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Über die reine Prüfungstätigkeit hinaus oftmals in unternehmerische Sachverhalte und Entscheidungen einbezogen, sieht sich der Wirtschaftsprüfer – ähnlich wie die Organmitglieder der Gesellschaft – einem zunehmenden Haftungsrisiko ausgesetzt. Dieses knüpft sowohl an seine Prüfungstätigkeit als auch an betriebswirtschaftliche, steuerrechtliche, insolvenz- und allgemein unternehmensberatende Tätigkeiten an. Die Rechtsprechung hat dazu – neben den Vorgaben des allgemeinen Berufsrechts – Anforderungen entwickelt, denen sowohl für die Bewertung von Haftungsrisiken und damit das Risikomanagement als auch für die Führung von Haftungsprozessen erhebliche Bedeutung zukommen. Das Buch beschreibt Stellung und Aufgaben des Wirtschaftsprüfers sowie die vertraglichen Grundlagen seines Tätigwerdens. Die für eine Haftung maßgeblichen Haftungsgrundlagen werden nach ihrer Bedeutung für die Praxis anhand der Voraussetzungen, die im Haftungsfall eine Rolle spielen, dargestellt. Je nach Tätigkeitsbereich, in dem der Wirtschaftsprüfer aufgrund seines Auftrags tätig wird, seien es Pflichtprüfungen, freiwillige Prüfungen oder auch kapitalmarktbezogene und steuerberatende Tätigkeiten, hat die Rechtsprechung konkrete Anforderungen an eine Haftung spezifiziert, die im Einzelnen beschrieben und auf Allgemeingültigkeit hin bewertet werden. Dabei werden sowohl die materiell rechtlichen Haftungsvoraussetzungen als auch prozessuale Probleme bei der Durchsetzung bzw. Abwehr von Haftungsansprüchen, insbesondere die Haftung gegenüber Dritten untersucht.
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Seitenzahl: 506
Vorwort
Abkürzungsverzeichnis
A Stellung und Aufgaben des Wirtschaftsprüfers
B Tätigwerden auf normativer Grundlage
I. Allgemeine Berufspflichten gem. der Wirtschaftsprüferordnung und der Berufssatzung
II. Weitere Rechtsquellen
C Tätigwerden auf vertraglicher Grundlage
I. Rechtsnatur des zugrunde liegenden Vertrags
II. Modalitäten des Vertragsschlusses
III. Nebenabreden und Allgemeine Auftragsbedingungen
D Anspruchsgrundlagen für eine Haftung des Wirtschaftsprüfers
I. Vertragliche Ansprüche des Vertragspartners
1. Ausdrückliche vertragliche Vereinbarungen
2. Konkludenter Vertragsschluss sowie weitere Nebenpflichten
II. Vertragliche bzw. vertragsähnliche Ansprüche Dritter
1. Vertrag zugunsten Dritter
2. Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
III. Deliktische Ansprüche
IV. Sonstige Anspruchsgrundlagen
E Voraussetzungen für eine Haftung des Wirtschaftsprüfers
I. Pflichtverletzung und Zurechnung Dritter
1. Pflichten
2. Pflichtverletzung und Sorgfaltsmaßstab
3. Zurechnung Dritter
II. Kausalität und Zurechnungszusammenhang
1. Kausalitätserfordernisse
2. Anscheinsbeweis
3. Gesamtkausalität
4. Doppelkausalität
5. Unterbrechung des Kausalzusammenhangs
6. Hypothetische Kausalität
7. Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens
III. Schaden
1. Normativer Schadensbegriff
2. Differenzhypothese
3. Gesamtvermögensvergleich und Vorteilsausgleich
4. Beweiserleichterungen
IV. Verschulden
V. Mitverschulden
VI. Sonstige Haftungsbeschränkungen
1. Vertragliche Haftungsbegrenzungen
2. Zusätzliche Haftungsbegrenzungen bei Pflichtprüfungen
3. Weitere Begrenzungen
VII. Keine Verjährung
1. Regelverjährung
2. Anspruchsentstehung
3. Kenntnis
4. Höchstfristen
5. Fristenrelevante Maßnahmen
6. Keine Sekundärhaftung
VIII. Gesamtschuld
IX. Prozessuale Aspekte
1. Beweislastregeln
2. Herausgabepflichten
X. Pflicht zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung
F Haftung des Wirtschaftsprüfers für Prüfungstätigkeiten
I. Haftung des Wirtschaftsprüfers bei gesetzlich vorgeschriebenen Jahresabschlussprüfungen
1. Einführung
2. Haftung des Abschlussprüfers gegenüber dem geprüften Unternehmen
a) Haftung des Abschlussprüfers gem. § 323 Abs. 1 S. 3 HGB
aa) Sachlicher Anwendungsbereich des § 323 HGB
bb) Persönlicher Anwendungsbereich des § 323 HGB
(1) Anspruchsberechtigte
(2) Ersatzpflichtige
cc) Pflichtverletzung des Abschlussprüfers
(1) Reichweite der erfassten Pflichten
(2) Pflichtenumfang im Vorfeld der Annahme eines Prüfauftrags
(3) Pflichtenumfang bei Durchführung der Jahresabschlussprüfung
(4) Gewissenhaftigkeit und Eigenverantwortlichkeit
(5) Unparteilichkeit und Unabhängigkeit
(6) Verschwiegenheitspflicht
(7) Verwertungsverbot
(8) Grundsatz der Wesentlichkeit
(9) Redepflicht
(10) Pflichten im Zusammenhang mit der Erteilung des Bestätigungsvermerks
(11) Weitere Prüfungspflichten
dd) Kausalität
ee) Verschulden
ff) Schaden
gg) Mitverschulden der geprüften Gesellschaft
(1) Vorsatz beim geprüften Unternehmen und Fahrlässigkeit beim Abschlussprüfer
(2) Fahrlässigkeit beim geprüften Unternehmen und Vorsatz beim Abschlussprüfer
(3) Vorsatz auf beiden Seiten
(4) Fahrlässigkeit auf beiden Seiten
hh) Haftungsobergrenze
ii) Keine weiteren vertraglichen Haftungsausschlüsse
jj) Gesamtschuldnerische Haftung und Gesamtschuldnerausgleich
kk) Verjährung
b) Haftung des Abschlussprüfers gegenüber dem geprüften Unternehmen aus sonstigen Haftungsnormen
aa) Haftung aus Vertrag
bb) Deliktische Haftung
3. Haftung des Abschlussprüfers gegenüber Dritten
a) Interessenlage
b) Haftung gem. § 323 Abs. 1 S. 3 HGB (analog)
c) Haftung aus Auskunftsvertrag
d) Haftung aus Haftungseinstands-, Haftungsübernahme- oder Garantievertrag
e) Haftung aus Vertrag zugunsten Dritter
f) Prospekthaftung
g) Haftung gem. § 311 Abs. 3 i.V.m. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB
h) Haftung aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
aa) Anwendbarkeit des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter auf Pflichtprüfungsfälle
bb) Einzelfälle
(1) Gegenläufige Interessen von Auftraggeber und Dritten
(2) Einbeziehung von Banken bzw. Hausbanken der geprüften Gesellschaft
(3) Bedeutung des Jahresabschlusses für Finanzierungsmaßnahmen allgemein
(4) Aufnahme des Bestätigungsvermerks im Prospekt sowie Verwendung bei Beteiligungserwerben
(5) Beauftragung des Wirtschaftsprüfers durch eine staatliche Behörde
cc) Mitverschulden
dd) Haftungsbegrenzung
i) Haftung aus unerlaubter Handlung gem. §§ 823 ff. BGB
aa) § 823 Abs. 1 BGB
bb) § 823 Abs. 2 BGB
cc) § 826 BGB
(1) Sittenwidriges Verhalten des Abschlussprüfers
(2) Vorsätzliches Handeln des Abschlussprüfers
dd) § 824 BGB
ee) § 831 BGB
ff) § 839a BGB
II. Haftung des Wirtschaftsprüfers bei sonstigen gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen
III. Haftung des Wirtschaftsprüfers bei freiwilligen Prüfungen
G Haftung des Wirtschaftsprüfers für kapitalmarktbezogene Tätigkeiten
I. Haftung des Treuhänders
1. Treuhandvertrag
2. Treuhandtätigkeit als Rechtsdienstleistung
3. Anspruchsgrundlagen zugunsten Auftraggeber und Anleger
a) Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
aa) Leistungsnähe des Anlegers
bb) Einbeziehungsinteresse der Anlagegesellschaft
cc) Erkennbarkeit der geschützten Personen
dd) Schutzwürdigkeit der Anleger
b) Prospekthaftung im engeren Sinne
c) Prospekthaftung im weiteren Sinne
d) § 826 BGB
4. Pflichten des Treuhänders
a) Pflichten des Treuhänders allgemein
b) Pflichten des Treuhandkommanditisten
aa) Grundpflichten
bb) Besondere Aufklärungs-, Hinweis- und Informationspflichten
(1) Personenbezogene Hinweispflichten
(2) Prospektbezogene Hinweispflichten
(3) Anlagekonzeptbezogene Hinweispflichten
(4) Vergütungsbezogene Hinweispflichten
(5) Aufklärungspflicht über mögliche Kommanditistenhaftung
cc) Aufzeichnungs- und Auskunftspflichten
dd) Übertragung der Treuhänderstellung auf Dritte
c) Pflichten des Sicherheitentreuhänders
5. Kausalität und Beweislast
6. Verschulden
7. Schaden
a) Zeichnungsschaden
b) Nichterfüllungsschaden
8. Haftungsfreizeichnung in AGB
II. Haftung des Mittelverwendungskontrolleurs
1. Mittelverwendungskontrollvertrag
2. Anspruchsgrundlagen zugunsten der Anleger
a) Vertrag zugunsten Dritter
b) Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
c) Prospekthaftung im engeren Sinne
d) Prospekthaftung im weiteren Sinne
e) Sekundärhaftung
f) Deliktshaftung
aa) § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Schutzgesetz
bb) § 826 BGB
3. Pflichten des Mittelverwendungskontrolleurs
a) Grundpflichten
b) Besondere Prüfungs-, Kontroll- und Hinweispflichten
aa) Personenbezogene Aufklärungspflichten
bb) Prospektbezogene Aufklärungspflichten
cc) Anlagekonzeptbezogene Aufklärungspflichten
c) Weitere Auskunfts- und Rechenschaftspflichten
4. Schaden
a) Zeichnungsschaden
b) Nichterfüllungsschaden
5. Besonderheiten in der Insolvenz
6. Haftungsbeschränkungen durch AGB
III. Haftung für Prospektbeurteilungen
1. Rechtsnatur des Prospektprüfungsvertrags
2. Anspruchsgrundlagen zugunsten des Auftraggebers
3. Anspruchsgrundlagen zugunsten der Anleger
a) § 280 BGB i.V.m. Auskunftsvertrag
b) Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
aa) Leistungsnähe des Dritten
bb) Gläubigerinteresse am Schutz des Anlegers
cc) Erkennbarkeit der Drittbezogenheit
dd) Schutzbedürftigkeit des Dritten
c) Prospekthaftung im engeren Sinne
d) Deliktshaftung
4. Pflichtenkreis des Prospektprüfers
a) Kardinalpflichten
b) Prospektbeurteilung nach IDW S 4
c) Exkurs: Neuer Entwurf IDW ES 4
5. Kausalität
6. Schaden
7. Haftungsbegrenzung
IV. Haftung für Prüftestate zu Gewinnprognosen in Wertpapierprospekten
V. Haftung für die Erstellung eines Comfort Letter
1. Gegenstand der Tätigkeit
2. Anspruchsgrundlagen zugunsten des Emittenten
a) Ansprüche aus §§ 634 ff. BGB
b) § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Schutzgesetz sowie § 826 BGB
3. Anspruchsgrundlagen zugunsten der Emissionsbank
a) § 280 BGB i.V.m. Auskunftsvertrag
b) Vertrag zugunsten Dritter
c) Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
4. Anspruchsgrundlagen zugunsten der Anleger
a) § 280 BGB i.V.m. Auskunftsvertrag
b) Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
c) Deliktsrechtliche Haftung
5. Verschulden und Haftungsbegrenzung
VI. Prospekthaftung
1. Prospekthaftung im engeren Sinne
2. Prospekthaftung im weiteren Sinne
H Haftung des Wirtschaftsprüfers für steuerberatende Tätigkeiten
I. Hilfeleistung in Steuersachen
II. Vereinbarkeit von steuerberatenden Tätigkeiten mit der Abschlussprüfung
1. Selbstprüfungsverbot
2. Kriterium der funktionalen Entscheidungszuständigkeit
3. Umfassende Unterstützungsleistungen
III. Haftung gegenüber dem Auftraggeber
1. Haftung aus Vertrag
a) Einordnung des zugrunde liegenden Vertrags
aa) Rechtsnatur
bb) Zustandekommen
cc) Nichtigkeit des Vertrags
b) Pflichtverletzung
aa) Umfang der vertraglichen Pflichten im Allgemeinen
(1) Umfassendes Dauermandat versus beschränkter Auftrag
(2) Darlegungs- und Beweislast
bb) Beratungspflichten
(1) Allgemeine Pflichtenanforderungen
(2) Pflichten im Zusammenhang mit einer Auskunftseinholung
(3) Pflicht zur Überprüfung und Aufklärung des Sachverhalts
(4) Pflicht zur Klärung von zivilrechtlichen Fragestellungen
(5) Beratungspflichten in weiteren Fällen
cc) Pflichten bei der Prüfung der Rechtslage
(1) Pflicht zur Ausrichtung an höchstrichterlicher Rechtsprechung
(2) Pflichten hinsichtlich der erforderlichen Gesetzes- und Rechtskenntnisse
dd) Pflichten im Zusammenhang mit einer (möglichen) Insolvenzreife des beratenen Unternehmens
(1) Hinweispflicht bei Eintritt in konkrete Erörterungen
(2) Pflichtenumfang bei Unterdeckung der Handelsbilanz
(3) Pflichtenumfang bei weitergehenden Erklärungen betreffend eine Überschuldung
ee) Schutz- und Warnpflichten gegenüber dem Mandanten
ff) Pflicht zur Beachtung von Weisungen
gg) Hinweispflichten in sonstigen Fällen
hh) Darlegungs- und Beweislast
c) Kausalität und Zurechnung
d) Schaden
e) Verschulden
f) Mitverschulden
g) Verjährung
2. Deliktische Haftung
IV. Haftung gegenüber Dritten
I Haftung des Wirtschaftsprüfers im Rahmen sonstiger Tätigkeiten
I. Haftung für sanierungs- und insolvenzberatende bzw. insolvenznahe Tätigkeiten
1. Besondere Risikosituation
2. Anspruchsgrundlagen
a) Vertragliche Ansprüche der Gesellschaft bzw. des Insolvenzverwalters
b) Vertragliche bzw. vertragsähnliche Ansprüche Dritter
c) Deliktische Ansprüche der Gesellschaft bzw. Dritter
3. Pflichten und Tätigkeitsbereiche
4. Mitverschulden
5. Haftungsbegrenzungen und -vorsorge
II. Haftung für allgemeine unternehmensberatende Tätigkeiten
1. Vertragsverhältnis
2. Pflichtenmaßstab und Haftung
III. Haftung als gerichtlich bestellter Sachverständiger
1. Anwendungsbereich
2. Gerichtlicher Sachverständiger
3. Erstattung eines unrichtigen Gutachtens
4. Ursächlichkeit des Gutachtens im Hinblick auf die schadensverursachende gerichtliche Entscheidung
5. Verschulden
6. Haftungsausschluss
IV. Gleichzeitige Übernahme mehrerer Aufgaben und Funktionen durch den Wirtschaftsprüfer
Sachregister
Autorenprofil
Die Wirtschaftsprüferhaftung stellt einen speziellen Fall der Expertenhaftung im weiteren Sinne dar. Der Wirtschaftsprüfer, der über originäre Prüfungstätigkeiten hinaus oftmals in unternehmerische Sachverhalte und Entscheidungen im Unternehmen einbezogen ist, wird zunehmend als potentielles Haftungssubjekt erkannt. Ähnlich wie die Haftungsprozesse gegen Organmitglieder, bei denen in der vergangenen Dekade ein rasanter Anstieg zu verzeichnen war, nehmen Fälle der Berufshaftung von Rechtsanwälten, Steuerberatern und eben auch Wirtschaftsprüfern in der Praxis eine immer bedeutendere Stellung ein – mehr und mehr auch im Wege des gesamtschuldnerischen Haftungskarussells bzw. Haftungsausgleichs unter den Hauptakteuren, die auf Unternehmensseite agieren. Oftmals gerät der Wirtschaftsprüfer schon bei der einfachen Suche nach Verantwortlichen und dem Versuch allgemeiner Schadensminderungen in den Fokus der Betrachtung, nicht zuletzt aufgrund der vorhandenen Berufshaftpflichtversicherung im Hintergrund. Zeigen sich in der Praxis je nach Tätigwerden des Wirtschaftsprüfers auch Parallelen zur Anwalts- und Steuerberaterhaftung, so geht die Wirtschaftsprüferhaftung aufgrund eigener gesetzlicher Grundlagen und der besonderen Stellung des Wirtschaftsprüfers im wirtschaftlichen Leben – insbesondere der diesem zugewiesenen öffentlichen Schutzfunktion im Rahmen von Prüfungstätigkeiten – in weiten Teilen eigene Wege. Das spezifische Haftungsrisiko knüpft dabei sowohl an die Prüfungstätigkeit als auch an kapitalmarktbezogene, steuerrechtliche, betriebswirtschaftliche und insolvenz- sowie allgemein unternehmensberatende Tätigkeiten des Wirtschaftsprüfers an.
Unter Beachtung der Vielfalt der von Wirtschaftsprüfern im Unternehmen konkret übernommenen Aufgaben werden im vorliegenden Buch sowohl die Grundlagen der Berufshaftung von Wirtschaftsprüfern allgemein als auch die konkreten Ausformungen der Haftung bei speziellen Tätigkeiten beschrieben. Ausgehend von der Stellung und den Aufgaben des Wirtschaftsprüfers sowie den konkreten Pflichtenkreisen werden die vertraglichen Grundlagen seines Tätigwerdens dargestellt. Dies umfasst auch die Einordnung nach Vertragstypen, die Beschreibung des Zustandekommens eines Vertragsverhältnisses sowie die Bedeutung von Nebenabreden. Die für eine Haftung maßgeblichen Grundlagen werden nach deren Bedeutung für die Praxis anhand der einzelnen Voraussetzungen, die grundsätzlich in jedem Haftungsfall eine Rolle spielen können, aufgezeigt. Die von der Rechtsprechung je nach Tätigkeitsbereich entwickelten konkreten Anforderungen an die Pflichtgemäßheit des Handelns und die spezifischen Haftungsvoraussetzungen werden beschrieben und auf Allgemeingültigkeit hin bewertet. Die Darstellung orientiert sich an den unterschiedlichen Tätigkeitsarten des Wirtschaftsprüfers und untersucht daran sowohl die materiell-rechtlichen Haftungsvoraussetzungen als auch prozessuale Probleme bei der Durchsetzung bzw. Abwehr von Haftungsansprüchen, insbesondere die Haftung gegenüber Dritten.
Die kompakte Darstellung nach einzelnen Anspruchsgrundlagen und den unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen eines Wirtschaftsprüfers auf Grundlage aktueller höchst- und obergerichtlicher Rechtsprechung soll dem Rechtsanwender einen Leitfaden zur praktischen Lösung von Rechtsproblemen im Zusammenhang mit Haftungsfragen des Wirtschaftsprüfers an die Hand geben. Die Beantwortung relevanter prozessualer Fragestellungen wie auch die Hinweise zur Haftungs- und Schadensvermeidung bzw. Anspruchsverfolgung sollen dabei Hilfestellung für die eigene rechtliche Bewertung möglicher Haftungssachverhalte in der Praxis sein.
Mein besonderer Dank gilt insbesondere Frau Ass. jur. Paula Jasinta Tverdik und Herrn cand. jur. Sebastian Seidel, LL.B., für ihre tatkräftige Unterstützung sowie Frau Dipl.-Ök. Gabriele Bourgon, dfv Mediengruppe, Fachmedien Recht und Wirtschaft, für die gute Zusammenarbeit und wertvollen Hinweise.
Frankfurt am Main, im Juli 2016
Eike Dirk Eschenfelder
a.A.
anderer Ansicht
AAB
Allgemeine Auftragsbedingungen
Abs.
Absatz
Abschn.
Abschnitt
AEUV
Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, zuletzt geändert am 11.7.2012
a.F.
alte Fassung
AG
Aktiengesellschaft; Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift); Amtsgericht
AGB
Allgemeine Geschäftsbedingungen
AktG
Aktiengesetz, zuletzt geändert am 10.5.2016
Alt.
Alternative
Anh.
Anhang
Anl.
Anlage
Anm.
Anmerkung
AnwBl.
Anwaltsblatt (Zeitschrift)
AO
Abgabenordnung, zuletzt geändert am 3.12.2015
APAReG
Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz v. 31.3.2016
AReG
Abschlussprüfungsreformgesetz v. 10.5.2016
Art.
Artikel
ArzneimittelG
Arzneimittelgesetz, zuletzt geändert am 4.4.2016
Aufl.
Auflage
Aug.
August
BB
Betriebs-Berater (Zeitschrift)
BC
Zeitschrift für Bilanzierung, Rechnungswesen und Controlling
Bd.
Band
BDSG
Bundesdatenschutzgesetz, zuletzt geändert am 25.2.2015
Begr.
Begründer
BFH/NV
Sammlung der nicht veröffentlichten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch, zuletzt geändert am 24.5.2016
BGBl.
Bundesgesetzblatt
BGH
Bundesgerichtshof
BGHZ
Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (Amtliche Sammlung)
BilMoG
Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts v. 25.5.2009
BilReG
Bilanzrechtsreformgesetz v. 4.12.2004
BKR
Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht
BörsG
Börsengesetz, zuletzt geändert am 20.11.2015
BRAO
Bundesrechtsanwaltsordnung, zuletzt geändert am 19.2.2016
bspw.
beispielsweise
BS WP/vBP
Berufssatzung für Wirtschaftsprüfer/vereidigte Buchprüfer v. 21.6.2016 (Datum des Inkrafttretens ist – nach Druckfreigabe dieses Buches – der 23.9.2016, soweit nicht das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die Satzung oder Teile derselben aufhebt, vgl. § 57 Abs. 3 S. 2 WPO)
BT-Drs.
Bundestagsdrucksache
Buchst.
Buchstabe
BVerwG
Bundesverwaltungsgericht
bzw.
beziehungsweise
DB
Der Betrieb (Zeitschrift)
d.h.
das heißt
DStR
Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift)
DStRE
Deutsches Steuerrecht – Entscheidungsdienst (Zeitschrift)
Ed.
Edition
e.V.
eingetragener Verein
evtl.
eventuell
EStG
Einkommensteuergesetz, zuletzt geändert am 24.2.2016
f.
(und) folgende
FamFR
Familienrecht und Familienverfahrensrecht (Zeitschrift)
Febr.
Februar
ff.
fortfolgende
FGO
Finanzgerichtsordnung, zuletzt geändert am 21.12.2015
FN-IDW
IDW Fachnachrichten (Zeitschrift)
FS
Festschrift
GBO
Grundbuchordnung, zuletzt geändert am 3.12.2015
gem.
gemäß
GenG
Genossenschaftsgesetz, zuletzt geändert am 31.3.2016
GenTG
Gentechnikgesetz, zuletzt geändert am 31.8.2015
GG
Grundgesetz, zuletzt geändert am 23.12.2014
ggf.
gegebenenfalls
GI
HDI Fachinformationen für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte (Zeitschrift)
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GmbHG
GmbH-Gesetz, zuletzt geändert am 10.5.2016
GmbHR
GmbH-Rundschau (Zeitschrift)
grds.
grundsätzlich
GWR
Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift)
HaftPflG
Haftpflichtgesetz, zuletzt geändert am 19.7.2002
Halbs.
Halbsatz
HGB
Handelsgesetzbuch, zuletzt geändert am 10.5.2016
HGrG
Haushaltsgrundsätzegesetz, zuletzt geändert am 15.7.2013
h.L.
herrschende Lehre
Hrsg.
Herausgeber
i.d.F.
in der Fassung
IDW
Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V.
IDW Life
IDW Life (Zeitschrift)
IDW PH
IDW-Prüfungshinweis
IDW PS
IDW-Prüfungsstandard
i.e.S.
im engeren Sinne
i.H.v.
in Höhe von
InsO
Insolvenzordnung, zuletzt geändert am 20.11.2015
i.S.d.
im Sinne des/der
i.V.m.
in Verbindung mit
i.Z.m.
im Zusammenhang mit
JuS
Juristische Schulung (Zeitschrift)
KAGB
Kapitalanlagegesetzbuch, zuletzt geändert am 3.3.2016
KASG
Kleinanlegerschutzgesetz v. 3.7.2015
KG
Kommanditgesellschaft; Kammergericht
Komm.
Kommentar
KSI
Krisen-, Sanierungs- und Insolvenzberatung (Zeitschrift)
KWG
Kreditwesengesetz, zuletzt geändert am 10.5.2016
LG
Landgericht
Ls
Leitsatz
LuftVG
Luftverkehrsgesetz, zuletzt geändert am 19.2.2016
MDR
Monatsschrift für Deutsches Recht (Zeitschrift)
MedR
Medizinrecht (Zeitschrift)
m.w.N.
mit weiteren Nachweisen
Neubearb.
Neubearbeitung
NJOZ
Neue Juristische Online-Zeitschrift
NJW
Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift)
NJW-RR
NJW-Rechtsprechungsreport (Zeitschrift)
NZG
Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht
o.g.
oben genannte(r)
OLG
Oberlandesgericht
OLGR
OLG-Report (Zeitschrift)
PatG
Patentgesetz, zuletzt geändert am 4.4.2016
ProdHaftG
Produkthaftungsgesetz, zuletzt geändert am 31.8.2015
PS
Prüfungsstandard
PublG
Publizitätsgesetz, zuletzt geändert am 24.5.2016
RBerG
Rechtsberatungsgesetz, aufgehoben zum 1.7.2008
RDG
Rechtsdienstleistungsgesetz, zuletzt geändert am 31.8.2015
RdF
Recht der Finanzinstrumente (Zeitschrift)
REITG
Gesetz über deutsche Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen, zuletzt geändert am 22.6.2011
Rn.
Randnummer
S.
Satz; Seite(n)
s.
siehe
sog.
sogenannte(r)
Sonderbeil.
Sonderbeilage
StBerG
Steuerberatungsgesetz, zuletzt geändert am 18.4.2016
StGB
Strafgesetzbuch, zuletzt geändert am 30.5.2016
StPO
Strafprozessordnung, zuletzt geändert am 21.12.2015
str.
streitig
StVG
Straßenverkehrsgesetz, zuletzt geändert am 24.5.2016
u.a.
und andere; unter anderem; unter anderen
UmweltHG
Umwelthaftungsgesetz, zuletzt geändert am 23.11.2007
UmwG
Umwandlungsgesetz, zuletzt geändert am 24.4.2015
u.U.
unter Umständen
VAG
Versicherungsaufsichtsgesetz, zuletzt geändert am 10.5.2016
VerkProspG
Verkaufsprospektgesetz, aufgehoben zum 1.6.2012
VermAnlG
Vermögensanlagengesetz, zuletzt geändert am 22.12.2015
VermVerkProspV
Verordnung über Vermögensanlagen-Verkaufsprospekte, zuletzt geändert am 20.8.2015
VersR
Versicherungsrecht (Zeitschrift)
VG
Verwaltungsgericht
vgl.
vergleiche
VO (EG)
Verordnung der Europäischen Union
Vorb.
Vorbemerkung
WHG
Wasserhaushaltsgesetz, zuletzt geändert am 24.5.2016
WM
Wertpapier-Mitteilungen (Zeitschrift)
WP
Wirtschaftsprüfer
WPBHV
Wirtschaftsprüfer-Berufshaftpflichtversicherung
WPg
Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift)
WPK
Wirtschaftsprüferkammer
WpHG
Wertpapierhandelsgesetz, zuletzt geändert am 10.5.2016
WPO
Wirtschaftsprüferordnung, zuletzt geändert am 10.5.2016
WpPG
Wertpapierprospektgesetz, zuletzt geändert am 30.6.2016
z.B.
zum Beispiel
ZGR
Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht
ZInsO
Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht
ZIP
Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
ZPO
Zivilprozessordnung, zuletzt geändert am 11.3.2016
ZR
Revision in Zivilsachen
1
Wirtschaftsprüfer stehen in besonderem Maße im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Sie nehmen im wirtschaftlichen Leben eine herausgehobene Stellung ein. Der Wirtschaftsprüfer ist zum einen von Gesetzes wegen notwendig beteiligt an der Rechnungslegung von Wirtschaftssubjekten sowie an gesellschaftsrechtlichen Strukturentscheidungen, bei denen er als Pflichtprüfer tätig wird, zum anderen ist er im Rahmen bestehender Parteiautonomie und Vertragsfreiheit – auf freiwilliger Grundlage – allgemeiner Dienstleister.1
2
Dabei entstand der Beruf des Wirtschaftsprüfers Ende des 19. Jahrhunderts aus der Revisorentätigkeit. Im Zuge von Wirtschaftskrisen und der Einführung von Pflichtprüfungen wurden unabhängige und qualifizierte Prüfer erforderlich, deren Berufsrecht der Gesetzgeber geregelt hat und das er je nach Auftreten neuer Krisen und aufsehenerregender Unternehmenshavarien stetig neu modelliert.
3
In jüngster Zeit haben nicht nur die nationalstaatlichen Regelungen, sondern insbesondere die Reglementierung der Wirtschaftsprüfung und die Zunahme der regulatorischen Rahmenbedingungen auf europäischer Ebene zu weitreichenden Veränderungen geführt.2 Zentraler Fixpunkt ist dabei stets der Schutz des Vertrauens Dritter in die Glaubwürdigkeit der Jahresabschlüsse von Gesellschaften und dabei insbesondere in den Bestätigungsvermerk des Prüfers.3 Ein wichtiger Pfeiler ist dabei das Schadensersatzrecht, das neben der Schadenswiedergutmachung auch das Ziel der Prävention verfolgt, indem es zur Beachtung der gebotenen Sorgfalt anhält und so zur Schadensverhütung bzw. -verminderung beiträgt.4
4
Wirtschaftsprüfer ist, wer als solcher öffentlich bestellt ist (§ 1 Abs. 1 S. 1 WPO). Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bedürfen der Anerkennung (§ 1 Abs. 3 S. 1 WPO). Der Wirtschaftsprüfer geht dabei einer freiberuflichen Tätigkeit nach und übt kein Gewerbe aus (§ 1 Abs. 2 WPO). Ähnlich wie bei Notaren spielt bei der Beurteilung der Rechtslage bei Wirtschaftsprüfern die Eigenschaft des Wirtschaftsprüfers als Träger eines öffentlichen Amts eine besondere Rolle. Hieraus ergeben sich hohe Anforderungen an Unparteilichkeit und Unbefangenheit.5
5
Das Berufsrecht der Wirtschaftsprüfer ist im Wesentlichen in der Wirtschaftsprüferordnung (WPO) geregelt, aus der sich auch die einzelnen dem Wirtschaftsprüfer zugewiesenen Aufgaben und die ihm offen stehenden Betätigungsfelder ergeben. Danach hat der Wirtschaftsprüfer betriebswirtschaftliche Prüfungen vorzunehmen, insbesondere solche von Jahresabschlüssen durchzuführen, und hierüber Bestätigungsvermerke zu erteilen (§ 2 Abs. 1 WPO). Oftmals sind solche Prüfungen im Sinne einer Vorbehaltsaufgabe gesetzlich vorgeschrieben (etwa für Kapitalgesellschaften, Versicherungsunternehmen, Bausparkassen und politische Parteien); sie können aber auch auf freiwilliger Basis erfolgen.
6
Unabhängig von der Durchführung betriebswirtschaftlicher Prüfungen (einschließlich freiwilliger Prüfungen und Sonderprüfungen) sind Wirtschaftsprüfer befugt, ihre Auftraggeber in steuerlichen Angelegenheiten zu beraten und zu vertreten (§ 2 Abs. 2 WPO). Ferner können sie auf den Gebieten der wirtschaftlichen Betriebsführung als Sachverständige auftreten, in wirtschaftlichen Angelegenheiten beraten und fremde Interessen wahren sowie treuhänderische Verwaltungen übernehmen (§ 2 Abs. 3 WPO).
7
Die Aufzählung in § 2 WPO ist gleichwohl nicht erschöpfend. So kommt im Grundsatz auch der Rechtsberatung Bedeutung zu, soweit diese als bloße Nebenleistung mit der Erledigung der sonstigen Aufgaben des Wirtschaftsprüfers in unmittelbarem Zusammenhang steht und die eigentlichen Aufgaben ohne die Rechtsberatung nicht sachgemäß erledigt werden können (§ 5 Abs. 1 RDG). Im Zuge der Erbringung allgemeiner Dienstleistungen erschließen sich zudem weitere Tätigkeitsgebiete, wie etwa die Einschaltung eines Wirtschaftsprüfers bei Auskunftsverlangen bzw. Auskunftsverpflichtungen (auf Grundlage des § 242 BGB sowie besonderer Rechtsregeln) im Rahmen eines sog. Wirtschaftsprüfervorbehalts.6 Neben allgemeinen wirtschafts- und unternehmensberatenden Tätigkeiten spielt schließlich die Gutachter- und Sachverständigentätigkeit auf den Gebieten der wirtschaftlichen Betriebsführung, etwa in Form von Unternehmensbewertungen oder Gerichtsgutachten, eine nicht unbedeutende Rolle.
8
Gemäß § 43a Abs. 3 WPO sind mit dem Beruf des Wirtschaftsprüfers generell unvereinbar gewerbliche Betätigungen sowie Beamtenverhältnisse oder sonstige unzulässige berufsfremde Anstellungsverhältnisse.7 Die Verwaltung eigenen Vermögens ist dabei grundsätzlich nicht als gewerbliche Tätigkeit zu werten. Dies gilt ebenso für die bloße Beteiligung am Kapital einer Gesellschaft (AG, GmbH oder KG), die nicht dem Verbot der gewerblichen Betätigung unterliegt. Zulässig sind im Grundsatz auch die gleichzeitige Ausübung eines anderen freien Berufs, die Mitgliedschaft in Kontrollorganen privater und öffentlich-rechtlicher Unternehmen sowie die Übernahme eines Mandats als Abgeordneter.8
9
Das weite Spektrum insbesondere der öffentlichen Aufgaben führt – fast zwangsläufig – zur gesetzlichen Verpflichtung, eine Berufshaftpflichtversicherung zur Deckung der sich aus der Berufstätigkeit ergebenden Gefahren für Vermögensschäden abzuschließen und während der gesamten Zeit der Berufstätigkeit aufrecht zu erhalten (§§ 54 Abs. 1, 44b Abs. 4 WPO).
10
Trotz der öffentlichen Stellung des Wirtschaftsprüfers besteht im Rahmen der Auftragserteilung jedoch kein Kontrahierungszwang. Der Wirtschaftsprüfer muss sich lediglich unverzüglich erklären, wenn er bei einer Pflichtprüfung den Auftrag nicht annimmt; darüber hinaus verbleibt es beim Grundsatz der Privatautonomie.9 Umgekehrt hat der Wirtschaftsprüfer vor Annahme eines Mandats als Abschlussprüfer zu prüfen, ob er überhaupt tätig werden darf.10 Bei Vorliegen von Ausschlusstatbeständen muss er den Prüfungsauftrag ablehnen.11 Gleiches gilt, wenn der Abschlussprüfer aufgrund mangelnder Spezialkenntnisse oder fehlender freier Kapazitäten nicht in der Lage ist, den Prüfungsauftrag ordnungsgemäß durchzuführen.12 Auch können individualvertragliche Vereinbarungen oder Wettbewerbsverbote einer Auftragsannahme entgegenstehen.
1
Vgl. insoweit eingehend
Müller
, in: Wellhöfer/Peltzer/Müller (Hrsg.), Die Haftung von Vorstand, Aufsichtsrat und Wirtschaftsprüfer, 2008, § 21, Rn. 13 ff.
2
Die letzten auf europäischen Vorgaben beruhenden Gesetzesänderungen erfolgten aktuell mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der aufsichts- und berufsrechtlichen Regelungen der Richtlinie 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz – APAReG), BGBl. I 2016, S. 518 ff., und des Gesetzes zur Umsetzung der prüfungsbezogenen Regelungen der Richtlinie 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (Abschlussprüfungsreformgesetz – AReG), BGBl. I 2016, S. 1142 ff.
3
Tiedje
, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje (Hrsg.), Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, AEUV, Art. 50, Rn. 103 f.
4
Wagner
, in: Säcker u.a. (Hrsg.), Münchener Kommentar zum BGB, Bd. 5, 6. Aufl. 2013, Unerlaubte Handlungen, Vorb., Rn. 40.
5
Ruffert
, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar GG, 28. Ed., Stand: März 2015, Art. 12, Rn. 110.9 f.
6
Mes
, Patentgesetz Gebrauchsmustergesetz, 4. Aufl. 2015, § 140b PatG, Rn. 43.
7
Vgl. zur verfassungs- und unionsrechtlichen Zulässigkeit des Verbots gewerblicher Betätigungen sowie der Betätigung in einem geschäftsführenden Organ einer Kapitalgesellschaft, BVerwG, 20.1.2016 – 10 C 24.14, BeckRS 2016, 45264.
8
IDW, WP Handbuch 2012, Bd. I, 14. Aufl. 2012, S. 11 ff. Vgl. insoweit auch den neugefassten § 43a WPO mit den nun positiven Katalogtatbeständen in Abs. 1 und 2.
9
Ebke
, in: Schmidt/Ebke (Hrsg.), Münchener Kommentar zum HGB, Bd. 4, 3. Aufl. 2013, § 318, Rn. 30.
10
Rabenhorst/Gros/Böcking
, in: Ebenroth u.a. (Hrsg.), HGB, 3. Aufl. 2014, § 318, Rn. 13.
11
IDW PS 220, FN-IDW 8/2001, 316 ff., FN-IDW 11/2009, 533 ff., Anm. 11.
12
IDW PS 140, FN-IDW 4/2008, 152 ff., Anm. 43.
11
Welchen konkreten Anforderungen ein Wirtschaftsprüfer unterliegt, richtet sich zum einen nach den gesetzlichen Pflichtenkreisen. Konkrete Pflichten, die sich auf jedwedes Tätigwerden von Wirtschaftsprüfern beziehen, ergeben sich dabei aus den Vorschriften zum allgemeinen Berufsrecht. Aus spezialgesetzlich geregelten Normen (außerhalb des Berufsrechts), die auf ein bestimmtes Tätigwerden bzw. bestimmte Leistungserbringungen durch den Wirtschaftsprüfer abstellen, ergeben sich zudem weitere Pflichten, allen voran aus den Regelungen über die Jahresabschlussprüfung von Kapitalgesellschaften gemäß den §§ 316 ff. HGB. Zum anderen hängen die Pflichten von der konkreten Mandatsvereinbarung und dem insoweit vertraglich fixierten Pflichtenumfang ab (s. hierzu Rn. 20 ff.).
12
Die wesentlichen Vorschriften zu den Berufspflichten eines Wirtschaftsprüfers ergeben sich aus der Wirtschaftsprüferordnung (WPO). Diese normiert die unmittelbaren Berufspflichten, die im Grundsatz bei jedem Tätigwerden des Wirtschaftsprüfers Anwendung finden. In der WPO findet sich seit Anfang der 1960er Jahre die bundeseinheitliche Gesetzgebung zum Berufsrecht der Wirtschaftsprüfer wieder, die im Zuge zunehmender Regulierung auf europäischer Ebene stetigen Ergänzungen unterworfen ist.13 Zentrale Norm ist hier § 43 Abs. 1 S. 1 WPO, wonach der Wirtschaftsprüfer seinen Beruf unabhängig, gewissenhaft, verschwiegen und eigenverantwortlich auszuüben hat. Diese Pflichten gelten grundsätzlich für alle beruflichen Wirkungskreise des Wirtschaftsprüfers und sind nicht auf Vorbehaltsaufgaben oder bestimmte Tätigkeiten – wie etwa die Prüfungstätigkeit – beschränkt. § 43 Abs. 1 S. 2 WPO ergänzt diese Pflichten um die Verpflichtung zur Unparteilichkeit, die insbesondere bei der Erstattung von Prüfungsberichten und Gutachten gilt. Die in § 43 Abs. 1 WPO umschriebenen Kernpflichten dokumentieren die Zugehörigkeit des Wirtschaftsprüfers zu den gesetzlich zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Berufen und werden in der von der Wirtschaftsprüferkammer erlassenen Berufssatzung weiter konkretisiert.14 Die entsprechende Satzungsermächtigung findet sich in § 57 Abs. 3 WPO, ohne dass die auf dieser Grundlage erlassene Berufssatzung für Wirtschaftsprüfer (BS WP/vBP)15 unmittelbare Rechtswirkung gegenüber Dritten entfalten würde. Die insoweit bestehenden elementaren Pflichten beinhalten dabei Folgendes:
– Unabhängigkeit: Der Wirtschaftsprüfer darf gem. § 2 BS WP/vBP keine Bindungen eingehen, die seine berufliche Entscheidungsfreiheit beeinträchtigen oder beeinträchtigen könnten.
– Gewissenhaftigkeit: Der Wirtschaftsprüfer ist gem. § 4 BS WP/vBP bei der Erfüllung seiner Aufgaben an das Gesetz gebunden und hat sich über die für seine Berufsausübung geltenden Bestimmungen zu unterrichten und diese sowie fachliche Regeln zu beachten. Dabei darf er nur Leistungen anbieten und Aufträge übernehmen, wenn er über die erforderliche Sachkunde und die zur Bearbeitung nötige Zeit verfügt. Nachträglich auftretende Ablehnungsgründe müssen ihn zur Beendigung des Auftragsverhältnisses veranlassen.
– Verschwiegenheit: Der Wirtschaftsprüfer darf gem. § 10 BS WP/vBP Tatsachen und Umstände, die ihm bei seiner Berufstätigkeit anvertraut oder bekannt werden, nicht unbefugt offenbaren. Während wie auch nach Beendigung des Auftragsverhältnisses besteht die Verschwiegenheitspflicht, insbesondere die Pflicht, für deren Einhaltung entsprechende Vorkehrungen zu treffen, fort. Dies umfasst auch ein Verwertungsverbot von bei der Berufsausübung erlangten Kenntnissen von Tatsachen und Umständen (§ 11 BS WP/vBP).
– Eigenverantwortlichkeit: Der Wirtschaftsprüfer hat gem. § 12 BS WP/vBP sein Handeln in eigener Verantwortung zu bestimmen, sein Urteil selbst zu bilden und seine Entscheidungen selbst zu treffen.
– Unparteilichkeit: Schließlich hat der Wirtschaftsprüfer sich gem. § 28 BS WP/vBP unparteiisch zu verhalten, insbesondere bei der Erstattung von Prüfungsberichten und Gutachten, aber auch allgemein im Rahmen anderer Tätigkeiten. Bei Aufträgen zur Darstellung mit argumentativer Funktion (sog. „Parteigutachten“) muss dies in der Bezeichnung des Auftrags und in der Darstellung des Ergebnisses daher deutlich zum Ausdruck kommen. Der Begriff „Gutachten“ darf dann nicht verwendet werden.
13
WPO und Berufssatzung enthalten zudem zahlreiche weitere Regelungen zum allgemeinen Pflichtenkreis von Wirtschaftsprüfern. Diese betreffen u.a. Regeln zur Erteilung und Unterzeichnung von Bestätigungsvermerken (§ 32 WPO und § 44 BS WP/vBP), zur Führung sowie Aufbewahrungs- und Herausgabepflicht von Handakten (§ 51b WPO), zur Werbung (§ 52 WPO) und zur Honorargestaltung (§§ 55, 55a WPO sowie § 43 BS WP/vBP). Hält sich der Wirtschaftsprüfer im Rahmen der Leistungserbringung hieran nicht, handelt er pflichtwidrig.
13
IDW, WP Handbuch 2012, Bd. I, 14. Aufl. 2012, S. 6.
14
Ebke
, in: Schmidt/Ebke (Hrsg.), Münchener Kommentar zum HGB, Bd. 4, 3. Aufl. 2013, § 323, Rn. 38.
15
Die Satzung der Wirtschaftsprüferkammer über die Rechte und Pflichten bei der Ausübung der Berufe des Wirtschaftsprüfers und des vereidigten Buchprüfers (Berufssatzung für Wirtschaftsprüfer/vereidigte Buchprüfer – BS WP/vBP) gilt für Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer gleichermaßen.
14
Abhängig von der konkreten Tätigkeit, die der Wirtschaftsprüfer ausübt, finden sich zahlreiche weitere tätigkeitsbezogene Pflichten in allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen, wie etwa dem HGB, wieder. Ein Beispiel hierfür ist die Statuierung weiterer Befangenheits- und Ausschlussgründe bei der gesetzlichen Jahresabschlussprüfung. Sind diese teilweise auch ergänzend zum allgemeinen Berufsrecht normiert, so stimmen Berufsrecht und Bilanzrecht gleichwohl in weiten Teilen überein, insbesondere was die Auslegung von Begrifflichkeiten anbelangt.16
15
Neben der aufgrund entsprechender Ermächtigung erlassenen Berufssatzung (ohne Gesetzesrang) und sonstigen Verlautbarungen der Wirtschaftsprüferkammer spielen insbesondere die Verlautbarungen des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) für die weitere Konkretisierung der Pflichten des Wirtschaftsprüfers im Rahmen bestimmten Tätigwerdens eine besondere Rolle. Die von diesem (bzw. von den einzelnen Fachausschüssen des IDW) verabschiedeten Verlautbarungen17 haben nicht den Rang einer Rechtsnorm, es handelt sich lediglich um Expertenauffassungen aus dem Kreis der Wirtschaftsprüfer. Gleichwohl spielen diese eine nicht unbedeutende Rolle. Schließlich sind ca. 83 % aller Wirtschaftsprüfer nach eigener Auskunft des IDW Mitglied im IDW.18 Die Verlautbarungen geben in der Regel die allgemeingültigen Erfahrungen des Berufstands wieder und werden in der Praxis ganz überwiegend beachtet, sodass die dort formulierten Vorgaben als objektiv und aus der Verkehrsanschauung zu gewinnender Maßstab für sachgerechtes und ordnungsgemäßes Berufshandeln betrachtet werden können, wonach sich bestimmt, was für Wirtschaftsprüfer als angemessen gilt und was nicht.19 Insofern können diese ganz allgemein als antizipierte Sachverständigengutachten über die Berufspflichten eines Wirtschaftsprüfers interpretiert und in diesem Sinne im Regressprozess herangezogen werden.20
16
Anerkannt ist auch, dass es sich etwa bei dem vom IDW herausgegebenen Wirtschaftsprüferhandbuch nicht lediglich um eine unverbindliche private Meinung handelt, sondern dass die dort vertretenen Ansichten Relevanz bei der Bestimmung der Beurteilungsgrundlage eines Sachverständigen bzw. von Prüfungsmaßstäben haben.21 Entsprechend verhält es sich mit den allgemeinen Verlautbarungen des IDW.22 Mag im Einzelfall auch eine Abweichung von solchermaßen formulierten allgemeinen Vorgaben begründbar sein und damit nicht zwangsläufig eine Pflichtverletzung bedeuten, so wird der Wirtschaftsprüfer zu deren Einhaltung jedenfalls dann verpflichtet sein, wenn die Vorgaben ausdrücklich zum Vertragsgegenstand gemacht wurden oder deren Beachtung anderweitig bestätigt wurde,23 wovon im Regelfall auszugehen sein dürfte.
17
In § 4 Abs. 9 S. 1 der IDW-Satzung werden als solchermaßen grundsätzlich zu beachtende Standards die IDW-Fachgutachten,24 die IDW-Prüfungsstandards, die IDW-Stellungnahmen zur Rechnungslegung sowie die IDW-Standards genannt. Vormalige IDW-Stellungnahmen bzw. IDW-Verlautbarungen werden bzw. wurden durch diese ersetzt und werden insoweit identisch behandelt. Ergänzt werden die IDW-Prüfungsstandards durch IDW-Prüfungshinweise sowie die IDW-Stellungnahmen zur Rechnungslegung durch IDW-Rechnungslegungshinweise. All dies dient der berufsständischen Ausformung konkreter Sorgfaltspflichten in bestimmten Tätigkeitskreisen.
18
Bei einzelnen Tätigkeiten des Wirtschaftsprüfers ergeben sich zudem weitere Anforderungen, die aus gesonderten gesetzlichen Regelungen (HGB, AktG, UmwG, etc.) resultieren. Insbesondere im Hinblick auf ein Tätigwerden als Jahresabschlussprüfer bzw. gesetzlicher Pflichtprüfer für gesellschaftsrechtliche Vorgänge werden vom Gesetzgeber besondere Vorgaben an Unabhängigkeit und Unbefangenheit des Prüfers gemacht. Diese gehen teilweise über die allgemeinen berufsrechtlichen Regelungen hinaus. Während § 323 Abs. 1 HGB etwa allgemeine Pflichten für den Abschlussprüfer noch einmal benennt und ansonsten Haftungsregelungen statuiert, werden in den §§ 318 ff. HGB detaillierte Regelungen zu Befangenheits- und Ausschlussgründen bei gesetzlicher Jahresabschlussprüfung im privaten wie im öffentlich-rechtlichen Bereich getroffen. Einige dieser Ausschlussgründe sind auf den in der Vorschrift vorgegebenen Anwendungsbereich begrenzt, während andere wiederum allgemeine berufsrechtliche Auswirkungen haben, sodass diese darüber hinaus gelten sollen.25 Verlangt bereits das Berufsrecht die Unabhängigkeit und Unbefangenheit eines Wirtschaftsprüfers ganz allgemein, so benennen §§ 319 ff. HGB besondere Ausschlussgründe für ein Tätigwerden, etwa für den Fall der Besorgnis der Befangenheit eines Abschlussprüfers. Auch hierbei tritt die besondere öffentliche Stellung zu Tage, die ein Wirtschaftsprüfer im Kernbereich einnimmt, indem bestimmte Umstände – ganz abstrakt – als objektiv mit dem Erfordernis der Unbefangenheit und Unabhängigkeit nicht vereinbar festgelegt werden und zwar im Sinne einer unwiderleglichen Vermutung (§§ 319 Abs. 3 und 4, 319a, 319b HGB). Sind diese Umstände gegeben, gilt der Wirtschaftsprüfer per definitionem als befangen und muss ein Tätigwerden unterlassen.
19
Die individuelle Bestimmung der Pflichten und deren Gesamtumfang hängen letztlich vom Einzelfall und von der konkret aufgrund Vereinbarung mit dem Vertragspartner geschuldeten Leistung ab. Die Vielzahl der in Betracht kommenden Tätigkeitsfelder und spezifischen Leistungsvereinbarungen lässt eine rein abstrakte Beschreibung aller Einzelpflichten nicht zu, sondern verlangt stets die Betrachtung des konkreten Auftragsverhältnisses in seiner individuellen Ausgestaltung. Denn welche konkreten Pflichten den Wirtschaftsprüfer treffen, richtet sich grundsätzlich nach Inhalt und Umfang des Mandats.26 So können entsprechende Pflichten ausdrücklich vereinbart sein bzw. sich aus der konkreten Leistungszusage ergeben. Sie können hieraus aber auch in Form von Neben- bzw. Schutzpflichten mittelbar als vertragliche Beratungs-, Sorgfalts- sowie Schadensverhütungspflichten abgeleitet werden. Hierzu sind dann die einzelnen Anforderungen, die gesetzlich bzw. von Kammer- und Verbandsseite aufgestellt wurden und in weiten Teilen berufsspezifisch bzw. tätigkeitsbezogen formuliert sind, zu beachten.
16
IDW, WP Handbuch 2012, Bd. I, 14. Aufl. 2012, S. 66.
17
„Verlautbarungen“ ist der vom IDW verwendete Oberbegriff für Veröffentlichungen,
vgl.
die Übersicht unter www.idw.de/idw/portal/n281334/n281114/index.jsp (Abruf: 6.6.2016). Darüber hinaus werden zahlreiche Verlautbarungen von internationalen Berufsorganisationen veröffentlicht, die, anders als im Fall des § 317 Abs. 5 sowie des § 322 Abs. 1a HGB, ebenfalls keine unmittelbare Rechtswirkung entfalten.
18
Vgl. unter www.idw.de/idw/portal/n281334/n379162/index.jsp (Abruf: 6.6.2016).
19
Ebke
, in: Schmidt/Ebke (Hrsg.), Münchener Kommentar zum HGB, Bd. 4, 3. Aufl. 2013, § 323, Rn. 31 f.
20
OLG Stuttgart, 17.10.2011 – 20 W 7/11, juris.
21
BGH, 19.4.2012 – III ZR 224/10, DStRE 2012, 1289, 1292.
22
BGH, 29.9.2015 – II ZB 23/14, BB 2016, 304 m. BB-Komm.
Handke
, DB 2016, 160;
Ebke
, in: Schmidt/Ebke (Hrsg.), Münchener Kommentar zum HGB, Bd. 4, 3. Aufl. 2013, § 323, Rn. 31.
23
VG Berlin, 17.9.2010 – 16 K 246/09, juris, Rn. 100.
24
Diese mittlerweile wiederum teilweise ersetzt durch IDW-Prüfungsstandards.
25
IDW, WP Handbuch 2012, Bd. I, 14. Aufl. 2012, S. 66.
26
BGH, 7.3.2013 – IX ZR 64/12, NJW-RR 2013, 983, 984.
20
Für die Beurteilung von Inhalt und Umfang der Pflichten und damit auch der Rechtsfolgen im Einzelnen ist die vertragliche Einordnung des Vereinbarten und die Bestimmung der Rechtsnatur des Vertrags, auf dessen Grundlage der Wirtschaftsprüfer tätig wird, unerlässlich. Neben der konkreten Vereinbarung der Leistungs- und Gegenleistungspflichten, der Bestimmung der Vertragsart und der gesetzlich hieran anknüpfenden Rechtsfolgen können sich zudem aus Nebenabreden oder allgemeinen Auftragsbedingungen (AAB) weitere Besonderheiten, insbesondere haftungsrelevante Gesichtspunkte ergeben.
21
Wenngleich die zahlreichen Tätigkeiten eines Wirtschaftsprüfers sehr unterschiedlich gestaltet sein können, lassen sich diese in der Regel als Dienstvertrag (§ 611 BGB), als Werkvertrag (§ 631 BGB) oder als Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB) qualifizieren.
22
In den meisten Fällen wird sich die Abwicklung des erteilten (entgeltlichen) Auftrags27 dabei aber nicht einem reinen Vertragstypus zuordnen lassen, sondern sich zunächst in der Form einer Geschäftsbesorgung i.S.d. § 675 BGB darstellen und zwar je nach konkreter Ausgestaltung mit werk- oder dienstvertraglichem Charakter.28 Denn Gegenstand des Auftrags ist zumeist eine entgeltliche Geschäftsbesorgung im Rahmen selbständiger Tätigkeit wirtschaftlicher Art zur Wahrung fremder Vermögensinteressen.29 Dabei ist die Unterscheidung zwischen Dienstvertrag und Werkvertrag keineswegs obsolet, sondern dieser kommt im Hinblick auf mögliche Rechtsfolgen durchaus auch dann Bedeutung zu, wenn diese Vertragstypen nicht in reiner Form vorliegen. Liegt eine derartige Geschäftsbesorgung vor und findet § 675 BGB Anwendung, gelangen die entsprechenden Regelungen des BGB gemäß §§ 611 ff. bzw. §§ 631 ff. jedenfalls nachrangig – und zwar nach den individualvertraglichen Vereinbarungen sowie bestimmten auftragsbezogenen Regelungen der §§ 662 ff. BGB, die gemäß § 675 Abs. 1 BGB für die Geschäftsbesorgung zunächst partiell gelten – zur Anwendung.
23
Dienst- und Werkvertrag sind dabei wie folgt zu unterscheiden: Im Gegensatz zum Dienstvertrag wird beim Werkvertrag ein bestimmtes Werk geschuldet. Dessen Herstellung und damit die Herbeiführung eines bestimmten Erfolgs sind Hauptleistungspflicht. Dagegen ist bei Dienstverträgen nur die Erbringung einer Handlung, meist also einer Beratungshandlung bzw. Beratungsleistung Gegenstand des Vertrags.30 Der Schwerpunkt liegt nicht auf dem Ergebnis der Tätigkeit, d.h. dem Leistungserfolg, sondern auf der Leistungshandlung. Nur dann, wenn der Wirtschaftsprüfer für die Erreichung des Erfolgs nach der vertraglichen Vereinbarung verantwortlich sein soll, ist ein Werkvertrag anzunehmen.
24
Während der beim Werkvertrag verpflichtete Leistungserbringer nach Maßgabe der §§ 633 ff. BGB für die Mangelfreiheit des zu erstellenden Werks einzustehen hat – unabhängig von einem Verschulden, d.h. Vertretenmüssen etwaiger Fehler –, ergeben sich negative Rechtsfolgen für den Dienstverpflichteten bei Schlechtleistung im Grundsatz nur dann, wenn ihm ein Verschulden zur Last gelegt werden kann. Eine generelle Minderungsmöglichkeit, wie beim Werkvertrag (§ 634 i.V.m. §§ 636, 638 BGB), ist beim Dienstvertrag zudem nicht vorgesehen.31 Gleiches gilt für ein Nachbesserungsrecht (spiegelbildlich auch eine Nachbesserungspflicht), das auf Seiten des Dienstleisters nicht besteht.32 Weitere Unterschiede zwischen den Vertragsarten ergeben sich auch hinsichtlich der gesetzlichen Vergütungsregeln, der Kündigung sowie der Verjährung etwaiger Ansprüche.33
25
Oftmals handelt es sich jedoch nicht um insoweit klar abgrenzbare Vertragstypen, die dem vereinbarten Auftragsverhältnis zu entnehmen sind, sondern um Mischformen, die im Hinblick auf das anzuwendende Recht und auf etwaige Rechtsfolgen nach dem Schwerpunkt des Rechtsgeschäfts zu beurteilen sind; welche Vertragsart bei Leistungsstörungen zugrunde zu legen ist, richtet sich in seiner Gesamtheit nach den Aufgaben, die der Wirtschaftsprüfer übernimmt und die den Schwerpunkt des (gemischten) Vertrags bilden.34 Die genaue Bestimmung und Abgrenzung erfolgt durch Vertragsauslegung. Diese ist nicht nur anhand des Vertragswortlauts vorzunehmen, sondern sie hat sich an den gesamten Umständen zu orientieren.35
26
Vom Vorliegen eines Werkvertrags ist danach bei folgenden Tätigkeiten, die die Erstellung eines konkreten Arbeitsergebnisses bzw.Herbeiführung eines konkreten Erfolgs zum Inhalt haben, auszugehen:
– Prüfung von Jahresabschlüssen,
– Erstellung eines Jahresabschlusses,
– Mittelverwendungskontrollen,
– Prüfung der Insolvenzreife,
– sonstige Gutachtenaufträge.
27
Sowohl die Erstellung eines konkreten Werks, wie des Jahresabschlusses, als auch die Prüfung eines Jahresabschlusses stellen einen Werkvertrag i.S.d. § 631 BGB dar.36 Gleiches gilt für die Prüfung der Insolvenzreife eines Unternehmens, die über die rein steuerliche Beratung hinausgeht, oder die Prüfung im Rahmen der Erstellung eines sog. Comfort Letter. Bei alledem steht die konkrete Begutachtung eines konkreten Sachverhalts im Vordergrund und damit die Erstellung eines bestimmten Werks.
28
Dahingehend steht die reine Beratungstätigkeit, ohne konkretes Erfolgsversprechen, bei folgenden Tätigkeiten im Vordergrund:
– Steuerberatungsleistungen,
– Buchführungsarbeiten,37
– Vertretung vor Finanzbehörden und Finanzgerichten,
– Beratung über wirtschaftliche Angelegenheiten allgemein, ohne konkretes Erfolgsversprechen.
29
Steuerberatungsverträge sind regelmäßig als Geschäftsbesorgung mit Dienstleistungscharakter einzustufen (§§ 611, 675 Abs. 1 BGB).38 Kommt es allerdings zu Einzelaufträgen besonderer Art (auch im Rahmen eines Dauermandats) über einen in sich abgeschlossenen Leistungserfolg, etwa im Rahmen der Erteilung einer bestimmten Auskunft oder einer konkreten Gutachtenerstellung, ist ein Werkvertrag im Rahmen der übernommenen Geschäftsbesorgungstätigkeit anzunehmen (§§ 631, 675 Abs. 1 BGB).39 Dies gilt bei Beratungstätigkeiten anderer Art im Grundsatz entsprechend.
30
Bei Treuhandtätigkeiten eines Wirtschaftsprüfers, die ebenfalls zu den berufstypischen Leistungen gehören, sind vielfältige Ausformungen und Klassifizierungen denkbar. Gemeinsam ist den Treuhandtätigkeiten aufgrund eines Treuhandvertrags, dass der Treuhänder die Vermögensinteressen seines Auftraggebers, des Treugebers und/oder eines Dritten nach Maßgabe der Treuhandabrede zu wahren hat.40 Solche Treuhandtätigkeiten stellen sich in der Regel als Geschäftsbesorgungsvertrag dar,41 auf den (neben den individualvertraglichen Vereinbarungen) zunächst die über § 675 Abs. 1 BGB anwendbaren Regelungen des Auftragsrechts gem. §§ 662 ff. BGB Anwendung finden. Der Geschäftsbesorgungsvertrag kann dabei dienst- oder werkvertraglichen Einschlag haben, sodass je nach Art und Qualifizierung die Regelungen der §§ 611 ff. BGB oder §§ 631 ff. BGB nachrangig hinzugezogen werden. Insbesondere im Rahmen von Kapitalanlagemodellen spielt die Treuhandtätigkeit von Wirtschaftsprüfern in der Praxis eine besondere Rolle (s. Rn. 333 ff.).
31
Wird der Wirtschaftsprüfer als allgemeiner gerichtlicher Sachverständiger tätig, indem er zuvor vom Gericht als Sachverständiger ernannt wurde (im Gegensatz zur Parteibeauftragung und Parteigutachtenerstellung im Prozess), besteht kein Vertragsverhältnis mit den Parteien, die in den zu beurteilenden Sachverhalt involviert sind bzw. am Prozess teilnehmen. Mangels vertraglicher Beziehungen richtet sich die Rechtsfolgen- bzw. Haftungsfrage dann ausschließlich nach gesetzlichen (in diesem Fall deliktischen) Anspruchsnormen (s. Rn. 639 ff.).
27
Ein reines Auftragsverhältnis verlangt hingegen die völlige Unentgeltlichkeit des Tätigwerdens (§ 662 BGB).
28
Oftmals auch bezeichnet als Dienst-
bzw.
Werkvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter,
vgl.
Müller-Glöge
, in: Säcker u.a. (Hrsg.), Münchener Kommentar zum BGB, Bd. 4, 6. Aufl. 2012, § 611, Rn. 133, sowie
Busche
, in: Säcker u.a. (Hrsg.), Münchener Kommentar zum BGB, Bd. 4, 6. Aufl. 2012, § 631, Rn. 278.
29
BGH, 29.4.2004 – III ZR 279/03, NJW-RR 2004, 989; BGH, 17.10.1991 – III ZR 352/89, NJW-RR 1992, 560.
30
Müller-Glöge
, in: Säcker u.a. (Hrsg.), Münchener Kommentar zum BGB, Bd. 4, 6. Aufl. 2012, § 611, Rn. 7.
31
BGH, 7.3.2002 – III ZR 12/01, BB 2002, 750, NJW 2002, 1571, 1572.
32
Mansel
, in: Jauernig (Begr.), BGB, 16. Aufl. 2015, § 611 Rn. 16.
33
Vgl. die besonderen Verjährungsvorschriften des § 634a BGB im Fall des Werkvertrags, wobei es bei Fehlern i.Z.m. einer Gutachtertätigkeit bei der gewöhnlichen Regelverjährung der §§ 195 ff. BGB verbleibt (§ 634a Abs. 1 Nr. 3 BGB),
vgl.
etwa
Voit
, in: Bamberger/Roth (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar BGB, 39. Ed., Stand: Febr. 2015, § 634a, Rn. 21.
34
BGH, 12.3.2009 – III ZR 142/08, BB-Entscheidungsreport
Krause
, BB 2009, 1553, NJW 2009,1738, 1739; BGH, 11.5.2006 – IX ZR 63/05, BB 2006,1527, DStRE 2006, 957.
35
Busche
, in: Säcker/Rixecker/Oetker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum BGB, Bd. 4, 6. Aufl. 2012, § 631, Rn. 15 f., mit zusätzlichem Hinweis auf die Begleitumstände der Erklärung und den Zeitpunkt.
36
BGH, 1.2.2000 – X ZR 198/97, BB 2000, 1397, NJW 2000, 1107.
37
Sofern daneben auch die Entwürfe für den Jahresabschluss zu erstellen sind, wird auch ein Werkvertrag
bzw.
ein typengemischter Vertrag angenommen, unabhängig davon, ob es sich um eine Dauerberatung handelt oder nicht,
vgl.
BGH, 7.3.2002 – III ZR 12/01, BB 2002, 750, NJW 2002, 1571; IDW, WP Handbuch 2012, Bd. I, 14. Aufl. 2012, S. 175.
38
BGH, 7.3.2002 – III ZR 10/01, NJW 2002, 1571; BGH, 21.11.1996 – IX ZR 159/95, NJW 1997, 516; BGH, 17.10.1991 – IX ZR 255/90, BB 1991, 2465, NJW 1992, 307.
39
BGH, 3.2.1988 – IVa ZR 196/86, NJW-RR 1988, 1264; BGH, 4.6.1970 – VII ZR 187/68, WM 1970, 1052; BGH, 20.10.1964 – VI ZR 101/63, NJW 1965, 106.
40
Solche Tätigkeiten kommen
z.B.
bei der Abwicklung fremdfinanzierter Verträge bei Sanierungsmaßnahmen, Testamentsvollstreckungen und Nachlassverwaltungen und ganz allgemein bei der Übertragung eines Treuguts auf den Treuhänder als neutrale Instanz in Betracht.
41
Enthält der Wirtschaftsprüfer für seine Treuhandtätigkeit – wie üblich – ein Entgelt, ist das Auftragsverhältnis als Geschäftsbesorgungsvertrag zu qualifizieren,
vgl.
BGH, 12.12.1996 – IX ZR 214/95, NJW 1997, 1008.
32
Soweit nicht gesetzlich zwingend vorgeschriebene Bestimmungen, wie etwa bei der Jahresabschlussprüfung im HGB, eingehalten werden müssen, sind die Parteien grundsätzlich frei, das Tätigwerden des Wirtschaftsprüfers individualvertraglich zu regeln. Die Erteilung wie die Annahme des Auftrags sind gesetzlich im Grundsatz weder einer besonderen Form noch einem besonderen Verfahren unterworfen.42 Ein Schriftformerfordernis besteht nicht. Allenfalls aus Beweislastgründen bzw. Haftungsgesichtspunkten ist es ratsam, die Schriftform bei der Auftragsformulierung einzuhalten. Etwaige Beschränkungen des Auftragsgegenstands und damit auch Haftungsbeschränkungen sind unter Umständen vom Wirtschaftsprüfer nachzuweisen, obgleich die Pflichtverletzung als solche von einem etwaigen Anspruchsteller darzutun ist. Dieser Grundsatz erfährt jedoch Einschränkungen. Bei einer behaupteten Nichterfüllung der Beratungspflichten durch Unterlassen ist aufgrund sekundärer Darlegungs- und Beweislastregeln vom Wirtschaftsprüfer ggf. im Einzelnen darzutun, dass er seinen Beratungspflichten ordnungsgemäß nachgekommen ist.43 Schon aus diesem Grund ist eine klare Vertragsdokumentation anzuraten.
33
Im Grundsatz reicht für einen wirksamen Vertragsschluss auch schlüssiges Verhalten der Vertragsparteien. In Bezug auf solche konkludenten Vertragsschlüsse ist von demjenigen, der sich hierauf beruft, ein Verhalten eines Beteiligten darzutun, das von der anderen Seite bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte eindeutig und zweifelsfrei als eine auf den Abschluss eines solchen Beratungsvertrags oder sonstigen Vertrags mit einem Wirtschaftsprüfer gerichtete Willenserklärung aufzufassen ist.44 Dabei ist ein solcher Beratungsvertrag von einer bloßen Gefälligkeit ohne Rechtsbindungswillen – aus der u.U. ebenfalls Schutzpflichten resultieren können – abzugrenzen. Diese Abgrenzung ist anhand der Umstände des Einzelfalls durchzuführen. Bei Beurteilung der objektiven Kriterien, ob das Verhalten bzw. die Erklärungen der Parteien als Vertragsschluss aufgefasst werden können, sind u.a. wirtschaftliche Kriterien sowie die rechtliche Bedeutung der Angelegenheit zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den Begünstigten und dessen Interessenlage. Vergütungsregelungen soll demgegenüber in der Regel kein entscheidendes Gewicht im Rahmen der Auslegung zukommen.45 Entscheidend für den stillschweigenden Abschluss eines Vertrags sind im Ergebnis letztlich die Gesamtumstände unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung und des Verkehrsbedürfnisses,46 was insoweit zwangsläufig zu einer gewissen Rechtsunsicherheit aufgrund notwendiger Einzelfallbetrachtung führen muss.
34
Die Rechtsprechung geht von einem konkludenten Abschluss eines Beratungs- bzw. Auskunftsvertrags und damit einer vertraglichen Haftung des Auskunftsgebers für die Richtigkeit seiner Auskunft regelmäßig dann aus, wenn die Auskunft für den Empfänger erkennbar von erheblicher Bedeutung ist und er sie zur Grundlage wesentlicher Entschlüsse machen will. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Auskunftsgebende für die Erteilung der Auskunft besonders sachkundig ist oder ein eigenes wirtschaftliches Interesse hat, was bei Wirtschaftsprüfern der Regelfall sein wird.
35
Von dem Prinzip der Privatautonomie und grundsätzlichen Vertragsfreiheit wird bei gesetzlichen Jahresabschlussprüfungen insoweit eine Ausnahme gemacht, als bei Vorliegen von Befangenheitsgründen (§§ 319 Abs. 2, 3 und 4, 319a HGB) ein etwaiger Prüfungsvertrag als gegen ein gesetzliches Verbot verstoßend und damit als nach § 134 BGB nichtig angesehen wird.47 Ein Honoraranspruch des Prüfers besteht dann nicht. Schadensersatzansprüche gegen den Prüfer bleiben aber möglich (etwa aus culpa in contrahendo gemäß § 311 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB). Auf die Bestandskraft von Jahresabschluss und Prüfungsergebnis haben solche Verstöße im Grundsatz keinen Einfluss.48
36
Das Auftragsverhältnis endet grundsätzlich durch Erbringung der geschuldeten Leistung, d.h. durch Erfüllung, oder aber durch Kündigung. Ob bei mangelhafter Leistung das Vertragsverhältnis fortbesteht bzw. sich in ein sekundäres Abwicklungsverhältnis wandelt, ist von den anwendbaren Vorschriften des BGB und der Einordnung des Vertrags nach Vertragstypen abhängig. Da es sich im Regelfall bei der Tätigkeit des Wirtschaftsprüfers um eine Tätigkeit höherer Art aufgrund besonderen Vertrauensverhältnisses handelt, ist – mit Ausnahme der gesetzlichen Abschlussprüfung – eine Kündigung uneingeschränkt möglich (§ 627 BGB), sofern ein Dienstvertrag gegeben ist.49 Dies kann freilich durch vertragliche Vereinbarung ausgeschlossen werden.50 Daneben verbleibt es beim Kündigungsrecht aus wichtigem Grund gem. § 626 Abs. 1 BGB. Findet auf das Vertragsverhältnis Werkvertragsrecht Anwendung, so gilt für eine Kündigung § 649 BGB. Danach steht dem Auftraggeber bis zur Vollendung des Werks51 ein jederzeitiges Kündigungsrecht zu, und zwar ganz unabhängig vom Vorliegen eines wichtigen Grunds oder eines besonderen Vertrauensverhältnisses. Etwas anderes gilt wiederum bei gesetzlich vorgeschriebenen Abschlussprüfungen, wonach gem. § 318 Abs. 1 HGB dem Abschlussprüfer nicht durch Kündigung seitens des zu prüfenden Unternehmens gekündigt werden kann. Eine Abberufung kann allerdings gem. § 318 Abs. 3 HGB durch ein Gericht erfolgen. Umgekehrt kann der Wirtschaftsprüfer den angenommenen Prüfungsauftrag kündigen, sofern ein wichtiger Grund vorliegt (§ 318 Abs. 6 S. 1 HGB).
42
IDW, WP Handbuch 2012, Bd. I, 14. Aufl. 2012, S. 175.
43
BGH, 10.12.1998 – IX ZR 358/97, BB 1999, 287, NJW-RR 1999, 641, betreffend eine Steuerberatung.
44
BGH, 22.7.2004 – IX ZR 132/03, NJW 2004, 3630, 3631.
45
So zum Auskunftsvertrag BGH, 18.12.2008 – IX ZR 12/05, NJW 2009, 1141, 1142.
46
BGH, 18.12.2008 – IX ZR 12/05, NJW 2009, 1141, 1142.
47
Müller
, in: Wellhöfer/Pelzer/Müller (Hrsg.), Die Haftung von Vorstand, Aufsichtsrat, Wirtschaftsprüfer, 2008, § 22, Rn. 20.
48
Ebke
, in: Schmidt/Ebke (Hrsg.), Münchener Kommentar zum HGB, Bd. 4, 3. Aufl. 2013, § 319, Rn. 34, m.w.N.
49
IDW, WP Handbuch 2012, Bd. I, 14. Aufl. 2012, S. 181.
50
BGH, 19.11.1992 – IX ZR 77/92, BB 1993, 531, WM 1993, 515; OLG Hamm, 4.3.1994 – 25 U 47/93, juris.
51
Im Einzelnen str. i.Z.m. der Abnahme.
37
In der Praxis wird die Auftragsdurchführung beim Tätigwerden von Wirtschaftsprüfern allgemeinen Auftragsbedingungen unterworfen. Dies ist gem. § 54a WPO zulässig. Vom IDW wurden dafür allgemeine Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (AAB), zuletzt mit Fassung vom 1.1.2002, erstellt und zur Verwendung durch den Berufsstand freigegeben. Ob diese Gegenstand des Auftragsverhältnisses werden, hängt vom Verhalten der Vertragsparteien ab. Dabei müssen solche Geschäftsbedingungen spätestens bei der Auftragsannahme Bestandteil der vertraglichen Absprache werden. Ob ein späteres Beifügen bzw. Vereinbaren der AAB zur Wirksamkeit dieser Bestimmungen führt, ist zumindest zweifelhaft.52 Solche allgemeinen Geschäftsbedingungen (als solche sind die AAB zu behandeln) unterliegen grundsätzlich der Inhaltskontrolle gem. §§ 307 ff. BGB.53 Dabei sind nicht alle der in den AAB wiederzufindenden Klauseln von der Rechtsprechung als unbedenklich bzw. wirksam angesehen worden. Insbesondere die Statuierung besonderer Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen und der Ausschluss der Haftung gegenüber Dritten mangels schriftlicher Freigabe zur Weitergabe von Informationen an Dritte ist auf Ablehnung gestoßen.54
52
IDW, WP Handbuch 2012, Bd. I, 14. Aufl. 2012, S. 175;
Ebke
, in: Schmidt/Ebke (Hrsg.), Münchener Kommentar zum HGB, Bd. 4, 3. Aufl. 2013, § 318, Rn 24.
53
BGH, 19.11.2009 – III ZR 108/08, WM 2009, 2363.
54
Ausführlich hierzu
Kilian/Rimkus
, ZIP 2016, 608, m.w.N.
38
Wird der Wirtschaftsprüfer den konkreten Anforderungen, die gesetzliche Regelungen wie auch vertragliche Vereinbarungen oder berufsständische Vorgaben und Festlegungen im Rahmen des konkreten Auftragsverhältnisses an diesen stellen, nicht gerecht, so sieht er sich einem Haftungsrisiko ausgesetzt. Dieses besteht grundsätzlich im Rahmen der gesamten Bandbreite seines Tätigwerdens, also unabhängig davon, ob er als Prüfer Leistungen erbringt oder aber sonstige betriebswirtschaftliche, steuerrechtliche bzw. insolvenzbezogene Beratung anbietet. Bei Verletzung seiner Pflichten und Verursachung eines Schadens hierdurch stellt sich dann die Haftungsfrage, deren Aufwerfen aufgrund der besonderen Anreizsituation einer Berufshaftpflichtversicherung in der Praxis auch rege betrieben wird, sodass sich die Haftungsstreitfälle – ähnlich wie bei Vorliegen anderer Haftpflichtversicherungen auf Seiten des vermeintlichen Schädigers – häufen.
39
Bei schuldhafter Verletzung der vertraglichen Pflichten gegenüber seinem Vertragspartner kommen Schadensersatzansprüche gegen den Wirtschaftsprüfer gem. § 280 Abs. 1 BGB oder aufgrund gesonderter gesetzlicher Haftungsgrundlage, wie bei Pflichtprüfungen nach § 323 Abs. 1 S. 3 HGB,55 in Betracht. Dabei können auch Dritte in die vertraglichen Abreden mit einbezogen sein, sodass es für Drittansprüche noch nicht einmal eines ausdrücklichen Vertragsschlusses zwischen Wirtschaftsprüfer und dritten Personen bedarf. Daneben können zusätzlich deliktische Ansprüche gem. §§ 823 ff. BGB greifen, wobei in der Praxis verstärkt § 826 BGB, also ein Vorsatzdelikt wegen sittenwidriger Schädigung, Beachtung findet.
55
§ 323 Abs. 1 HGB soll insoweit als Spezialvorschrift sonstige vertragliche Haftungsnormen verdrängen (str.).
40
Die Haftung des Wirtschaftsprüfers richtet sich in erster Linie nach Art und Umfang des Vertrags, der zwischen dem Mandanten und dem Wirtschaftsprüfer geschlossen wurde. Ein solcher Vertragsschluss bedarf dabei in der Regel nicht der Schriftform, sondern kann auch mündlich oder gar konkludent erfolgen. Qualifikation und Bestimmung der Rechtsnatur des Vertrags fällt – je nach Aufgabenstellung – unterschiedlich aus.
41
Oftmals wird man dienst- und/oder werkvertragliche Elemente vertraglich vereinbaren – je nachdem, ob als Leistung (auch) ein bestimmtes Werk geschuldet ist oder nicht. Während bei einem reinen Dienstvertrag bzw. dienstvertraglichen Pflichten eines gemischt-typischen Vertrags stets nur verschuldensabhängig gehaftet wird, kommt bei einem Werkvertrag im Grundsatz auch eine verschuldensunabhängige Gewährleistungshaftung bei Fehlerhaftigkeit des Werks in Betracht. Für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen – im Rahmen positiver Vertragsverletzung – bedarf es jedoch stets eines Verschuldens auf Seiten des Wirtschaftsprüfers, ohne das Schadensersatz über §§ 280 ff. BGB nicht gewährt wird.
42
Sind die für eine mögliche Haftung relevanten Leistungspflichten nicht ausdrücklich – mündlich oder schriftlich – zwischen den Vertragsparteien vereinbart, so greifen vertragliche Ansprüche u.U. aber auch dann, wenn sich der Wirtschaftsprüfer (möglicherweise ohne Not) zu Aussagen zu konkreten Sachverhalten, wie dem Liquiditäts- oder Überschuldungsstatus, hinreißen lässt. Ist der Berater etwa nur mit der Erstellung der Steuerbilanz betraut und äußert sich lediglich anlässlich des Mandats zum insolvenzrechtlichen Überschuldungsstatus, haftet er bei Unrichtigkeit solcher Auskünfte, mögen diese auch zunächst nicht vom Beratungsmandat umfasst gewesen sein.56 Umgekehrt ergibt sich – auch ohne ausdrücklichen Auftrag – eine umfassende Verpflichtung des Wirtschaftsprüfers, auf rechtliche und sachliche Risiken und Probleme hinzuweisen. Insoweit bestehen weitgehende allgemeine anlassbezogene und aus der Treuepflicht hergeleitete Schutz- und Aufklärungspflichten des Wirtschaftsprüfers, um den Vertragspartner vor voraussehbaren und vermeidbaren Nachteilen und Schäden zu schützen.57 Über § 242 BGB ergibt sich im Zweifel eine Warnpflicht auf Seiten des Beraters bzw. eine Schutzwürdigkeit des Mandanten.58 Voraussetzung dafür ist, dass sich dies aus der konkreten Vertragsabrede der Parteien herleiten lässt, dem Wirtschaftsprüfer die Gefahr für den Mandanten bekannt oder ersichtlich ist und er erkennt, dass sich dieser des Risikos gerade nicht bewusst ist.59 Selbst wenn ein beschränkter Auftrag erteilt worden ist, hat der Wirtschaftsprüfer im Rahmen seiner Tätigkeit den Vertragspartner auf eine außerhalb des Auftrags liegende Fehlentscheidung hinzuweisen, wenn er diese kennt oder sie für einen gewöhnlichen Berater erkennbar ist.60
56
BGH, 6.6.2013 – IX ZR 204/12, GmbHR 2013, 934, 935 f. Vgl. weitergehend
Pollanz
, DStR 2014, 818, 821, mit dem Hinweis, dass bereits die Empfehlung, einen Rangrücktritt zu erklären, mit insolvenzrechtlichen (konkludenten) Weiterungen der Mandatsbeziehung einhergehen kann. Zur Abgrenzung zwischen unverbindlicher Gefälligkeitsleistung und rechtsverbindlichem Auskunftsvertrag,
vgl.
BGH, 18.12.2008 – IX ZR 12/05, NJW 2009, 1141, 1142.
57
Gräfe
, DStR 2010, 618.
58
BGH, 26.1.1995 – IX ZR 10/94, BB 1995, 537.
59
BGH, 18.12.2008 – IX ZR 12/05, NJW 2009, 1141, zum steuerberatenden Mandat.
60
BGH, 26.1.1995 – IX ZR 10/94, BB 1995, 537, zur steuerberatenden Tätigkeit.
43
Neben dem eigentlichen Vertragspartner können es auch Dritte sein, die eine Anspruchsverfolgung gegenüber dem Wirtschaftsprüfer initiieren, mag zwischen ihnen ein Vertragsverhältnis auch nicht in unmittelbarem Kontakt begründet worden sein.
44
Sofern der Dritte ausdrücklich als Berechtigter eines zwischen der beratenen Gesellschaft und dem Wirtschaftsprüfer geschlossenen Vertrags aufgeführt ist, ergeben sich vertragliche Ansprüche unmittelbar aus einem Vertrag (auch) zugunsten Dritter (§ 328 BGB). Dies kann ggf. mit Blick auf Gesellschafter, potentielle Käufer der Gesellschaft (bzw. Käufer von Gesellschaftsanteilen) oder finanzierende Banken der Fall sein, sofern gewollt und vereinbart.
45
Fehlt es an einer ausdrücklichen Vereinbarung, kommt eine vertragliche Einbeziehung über das Rechtsinstitut eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter in Betracht. Dies ist dann der Fall, wenn ein Dritter auf die Richtigkeit der Beratertätigkeit, wie etwa die Richtigkeit des Jahresabschlusses, eines (Wert-)Gutachtens oder auf die Erklärung des Wirtschaftsprüfers zu Finanzkennzahlen (wie z.B. zur Bonität des Unternehmens) vertraut, obgleich die Aussagen fehlerhaft sind. Allgemein anerkannte Voraussetzungen einer solchen Drittschutzwirkung sind dabei (1) die Leistungsnähe des Dritten, (2) die Gläubigernähe, d.h. das Schutzinteresse des Gläubigers, (3) die Erkennbarkeit der Einbeziehung des Dritten und (4) die Schutzbedürftigkeit des Dritten. Nur unter diesen Bedingungen soll es dem Berater zumutbar sein, sich auf ein erweitertes Haftungsrisiko einzulassen.
46
Hierbei ist festzustellen, dass ohne Vorliegen besonderer Umstände dem zwischen dem Unternehmen und einem Wirtschaftsprüfer geschlossenen Vertrag die vertragliche Einbeziehung Dritter in den Schutzbereich nicht ohne weiteres entnommen werden kann. So gilt etwa der vom BGH für Abschlussprüfer aufgestellte Grundsatz, dass dieser in der Regel – etwa wenn sich das Mandat auf die reine Abschlussprüfung beschränkt – kein so weites Haftungsrisiko übernimmt, wie es sich bei der Einbeziehung einer unbekannten Vielzahl von Dritten in den Schutzbereich ergeben würde.61
47
Besteht aber eine konkrete Beziehung des Wirtschaftsprüfers – auch nur rein tatsächlicher Art – zu dem oder den Dritten bzw. ist der in Frage kommende schutzwürdige Personenkreis ersichtlich begrenzt, so lässt sich eine Haftung des Experten auf Grundlage dieser Überlegung nicht pauschal verneinen.62 Der Berater muss dann mit der Einbeziehung Dritter rechnen, wenn für ihn erkennbar ist, dass von ihm eine besondere Leistung erwartet und auf seine besondere Sachkunde vertraut wird.63 Dann haftet er ggf. auch gegenüber Dritten, selbst wenn dem Berater weder Namen noch genaue Anzahl der zu schützenden Personen bekannt sind.64
48
Nach den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung findet das Rechtsinstitut etwa zugunsten von Käufern oder Finanzierungsgebern Anwendung, wenn im Rahmen eines Anteilskaufs ein Experte eine Bilanz erstellt, die erkennbar zum Gebrauch gegenüber Dritten bestimmt war.65 Ebenso kann sich hiernach eine Haftung bei der Testatserteilung im Rahmen der – verpflichtenden wie freiwilligen – Abschlussprüfung, etwa im Zusammenhang mit der Kreditentscheidung einer Bank mit Schutzwirkung zugunsten der Bank oder zugunsten von Anteilserwerbern, ergeben.66 Dies gilt erst recht, wenn sonstige Äußerungen des Wirtschaftsprüfers anlässlich der Prüfung hinzukommen. Des Weiteren können Dritte in den Schutzbereich einbezogen werden, wenn das Ergebnis bzw. die Aussagen des Wirtschaftsprüfers erkennbar zur Verwendung gegenüber einem konkreten Adressatenkreis bestimmt sind, wie etwa bei Gutachtenerstellungen bzw. sachverständigen Stellungnahmen67 oder einer Prospektprüfung bzw. anderweitigen Prospektmitwirkung, die (auch) zugunsten von Anlegern vereinbart wurde.68
49
Zuletzt hat der BGH den drittschützenden Charakter von Beratungsverträgen mehrfach in solchen Fällen anerkannt, in denen durch Fehler des Beraters das Risiko der haftungsrechtlichen Inanspruchnahme des Dritten erhöht bzw. erst geschaffen wurde. In einem Fall ging es um die Haftung des Geschäftsführers gegenüber der Finanzverwaltung gem. §§ 34, 69 AO, wobei der Steuerschaden durch die fehlerhafte Tätigkeit eines Steuerberaters bei Buchungen und Bilanzierungsarbeiten verursacht wurde.69 In einem anderen Fall sollte ein Steuerberater die Insolvenzreife einer GmbH prüfen. Diese wurde zu Unrecht nicht festgestellt, sodass es im Weiteren zu Zahlungen aus der Gesellschaft durch den Geschäftsführer, der gleichzeitig Gesellschafter war, kam, wofür dieser im Nachgang gem. § 64 GmbHG vom Insolvenzverwalter herangezogen wurde. Auch hier sah der BGH die Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Vertrags sowohl in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer wie auch als Gesellschafter als gegeben an.70 So seien im konkreten Fall und mit Blick auf die Mitwirkung an einer Sanierung – erkennbar – die Gesellschafter zwingend mit einzubinden und damit vom Schutzbereich umfasst; gleiches gelte für den Geschäftsführer, der bei einer Insolvenz antragspflichtig ist.
61
BGH, 15.12.2005 – III ZR 424/04, BB 2006, 770;
Seibt/Wollenschläger
, DB 2011, 1378, m.w.N.
62
Auch nicht mit Hinweis auf § 323 Abs. 1 S. 3 und Abs. 2 HGB.
63
BGH, 14.6.2012 – IX ZR 145/11, BB-Entscheidungsreport
Schmid
, BB 34/2012, V, VersR 2013, 509.
64
BGH, 26.11.1986 – IVa ZR 86/85, NJW 1987, 1758, 1760.
65
BGH, 26.11.1986 – IVa ZR 86/85, NJW 1987, 1758, 1760.
66
Gehrlein
, NZG 2013, 961, 963 f.; BGH, 2.4.1998 – III ZR 245/96, BB 1998, 1152 m. BB-Komm.
Sieger/Gätsch
, BB 1998, 1408, NJW 1998, 1948.
67
Gehrlein
, NZG 2013, 961, 963 f.
68
BGH, 24.4.2014 – III ZR 156/13, NJW 2014, 2345; BGH, 14.6.2007 – III ZR 185/05, NJW-RR 2007, 1479; BGH, 8.6.2004 – X ZR 283/02, BB 2004, 2180 m. BB-Komm.
Paal
, NJW 2004, 3420.
69
BGH, 13.10.2011 – IX ZR 193/10, WM 2011, 2334.
70
BGH, 14.6.2012 – IX ZR 145/11, BB-Entscheidungsreport
Schmid
, BB 34/2012, V, VersR 2013, 509 f.
50
Auch im unmittelbaren Verhältnis der Vertragsparteien zueinander kommt der deliktischen Haftung nicht unerhebliche Bedeutung zu.71 Über § 823 Abs. 2 BGB etwa haftet der Wirtschaftsprüfer bei der Verletzung von Schutzgesetzen. Solche Schutzgesetze sind u.a. § 15a InsO, §§ 331, 332 HGB und §§ 263, 266, 283 ff. StGB im Hinblick auf eine vorsätzliche Beihilfe zur Insolvenzverschleppung oder zu sonstigen Straftaten i.Z.m. unrichtigen (finanziellen) Darstellungen. Darüber hinaus greift § 826 BGB, wenn durch vorsätzlich sittenwidriges Fehlverhalten Vermögensschäden verursacht wurden.
51
Da die Kriterien für die Einbeziehung in den Schutzbereich des Vertrags, auf dessen Grundlage der Wirtschaftsprüfer tätig wird, nicht immer erfüllt sein dürften, kommt auch bei Anspruchsstellungen Dritter der deliktischen Haftung besondere Bedeutung zu. Hier greift ggf. § 826 BGB. Dabei sind die Hürden in praxi letztlich niedriger, als ein Vorsatzdelikt wegen sittenwidriger Schädigung vermuten ließe. So genügt für eine Haftung hiernach bereits bedingter Vorsatz des Wirtschaftsprüfers, der sich auf eine Schädigung sowie die eine Sittenwidrigkeit begründenden Umstände beziehen muss. Er muss dabei leichtfertig und „gewissenlos“ gehandelt haben, wobei Angaben „ins Blaue hinein“72 oder die Zugrundelegung ungeprüfter Angaben Dritter genügen.73 Hat er in diesem Sinne ein Gutachten falsch erstellt, eine Bilanz falsch aufgestellt oder ein Testat zu Unrecht bzw. unrichtig erteilt, greift § 826 BGB bereits dann, wenn er über erkannte Bedenken hinwegsah oder eine notwendige Prüfung bewusst unterlassen und einen Schaden – jedenfalls nach Art und Richtung – zumindest für möglich gehalten hat. Eine solche Haftung steht mithin immer dann im Raum, wenn der Wirtschaftsprüfer Auskünfte unvollständig, falsch oder irreführend erteilt und hierauf Dritte – und zwar für den Experten erkennbar – Entscheidungen stützen.