: Was brauchen wir, wenn die Welt um uns herum laut wird und uns die tägliche Nachrichtenflut überrollt?

Dieses Büchlein hat nicht den Anspruch, alle Antworten auf die großen Fragen dieser Zeit zu kennen. Es richtet vielmehr die Aufmerksamkeit auf das, was uns im Innersten zusammenhält: auf Menschlichkeit. Begegnungen auf Augenhöhe, den Fokus auf das Nahe, das Echte. Darauf, Halt zu spüren im Alltäglichen.

Zehn inspirierende Persönlichkeiten habe ich eingeladen, einen schriftlichen Beitrag zu diesem Benefiz-geleiteten Herzensprojekt zu leisten.

Ganz ohne thematische Vorgaben durften dabei ganz unterschiedliche und teils sehr persönliche »Briefe« entstehen, direkt an uns Leserinnen und Leser gerichtet. Mal poetisch, mal mit Augenzwinkern, reflektierend oder mit Rückschau auf die eigenen Herausforderungen, auf Erfolge und das Überwinden von Ängsten, auf Lebensfreude, Hoffnung und Mut.

Und wir? Wir dürfen uns anlehnen und einen Moment lang durchatmen.

Willy Astor, dessen Humor, Musik und Reflexionen so manchen trüben Tag heller machen; Michaela May, die uns durch ihr filmisches Schaffen, ihre geradlinige, herzliche Art und nicht zuletzt durch ihre berührende Autobiografie Mut macht und inspiriert; Konstantin Wecker, der durch seine Lieder und seine Poesie unbeirrt für Frieden und heilsame Utopien einsteht; Nomi Baumgartl, deren fotografische Leistung im wahrsten Sinne des Wortes Berge versetzt beziehungsweise bewahrt; Heribert Prantl, dessen Schaffen insbesondere für die Süddeutsche Zeitung an den richtigen und wichtigen Stellen den Blick schärft; Gerald Hüther, der uns aus Sicht des Neurobiologen zu neuen Erkenntnissen verhilft und sich für mehr Menschlichkeit, das Ausschöpfen des eigenen Potenzials sowie für ein liebevolleres Miteinander einsetzt; Anne Devillard, die als Literatin und Redaktionsleiterin für Ganzheitlichkeit auf allen Ebenen eintritt; Tilman Spengler, dessen schier unendlicher Wissensschatz und literarisches Schaffen uns in Staunen versetzen; Isolde Ohlbaum, die nahezu alle bedeutenden Schriftsteller fotografisch porträtieren durfte und durch ihr imposantes Gesamtwerk tief berührt; oder Rainer Maria Schießler, der als Pfarrer neue und oft unkonventionelle Wege geht, um Brücken zu bauen.

Der Wunsch, durch die Autoren-Erlöse und einen großen Teil des Herausgeberhonorars wertvolle gemeinnützige Projekte zu unterstützen, wurde von allen Mitwirkenden von Anfang an mitgetragen. Das macht mich froh.

Herausgekommen ist eine Liebeserklärung an das Leben.

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen!

Anna Marguerita Schön

Konstantin Wecker

Mut durch Poesie

Nein, ich hör nicht auf zu träumen von der herrschaftsfreien Welt, wo der Menschen Miteinander unser Sein zusammenhält. Lasst uns jetzt zusammenstehen, es bleibt nicht mehr so viel Zeit. Lasst uns lieben, und besiegen wir den Hass durch Zärtlichkeit.

Liebe Leserinnen und Leser,

was brauchen wir – was braucht die Welt – in dieser Zeit, um zu bestehen?

Mir persönlich konnte in meinem Leben immer wieder die Poesie Mut machen. Sie ist es, die mir Halt und Richtung gibt. Immer und überall – und ganz besonders in solch bewegten Zeiten.

Rainer Maria Rilke etwa, den ich sehr verehre, findet immer die richtigen Worte, egal, in welcher Situation man ihm begegnet. Ein Rilke-Werk, das du mit siebzehn Jahren liest, kann dreißig Jahre später zu einem völlig anderen Gedicht werden, weil du selbst dich gewandelt hast.

Poesie ist so wichtig, weil sie direkt – am Verstand vorbei – den Weg ins Herz findet. Rilke drückt mit Worten aus, was mit der Ratio nicht zu erklären ist.

Das Machtmittel aller Diktaturen und das Prinzip jedes Herrschaftssystems, vor allem des Patriarchats, ist doch die Angst. Von der Ratio erschaffen, aber vom Herzen und der Empathie losgelöst.

Wenn die Kultur fehlt, steigt die Tendenz zur Gewalt. Poesie aber macht uns empathisch. Und das ist doch die Hauptaufgabe der Kunst: uns vom Unmenschlichen auf das Menschliche zu besinnen. Auch Joseph Beuys sagte einst: »Jeder Mensch ist ein Künstler«, wenn er es nur zulässt.

Die Kultur im Allgemeinen und die Poesie im Speziellen haben Zugriff auf das, was in uns das Menschsein ausmacht. Gern zitiere ich auch den schönen Satz von Georg Kreisler: »Der Mensch braucht Kunst nicht zur Unterhaltung – da kann er auch zum Pferderennen gehen –, sondern weil sie ein Teil seiner selbst ist.«

Ein unabdingbarer Pfeiler für Kunst und Kultur ist auch die Meinungsfreiheit, auf deren Schutz und Bewahrung wir gerade in diesen Zeiten besonders achtgeben müssen. Wichtig ist dabei, dass wir innerhalb dieser Vielfalt an Meinungen die Sehnsucht jedes Einzelnen erkennen. Dass wir frei entscheiden und uns nicht spalten (lassen) – damit die Welt nicht in Extreme abrutscht.

Wir müssen Herz und Geist aufmachen und die Kultur immer wieder in die Herzen der Menschen tragen. Und ich gehe sogar noch weiter: Ich bin der Meinung, ohne Kultur und ohne Kunst würden wir wahrscheinlich gar nicht existieren. Wie sähe die Welt aus ohne Homer, ohne Rilke?

Das Patriarchat mag sich in diesen Zeiten noch einmal in seiner fulminanten Wucht zeigen, ein letztes Aufbäumen von Macht und Besitz – verteidigt mit Gewalt. Doch ich bin der Meinung, dass die sogenannten Träumer, die Poeten, immer etwas mehr über die hinter allem liegende Wirklichkeit wussten und wissen. Machtmenschen hingegen, deren Empathie verkümmert ist, leben in einem durch Angst und Herrschaft selbst erschaffenen Albtraum.

Die Vernunft ist etwas Wichtiges. Doch wie die Buddhisten so schön sagen: »Der Verstand muss der Wagen sein, aber nicht der Wagenlenker.« Man kann mit der Ratio so weit gehen, jede noch so abscheuliche Tat zu entschuldigen und Gründe zu finden, um sie zu rechtfertigen. Mit dem Herzen funktioniert das nicht.

DEN PAROLEN KEINE CHANCE

Den Parolen keine Chancelasst sie nicht ans Tageslicht,lasst sie in den Grüften modern,öffnet ihre Gräber nicht.

Volk, Nation und Vaterlandsind ihr krudes Kampfgebrüll,alles, was dadurch verbrochen,war doch längst entsorgt im Müll.

Wenn sie jetzt den Menschenfängernwieder aus den Mäulern sprudeln,lasst sie ungehört verdorren,lasst euch nicht dadurch besudeln.

Kriege mit Millionen Totenhaben sie uns eingebracht,Folter, Mord und Diktaturen –Siegeszug brutaler Macht.

Nein, ich hör nicht auf zu träumenvon der herrschaftsfreien Welt,wo der Menschen Miteinanderunser Sein zusammenhält.

Lasst uns jetzt zusammenstehenes bleibt nicht mehr so viel Zeit,lasst uns lieben, und besiegenwir den Hass durch Zärtlichkeit.

Nennt mich gerne einen Spinner,Utopisten und naiv,doch ich will nicht akzeptieren,was da aus dem Ruder lief.

Es gibt sicher schön’re Lieder,wohlgefällig ausgedacht,doch ich glaube, hin und wiederist ein Aufschrei angebracht.

Ja, ich hab’s schon oft besungen,doch ich wiederhol’ mich gern,damals war das Schreckgespenstzwar bedrohlich, doch noch fern.

Aber jetzt sind die Gespensterwieder mal aus Fleisch und Blut,und es darf nicht mehr erwachen,was in ihnen drohend ruht!

Nein, ich hör nicht auf zu träumenvon der herrschaftsfreien Welt,wo der Menschen Miteinanderunser Sein zusammenhält.

Lasst uns jetzt zusammenstehenes bleibt nicht mehr so viel Zeit,lasst uns lieben, und besiegenwir den Hass durch Zärtlichkeit.

Wann immer ich in meinem Leben nach einem Weg gesucht habe, hat mich die Poesie erreicht und mich meinem Selbst nähergebracht.

In meinem Leben gab es viele verschleuderte Jahre. Die beste Art, damit umzugehen, war immer, nichts zu vertuschen. So konnte ich auch vor mir selbst nichts vertuschen. Spannend ist, dass ich sogar in jenen Jahren in meinen Liedern all das zugelassen habe, was ich mir in meinem damaligen Macho-Rollenspiel verboten hatte: die Weichheit, die Zartheit, die Verletzbarkeit. Das bedeutete damals für mich eine immense Zerrissenheit, die mit den Jahren, zusammen mit dem Macho-Gehabe, gewichen ist.

Vielleicht muss man bescheidener werden: Früher habe ich oft gesagt, dass ich all die Erfahrungen, auch die Drogensucht, vielleicht gebraucht habe, um daraus zu lernen. Mit den Jahren aber hat sich das gewandelt, denn heute denke ich, die Frage sollte viel eher lauten: Wo könnte ich heute sein, wenn ich das alles nicht gemacht hätte? Was wäre möglich gewesen?

Um auf das große Ganze zu schauen, auf Kriege, auf Ungerechtigkeit, auf Verletzung: Es wird mir immer klarer, dass alles, was in den letzten Tausenden von Jahren passiert ist, mit dem Patriarchat und mit Macht zu tun hat. Den Menschen wird weisgemacht, dass sie von Grund auf schlecht sind, also brauchen sie Herrscher, die sie kontrollieren. Ich sage immer: Einer, der Macht hat, wird sie – auch wenn er sie ganz anständig verwaltet – nicht freiwillig abgeben.

Der anarchische Grundgedanke – Anarchie bedeutet ja Ordnung ohne Herrschaft – wird meist absolut missinterpretiert. Wahre Anarchie bedeutet: Menschen sind im Grunde gut. Sie helfen zusammen, bilden herrschaftsfrei Gesellschaften, auch und gerade in Krisenzeiten. Was wir brauchen, sind Dezentralisierung, Regionalität und Zusammenhalt. Struktur im Kleinen.

Geschichtlich gab es übrigens nach jeder Pandemie, wie wir sie nun auch mit Corona kennengelernt haben, einen Umbruch in den Gesellschaften. Auch heute besteht die Chance, dass diese Zeit einen Umbruch erwirkt, hoffentlich ins Positive. Als Künstler darf man ja sowieso die Hoffnung nicht aufgeben. Eine Utopie muss nicht in der Ferne liegen. Sie darf ruhig als etwas Greifbares angenommen werden.

Stellt euch einmal unsre Welt vor ohne Krieg. Ohne Gewalt, ohne Bosse, ohne Herrscher. Und jeder ist dem Andern Halt. Kapitalismus und Patriarchat – auch wenn’s ein unreiner Reim ist: Sie haben versagt!

Immer wieder werde ich gefragt, warum ich so naiv sei zu glauben, man könne den Kapitalismus einfach so entmachten. Dann antworte ich: Wir müssen einfach an uns arbeiten, und zwar jeder Einzelne, nur so kann das gelingen. Auch hier kann Kunst den Menschen Mut machen, denn in der Kunst sieht man die eigene Sehnsucht gespiegelt und fühlt sich nicht mehr allein.

Manchmal bringt das Leben Persönlichkeiten hervor, die die Ratio ad absurdum führen. Ernst Fuchs hat mal in einem Gespräch zu mir gesagt: »Der Mozart, der hätte eigentlich gar nicht passieren dürfen, er kam zu früh für seine Zeit.« Er habe sich hineingemogelt. Vielleicht ist er deshalb auch wieder so früh gegangen. Es gibt immer wieder Persönlichkeiten, die als Impulsgeber das nötige Quäntchen Chaos mitbringen, um unser Weltbild auf gesunde Art und Weise auf den Kopf zu stellen.

Was ist es also, was uns im Innersten zusammenhält?

Ich denke, manchmal hat man vielleicht dieses Gespür, dieses vollkommene Wahrnehmen des Augenblicks aus den Augen verloren und gönnt es daher unbewusst auch dem anderen nicht. Vielleicht müssen wir selber wieder wie die Kinder werden. Wenn wir weggehen vom ewigen Konsum, gehen wir weg von Machtverhältnissen. Übrigens auch den Tieren gegenüber. Alles auf dieser Welt besitzt dieselbe Daseinsberechtigung. Der einzige Unterschied zwischen uns und den Tieren ist: Nicht alle Schöpfung auf Erden möchte sich gegenseitig übertrumpfen und andere beherrschen. Wer gibt uns das Recht, klüger sein zu wollen als die Tiere, uns über alles zu stellen? Das tut doch im Umkehrschluss vor allem uns selbst nicht gut.

Wir müssen uns immer wieder auf die Reise machen und uns suchen gehen. Unser Im-Grunde-Gutes nach außen kehren und Machtstrukturen in uns selbst lösen.

Wie oft habe ich mich in meinen Texten mit dem Thema Macht beschäftigt! Es kommt wohl in jedem dritten meiner Lieder vor. Auch ich habe immer wieder Angst, ihr zu verfallen. Es ist eine große Herausforderung, nah bei sich selbst zu bleiben. Sich zu fragen: Wer bin ich nur? Wer will ich sein? Diese Impulse treffen ins Herz.

Denn dieses ist doch das wahre Wesen der Poesie: dass sie uns Halt gibt in uns selbst – ja, dass in Wahrheit sie es ist, die diese schöne Welt in ihrem Innersten zusammenhält.

WAS UNS AM LEBEN HÄLT

Ist das, was uns am Leben hält –obwohl der Tod oft friedvoller erscheint –,ein letztes Aufbäumen der Welt,die unbewältigt in uns weint,

ein Aufschrei, eine Bitte gar,endlich unendlich das zu leben,was immer unser Auftrag war:uns ganz der Liebe hinzugeben?

Nicht nur im Liebesrausch als Spiel,nicht nur als wilde Leidenschaft,als Abenteuer, das gefiel,bevor man neu sich Leiden schafft.

Erst musst du dich noch selbst besiegen.Tauchst du dann wahrhaft in sie ein,dann wirst du nicht nur wirklich lieben,dann wirst du endlich Liebe sein.

Sie ist der Sinn in allem Werden.Sie ist der Ursprung allen Seins.Sie leiht uns Flügel. Kann uns erden.Nur in ihr sind wir wirklich mit uns eins.

Meinem Freund Hannes Wader wurde übrigens, genau wie mir, immer wieder mal vorgeworfen: »Jetzt singst du seit so vielen Jahren gegen Ungerechtigkeit, und was hat es bewirkt?«

Er aber sagte, man müsste andersherum fragen: »Wie sähe die Welt aus, wenn es keine Poesie, keine Kunst gäbe?« Wie viel Zartheit, Engagement, Mitgefühl und Schönheit würden uns entgehen …